LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 03.02.2016 - 7 TaBV 20/15
Fundstelle
openJur 2020, 18371
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. April 2015 - Az.: 10 BV 56/14 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Ersetzung der Zustimmung des zu 2) beteiligten Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3). Die zu 1) beteiligte Arbeitgeberin stützt ihren Antrag auf den Vorwurf pflichtwidriger Manipulationen von im elektronischen Zeiterfassungssystem "Calitime" abgebildeten Arbeitszeiten bzw. den dringenden Verdacht solcher Manipulationen sowie zweitinstanzlich weiter auf Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Führung des Kassenbuches.

Die Beteiligte zu 1) ist auf dem Gebiet der Mälzerei an verschiedenen Standorten in Deutschland tätig. Der Beteiligte zu 2) ist der in ihrer Niederlassung A-Stadt gebildete Betriebsrat.

Die 1963 geborene, verheiratete Beteiligte zu 3) ist seit März 2008 als Bürokraft bei der Beteiligten zu 1) in A-Stadt angestellt. Ihre wöchentliche Arbeitszeit beträgt 30 Stunden. Von 1982 bis zu deren Insolvenz im Jahr 2007 war die Beteiligte zu 3) bei der Vorgängerin der Beteiligten zu 1), der Firma Z., tätig. Sie ist seit 2010 Mitglied des Beteiligten zu 2).

Zu den Arbeitsaufgaben der Beteiligten zu 3) gehörten die Erledigung von Botengängen außerhalb des Betriebsgeländes zur Bank, zur Post, zum L. und zu mit der Beteiligten zu 1) zusammenarbeitenden Logistikunternehmen sowie die Erledigung von kleineren Einkäufen (zum Beispiel von Süßigkeiten oder Getränken) oder der "Einkauf" von Bahntickets. Daneben gehört es zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Beteiligten zu 3), nachträglich zunächst fehlerhaft im Arbeitszeiterfassungssystem "Calitime" abgebildete Arbeitszeiten der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1) im Betrieb A-Stadt manuell abzuändern und zunächst unterbliebene Erfassungen händisch nachzuerfassen und zu vervollständigen. Manuelle Änderungen erfolgen beispielsweise um Zuschläge für Nachtarbeit, Schmutz-stunden, Wochenend- oder Feiertagsarbeit, Schulungen oder abgefeierte Überstunden zu berücksichtigen. Änderungen der originalen Stempelzeiten sind nötig, wenn ein Stempeln nicht möglich war (zum Beispiel Reisezeiten) oder vergessen wurde. Bei einer versäumten Stempelung ist von dem betreffenden Mitarbeiter ein Vordruck "Zeiterfassung" mit Datum, der korrekten Uhrzeit und dem Grund des Versäumnisses auszufüllen und zu unterschreiben. Weiter war die Beteiligte zu 3) für die Verwaltung der Kaffeekasse zuständig.

Die Monatsabrechnungen zur Zeiterfassung geben die an jedem Arbeitstag veranlassten Zeitbuchungen ("Einstempeln in die Zeiterfassung" und "Ausstempeln aus der Zeiterfassung") wieder. Das "Calitime"-System der Beteiligten zu 1) ermöglicht, drei verschiedene Versionen der Stempelkarten ausdrucken bzw. anzeigen zu lassen: In der Version 1 werden nur die abgerechneten Zeiten angezeigt. Bei dieser Version kann an hinter dem Datum und dem Wochentag befindlichen Sternchen erkannt werden, dass eine manuelle Ergänzung oder Abänderung an diesen betreffenden Tagen erfolgt ist. Bei der Version 2 werden zusätzlich bei Änderungen die Originalzeiten in Klammern angezeigt. Bei Version 3 werden alle Stempelungen und alle abgerechneten Zeiten angezeigt. Der kündigungsberechtigte Betriebsleiter des Betriebes am Standort A-Stadt, Y. X. hat Zugriff auf das Zeiterfassungssystem.

Am 8. bis 10.eines jeden Monats werden die Arbeitszeitdaten sämtlicher Mitarbeiter an den Betriebsleiter W. in A-Stadt weitergeleitet. Dieser übernimmt für alle Betriebsstätten der Beteiligten zu 1) die Kontrolle bzw. Berichtigung der Zeiterfassung über "Calitime". Anschließend wird ein Ausdruck sämtlicher Stundenzettel dem Leiter des Betriebes A-Stadt Y. X. vorgelegt.

