LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31.10.2016 - 3 Sa 299/16
Fundstelle
openJur 2020, 18696
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.05.2016 - 11 Ca 2785/15 - wird ebenso wie der Auflösungsantrag auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung sein Ende gefunden hat, oder aber nicht, sowie im Berufungsverfahren des Weiteren darüber, ob die Beklagte vorsorglich die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung verlangen kann.

Die Beklagte ist ein international tätiger Systemlieferant und bietet Komplettlösungen für die Gießerei-Industrie im Bereich pneumatischer Förderanlagen sowie im Servicebereich verschiedene Fahrzeuge an. Zur Produktpalette der Beklagten gehören u.a. stationäre und mobile Besandungsanlagen sowie Sandstreugeräte für Schienenfahrzeuge. Weiter beschäftigt sich die Beklagte mit der Altsandrückgewinnung in Gießereien. Sie beschäftigt ca. 50 Mitarbeiter.

Der 1963 geborene Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage eines zunächst am 15.10.2012 befristet abgeschlossenen Arbeitsertrages beschäftigt. Er ist ausgebildeter Bauingenieur.

§ 2 des schriftlich abgeschlossenen Arbeitsvertrages vom 15.10.2012 hat folgenden Wortlaut:

§ 2

Tätigkeit, Einsatzort und Zuständigkeit

1. Der Arbeitnehmer wird angestellt für die Forschung und Entwicklung am Firmensitz. Der Aufgabenbereich und die Zuständigkeiten sind aus der als Anlage 1 beigefügten "Stellenbeschreibung" zu ersehen, die Bestandteil dieses Vertrages ist.

2. Der Arbeitnehmer ist gemäß dem als Anlage 2 beigefügten "Organigramm" dem Vorstand mit dem Ressort "Verwaltung/Finanzen" unterstellt.

3. Die Firma behält sich vor, dem Arbeitnehmer andere, seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechende Tätigkeiten, zuzuweisen.

Die Anlage 1 (Stellenbeschreibung) vom 15.10.2012 hat u.a. folgenden Inhalt:

"...

8. Stellenziele:

- Entwicklung innovativer marktgerechter Produkte und Verfahren, nach Aufgabenstellung der Geschäftsleitung.

- Weiterentwicklung vorhandener Produkte und Verfahren, nach Aufgabenstellung der Geschäftsleitung.

9. Aufgaben und Kompetenzen Die Übertragung on hier nicht erwähnten Entscheidungskompetenzen erfolgt im Einzelfall durch die übergeordnete Stelle

Die wesentlichen Aufgaben sind zu ersehen im QM-Handbau aus den Prozess / Flow-Charst

FCH-7.04 - Produktentwicklung

Detailliert ist für die Entwicklungsarbeit folgendes verantwortlich wahrzunehmen.

- Leitung der Versuchswerkstatt,

- Konstruktion von Neuentwicklungen, in enger Kooperation mit der Konstruktionsabteilung, bis zum Bau von Prototypen,

- Erstellung der Dokumentation für die einzelnen Entwicklungsprojekte, mit Beschreibungen, Betriebsanleitungen, Datenblättern, Versuchsprotokollen etc.

- Erstellung von Zeichnungen und Stücklisten für die Fertigung, am Ende der einzelnen Entwicklungsprojekte, in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung Konstruktion."

Bei der Einstellung des Klägers waren sich die Parteien darüber im Klaren, dass der Kläger das zunächst gestellte Anforderungsprofil in Bezug auf seine fachliche Ausbildung nur bedingt erfüllen konnte. Mit entscheidend für die Einstellung des Klägers war aber, dass dieser einen sogenannten "Sanddübel" hat patentieren lassen. Dies erschien der Beklagten eine erfolgversprechende Idee zu sein, weshalb die Parteien u.a. planten, das "Sanddübel-Projekt" zur Marktreife zu führen. Die Arbeiten daran führte der Kläger allerdings weitgehend in seiner Freizeit durch.

Der zwischen den Parteien bestehende befristete Arbeitsvertrag wurde ab dem 15.10.2013 entfristet. Die regelmäßige monatliche Arbeitszeit des Klägers beträgt 138 Stunden bei einem monatlichen Bruttoentgelt in Höhe von 4.687,78 €. Der Grund für die im Verhältnis zu einer Vollzeitstelle herabgesetzte Arbeitszeit liegt darin begründet, dass der Kläger eigenständig am Sanddübel-Projekt arbeiten wollte.

Unter der Bezeichnung "B. C." bietet die Beklagte ein Bremssandstreusystem für verschiedene Fahrzeuge an. Die Arbeit an diesem Projekt bildete einen Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten. Es wurde auf einer 1. Stufe im Dezember 2014 technisch abgeschlossen. Es konnte Anfang 2015 bei der XY AG zur Betriebserprobung an einer Lokomotive installiert und an mehreren Tagen getestet worden.

Im Sommer 2013 bot der sich im Ruhestand befindliche vormalige Entwicklungsleiter der Beklagten diese eine neue Verfahrenstechnik unter der Bezeichnung "Cl." an. Gegenstand des Cl.-Verfahrens ist die Regeneration von an-organischem Sand. Der Kläger berichtete den Entwicklungsvorschlag auf Seiten der Beklagten, hielt ihn aber nicht für erfolgversprechend. Das Angebot des ehemaligen Entwicklungsleiters lehnte die Beklagte folglich ab. Im Oktober 2013 stellte die Beklagte nach Vermittlung des Klägers als weiteren Entwicklungsingenieur Dr. S. ein. Dieser ist Diplom-Ingenieur Maschinenbau. 2014 bot der ehemalige Entwicklungsleiter der Beklagten das Cl.-Verfahren erneut an. Dieses Mal unter Einbeziehung von Herrn Dr. S. entschied sich die Beklagte in dieses Projekt einzusteigen und dessen Entwicklung voranzutreiben. Im Sommer 2015 entschied der Vorstand der Beklagten, die Energien des Unternehmens auf die zügige Entwicklung der Cl.-Anlage und deren Einführung am Markt zu konzentrieren. Aus diesem Grund traf der Vorstand ebenfalls die Entscheidung, das Sanddübel-Projekt nicht weiter zu verfolgen. Auch entschied die Beklagte, die weitere Entwicklung an dem Bremssandstreu-System nicht weiter fortzuführen.

