OLG Koblenz, Beschluss vom 19.11.2018 - 13 WF 919/18
Fundstelle
openJur 2020, 20215
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr Verfahrenskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 09.11.2018 wird zurückgewiesen.

Gründe

Die nach §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 2, 567 ff. ZPO statthafte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist auch sonst zulässig, insbesondere gemäß §§ 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2 Satz 3, 567 ff. ZPO form- und fristgerecht eingelegt. Das Rechtsmittel hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Wie bereits im Senatsbeschluss vom 15.08.2018 zu Az. 13 WF 641/18 ausgeführt, kommt der Maßstab des § 1696 BGB für die vorliegend von der Antragstellerin angestrebte Entscheidung, ihr die Alleinsorge zu übertragen, nicht unmittelbar zur Anwendung. Jedoch haben sich die Eltern hier am 09.10.2015 in einem Sorgerechtstermin vor dem Familiengericht über die Ausübung der elterlichen Sorge verständigt und der Antragsgegner hat Vollmacht für die Gesundheitssorge erteilt. Dieser ursprüngliche Wille ist bei der nun von der Antragstellerin angestrebten, nach § 1671 BGB zu treffenden Entscheidung zu beachten. Denn die im elterlichen Konsens getroffene Entscheidung lässt vermuten, dass sie dem Kindeswohl entspricht, weshalb sie eine gewisse Indizwirkung entfaltet (vgl. BGH FamRZ 2011, 796, 801). Demgemäß bedarf es vorliegend in analoger Anwendung des § 1696 BGB bzw. unter Heranziehung des Rechtsgedankens dieser Norm besonderer, über den Normalfall des § 1671 BGB hinausgehender Gründe, um dem Sorgerechtsantrag der Kindesmutter Erfolgsaussichten zuzuerkennen (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2008, 2055 und Palandt/Götz BGB 77. Aufl.2018 § 1696 Rn. 2 a.E.).

Mit anderen Worten: Dem Sorgerechtsantrag der Antragstellerin kann hier nur dann stattgegeben werden, wenn besonders klar und nachhaltig zu erwarten ist, dass die Übertragung der elterlichen Sorge auf die Antragstellerin dem Kindeswohl am besten entspricht und die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts aus besonders triftigen Gründen ausscheidet.

Hierfür bieten weder das Vorbringen der Antragstellerin noch die Stellungnahmen der übrigen Beteiligten eine hinreichende Erfolgsaussicht.

Zutreffend stellt das Familiengericht darauf ab, dass die Streitigkeiten der Kindeseltern vor allem auf heftigen und mehrere Gerichtsverfahren umfassenden, auch die Eltern der Antragstellerin einbeziehenden - und dabei nach eigener Wahrnehmung des Senats im Verfahren 13 UF 347/18 von der Mutter der Antragstellerin ebenfalls vehement geführten - vermögensrechtlichen Auseinandersetzungen beruhen. Dieser Konflikt, der bisweilen deutlich die Ebene der wirtschaftlichen Vernunft verlässt, wirkt sich hier - wie üblich - auch auf die erforderliche Zusammenarbeit der Kindeseltern in Erziehungs- und Sorgefragen aus. Allerdings ist Entscheidungskriterium nach § 1671 BGB das Kindes- und nicht das Elternwohl. Erschwernisse in der praktischen Ausübung der gemeinsamen Sorge genügen daher jedenfalls vorliegend aufgrund der oben erwähnten, hier über den Normalfall des § 1671 BGB erforderlichen hinausgehenden Gründe nicht. Dass eine für die Kinder zu treffende Entscheidung infolge des Streits der Eltern nicht hat rechtzeitig getroffen werden können verbunden mit negativen Konsequenzen für das Wohlergehen oder die Entwicklung der Kinder, ist nicht ersichtlich.

Soweit die Kindesmutter dem Kindesvater vorwirft, sie nicht ausreichend über eine Verletzung von N. informiert zu haben, hätte daran auch die mütterliche Alleinsorge nichts geändert. Denn zu der Verletzung kam es im Rahmen des Umgangs; dieser wird durch die Alleinsorge aber nicht ausgeschlossen. Gleiches gilt für den Hinweis, dass der Antragsgegner mit den beiden weiteren Kindern keinen Umgang ausübt. Das kann nicht als Desinteresse interpretiert werden, denn nach den Angaben der Kindesmutter möchten diese Kinder nicht bei ihrem Vater sein.

Zutreffend ist sodann zwar, dass auch ein fortwährender Streit der Eltern zu Belastungen des Kindes und damit zu einem mit seinem Wohl nicht mehr vereinbaren Fortbestand des gemeinsamen elterlichen Sorge führen kann (vgl. BGH FamRZ 2005, 1167). Vorliegend wäre der Elternstreit jedoch durch eine Stattgabe des Sorgerechtsantrags der Kindesmutter nicht beendet. Denn wie bereits ausgeführt, liegt die Ursache des Konflikts auf der Elternebene hier primär in den vermögensrechtlichen Streitigkeiten und Verquickungen, in welche auch die Eltern der Kindesmutter maßgeblich mit einbezogen sind.

Nach alledem liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe nicht vor.