OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 08.09.2004 - 8 C 10423/04
Fundstelle
openJur 2020, 22392
  • Rkr:
Tenor

Die Bebauungspläne der Antragsgegnerin BU 16 - Petrisberg-Ost -, BU 18 - Belvedere-Süd - und BU 19 - Landschaftspark Petrisberg - werden für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragsgegnerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Antragsteller zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich mit seinem Normenkontrollantrag gegen mehrere Bebauungspläne der Antragsgegnerin im Bereich des P bergs.

Die angegriffenen Pläne sollen die planungsrechtliche Grundlage für die Konversion eines ehemals von den französischen Streitkräften genutzten, insgesamt 80 ha großen Areals bilden. Sie beruhen auf der Satzung vom 19. Juni 2000 über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme P berg und einem darauf aufbauenden städtebaulichen Rahmenplan. Der am 17. Juni 2003 beschlossene Bebauungsplan BU 16 - P berg-Ost - weist auf insgesamt 15 ha ein eingeschränktes Gewerbe- und Mischgebiet aus, der BU 18 - Belvedere-Süd - (Satzungsbeschluss 15. Oktober 2003) setzt ein Wohngebiet fest, während in dem BU 19 - Landschaftspark P berg -, der am 22. Mai 2003 als Satzung beschlossen worden ist, auf 22,5 ha ein Parkgelände mit Erholungs- und Freizeitflächen sowie Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen werden, von denen der überwiegende Teil durch die Landesgartenschau 2004 umgesetzt ist. Die straßenverkehrliche Anbindung sämtlicher Plangebiete erfolgt über eine Hauptverbindung, die in einem Kreisel an dem im A Tal verlaufenden Straßenzug K straße/Im A Tal (Landesstraße 144) angebunden wird, der sich in der Ortslage von K in der A Straße fortsetzt. Die neu zu schaffende Verbindungsstraße ist ebenso wie eine Trasse für ein öffentliches Personennahverkehrsmittel Teil des Bebauungsplans BU 16.

Im Verlauf der Bauleitplanung für den Bereich P berg wurde eine schalltechnische Untersuchung durchgeführt, die sich sowohl auf die Frage der Verträglichkeit der planbedingten Immissionen aus Gewerbe- und Verkehrslärm innerhalb des Geltungsbereichs der Bebauungspläne als auch die Erhöhung der Verkehrslärmbelastung auf der L 144 außerhalb der Bebauungsplangrenzen bezieht (s. schalltechnische Untersuchung FIRU vom Juli 2002 sowie Ergänzung dazu vom Juni 2003). In diese Untersuchung wurden die Grundstücke entlang der K straße sowie der Straße Im A Tal einbezogen. Sie ergab, dass ein Großteil der dort stehenden Wohnhäuser bereits jetzt Verkehrslärmimmissionen von bis zu 71,4 dB(A) tags und 61,2 dB(A) nachts ausgesetzt ist, die sich im Planfall 2015 um bis zu 0,5 dB(A) tags bzw. nachts erhöhen. Aus diesem Grunde ist laut Beschluss des Stadtrats auf der Grundlage einer entsprechenden Satzung den Grundeigentümern von Wohnhäusern, vor deren schutzbedürftigen Räumen ein Beurteilungspegel von 60 dB(A) nachts oder 70 dB(A) tags durch Einwirkungen des Kraftfahrzeugverkehrs erreicht oder überschritten wird, ein Zuschuss von 75 % der Kosten für Schalldämmmaßnahmen zu gewähren. Dagegen soll eine Erhöhung des Verkehrslärms im weiteren Verlauf des Straßenzuges im Stadtteil K, so auch der A Straße, durch den Bau der Umgehung K auf der Grundlage des Bebauungsplans BK 22 vermieden werden.