Eine Arbeitsanweisung hinsichtlich vorzunehmender Botengänge und den damit verbundenen Zeiterfassungen existiert im Betrieb der Beteiligten zu 1) nicht. Die Beteiligte zu 3) erfasste die von ihr für die Beteiligte zu 1) absolvierten Boten-gänge außerhalb des Betriebsgeländes nicht minutengenau mit ihrem tatsächliche Beginn und Ende im System bzw. erfasste diese nicht genau manuell nach. Sie ergänzte bzw. korrigierte vielmehr am Folgetag die Zeiterfassung. Zunächst unterließ sie im Fall von Botengängen das Ausstempeln und trug dann am Folgetag die sich aus der Zeit des Verlassens des Betriebsgeländes zuzüglich der Dauer des Botengangs ergebende Zeit nach. Ab dem 1. Dezember 2013 stempelte die Beteiligte zu 3) beim Verlassen des Betriebsgeländes aus und änderte später die automatisch erfasste Endzeit entsprechend der Dauer des Botengangs.

Seit März 2014 sind im Betrieb Raucherpausen aus- und einzustempeln. Die Beteiligte zu 3) nahm persönlich zahlreiche Raucherpausen in Anspruch und änderte wiederholt, zuletzt am 9. Juli 2014, das automatisch erfasste Ende der jeweiligen Raucherpausenzeit vorverlegend ab.

Mit Schreiben vom 16. September 2014 nebst Anlagen (Bl. 97 f. d. A.) wurde die Beteiligte zu 3) zu den Unstimmigkeiten in ihren Monatsabrechnungen zur Zeiterfassung und dem dringenden Verdacht, dass Sie über einen längeren Zeitraum systematisch einen Arbeitszeit- und Lohnzahlungsbetrug zum Nachteil der Beteiligten zu 1) begangen habe, angehört. Sie wies die Vorwürfe mit E-Mail vom gleichen Tag (Bl. 99 d. A.) "entschieden als haltlos" zurück. Die Führung ihrer Arbeitszeiterfassung habe sie stets korrekt erledigt.

Mit weiterem Schreiben vom 17. September 2014 (Bl.100 ff. d. A.) bat die Beteiligte zu 1) den Beteiligten zu 2) um "Zustimmung zur außerordentlichen (Tat- und Verdachts-) Kündigung" der Beteiligten zu 3) "gemäß § 103 BetrVG". Nachdem der Beteiligte zu 2) seine Zustimmung mit Stellungnahme vom 19. September 2014 (Bl. 105 d. A.) verweigert hatte, leitete die Beteiligte zu 1) mit am 23. September 2014 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz das vorliegende Beschlussverfahren ein.

Die Beteiligte zu 1) stellte die Beteiligte zu 3) von der Erbringung ihrer Arbeitsleistung frei.

Das Kassenbuch wurde zusammen mit der Kaffeekasse im Firmensafe verwahrt, zu dem Herr X. und die Beteiligte zu 3) jeweils einen Schlüssel in Besitz hatten. Den ihr überlassenen Tresorschlüssel übergab die Beteiligte zu 3) im September 2014 an Frau V. U., die diesen seitdem durchgehend in Besitz hatte.

Der Betriebsleiter X. kontrollierte im Rahmen der Klärung der mit den Botengängen der Beteiligten zu 3) zusammenhängenden Arbeitszeiten zunächst das reguläre betriebliche Kassenbuch auf entsprechende Belege und sah in diesem Kontext auch die verfügbaren Belege der Kaffeekasse durch. Am 21. November 2014 verschickte Herr X. eine Excel-Liste zu den von ihm festgestellten Auffälligkeiten bei der Arbeitszeiterfassung durch die Beteiligte zu 2) an den eigenen Vorstand und die anwaltliche Vertretung der Arbeitgeberin zur Weiterleitung an die Beteiligte zu 3). Im Dezember 2014 hat Herr X. dann die Belege zum Kaffeekassenbuch auf mögliche Rechtfertigungen der Arbeitszeiterfassung der Beteiligten zu 2) hin überprüft, wobei das Kassenbuch fehlte. Dabei fand er die Belege unsortiert bzw. durcheinander im Tresor vor. So wie vorgefunden legte er die Belege in den Tresor zurück.

