VG Neustadt an der Weinstraße, Urteil vom 09.12.2015 - 3 K 1130/15.NW
Fundstelle
openJur 2020, 23454
  • Rkr:
Tenor

Die an die Klägerin gerichteten Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 werden aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen zwei an sie gerichtete Bescheide des Beklagten.

Die Klägerin ist ein in der Windenergiebranche tätiges Unternehmen und betreibt im Bereich "Hinterste Gewanne" der Gemeinde A-Dorf im inzwischen aus 9 Windenergieanlagen (im Folgenden WEA) bestehenden Windpark A-Dorf seit 2005 mehrere WEA, darunter die WEA ... auf dem Grundstück Flurstück-Nr. .... Die Beigeladene ist die Rechtsnachfolgerin der C GbR, die auf den Grundstücken Flurstück-Nrn. ... und ... ebenfalls im Windpark von A-Dorf eine WEA betreibt (WEA ...). Sämtliche WEA liegen nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, sind aber im Flächennutzungsplan der Verbandsgemeinde B aus dem Jahre 2002 als "Flächen für Versorgungsanlagen Windkraft" ausgewiesen.

Der Beklagte erteilte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen auf ihren Antrag vom Mai 2002 am 23. September 2002 einen positiven Bauvorbescheid zur Errichtung einer WEA auf den Grundstücken Flurstück-Nrn. ... und ... Bereits zuvor waren in dem Windpark 5 WEA errichtet worden.

Im August 2002 reichte die Klägerin beim Beklagten einen Bauantrag zur Genehmigung einer WEA auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ... ein. Nachdem die Beigeladene hiervon Kenntnis erhalten hatte, legte sie am 26. August 2002 "gegen den eingereichten Bauantrag" unter Bezugnahme auf die eigene Bauvoranfrage Widerspruch ein.

Mit Bescheid vom 16. Januar 2003 genehmigte der Beklagte der Klägerin die Errichtung einer WEA des Typs Vestas V80-2,0 MW auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ..., Koordinaten ... In der Folgezeit ergingen mehrere Tekturgenehmigungen und zwar am 6. September 2004 (Typ Gamesa Eolica), 28. September 2004 (Typ Enercon E 70-E 4, mit einer Gesamthöhe von 134,50 m) und am 28. Oktober 2004 (Typ Enercon E 70 E 4 mit einer Gesamthöhe von 134,50 m, Nabenhöhe 98 m, Rotordurchmesser 70 m).

Die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen erhielt ihrerseits am 20. Juli 2004 eine Baugenehmigung für die Errichtung einer WEA (Typ Enercon E 66) sowie am 2. August 2004 eine Tekturgenehmigung (Typ Enercon E 66/20.70). Dagegen legte die Klägerin am 22. Juli 2004 Widerspruch ein. Die WEA der Firma C GbR wurde in der Folgezeit nicht errichtet. Die Baugenehmigung wurde am 12. Juni 2008 verlängert.

Gegen die Baugenehmigung vom 16. Januar 2003 legte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen am 1. Mai 2004 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, im Genehmigungsverfahren sei nicht berücksichtigt worden, dass ein Mindestabstand von 3 Rotordurchmessern und damit 240 m Abstand zwischen den WEA der Firma C GbR und der Klägerin eingehalten werden müsse. Der Abstand betrage tatsächlich nur ca. 140 m.

Im Januar 2005 zeigte die Klägerin den Baubeginn an. Am 21. April 2005 teilte die Beklagte der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen mit, dass die Baugenehmigung vom 16. Januar 2003 durch mehrere Ergänzungsgenehmigungen abgeändert worden sei und die Abstände der WEA unter mechanischen Gesichtspunkten nicht geprüft worden sei. Am 4. Mai 2005 äußerte die Firma C GbR gegenüber dem Beklagten, sie lasse den Widerspruch bestehen, das Verfahren könne aber ruhen. Mit weiterem Schreiben vom 14. Juli 2006 teilte die Firma C GbR dem Beklagten mit, das Widerspruchsverfahren solle bis auf weiteres ruhen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Kreisrechtsausschuss am 15. November 2006 wurde das Verfahren ausgesetzt und der Klägerin aufgegeben, ein Gutachten betreffend die Standsicherheit der eigenen sowie der WEA der Firma C GbR einzuholen. Auf Basis des Gutachtens des TÜV Nord aus dem Jahre 2007, das unter bestimmten Voraussetzungen Standsicherheitsprobleme aufzeigte, versah der Beklagte die Baugenehmigung der Klägerin vom 16. Januar 2003 mit Bescheid vom 2. Juli 2008 nachträglich mit einer Auflage betreffend die Abschaltung bei Wind aus Nord und Süd.

