FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.07.2013 - 6 K 1122/11
Fundstelle
openJur 2020, 24573
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

Streitig ist, ob Massageleistungen, die die Klägerin an Privatpatienten als freie Mitarbeiterin auf Anordnung und unter Aufsicht einer Ärztin in deren Praxis erbracht und dieser gegenüber abgerechnet hat, nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfrei sind. Das ursprünglich auch wegen USt 2008 anhängige Klageverfahren ist mit Beschluss vom 25. Juli 2013 abgetrennt worden.

Die Klägerin ist als selbständige Unternehmerin im Bereich des Ayurveda tätig. Sie erbringt Massageleistungen in angemieteten Räumen sowie an Hotelgäste im Waldhaus E GmbH ... in G. Daneben führt sie - hier streitbefangen - Ayurveda Massagen als freie Mitarbeiterin in der Privatpraxis für asiatische Medizin der Frau S in B durch; die Abrechnung der Klägerin in den Jahren 2007 und 2008 erfolgte mit Frau S, die ihrerseits diese Massageleistungen mit den Privatpatienten abrechnete gemäß Gebührenordnung für Ärzte. Die gesamten Bruttoumsätze seit Gründung des Unternehmens in 2005 belaufen sich auf:

2005

14.714,00 €

2006

23.478,00 €

2007

16.060,00 €

2008

14.538,00 €

Für das Jahr 2005 reichte die Klägerin eine Umsatzsteuererklärung ein, in der sie die Umsätze in Zeile 24 (Angaben zur Besteuerung der Kleinunternehmer - § 19 Abs. 1 UStG -) erfasste. Für die Folgejahre wurden Umsatzsteuererklärungen nicht mehr abgegeben. Im Zuge der Veranlagung für das Jahr 2008 gelangte der Beklagte zu der Auffassung, dass die Einnahmen aus der Tätigkeit der Klägerin der Umsatzsteuer zu unterwerfen seien und forderte diese auf, Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 einzureichen. Die Klägerin kam dieser Aufforderung nicht nach. Zur Begründung trug sie vor, dass die von ihr erzielten Umsätze vom Regelungsbereich des § 4 Nr. 14 UStG erfasst seien. Insofern liege eine den Katalogberufen nach Abschnitt 90 der Umsatzsteuerrichtlinien (UStR) "ähnliche heilberufliche Tätigkeit" vor. Die Patienten kämen auf Anraten verschiedener Ärzte zu ihr in Behandlung. Sie führe dann Ayurveda - Reikiverfahren eigenständig durch, deren Kosten von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen würden. Hierzu legte die Klägerin eine Aufstellung der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege ... vor, in der eine Abgrenzung der beschriebenen Tätigkeiten von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) vorgenommen wurde. Den Umstand, dass Ayurveda in dieser Aufstellung enthalten war, wertete die Klägerin als Indiz für das Vorliegen einer heilberuflichen Tätigkeit.

In der Folgezeit legte sie diverse Zertifikate über die Teilnahme an Ayurveda- und Reikikursen vor. Außerdem bescheinigte Frau S, dass sie von 2002 bis 2004 eine zweijährige Ausbildung zur Ayurveda-Massage-Therapeutin bei ihr absolviert habe, in der die Grundlagen der Philosophie des Ayurveda und der Kräuterheilkunde, die Ernährungslehre nach den Tridoshas, gesunde Lebensführung sowie Untersuchungs- und Massagetechniken vermittelt worden seien.

Die Klägerin verwies des weiteren auf Urteile des Landgerichts bzw. Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, wonach den Krankenkassen die Übernahme von Krankheitskosten auferlegt wurde. Zum einen handelte es sich um die Aufwendungen für eine medizinisch notwendige Behandlung wegen Neurodermitis, Allergien und Asthma, die von der Maharishi Foundation International in Rechnung gestellt wurden. In dem anderen Fall ging es um die Kosten einer chronischen Entzündung der Nasennebenhöhlen sowie rezidivierenden Durchfall.

Nach Auffassung des Beklagten rechtfertigten die von der Klägerin vorgetragenen Argumente die Steuerbefreiung nicht. Da sie die angeforderten Umsatzsteuererklärungen auch in der Folge nicht einreichte, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 AO. Dabei wurden die Umsätze und Vorsteuerbeträge wie folgt erfasst:

2007

2008

Umsatz zu 19 v.H.

18.000,00 €

17.000,00 €

Vorsteuerbeträge

1.000,00 €

780,00 €

Die Umsatzsteuer wurde entsprechend mit Bescheiden vom 28.05.2010 nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 2.420,00 € für 2007 und auf 2.450,00 € für 2008 festgesetzt. Im Erläuterungsteil der Bescheide wurde ausdrücklich auf die erfolgte Schätzung sowie auf die weiterhin bestehende Verpflichtung zur Abgabe der Umsatzsteuererklärungen hingewiesen.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein mit der Begründung, es handele sich bei den Leistungen um steuerfreie Umsätze, da sie ausschließlich eine steuerfreie heilberufliche Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 14 UStG ausübe. Zu Beginn ihrer selbständigen Tätigkeit habe sie beim Beklagten vorgesprochen und ihre Tätigkeit ausführlich dargelegt. Der zuständige Sachbearbeiter habe ihr daraufhin eine freie Berufstätigkeit ohne Umsatzsteuerpflicht bestätigt. Folgerichtig habe sie keine Umsatzsteuererklärungen abgegeben.

Auf die Aufforderung, die Übernahme der Kosten durch die Krankenkassen an Hand entsprechender Einnahmebelege nachzuweisen, teilte die Antragstellerin mit, dass sie als freie Mitarbeiterin in der Praxis von Frau S Massagen durchführe, deren Kosten die Praxisinhaberin mit den Krankenkassen abrechne.