Nach ihrer Rückkehr von einer krankheitsbedingten Abwesenheit fand die Kollegin der Beteiligten zu 3. Frau U. Anfang 2015 die für das Kassenbuch relevanten Belege unsortiert und durcheinander im Tresor vor. Das Kassenbuch ist verschwunden.

Am 9. April 2015 beauftragte die Beteiligte zu 1) Frau V. U., Ordnung in die Kaffeekasse zu bringen und sämtliche Belege herauszusuchen. Es konnte lediglich ein Abgleichen mit einer Excel-Datei über die Bewegungen der Kaffeekasse vorgenommen werden, da das Kassenbuch selbst fehlte.

Mit Schreiben vom 15. April 2015 (Bl. 488 d. A.) hörte die Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 3) zum Vorwurf der unberechtigten Entnahme von Geldern des Arbeitgebers und/oder der übrigen Mitarbeiter in A-Stadt, einer veruntreuenden Unterschlagung zum Nachteil der Arbeitgeberin und der Kolleginnen und Kollegen an. Innerhalb der ihr gesetzten Frist äußerte sich die Beteiligte zu 3) hierzu nicht, nachdem die Beteiligte zu 1) der Bitte der Beteiligten zu 3) um Fristverlängerung (Bl. 489 d. A.) nicht entsprochen hatte.

Mit Anhörungsschreiben vom 20. April 2015 (Bl. 483 ff. d. A.), zugegangen am 21. April 2015, hat die Beteiligte zu 1) beim Betriebsrat neuerlich um "Zustimmung zur außerordentlichen (Tat- und Verdachts-) Kündigung" gegenüber der Beteiligten zu 3) gebeten. Gegenstand des Zustimmungsersuchens ist der Vorwurf zahlreicher unbelegter Positionen der Jahre 2011 bis 2014 im Zusammenhang mit der Kaffeekasse. Der Beteiligte zu 2) verweigerte mit Schreiben vom 23. April 2015 (Bl. 490 d. A.) die erbetene Zustimmung. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. April 2015 (Bl.491 d. A.) nahm die Beteiligte zu 3) zu den Vorwürfen Stellung. Die Gründe aus dem Anhörungsschreiben vom 20. April 2015 hat die Beteiligte zu 1) mit der Beschwerdebegründung in das vorliegende - zweitinstanzliche - Beschlussverfahren eingeführt.

Mit weiterem Zustimmungsersuchen vom 31. Juli 2015 (Bl. 492 ff. d. A.) hat die Beteiligte zu 1) um die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur "außerordentlichen (Tat- und Verdachts-) Kündigung" gegenüber der Beteiligten zu 3) wegen des Vorwurfs eines nachweislich begangenen Arbeitszeitbetrugs am 19. Juni 2013 um eine Stunde gebeten. Der Beteiligte zu 2) hat die Zustimmung mit Schreiben vom 3. August 2015 (Bl. 497 d. A.) verweigert. Auch diesen Grund hat die Beteiligte zu 1) mit der Beschwerdebegründung in das vorliegende - zweitinstanzliche - Beschlussverfahren eingeführt.

Die Beteiligte zu 1) hat vorgetragen,

der Beteiligten zu 3) sei ein Fehlverhalten vorzuwerfen, welches an sich und auch im konkreten Fall einen wichtigen Grund im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB darstelle, der es ihr unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung der Interessen beider Seiten unzumutbar mache, die Beteiligte zu 3) bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Die Kündigung sei sowohl als Tat- als auch als Verdachtskündigung auszusprechen.

Sie sei am 9. September 2014 durch Herrn X. darüber unterrichtet worden, dass Unstimmigkeiten in den Monatsabrechnungen zur Zeiterfassung der Beteiligten zu 3) festgestellt worden seien. Am 10. und 11. September 2014 seien die Monatsabrechnungen der Beteiligten zu 3) für den Zeitraum Januar 2012 bis einschließlich August 2014 (Kopien Bl. 21 ff. d. A.) vollständig überprüft worden. Diese Überprüfung habe ergeben, dass die Beteiligte zu 3) weit überdurchschnittlich häufig manuelle Änderungen an ihren Zeiterfassungsdaten vorgenommen habe. Bei der Durchsicht der Stempelkarten des Zeitraums Januar 2012 bis Juli 2014 habe sich weiter gezeigt, dass bei der Beteiligten zu 3) nicht die Stempelkarten nach der Version 2 vorgelegt worden seien, sondern Stempelkarten in der Version 1.