Der Bebauungsplan BK 22 "Straßenverbindung A Tal-M straße" wurde am 31. März 2004 als Satzung beschlossen. Entsprechende Planungen für die Verkehrsentlastung der Altortslage von K wurden bereits seit 1998 betrieben, dabei wurden mehrere Varianten erörtert. Die öffentliche Auslegung des nun beschlossenen Planentwurfs fand in der Zeit vom 17. Dezember 2003 bis 23. Januar 2004 statt. Zeitgleich wurde der Flächennutzungsplan für den Teilbereich "Verkehrskonzeption A-Stadt-Nord" geändert, die am 31. März 2004 beschlossene 48. Änderung ist mittlerweile (am 23. August 2004) genehmigt worden. Die Bekanntmachung der Änderungsfassung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans BK 22 stehen nach Angaben der Antragsgegnerin unmittelbar bevor. In dem Erläuterungsbericht zur 48. Änderung des Flächennutzungsplans ist ausgeführt (S. 10), zur Entlastung der Ortslage von Alt-K solle die Straße im A Tal in Höhe der Einmündung Am Grünen Berg geradlinig bis zu den Gleisanlagen der Deutschen Bahn weitergeführt und von dort mittels Tunnels unter den Bahnanlagen hindurch auf die M straße geleitet werden. Verkehrszählungen in K hätten im Bereich der A Straße eine Belastung von derzeit bereits bis zu 13.200 Kfz/24 Stunden ergeben. Durch die geplanten Nutzungen Wissenschaftspark und neue Wohngebiete wäre ohne Neuordnungsmaßnahme in diesem Bereich dauerhaft mit einer Mehrbelastung von bis zu 1.400 Kfz/24 Stunden zu rechnen.

Der Antragsteller ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks A-Straße. Er macht zur Begründung seines Normenkontrollantrags geltend, die angegriffenen Bebauungspläne seien fehlerhaft, da der Konflikt aus der Erhöhung des Verkehrslärms auf der L 144, die als Verbindungsstraße zwischen den Planbereichen und der Innenstadt sowie der Mosel diene, nicht ausreichend bewältigt worden sei. Insbesondere der Bereich der A Straße in der Ortslage K sei weder in die Untersuchung noch in die Abwägung eingestellt worden. Der Verkehrslärm auf der A Straße überschreite bereits jetzt nach den eigenen Aussagen der Antragsgegnerin die Grenze der Gesundheitsgefahr mit mehr als 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts. Daher wäre es zwingend erforderlich gewesen, eine nochmalige Verschlechterung dieses Zustands zu vermeiden oder Ausgleichsmaßnahmen auch für diesen Bereich vorzusehen. Der Verweis auf die geplante Ortsumgehung sei nicht zulässig. Die Erhöhung des Verkehrslärms trete bereits im Jahre 2004 ein, da der gesamte Verkehr zur Landesgartenschau, insbesondere auch der Busverkehr, durch die A Straße führe. Darüber hinaus fehle es an einer zeitlichen Verknüpfung von Bebauungsplanvollzug und Herstellung der geplanten Umgehungsstraße. Deren Realisierbarkeit sei auch höchst zweifelhaft, da die Finanzkraft der Antragsgegnerin eine solche Maßnahme auf absehbare Zeit nicht zulasse und es bis jetzt an der für die Bezuschussung erforderlichen Kosten-Nutzen-Analyse fehle, so dass keine Prognose abgegeben werden könne, ob überhaupt und in welcher Höhe die Maßnahme bezuschusst werde.

Der Antragsteller beantragt,

die Bebauungspläne der Antragsgegnerin BU 16, BU 18 und BU 19 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin stellt den Antrag,

den Normenkontrollantrag abzulehnen.