Die Einnahmebelege der Streitjahre weisen Bruttoerlöse aus der Praxis S in Höhe von 9.116,00 € für 2007 und von 5.576,69 € für 2008 aus. Die einzelnen Leistungen wurden dabei wie folgt in Rechnung gestellt: Nasya, Ganzkörpermassage, Kosmetikbehandlung, Abhyanga, Shirodara, Öl- Salzmassage, Shirodara, Kräuterstempelmassage, Reiki, Fußmassage, Abhyanga, Padabhyanga, Bauchmassage, Rückenmassage, Tibetische Honig- Buttermilchmassage, Kopf-, Nackenmassage, Gesichtsmassage, Honigmassage, Facial Harmony, Gesichtsbehandlung, Klangschalenmassage, Facelifting.

Ein Teil der Erlöse wurde in bar (ohne Belege) vereinnahmt (2007: 4.795,00 €; 2008: 2.032,00 €). Die Erlöse aus der Waldhaus E GmbH in G beliefen sich auf 9.965,60 € für 2007 und auf 10.476,68 € für 2008. Vorgelegt wurden nur die Provisionsrechnungen mit Angabe der Rechnungsnummer und der Namen der Kunden. Im Internet wirbt die Waldhaus E GmbH unter der Rubrik "Wellness und mehr" damit, dass sich der Gast bei einer belebenden Ayurveda Massage entspannen oder sich einmal eine Reiki Behandlung von dem professionellen Team um die Antragstellerin gönnen soll.

Nach ihren Angaben in den Einkommensteuererklärungen war die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 14. August 2003 als Angestellte im E-Sport-Hotel nicht selbständig tätig, wozu sie täglich ins 24 km entfernte G fuhr. Am 15. August 2003 erlitt sie einen Herzinfarkt und war bis zum 22. Dezember 2003 erkrankt. Für das Jahr 2004 erzielte sie einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 6.136 € (Arbeitsstätte in G). Im Zeitraum vom 1. März 2004 bis zum 31. Dezember 2004 bezog sie Arbeitslosengeld.

Mit Einspruchsentscheidung vom 21. Oktober 2010 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 2007und 2008 vom 28. Mai 2010 als unbegründet zurück. Der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Am 29.10.2010 reichte die Klägerin Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 2007 und 2008 ein, in denen sie folgende Erklärungen abgab:

Umsätze zu 19 %

Vorsteuern

2007:    16.060,00 €

1.202,68 €

2008:    14.538,00 €

863,76 €

Auf der Grundlage dieser Erklärungen erließ der Beklagte am 18.11.2010 geänderte Umsatzsteuerbescheide. Die Änderungen stützte es auf § 164 Abs. 2 AO, der Vorbehalt der Nachprüfung blieb bestehen.

Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 22.11.2010 Einspruch ein und beantragte, die Einnahmen aus der Praxis der Frau S in Höhe von 9.116,00 € (Veranlagungszeit - VZ - 2007) und 5.576,69 € ( VZ 2008) umsatzsteuerfrei zu belassen. Zur Begründung trug sie vor, dass die auf sie übertragenen Behandlungen von medizinischer Notwendigkeit gewesen seien. Dies ergebe sich aus dem anliegenden Schreiben der Frau S vom 18.11.2010. Damit seien die Voraussetzungen der Anforderungen des BFH im Urteil vom 30.04.2009 - V R 6/07 - BStBl II 2009, 679 erfüllt. Insbesondere sei nicht erforderlich, dass sie selbst Ärztin, Heilpraktikerin oder dergleichen sei. Denn im besagten Urteil reiche eine Rückenschulleiterlizenz aus, die eine Diplom-Sportlehrerin erworben habe.

Im Schreiben der Frau S vom 18.11.2010, das bereits im Zuge des Einspruchsverfahrens gegen die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 28.05.2010 eingereicht worden war, heißt es:

"Frau A. P. (die Klägerin) hat bei mir von 2002 bis 2004 eine zweijährige Ausbildung zur Ayurveda-Massage-Therapeutin absolviert. Zur Ausbildung gehörten die Grundlagen und Philosophie des Ayurveda, Grundlagen der Kräuterheilkunde, Ernährungslehre nach den Tridoshas, gesunde Lebensführung sowie Untersuchungs- und Massagetechniken.

Bei dem aus Indien stammenden Ayurveda handelt es sich um die älteste Ganzheitsmedizin der Menschheit. Sie wird heute auch in vielen westlichen Kliniken wie z.B. der Habichtswaldklinik in Kassel oder der Uniklinik Essen angewendet.

Frau P. führt in meiner Praxis als freie Mitarbeiterin die medizinischen Ayurveda-Massagen durch."

Das Schreiben enthält gegenüber der ursprünglichen Fassung folgenden Zusatz:

"Die von ihr in meiner Praxis durchgeführten Behandlungen sind von medizinischer Notwendigkeit."

Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2011 wies der Beklagte den Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide 2007 und 2008 vom 18. November 2010 als unbegründet zurück und verwies zur Begründung auf die Einspruchsentscheidung vom 21.10.2010. Darüber hinaus greife auch der Hinweis auf die BFH-Entscheidung vom 30.04.2009 (V R 6/07) nicht durch. Der dortige Fall unterscheide sich vom vorliegenden Sachverhalt, als die Leistungen der Klägerin als Heilbehandlungen für den Fall zu qualifizieren gewesen seien, dass die geleiteten Kurse auf der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (§ 5 Abs. 6 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation) beruhten. Im Streitfall sei nicht nachgewiesen, dass die durchgeführten Behandlungen im Sinne der Rechtsprechung medizinisch indiziert waren. Der nachträglich angebrachte Zusatz der Frau S im Schreiben vom 18.11.2010 reiche als Nachweis einer medizinischen Notwendigkeit nicht aus. Die ärztliche Notwendigkeit hätte vielmehr in jedem Einzelfall verordnet werden müssen.

Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehörten auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht würden. Dienten die Maßnahmen aber lediglich dazu, den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern, stellten sie keine Heilbehandlungsleistungen dar (BFH, Urteil vom 30.04.2009 V R 6/07). Bei der Behandlung Abhyanga handele es sich um eine Ganzkörpermassage, bei der der Körper mit wohltemperiertem Sesamöl übergossen und sanft massiert wird. Die Massage erzeuge ein Gefühl von Geborgenheit und Wohlbefinden und wirke entschlackend, entgiftend und verjüngend. Die Facial Harmony aktiviere dagegen die individuelle Schönheit im Gesicht und belebe durch einfühlsame Berührung. Diese Behandlungen erlaubten, ebenso wie die übrigen mit Frau S abgerechneten Leistungen keinen eindeutigen Rückschluss auf eine Heilbehandlung. Sie seien vielmehr in den Bereich der persönlichen Lebensführung einzuordnen, deren therapeutischer Nutzung nicht nachgewiesen sei. Dabei werde nicht bezweifelt, dass einzelne Behandlungen den allgemeinen Gesundheitszustand der Patienten verbessert haben könnten. Insgesamt hätten die durchgeführten Behandlungen der Antragstellerin aber keinen unmittelbaren Krankheitsbezug und stellten keine Heilbehandlungsleistung i. S. d. § 4 Nr. 14 UStG dar.

Unter dem 6. Januar 2011 lehnte der Beklagte die beantragte Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ab. Dem sodann bei Gericht gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (6 V 1070/11) gab der Senat mit Beschluss vom 19. April 2011 statt.

Mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Klage führt die Klägerin zur Begründung im Wesentlichen aus: Da die Steuerbeträge fällig seien, habe sie bislang lediglich einen Abschlag in Höhe 1.500 € auf die Steuerschuld über insgesamt 3.990,46 € gezahlt. Richtigerweise seien im Jahr 2007 9.116 € von der Umsatzsteuer freizustellen, also 1.732,04 €. Für das Jahr 2008 seien 5.576 € von der Umsatzsteuer freizustellen, also 1.059,44 €.

Der Sachverhalt sei eigentlich einfach. Würde die Ärztin eine Mitarbeiterin mit ayurvedischer Behandlung beauftragen, wären die Leistungen von der Ärztin in Rechnung gestellt worden und als umsatzsteuerfrei angesehen worden. Nichts anderes könne gelten, wenn sie eine freie Mitarbeiterin beauftrage, diese Tätigkeiten an ihrer Stelle oder anstelle eigenen Personals auszuführen. Inwieweit spezielle Ausbildungen vorliegen müssten, könne nicht entscheidend sein. Schon gar nicht sei eine spezielle medizinische Ausbildung erforderlich. Hierauf habe bereits der BFH im Urteil vom 30.04.2009 (V R 6/07) hingewiesen. Selbst wenn eine Arzthelferin die erforderliche Tätigkeit wahrnehme, stelle der Arzt diese Leistung in Rechnung, ohne Umsatzsteuer. Man denke an die einfachen Tätigkeiten, wie Überwachung eines EKGs oder Dokumentation während der ärztlichen körperlichen Untersuchung.

Die streitbefangenen Massageleistungen seien ausschließlich auf ärztliche Anordnung und unter ärztlicher Aufsicht der Frau S erfolgt. Die Ärztin habe diese Leistungen ihren Privatpatienten in Rechnung gestellt und hier gemäß der Gebührenordnung für Patienten abgerechnet. Es könne daher nicht darauf ankommen, dass die Klägerin den Katalogberuf erfülle. Die berufliche Befähigung werde indiziert.

Im Übrigen sei die Klägerin seit dem Jahr 2002 als Therapeutin im Bereich von Ayurveda tätig. Entsprechende Lehrgangszertifikate seien vorgelegt worden.

Zwar habe der BFH im Verfahren V R 47/09 mit Urteil vom 2. September 2010 entschieden, dass eine steuerfreie Heilbehandlung durch einen Subunternehmer ohne eigenständigen Befähigungsnachweis nicht in Betracht komme. Die Entscheidungsgründe könnten aber nicht überzeugen. Der BFH stelle maßgeblich auf die berufliche Qualifikation ab. Zudem sei die Kostentragung durch die gesetzliche Krankenkasse kein Indiz für den Befähigungsnachweis. Der EuGH habe nunmehr im Verfahren C-156/09 mit Urteil vom 18. November 2010 entschieden, es sei nicht notwendig, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt werde.

Die Klägerin beantragt, den geänderten Umsatzsteuerbescheid 2007 vom 18. November 2010, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. Januar 2011, dahingehend abzuändern, dass für das Jahr 2007 ein Betrag von 9.116 € von der Umsatzsteuer freigestellt wird hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte tritt der Klage entgegen und führt zunächst aus, dass die von der Klägerin dargestellten Umsätze aus der Praxis S fehlerhaft dargestellt worden seien. Bei den Beträgen in Höhe von 9.116 € (2007) und 5.576,69 € (2008) handle es sich nicht um Nettoumsätze, sondern um Bruttoumsätze, aus denen die USt herauszurechnen sei, nämlich ein Betrag von 1.455,59 € in 2007 und 890,34 € in 2008 (zur Berechnung s. Bl. 37 PA).

In der Sache erwidert der Beklagte, bloße Maßnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens seien keine Heilbehandlungen im Sinne der Befreiungsvorschrift, selbst wenn sie von Angehörigen eines Heilberufs angeleitet würden (BFH-Beschluss vom 28.09.2007 - V B 7/06 - BFH/NV 2008, 122). Aus diesem Grund seien die Behandlungen der Klägerin nicht vergleichbar mit der Überwachung eines EKG's oder Dokumentation während einer ärztlichen körperlichen Untersuchung.

In der im Internet aufrufbaren Seite der Klägerin werde der Umfang der angebotenen Leistungen, die der Frau S in Rechnung gestellt worden seien, ausführlich dargelegt. Nach diesen Beschreibungen seien die angebotenen Leistungen eindeutig dem Wellnessbereich zuzuordnen. Ob Frau S in dem Zusammenhang bestätige, Behandlungen nur bei medizinischer Notwendigkeit durchführen zu lassen, spiele dabei keine Rolle.

