LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.04.2016 - 3 Sa 529/15
Fundstelle
openJur 2020, 18412
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 - 8 Ca 899/15 - aufgehoben und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 510,88 € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.489,88 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 24.07.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Weitergabe von tariflichen Lohnerhöhungen und über den Ausschluss entsprechender Ansprüche aufgrund tarifvertraglicher Verfallfristen.

Die 35-jährige Klägerin ist seit Juli 2008 bei der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt. Ihr Arbeitsvertrag vom 09.02.2010 enthält u.a. -hinsichtlich des weiteren Inhalts des formularmäßig abgeschlossenen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 10 ff. d. A. Bezug genommen- folgende Regelung:

"12. Verweisungsklausel

Im Übrigen finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages Einzelhandel Rheinland-Pfalz, des Lohn- /Gehaltstarifvertrages Rheinland-Pfalz und des Tarifvertrages über Sonderzahlungen im rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Dies gilt dann nicht mehr, wenn der Arbeitgeber im Falle eines Austritts aus dem Arbeitgeberverbandes oder im Falle eines Wechsels in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung nicht mehr tarifgebunden ist. In diesen Fällen ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o. g. Tarifverträge zwischen den Vertragsparteien gewollt. Der Arbeitnehmer hat dann keinen Anspruch auf Anpassung seiner Ansprüche aus dem Tarifvertrag hinsichtlich zukünftiger tariflicher Änderungen. Gleiches gilt im Falle eines Betriebsüberganges vom Zeitpunkt des Überganges des Arbeitsverhältnisses auf den neuen Arbeitgeber an. Auch hier ist nur eine statische Weitergeltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden o.g. Tarifverträge gewollt."

Diese Regelung ist als einzige der insgesamt 13 Ziffern des Vertragstextes insgesamt im Fettdruck gehalten.

Weiterhin enthält der Arbeitsvertrag folgende Regelung:

"13. Schussbestimmungen"

"Soweit einzelne Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam sind oder werden sollten, berührt dies die Wirksamkeit der Allgemeinen Regelungen im Übrigen nicht. An der Stelle der unwirksamen Bestimmung tritt eine Regelung, die dem Gewollten am nächsten kommt. Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis - mit Ausnahme solcher aus unerlaubter Handlung - verfallen, wenn sie nicht spätestens sechs Monate nach ihrer Fälligkeit schriftlich gegenüber dem Vertragspartner geltend gemacht werden.

Unterbleibt eine Reaktion des Vertragspartners oder lehnt er die Ansprüche schriftlich ab, so verfallen die Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von weiteren 3 Monaten nach Fristablauf oder nach Zugang der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht werden."

Die Beklagte betreibt in der M.-straße in K. ein großes Einkaufscenter. Die Klägerin wurde in der Vergangenheit nach der Gehaltsgruppe G II Stufe 6 bei 162 Arbeitsstunden im Monat eingruppiert und vergütet. In der Folgezeit erhöhte die Beklagte auch jeweils die Vergütung entsprechend dem jeweils gültigen Entgelttarifvertrag für den Einzelhandel in Rheinland-Pfalz.

Mit Schreiben vom 16.06.2011 wandte sich die Beklagte an die Beschäftigten, unter anderem auch an die Klägerin, und wies darauf hin, dass die Beklagte in K. nicht tarifgebunden sei. In diesem Schreiben heißt es u.a.:

"Wenngleich wir in K. nicht tarifgebunden sind und bis dato weder mit ver.di noch mit unserem Betriebsrat eine gemeinsame Lösung zu finden war, geben wir Ihnen hiermit freiwillig folgende Zusicherung:

1. Wir werden Sie auch nach dem 30.06.2011 entsprechend den Regelungen des gültigen rheinland-pfälzischen Einzelhandeltarifvertrags vergüten.

2. Sobald in 2011 ein neuer Gehalts- und Lohntarifvertrag für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel abgeschlossen ist, wird auch dieser neue Tarifvertrag mit den darin enthaltenen Regelungen - insbesondere den Lohn- und Gehaltserhöhungen - Anwendung auf Ihr Arbeitsverhältnis finden."

Mit Schreiben vom 12.09.2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zusage vom 16.06.2011 auch selbstverständlich für den MTV des rheinland-pfälzischen Einzelhandels gelte (vgl. Bl. 22 d. A.). Ab dem 01.08.2013 wurden die tariflichen Gehälter um 3 % angehoben und ab dem 01.05.2014 um weitere 2,1 %.

Die Klägerin hat die Zahlung dieser Erhöhungen mit Schreiben vom 03.03.2014 gegenüber der Beklagten schriftlich geltend gemacht. Das formularmäßig vorgefertigte Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

"Geltendmachung des aktuellen Tarifvertrages Einzelhandel RheinlandpfalzTariferhöhung Rückwirkend zum 01.08.2013 von 3 % sowie die zu erwartende Erhöhung von 2,1 % ab 01.05.14.Sehr geehrter Herr W.Ich möchte sie bitten mir die vorgenannte Tariferhöhung mit der nächsten Gehaltsauszahlung auszuzahlen.Meinen Anspruch mache ich geltend auf Basis des von Ihnen an mich gesendeten Schreibens vom 16.06.2011 zum Gehaltstarifvertrag sowie dem Schreiben vom 12.09.11, zum Manteltarifvertrag Einzelhandel Rheinland-Pfalz.Ebenso ergibt sich der Anspruch aus meinem Arbeitsvertrag, der eine dynamische Verweisklausel enthält. Der Gesamtbetrag der Geltendmachung beläuft sich auf 510,88 Euro.Ich bitte sie mir bis zum 15.03.14 meinen Anspruch zu bestätigen."

Die Beklagte hat die geltend gemachten Ansprüche mit Schreiben vom 18.03.2014 (Bl. 41 d. A. ) zurückgewiesen.