Mit Schreiben vom 04.08.2015, zugegangen am 07.08.2015, hat die Beklagte daraufhin das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2015, bzw. zum nächst zulässigen Termin gekündigt. Hinsichtlich des Inhalts der Kündigungserklärung wird auf Bl. 21 d. A. Bezug genommen.

Dagegen richtet sich die am 19.08.2015 beim Arbeitsgericht eingegangene Kündigungsschutzklage.

Der Kläger hat vorgetragen,

während des Arbeitsverhältnisses habe es nie Probleme gegeben, die daraus resultiert hätten, dass er Bauingenieur und nicht Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau gewesen sei. Schwerpunkt seiner Arbeit sei die Fortentwicklung des B.rojekts gewesen. Dieses sei in zeitlichen Verzug geraten, weil das eingeplante Personal für die Durchführung des Projekts entweder nicht hinreichend ausgebildet gewesen sei oder im geplanten Entwicklungszeitraum zur Entwicklungsarbeit nicht zur Verfügung gestanden habe. Dies sei der Grund für die Einstellung von Herrn Dr. S. gewesen. Für die XYfachmesse I.2014 habe er aufgrund einer personellen Überforderung des Vertriebs die Produktion eines Werbefilms für die neuen B. Produkte übernommen. Ein weiteres Projekt, das von ihm mitentwickelt worden sei, sei die Entwicklung einer säurefesten Konstruktion für die S.-M. Kernsandmischer. Darüber hinaus sei er im Bereich der Weiterentwicklung der Besandung tätig gewesen. Im Hinblick auf das Cl. Projekt sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich gewesen, wie das Projekt hauptsächlich funktionieren soll. Später sei ihm mitgeteilt worden, dass seine Mitarbeit an diesem Projekt ausdrücklich unerwünscht sei.

Insgesamt verfüge er über die notwendigen Kenntnisse, um die Entwicklungsarbeiten und Entwicklungsprojekte der Beklagten erfolgreich durchführen zu können.

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens des Klägers im erstinstanzlichen Rechtszug wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 6 - 8 der angefochtenen Entscheidungen (= Bl. 172 - 174 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 4.8.2015, zugegangen am 7.8.2015, nicht aufgelöst worden ist.

2) festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern dass es über den 30.9.2015 hinaus fortbesteht

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Kläger sei ausschließlich mit der Verwaltung von Patenten und der Weiterentwicklung des Bremssandstreusystems B.C. beschäftigt gewesen. Alle weiteren Aufgaben seien unerledigt geblieben. Mit der Entscheidung für eine Intensivierung der Arbeiten am Cl. Projekt und der Einstellung des Sandbügelprojekts sowie der Einstellung der Fortentwicklung der Br. Projekte sei der Arbeitsplatz des Klägers weggefallen. Die Weiterentwicklung des Kernsandmischers S.-M. sei wesentlich durch die Konstruktion in der Auftragsabwicklung erfolgt. Im Übrigen sei dieser weiterentwickelte Kernsandmischer nur einmal verkauft worden. Die vom Kläger behauptete Weiterentwicklung der Besandung habe es nicht gegeben. Die Beklagte habe weiterhin die Entscheidung getroffen, zukünftig in der Entwicklung nur noch mit Maschinenbauingenieuren zu arbeiten. Die Entwicklung neuer technischer Produkte erfordere zwingend Konstruktionskenntnisse. Die Verwaltung der Patente, die durch den Kläger vorgenommen worden sei, werde nunmehr von den Mitarbeitern des Vertriebs in Zusammenarbeit mit dem technischen Büro übernommen. Die Beklagte werde zukünftig nur noch mit einem Entwicklungsingenieur arbeiten. Dieser, Herr Dr. S., werde sich vorrangig um die Entwicklung der sog. Cl.-Anlagen kümmern. Es komme ihr, der Beklagten, insoweit gerade auf die Kenntnisse eines Maschinenbauingenieurs an.

Zur weiteren Darstellung des streitigen Vorbringens der Beklagten im erstinstanzlichen Rechtszug wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 9 - 12 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 175 - 178 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat daraufhin durch Urteil vom 17.05.2016 - 11 Ca 2785/15 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 04.08.2015, zugegangen am 07.08.2015, nicht aufgelöst wurde. Die weitergehende Klage hat es dagegen abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 168 - 191 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 13.06.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 12.07.2016 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 14.09.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet, nachdem zuvor auf ihren begründeten Antrag hin durch Beschluss vom 04.08.2016 die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 19.09.2016 einschließlich verlängert worden war.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor bereits nach kurzer Zeit habe sich herausgestellt, dass der Kläger die an ihn gestellten Erwartungen und Anforderungen auch nicht ansatzweise erfüllt habe. Deshalb sei im Oktober 2013 Herr Dr. S. eingestellt worden. Der Kläger habe mangelndes Engagement gezeigt und behauptet, mit der Patentverwaltung ausgelastet zu sein. Diese beanspruche aber maximal eine Arbeitsbelastung von einem Tag im Monat. Der Kläger habe insoweit nach dem 31.12.2014 nicht mehr gewinnbringend projektbezogen für die Beklagte gearbeitet. Er müsse sich offensichtlich ausschließlich während der Arbeitszeit mit dem Sanddübelprojekt beschäftigt haben. Darüber gebe es jedoch keine eingebuchten nachweisbaren Stunden. Hinsichtlich des Cl.-Projekts habe der Vorstand der Beklagten im Sommer 2015 gegen das Petitum des Klägers beschlossen, alle Energien auf die Fortentwicklung dieser Anlage zu konzentrieren. Hinsichtlich des Projekts Sandbügel sei die Entscheidung gefallen, es einzustellen, weil eine wirtschaftliche Fortentwicklung nicht durchführbar sein würde. Dem Kläger sei insoweit Gelegenheit gegeben worden, eine erfolgreiche Markteinführung anhand von hochgerechneten Vertriebszahlen zu präsentieren. Auf diese Anforderung hin habe die Beklagte einen 7 Jahre alten Business-Plan durch den Kläger erhalten. Natürlich habe sie es abgelehnt, auf dieser Basis das Projekt weiter zu betreiben. Für das Cl.-Projekt dagegen seien Pneumatik-Kenntnisse, vertiefte Kenntnisse im Maschinenbau und der Gießerei-Technik erforderlich. Dieses Anforderungsprofil könne der Kläger auch nicht ansatzweise erfüllen. Darüber hinaus seien CAD-Konstruktionskenntnisse unabdingbar. Folglich funktioniere die ursprüngliche Stellenbeschreibung nicht mehr. Für das Cl.-Projekt sei ein Maschinenbauingenieur zwingend notwendig. Der Kläger sei nicht in der Lage gewesen, das Cl.-Projekt professionell und wissenschaftlich fundiert zu begleiten und zur Marktreife zu bringen. Folglich sei es die durchaus legitime unternehmerische Entscheidung gewesen, das Anforderungsprofil für den Entwicklungsingenieur der Entwicklungs- bzw. Auftragslage anzupassen. Dazu komme in der Beurteilung der Leistungen eines Profils des Klägers, dass dieser schon beim B.-Projekt zusätzliche Konstrukteure benötigt habe, weil er erhebliche Leistungsdefizite aufweise.

