OLG Koblenz, Beschluss vom 13.05.2011 - 10 U 187/11
Fundstelle
openJur 2020, 19983
  • Rkr:
Tenor

Der Senat erwägt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der berufungsführenden Partei wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 4. Juli 2011.

Gründe

Die Voraussetzungen nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind nach Auffassung des Senats gegeben. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die Klage wegen mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig abgewiesen. Die Ausführungen in der Berufungs-begründung rechtfertigen keine andere Beurteilung.

Das Landgericht hat, soweit es den Zahlungsantrag betrifft, die Klage zu Recht mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, dem Kläger fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Die streitgegenständliche Forderung ist - unstreitig - vom Insolvenzverwalter der A. OHG im Insolvenzverfahren gegen die Beklagten zur Tabelle angemeldet worden. Die Eintragung in die Tabelle hat für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern, § 178 Abs. 3 InsO. Aus diesem Titel kann der Kläger - nach Titelumschreibung auf ihn - nach § 201 InsO auch nach Beendigung des Insolvenzverfahrens vollstrecken, soweit, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht das Verfahren auf Restschuldbefreiung entgegen steht, § 294 InsO. Der Kläger verfügt daher über einen vollstreckbaren Titel, so dass für die Zahlungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2008 (BGH NJW 2008, 1440 bis 1442). In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof dargelegt, dass ein Rechtsschutzbedürfnis für die Klage auch dann besteht, wenn die der Klage zugrunde liegende Forderung nicht zur Insolvenztabelle angemeldet sei. Gerade dies ist aber hier nicht der Fall. Da der Insolvenzverwalter der A. OHG die Forderung des Klägers gegen die Beklagten zu 1. und 2. als Gesellschafter zur Insolvenztabelle angemeldet hat und diese Forderung auch nicht bestritten worden ist, ist der Kläger Inhaber eines Titels, aus dem er nach Beendigung des Insolvenzverfahrens vollstrecken kann, wenn nicht das Verfahren auf Restschuldbefreiung entgegensteht.

Darüber hinaus fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis auch, soweit es den Antrag auf Feststellung, die mit dem Zahlungsantrag geltend gemachte Forderung stamme aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung, betrifft. Nach der Vorschrift des § 302 Nr. 1 InsO werden Verbindlichkeiten des Schuldners aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung von der Restschuldbefreiung nicht berührt, sofern der Gläubiger die entsprechende Forderung unter Angabe dieses Rechtsgrundes nach § 174 Abs. 2 InsO zur Tabelle angemeldet hatte. Nach § 174 Abs. 2 InsO sind schon bei der Forderungsanmeldung die Tatsachen anzugeben, aus denen sich nach Einschätzung des Gläubigers ergibt, dass ihr eine vorsätzlich unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt. Dies schließt zwar nicht aus, dass der Gläubiger auch noch nach bereits erfolgter Feststellung seiner Forderung die Anmeldung als unerlaubte Handlung "nachschiebt" (BGH Urteil vom 17. Januar 2008, IX ZR 220/06, NZI 2008, 250). Der Gläubiger muss aber am Verfahren teilgenommen haben und auch in dem Verfahren den Grund und den Betrag der Forderung sowie die Tatsachen angegeben haben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass ihr eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt, wenn die Forderung nicht  von der Restschuldbefreiung erfasst werden soll. § 302 Nr. 1 InsO soll dem Interesse des Schuldners Rechnung tragen, möglichst frühzeitig darüber informiert zu werden, welche Forderungen nicht von einer Restschuldbefreiung erfasst werden. § 302 Nr. 1 InsO stellt eine notwendige Ergänzung zu der in § 174 Abs. 2 geregelten Verpflichtung des anmeldenden Gläubigers dar, die Tatsachen anzugeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass der Forderung eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung des Schuldners zugrunde liegt (vgl. auch Münchener Kommentar-Stephan, InsO, 2. Aufl., Bd. III, § 302 Rdziff. 9 ff). Sinn und Zweck der Regelung des § 174 Abs. 2 InsO ist es, den Streit um die Frage, ob eine Forderung im Hinblick auf § 302 Nr. 1 InsO nicht von der Restschuldbefreiung erfasst wird, nicht erst nach Abschluss des Restschuldbefreiungsverfahrens austragen müssen (Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 302 Rdziff. 13). Da eine nach Abschluss des Insolvenzverfahrens erfolgte Feststellung, dass die Forderung auf einer unerlaubten Handlung beruht, insoweit nicht mehr zur Versagung der Restschuldbefreiung führen könnte, fehlt der Klage auch insoweit das Rechtsschutzbedürfnis.

Der Senat nimmt in Aussicht, den Berufungsstreitwert auf 10.000 € festzusetzen.

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