Abzüglich der von der Beklagten geleisteten Zahlungen ergibt sich für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 eine rechnerisch zwischen den Parteien unstreitige Differenz von 510,88 Euro und für den Zeitraum März 2014 bis Juni 2015 eine Differenz von 1.489,88 Euro brutto.

Die Klägerin hat vorgetragen,der von ihr geltend gemachte Anspruch folge aus dem Arbeitsvertrag selbst. Denn darin sei vereinbart, dass die jeweiligen rheinland-pfälzischen Lohn- und Gehaltstarifverträge für den Einzelhandel Anwendung finden. Die dort vorgesehene Ausnahme bzw. das Ende der dynamischen Verweisungsklausel sei nicht gegeben. Daneben habe die Beklagte mit Schreiben vom 16.06.2011 zusätzlich ausdrücklich erklärt, dass die rheinland-pfälzischen Tarifverträge weiterhin Anwendung fänden. Diese Zusage habe die Beklagte in der Vergangenheit auch tatsächlich umgesetzt. Das Wort "freiwillig" in diesem Zusammenhang solle lediglich bedeuten, dass die Beklagte freiwillig diese Zusage gegeben habe. Es habe sie auch keiner dazu zwingen können, diese Zusage zu geben. Die Freiwilligkeit bedeute aber keineswegs, dass sich die Beklagte nicht verpflichtet habe.

Die Ansprüche seien auch nicht verfallen. Denn die Klägerin habe mit der Geltendmachung vom 03.03.2014 auch die zukünftige Lohnerhöhung geltend gemacht. In Ausnahmefällen -wie vorliegend- sei auch bereits die Geltendmachung zukünftiger Lohnerhöhungen vor deren Entstehung möglich.

Im Übrigen handele es sich bei der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist um eine versteckte Klausel.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 510,88 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 19.03.2014 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.489,88 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB seit 24.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen, aus dem Schreiben vom 16.06.2011 lasse sich keineswegs entnehmen, dass dynamisch und dauerhaft verbindlich die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel, insbesondere die Lohn- und Gehaltstarifverträge, auch über 2011 hinaus Anwendung finden sollten. Dies hätten die Arbeitnehmer auch so aufgefasst und sei von ver.di selbst gegenüber den Mitgliedern so kommuniziert worden. Es sei in dem Schreiben auch ausdrücklich nur von der Einzahl der Weitergeltung des nächsten Tarifvertrages die Rede und nicht von den folgenden Tarifverträgen.

Aus dem Arbeitsvertrag werde außerdem deutlich, dass die Beklagte gerade keine dynamische Weitergeltung von Tarifverträgen gewollt habe.

Die Ansprüche seien zudem insgesamt nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Die Klausel sei keineswegs überraschend und - direkt über der Unterschrift - auch nicht versteckt. Die gerichtliche Geltendmachung sei nach der schriftlichen Ablehnung der Ansprüche von März 2014 viel zu spät erfolgt und die übrigen Ansprüche seien zudem erstmals überhaupt mit der Klage, die hier streitgegenständlich sei, geltend gemacht worden.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die Beklagte darauf hin durch Urteil vom 27.10.2015 - 8 Ca 899/15 - verurteilt, an die Klägerin 247,50 € brutto zuzüglich Zinsen zu zahlen und die weitergehende Klage abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 84 - 91 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 05.11.2015 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch am 04.12.2015 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 04.02.2016 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet, nachdem zuvor durch Beschluss vom 30.12.2015 auf ihren begründeten Antrag hin die Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 05.02.2016 einschließlich verlängert worden war.

Die Klägerin wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und heb insbesondere hervor, die Klausel im Arbeitsvertrag unter Ziff. 13 sei ungewöhnlich und überraschend; die Klägerin habe mit ihr nicht rechnen müssen. Aufgrund der fettgedruckten Verweisungsklausel auf die maßgeblichen Tarifverträge habe die Klägerin nicht damit rechnen müssen, dass davon abweichend im Arbeitsvertrage eine weitergehende Verfallklausel vereinbart worden sei. Die zweite Stufe der Verfallfrist, auf die sich die Beklagte berufe, sei nach dem Erscheinungsbild des Vertrages in den Schlussbestimmungen "versteckt". Für diese Auslegung spreche auch der Aufbau des Arbeitsvertrages, der in Ziffer 1 - 11 die einzelnen arbeitsvertraglichen Bestimmungen und Regelungen enthalte und ergänzend in Ziffer 12 auf die maßgeblichen Tarifverträge Bezug nehme. Ohne ausdrückliche Hervorhebung in einem weiteren Punkt habe die Klägerin nicht damit rechnen müssen, dass in den Schlussbestimmungen, die eine übliche salvatorische Klausel enthalte, noch von den Tarifverträgen abweichende Bestimmungen, die zum Erlöschen von Ansprüche führen könnten, geregelt seien.

Die Ansprüche seien für die Zukunft wirksam geltend gemacht worden. Eine entsprechende Geltendmachung bereits vor der Entstehung eines Anspruchs sei möglich, wenn - wie vorliegend - bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden könne. Durch die einmalige Geltendmachung könne die Ausschlussfrist dann auch im Hinblick auf noch nicht entstandene Ansprüche gewahrt sein. Diese Auslegung von Ausschlussfristen sei insbesondere dann geboten, wenn um die stets gleiche Berechnungsgrundlage von im Übrigen unstreitigen Ansprüchen gestritten werde. Davon sei vorliegend auszugehen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 04.02.2016 (Bl. 121 - 125 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 27.10.2015 -8 Ca 899/15- teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.753,26 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 24.07.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussklausel sei nicht überraschend. Denn Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen seien üblich und im Arbeitsleben weit verbreitet. Sie benachteiligten den Arbeitnehmer auch nicht unangemessen, sofern sie für beide Parteien gelten und ausreichend lange Fristen enthalten. Die Klausel zu den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen sei auch nicht versteckt platziert. Die Platzierung am Vertragsende stelle zudem gerade kein "Verstecken" dar, sondern spreche für eine besondere Wahrnehmbarkeit der Klausel. Die Klausel sei auch nicht wegen anderer Regelungen im gleichen Paragrafen überraschend. Nichts anderes gelte für den Umstand, dass Ziffer 12 des Arbeitsvertrages in Fettdruck gehalten sei. Schließlich sei die Ausschlussklausel auch teilbar, d. h. sofern man aufgrund der fehlenden textlichen Absätze der ersten Stufe der Ausschlussklausel von einer überraschenden Klausel ausgehe, sei jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet sowohl textlich abgesetzt als auch allein für sich inhaltlich sinnvoll und nach dem Bluepencil-Test wirksam.

Hilfsweise und für den Fall, dass jedenfalls die tarifliche Ausschlussfrist aus dem Manteltarifvertrag des Einzelhandels eingreife, berufe sich die Beklagte entgegen der Auffassung der Klägerin zusätzlich darauf, dass bereits die erste Stufe der Ausschlussfrist nicht eingehalten worden sei. Denn durch das Geltendmachungsschreiben vom 03.03.2014 seien lediglich die Ansprüche für den Zeitraum von August 2013 bis Februar 2014 umfasst. Ein bestehender Anspruch sei insbesondere und gerade für die "zu erwartende Erhöhung" nicht gegeben. Insoweit habe es einer erneuten Geltendmachung bedurft.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 08.03.2016 (Bl. 142 - 153 d. A) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 25.04.2016.

Gründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Denn entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts ist die Klage voll umfänglich begründet. Die Klägerin kann deshalb die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 510,88 € brutto und weiteren 1489,88 € brutto, jeweils nebst Zinsen, verlangen.

Mit dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Zahlung nach dem Tarifvertrag aus Ziffer 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrags ergibt.

Danach sind auf das Arbeitsverhältnis dynamisch die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung anwendbar. Dem steht Ziffer 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages, wonach eine dynamische Weitergeltung der tarifvertraglichen Gehaltsvorschriften bei Wegfall der Tarifbildung nicht mehr gegeben sein soll, nicht entgegen. Denn diese Klausel beinhaltet eine auflösende Bedingung i. S. v. § 158 Abs. 2 BGB, wobei deren Eintritt jedoch bereits von vorneherein wegen der bereits bei Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten unmöglich war. Die Wirksamkeit der in Ziffer 12 Satz 1 vereinbarten dynamischen Bezugnahme bleibt davon unberührt. Ein Rechtsgeschäft, das mit einer unmöglichen auflösenden Bedingung versehen wurde, ist von Anfang an als voll wirksam anzusehen (LAG R.-P. 28.01.2015 - 4 Sa 487/14 -).

Nichts anderes ergibt sich auch nach einer Auslegung der betreffenden Vertragsklausel. Insoweit handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB. Dafür spricht, insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, bereits das äußere Erscheinungsbild und eine tatsächliche Vermutung, der keine der Parteien entgegen getreten ist. Erst Recht bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Klausel von der Klägerin in den Arbeitsvertrag eingeführt worden wäre (§ 310 Abs.3 Nr. 1 BGB).

Insoweit gilt zusammengefasst Folgendes:

§§ 305 ff. BGB gelten nur für AGB, das sind Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen (mindestens drei; BAG 25.05.2005 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 3) vorformuliert sind, und die der Verwender i.d.R. der Arbeitgeber, der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Arbeitsvertrags oder dessen Änderung stellt (§ 305 Abs. 1 BGB). Aus dem äußeren Erscheinungsbild und dem Inhalt typisierter Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein für das Vorliegen von AGB ergeben (BAG 01.03.2006 EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 48m.Anm. Natzel SAE 2006, 225). Für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Bedingungen liegen auch bereits dann vor, wenn eine Partei - einmalig - die von einem anderen vorformulierten Vertragsbedingungen benutzt, selbst wenn die Partei eine mehrfache Verwendung nicht plant (s. BGH 16.11.1990 NJW 1991, 843; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 22). Andererseits sind typische Erklärungen, die ein Arbeitgeber abgibt, nicht notwendig Allgemeine Geschäftsbedingungen. Nimmt der Arbeitgeber durch Schreiben, die für eine Mehrfachverwendung vorgesehen sind, inhaltsgleiche Änderungsangebote mehrerer Arbeitnehmer an, stellt er den Arbeitnehmern keine Vertragsbedingungen i.S.v. § 305 Abs. 1 S. 1 BGB (BAG 20.05.2008 - 9 AZR 271/07, FA 2008, 318, vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, Handbuch des Fachanwalts für Arbeitsrecht, 13. Aufl., 2016, Kap. 1 Rz. 676 ff.).

Der Arbeitgeber muss die Vertragsbedingungen stellen, d. h. er muss konkret die Einbeziehung in den Arbeitsvertrag verlangen (s. BAG 28.05.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 3). Nicht entscheidend ist, in welcher Form die gestellte Vertragsbedingung nach außen hin erscheint. AGB liegen auch vor, wenn ein im PC gespeichertes Formular verwendet wird, das einen individuellen Anschein erweckt. Ein Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt auf einer Gehaltsabrechnung oder in einem Schreiben, mit der eine Sonderzahlung gewährt wird, ist ebenso kontrollfähig (BAG 18.03.2009 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 43). wie die Bedingungen einer betrieblichen Übung, auch wenn sie nicht schriftlich festgehalten worden sind (BAG 27.08.2008 EzA § 4 TVG Tariflohnerhöhung Nr. 49; LAG Bln-Bra. 08.12.2011 LAGE § 307 BGB 2002 Nr. 28; s.a. Ricken DB 2006, 1374 ff.). Auch eine mündliche Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist also eine AGB (BAG 16.05.201 EzA § 611 BGB 2002 Mehrarbeit Nr. 5 = NZA 2012, 908). Ebenso unterliegen die Bedingungen einer Gesamtzusage der Inhaltskontrolle (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 22).

Auslegung geht der Inhaltskontrolle stets voraus. Im Wege einer objektiven Auslegung ist der Kontrollgegenstand zu präzisieren. Sie kann durch das BAG als Revisionsgericht erfolgen (BAG 01.02.2006 EzA § 611BB 2002 Nettolohn, Lohnsteuer Nr. 2; 31.08.2005 EzA § 6 ArbZG § 6 Nr. 6); eine vom LAG vorgenommene Auslegung von AGB unterliegt also der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch das BAG (BAG 24.01.201 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 20). Klauseln sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von einem verständigen und redlichen Vertragspartner unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden (BAG 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19). Dabei sind die Verständnismöglichkeiten nicht des konkreten, sondern des durchschnittlichen Vertragspartners zugrunde zu legen, d. h des typischerweise bei Arbeitsverträgen zu erwartenden nicht rechtskundigen Arbeitnehmers (BAG 24.10.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 26; 19.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 344; 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19). Für das Auslegungsergebnis von Bedeutung ist auch der von den Vertragsparteien verfolgte typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Regelungszweck (BAG 15.02.2011 EzA § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung Nr. 9), denn der Vertragspartner des Verwenders kann auf den Inhalt der AGB, die für eine Vielzahl von Fallgestaltungen vorformuliert worden sind und gerade unabhängig von den Besonderheiten des Einzelfalls zur Anwendung kommen sollen, keinen Einfluss nehmen (BAG 04.08.2011 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 19).

Die Auslegung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Inhaltskontrolle zunächst nicht auf der Grundlage einer kundenfreundlich ausgelegten Klausel durchzuführen ist. Erst wenn die Klausel nach den §§ 307-309 BGB gleichwohl Bestand, ist im Individualprozess die kundenfreundlichste Interpretation maßgebend (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 31; s.a. Preis/Roloff RdA 2005, 144); Voraussetzung dafür ist, dass nicht behebbare Zweifel verbleiben (BAG 19.10.2011 EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 11). Führt die objektive Auslegung zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, greift die Unklarheitenregelung (§ 305 c Abs. 2 BGB) mit der Folge der arbeitnehmerfreundlichsten Auslegung ein (BAG 19.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 34). Die Anwendung der Unklarheitenregelung de § 305 c As. 2 BGB setzt aber voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keine den klaren Vorzug verdient (BAG 20.01.2010 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 18; 09.02.2011 EzA § 311 a BGB 202 Nr. 2; 19.10.2011 EzA § 1 KSchG Wiedereinstellungsanspruch Nr. 11; 24.01.2013 EzA § 305 c BGB 2002 Nr. 20; s.a. BAG 23.02.2011 - 10 AZR 101/10, EzA-SD 10/2011, S. 6 LS; Anrechnung von Vordienstzeiten EuroBerlin nicht unklar).

Bei der Auslegung können Begleitumstände, die nur den konkreten Vertragspartnern erkannt sind oder die den konkreten Einzelfall kennzeichnen grds. nicht berücksichtigt werden. Zur Auslegung heranzuziehen sind demgegenüber Begleitumstände dann, wenn sie nicht ausschließlich die konkrete Vertragsabschlusssituation betreffen, sondern den Abschluss einer jeden vergleichbaren Abrede begleiten (BAG 15.02.2011 EzA § 1 BetrAVG Betriebsvereinbarung Nr. 9).

Typisierte Vertragsklauseln müssen nicht nur bei der Auslegung, sondern auch im Rahmen der Inhaltskontrolle typisierenden und generalisierenden Wertungen unterzogen werden. Die Auslegung geht der Inhaltskontrolle vor. Hat eine Vertragsklausel einen unangemessen benachteiligenden Inhalt, ist es für die Wirksamkeit der Klausel nicht ausschlaggebend, ob sich der benachteiligende Inhalt auch im konkreten Einzelfall tatsächlich auswirkt. Entscheidend ist, welche Rechte nach dem konkreten Inhalt der Klausel geltend gemacht werden können und welche Folgen sich daraus bei genereller Betrachtung ergeben (s. BGH 23.06.1988 ZIP 1988, 1126; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42). Auf Grund der Einordnung von Arbeitnehmern als Verbraucher ist dieser Prüfungsmaßstab nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB aber durch die Berücksichtigung konkret individueller Umstände des Vertragsschlusses zu ergänzen (BAG 31.08.2005 EzA § 6 ArZG Nr. 6; 07.12.2005 EzA § 12 TzBfG Nr. 1). Es kommt also auf die persönlichen Eigenschaften, die Geschäftserfahrung und Verhandlungsstärke, die Beurteilungsfähigkeit, das Angewiesensein auf die Leistung, auf intellektuelle Stärken und Schwächen sowie auf die konkrete Situation des Vertragsschlusses an, also z.B. darauf, ob der Verwender seinen Vertragspartner überrascht, überrumpelt oder den wahren Vertragsinhalt verschleiert hat (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42).

§ 310 As. 3 Nr. 3 BGB beseitigt also nicht den generell-abstrakten Prüfungsmaßstab, sondern ergänzt ihn. Die Umstände des Vertragsschlusses allein können nicht die Unwirksamkeit der Klausel begründen, auch inhaltliche Kriterien müssen Bedenken gegen sie begründen, ohne zur Unwirksamkeit zu führen. Erst auf einer zweiten Ebene können die Umstände des Vertragsschlusses den Ausschlag geben, so dass eine unangemessene Benachteiligung angenommen werden kann. Damit kann gem. § 310 As. 3 Nr. 3 BGB flexibel reagiert werden, um z.B. Vertragsgestaltungen mit erfahrenen Spitzenkräften und leitenden Angestellten zurückhaltend zu kontrollieren (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 42).

