OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.04.2020 - 6 B 10497/20
Fundstelle
openJur 2020, 24358
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag, § 1 Abs. 1 Nr. 7 der Dritten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz - 3. CoBeLVO - vom 23. März 2020 (GVBl. S. 79) im Wege einer einstweiligen Anordnung bis zu einer Entscheidung über den Normenkontrollantrag der Antragstellerin in der Hauptsache auszusetzen, soweit die Regelung den Betrieb von Fitnessstudios untersagt, bleibt ohne Erfolg.

Gemäß § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht in Normenkontrollverfahren auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Normenkontrollantrag im Hauptsacheverfahren voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird. Erweist sich dagegen, dass der Antrag voraussichtlich Erfolg haben wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. Lassen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nicht abschätzen, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, dem Normenkontrollantrag jedoch der Erfolg versagt bliebe (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Februar 2015 - 4 VR 5/14 -, juris Rn. 12; OVG RP, Beschluss vom 22. Oktober 2019 - 6 B 11533/19.OVG -, juris Rn. 5).

Gemessen hieran ist die begehrte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen. Der in der Hauptsache gegen eine Teilregelung der Dritten Corona-Bekämpfungsverordnung gerichtete Normenkontrollantrag erweist sich nämlich bereits als unzulässig, da die Verordnung durch die Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie erlassen worden und das verwaltungsgerichtliche Normenkontrollverfahren deshalb nicht eröffnet ist.

§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO überlässt es ausdrücklich dem Landesrecht zu regeln, ob das Oberverwaltungsgericht auch über die Gültigkeit von anderen - also in § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO nicht genannten - im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften entscheiden soll. Von dieser Möglichkeit hat der Landesgesetzgeber grundsätzlich durch § 4 Abs. 1 Satz 1 des Landesgesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - im positiven Sinn Gebrauch gemacht. Er hat jedoch in Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt, dass dies nicht für Rechtsverordnungen gelte, die Handlungen eines Verfassungsorgans im Sinne des Art. 130 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz - LV - seien. Hierzu zählen nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs und des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz auch solche Rechtsverordnungen, die nicht von der Landesregierung, sondern von einem Minister erlassen worden sind. Dies folgt insbesondere aus Art. 104 Satz 2 LV, wonach innerhalb der vom Ministerpräsidenten bestimmten Richtlinien der Politik jeder Minister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag leitet (VerfGH RLP, Urteile vom 24. Oktober 1984 - VGH 9/83 - AS 19, 121 [122 f.] und vom 4. Juli 2001 - VGH B 12/00 -, AS 29, 23 [26]; OVG RLP, Beschluss vom 19. Dezember 1996 - 2 C 12690/96.OVG -, juris Rn. 8 und Urteil vom 12. Januar 2001 - 12 C 11502/00.OVG -, juris Rn. 26 f.).

Durch dieses Regelungsverständnis wird die Antragstellerin auch nicht rechtsschutzlos gestellt. Sie kann die Rechtmäßigkeit der von ihr angegriffenen Verordnung nämlich inzident zur Überprüfung der Verwaltungsgerichte stellen, sofern sie um Rechtsschutz gegen eine Maßnahme nachsucht, die ihre Rechtsgrundlage in der fraglichen Verordnung findet (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 31. März 2020 - 1 BvR 712/20 -, juris Rn. 15).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.