Dem Kläger sei im Juli 2015 vom Vorstand der Beklagten mitgeteilt worden, dass das Sandbügel-Projekt eingestellt werde. Daraufhin habe der Kläger erklärt, dass er sich dann an andere Partner wenden müsse. Es wurde ein Aufhebungsvertrag diskutiert, der dann per E-Mail des Klägers vom 20.07.2015 unsachgemäß und herabwürdigend kommentiert worden sei. Daraus ergebe sich eine geradezu maßlose Konfrontation gegenüber dem Vorstandsmitglied Herrn B.. Die Beklagte habe dann die unternehmerische Entscheidung getroffen, künftig in der Entwicklung nur noch mit einem Entwicklungsingenieur zu arbeiten, der die Qualifikationen zum Maschinenbauingenieurs mit CAD-Konstruktionskenntnissen habe. Sie habe sich somit im Interesse eines rationellen Einsatzes des Personals entschlossen, die Anzahl der Arbeitnehmer zu reduzieren, um die vorhandene Arbeit auf weniger Schultern zu verteilen. Es gebe nunmehr nur das Cl.-Projekt, das ohne überobligatorische Mehrarbeit von einem qualifizierten Maschinenbauingenieur betreut und zur Marktreife geführt werden könne. Auch die Größe der Firma der Beklagten mit 55 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 11 bis 13 Millionen Euro erfordere keine zwei Entwicklungsingenieure. Eine Sozialauswahl zwischen dem Kläger und Herrn Dr. S. sei nicht durchzuführen, da Herr Dr. S. aufgrund seiner besonderen beruflichen Qualifikation als Maschinenbauingenieur mit dem Kläger nicht vergleichbar sei.

Aufgrund der geradezu anmaßenden Ausführung des Klägers ist in seiner E-Mail vom 20.07.2015, hinsichtlich deren Inhalts auf Bl. 247 d. A. Bezug genommen wird, bestehe nunmehr das Erfordernis hilfsweise einen Auflösungsantrag zu stellen.

Der Beklagten sei es nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Der Kläger habe einem bei der beiden Vorstandsmitglieder persönlich Millionen Schadensersatzforderungen angedroht. Auch sei es fatal für die Beklagte, wenn der Kläger weiterbeschäftigt werde und damit in Kontakt mit dem Cl.-Projekt käme. Im Umkreis der Beklagten seien etliche Konkurrenzunternehmen angesiedelt, die nur darauf warteten, entsprechende Informationen zu erhalten, um nicht unerhebliche Entwicklungskosten sparen zu können.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 14.09.2016 (Bl. 228 bis 240 d. A.) nebst Anlagen (Bl. 241 bis 252 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

1. auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 17.05.2016, Aktenzeichen: 11 Ca 2785/15, abgeändert und die Klage abgewiesen,

2. hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die aber 6 Monatsverdienste des Klägers nicht überschreiten sollte, zum 30.09.2015 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung einschließlich des Auflösungsantrages zurückzuweisen.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, das Sanddübel-Projekt sei im Rahmen des Anstellungsverhältnisses kein Gegenstand, sondern allein im Freizeitbereich bzw. selbständigen Tätigkeit des Klägers zugeordnet gewesen. Mit seinem Arbeitsantritt als Entwicklungsingenieur im Oktober 2012 sei der Kläger in die von ihm vorrangig konkret zu bearbeitenden Aufgaben eingewiesen worden, nämlich die sofortige Leitung der Versuchswerkstatt, die sofortige Übernahme des laufenden Projekts B. und mittelfristig die organisatorische Trennung bzw. kaufmännische Abgrenzung der Innovationsentwicklungen von den auftragsbezogenen Entwicklungsarbeiten. Die ebenfalls übernommene Verwaltung aller Patente habe sich im Wesentlichen auf jährlich wiederkehrende Erinnerungen der Patentanwaltskanzlei an Gebührenzahlungen zur Aufrechterhaltung der Bestandsschutzrechte vorhandener Patente beschränkt. Ihm sei auch u. a. die Beobachtung des Marktes, selbständige Patentrecherchen und die Beobachtung des Wettbewerbs übertragen worden. Für die Erledigung der Aufgaben des Klägers seien CAD Konstruktionskenntnisse nicht erforderlich. Das sei auch im Rahmen der Einstellung so gesehen worden. Als im Juli 2013 der Zwischenbericht zum Projekt B. habe abgegeben werden müssen, sei absehbar gewesen, dass die verfügbaren Zeit- und Personalressourcen für einen erfolgreichen Projektabschluss im ursprünglichen Bewilligungszeitraum bis zum 31.07.2014 nicht ausreichten. Dementsprechend sei Herr Dr. S. ab dem 07.10.2013 eingestellt worden, als Projektmitarbeiter mit den Teilzeitfaktor 0,60. Der Kläger selbst habe noch die Teilaufgaben "geregeltes Freiblasen des Sandungsschlauches" und die Entwicklung einer Ausblasdüse als Sandungshilfe zu lösen gehabt, wofür umfangreiche Patentrecherchen notwendig gewesen seien. Neben diesem Projekt seien auch weitere Entwicklungsaufgaben verblieben, die für das Jahr 2015 eingeplant gewesen seien. Dazu habe insbesondere die Installation einer (erfolgreichen) Betriebserprobung bei der XY AG in F. gehört.

Hinsichtlich des Cl.-Projekts treffe es nicht zu, dass der Kläger das Projekt weg beurteilt habe aus Sorge darum, dass dann sein Sanddübel-Projekt eingestellt werde. Vielmehr sei er gebeten worden, sich von dem Projekt und den Kollegen fern zu halten. Es treffe nicht zu, dass für dieses Projekt ein Maschinenbauingenieur zwingend notwendig sei.

Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien sei der Beklagten nicht unzumutbar. Dies folge insbesondere nicht aus der E-Mail vom 20.07.2015, ebenso wenig aus sonstigem Verhalten des Klägers. Er sei vielmehr ausdrücklich gewillt, seine Tätigkeit im Unternehmen der Beklagten fortzusetzen. Er habe zu keinem Zeitpunkt Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe gegenüber einem der beiden Vorstandsmitglieder angedroht. Er habe lediglich auf eine mündliche Vereinbarung zwischen ihm und dem Vorstandsmitglied vom 24.09.2013 verwiesen, nachdem das Sanddübel-Projekt gemeinsam durchgeführt werden solle.

Zur weiteren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 21.10.2016 (Bl. 264 bis 270 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 31.10.2016.

Gründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung der Beklagten hat jedoch in der Sache einschließlich des im Berufungsverfahren erstmals zulässiger Weise gestellten Auflösungsantrages keinen Erfolg.

Denn mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass vorliegend die ordentliche betriebsbedingte Arbeitgeberkündigung der Beklagten vom 04.08.2015 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht zum 30.09.2015 beendet hat. Des Weiteren ist die Fortsetzung des damit fortbestehenden Arbeitsverhältnisses der Beklagten nicht unzumutbar.

Die streitgegenständliche ordentliche Arbeitgeberkündigung ist sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG. Sie ist insbesondere nicht als ordentliche Kündigung aufgrund von dringenden betrieblichen Erfordernissen gerechtfertigt.

Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852).

Es muss also zumindest ein Arbeitsplatz weggefallen sein, wobei dies nicht in der Weise zu verstehen ist, dass es sich dabei gerade um den konkret fixierten Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers handeln muss (BAG 30.05.1985 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 36).

Vielmehr ist nach Maßgabe der sozialen Auswahl ggf. einem Arbeitnehmer zu kündigen, dessen Arbeitsplatz noch vorhanden ist, wenn nur die Anzahl der vergleichbaren Arbeitsplatze insgesamt zurückgegangen ist mit der Folge, dass die Zahl der benötigten Arbeitsplätze aufgrund der Entwicklung der Arbeitsmenge kleiner ist als die Zahl der auf diesen Arbeitsplätzen bislang beschäftigten Arbeitnehmer. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die soziale Rechtfertigung der Kündigung ist grds. der Zeitpunkt des Kündigungszugangs. Grundsätzlich muss dann der Kündigungsgrund - Wegfall der Beschäftigungsmöglichkeit - vorliegen (LAG Düsseld. 16.11.2005 - 12 Sa 1150/05, EzA-SD 1/06 S. 8 LS; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 13. Aufl. 2016, Kap. 4 Rn. 2523 ff.).

Das Merkmal der Dringlichkeit wird dadurch charakterisiert, dass eine Weiterbeschäftigung der nunmehr überzähligen Arbeitnehmer nicht, insbes. nicht unter bestimmten organisatorischen Voraussetzungen möglich ist. Die Kündigung muss in Anbetracht der betrieblichen Situation unvermeidbar sein. Der Betrieb muss sich in einer Zwangslage befinden, die nur durch eine Kündigung, nicht aber durch andere Maßnahmen beseitigt werden kann (APS/Kiel § 1 KSchG Rn. 561 ff.).

Diese betrieblichen Erfordernisse müssen dringend sein und eine Kündigung im Interesse des Betriebes unvermeidbar machen (LAG RhPf 10.05.1988 NZA 1989, 273). Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist; das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, in dem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (BAG 23.02.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 166 = NZA 2012, 852; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.: Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Die organisatorischen Maßnahmen, die der Arbeitgeber trifft, um seinen Betrieb dem Umsatzrückgang oder der verschlechterten Ertragslage anzupassen (wozu weder der Ausspruch der Kündigung selbst [BAG 20.02.1986 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 37] gehören), sind vom Arbeitsgericht nicht auf ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit, sondern nur daraufhin zu überprüfen, ob sie offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind (BAG 30.04.1987 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 47; 13.03.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 159; LAG BW 12.08.2004 - 22 Sa 99/03 EzA-SD 1/05, S. 7 LS; LAG Bln.-Bra. 01.03.2007 - 2 Sa 18/07, EzA-SD 19/2007 S. 5; Schrader/Schubert NZA-RR 2004, 393 ff.; Kaiser NZA 2005, Beil. 1/2005 zu Heft 10, S. 31 ff.). Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160; 27.01.2011 - 2 AZR 9/10, EzA-SD 13/2011 S. 8 LS; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.).

So erfüllen offensichtlich unsachliche oder willkürliche Rationalisierungsmaßnahmen den Tatbestand der unzulässigen Rechtsausübung des betrieblichen Gestaltungsrechts durch den Arbeitgeber. Es ist missbräuchlich, in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160 = NZA 2008, 939).

Läuft die unternehmerische Entscheidung also letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223; s. Hunold NZA-RR 2013, 57 ff.; Schrader/Siebert NZA-RR 2013, 113 ff.). Der Arbeitgeber muss dann konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.

Er muss- im Rahmen einer abgestuften Darlegungslast - die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose im Einzelnen darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können. In welcher Weise ein Arbeitgeber darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Arbeitnehmer führt, bleibt ihm überlassen. Handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Mitarbeiter künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben. Es kann - je nach Einlassung des Arbeitnehmers - ausreichend sein, wenn der Arbeitgeber die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind (BAG 16.12.2010 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 165; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

Ist die unternehmerische Entscheidung also verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es - wie beschrieben - der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122).