Gem. § 307 Abs.2 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbarten ist. Dahinter steht die Idee des Leitbildes des dispositiven Rechts. Die Anwendung im Arbeitsrecht ist nicht einfach, weil es zum großen Teil zwingend ist oder aus Richterrecht besteht. Andererseits erkennt auch die Zivilrechtsprechung die von ihr entwickelten Rechtsgrundsätze als gesetzliches Leitbild an (s. BGH 10.12.1992 BGHZ 121, 14, 18), was auf das Arbeitsrecht übertragen werden kann (s. ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 43).

Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Zweifel auch dann vor, wenn wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben (sog. Kardinalpflichten), so eingeschränkt werden, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (s. z.B. BAG 25.04.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 20; Freiwilligkeitsvorbehalt).Bei Verzichtserklärungen und Ausschlussfristen kann ein Verstoß gegen § 307 As. 2 Nr. 2 BGB darin liegen, dass die Klauseln zum Erlöschen der vertraglichen Hauptleistungspflicht führen können (BAG 28.09.2005 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 8; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 43; s. Preis/Sagan NZA 2012, 697 ff. Bauer/von Medern NZA 20122, 894 ff.).

Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB greift nicht bei normwiederholenden Klauseln und Preisabreden (§ 307 Abs. 3 S.2 BGB) sowie bei Bezugnahmen auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen (trotz § 310 Abs. 4 S. 3 BGB; BAG 28.06.2007 EzA § 310 BGB 2002 Nr. 5) ein. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass eine Vertragsbestimmung nicht klar und verständlich ist. Das Transparenzgebot ist Bestandteil der Angemessenheitskontrolle (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 44). Das Transparenzgebot schließt das Bestimmtheitsgebot ein. Danach müssen die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschrieben werden, dass für den Verwender keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (BAG 14.11.2012 EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 34; 01.09.201 - 5 AZR 517/09, EzA § 307 BGB 2002 Nr. 50). Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB (BAG 14.11.201 EzA § 611 BGB 2002 Gratifikation, Prämie Nr. 34; 18.05.2011 - 10 AZR 206/10; 10.12.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 40)

Gem. § 306 Abs. 1 BGB bleibt in Abweichung von § 139 BGB bei Teilnichtigkeit grds. der Vertrag im Übrigen aufrechterhalten; dieser Grundsatz gilt im Arbeitsrecht allgemein. Soweit die Klausel nicht teilbar ist, tritt an ihre Stelle das Gesetz (§ 306 Abs. 2 BGB). Die Teilbarkeit der Klausel ist durch eine Streichung des unwirksamen Teils mit einem blauen Stift zu ermitteln (Blue-Pencil-Test; BAG 21.04.2005 EzA § 309 BGB 2002 Nr. 3; 19.12.2006 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 17; 12.03.2008 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 33; s.a. LAG Köln 03.08.2010LAGE § 4 ArbZG Nr. 2; LAG Hessen 26.07.2010 - 7 a 1881/09, EzA-SD 22/2010 S. 10 LS).

Sprachliche Unteilbarkeit spricht im Übrigen für inhaltliche Unteilbarkeit. Sprachliche Teilbarkeit ist dagegen nur ein Indiz für inhaltliche Teilbarkeit. Um eine Umgehung des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion zu vermeiden, ist zu prüfen, ob der Klauselteil üblicherweise nicht selbständig vorkommt oder ob eine gekünstelte Aufspaltung der Klausel vorliegt. Die unzulässige Vertragsstrafenregelung wegen schuldhaft vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers kann z. B. unter Aufrechterhaltung der Klausel im Übrigen gestrichen werden, wenn daneben an den Nichtantritt oder die Lösung des Arbeitsverhältnisses unter Vertragsbruch angeknüpft wird (ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 103; a. A: DBD/Bonin § 306 Rn. 12).

Im Übrigen gilt das Verbot geltungserhaltender Reduktion unangemessener Klauseln (BAG 04.03.204 EzA § 309 BGB 2002 Nr. 1; 12.01.2005 EzA § 308 BGB 2002 Nr. 1; 25.05.2005 EzA § 306 BGB 202 Nr. 1; LAG Nbg. 12.01.2011 - 4 Sa 437/10, AuR 2011, 221 LS; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 104). Wer den Spielraum der Vertragsfreiheit durch AGB nutzt, muss das volle Risiko der Unwirksamkeit der Klausel tragen. Eine geltungserhaltende Reduktion ist aber dann möglich, wenn Normen eine Aufrechterhaltung unwirksamer Abreden ausdrücklich zulassen (s. z.B. § 622 As. 6 BGB i. V. m. § 89 Abs. 2 S. 2 HGB, § 74 a Abs. 1 S. 2 HGB; ErfK/Preis §§ 3055-310 BGB Rn. 104).

Nur ausnahmsweise ist auch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB als Anwendung dispositiven Rechts nach § 306 Abs. 2 BGB möglich (instr. Bieder NZA 2011, Beil Nr. 3/2011 S. 142 ff.).

Das setzt aber voraus, dass die Anwendung der gesetzlichen Vorschriften keine angemessene, den Interessen der Parteien Rechnung tragende Lösung bietet, so dass der Regelungsplan der Vertragspartner infolge der Lücke einer Vervollständigung bedarf (BGH 03.11.1999 NJW 2000, 1110); Voraussetzung für eine ergänzende Vertragsauslegung ist, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit aufweist (BAG 17.10.2012 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 89). Hinzukommen muss, dass ein ersatzloser Wegfall der unwirksamen Klausel keine sachgerechte Lösung darstellt (BAG 28.11.2007 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 30; 07.07.2010, 09.06.2010 EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 49, 50; 16.11.2011 - 45 AZR 246/10, EzA-SD 8/2012 S. 7 LS; LAG Köln 03.08.2010 LAGE § 4 ArbZG Nr. 2; ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 104; Günther ZTR 2011, 203 ff.). Bei unwirksamen Bestimmungen in AGB hat die ergänzende Vertragsauslegung ebenso wie die Auslegung und Inhaltskontrolle solcher Bestimmungen nach einem objektiv-generalisierenden Maßstab zu erfolgen, der am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise (und nicht nur der konkret beteiligten Parteien) ausgerichtet sein muss. Die Vertragsergänzung muss deshalb für den betroffenen Vertragstyp als allgemeine Lösung eines stets wiederkehrenden Interessengegensatzes angemessen sein. Es ist zu fragen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragsparteien vereinbart hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Klausel bekannt gewesen wäre (BAG 11.10.2006 EzA § 308 BGB 2002 Nr. 6; 25.04.2007 EzA § 307BGB 2002 Nr. 20; 17.10.2012 EzA § 307 BGB 2002 Nr. 89).

