LG Frankenthal (Pfalz), Urteil vom 22.09.2010 - 6 O 400/08
Fundstelle
openJur 2020, 20087
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen PKW Audi A6 2.7 TDI.

Mit Kaufvertrag vom 14. August 2006 (Bl. 7 d.A.) erwarb der Kläger das streitgegenständliche Neufahrzeug von der Beklagten zu einem Kaufpreis von 35.543,76 €. Am 6. Oktober 2006 wurde der Wagen dem Kläger übergeben.

Im November 2006 kaufte der Kläger für den Audi vier Winterreifen nebst Felgen für insgesamt 1.138,88 €. Während des Gewährleistungszeitraums beanstandete er verschiedene Mängel an dem Fahrzeug, so etwa mit den vorgelegten, an die Beklagte gerichteten Schreiben vom 28. April und 29. September 2008 (Bl. 30 bzw. 9 d.A.). Zudem stellte er den PKW wegen diverser Mängel mehrfach bei einem Audi-Vertragshändler in L. vor, wo zwischen November 2006 und Oktober 2008 Nachbesserungsarbeiten durchgeführt wurden (vgl. vorgelegte Reparaturhistorie, Bl. 31 ff. d.A.). Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Vertrag.

Im Oktober 2009 hatte der Kläger das Fahrzeug abgemeldet und auf einem eigens angemieteten Parkplatz abgestellt. Bis zur Erhebung der Klage hatte der Kläger rd. 30.000 km mit dem Audi zurückgelegt; zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wies das Fahrzeug eine Fahrleistung von etwa 39.300 km auf.

Der Kläger trägt vor,

an dem Fahrzeug seien nach wie vor zahlreiche Mängel vorhanden. So seien "knarzende" Geräusche im Innenraum, Scheuergeräusche bei Lenkradeinschlag sowie - vor allem bei Sonneneinstrahlung und Temperaturen über 25 Grad Celsius - metallische Knackgeräusche im Bereich der Karosserie wahrnehmbar. Zudem wiesen die Schrauben am Kofferraumdeckel und am Kotflügel Rostansätze auf. Ferner ließe sich der Tank lediglich bis zu einer Füllmenge von etwa 2/3 problemlos, danach nur noch tröpfchenweise befüllen. Schließlich "rupfe" die Kupplung beim Anfahren, wobei das Fahrzeug inzwischen wegen eines "Hängens" der Kupplung und eines Defektes der Zündung bzw. des Kupplungsschalters teilweise gar nicht mehr fahrbereit sei. Von Seiten der Beklagten, der gegenüber er die Mängel auch telefonisch mehrfach gemeldet habe, sei er stets vertröstet bzw. an eine Vertragswerkstätte in der Nähe seines Wohnortes verwiesen worden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 31.061,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 26.10.2008 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.307,81 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 26.10.2008 zu zahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Audi A6, Fahrgestellnummer ..., derzeitiges amtl. Kennzeichen ...-... ... sowie von vier Winterreifen Typ Conti TS 810 extraload, 225/55/16 H 99 und vier Leichtmetallfelgen Typ Sila, 7x16;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des vorbezeichneten PKW in Verzug befindet;

2.a) die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 5,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit dem 23.10.2009 zu bezahlen;

2.b) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger hinsichtlich der mit Beginn ab 01.10.2009 anfallenden Abstellkosten bezüglich des PKW Audi A6, Fahrgestellnummer ... Ersatz zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,