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt insgesamt Folgendes:

Ist der Rückgang der Beschäftigungsmöglichkeit unmittelbar auf einen organisatorischen Entschluss des Arbeitgebers zurückzuführen (z. B. die ersatzlose Streichung einer Stelle), so muss der Arbeitgeber substantiiert den Inhalt seines Entschlusses, dessen praktische Umsetzung und dessen zahlenmäßige Auswirkungen auf die Beschäftigungsmöglichkeit darlegen (s. Bitter DB 1999, 1214 ff.).

Handelt es sich insoweit um eine nur beschränkt überprüfbare Unternehmerentscheidung, so ist der Arbeitgeber nicht an sich verpflichtet, die hierfür maßgeblichen Erwägungen offen zu legen. Andererseits muss der Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess konkrete Angaben dazu machen, wie sich die Verringerung bzw. Veränderung der Produktion auf die Arbeitsmenge auswirkt und in welchem Umfang dadurch ein konkreter Arbeitskräfteüberhang entsteht. Zu dem Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers gehört dabei die Befugnis, die Zahl der Arbeitskräfte zu bestimmen, mit denen eine Arbeitsaufgabe erledigt werden soll. Der Arbeitgeber kann grds. sowohl das Arbeitsvolumen - die Menge der zu erledigenden Arbeit - als auch das diesem zugeordneten Arbeitskraftvolumen - Arbeitnehmerstunden - und damit auch das Verhältnis dieser beiden Größen zueinander festlegen. Zwar muss nicht ein bestimmter Arbeitsplatz entfallen sein, Voraussetzung ist aber, dass die Organisationsentscheidung ursächlich für den vom Arbeitgeber behaupteten Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidung sich auf eine nach sachlichen Merkmalen genauer bestimmte Stelle bezieht. Der allgemeine Beschluss, Personalkosten zu senken, erfüllt diese Anforderungen nicht (LAG BW 20.02.2004 AuR 2004, 356 LS).

Hingegen hat der Arbeitnehmer darzulegen und zu beweisen, dass die fragliche innerbetriebliche Maßnahme (z. B. eine Rationalisierungsmaßnahme) offenbar unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist (BAG 09.05.1996 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 85), wobei aber ggf. die Erleichterung des Anscheinsbeweis in Betracht kommt (BAG 24.10.1979 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 13). Denn insoweit spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen Gründen erfolgt ist (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160). Es ist aber andererseits missbräuchlich in diesem Sinne, einen Arbeitnehmer durch die Bildung separater betrieblicher Organisationsstrukturen bei unverändertem Beschäftigungsbedarf aus dem Betrieb zu drängen, indem die tatsächlichen Arbeitsabläufe und die hierarchischen Weisungswege als solche unangetastet gelassen und nur, gewissermaßen pro forma, in allein zu diesem Zweck erdachte rechtliche Gefüge eingepasst werden (BAG 23.04.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 160).

Läuft also die unternehmerische Entscheidung dagegen letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, so sind gesteigerte Anforderungen an die Darlegungslast zu stellen (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223). Ist die unternehmerische Entscheidung verbunden mit einer Neuverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es der Konkretisierung dieser Entscheidung, damit geprüft werden kann, ob der Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers tatsächlich weggefallen ist und die Entscheidung nicht offensichtlich unsachlich oder willkürlich ist (BAG 10.10.2002 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 122; 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158). Der Arbeitgeber muss insbes. konkret darlegen, in welchem Umfang die bisher von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten zukünftig im Vergleich zum bisherigen Zustand entfallen. Er muss aufgrund seiner unternehmerischen Vorgaben die zukünftige Entwicklung der Arbeitsmenge anhand einer näher konkretisierten Prognose darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligatorische Leistungen erbracht werden können (BAG 13.02.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 158; 24.05.2012 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 167 = NZA 2012, 1223).

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten keine nicht willkürliche nicht rechtsmissbräuchliche Unternehmerentscheidung gegeben ist, auf die sich die Beklagte zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Erfolg berufen kann. Gleiches gilt für etwaige sonstige dringende betriebliche Gründe.

Das Arbeitsgericht hat insoweit ausgeführt:

"Zunächst lässt sich aus Sicht der Kammer nicht bestreiten, dass es sich bei den dargelegten unternehmerischen Entscheidungen (Einstellung Sanddübel-Projekt / Einstellung B.-Projekt/ Schwerpunktsetzung beim Cl.-Projekt) um legitime, keinesfalls unsachliche, unvernünftige oder willkürliche Entscheidungen handelt.

Es fehlt dann aber an einem ausreichend substantiierten Vortrag dazu, welche konkreten Auswirkungen diese Entscheidung auf den Arbeitsplatz des Klägers haben. Insoweit treffen die Beklagte nach vorstehenden Grundsätzen gesteigerte Darlegungslasten. Die unternehmerische Entscheidung ist hier zum einen aufs engste mit der Kündigungsentscheidung verbunden. Zum anderen betrifft sie nur das Arbeitsverhältnis des Klägers.

(2) In Bezug auf die Entscheidung, das sogenannte "Sanddübel-Projekt" nicht weiter zu verfolgen, gilt dabei, dass zwischen den Parteien unstreitig ist, dass sich der Kläger um dieses Projekt schwerpunktmäßig außerhalb seiner (aus diesem Grund reduzierten) Arbeitszeit gekümmert hat. Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte dies in der mündlichen Verhandlung am 17.5.2016 noch einmal ausdrücklich bestätigt.

Einen konkreten Einfluss dieser Entscheidung auf die durch den Kläger bei der Beklagten abzuleistenden Arbeit trägt die Beklagte entsprechend nicht vor. Auch wenn das Sanddübel-Projekt - wie die Beklagte betont - seinerzeit für die Einstellung des Klägers maßgeblich gewesen ist, so lässt sich mit dessen Einstellung der Wegfall des klägerischen Arbeitsplatzes angesichts der geschilderten Gesamtumstände jedenfalls nicht begründen.