Im Zeitraum Januar 2012 bis August 2014 sei von der Beteiligten zu 3) zu ihren Gunsten eigenmächtig insgesamt eine Arbeitszeit von 13 Stunden und 33 Minuten gutgeschrieben worden. Hinsichtlich der vorgenommenen einzelnen Änderungen wird auf S. 4 f. der Antragsschrift (Bl. 4 f. d. A.), S. 8 ff. des Schriftsatzes vom 17. Februar 2015 (Bl. 175 ff. d. A.) und S. 2 ff. des Schriftsatzes vom 10. April 2015 (Bl. 358 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Häufigkeit, mit der manuelle Änderungen erfolgt seien, nämlich circa 17-mal so häufig wie bei ihren Kolleginnen, könne nicht ansatzweise mehr mit menschlichem "Vergessen" erklärt werden. Die Beteiligte komme täglich auf dem Weg zu ihrem Arbeitsplatz ebenso wie auf dem Rückweg zu ihrem Pkw - ohne Umweg - an dem Terminal zur Erfassung vorbei. Bei anderen Mitarbeitern seien die nachträglichen manuellen Korrekturen außerdem regelmäßig durch Dritte erfolgt. Bereits gestempelte Zeiten habe die Beteiligte zu 3) nachträglich um fiktive Zeiten ergänzt, die in keinem Zusammenhang mit irgendwelchen Nachweisen stünden. Für einen identischen Sachverhalt habe die Beteiligte zu 3) willkürliche Zeiten notiert (zum Beispiel Botengänge zur Post: von pauschal 10 oder 20 Minuten zu fiktiven Zeiten) und Sachverhalte wie Botengänge bei der Zeiterfassung auch völlig willkürlich gehandhabt ohne hierzu plausible nachvollziehbare Angaben machen zu können oder gemacht zu haben.

Da sie als Arbeitgeberin über keine anderen Kontrollmöglichkeiten verfüge, müsse besonderer Wert auf Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit in der Zeiterfassung gelegt werden. Die Beteiligte zu 3) habe auch in den Fällen der nachträglichen Abänderung ausgestempelter Zeiten nicht entsprechende Vordrucke für die Zeiterfassung ausgefüllt. Damit habe die Beteiligte zu 3) gerade die Überprüfbarkeit der einzelnen Veränderungen - zumindest auf Plausibilität - bezüglich Zeitaufwand und Grund der Änderung verhindert und die Wahrscheinlichkeit, dass dem Vorgesetzten Prüfungsbedarf bezüglich ihrer Veränderung überhaupt auffalle, stark reduziert sowie fast unmöglich gemacht. Soweit Nachweise vorhanden seien, seien diese nicht mit den jeweils händisch abgeänderten Arbeitszeiten in Einklang zu bringen.

Die von der Beteiligten zu 3) genommenen "Raucherpausen" seien ebenfalls nachträglich zu deren Gunsten mindestens in 11 Fällen (3. März, 18. März, 21. März, 24. März, 28. März, 4. April, 15. April, 8. Mai, 20. Mai, 7. Juli, 9. Juli 2014) verkürzt worden. Zwischen dem Aus- und Wiedereinstempeln müssten 120 Sekunden liegen. Werde diese Zeitspanne unterschritten, so werde vom System die ursprüngliche Ausstempelzeit durch die spätere Stempelzeit ersetzt. Der Status bleibe dabei auf "ausgestempelt". Eine Zeitverzögerung von 3 Minuten existiere nicht. Die von der Beteiligten zu 3) angegebenen 2 Minuten für jede Raucherpause seien völlig unglaubwürdig und realitätsfern, zumal sie schon circa 15 bis 20 Sekunden je Weg benötige, um den Raucherbereich zu erreichen.

Die von der Beteiligten zu 3) erschlichenen Arbeitszeitgutschriften seien dieser in Freizeitausgleich oder in jüngerer Zeit auch als Überstunden, teilweise mit einem Zuschlag von 25 % auf den Stundenlohn ausgezahlt worden.