Dass ayurvedische Behandlungsmethoden durchaus als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin anzuerkennen seien, werde nicht bestritten. Aber gerade im Grenzbereich zwischen möglicher Heilbehandlung und Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens - greife § 4 Nr. 14 UStG nur bei Maßnahmen ein, die aufgrund ärztlicher Indikation nach ärztlicher Verordnung durchgeführt würden (BFH-Urteil vom 30.01.2008 - XI R 53/06 - BStBI II 2008, 647 und BFH-Beschluss vom 06.06.2008 - XI B 11/08 - BFH/NV 2008, 1547).

Leistungen, die ohne ärztliche Indikation ausschließlich zur Vorbeugung gesundheitlicher Störungen durchgeführt würden, seien keine Heilbehandlungsleistungen, da sie lediglich den allgemeinen Gesundheitszustand verbesserten und damit keinen unmittelbaren Krankheitsbezug hätten. Aus diesem Grund fielen Massageleistungen, die von einem Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens ("wellness") durchgeführt würden, nicht unter die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 14 UStG (BFH-Beschluss vom 28.09.2007 - V B 7/06 - BFH/NV, 122).

Für eine Heilbehandlung wäre hiernach in jedem Einzelfall eine ärztliche Verordnung erforderlich gewesen. Nicht schädlich sei es in dem Zusammenhang, dass die Klägerin ihre Leistungen gegenüber einem Arzt erbracht habe.

Es sei auch darauf hinzuweisen, dass der Grundsatz der steuerlichen Neutralität es verbiete, gleichartige und deshalb in Wettbewerb stehende Dienstleistungen hinsichtlich der Mehrwertsteuer unterschiedlich zu behandeln. Insofern könne es nicht sein, dass die Leistungen, die die Klägerin im Hotel Waldhaus E in G oder zu Hause auf eigene Rechnung erbringe, dem Regelsteuersatz unterlägen, während die gleichen Leistungen in der Praxis der Frau S steuerfrei sein sollen.

Darüber hinaus fehle es der Klägerin auch an der erforderlichen Berufsqualifikation. Der Nachweis dieser Qualifikation könne sich aus berufsrechtlichen Regelungen oder aus einer Kostentragung durch die gesetzlichen Krankenkassen als Sozialversicherungsträger ergeben (BFH-Urteil vom 30.01.2008 - XI R 53/06 - a.a.O.). Dieser Nachweis liege vor, wenn der jeweilige Unternehmer oder seine Berufsgruppe nach § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Sozialversicherung zugelassen seien (BFH-Urteil vom 23.08.2007 - V R 34/02 - BStBI II 2005, 316). Daran fehle es im Streitfall. Weder die Klägerin noch Frau S seien nach § 124 Abs. 2 SGB V zugelassen. Die Bescheinigung der Frau S könne das Erfordernis eines berufsbezogenen Qualifikationsnachweises nicht ersetzen.

Sofern die Klägerin zur Begründung ihrer Klage vortrage, dass der vorliegende Sachverhalt den Anforderungen des BFH-Urteils vom 30.04.2009 - V R 6/07 - a.a.O. entspreche, könne dem nicht gefolgt werden. Die Feststellungen des vorinstanzlichen Finanzgerichts erlaubten keine abschließende Entscheidung darüber, ob die Leistungen der Klägerin über den für die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 14 UStG erforderlichen Heilbehandlungscharakter verfügt hätten. Der Fall sei vom BFH an das Finanzgericht zurückverwiesen worden, weil nicht festgestellt worden sei, ob die geleiteten Kurse als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation auf der Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining (§ 5 Abs. 6 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation) beruht und damit von den Krankenkassen im Falle einer ärztlichen Verordnung gefördert hätten werden können.

In einer Replik führt die Klägerin dazu aus, dass zunächst klargestellt werden müsse, dass es sich bei Ayurveda um eine anerkannte Heilbehandlung handele. Insbesondere werde in der Praxis der Ärztin Frau S nicht die Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens, sondern die Therapie von Krankheitsbildern durchgeführt. Die Zeugin S habe in der Email vom 05.04.2011 anschaulich erklärt, wie ein Therapieplan bezüglich einer Ayurveda-Behandlung aussehe. Die Therapie bestehe demnach aus mehreren wahrzunehmenden Behandlungsterminen. Es würden spezielle Massagetechniken angewendet, die zu dem jeweiligen Krankheitsbild passen und zwar speziell nur nach Anweisung des Ayurveda-Arztes.

Es müsse des Weiteren klargestellt werden, dass es sich bei der Massage durch die Klägerin nicht um die Hauptbehandlung handele. Vielmehr stelle die Massage nur einen Teil der Therapie dar. Da die ayurvedische-Behandlung in den Räumen der Ärztin stattfinde, komme eine ärztliche Verordnung hierfür nicht in Betracht. Die Massage dauere ca. eine Stunde. Die Ärztin sei nicht in der Lage, die Zeit für die Massage höchstpersönlich aufzubringen. Nach dem Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (6 K 2763/07 bei juris, dort Rz. 13) komme es auf einen Befähigungsnachweis der Antragstellerin grundsätzlich nicht an, wenn die Heilbehandlungen von den Sozialversicherungsträgern finanziert würden. Damit werde die berufliche Befähigung schon indiziert. Die Ärztin stelle die Leistungen ihren Privatpatienten in Rechnung und rechne hier gemäß der Gebührenordnung für Ärzte ab.

Zwar habe der BFH mit Urteil vom 02.09.2010 (V R 47/09) das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz aufgehoben. Indes überzeugten die Gründe nicht. Der BFH stelle in diesem Urteil maßgeblich auf die berufliche Qualifikation ab. Zudem sei die Kostentragung durch die gesetzliche Krankenkasse kein Indiz für den Befähigungsnachweis.

