OLG Koblenz, Beschluss vom 15.11.2016 - 7 UF 611/16
Fundstelle
openJur 2020, 20929
  • Rkr:
Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird die als Beschluss zu wertende Verfügung des Amtsgerichts - Familiengericht - Bad Kreuznach vom 04.10.2016, auf die "Anregungen" des Antragstellers vom 25.09.2016 keine entsprechenden Verfahren einzuleiten, aufgehoben.

Das Verfahren wird zur Entscheidung über die Anträge des Antragstellers an das Amtsgericht - Familiengericht - Bad Kreuznach zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Gründe

Mit Schreiben vom 25.09.2016 hat der Antragsteller Anträge zum Umgangs- und Sorgerecht, das gemeinsame Kind der Beteiligten ...[A] betreffend, bei dem zuständigen Amtsgericht gestellt. Mit Verfügung vom 04.10.2016 hat das Amtsgericht dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Anträge rechtlich als Anregungen nach § 24 Abs. 1 FamFG einzuordnen seien und das Gericht keine Gründe sehe, auf die Anregungen hin etwas zu veranlassen.

Mit Schreiben vom 13.10.2016 hat der Antragsteller an seinen Anträgen festgehalten und diese weiter begründet. Auf Anfrage des Gerichts hat der Antragsteller darum gebeten, seine gegen die Verfügung vom 04.10.2016 erhobenen Einwände als Beschwerde gegen die Nichteinleitung der betreffenden Verfahren anzusehen.

Die Beschwerde ist nach § 58 FamFG zulässig, nachdem das erstinstanzliche Gericht in der angefochtenen Verfügung, die als ablehnender Beschluss in Bezug auf die vom Antragsteller gestellten Anträge zu werten ist, entschieden hat, die "angeregten" Verfahren nicht einzuleiten. Insoweit stellt die Verfügung des Gerichts für den Antragsteller, zumindest ihrer Wirkung nach, eine Endentscheidung zum Umgangs- und Sorgerecht dar (vgl. OLG Brandenburg, FamRZ 2015, 1993), die der Anfechtung unterliegt.

Dem steht nicht entgegen, dass es sich bei Umgangs- und Sorgerechtsverfahren um Amtsverfahren handelt, zu deren Einleitung es eines Antrags nicht bedarf. Dies ist allein dem Umstand geschuldet, dass ein Gericht, soweit es um das Wohl eines Kindes geht, auch dann tätig werden soll und unter Umständen auch muss, wenn dies das Kindeswohl gebietet, und zwar unabhängig von Anträgen, insbesondere auch der Sorgeberechtigten. Folgt das Gericht einer Anregung (von dritter Seite) nicht, besteht lediglich eine Pflicht zur Mitteilung nach § 24 Abs. 2 FamFG. Diese ist vielfach nicht anfechtbar, da der das Verfahren "Anregende" regelmäßig nicht in seinen Rechten betroffen ist.

Eine abweichende Beurteilung ist indes dann geboten, wenn durch die Verweigerung von Amts wegen zu treffender Maßnahmen in Rechte eines Beteiligten eingegriffen wird (BVerfG, BeckRS 2016, 52361; OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Frankfurt, FamRZ 2015, 1991f; im Ergebnis ebenso, jedoch mit anderer Begründung, Ulrici in Münchener Kommentar zum FamFG, § 24 Rn 14). Davon ist zumindest dann auszugehen, wenn in die Rechte von Sorge- und Umgangsberechtigten - wie hier - eingegriffen wird. Denn in diesen Fällen ist das Elternrecht, Art. 6 GG, unmittelbar betroffen.

Die mithin zulässige Beschwerde hat auch einen vorläufigen Erfolg. Der ablehnende Beschluss in Form der erlassenen Verfügung ist aufzuheben und das Verfahren zur Entscheidung über die Anträge an das Amtsgericht zurückzuverweisen, nachdem dieses in der Sache noch nicht entschieden hat.

Das Amtsgericht hat entschieden, ohne zuvor die zur Sachentscheidung notwendigen Verfahren nach §§ 1696 BGB, 166 Abs. 1 FamFG einzuleiten und die notwendigen Ermittlungen zu den Voraussetzungen für die begehrten Abänderungen anzustellen. Insoweit ist zumindest in Kindschaftssachen die Einleitung eines förmlichen Verfahrens dann geboten, wenn durch das "angeregte" Verfahren Elternrechte unmittelbar betroffen sind, da durch die Gestaltung des Verfahrens der Grundrechtsschutz des betroffenen Elternteils sicherzustellen ist (BVerfG, FamRZ 2008, 492). Daher ist zumindest die Einleitung eines förmlichen Verfahrens unter Beteiligung der durch die Entscheidung unmittelbar Betroffenen erforderlich, hier also des anderen Elternteils. Auch ist das Jugendamt zu beteiligen. Gegebenenfalls bedarf es auch der Bestellung eines Verfahrensbeistands. Das betroffene Kind wird regelmäßig anzuhören sein. Erst unter Berücksichtigung der entsprechenden Stellungnahmen kann das Gericht sachgerecht darüber entscheiden, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen für die beantragte Sachentscheidung gegeben sind oder nicht.

Da das Gericht die entsprechenden Verfahren noch nicht eingeleitet hat, ist die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses (der Verfügung) an das Amtsgericht zurückzugeben. Weil das Amtsgericht dann die vorgenannten Beteiligten an dem Verfahren zu beteiligen hat, hat der Senat davon abgesehen, diese "vorab" bereits am Beschwerdeverfahren zu beteiligen, zumal deren Beteiligung am Beschwerdeverfahren eine unnötige Verzögerung der einzuleitenden Verfahren zur Folge gehabt hätte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 Abs.1 FamFG, 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG.