LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.09.2017 - 3 Sa 249/17
Fundstelle
openJur 2020, 19014
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.03.2017 - 2 Ca 974/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über die Rechtswirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der Kläger ist seit 1998 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten beschäftigt gewesen. Diese hatte bis zur Unternehmensspaltung im August 2013 drei Geschäftsbereiche: Die Hochtemperaturisolierung, die technische Isolierung und den technischen Schallschutz. Der Kläger war bis 2013 im Bereich der technischen Isolierung zugeordnet. 2013 erfolgte eine Umstrukturierung. Dabei firmierte der Betrieb nach Verschmelzung und Anwachsung in die W. GmbH um. Der Kläger wurde über den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die W. GmbH unterrichtet (§ 613 a Abs. 5 BGB). Im Anschluss daran wurde eine Unternehmensspaltung durchgeführt, im Zuge derer die drei Geschäftsbereiche auf die drei neu gegründeten Tochtergesellschaften, die W.N. C. GmbH, die W.A. GmbH und die C. (Beklagte) übertragen und ausgegliedert wurden. Der Kläger, der als Isolierer tätig war, wurde der Beklagten zugeordnet.

Mit Schreiben vom 24.05.2016 kündigte die Beklagte dem Kläger ordentlich zum 30.11.2016 wegen Betriebsstilllegung. Dagegen wendet sich der Kläger mit der am 30.05.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage. Mit Schreiben vom 24.06.2016 kündigte die Beklagte vorsorglich erneut ordentlich zum 31.12.2016, wogegen sich der Kläger mit am 12.07.2016 beim Arbeitsgericht eingegangener Klageerweiterung wendet.

Mit Schriftsatz vom 09.11.2016 hat der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der W. GmbH auf die Beklagte unter Hinweis auf eine fehlende Belehrung über das Widerspruchsrecht nach § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen und der W. GmbH mit Schriftsatz vom 03.01.2017 den Streit verkündet. Diese ist dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Der Kläger hat beantragt,

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 24.05.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30.11.2016, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt, nicht aufgelöst ist.

2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 24.06.2016 ausgesprochenen ordentliche Kündigung zum 30.12.2016, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt, nicht aufgelöst ist.

3. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Isolierer weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,das Vorbringen des Klägers sei widersprüchlich, da er behaupte, dass kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestehe. Folglich könne die Klage keinen Erfolg haben. Auch sei die Beklagte nicht Teil eines Gemeinschaftsbetriebes der anderen Unternehmen der W. Gruppe in X. Im Übrigen sei ein solcher Gemeinschaftsbetrieb spätestens mit der Entscheidung der Gesellschafterin der Beklagten, deren Betrieb einzustellen, die zwischenzeitlich auch umgesetzt worden sei, beendet worden. Bei Aussprache der Kündigung sei ein Gemeinschaftsbetrieb folglich ohnehin nicht mehr vorhanden gewesen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 27.03.2017 - 2 Ca 974/16 - abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 269 - 272 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 11.04.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 11.05.2017 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 04.07.2017 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 13.06.2017 auf seinen begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 12.07.2017 einschließlich verlängert worden war.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, vorliegend habe die Beklagte eine Kündigung ausgesprochen, gehe also davon aus, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestehe. Der Kläger habe aber vorgetragen, dass ein solches Arbeitsverhältnis wegen nicht ausreichender Widerrufsbelehrung nicht auf die Beklagte übergegangen sei. Dann habe aber das Gericht auch noch eine entsprechende Entscheidung zu treffen. Es sei nicht zulässig, wenn das Erstgericht einfach keine Entscheidung hinsichtlich der Frage treffe, ob eine ausreichende Widerrufsbelehrung vorgelegen habe oder nicht.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04.07.2017 (Bl. 313 - 315 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 24.05.2016 ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30.11.2016, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt, nicht aufgelöst ist.

2. Festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die mit Schreiben der Beklagten vom 24.06.202016 ausgesprochene ordentliche Kündigung zum 30.12.2016, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt, nicht aufgelöst ist.