Mit weiterem Bescheid vom 18. Juli 2008 nahm der Beklagte die nachträgliche Auflage vom 2. Juli 2008 wieder zurück und verfügte die neue Auflage, wonach die Klägerin die WEA bei Windgeschwindigkeiten von 6-14 m/s aus bestimmten Windrichtungen abzuschalten habe. Die Auflage trete nur in Kraft, soweit die WEA der Firma C GbR vom Typ Enercon E-66/20.70 tatsächlich errichtet und in Betrieb genommen werde.

Mit Antrag vom 29. Februar 2012 beantragte die Fa. C GbR die Verlängerung und Änderung ihrer Baugenehmigung auf den Typ Enercon E 70 E 4 mit 2,3 MW Nennleistung, 85 m Nabenhöhe, 71 m Rotordurchmesser, 120,5m Gesamthöhe mit der Begründung, der Typ Enercon E 66 20.70 werde nicht mehr hergestellt. Daraufhin erteilte der Beklagte ihr mit Bescheid vom 20. April 2012 eine Baugenehmigung. Hinsichtlich der Auflagen und Bedingungen verwies der Beklagte u.a. auf die Auflagen und Bedingungen der Baugenehmigung vom 20. Juli 2004 und 2. August 2004 (Genehmigung der Windenergieanlage Enercon E 66 20.70: 2.0 MW Nennleistung).

Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin nach erfolgter Baubeginnsanzeige der Beigeladenen vom 15. November 2012 am 28. November 2012 Widerspruch, da die im Jahre 2004 genehmigte Anlage sich von der jetzt genehmigten und errichteten Anlage unterscheide und damit negative Auswirkungen auf ihre eigene Anlage nicht ausgeschlossen werden könnten.

Mit Bescheid vom 31. Mai 2013 wurde die der Firma C GbR erteilte Baugenehmigung vom 20. April 2012 gegenüber ihrer Rechtsnachfolgerin, der Beigeladenen, aufgehoben und die immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt, statt der ursprünglich genehmigten WEA vom Typ Enercon E 66/20 eine WEA vom Typ Enercon E 70 E 4 zu betreiben. Als Auflage wurden u.a. in Ziffer 3b) Abschaltverpflichtungen auferlegt.

Mit weiterem Bescheid vom 31. Mai 2013 versah der Beklagte auch die Baugenehmigung der Klägerin vom 16. Januar 2003 in der Fassung vom 18. Juli 2008 nachträglich mit folgender Anforderung:

Auf Grundlage des Gutachtens des TÜV Nord vom 21. Februar 2013 ist die Anlage in folgenden Fällen abzuschalten:

Abschaltsektoren 147,1 +/- 32.7° (114,4° - 179.8°). Windgeschwindigkeitsbereich 4 bis 14 m/s.

Der Beklagte verfügte ferner, dass die Anordnung bis zum 14. Juni 2013 zu erfüllen sei und die Umsetzung der Anordnung durch eine bis zum 20. Juni 2013 vorzulegenden Bestätigung der Abschaltregelung als Erklärung des Betreibers zu dokumentieren sei. Für den Fall der Nichtbeachtung der Abschaltanordnung bis zum festgesetzten Termin wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € angedroht.

Mit an die Klägerin gerichtetem Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 erhob der Beklagte Gebühren und Auslagen in Höhe von insgesamt 275,75 € für den Erlass des Änderungsbescheides vom 31. Mai 2013.