Sie verweist auf die große städtebauliche Bedeutung der Konversion des ehemals militärisch genutzten Geländes auf dem P berg und vertritt die Auffassung, dass durch die in den Bebauungsplänen vorgesehenen Maßnahmen sowie insbesondere auch die Planung der Teilumgehung K die Verkehrsprobleme einschließlich der Gesichtspunkte des Verkehrslärms ausreichend gelöst seien bzw. eine derartige Lösung geschaffen werden solle. Die Beteiligung der Stadt an den Kosten für passive Schallschutzmaßnahmen auch für die Anwohner der A Straße sei deshalb nicht ins Auge gefasst worden, weil nach Herstellung der geplanten Teilumgehung diese Straße in großem Umfang vom Verkehr entlastet werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Beteiligten. Im Übrigen waren folgende Unterlagen Gegenstand der mündlichen Verhandlung: Bebauungsplan BU 16, Bebauungsplan BU 18, Bebauungsplan BU 19 und Bebauungsplan BK 22, jeweils einschließlich Planaufstellungsakten, Planaufstellungsvorgänge betreffend die 48. und 49. Änderung des Flächennutzungsplans, Unterlagen über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme P berg sowie den darauf fußenden städtebaulichen Rahmenplan, Auszug aus dem mittelfristigen Investitionsprogramm der Antragsgegnerin für die Jahre 2003 bis 2007 (Drucksache 027/2004), 2 Hefte Verkehrsuntersuchungen A-Stadt-Nord vom August 2000 und August 2002, 2 Hefte "Standardisierte Bewertung ÖPNV - Querachse A-Stadt".

Gründe

Der Normenkontrollantrag ist zulässig und auch begründet.

Der Antragsteller ist antragsbefugt, da der Vollzug der Bebauungspläne zu einer erhöhten Verkehrsbelastung der an seinem Wohnhaus vorbeiführenden A Straße führt mit der Folge, dass die bereits jetzt für sein Wohngrundstück bestehende Verkehrslärmbelastung, die nach dem übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten die Grenze der Gesundheitsgefährdung - 70 dB(A) tags und 60 dB(A) nachts (s.a. § 1 Abs. 2 der 16. BImSchV) - erreicht oder überschreitet, weiter erhöht wird.

Der Antrag ist auch begründet. Die angegriffenen Bebauungspläne sind rechtsfehlerhaft, da die Belange der Anwohner der A Straße in der Planung nicht ausreichend berücksichtigt worden sind.

Zwar hat die Antragsgegnerin gesehen, dass sich durch die Anbindung der Plangebiete an die L 144 der Verkehr sowie der dadurch bedingte Lärm auf dieser Straße in Richtung der Innenstadt von A-Stadt sowie Mosel und Autobahn erhöhen. Die Antragsgegnerin hat weiter in ihre Abwägung eingestellt, dass die Mehrbelastung, selbst wenn sie unterhalb der Schwelle der Wahrnehmbarkeit bleibt, wegen der hohen Vorbelastung die Frage nach kompensatorischen Maßnahmen zur Lärmvorsorge auslöst (s. BVerwG, Beschluss vom 19. Februar 1992, NJW 1992, 2844, und Urteil des 1. Senats des erkennenden Gerichts vom 25. März 1999 - 1 C 11636/98.OVG -). Dementsprechend hat sie sich nach Einholung eines entsprechenden Gutachtens gegenüber den Anwohnern der Zufahrtsstraße im Bereich der K straße und der Straße Im A Tal verpflichtet, unter bestimmten Voraussetzungen einen Zuschuss von 75 % der Kosten für Schalldämmmaßnahmen zu gewähren. Was die Anwohner der A Straße angeht, hat die Antragsgegnerin zwar gesehen, dass auch diese in Zukunft einem erhöhten Verkehrslärm ausgesetzt sind. Ohne genaue Untersuchung ist sie ferner davon ausgegangen, dass auch in diesem Bereich Lärmwerte erreicht werden, die wegen ihrer Höhe den Anliegern nicht zugemutet werden können. Eine genaue Untersuchung für diese Grundstücke sowie ihre Einbeziehung in den Kreis derjenigen, denen Zuschüsse gewährt werden sollen, hat die Antragsgegnerin jedoch unterlassen, da eine Erhöhung des Verkehrslärms im weiteren Verlauf des Straßenzuges im Stadtteil K durch den Bau der Umgehung K auf der Grundlage des Bebauungsplans BK 22 vermieden werden soll (s. Begründung zum Bebauungsplan BU 16, S. 30, 32, 33; auf diese Begründung wird in den Planaufstellungsverfahren zu den Bebauungsplänen BU 18 und BU 19 jeweils verwiesen). Demgemäß hat der Rat auch die Anregung der Landespflegeorganisationen (vgl. Vermerk über deren Beteiligung vom 2. August 2002 in den Planaufstellungsakten BU 16, Ordn.-Nr. 4), das Verkehrsproblem der Anbindung an die Talstadt verlange nach einer schnellstmöglichen Lösung, dahin beschieden, dass die Anbindung des Plangebietes an das übergeordnete Verkehrsnetz und die Talstadt vorrangig aus den Komponenten Verbesserungen der ÖPNV-Anbindung und Umgehung K bestehe (s. Sitzungsvorlage zur Sitzung des Stadtrates vom 30. Mai 2003 - Ordn.-Nr. 6 - S. 16). Der Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin liegt daher die Annahme zugrunde, eine Erhöhung des bereits jetzt die Grenze der Gesundheitsgefährdung erreichenden Verkehrslärms im Bereich der A Straße werde durch Verkehrsmaßnahmen außerhalb des Bebauungsplanverfahrens, nämlich den Bau der Umgehungsstraße und eine Verbesserung der Anbindung an das öffentliche Personennahverkehrsnetz später vermieden. Dies ist aber im konkreten Fall keine ausreichende Bewältigung des Verkehrslärmproblems.