das vom Kläger erworbene Fahrzeug weise die behaupteten Mängel nicht auf. Im Übrigen fehle es bezüglich der beanstandeten Mängel an einer Aufforderung zur Nachbesserung. Etwaige Gewährleistungsansprüche seien schließlich ohnehin verjährt, zumal der Kläger die angeblichen Mängel erst nach Ablauf des zweijährigen Gewährleistungszeitraums schriftlich nachvollziehbar bei der Beklagten gemeldet habe.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der von ihnen eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen Ro. und Ri. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens nebst Ergänzungsgutachten und mündlicher Erläuterungen gemäß Beweisbeschlüssen vom 25. März, 3. Juni, 2. Dezember und 16. Dezember 2009 sowie 11. August 2010 (Bl. 64 f., 80 f., 140, 152 ff. sowie 201 d.A.). Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsniederschriften vom 13. Mai 2009, 2. Dezember 2009 und 11. August 2010 (Bl. 68 ff., 140 ff. und 201 ff. d.A.) sowie auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen B. vom 5. September 2009 nebst Ergänzungsgutachten vom 6. Mai 2010 (Bl. 86 ff. und 167 ff. d.A.) verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I.

Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages aus § 433 Abs. 1 Satz 2, § 434, § 437 Nr. 2, § 440, § 323 BGB gegen die Beklagte nicht zu.

1. Das vom Kläger erworbene Fahrzeug ist nicht frei von Mängeln im Sinne der § 433 Abs. 1 Satz, 2, § 434 BGB, wobei jedoch nur ein Teil der vom Kläger geltend gemachten Mängel vorhanden ist. Das steht als Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

a) Die mit der Klage behaupteten Geräuschmängel sind nicht (mehr) vorhanden.

Bereits aus der Aussage des Zeugen Ro. folgt, dass die vom Kläger monierten Scheuergeräusche beim Lenkradeinschlag sowie ein Teil der beanstandeten Knackgeräusche im Karosseriebereich im Rahmen der durchgeführten Nachbesserung beseitigt werden konnten und dem Zeugen spätere Beanstandungen des Klägers dementsprechend nicht erinnerlich waren. Dies wird zumindest im Hinblick auf die Scheuergeräusche durch die eigenen, dem Sachverständigen B. gegenüber getätigten und von diesem in seinem Gutachten vom 5. September 2009 wiedergegebenen Äußerungen des Klägers selbst bestätigt (Bl. 103 d.A.). Weiter ergibt sich aus den eindeutigen und gut verständlichen Darlegungen des Sachverständigen in seinem o.g. Hauptgutachten, dass auffällige, als Mangel zu qualifizierende Scheuer-, Knack- oder Knarzgeräusche am klägerischen Fahrzeug nicht festzustellen sind. Dabei ist insbesondere festzuhalten, dass die Begutachtung des Wagens durch den Sachverständigen bei Sonneneinstrahlung und Außentemperaturen von über 30 Grad Celsius stattfand und jedenfalls die behaupteten Knackgeräusche nach Darstellung des Klägers gerade bei diesen Witterungsbedingungen in besonders starkem Maße hätten auftreten müssen.

b) Ebenfalls ist ein als Mangel einzustufendes "Rupfen" der Kupplung nicht vorhanden.

Auch das folgt aus den klaren Angaben des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 5. September 2009, wonach sich die Kupplung während der durchgeführten Probefahrt trotz mehrfachen Anfahrens im ersten Gang zu keinem Zeitpunkt ungewöhnlich oder anormal verhalten ("gerupft") habe. Ergänzend und bekräftigend hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung zu diesem Gutachten ausgeführt, dass anlässlich der durchgeführten Begutachtung nebst Probefahrt kein Mangel an der Kupplung festgestellt werden konnte.

c) Zudem ist auch der vom Kläger im Laufe des Verfahrens geltend gemachte Mangel des "Hängens" des Kupplungspedals nicht gegeben.

Dies ergibt sich für den Zeitpunkt der Erstbegutachtung des Fahrzeugs durch den Sachverständigen bereits aus dem oben unter b) Gesagten, sowie aus den ergänzenden Erläuterungen des Sachverständigen im Termin vom 2. Dezember 2009, wonach das Kupplungspedal mit Sicherheit nicht "gehangen" hat, weil das Fahrzeug in diesem Fall gar nicht fahrbar gewesen sei. Aber auch nach der erneuten Begutachtung im April 2010, konnte der Sachverständige das Vorliegen eines solchen Fehlers ausschließen. Vielmehr hat der Sachverständige sich anlässlich der nochmaligen Überprüfung von der ordnungsgemäßen Funktionsfähigkeit des Kupplungspedals überzeugt.

d) Ein Fehler ist jedoch in Gestalt von insgesamt drei verrosteten Muttern/Schrauben (zwei der Befestigung des Kofferraumdeckels dienende Muttern und eine Schraube zur Befestigung des vorderen linken Kotflügels) festzustellen.