Gegen die nachträglichen Abschaltanordnungen in dem an sie gerichteten Bescheid vom 31. Mai 2013 erhob die Klägerin am 6. Juni 2013 Widerspruch. Zugleich legte sie gegen den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 31. Mai 2013 Widerspruch ein und führte hierzu aus, dieser richte sich insoweit gegen den Bescheid, als der Beklagte darin der Beigeladenen nicht auferlegt habe, eine Abschaltung ihrer genehmigten WEA dergestalt herbeizuführen, dass eine Abschaltung der von ihr, der Klägerin, errichteten WEA nicht mehr erforderlich sei. Dem Bescheid vom 31. Mai 2013 an die Beigeladene fehle eine zwingend erforderliche Betriebsbeschränkung.

Ferner legte die Klägerin am 4. Juli 2013 Widerspruch gegen den Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 ein.

Nachdem der TÜV Nord am 20. Dezember 2013 eine neue gutachterliche Stellungnahme zur Turbulenzbelastung im Windpark A-Dorf vorgelegt hatte, erteilte der Beklagte der Beigeladenen am 25. Februar 2014 unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 1 i.V.m. §§ 67 Abs. 9, 16, 4 und 6 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - die Genehmigung, die genehmigten Anlage unter bestimmten Bedingungen zu betreiben.

Während die Beigeladene gegen diesen Bescheid keinen Widerspruch erhob, legte die Klägerin am 11. März 2014 dagegen Widerspruch ein, soweit Bestandteil dieses Bescheids sei, dass ihre Windkraftanlage hiernach gedrosselt betrieben werden müsse.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 wies der Kreisrechtsauschuss des Beklagten den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte der Kreisrechtsauschuss u.a. aus, der Widerspruch gegen die Auflagen im an die Klägerin gerichteten Bescheid vom 31. Mai 2013 sei unbegründet. Die Zulässigkeit zur Stellung nachträglicher Anforderungen an eine begonnene oder bestehende Anlage richte sich vorliegend nach Baurecht. Zwar gälten Baugenehmigungen für Windenergieanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 m, die bis zum 1. Juli 2005 erteilt worden seien, gemäß § 67 Abs. 9 BImSchG als Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Materiell sei jedoch weiterhin Baurecht anzuwenden. Maßgeblich sei damit § 85 Landesbauordnung - LBauO -. Voraussetzung sei danach das Vorliegen einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Vorliegend ergebe sich aus dem Gutachten des TÜV Nord, dass bei bestimmter Windstärke aus bestimmten Windrichtungen die Standfestigkeit der Windenergieanlage der Beigeladenen durch die Windenergieanlage der Klägerin beeinträchtigt werde. Dies führe zu konkreten Gefahren für Leib und Leben und damit zu einer erheblichen Gefahr für die öffentliche Sicherheit. Die materiellen Voraussetzungen für die Stellung einer nachträglichen Anforderung an die Klägerin lägen damit vor.

Ferner sei auch der Widerspruch gegen den Kostenfestsetzungsbescheid vom 27. Juni 2013 unbegründet. Eine Gebühr in Höhe von 265,75 € sei unter Berücksichtigung des immissionsschutzrechtlichen Sachverhaltes in Anlehnung an die Landesverordnung über die Gebühren im Geschäftsbereich des Ministeriums für Umwelt (Besonderes Gebührenverzeichnis) vom 20. April 2006 Ziffer 4.1.1.1 und unter Berücksichtigung des Bearbeitungsaufwandes nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat am 18. März 2015 unter dem Aktenzeichen 3 K 232/15.NW sowohl gegen die an sie gerichteten Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 als auch gegen die an die Beigeladene ergangenen Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 25. Februar 2014 Klage erhoben. In der mündlichen Verhandlung vom 9. Dezember 2015 ist das Klagebegehren, soweit es die Bescheide vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 an die Klägerin betrifft, abgetrennt und unter dem neuen Aktenzeichen 3 K 1130/15.NW weitergeführt worden.