Zwar ist es anerkannt, dass eine Gemeinde die mit der Durchführung eines Bebauungsplans absehbar verbundenen Folgeprobleme nicht bereits im Bebauungsplan selbst oder in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit diesem verbindlich und abschließend regeln muss, sondern Maßnahmen zur Milderung oder zum Ausgleich einem späteren Verfahren überlassen kann, wenn sie im Rahmen der Abwägung realistischerweise davon ausgehen kann, dass die Probleme in diesem Zusammenhang gelöst werden können (s. BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997, ZfBR 1997, 328 m.w.N.). Daher kann es zur Problembewältigung genügen, wenn die Gemeinde im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens auf eine weitere von ihr betriebene Planung verweist, die geeignet ist, dem Nachteil aus dem Vollzug des Bebauungsplans zu begegnen. Ein solches Vorgehen setzt aber voraus, dass, wie das Bundesverwaltungsgericht (a.a.O.) betont, die Gemeinde "realistischerweise davon ausgehen kann" die Probleme in der beabsichtigten Weise lösen zu können. Dies verlangt also eine durch die im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses vorliegenden Gesamtumstände gestützte Prognose dahin, dass die beabsichtigte Lösung verwirklicht werden kann, und zwar in einem Zeitraum, innerhalb dessen den nachteilig Betroffenen die Hinnahme möglicher Belästigungen oder Gefahren noch zugemutet werden kann. Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Was die Verbindung der Plangebiete mit der Innenstadt durch ein neuartiges öffentliches Personennahverkehrsmittel angeht, war dies bereits Gegenstand der Untersuchungen im Rahmen der Entwicklungsbereichssatzung. So ist im Abschlussbericht über die Voruntersuchung vom Mai 2000 (S. 40) angegeben, der erste Bauabschnitt der neuen Trasse für den ÖPNV solle 2002 begonnen werden. Demgegenüber ist jedoch ausweislich der vorgelegten Vorgänge bis zum Jahr 2000 lediglich eine Konzeption zur Anbindung des P bergs und der weiteren Höhenstadtteile entwickelt und im Bereich des Bebauungsplans BU 16 eine Trasse dafür festgesetzt worden. Weitere Planungen, insbesondere was die Verbindung zwischen der Stadtmitte und dem P berg angeht, sind dagegen nach diesem Zeitpunkt nicht getroffen worden. Vielmehr wird nach dem Vortrag der Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zurzeit geprüft, ob zu diesem Zweck ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt oder ein Bebauungsplan aufgestellt werden soll. Weiter werden zwar Gespräche mit dem zuständigen Bundesministerium über Fördermöglichkeiten geführt; nach Angaben der Antragsgegnerin ist bei einem Fördersatz von 85 % der Kosten eine Realisierung möglich. Was das System angehe, so sei eine Entscheidung für einen Spurbus im Grundsatz gefallen. Damit ist die Planung für diese ÖPNV-Verbindung erst in einem Vorstadium, auch heute noch ist eine verlässliche Prognose, ob und wann dieses Projekt verwirklicht werden soll, aufgrund des Standes der Planung und der nicht gelösten Fragen der Finanzierung nicht möglich.