Mit Urteil vom 18.11.2010 habe jedoch der Europäische Gerichtshof (C-156/09) einen ähnlich gelagerten Fall entschieden. Der Fall sei dem hier zu verhandelnden Rechtsfall insofern ähnlich, als die Dienstleistung eines Labors nur den Teil einer therapeutischen Behandlung dargestellt habe. In den Gründen unter Nummer 28 heiße es dort: "Es ist in dieser Hinsicht ohne Bedeutung, dass diese Dienstleistungen von Laborpersonal erbracht werden, das nicht aus qualifizierten Ärzten besteht, da es nicht notwendig ist, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt wird." Einen Verstoß gegen den Grundsatz der Steuerneutralität erkenne der EuGH ebenfalls nicht. Denn die Einstufung einer Dienstleistung als Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sei nur von ihrem eigenen Charakter abhängig, ohne dass die Verfügbarkeit einer pharmazeutischen Alternative erheblich wäre. Letztlich führe der EuGH unter Nummer 23 aus: "Die Auslegung dieser Begriffe (Heilbehandlung) muss jedoch mit den Zielen in Einklang stehen, die mit den Umsatzsteuerbefreiungen verfolgt werden, um den Erfordernissen des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität zu entsprechen." Daher entspreche es nicht dem Sinn dieser Regel einer engen Auslegung, wenn die zur Umschreibung der in Artikel 13 genannten Befreiungen verwendeten Begriffe so ausgelegt werden, dass sie den Befreiungen ihre Wirkung nehmen. Genau dieses Ergebnis würde die Rechtsansicht der Beklagten darstellen. Nach der 6. Richtlinie, Artikel 13 Teil A Buchstabe C, werde der Begriff der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin als alle Leistungen erfasst, die zur Diagnose, Behandlung und, soweit wie möglich, Heilung von Krankheiten und Gesundheitsstörungen dienten. Der EuGH verweise hier auf das Urteil CopyGene, Randnummer 28."

Mit Beweisbeschluss des Senats vom 15. Mai 2012 bzw. vom 18. Dezember 2012 ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet worden zu der Frage, ob die streitbefangenen Massageleistungen der Klägerin in den Streitjahren 2007 und 2008 eigenständige Einzelleistungen darstellen oder in ein Gesamtverfahren mit therapeutischem Zweck im Sinne einer Heilbehandlung (Gegensatz: Wellnessbehandlung) der Praxis der Frau Iris S eingebunden ist. Mit Gutachtenerstellung ist Herr Dr. C.K. vom ...-Krankenhaus (Abteilung Naturheilkunde) beauftragt worden.

Unter dem 4. Mai 2013 hat Herr Dr. K sein Gutachten nebst Anhängen vorgelegt (Bl. 90 - 108 PA).

Die Beteiligten haben zu den gutachterlichen Ausführungen Stellung genommen und halten an ihren jeweiligen Anträgen und den entsprechenden Begründungen fest.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine weitere Bestätigung der Frau S vom 24. Juli 2013 betreffend ihre "Ausbildung zur Ayurveda-Massagetherapeutin" vorgelegt.

Gründe

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der angefochtene Änderungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beklagte hat zu Recht die Steuerfreiheit des streitbefangenen Umsatzes verneint.

I.

1. Nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung sind steuerfrei die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Physiotherapeut (Krankengymnast), Hebamme oder aus einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit und aus der Tätigkeit als klinischer Chemiker.

Diese Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG), wonach "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die im Rahmen der Ausübung der von dem betreffenden Mitgliedstaat definierten ärztlichen und arztähnlichen Berufe erbracht werden", steuerfrei sind. § 4 Nr. 14 UStG ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entsprechend Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 77/388/EWG auszulegen. Daher setzt die Steuerfreiheit voraus, dass der Unternehmer eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin durch ärztliche oder arztähnliche Leistungen erbringt und die dafür erforderliche Qualifikation besitzt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679; zur erforderlichen Berufsqualifikation s. zuletzt auch BFH-Urteil vom 29. Juni 2011 XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806).

a. Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Sie müssen einen therapeutischen Zweck haben. Zu den Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin gehören auch Leistungen, die zum Zweck der Vorbeugung erbracht werden, wie vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz einschließlich der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden. Keine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin sind "ärztliche Leistungen", "Maßnahmen" oder "medizinische Eingriffe", die zu anderen Zwecken erfolgen (vgl. nur BFH-Urteil vom 18. August 2011 V R 27/10, BFH/NV 2011, 2214 m.w.N. zur Rspr.).

Nicht unter die Befreiung fallen danach Tätigkeiten, die nicht Teil eines konkreten, individuellen, der Diagnose, Behandlung, Vorbeugung und Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienenden Leistungskonzeptes sind (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 - V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904, BFH/NV 2005, 2142, vom 10. März 2005 - V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669) oder etwa von einem Chirurgen durchgeführte Schönheitsoperationen oder Massagen, die von einem Physiotherapeuten ohne vorherige ärztliche Anordnung lediglich aus kosmetischen Gründen oder zur Verbesserung des Wohlbefindens ("wellness") durchgeführt werden (BFH-Beschluss vom 28. September 2007 - V B 7/06, BFH/NV 2008, 122, m.w.N.).

b. Neben dem Tatbestandsmerkmal der Heilbehandlung im vorgenannten Sinne muss die entsprechende Befähigung des Unternehmers bzw. Subunternehmers vorliegen.