Wie der Sachverständige in seinem schriftlichen Hauptgutachten ausführlich dargelegt und anschaulich dokumentiert hat, ist an den genannten Bauteilen durch Werkzeugeinsatz der Schutzlack beschädigt worden, was wiederum zu der sichtbaren Rostbildung geführt hat.

e) Des Weiteren ist das Fahrzeug insoweit mangelbehaftet, als sich der Tank ab einer gewissen Füllmenge nicht ordnungsgemäß befüllen lässt.

Aufgrund des hierzu vom Sachverständigen durchgeführten und in seinem schriftlichen Gutachten vom 5. September 2009 im Detail beschriebenen Versuch steht fest, dass sich der Tank des Audi nur bis zu einer Füllmenge von rd. 65 Litern (ca. 80% des insgesamt einfüllbaren Kraftstoffs) unproblematisch befüllen lässt, während die restliche Betankung nur mit Unterbrechungen über einen Zeitraum von mehreren Minuten möglich ist. Der Sachverständige hat als Ursache hierfür ein Problem im Bereich der Tankentlüftung ausgemacht und im Rahmen seiner mündlichen Anhörungen weiter präzisiert, dass bei der Montage des Tanks möglicherweise der zugehörige (Ent-)Lüftungsschlauch fehlerhaft eingebaut (z.B. geknickt) worden ist. Aufgrund der eingefüllten Menge von über 82 Litern in den nicht völlig entleerten Tank hat der Sachverständige seinen Ausführungen in auch für den technischen Laien gut nachvollziehbarer Weise zu Grunde gelegt, dass in dem Fahrzeug des Klägers ein 80-Liter-Tank verbaut sein muss und nicht ein - in Fahrzeugen des Typs Audi A6 2.7 TDI alternativ ebenfalls zum Einsatz kommender - nur 70 Liter fassender Tank.

f) Schließlich liegt nach den Ausführungen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten sowie im Rahmen seiner Anhörung im Termin vom 11. August 2010 ein Fehler im Bereich der Übertragung des Kupplungssignals vor, welcher zur Folge hat, dass dieses Signal jedenfalls sporadisch nicht korrekt weiter geleitet wird und sich der Wagen deshalb nicht zünden lässt. Als potentielle Ursachen für diesen Mangel hat der Sachverständige einen Defekt des Kupplungsschalters, beschädigte Leitungen oder eine Beschädigung des Motorsteuergerätes benannt, wobei er einen Defekt des anlässlich seiner Zweitbegutachtung am 19. April 2010 erneuerten Kupplungsschalters nachvollziehbarer Weise als nicht nahe liegend bezeichnet hat.

2. Von den nach 1. d) bis f) vorhandenen Mängeln lagen allerdings nicht alle bei Übergabe des Fahrzeugs vor oder sind innerhalb der Gewährleistungsfrist aufgetreten und im Rahmen eines Nachbesserungsverlangens beanstandet worden.

a) Dies gilt zuvörderst für den zuletzt vom Sachverständigen festgestellten Fehler im Bereich der Zündung bzw. der Übertragung des Kupplungssignals, welcher zu den in den zu den Akten gereichten ADAC-Belegen aus dem Jahr 2009 beschriebenen Pannen geführt haben mag (113 ff., 123, 177 f. d.A.).