(3) Im Hinblick auf den Wegfall des Arbeitsplatzes ist weiterhin von dem zwischen den Parteien vertraglich vereinbarten Stellenprofil auszugehen. Konkreter, im Einzelnen überprüfbarer Sachvortrag dazu, wie sich die Tätigkeit des Klägers durch die Einstellung der sogenannten "B.-Projekte" ändert, ergibt sich aus den beklagtenseitigen Darlegungen nicht.

Insoweit fehlt auch - eine aus Sicht der Kammer notwendige - differenzierte Beschreibung dahingehend, wie sich die Aufgaben des Klägers im Hinblick auf die seitens der Beklagten herausgestellte Verwaltung der Patente einerseits und die Arbeit an Projekten (schwerpunktmäßig dem "B.-Projekt aber gerade auch an anderen Projekten) andererseits verteilte.

Angesichts des Umstandes, dass nicht detailliert dargelegt ist, inwieweit die Verwaltung der Patente den Kläger im Rahmen seiner täglichen/ggf. auch wöchentlichen Arbeitsbelastung konkret in Anspruch genommen hat, können die Ausführungen der Beklagten dazu, wie die durch den Kläger vormals geleisteten Tätigkeiten im Einzelnen ohne überobligatorische Arbeitsbelastung durch Mitarbeiter des Vertriebs in Zusammenarbeit mit dem technischen Büro aufgefangen werden sollen, keiner stichhaltigen Überprüfung unterzogen werden.

(4) Angesichts des zwischen den Parteien vereinbarten Stellenprofils, das weit über die von der Beklagtenseite zuletzt in den Vordergrund gestellten Konstruktionsfertigkeiten hinausgeht, ist für die Kammer auch nicht konkret ersichtlich, ob und inwieweit der Kläger keinen Beitrag zum neuen "Cl.-Projekt" leisten kann. Dem Vortrag der Beklagten fehlt insoweit jedes prognostische Element, wie sich die Tätigkeit des Klägers durch die unternehmerische Entscheidung zu Gunsten des "Cl.-Projekts" konkret entwickelt.

Insoweit ist insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beklagte in ihrem Vortrag maßgeblich auf (vermeintliche) fachliche Defizite des Klägers rekurriert. Diese scheinen aus Sicht der Klägerin in erster Linie für den Wegfall des Arbeitsplatzes maßgeblich zu sein. Aus Sicht der Kammer sind diese Erwägungen - wenn man wie die Beklagte zutreffend auf die Betriebsbezogenheit der Kündigung abstellt - nur nachrangig relevant.

Es hätte daher zunächst eines vertieften Vortrages dazu bedurft, welche kon-kreten Tätigkeiten der Kläger im Verlauf des Arbeitsverhältnisses mit der Be-klagten - auch angesichts der nach dem Vortrag der Beklagten von Beginn an bekannten und bestehenden fachlichen Defizite, die im Übrigen die Beklagte nicht daran hinderten, das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zu entfristen - mit welcher zeitlichen Belastung erbracht hat. Dann wäre ins Einzelne gehend darzulegen gewesen, wie sich die unternehmerischen Entscheidungen auf den Arbeitsplatz des Klägers - auch unter Berücksichtigung der konkret vereinbarten Tätigkeit - ausgewirkt hätten.

Der pauschale Hinweis jedenfalls, ein Großteil der arbeitsvertraglich übernommenen Aufgabenbereiche seien durch den Kläger nicht bearbeitet worden, ist unzureichend und gibt keinen Aufschluss darüber, wie der Kläger zeitlich eingesetzt wurde. Entsprechend lassen sich die Auswirkungen der unternehmerischen Entscheidungen auf den konkreten Arbeitsplatz nicht überprüfen.

(5) Weiterhin hat der Kläger unbestritten an Projekten gearbeitet, die über die Fortentwicklung der "B.-Projekte" und die Verwaltung von Patenten hinausgingen (Stichwort: Besandung und "I.T." 2016 sowie Kernsandmischer "S.M."). Die seitens der Beklagten insoweit in den Vordergrund gerückten Umstände jedenfalls, dass die Projekte seitens des Klägers zum Teil nicht weiterverfolgt wurden (I. T. 2016) bzw. nicht zum gewünschten wirtschaftlichen Erfolg führten ("S.M." wie im Übrigen auch die Fortentwicklung der "B.-Projekte") lassen - jedenfalls angesichts der hier streitgegenständlichen unternehmerischen Entscheidungen - keinen Schluss darauf zu, inwieweit dies den Arbeitsplatz des Klägers konkret tangierte. Dies zumal deshalb, weil die Beklagte den Kläger hätte ohne Weiteres anweisen könnte zum Beispiel das Projekt "Besandung" weiterzubetreiben.

(6) Schlussendlich ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass bei der Beklagten seit Oktober 2013 bis zur Kündigung im August 2015 zwei Entwicklungsingenieure beschäftigt waren. Die Beklagte selbst trägt vor, dass nach wie vor Arbeitsbedarf im Bereich "Entwicklung" besteht (z.B. sind Maschinen, Anlagen und Bauteile der Beklagten auf spezielle Kundenwünsche anzupassen und die Entwicklung und Fortentwicklung von Bauteilen notwendig).

Auch insoweit hätte es eines vertieften Vortrages dazu bedurft, welchen Beitrag der Kläger hierzu in der Vergangenheit geleistet hat und inwieweit der im Unternehmen verbleibende Entwicklungsingenieur bereits heute mit seiner Arbeitszeit durch diese Arbeiten gebunden ist bzw. wie sich der Wegfall des Arbeitsplatzes des Klägers auf dessen Arbeitspensum und die zu bewältigende Arbeitsmenge prognostisch auswirken wird.

(7) Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass für die Kammer nicht konkret fassbar wird, welche Auswirkungen die streitgegenständlichen unternehmerischen Entscheidungen auf den Arbeitsplatz des Klägers konkret haben, so dass der Arbeitsplatzwegfall jedenfalls nicht in der prozessual notwendigen Form dargetan ist.

cc) Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Beklagte vorträgt, zukünftig in der Entwicklung nur noch mit Maschinenbauingenieuren arbeiten zu wollen. Eine legitime unternehmerische Organisationsentscheidung kann zwar auch darin begründet liegen, das Anforderungsprofil für Arbeitsplätze im Rahmen einer Umstrukturierung neu festzuschreiben (BAG 10.11.1994, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 65; Dörner in: Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., Kap. 4 Rn. 2687; Rolfs in: BeckOK Arbeitsrecht § 1 KSchG Rn. 399).