Gleiches gilt hinsichtlich der geplanten Umgehungsstraße. Zunächst ist der Bebauungsplan BK 22, der Grundlage für diese Straßenbaumaßnahme ist, nach öffentlicher Auslegung vom 17. Dezember 2003 bis 23. Januar 2004 erst am 31. März 2004 als Satzung beschlossen und bis jetzt noch nicht bekannt worden, während die Satzungsbeschlüsse für die hier angegriffenen Bebauungspläne im Zeitraum vom 22. Mai 2003 bis 15. Oktober 2003 gefasst worden sind. Selbst wenn in diesem Zeitraum schon aufgrund der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange davon ausgegangen werden konnte, dass der Straßenplanung keine Hindernisse entgegenstehen, ließen die Gesamtumstände eine verlässliche Prognose über das Ob und Wie der Realisierung nicht zu. Schon im Rahmen der Aufstellung des städtebaulichen Rahmenplans zur Umsetzung der Satzung über die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme hat der Ortsbeirat von K die Herstellung der Umgehung als zwingende Voraussetzung für eine Verwirklichung der Planung auf dem P berg bezeichnet. Dem ist der Stadtrat jedoch in seiner Sitzung vom 30. April 2002 mit der Begründung entgegengetreten, allein schon aus Gründen übergeordneter städtischer Interessen könne die neue Straßenverbindung nicht zwingende Voraussetzung für die Realisierung der Baugebiete sein. Allerdings solle das entsprechende Planverfahren so terminiert werden, dass bis Ende 2003 Planrecht bestehe und auch bis zu diesem Zeitpunkt die Verhandlungen über eine Bezuschussung bzw. Gesamtfinanzierung durch das Land abgeschlossen seien. Im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung im Verfahren zur 48. Änderung des Flächennutzungsplans (s. Aktennotiz vom 12. August 2003) wurde auf entsprechende Frage der Bürger zu den voraussichtlichen Realisierungszeiträumen seitens der Verwaltung auf die Abhängigkeit zwischen der Realisierbarkeit der Maßnahme und der Mittelverfügbarkeit hingewiesen, wobei grundsätzlich die Zielsetzung bestehe, die einzelnen Maßnahmen möglichst zügig umzusetzen. Mit dem Land Rheinland-Pfalz würden vor der Umsetzung die Projekte frühzeitig erörtert, nach der derzeitigen Sachlage betrage das jährliche Fördervolumen durch das Land aber lediglich 1,5 bis 2 Mill. EUR, während die Kosten für die Umgehung K bei 19 Mill. EUR lägen. Vor diesem Hintergrund könne die Verwaltung keine verbindliche Aussage zu den Realisierungszeiträumen der Einzelmaßnahmen treffen.