Diesen, nach den Daten der erwähnten ADAC-Belege und dem Vorbringen des Klägers erstmals am 13. Februar 2009 aufgetreten Mangel hat der Kläger erst im Laufe des hier geführten Verfahrens im Verhandlungstermin am 18. Februar 2010 sowie mit Schriftsatz vom 20. Februar 2009 (Bl. 45 bzw. 49 d.A.) und damit nach Ablauf des im Oktober 2008 verstrichenen zweijährigen Gewährleistungszeitraums (§ 438 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BGB) geltend gemacht. Unabhängig davon, dass es insoweit schon an einem Nachbesserungsverlangen des Klägers fehlt, kann er seinen am 16. Oktober 2008 erklärten Rücktritt nicht auf den erst im Februar 2009 aufgetretenen Mangel stützen, zumal die Beklagte (auch) insoweit die Einrede der Verjährung erhoben hat.

Bei dem Mangel handelt es sich auch nicht etwa um einen solchen, der bereits zuvor in Erscheinung getreten war und nach (mangelhafter) Nachbesserung erneut aufgetreten ist, so dass die Problematik der Neuentstehung der Rechte aus § 437 BGB sowie des Verjährungsbeginns in derartigen Fällen (vgl. dazu etwa Palandt/Weidenkaff, BGB 69. Aufl. § 438 Rn. 16a mwN) ebenso wenig einer Vertiefung bedarf, wie die Frage der (Un-)Wirksamkeit der sich darauf beziehenden, in VII.2.d) der Verkaufsbedingungen enthaltenen Klausel (Bl. 8 d.A.). Vielmehr folgt aus den detaillierten, plausiblen und unmissverständlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Termin vom 11. August 2010, dass die innerhalb der Gewährleistungszeit durchgeführten Nachbesserungsarbeiten im Bereich der Kupplung jeweils völlig andere Mängel als den nunmehr aufgetretenen betrafen. Der im August 2008 stattgefundene und in der Reparaturhistorie (Bl. 36 d.A.) dokumentierte Austausch der Kupplungsscheibe nebst Einbau der Kupplungsdruckplatte war demnach durch das damals gerügte "Rupfen" der Kupplung veranlasst und hat mit der jetzt konstatierten fehlerhaften Signalübermittlung sowohl hinsichtlich der potentiellen Ursache, als auch der für den Kläger erkennbaren Auswirkungen nichts zu tun. Ebenso besteht nach den schlüssigen Darlegungen des Sachverständigen kein Zusammenhang zwischen diesem Fehler und dem im September 2008 monierten "Hängen" des Kupplungspedals, welches Nachbesserungsarbeiten am Kupplungsnehmerzylinder veranlasst hatte (vgl. Reparaturhistorie, Bl. 35 d.A.). Die genannten Mängel haben mithin nicht nur gänzlich unterschiedliche Ursachen, sondern treten für den Fahrer des Wagens auch in vollkommen verschiedener Weise in Erscheinung.

b) Bezüglich der verrosteten Muttern im Bereich des Kofferraumdeckels ist dem Kläger der Nachweis des Vorliegens des Mangels bei Gefahrübergang bzw. Übergabe (§ 434 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht gelungen. Ebenso wenig streitet die Regelung des § 476 BGB für ein Vorliegen des Mangels bei Gefahrübergang, weil die Voraussetzung für die gesetzliche Vermutung, nämlich das Auftreten des Mangels innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang, nicht erwiesen ist.