Ist aber von dieser Festschreibung - wie hier - nur ein Arbeitnehmer betroffen, so unterliegt der Arbeitgeber gesteigerten Darlegungslasten. Er hat dann konkret darzulegen, dass es sich nicht nur um wünschenswerte Qualifikationsmerkmale handelt und dass für die Änderung ein konkreter betrieblicher Anlass besteht (Vgl. hierzu: Dörner in: Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 13. Aufl., Kap. 4 Rn. 2687). Diesen Anforderungen genügt die Beklagte hier nicht.

Es fehlt bereits Vortrag dazu, welcher "konkrete" betriebliche Anlass für die Festlegung eines bestimmten Qualifikationsmerkmals ausschlaggebend gewesen sein soll. Der alleinige Hinweis auf das "Cl.-Projekt" reicht insoweit jedenfalls nicht aus. Eine unternehmerische Entscheidung, die ein bestimmtes Anforderungsprofil für eine Stelle festschreibt, wodurch nur ein Mitarbeiter betroffen ist, gegenüber dem man zuvor auf dieses Qualifikationsmerkmal bewusst verzichtet hat, erweist sich überdies als treuwidrig. Die Beklagte trägt selbst vor, bei der Einstellung des Klägers sei man sich darüber bewusst gewesen, dass dieser das Anforderungsprofil der zunächst ausgeschriebenen Stelle nicht voll erfülle. Trotz dieses Umstandes wurde das zunächst befristet begründete Arbeitsverhältnis entfristet.

Ferner ist nichts dazu vorgetragen, ob und inwieweit der Kläger das neue Anforderungsprofil durch zumutbare Umschulungs- und Fortbildungsmaßnahmen hätte erreichen können. Der pauschale Hinweis, der Kläger habe die Teilnahme an CAD-Schulungen verweigert, ist insoweit unzureichend."

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die Kammer voll inhaltlich zustimmend an, macht sie sich zu eigen und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ausdrücklich fest.

Auch das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des insoweit maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es enthält keinerlei neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die zu einem anderen Ergebnis führen könnten. Gleiches gilt für etwaige Rechtsbehauptungen. Es macht lediglich - wenn auch aus der Sicht der Beklagten heraus verständlich - deutlich, dass die Beklagte mit der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des schriftsätzlichen Vorbringens der Parteien im erstinstanzlichen Rechtszug durch das Arbeitsgericht, dem die Kammer voll inhaltlich folgt, nicht einverstanden ist. Auch nach dem Berufungsvorbringen bleibt unklar, worin die tatsächlich vom Kläger erbrachte Arbeitsleistung für die Beklagte vom Beginn seines Arbeitsverhältnisses an bestanden hat. Die Darstellung der Beklagten ist insoweit auch im Berufungsverfahren pauschal, unpräzise und insbesondere ohne Angabe jeglicher Zeitanteile. Welche Einzeltätigkeiten des Klägers aufgrund welcher Entscheidungen der Beklagten entfallen sein sollen, bleibt im Einzelnen unklar. Ebenso, aufgrund welcher Umstände der Wegfall eines Arbeitsplatzes derart, wie der Kläger ihn hatte, gegeben sein soll. Deutlich wird lediglich, dass die Beklagte zwischenzeitlich der Auffassung ist, dass der von ihr nach dem Kläger eingestellte Herr Dr. S. besser geeignet ist, die von ihr vorgesehenen Arbeitsaufgaben zu erfüllen. Denn ihr Vorbringen macht immerhin deutlich, dass sie davon ausgeht, dass Herr Dr. S. eher als der Kläger die von ihr an den Stelleninhaber gestellten Arbeitsanforderungen erfüllt. So gesehen handelt es sich aber nicht um eine betriebsbedingte Kündigung aufgrund des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs für einen Arbeitnehmer, sondern um eine unzulässige Austauschkündigung, bei der bei gleichem Arbeitsbedarf der neue Stelleninhaber den alten Stelleninhaber ersetzen soll. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren insbesondere in den Mittelpunkt ihres Vorbringens die CAD Konstruktionskenntnisse stellt, ist darauf hinzuweisen, dass sich davon in der von der Beklagten selbst erstellten Stellenbeschreibung nichts findet. Zudem fehlt, nachdem der Kläger dies nachvollziehbar bestritten hat, jegliches tatsächliches Vorbringen der Beklagten dazu, dass diese Kenntnisse tatsächlich für die vom Kläger nach Maßgabe seines Arbeitsvertrages und der dazu ergangenen Stellenbeschreibung durchzuführenden Arbeiten benötigt werden. Dass sie aktuell sinnvoll sein mögen, rechtfertigt keine ordentliche betriebsbedingte Beendigungskündigung. Vor diesem Hintergrund kommt eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht in Betracht. Ob darüber hinaus die Notwendigkeit der Durchführung einer Sozialauswahl bestand und ob diese fehlerhaft zu Lasten des Klägers von der Beklagten getroffen wurde, bedarf nach alledem keiner Entscheidung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das zwischen den Parteien folglich fortbestehende Arbeitsverhältnis auch nicht hilfsweise gegen Zahlung einer Abfindung zum 30.09.2015 aufzulösen.

Denn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 2 KSchG sind vorliegend ersichtlich nicht gegeben.

Gem. § 9 Abs. 1 S. 2 KSchG hat das Arbeitsgericht, wenn es festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Arbeitgeberkündigung nicht aufgelöst worden ist, auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen (s. dazu Holthausen/Holthausen NZA-RR 2007, 449 ff.); für die Gewichtung des Interesses des Arbeitgebers an der Auflösung kommt es insbes. auch auf den Umfang der bei Unterlassen der Beendigung zu befürchtenden schweren Störungen an (Prognoseprinzip; BAG 08.10.2009 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 57).