Zu dem abgetrennten Komplex führt die Klägerin aus, die vom Beklagten ihr gegenüber mit Bescheid vom 31. Mai 2013 verfügte Abschaltregelung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen des hier maßgebenden § 85 LBauO seien nicht gegeben. Zwar ergebe sich eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit aus den Gutachten der Firma TÜV Nord bezüglich der Standfestigkeit der Windenergieanlage. Sowohl sie, die Klägerin, als auch die Beigeladene seien zweifelsfrei Zustandsstörer. Die gesetzte Rechtsfolge sei jedoch nicht vom Ermessen gedeckt. Dieses sei hinsichtlich der Störerauswahl falsch ausgeübt worden. So sei die der Beigeladenen vormals erteilte Baugenehmigung, als diese vom Beklagten in eine bundesimmissionsschutzrechtliche Genehmigung "umgetauft" worden sei, längst erloschen gewesen. Laut Baubeginnsanzeige sei mit dem Bau am 15. November 2012 begonnen worden. Die Baugenehmigung, adressiert an die Firma C, sei aber spätestens am 20. Juli 2012 gemäß § 74 LBauO erloschen.

In einer Konkurrenzsituation wie der vorliegenden sei die Störerauswahl ermessensgerecht, wenn die Behörde vorrangig den Letztverursacher in Anspruch nehme, das Maß der Verursachung und die finanzielle Leistungsfähigkeit oder zwischen den Störern bestehende bürgerlich-rechtliche Verpflichtungen berücksichtige. Zu prüfen sei daher, wer im Rahmen der unmittelbaren Verursachung die letzte Ursache gesetzt habe. Dies sei die Beigeladene gewesen.

Aus der Rechtswidrigkeit der Erteilung der Abschaltverpflichtungen für die Klägerin ergebe sich gleichfalls die Rechtswidrigkeit des Kostenfestsetzungsbescheides vom 27. Juni 2013.

Die Klägerin beantragt,

1. den an sie gerichteten Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 aufzuheben;

2. den an sie gerichteten Bescheid des Beklagten vom 27. Juni 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 aufzuheben;

sowie

die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren

für notwendig zu erklären.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist dem Vorbringen der Klägerin entgegen getreten.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag, ist aber der Auffassung, dass die von der Klägerin angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen. Des Weiteren wird auf die Niederschrift vom 9. Dezember 2015 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die an die Klägerin gerichteten Bescheide des Beklagten vom 31. Mai 2013 und vom 27. Juni 2013 jeweils in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Februar 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

Rechtsgrundlage des Bescheids vom 31. Mai 2013, mit dem der Klägerin nachträglich bestimmte Abschaltverpflichtungen für ihre am 16. Januar 2003, 6. September 2004, 28. September 2004 und am 28. Oktober 2004 schließlich für den Typ Enercon E 70 E 4 mit einer Gesamthöhe von 134,50 m, einer Nabenhöhe von 98 m und einem Rotordurchmesser von 70 m genehmigte WEA auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ... auferlegt worden sind, ist nach Auffassung der Kammer nicht, wie im Bescheid vom 31. Mai 2013 angegeben, die bauordnungsrechtliche Vorschrift des § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO. Danach können u.a. bei rechtmäßig begonnenen oder bestehenden baulichen Anlagen nachträglich Anforderungen nur gestellt werden, wenn dies zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit, insbesondere für Leben oder Gesundheit, erforderlich ist. Vielmehr hält das Gericht die immissionsschutzrechtliche Bestimmung des § 17 BImSchG für vorrangig einschlägig. Danach können zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Abs. 1 BImSchG angezeigten Änderung Anordnungen getroffen werden. Wird nach Erteilung der Genehmigung sowie nach einer nach § 15 Abs. 1 BImSchG angezeigten Änderung festgestellt, dass die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft nicht ausreichend vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen geschützt ist, soll die zuständige Behörde nachträgliche Anordnungen treffen.