Es ist bereits unklar, wann der Kläger den Mangel erstmals entdeckt und gerügt hat. Die Reparaturhistorie enthält eine dahingehende Kundenbeanstandung jedenfalls nicht und selbst aus den vorgelegten, an die Beklagte gerichteten Schreiben vom April und September 2008 geht lediglich die Beanstandung "Rost an verdeckten Stellen", ohne genauere Spezifizierung hervor, der es schon deshalb bedurft hätte, weil der Kläger das Auftreten von Korrosionsspuren auch an anderen Stellen des Fahrzeugs beanstandet hat. Auch der Zeuge Ro. konnte sich lediglich daran erinnern, dass der Kläger ihm einen Rostansatz an den Muttern des Kofferraumdeckels gezeigt habe. Daraus ergibt sich allerdings weder der Zeitpunkt des zugrundeliegenden Werkstattbesuches, noch ein diesbezügliches Nachbesserungsverlangen des Klägers. Aus den schriftlichen Darlegungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 5. September 2009 ist weiter zu entnehmen, dass Angaben zu dem Zeitpunkt der Beschädigung des Rostschutzlackes, welcher letztlich zur Korrosion der Muttern geführt hat, nicht möglich sind, was der Sachverständige nachvollziehbar auch darauf stützt, dass ausweislich der Reparaturhistorie Arbeiten im Bereich des Kofferraumdeckels nicht stattgefunden haben. Im Rahmen der Anhörung im Termin vom 2. Dezember 2009 hat der Sachverständige ergänzend ausgeführt, dass er von der Erforderlichkeit von Nachjustierungen im Bereich des Kofferraums aufgrund einer Fremdeinwirkung als vermutliche Ursache der Beschädigung der Muttern ausgeht, über den Zeitpunkt eines solchen Ereignisses aber keine Angaben machen kann. Die vom Kläger angeführte Möglichkeit der Beschädigung durch eine Nachjustierung bei der im Audi-Werk durchgeführten Endkontrolle hat der Sachverständige dabei aufgrund seiner Erfahrung als unwahrscheinlich eingestuft und nochmals bekräftigt, dass eine Aussage über den Zeitpunkt der Beschädigung aus technischer Sicht nicht möglich ist.

c) Im Hinblick auf die Korrosion der Schraube am linken vorderen Kotflügel ist dagegen zu Gunsten des Klägers davon auszugehen, dass dieser Mangel durch Nachbesserungsarbeiten am 4. Juni 2007 verursacht wurde. Dies folgt aus den entsprechenden Ausführungen des Sachverständigen, der anhand der Reparaturhistorie nachvollziehbar festgestellt hat, dass an diesem Tag Nachbesserungsarbeiten (auch) im Bereich der A-Säule ausgeführt wurden, welche zu einer Öffnung und Beschädigung der Schraube geführt haben können.

Es liegt insoweit jedoch kein hinreichend bestimmtes Nachbesserungsverlangen des Klägers (§ 439 Abs. 1 BGB) als Voraussetzung zur Geltendmachung weitergehender Gewährleistungsrechte vor. Der Inhalt eines Nachbesserungsverlangens muss für den Verkäufer oder dem für diesen handelnden Dritten zweifelsfrei sein und insbesondere den beanstandeten Mangel ausreichend konkret bezeichnen (MKBGB/Westermann, 5. Aufl. § 439 Rn. 4; Palandt/Weidenkaff aaO § 439 Rn. 6). Daran fehlt es hier. Der Zeuge Ro. konnte sich unter erkennbarer Anspannung seines Gedächtnisses lediglich daran erinnern, dass der Kläger ihn auf den Rostansatz im Bereich der Muttern des Kofferraumdeckels angesprochen hat (s.o. unter 2.b)), nicht jedoch an einer Kotflügelschraube. Im Einklang damit ist auch der Reparaturhistorie eine entsprechende Kundenbeanstandung des Klägers nicht zu entnehmen. Ebenso geht aus den beiden Schreiben vom 28. April und 29. September 2008 - mit denen der Kläger offensichtlich nur seiner Anzeigepflicht gemäß VII.2.a) der Verkaufsbedingungen nachzukommen beabsichtigte - weder hervor, an welchen "verdeckten Stellen" des Fahrzeugs er Rostspuren entdeckt hat, noch beinhaltet das Schreiben ein konkretes Nacherfüllungsverlangen. Vielmehr geht insbesondere aus der Mitteilung vom September 2008 hervor, dass der Kläger erst noch den Versuch unternehmen wird, die Mängel beheben zu lassen, nicht aber, dass er insoweit bereits eine Nacherfüllung (wem gegenüber?) verlangt hat.