3. Die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Isolierer weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, es bestehe keine Veranlassung, über die Frage nach der Wirksamkeit des Widerspruchs zu entscheiden. Denn die sei nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Gründe für die Rechtsunwirksamkeit der erklärten Kündigungen seien zudem nicht ersichtlich.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 07.08.2017 (Bl. 329 - 334 d. A.) nebst Anlagen (B. 335 - 341 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 21.08.2017.

Gründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden; allerdings genügt die Berufungsbegründung nicht den gesetzlichen Anforderungen, so dass die Berufung bereits unzulässig ist.

Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Um-stände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Gemäß § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG sind die Vorschrift der Zivilprozessordnung über die Begründung der Berufung auch im Urteilsverfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen anwendbar.

Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Die Regelung des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz durch eine Zusammenfassung und Beschränkung des Rechtsstoffs ausreichend vorbereitet wird. Deshalb hat der Berufungskläger die Beurteilung des Streitfalls durch den Erstrichter zu überprüfen und darauf hinzuweisen, in welchen Punkten und aus welchen Gründen er das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Dadurch soll bloß formelhaften Berufungsbegründungen entgegengewirkt werden. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den Streitfall zugeschnitten sein. Eine schlüssige Begründung kann zwar nicht verlangt werden. Jedoch muss sich die Berufungsbegründung mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG, 19.02.2013 - 9 AZR 543/11 -; 16.05.2012 - 4 AZR 245/10 -; 18.05.2011 - 4 AZR 552/09 -; BAG 15.03.2011 - 9 AZR 813/09 - Rn. 11, m. w. N., AP ArbGG 1979 § 64 Nr. 44; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 14. Auflage 2017, Kap. 15, Rn. 720 ff.).

Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründungsschrift des Klägers nicht. Denn die Berufungsbegründung besteht lediglich aus einer zusammenfassenden Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens. Eine Auseinandersetzung mit der ausführlichen Begründung der arbeitsgerichtlichen Entscheidung findet nicht statt, außer dass deutlich wird, dass der Kläger mit dieser nicht einverstanden ist.

Folglich ist die Berufung bereits unzulässig.

II.

Das Rechtsmittel hat aber auch in der Sache keinen Erfolg.

Denn mit dem Arbeitsgericht ist vorliegend davon auszugehen, dass die Klage bereits nicht schlüssig begründet worden ist.

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

"Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage ist, dass ein im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehendes Arbeitsverhältnis durch die streitgegenständliche Kündigung nicht beendet worden ist. Besteht zum Kündigungszeitpunkt - gleich aus welchem Rechtsgrund - kein Arbeitsverhältnis mehr, ist die Klage daher als unbegründet abzuweisen, ohne dass es auf die Prüfung der Wirksamkeit der Kündigung noch ankäme (LAG Nürnberg, Urteil vom 05.10.20111, 2 Sa 765/10, juris, m.w.N).

II.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 09.11.2016 dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses von der W. GmbH auf die Beklagte unter Hinweis auf § 613 a Abs.6 BGB widersprochen. Nach seinen Angaben war der Widerspruch zulässig, da er nicht über das Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Der Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses im Zuge eines Betriebsübergangs nach § 613 a Abs. 6 BGB wirkt nach ständiger Rechtsprechung des BAG auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück (vgl. u.a. BAG, Urteil vom 13. 7. 2006,8 AZR 382/05, juris). Damit trägt der Kläger vor, dass durch seinen Widerspruch zum Zeitpunkt des Ausspruches beider streitgegenständlichen Kündigungen kein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten bestanden habe, da sein Arbeitsverhältnis nicht auf die Beklagte übergegangen sei, sondern aufgrund des rückwirkenden Widerspruchs noch mit der W. GmbH fortbestehe. Von diesem Vortrag ist zur Schlüssigkeit der Klage auszugehen, so dass die Wirksamkeit des Widerspruchs in diesem Verfahren nicht zu prüfen ist."

Diesen Ausführungen folgt die Kammer und macht sie sich voll inhaltlich zu eigen; dies wird hiermit gem. § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich festgestellt.

Nach alledem war die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.