Zwar hat der Beklagte der Klägerin für die Errichtung einer WEA mit einer Gesamthöhe von über 50 m - hierfür ist nach heutigem Recht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 BImSchG i.V.m §§ 1, 2 der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung - BImSchV - und Nr. 1.6.2 Spalte 2 des Anhangs zur 4. BImSchV ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren nach §§ 4 ff., 19 BImSchG durchzuführen - vorliegend am 16. Januar 2003 eine Baugenehmigung und in der Folgezeit am 6. September 2004, am 28. September 2004 und am 28. Oktober 2004 "Tekturgenehmigungen" erteilt. Diese Genehmigungen galten jedoch gemäß § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG ab dem 1. Juli 2005 als immissionsschutzrechtliche Genehmigung fort. Die WEA der Klägerin war ab diesem Zeitpunkt in jeder Hinsicht wie eine (vereinfacht genehmigte) immissionsschutzrechtliche Anlage zu behandeln und unterlag allen für genehmigungsbedürftige Anlagen maßgeblichen materiell-rechtlichen Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes einschließlich des immissionsschutzrechtlichen Überwachungsinstrumentariums (vgl. (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Juli 2014 - 8 A 1437/13 -, NWVBl 2014, 470; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 4. August 2011 - 3 S 2439/09 -, VBlBW 2012, 145; Jarass, BImSchG, 11. Auflage 2015, § 67 Rn. 43; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2015, § 67 BImSchG Rn. 49). Dies hat zur Folge, dass § 17 Abs. 1 BImSchG im Anwendungsbereich des § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG auch für solche Windkraftanlagen gilt, für die ursprünglich eine Baugenehmigung erteilt wurde (Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 9; Hansmann/Ohms, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 70).

Aus der vom Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 2015 zitierten Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 14. September 2005 - 8 B 96/05 -, NVwZ-RR 2006, 244) folgt nichts Gegenteiliges. Darin hat das OVG Nordrhein-Westfalen zwar ausgeführt, dass auf Baugenehmigungen, die vor dem 1. Juli 2005 für Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern erteilt worden sind, unbeschadet der gesetzlichen Fiktion in § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG weiterhin § 212a Abs. 1 Baugesetzbuch - BauGB - Anwendung finde, d.h. der Widerspruch eines Dritten gegen die ursprüngliche Baugenehmigung habe keine aufschiebende Wirkung. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat aber in dem genannten Beschluss ausdrücklich klargestellt, dass sich seine vorstehenden Ausführungen zur zunächst fortgeltenden Zuständigkeit der Baugenehmigungsbehörde nicht auf Überwachungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen im Zusammenhang mit den vorerwähnten Baugenehmigungen bezögen.

Damit kommt materiell-rechtlich das Recht der (immissionsschutzrechtlich) genehmigungsbedürftigen Anlagen zur Anwendung. Für solche Anlagen ist eine Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und 2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen. Zu den "anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften" im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gehören auch die Normen des Bauordnungsrechts (Dietlein, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 67 BImSchG Rn. 49). Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung schließt unabhängig davon, ob sie im förmlichen oder vereinfachten Verfahren erteilt wird, die in § 13 BImSchG aufgeführten anderen die Anlage betreffenden behördlichen Entscheidungen ein. Dazu gehört nicht zuletzt die Baugenehmigung (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9/03 -, NVwZ 2004, 1235). Sind andere behördliche Entscheidungen von der Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG erfasst, so ist die Prüfung, ob insoweit die materiellen Voraussetzungen erfüllt sind, der Genehmigungsbehörde vorbehalten. Für ein Vorhaben, das der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterliegt, kann mangels Sachkompetenz der Bauordnungsbehörde eine Baugenehmigung nicht erteilt werden (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2004 - 4 C 9/03 -, NVwZ 2004, 1235).

Nach Erteilung der Genehmigung für eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage sind Einschränkungen des genehmigten Anlagenbetriebs auf der Grundlage des § 17 Abs. 1 BImSchG möglich (vgl. OVG Thüringen, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 1 EO 356/14 -, juris). Dabei darf sich die Anordnung nach § 17 Abs. 1 BImSchG allein auf das "Wie" des Anlagenbetriebs beschränken und hat das "Ob" des weiteren Betriebs unberührt zu lassen; die nachträgliche Anordnung setzt also voraus, dass die Anlage weiter betrieben werden kann. Dies schließt die Einschränkung der Betriebszeiten und selbst ein kurzfristiges Abschalten nicht aus (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 11. September 2015 - 8 B 10875/15 -, juris).