d) Hinsichtlich des mangelhaften Fahrzeugtanks (s.o. 1.e)) ist von einem Vorliegen des Mangels bei Übergabe auszugehen. Nach den Feststellungen des Sachverständigen muss die Beeinträchtigung des Tankentlüftungssystems jedenfalls dann bereits bei Auslieferung des Wagens vorhanden bzw. angelegt gewesen sein, wenn am Tank und seinem Entlüftungssystem seit der Übergabe keine Veränderungen vorgenommen wurden. Da Anhaltspunkte für letzteres nicht erkennbar sind, ist demnach die Annahme gerechtfertigt, dass die Ursache des Mangels schon zu dem nach § 434 Abs. 1 BGB maßgeblichen Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlag. Damit korrespondiert die Aussage des Klägers im Termin vom 18. Februar 2009, wonach sich der Tank von Anfang an nicht vollständig habe befüllen lassen.

Der Kläger hat den Mangel ferner innerhalb des zweijährigen Gewährleistungszeitraums geltend gemacht. Unschädlich ist, dass dies ausweislich der Reparaturhistorie erstmals am 1. Oktober 2008 und damit wenige Tage vor Ablauf des o.g. Zeitraums geschehen ist, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2009 insofern erklärend ausgeführt hat, dass man ihm von Seiten des Kundenservices des Herstellers im Hinblick auf die mangelhafte Befüllbarkeit des Tanks eine Besserung im Laufe der Zeit in Aussicht gestellt habe.

Zur Beanstandung sowie Geltendmachung des Anspruchs auf Mangelbeseitigung gegenüber der Audi-Vertragswerkstatt in Ludwigshafen war der Kläger schon nach Ziffer VII.2.a) der dem Kaufvertrag zu Grunde liegenden "Verkaufsbedingungen für Audi-Automobile" (Bl. 8 d.A.) ohne weiteres berechtigt. Sofern der Käufer danach verpflichtet ist, den Verkäufer hiervon zu unterrichten, ist der Kläger dem durch das der Beklagten unstreitig zugegangene Schreiben vom 29. September 2008, in dem auch die mangelhafte Befüllbarkeit des Tanks Erwähnung findet, nachgekommen. Auf die Frage der Wirksamkeit der o.g. Klausel kommt es danach ebenso wenig an, wie auf die weitere, in den Verkaufsbedingungen nicht beantwortete Frage, welche Konsequenzen sich aus einem Verstoß des Käufers gegen die Unterrichtungspflicht ergeben sollen.

3. Der nach dem unter 1. und 2. Gesagten letztlich allein zu berücksichtigende Mangel im Bereich der Tankentlüftung rechtfertigt den erklärten Rücktritt wegen fehlender Erheblichkeit (§ 323 Abs. 5 Satz 2 BGB) nicht.

Ob eine erhebliche oder nur unerhebliche Pflichtverletzung im Sinne des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB vorliegt, bestimmt sich nach der obergerichtlichen Rechtsprechung bei einem Mangel nach den objektiven Kriterien des § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB nach objektiven Gesichtspunkten, insbesondere nach dem objektiven Ausmaß der Qualitätsabweichung und der sich daraus ergebenden Beeinträchtigung des Äquivalenzinteresses des Käufers unter besonderer Berücksichtigung der Behebbarkeit des Mangels und des dazu notwendigen Kostenaufwands (vgl. nur OLG Düsseldorf - Urt. v. 18.08.2008 - I-1 U 238/07 Rn.45, zit. n. juris; OLG Köln, NJW 2007, 1694, 1696; OLG Bamberg, ZfS 2006, 387).