Allerdings war fraglich, ob ein solcher Befähigungsnachweis auch im Falle der Einschaltung eines Subunternehmers auf dessen Ebene immer vorliegen muss.

aa. Der erkennende Senat hatte mit Urteil vom 14. Mai 2009 (6 K 2763/07, EFG 2010, 271) entschieden, dass die von einer Kosmetikerin gegenüber einem (Haut-)Arzt durch die Vornahme von Aknebehandlungen an dessen Patienten erbrachten, pauschal vergüteten Leistungen, welche dieser seinen privat versicherten Patienten gem. GOÄ in Rechnung stellt, als heilberufliche Tätigkeit i.S.d. § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG umsatzsteuerfrei sind, wenn die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten dieser Leistungen übernommen hätten, wären sie gegenüber gesetzlich Versicherten erbracht worden.

bb. Der BFH (Urteil vom 2. September 2010 V R 47/09, BStBl II 2011, 195) hob diese Entscheidung auf mit der Begründung, die Klägerin verfüge nicht über den hierfür erforderlichen Befähigungsnachweis.

Zwar stehe der Steuerfreiheit der durch die Klägerin erbrachten Leistungen nicht bereits entgegen, dass sie ihre Leistungen gegenüber einem Arzt erbrachte. Auch Subunternehmer eines Arztes können diesem gegenüber eine steuerfreie Heilbehandlungsleistung erbringen (EuGH-Urteil vom 8. Juni 2006 C-106/05, L. u. P. GmbH, BFH/NV Beilage 2006, 442 Rdnrn. 37 f.; BFH-Urteile vom 25. November 2004 V R 44/02, BFHE 208, 80, BStBl II 2005, 190, unter II.1.; vom 1. Februar 2007 V R 64/05, BFH/NV 2007, 1203, unter II.1.a, und vom 15. März 2007 V R 55/03, BFHE 217, 48, BStBl II 2008, 31, unter II.1.b). Dies beruhe darauf, dass es für die Steuerfreiheit nicht auf die Person des Leistungsempfängers ankomme, sondern sich die personenbezogene Voraussetzung der Steuerfreiheit auf den Leistenden beziehe, der Träger eines ärztlichen oder arztähnlichen Berufs sein müsse (BFH-Urteile vom 12. Oktober 2004 V R 54/03, BFHE 207, 558, BStBl II 2005, 106, unter 4.; vom 10. März 2005 V R 54/04, BFHE 210, 151, BStBl II 2005, 669, unter II.1., und vom 7. Juli 2005 V R 23/04, BFHE 211, 69, BStBl II 2005, 904, unter II.1.a).

Die Klägerin verfüge aber nicht über den erforderlichen Befähigungsnachweis. Die Klägerin gehöre als Kosmetikerin keiner Berufsgruppe an, die zur Behandlung von Aknepatienten befähigt sei. Insoweit könne zwar nach den Umständen des Einzelfalles auch eine berufsbezogene Ausbildungs- und Prüfungsordnung ausreichen (BFH-Urteil vom 18. Januar 2005 V R 99/01, BFH/NV 2005, 1392, unter II.2.c), wobei im Streitfall zu berücksichtigen sei, dass für Kosmetiker mit der Verordnung über die Berufsausbildung zum Kosmetiker/zur Kosmetikerin -KosmAusbV- (BGBl I 2002, 417) eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung bestehe. Das Ausbildungsberufsbild nach § 4 KosmAusbV, zu dem insbesondere Beurteilen und Reinigen der Haut, Pflegende Kosmetik und Dekorative Kosmetik gehörten, beziehe sich jedoch nicht spezifisch auf die Behandlung von Aknepatienten und eigne sich daher nicht als Befähigungsnachweis. Die von der Klägerin in einer Chemisch-Pharmazeutischen Fabrik absolvierte Zusatzausbildung in Dermatologie sei gleichfalls kein berufsrechtlicher Befähigungsnachweis für Aknebehandlungen. Schließlich könne die Bescheinigung des Arztes Dr. G das Erfordernis eines berufsbezogenen Qualifikationsnachweises nicht ersetzen.

Darüber hinaus sei auch die Kostentragung durch gesetzliche Krankenkassen im Streitfall entgegen dem FG-Urteil kein Indiz für den Befähigungsnachweis. Hieraus könne nicht auf die erforderliche Befähigung der Klägerin geschlossen werden. Denn aus nach dem SGB V einem Arzt für dessen Heilbehandlungsleistungen geschuldeten Zahlungen einer Krankenkasse ergebe sich nicht, dass der vom Arzt eingeschaltete Subunternehmer - hier die Klägerin - über die erforderliche berufliche Befähigung zur Durchführung einer Heilbehandlungsmaßnahme verfüge. Gegenteiliges folge auch nicht aus dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität, da Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nur insoweit gleichartig sind, als sie für die Behandelten eine gleichwertige Qualität aufweisen. Dies treffe auf Leistungen eines Arztes und einer Kosmetikerin nicht zu.

cc. Eine im Anschluss daran erfolgte EuGH-Entscheidung (Urteil vom 18. November 2010 C-156/09 Verigen Transplantation Service International AG, Slg 2010, I-11733 = UR 2011, 215) ließ Zweifel aufkommen an der generellen Anwendung der BFH-Entscheidung V R 47/09 (aaO) auf alle Subunternehmerfälle.

Der EuGH entschied im dortigen Klageverfahren, dass sie spezifischen von der Verigen Transplantation Service International AG (VTSI, Subunternehmerin) erbrachten Dienstleistungen zwar nur einen Teil dieses Gesamtverfahrens bildeten. Sie seien jedoch ein unerlässlicher, fester und untrennbarer Bestandteil des Verfahrens, dessen einzelne Abschnitte sinnvoller Weise nicht isoliert voneinander durchgeführt werden könnten. Daraus ergebe sich, dass das Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken unter den Begriff der "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" i.S.v. Art. 13 Teil A lit. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EW (gemeinschaftsrechtliche Grundlage für § 4 Nr. 14 lit. a UStG) fielen. Eine solche Auslegung stehe im Übrigen im Einklang mit dem Zweck dieser Bestimmung, die Kosten ärztlicher Heilbehandlungen zu senken. Es sei in dieser Hinsicht nach Auffassung ohne Bedeutung, dass diese Dienstleistungen von Laborpersonal erbracht werden, das nicht aus qualifizierten Ärzten besteht, da es nicht notwendig ist, dass jeder Aspekt einer therapeutischen Behandlung von medizinischem Personal durchgeführt werde.