Hiernach ist vorliegend § 17 Abs. 1 BImSchG anwendbar. Die WEA der Klägerin gilt gemäß § 67 Abs. 9 Satz 1 BImSchG als immissionsschutzrechtlich genehmigt. Der Beklagte hat der Klägerin Einschränkungen des genehmigten Anlagenbetriebs ihrer WEA in Gestalt bestimmter Abschaltverpflichtungen auferlegt. Hintergrund ist die Nähe der im Jahre 2012 hinzugetretenen WEA der Beigeladenen zu der im Jahre 2005 errichteten WEA der Klägerin und die damit im Zusammenhang stehende Veränderung der Windverhältnisse vor Ort sowie die höhere Umgebungsturbulenzintensität, die zu unzumutbaren Beeinträchtigungen der beiden WEA führen kann (s. dazu die Gutachten des TÜV Nord vom 21. Februar 2013 und vom 20. Dezember 2013).

Zwar stellt § 17 BImSchG keine Spezialregelung dar, die polizei- oder ordnungsrechtliche Vorschriften formell stets verdrängt (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Dezember 1977 - IV C 75.75 -, NJW 1978, 1818). Entscheidend für das Verhältnis von § 17 BImSchG zum Polizei- und Ordnungsrecht ist nicht die Legalisierungswirkung der Genehmigung, sondern die Subsidiarität der ordnungsrechtlichen Vorschriften.

Das Instrument der nachträglichen Anordnung nach § 17 BImSchG dient der Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten (vgl. Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 42; Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 2). Demgegenüber sind bauordnungsrechtlich nachträgliche Anforderungen an ein bestandskräftig genehmigtes Vorhaben nach der Vorschrift des § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO nur zur Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit möglich, denen typischerweise bauordnungsrechtlich zu begegnen ist (VG Neustadt, Beschluss vom 22. September 1998 - 2 L 2311/98.NW -). Soweit eine Maßnahme - ohne ihren Zweck zu verfehlen - auf § 17 BImSchG gestützt werden kann, bleiben ordnungsrechtliche Vorschriften daher außen vor (vgl. Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 17 BImSchG Rn. 41; Jarass, a.a.O., § 17 Rn. 3). Dies muss auch dann gelten, wenn neben immissionsschutzrechtlichen auch bauordnungsrechtliche Gründe für das nachträgliche Einschreiten gegeben sind, die immissionsschutzrechtlichen Gründe aber im Vordergrund stehen.

Nach diesen Grundsätzen konnten die nachträglichen Anordnungen im Bescheid vom 31. Mai 2013 nicht auf die bauordnungsrechtliche Bestimmung des § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO gestützt werden, da es vorliegend nicht um die Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit geht, denen typischerweise bauordnungsrechtlich zu begegnen ist, sondern es primär um die Durchsetzung immissionsschutzrechtlicher Pflichten geht.

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob nach Hinzutreten der WEA der Beigeladenen im Jahr 2012 zu der im Jahre 2005 errichteten WEA der Klägerin die Windverhältnisse sich beim Betrieb beider WEA so wesentlich verändert und zu einer weitaus höheren Turbulenzintensität geführt haben, dass dies (auch) eine unzumutbare Beeinträchtigung der WEA der Klägerin zur Folge habe, der mit einer Abschaltverpflichtung für deren WEA zu begegnen sei. Die WEA der Klägerin hat - ebenso wie die WEA der Beigeladenen - u. a. die in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gestellten Anforderungen zu erfüllen, wonach genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen, sonstige Gefahren bzw. erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Dabei gehört zu der in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geschützten Nachbarschaft auch die WEA der Beigeladenen.

Die von den Rotoren der WEA der Klägerin erzeugten Turbulenzen wirken - ebenso wie umgekehrt die Rotoren der WEA der Beigeladenen auf die WEA der Klägerin - unstreitig auf die WEA der Beigeladenen ein und erhöhen die Belastungen, denen diese Anlage im Dauerbetrieb ausgesetzt ist. Der Beklagte hat mit der nachträglichen Anordnung von Abschaltverpflichtungen der Klägerin gegenüber zum Ausdruck gebracht, dass von ihrer WEA schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG, also Immissionen, die nach Art, Ausmaß und Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen, ausgehen. Ob dem so ist, ist für die Frage der einschlägigen Rechtsgrundlage irrelevant (vgl. zur Einordnung von "Nachlaufturbulenzen" als schädliche Umwelteinwirkungen - nur, wenn Auslegungslasten bestehender Anlagen überschritten werden OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Juli 2003 - 7 B 949/03 -, juris; VG Neustadt, Beschluss vom 17. Februar 2014 - 4 L 89/14.NW -, juris; VG Kassel, Urteil vom 19. März 2008 - 7 E 754/05 -, juris). Entscheidend ist allein der Umstand, dass der Beklagte die der Klägerin im Bescheid vom 31. Mai 2013 auferlegten Abschaltverpflichtungen materiell zur Durchsetzung der immissionsschutzrechtlichen Verpflichtung der Klägerin zur Einhaltung der ihr in § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG auferlegten Anforderungen zum Betreiben einer genehmigungsbedürftige Anlage erlassen hat. Dass damit im Zusammenhang stehend auch die Frage nach Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 2 LBauO, wonach die Standsicherheit anderer baulicher Anlagen und die Tragfähigkeit des Nachbargrundstücks nicht gefährdet werden dürfen, im Raum steht, ändert nichts daran, dass die getroffene Anordnung maßgeblich aus Gründen des Immissionsschutzrechts getroffen wurde.

Im Ergebnis kommt daher die von dem Beklagten als Rechtsgrundlage herangezogene Vorschrift des § 85 Abs. 1 Satz 1 LBauO vorliegend nicht in Betracht. Stattdessen ist die nachträgliche Anordnung von Abschaltverpflichtungen für eine WEA auf § 17 BImSchG zu stützen.

Zwar ist ein "Austausch" der den Bescheid tragenden Rechtsgrundlage durch das Gericht möglich. Denn welche Rechtsgrundlage heranzuziehen ist, ist unabhängig von den Rechtsansichten der Beteiligten vom Gericht zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO von Amts wegen zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört - in rechtlicher Hinsicht - die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist (vgl. z.B. BVerwG, Urteil vom 31. März 2010 - 8 C 12/09 -, NVwZ-RR 2010, 636; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26. Mai 2009 - 1 LB 38/08 -, NordÖR 2009, 467). Weiter sind - in tatsächlicher Hinsicht - alle Umstände zu berücksichtigen, die die - gesamte oder teilweise - Aufrechterhaltung des angefochtenen Bescheids zu rechtfertigen vermögen.

Die in einem Bescheid verfügte Regelung lässt sich auf einer anderen Rechtsgrundlage als der im Bescheid genannten aufrechterhalten, wenn sie auf das selbe Regelungsziel gerichtet bleibt und infolge des "Austauschs" der Rechtsgrundlage keine Wesensänderung erfährt oder der Betroffene in seiner Rechtsverteidigung unzumutbar beeinträchtigt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. Juni 2014 - 8 B 88/13 -, juris).

Nach diesen Grundsätzen wäre ein Austausch der Rechtsgrundlage durch die Kammer zwar möglich, denn der Bescheid vom 31. Mai 2013 würde weder eine Wesensänderung erfahren noch würde die Klägerin in ihrer Rechtsverteidigung unzumutbar beeinträchtigt werden. Allerdings scheidet der Austausch der einschlägigen Rechtsgrundlage vorliegend deshalb aus, weil der Beklagte für den Erlass einer auf § 17 Abs. 1 BImSchG gestützten Verfügung sachlich nicht zuständig ist.

Zuständig für die Genehmigung oder wesentliche Änderung einer genehmigungsbedürftigen Anlage (§§ 4, 16 BImSchG) ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Landesverordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Immissionsschutzes - ImSchZuVO - i.V.m. der Anlage Ziffer 1.1.1. Nr. 4 zwar die Kreisverwaltung. Jedoch sieht § 1 Abs. 1 Satz 1 ImSchZuVO i.V.m. der Anlage Nr. 1.1.8. ausdrücklich vor, dass für nachträgliche Anordnungen nach § 17 Abs. 1 die Struktur- und Genehmigungsdirektion zuständig ist.

Aus § 1 Abs. 2 ImSchZuVO folgt nichts anderes. Danach entscheiden die für die Erteilung von Erlaubnissen, Genehmigungen, Zulassungen und sonstigen Berechtigungen zuständigen Behörden, soweit in der Anlage zu dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, auch über deren Versagung, Rücknahme, Widerruf und Entziehung. Nachträgliche Anordnungen fallen nicht darunter.