Nach der in diesem Zusammenhang vorzunehmenden umfassenden Interessensabwägung stellt sich der vorliegende Fehler im Bereich der Tankentlüftung als unerheblich dar. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Mangel nach den Ausführungen des Sachverständigen und auch nach Auffassung der Parteien selbst ohne weiteres folgenlos behebbar ist. Der hierzu erforderlich Kostenaufwand beträgt nach den schlüssigen, auf einer exakten Kalkulation beruhenden Darlegungen des Sachverständigen in seinem Ergänzungsgutachten 1.227,03 € brutto und damit lediglich 3,45 % des Kaufpreises, wobei diese Summe nach den mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen im Termin vom 11. August 2010 den maximalen Reparaturkostenbetrag darstellt, der nur dann anfällt, wenn tatsächlich ein kompletter Austausch des Tanks erforderlich ist und eine Neuverlegung oder ein Austausch des Entlüftungsschlauchs sich als nicht ausreichend erweist. Bereits der geringe Mängelbeseitigungsaufwand von deutlich weniger als 5 % des Kaufpreises indiziert die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung (OLG Düsseldorf aaO Rn. 46; OLG Köln aaO; LG Kiel, MDR 2005, 384; weitergehend - Erheblichkeit erst bei mehr als 10%: OLG Bamberg aaO; Palandt/Grüneberg aaO § 323 Rn. 32 jeweils mwN). Dem steht die vom Kläger zitierte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der bislang lediglich entschieden hat, dass bei Kosten von weniger als 1% des Anschaffungspreises die Bagatellgrenze des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ohne jeden Zweifel unterschritten ist (vgl. BGH, NJW 2008, 1517, 1519; NJW 2005, 3490, 3493), nicht entgegen. Hinzu kommt, dass durch den Mangel die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeugs zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt war oder ist (vgl. zu diesem Abwägungskriterium OLG Düsseldorf, ZGS 2007, 157). Zudem ist mit dem Mangel keine Beeinträchtigung des Fahrkomforts im eigentlichen Sinne verbunden, sondern allenfalls eine geringfügige, durch einen erhöhten Zeitaufwand beim Betanken entstehende Komforteinbuße. Dabei darf überdies nicht vernachlässigt werden, dass die Lieferung eines Fahrzeuges mit einem 80 Liter-Tank nicht ausdrücklich vereinbart war und das fragliche Modell nach Auskunft des Sachverständigen B. häufig ohnehin mit einem nur 70 Liter Kraftstoff fassenden Tank ausgeliefert wird. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei Abschluss des Vertrages gerade auf den größeren Tank und dessen unproblematische Befüllbarkeit in gesteigertem Maße Wert gelegt hat, sind daher nicht ersichtlich. Nach alledem überwiegt hier das Interesse der Beklagten an der Aufrechterhaltung des Vertrages. Es wäre mit dem Gebot eines beiderseits angemessenen Interessenausgleichs schlechthin nicht zu vereinbaren, wenn der Kläger auf Grund eines ohne weiteres und mit geringem Zeit- und Kostenaufwand behebbaren Mangels die Rückabwicklung des Vertrags erreichen könnte, nachdem der Pkw seit über zwei Jahren einer intensiven Nutzung ausgesetzt ist und sich seine Gesamtfahrleistung inzwischen auf fast 40.000 km beläuft.

4. Da dem Kläger der allein geltend gemachte Anspruch auf Rückabwicklung nach den getroffenen Feststellungen nicht zusteht, kommt es auf die Frage der Unwirksamkeit des (erst) mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 erklärten Rücktritts nach § 218 Abs. 1 BGB wegen einer möglichen Verjährung des Gewährleistungsanspruchs zu diesem Zeitpunkt nicht entscheidend an.

II.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 31.599,09 € festgesetzt, wobei auf den Klageantrag zu 1. 31.061,45 €, den Antrag zu 2.a) 5,90 € und den Antrag zu 2.b) 531,74 € (Jahresbetrag der geltend gemachten Mietkosten gem. dem in § 41 GKG verkörperten Rechtsgedanken abzgl. 20%, da es sich insoweit um einer positive Feststellungsklage handelt) entfallen, während dem Antrag zu 2. streitwerterhöhende Bedeutung nicht zukommt.