In Anwendung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass der Wortlaut der auflösenden Bedingung in § 12 Satz 2 des Arbeitsvertrages eindeutig ist. Er ist ausschließlich zukunftsbezogen formuliert, was sich schon aus der Formulierung "dies gilt dann nicht mehr, wenn" und der Formulierung "nicht mehr tarifgebunden ist" ergibt. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vereinbarte dynamische Weitergeltung der tarifvertraglichen Vorschriften von vorneherein bereits wegen der bei dem Vertragsschluss fehlenden Tarifbindung der Beklagten nicht zu Stande kommen sollte.

Die streitgegenständlichen Ansprüche sind dem Umfang und der Höhe nach zwischen den Parteien rechnerisch unstreitig.

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Arbeitsgerichts sind sie auch nicht insgesamt bzw. überwiegend nach Maßgabe einer anzuwenden Ausschlussfrist verfallen.

Das Arbeitsgericht hat insoweit in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt:

" c) Die Ansprüche vor April 2015 sind jedoch nach der arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Für die im Schreiben vom 03.03.2014 zweifellos geltend gemachten Ansprüche in Höhe von 510,88 Euro fehlt es an der gerichtlichen Geltendmachung nach der Ablehnung. Nach Auffassung der Kammer ist die Klausel nicht überraschend, denn die Regelung von Verfallfristen in Arbeitsverträgen ist durchaus üblich. Nachdem die Beklagte nicht aufgrund einer Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband tarifgebunden war, durfte auch von der tarifvertraglichen Klausel zu Lasten der Klägerin abgewichen werden.

Die Klausel ist auch nicht versteckt. Vielmehr befindet sie sich an der Stelle, die noch einmal unmittelbar vor der Unterzeichnung wahrgenommen wird. Allerdings folgt das Gericht der Auffassung der Klägerin, dass in dem Schreiben vom 03.03.2014 auch die Geltendmachung für die Zukunft liegt. Dann hat aber auch die Ablehnung der Beklagten diese Ansprüche erfasst, weshalb die gerichtliche Geltendmachung in der vorliegenden Klage nur noch die letzten drei Monate betraf. Daraus ergibt sich der Betrag von 247,50 Euro."

Dem vermag die Kammer nur teilweise im Ergebnis zu folgen. Denn zwar ist in dem Schreiben der Klägerin vom 03.03.2014 auch die Geltendmachung der streitgegenständlichen Beträge für die Zukunft zu sehen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und der Beklagten sind die Ansprüche der Klägerin aus der Zeit vor April 2015 jedoch nicht nach Maßgabe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist verfallen. Eine gerichtliche Geltendmachung war nicht erforderlich.

§ 12 Satz 1 des schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Formulararbeitsvertrages enthält, wie dargelegt, eine für das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien rechtsverbindliche dynamische Bezugnahme auf die Tarifverträge für den rheinland-pfälzischen Einzelhandel in der jeweils gültigen Fassung. Dessen MTV sieht eine einstufige Ausschlussfrist vor, die voll inhaltlich der in Ziffer 13 des Formulararbeitsvertrages enthaltenen ersten Stufe der Ausschlussfrist entspricht; eine zweite Stufe, die eine gerichtliche Geltendmachung nach Ablehnung verlangt, ist dort nicht vorgesehen. Damit enthält der Formulararbeitsvertrag zwei Ausschlussfristenregelungen, die inhaltlich - hinsichtlich der zweiten Stufe - erheblich voneinander abweichen. Beide beanspruchen nach dem Wortlaut der vertraglichen Regelung jedoch Geltung. Die objektive Auslegung führt zu keinem eindeutigen, sondern zu einem mehrdeutigen Ergebnis, nämlich dem gleichwertigen Geltungsanspruch beider inhaltlich unterschiedlicher Ausschlussfristen. Beide Ergebnisse erscheinen vertretbar, also sowohl die Anwendung von Ziffer 12, ebenso wie die Anwendung von Ziffer 13 des Formularvertrages, und von diesen verdient keine den klaren Vorzug. Insofern ist deshalb davon auszugehen, dass die in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe der Ausschlussfrist nach Maßgabe des sog. Blue-Pencil-Tests zu streichen ist. Das gleiche Ergebnis lässt sich auch durch eine ergänzende Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB erzielen. Soweit die Beklagte im Berufungsverfahren die Auffassung vertreten hat, die Teilbarkeit der Ausschlussklausel habe zur Folge, dass jedenfalls die zweite Stufe der Ausschlussklausel für sich betrachtet, allein für sich auch inhaltlich sinnvoll und damit nach dem Blue-Pencil-Test wirksam sei, folgt die Kammer dem nicht. Denn die hier festzustellende Unklarheit der formularvertraglichen Regelung besteht gerade darin, dass nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann, ob sich die Ausschlussklausel aus Ziffer 12 oder aber aus Ziffer 13 des Arbeitsvertrages ergibt. Dann liegt es nahe, die in beiden Ziffern gleichlautend vorgesehene erste Stufe als wirksam anzusehen und aufrechtzuerhalten, die nur in Ziffer 13 enthaltene zweite Stufe dagegen zu streichen. Folglich bedurfte es einer gerichtlichen Geltendmachung vorliegend nicht.