Die Frage der Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist zukunftsbezogen zu beantworten. Das schließt es aus, der Dauer der Betriebszugehörigkeit als solcher ohne nähere Betrachtung der mit ihr verbundenen Einschätzungen des künftigen betriebsdienlichen Zusammenwirkens Bedeutung beizumessen. Die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers setzt die Prognose einer schweren Beeinträchtigung des Austauschverhältnisses voraus (BAG 09.09.2010 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 60). Auflösungsgründe können insbes. solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243).

Die Gründe, die eine dem Betriebszweck dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien nicht erwarten lassen, können, müssen aber insgesamt nicht unbedingt im Verhalten, insbes. nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Vielmehr kommt es darauf an, ob die objektive Lage beim Schluss der mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz beim Arbeitgeber die Besorgnis aufkommen lassen kann, die weitere Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer sei gefährdet (BAG 23.06.2005 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 52; 10.07.2008 EzA § 1 KSchG Betriebsbedingte Kündigung Nr. 163; s. a. BAG 23.02.2010 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 58). Die danach erforderliche Gesamtabwägung aller Umstände, die für oder gegen die Prognose sprechen, muss zu dem Ergebnis führen, eine weitere, den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien sei nicht mehr zu erwarten (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 11. Aufl. 2013, Kap. 4., Rn. 3326).

Als Auflösungsgrund kommen, wie dargelegt, insbes. Beleidigungen, sonstige verletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzten oder Kollegen in Betracht (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243; LAG Köln 12.12.2008 - 11 Sa 777/08, AuR 2009, 224 LS; Gravenhorst NZA-RR 2007, 57 ff.). Ehrverletzende Äußerungen anlässlich einer prozessualen Auseinandersetzung der Arbeitsvertragsparteien können durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen gedeckt sein. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass Prozessparteien schon im Hinblick auf das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) alles vortragen dürfen, was als rechts-, einwendungs- oder einredebegründender Umstand prozesserheblich sein kann. Das gilt aber nur in den Grenzen der Wahrheitspflicht. Insbesondere dürfen nicht leichtfertig Tatsachenbehauptungen aufgestellt werden, deren Unhaltbarkeit ohne weiteres auf der Hand liegt (BAG 24.03.2011 EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 62 = NZA-RR 2012, 243).

Als Auflösungsgründe können zwar auch solche Tatsachen herangezogen werden, die die Kündigung selbst nicht rechtfertigen. Durch eine bloße Bezugnahme auf nicht ausreichende Kündigungsgründe genügt der Arbeitgeber allerdings noch nicht seiner Darlegungslast. Er muss dann vielmehr im Einzelnen vortragen und zusätzlich greifbare Tatsachen dafür vortragen, dass die nicht ausreichenden Kündigungsgründe einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen sollen, dass der Kündigungssachverhalt so beschaffen ist, dass eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit nicht erwarten lässt (BVerfG 22.10.2004, EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 49). Zwar ist es nicht notwendig, dass es sich um neue, erst nach Ausspruch der Kündigung eingetretene Tatsachen handelt; der Arbeitgeber muss aber darlegen, welche der zur Begründung der Kündigung vorgetragenen Tatsachen auch für den Auflösungsantrag herangezogen werden sollen. Denn nach dem Verhandlungsgrundsatz darf das Gericht seine Entscheidung nur solche Auflösungstatsachen zugrunde legen, die der darlegungspflichtige Arbeitgeber vorgebracht hat. Selbst offenkundige Tatsachen darf das Gericht nicht verwerten, wenn es sich nicht auf sie zur Begründung seines Auflösungsantrags berufen hat (BAG 16.05.1984 EzA § 9 KSchG n.F. Nr. 16).

Vorliegend hat die Beklagte im Berufungsverfahren den Auflösungsantrag gestellt und im Berufungsbegründungsschriftsatz die tatsächlichen Gründe benannt, auf den sie den Auflösungsantrag stützen möchte.

Die Beklagte hat insoweit in der Berufungsbegründung (Seite 11 letzter Absatz = Bl. 238 d. A.) ausgeführt:

"Aufgrund der geradezu anmaßenden Ausführungen des Klägers in seiner E-Mail vom 20.07.2015 sehen wir das Erfordernis hilfsweise einen Auflösungsantrag zu stellen." Weitere Ausführungen im Tatsächlichen fehlen; im weiteren Fortgang der Berufungsbegründungsschrift werden lediglich Rechtsausführungen getätigt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die E-Mail des Klägers vom 20.07.2015 (Bl. 247 d. A.) nicht geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, dass Gründe gegeben sind, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Im ersten Drittel der Mail äußert sich der Kläger gegenüber dem Vorstandsmitglied Herrn B. zwar kritisch im Hinblick auf den Entwurf eines Aufhebungsvertrages, irgendwelche die persönliche Integrität von Herrn B. in Zweifel ziehenden Ausführungen enthält die E-Mail insoweit aber ersichtlich nicht. Im weiteren Verlauf der E-Mail wird die Diktion zwar kritischer und enthält den Hinweis, dass dem Kläger aus seiner Sicht durch Nichterfüllung eine Vereinbarung ein erheblicher finanzieller Schaden entstehen kann. Des Weiteren kündigt der Kläger entsprechende Schadensersatzforderungen "hiermit" an. Ferner sieht er Herrn B. persönlich in der Verantwortung für eine beiderseitige vertragsgemäße Erfüllung "unseres Dienstverhältnisses und die Nichterfüllung unserer Vereinbarung". Warum dies geeignet sein soll, eine gedeihliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien auszuschließen, erschließt sich der Kammer nicht. Der Kläger hat sich im Hinblick auf Umstände, mit denen er nicht einverstanden ist, kritisch geäußert, er hat Verantwortung angemahnt und er hat entsprechende mögliche Schadensersatzforderungen geltend gemacht. Weder der Inhalt seiner Ausführungen noch die Diktion sind beleidigend, ehrverletzend. Vielmehr handelt es sich um die - vermeintliche - Wahrnehmung berechtigter Interessen, deren Würdigung durch die Beklagte die Kammer ausdrücklich nicht teilt.

Nach alledem war der Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

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