In der Literatur (Ketteler-Eising, jurisPR-MedizinR 1/2011 Anm. 4) wurde im Anschluss daran die Auffassung vertreten, dass diese Rechtsprechung des EuGH den Schluss zulassen könne, dass ein Subunternehmer, der in ein Gesamtverfahren mit therapeutischem Zweck eingebunden sei, nicht in allen Fällen über den erforderlichen beruflichen Befähigungsnachweis verfügen müsse. Die VTSI sei selbstständiger Unternehmer und wird als "Subunternehmer" für den Leistungsempfänger (Ärzte oder Kliniken) tätig. Die Leistungen seien offenbar von Laborpersonal erbracht worden, welches nicht über einen entsprechenden arztähnlichen Befähigungsnachweis verfügt habe. Dennoch habe der EuGH im Tenor entschieden, dass Art. 13 Teil A Abs. 1 lit. c der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG dahin gehend auszulegen sei, dass das Herauslösen von Gelenkknorpelzellen aus dem einem Menschen entnommenen Knorpelmaterial und ihre anschließende Vermehrung zur Reimplantation aus therapeutischen Zwecken eine "Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin" im Sinne dieser Bestimmung sei.

Der erkennende Senat hat im Hinblick darauf mit Beschluss vom 19. April 2011 im Eilverfahren 6 V 1070/11 die Vollziehung der Bescheide ausgesetzt bzw. die Vollziehung aufgehoben.

dd. Im Verfahren der VTSI entschied sodann der BFH mit Urteil vom 29. Juni 2011 (XI R 52/07, BFH/NV 2011, 1806) unter Aufhebung der FG-Entscheidung und Zurückverweisung, dass noch keine Feststellungen zum Befähigungsnachweis getroffen worden seien. Er führte dazu aus (aaO unter II.2.b):

"Im Streitfall hat das FG -von seiner Rechtsauffassung ausgehend zu Recht- noch keine tatsächlichen Feststellungen zu der beruflichen Qualifikation der Mitarbeiter der Klägerin getroffen. Es wird dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen und unter Berücksichtigung der Grundsätze des BFH-Urteils in BFHE 185, 287, BStBl II 1998, 453 zu entscheiden haben, ob danach die Steuerbefreiung zu gewähren ist."

Der BFH geht mithin, worauf der Beklagte zu Recht hinweist, davon aus, dass der Subunternehmer bzw. die in das Verfahren involvierten Bediensteten des Subunternehmers (weiterhin) den Nachweis der beruflichen Qualifikation - den Befähigungsnachweis - erbringen müssen. Es gelten mithin die allgemeinen Grundsätze, nach denen Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. c MwStSystRL nur steuerfrei sind, wenn sie von Personen erbracht werden, die die hierfür erforderlichen "beruflichen Befähigungsnachweise" (Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union -EuGH- vom 10. September 2002 C-141/00, Kügler, Slg. 2002, I-6833, BFH/NV 2003, 30, Beilage 1 Rdnr. 27) und damit die erforderlichen "beruflichen Qualifikationen" besitzen, damit die Heilbehandlungen unter Berücksichtigung der beruflichen Ausbildung der Behandelnden eine ausreichende Qualität aufweisen (EuGH-Urteil vom 27. April 2006 C-443/04 und C-444/04, Solleveld u.a., Slg. 2006, I-3617, BFH/NV 2006, 299, Beilage 3 Rdnr. 37; BFH-Urteil in BFHE 231, 326, BStBl II 2011, 195, unter II.2.).

Der Nachweis der Qualifikation kann sich nach ständiger Rechtsprechung des BFH für die nicht unter die Katalogberufe fallenden Unternehmer ergeben

-

insbesondere aus berufsrechtlichen Regelungen (vgl. zuletzt BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679)

-

oder auch aus einer "regelmäßigen" Kostentragung durch Sozialversicherungsträger folgen, wobei eine derartige Kostentragung durch gesetzliche Krankenkassen nach der Rechtsprechung des Senats nur dann von Bedeutung ist, wenn sie den Charakter eines Befähigungsnachweises hat (BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 47/09, BStBl II 2011, 195). Die Kostentragung kann sich im Einzelfall aus den Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern nach dem Vierten Kapitel des SGB V und damit aus den §§ 69 ff. SGB V ergeben. So ist z.B. die Aufnahme der betreffenden Leistungen in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen nach § 92 SGB V, der Abschluss eines Versorgungsvertrags nach § 111 SGB V oder die Zulassung des Unternehmers oder seiner Berufsgruppe nach § 124 SGB V als Indiz für das Vorliegen der erforderlichen Berufsqualifikation anzusehen (BFH-Urteil vom 30. April 2009 V R 6/07, BFHE 225, 248, BStBl II 2009, 679 m.w.N.; zum Ganzen s. auch FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Juni 2012 6 K 1911/11, EFG 2012, 1789 und nach BFH-Urteil vom 7. Februar 2013 V R 22/12, BFH/NV 2013, 880).

II.

Nach Maßgabe dieser Rechtsgrundsätze, denen der Senat folgt, führt die Klage nicht zum Erfolg.

1. Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin

Die Qualifikation als Heilbehandlung hat auch der Gutachter nachvollziehbar und widerspruchsfrei dargelegt. Er führt nach eingehender Auseinandersetzung mit den medizinischen Aspekten zusammenfassend dazu aus:

"Vor diesem Hintergrund und mit Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidung vom 18. November 2010 (C-156/09) entspricht ärztlich-therapeutisch praktizierte bzw. ärztlicherseits angeordnete / delegierte Ayurveda-Therapie auf der Basis medizinischer Indikationen vollumfänglich `Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin´, die Leistungen beinhalten, `die zur Diagnose, Behandlung und, so weit wie möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen dienen´. Darüber hinaus hat Ayurveda-Medizin in diesem Sinne a priori nichts mit reinen Wellness-Behandlungen zu tun, die in Hotels, Spas oder Fitnessclubs als `ayurvedisch´ angeboten werden."