Mit dem Schreiben vom 03.03.2014 hat die Klägerin schließlich entgegen der Auffassung der Beklagten auch die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht fälligen Ansprüche, soweit streitgegenständlich, rechtzeitig geltend gemacht. Insoweit gilt Folgendes:

Für den Beginn der Ausschlussfrist wird zumeist auf die Fälligkeit des Anspruchs -grds. unabhängig von der Kenntnis des Arbeitnehmers vom Bestehen des Anspruchs (BAG 13.12.2007 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 189) - abgestellt (s. BAG 14.03.2012 - 10 AZR 172/11, NZA-RR 2012, 480 = ZTR 2012, 518); davon ist insbes. dann auszugehen, wenn die Arbeitsvertragsparteien diesen Zeitpunkt nicht ausdrücklich festgelegt haben (BAG, 18.03.2003, NZA 2003, 1359 LS). Insoweit ist z.B. ein Anspruch auf Vergütung aus einem Arbeitszeitkonto frühestens zum Ablauf des Verteilungszeitraums fällig, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt eine Ausschlussfrist zu laufen beginnt (LAG Nds. 29.04.2005, NZA-RR 2005, 589). Die an die Eingruppierung anknüpfende Ausschlussfrist läuft insoweit nicht an, wenn der Arbeitgeber gar keine Tarifgruppe wählt, sondern einen Stundenlohn zugrunde legt, der keiner Tarifgruppe und keiner Tarifstufe entspricht (BAG 11.02.2009 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 194; vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz/Baeck/Hoß, a.a.O., Kap. 3 Rn. 4719 ff.).

Die Fälligkeit i.S. einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist kann von einer Abrechnung durch den Anspruchsgegner abhängen. Das ist dann der Fall, wenn der Anspruchsberechtigte die Höhe seiner Ansprüche ohne diese Abrechnung nicht erkennen kann (BAG 27.02.2002 EzA § 138 BGB Nr. 30). Fälligkeit einer tariflichen Leistung (z.B. einer Abfindung) tritt erst dann ein, wenn der maßgebende Tarifvertrag wirksam geworden, also unterzeichnet worden ist (§§ 1 Abs. 2 TVG, 126 Abs. 2 BGB). Denn eine Leistung ist erst fällig, wenn der Gläubiger sie verlangen kann (BAG 20.03.1997 NZA 1997, 896).

Eine Geltendmachung kann aber auch vor Fälligkeit erfolgen (BAG 20.06.2002 EzA § 611 BGB Arbeitgeberhaftung Nr. 11); sie ist andererseits aber grds. erst dann möglich, wenn der Anspruch bereits entstanden ist (BAG 10.07.2003 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 168; 11.12.2003 EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170; 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014S. 15 LS). Abgesehen von dem Sonderfall der fristwahrenden Geltendmachung durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist (z.B. im Rahmen des § 18 Abs. 4 TV-DRK für die Geltendmachung von Überstundenvergütung) eine die tarifliche Ausschlussfrist wahrende Geltendmachung vor dem Entstehen des Anspruchs grds. nicht möglich (BAG 22.01.2009 - 6 AZR 5/08, NZA-RR 2010, 54 LS; 09.03.2005 EzA § 4 TVG Rotes Kreuz Nr. 5). Ein Anspruch auf Abfindung nach § 113 Abs. 2 BetrVG wird auch dann mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig, wenn über die Kündigung, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat, noch ein Kündigungsschutzprozess anhängig ist und später rechtskräftig die Wirksamkeit der Kündigung festgestellt wird (BAG 03.08.1982 EzA § 113 BetrVG 1972 Nr. 10).

Eine tarifliche Ausschlussfrist kann allerdings ausnahmsweise durch Geltendmachung des Anspruchs auch vor dessen Entstehung gewahrt werden, wenn der Zweck der tariflichen Ausschlussfrist auch dann erreicht wird (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014 S. 15 LS; LAG Hmb. 08.07.2014 LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3), wenn der Arbeitgeber also unzweifelhaft erkennen kann, welche Ansprüche der Arbeitnehmer geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen diese abhängen (LAG Hmb. 08.07.2014 LAGE Art. 9 GG Koalitionsfreiheit Nr. 3). Das kommt z. B. dann in Betracht, wenn die Erfüllung von konkreten gegenwärtigen und künftigen Ansprüchen auf einer bestimmten Berechnungsgrundlage verlangt wird und nur diese zwischen den Parteien streitig ist. Besteht z.B. Streit ausschließlich über die Berechnungsgrundlage von tariflichen Zeitzuschlägen und werden Anzahl und Art der zuschlagpflichtigen Stunden durch Aufnahme in eine Lohnabrechnung streitlos gestellt, kann die einmalige Geltendmachung einer anderen Berechnung der Zeitzuschläge ausreichen, um den Verfall auch von künftigen Ansprüchen durch eine tarifliche Ausschlussfrist zu verhindern (BAG, 16.01.2013 - 10 AZR 863/11, EzA-SD 8/2013 S. 11 = NZA 2013, 976). Streiten die Parteien eines Arbeitsvertrages über die Höhe des monatlichen Entgelts und liegt diesem Streit lediglich und ausschließlich die Frage der - immer gleichbleibenden - Berechnungsweise zugrunde, kann die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung des Arbeitnehmers zutreffenden Berechnungsgrundlage auch für später entstehende Zahlungsansprüche ausreichen. In einem solchen Fall besteht für den Schuldner kein Zweifel darüber, was der Gläubiger von ihm verlangt (BAG 03.07.2013 - 4 AZR 476/12, EzA-SD 5/2014 S. 15 LS).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Beklagte konnte unzweifelhaft erkennen, welche Ansprüche die Klägerin geltend macht und von welchen tatsächlichen und rechtlichen Umständen sie abhängen. Die Erfüllung aller streitgegenständlichen gegenwärtigen und künftigen Ansprüche wurde auf einer der Beklagten ohne Weiteres und voll inhaltlich bekannten Rechnungsgrundlage verlangt und nur diese ist zwischen den Parteien streitig. Folglich genügte die einmalige Geltendmachung der nach Auffassung der Klägerin zutreffenden Auslegung des Formular-Arbeitsvertrages auf für später entstehende Zahlungsansprüche. Denn vorliegend bestand für die Beklagte ersichtlich keinerlei Zweifel darüber, was die Klägerin von ihr verlangte. Insoweit hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz im Urteil vom 22.01.2014 - 4 Sa 325/13 - für eine vergleichbare Sachverhaltsgestaltung zutreffend ausgeführt:

" Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen gehört, die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern. Der Anspruchsinhaber muss unmissverständlich zum Ausdruck bringen, dass er Inhaber einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht. Die Geltendmachung setzt daher voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird. Die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, müssen erkennbar sein (BAG v. 22.04.2004 - 8 AZR 652/02 - AP Nr. 28 zu §§ 22, 23 BAT-O). Eine Bezifferung der Forderung ist nicht erforderlich, wenn dem Schuldner die Höhe bekannt oder für ihn ohne weiteres errechenbar ist und die schriftliche Geltendmachung erkennbar hiervon ausgeht (BAG v. 22.06.2005 - 10 AZR 459/04 - AP Nr. 183 zu § 4 TVG Ausschlussfrist).

Die Klägerin hat mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21.03.2009 die Zahlung von Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf der Grundlage der tariflichen Bestimmungen ab dem 01.04.2009 geltend gemacht. Diese Geltendmachung ist nicht auf eine bestimmte zukünftige Zeitspanne beschränkt, sondern schließt die Abrechnung künftiger Ansprüche auf dieser Grundlage erkennbar ein. Eine Bezifferung war entbehrlich, da die Höhe der Ansprüche auch über das Jahr 2009 hinaus für die Beklagte bzw. deren Sohn bei Einsichtnahme in die jeweiligen tariflichen Bestimmungen ohne weiteres errechenbar war.

Unerheblich ist, dass die Ansprüche im Zeitpunkt der Geltendmachung zum Teil noch nicht fällig waren. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen. Behauptet der Anspruchssteller vor Fälligkeit, dass der von einer Norm zur Entstehung des Anspruchs vorausgesetzte Tatbestand verwirklicht ist, kann sich der Anspruchsgegner auf die erhobene Forderung einstellen und Klarheit über das Bestehen oder Nichtbestehen des Anspruchs verschaffen. Die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht (BAG v. 11.12.2003 - 6 AZR 539/02 - EzA § 4 TVG Ausschlussfristen Nr. 170).

Der wirksamen Geltendmachung steht vorliegend auch nicht entgegen, dass die Ansprüche bei Geltendmachung zumindest zum Teil noch nicht entstanden waren. Zwar widerspricht eine Geltendmachung vor Entstehung des Anspruchs regel-mäßig dem Sinn und Zweck von Ausschlussfristen. Eine Besonderheit liegt jedoch vor, wenn bei unveränderter rechtlicher und tatsächlicher Lage ein Anspruch aus einem bestimmten Sachverhalt hergeleitet werden kann. Dies ist der Fall, wenn ein bestimmter Anspruch jeweils aus einem ständig gleichen Grundtatbestand entsteht. Denn tarifliche Ausschlussfristen unterliegen einer einschränkenden Auslegung, wenn der mit der Ausschlussfrist verfolgte Zweck, dem Schuldner zeitnah Gewissheit zu verschaffen, mit welchen Ansprüchen er zu rechnen hat, durch einmalige Geltendmachung erreicht wird. Die einschränkende Auslegung ist insbesondere dann geboten, wenn lediglich über die stets gleiche Berechnungsgrundlage von Ansprüchen gestritten wird (BAG v. 16.01.2013 - 10 AZR 863/11 - NZA 2013, 975).

Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind auch solche auf dauer-hafte Zahlung der tariflichen Vergütung und auf Zahlung tariflicher Sonderleistungen. Steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen (hier: Geltung der einschlägigen tariflichen Vorschriften) im Streit, so erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme. Für den Schuldner kann kein Zweifel bestehen, was von ihm verlangt wird, und der Gläubiger darf ohne weiteres davon ausgehen, dass er seiner Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat (BAG v. 16.01.2003, a. a. O.).

Vorliegend stritten die Parteien - soweit ersichtlich - bereits im Zeitpunkt des Geltendmachungsschreibens vom 21.03.2009 im Hinblick auf die Frage, ob der Klägerin Ansprüche auf tarifliches Urlaubsgeld und tarifliche Sonderzahlung zustehen, ausschließlich über die Anwendbarkeit der maßgeblichen Tarifverträge. Zur Erreichung des mit der Ausschlussfrist verfolgten Zwecks war deshalb die einmalige Geltendmachung der - auch künftigen - Ansprüche ausreichend. Das Schreiben vom 21.03.2009 wahrt daher auch die künftigen Ansprüche der Klägerin auf Zahlung der betreffenden tariflichen Sonderleistungen. Die Beklagte musste ohne ständig wiederholte Geltendmachung damit rechnen, auf Gewährung dieser Leistungen verklagt zu werden. Sie konnte sich auf die Forderung einstellen und vorsorglich Rücklagen bilden; eine wiederholte Geltendmachung hätte der Beklagten keinen zusätzlichen Erkenntnisgewinn gebracht und wäre lediglich eine überflüssige Förmelei gewesen. Die Beklagte konnte auch nicht davon ausgehen, die Klägerin habe zwischenzeitlich von ihrer Forderung Abstand genommen."

Dem ist - zustimmend - nichts hinzuzufügen.

Folglich erweist sich die Klage der Klägerin als voll umfänglich begründet. Deshalb war die angefochtene Entscheidung auf die Berufung der Klägerin teilweise aufzuheben und der Klage insgesamt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war nach Maßgabe der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.