Diese Unsicherheit besteht nach wie vor. Entgegen der Erklärung bei der Aufstellung des städtebaulichen Rahmenplans, bis Ende 2003 sollten die Verhandlungen über eine Bezuschussung bzw. Gesamtfinanzierung durch das Land abgeschlossen sein, fehlt es, wie die Vertreter der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung einräumten, nach wie vor an einer Kosten-Nutzen-Analyse für dieses Straßenbauprojekt, die zwingende Voraussetzung dafür ist, überhaupt beim Land einen Zuschussantrag zu stellen. Vielmehr wird diese Analyse nach der Auskunft der Antragsgegnerin "zurzeit erstellt". Ohne sie konnte bisher auch mit dem Land als Zuschussgeber nicht vorgeprüft werden, ob die Maßnahme überhaupt zuschussfähig ist, obwohl die Realisierung aufgrund der Haushaltslage der Antragsgegnerin zwingend eine überwiegende Finanzierung durch das Land voraussetzt. Damit war im Zeitpunkt der Abwägung über die hier angegriffenen Bebauungspläne völlig offen, ob die Konzeption zur Anbindung des Plangebietes an das übergeordnete Verkehrsnetz und die Talstadt durch eine Verbesserung der ÖPNV-Anbindung und die Umgehung K überhaupt realisiert werden kann. Erst recht ließ der Stand der anderweitigen Planung keinen verlässlichen Schluss auf den Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Maßnahmen zu.

Diese Unsicherheit hätte die Antragsgegnerin aber in ihre Abwägung einstellen müssen, da dieser Umstand mitentscheidend für das Ausmaß der Betroffenheit der Anlieger der A Straße ist. Wie die Antragsgegnerin vorträgt, hat sie diese nicht in die den Kreis der Begünstigten aufgrund der Satzung zum Lärmsanierungskonzept A Tal einbezogen, weil sie - anders als die Anlieger der K straße und der Straße Im A Tal - in Zukunft durch den Bau der Umgehungsstraße von Verkehrslärm entlastet werden. Auf einen anderen Gesichtspunkt, der insoweit eine differenzierte Behandlung rechtfertigen würde, hat sich die Antragsgegnerin nicht berufen, derartige Umstände sind auch nicht ersichtlich. Der Verweis auf eine künftige Lösung, deren Realisierung nicht absehbar ist, verstößt aber gegen das Gebot der Problembewältigung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Juli 1994, BRS 56 Nr. 6).

Auch hinsichtlich des Zeitraums, der - im günstigsten Fall - vergehen wird, bis die Umgehungsstraße hergestellt ist, hätte die Antragsgegnerin Überlegungen anstellen müssen, ob sie dem Antragsteller und seinen Nachbarn eine Zunahme des Verkehrslärms, der bereits jetzt die Grenze der Gesundheitsgefahr erreicht oder übersteigt, zumuten will. Zwar ist es angesichts der herausragenden städtebaulichen Bedeutung der geplanten Konversionsmaßnahmen sicherlich vertretbar, den Betroffenen die Hinnahme dieser Mehrbelastungen während der notwendigen Dauer der Straßenbauarbeiten einschließlich vorbereitender Maßnahmen zuzumuten. Da im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Bebauungspläne jedoch auch der Beginn der Baumaßnahmen verlässlich nicht vorausgesehen werden konnte, erforderte es das Gebot gerechter Abwägung, die Möglichkeit von Ausgleichsmaßnahmen für den Fall einer großen zeitlichen Differenz zwischen dem Vollzug der Bebauungspläne und der damit verbundene Erhöhung des Verkehrslärms einerseits sowie der Fertigstellung der Entlastungsstraße andererseits vorzusehen und rechtlich zu sichern. Indem die Antragsgegnerin dies unterließ, hat sie die Belange der Anlieger der A Straße in der Abwägung fehlerhaft gewichtet, da sie deren Betroffenheit durch eine Erhöhung des Verkehrslärms allein wegen einer anderweitigen Planung ohne Rücksicht auf deren Realisierungschancen als nicht erheblich angesehen hat.

Wegen dieses Abwägungsfehlers sind die angegriffenen Bebauungspläne unwirksam.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.