Die Ayurveda-Medizin wird seit mehr als 3 Jahrzehnten in Deutschland von Ärzten in Kliniken und Praxen praktiziert mit steigender Nachfrage; sie wird im Inland etwa eingesetzt an mehreren großen Kliniken, darunter auch Universitätskliniken (Nachweise im Gutachten vom 4. Mai 2013 unter Ziffer 3 - "Ayurveda als Medizinsystem in Deutschland" (= Bl. 92 ff. PA).

Wie der BFH bereits im Urteil vom 26. Januar 1988 VIII R 29/87 (BFH/NV 1988, 788) entschieden hat, hat das Gericht Gutachten gerichtlich bestellter Sachverständiger sorgfältig und kritisch zu würdigen; Unvollständigkeiten, Unklarheiten und Zweifel sind von Amts wegen - soweit möglich - auszuräumen. Erforderlichenfalls ist der Gutachter zu einer Ergänzung seines schriftlichen Gutachtens zu veranlassen und in der mündlichen Verhandlung zu befragen (s. auch BFH-Beschluss vom 4. Juli 2007 IV B 72/06, JurisDok). Vor diesem Hintergrund hat sich für den Senat die Frage gestellt, ob der Gutachter mit einer Ergänzung seines Gutachtens - mit nochmaliger Aufforderung der Klägerin bzw. der Ärztin zur Vorlage anonymisierter Patientenunterlagen - zu beauftragen war.

Angesichts der bereits erfolgten eindeutigen Aufforderung des Gutachters zur Vorlage anonymisierter Patientenunterlagen (s. 6.2. des Gutachtens, erster Absatz = Bl. 101 PA) hält der Senat eine nochmalige Aufforderung nicht für angezeigt. Nur der Vollständigkeit halber ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Klägerin selbst dem Gutachter keine Informationen gegeben hat. Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung dazu angehört worden. Sie hat dazu vorgetragen, dass sie damals anlässlich des Telefonats davon ausgegangen sei, dass Frau S die Fragen des Gutachters besser beantworten könne, weil diese Ärztin sei.

2. Nachweis der Qualifikation (Befähigungsnachweis)

Die Klägerin hat den Nachweis der Qualifikation nicht geführt, den sie als selbständige (Sub-) Unternehmerin zu erbringen hat.

Eine solche ärztliche Bescheinigung kann das Erfordernis eines berufsbezogenen Qualifikationsnachweises nicht ersetzen (zur Bedeutung einer ärztlichen Bescheinigung für den Qualifikationsnachweis s. auch BFH-Urteil vom 2. September 2010 V R 47/09, BStBl II 2011, 195). Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die benannte "Ausbildung" auf der Grundlage berufsrechtlicher Regelungen mit abschließender staatlicher Prüfung stattgefunden hat (s dazu den Beispielsfall der Ausbildung eines Podologen nach dem PodG FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Juni 2012 6 K 1911/11, EFG 2012, 1789, insoweit bestätigt durch BFH-Urteil vom 7. Februar 2013 V R 22/12, BFH/NV 2013, 880).

Die vorgenannten Ausführungen gelten in gleicher Weise für die von der Klägerin vorgelegten "Zertifikate" bzw. Seminar-Teilnahmebescheinigungen (Bl. 42 ff. USt-Akte 2007).

b. Der Nachweis der Qualifikation ergibt sich auch nicht aus einer "regelmäßigen" Kostentragung durch die gesetzlichen Krankenkassen als Sozialversicherungsträger.

Aryuveda-Massagen sind nicht in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen (§ 92 SBG V) aufgenommen; es handelt sich nicht um verordnungsfähige Leistungen (s. Stellungnahme der AOK Rheinland-Pfalz vom 17. Juni 2013, Bl. 122 PA). Folgerichtig führt Frau S in einer e-mail vom 19. Februar 2013 an den Gutachter (Anhang zum Gutachten = Bl. 107 PA) u.a. aus: " Viele Patienten kommen auf Empfehlung ihrer Haus- oder Fachärzte. Eine Überweisung für Patienten der gesetzlichen Krankenkassen ist ja leider nicht möglich, wie Sie ja selbst wissen." Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die noch im Verwaltungsverfahren vorgetragene Behauptung, es finde eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen statt (vgl. etwa Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten vom 5. Mai 2010, Bl. 10 USt-Akte 2007), unzutreffend ist. Im Klageverfahren hat die Klägerin - nunmehr zutreffend - dargelegt, dass Frau S eine Privatpraxis betreibe und gegenüber ihren Patienten privat nach der Gebührenordnung für Ärzte abrechne. Die Klägerin selbst hat immer nur mit Frau S abgerechnet. Weder die Klägerin noch ihre Auftraggeberin haben die streitbefangenen Leistungen mit den gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet.

Im Übrigen sind weder Frau S noch die Klägerin zugelassene Leistungserbringer nach § 124 SGB V. Auch ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V ist insoweit nicht geschlossen worden.

c. Der vergleichende Hinweis der Klägerin auf die Behandlungen von angestelltem Personal in ärztlichen Praxen vermag nicht durchzugreifen. Das Umsatzsteuerrecht knüpft an die Unternehmereigenschaft an, die in § 2 UStG näher geregelt ist. Dass die Klägerin Unternehmerin ist und insoweit gemäß § 1 UStG steuerbare Umsätze erzielt, wird auch von der Klägerin nicht bestritten. Der Hinweis auf die Arbeitsleistung angestellter Arbeitnehmer, die selbst keine Unternehmer sind, und die Abrechnung dieser Arbeitsleistungen durch den behandelnden Arzt, geht fehl. Es handelt sich aus umsatzsteuerlicher Sicht um einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.

III.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO abzuweisen. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, nachdem die den Streitfall betreffenden Streitfragen durch EuGH und BFH geklärt sind.

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