Fehlt es daher an der sachlichen Zuständigkeit des Beklagten zum Erlass einer immissionsschutzrechtlichen Verfügung nach § 17 Abs. 1 BImSchG, kann der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 31. Mai 2013 nicht durch das Gericht durch den Austausch der einschlägigen Rechtsgrundlage aufrecht erhalten werden. Fehler bezüglich der sachlichen Zuständigkeit unterfallen nicht der Unbeachtlichkeit nach § 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz - LVwVfG - i.V.m. 46 Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG - und führen somit zur unbeschränkten Anfechtbarkeit (vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG 8. Auflage 2014, § 46 Rn. 43 m.w.N.).

Infolgedessen ist auch der damit zusammenhängende Kostenbescheid vom 27. Juni 2013 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711.

Beschluss

1. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 33.837,26 € festgesetzt.

2. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.

Gründe

Zu 1.: In den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten ist der Wert des Streitgegenstandes gemäß §§ 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz - GKG - i.V.m. § 52 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen des Gerichts zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung eines Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte, so ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Auffangwert von 5.000 € anzusetzen. Das Gericht ist somit, sofern genügende Anhaltpunkte vorliegen, verpflichtet, den Streitwert nach richterlichem Ermessen zu bestimmen. Bei der Ausübung des Ermessens ist im Interesse der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung eine weitgehende Schematisierung für gleichartige Streitigkeiten zulässig und geboten (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. November 2014 - 1 E 10946/14 -). Daher orientiert sich die Kammer bei ihrer Streitwertrechtsprechung an den von dem "Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013" (LKRZ 2013, 169) vorgeschlagenen Werten.

Nach diesen Grundsätzen war vorliegend zu fragen, wie das Interesse der Klägerin daran zu bewerten ist, dass sie ihre WEA aufgrund des Bescheids vom 31. Mai 2013 zeitweise abzuschalten hat. Die Verfügung hat daher eine teilweise Stilllegung bzw. Betriebsuntersagung zum Gegenstand, so dass es angezeigt scheint, sich an der Nr. 19.6.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu orientieren, die für die Stilllegung bzw. Betriebsuntersagung einer immissionsschutzrechtlichen Anlage einen Ansatz von 1,25 % der Investitionssumme vorsieht und - soweit dieser nicht feststellbar ist - auf den entgangenen Gewinn abstellt. Die Klägerin hat die aufgrund der verfügten Abschaltzeiten zu erwartenden jährlichen Einnahmeverluste mit 33.561,76 € beziffert. Diesen Betrag hält die Kammer für angemessen, entspricht sie doch in etwa der Summe, die gemäß der Nr. 19.1.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in Ansatz zu bringen wäre, wenn die Genehmigung einer etwa 3 Mio. € teuren WEA im Streit stünde. Den Ansatz der Klägerin in ihrer Klagebegründung, unter Hinweis auf eine noch zu erwartende Betriebszeit von weiteren 11 Jahren den Streitwert auf 386.500 € zu beziffern, hält das Gericht daher nicht für sachgerecht (vgl. auch OVG Thüringen, Beschluss vom 10. Februar 2015 - 1 EO 356/14 -, juris).

In Bezug auf den Bescheid vom 27. Juni 2013 ist der darin geforderte Betrag von 275,50 €) in Ansatz zu bringen, so dass sich ein Gesamtbetrag von 33.837,26 € (33.561,76 € + 275,50 €) ergibt.

Zu 2.: Gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO hängt die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren von einer Entscheidung des Gerichts über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren ab. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren ist unter Würdigung der jeweiligen Verhältnisse vom Standpunkt einer verständigen Partei aus zu beurteilen. Maßgebend ist, ob sich eine vernünftige Partei mit gleichem Bildungs- und Erfahrungsstand bei der gegebenen Sachlage eines Rechtsanwalts oder sonstigen Bevollmächtigten bedient hätte. Notwendig ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts nur dann, wenn es der Partei nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeiten der Sache nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 28. April 2010 - 6 B 46/09 m.w.N. -). Vorliegend handelte es sich sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht um eine schwierige Sache, so dass die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für die Klägerin nicht willkürlich und überflüssig, sondern zweckdienlich war.