Zumindest begründeten die dargelegten Tatsachen und Auffälligkeiten den dringenden Verdacht eines Fehlverhaltens, der bereits für sich genommen geeignet sei, eine weitere Zusammenarbeit mit der Beteiligten zu 3) auszuschließen.

Erschwerend komme hinzu, dass bereits im Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeit der Beteiligten zu 3) aufgefallen seien. Auch in diesem Zeitraum habe diese sich unberechtigt Überstunden aufgeschrieben. Im Zuge der damaligen Überprüfung habe die Beteiligte zu 3) sich bereiterklärt, den beim Arbeitgeber entstandenen Schaden zu ersetzen.

Die Beteiligte zu 1) hat erstinstanzlich beantragt,

die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) gemäß § 103 BetrVG zu ersetzen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben beantragt,

diesen Antrag zurückzuweisen.

Die Beteiligte zu 3) hat insbesondere vorgetragen,

das Arbeitszeiterfassungssystem ("Calitime") der Beteiligten zu 1) sei derart fehlerhaft, dass nachträglich händische Abänderungen zwingend erforderlich seien, damit die Arbeitszeit der Arbeitnehmer überhaupt korrekt erfasst werden könne. Sie habe hierauf mehrfach per E-Mail hingewiesen. Die Fehlerhaftigkeit liege insbesondere darin begründet, dass das Gerät zu bestimmten Zeiten am Tag Setups durchführe, manchmal eine Erfassung nicht erfolge und dies nur über den Aufruf des Systems festzustellen sei, kurz vor Schichtbeginn dieser als richtige Zeit gestempelt werde und Kurzpausen unter 3 Minuten gar nicht erfasst werden könnten.

Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 BGB sei nicht gewahrt, da die Beteiligte zu 1) über sämtliche Umstände jederzeit vollumfänglich informiert gewesen sei. Es sei nicht zu erkennen, aus welchem Grund die Beteiligte zu 1) die angeblichen Unstimmigkeiten erst am 9. September 2014 zur Kenntnis genommen haben wolle.

Sämtliche von ihr vorgenommenen Änderungen seien auf Botengänge zurückzuführen, die sie im Auftrag der Beteiligten zu 1) vorgenommen habe. Sie seien durch Vorlage des Kassenbuches nebst Belegen, Kontoauszügen und der Kaffeekasse nebst Belegen nachzuvollziehen. Hinsichtlich der einzelnen Änderungen wird auf den Vortrag der Beteiligten zu 3) auf S. 4 ff. im Schriftsatz vom 3. Dezember 2014 (Bl. 124 ff. d. A.) Bezug genommen. Sämtliche händisch geänderten Arbeitszeiten ergäben sich aus dem Ende der Arbeitszeit zuzüglich des Zeitaufwands für die Botengänge, welche von ihr je nach Erforderlichkeit und jeweils im Interesse der Beteiligten zu 1) ausgeführt worden seien. So erfordere der Report gegenüber der Zentrale in A-Stadt, dass das Kassenbuch und die Kontoauszüge so schnell wie möglich nach dem Ersten eines jeden Monats nach A-Stadt geschickt würden. Aus diesem Grund seien die Kontoauszüge nach Möglichkeit jeweils zum Monatsersten erstellt worden. Sofern die Kontoauszugserstellung an einem Sonntag erfolgt sei, habe sie die Zeit des Botengangs (25 Minuten) auf den Folgetag eingetragen, um im Zeiterfassungssystem keine Sonntagszuschläge auszulösen. Außerdem habe sie die Botengänge stets im Interesse der Beteiligten zu 1) ökonomisch und ökologisch sinnvoll und unter Beachtung der jeweiligen Öffnungszeiten erledigt, indem beispielsweise unnötige Fahrten vermieden worden seien und sie Erledigungen in ihrer Freizeit übernommen habe. Für die Botengänge seien in der Regel immer die gleichen Zeiten eingetragen worden: Post 10 Minuten, Einkauf je nach Menge 15 bis 20 Minuten sowie Bank je nach Parkplatzsituation zwischen 15 und 30 Minuten. Alternativ wäre für eine Wegstrecke zur Post und zum Supermarkt von einer reinen Fahrzeit pro Weg von 5 bis 6 Minuten auszugehen, zuzüglich circa 5 Minuten für die Parkplatzsuche sowie für die Paketaufgabe bzw. den Einkauf circa 5 bis 15 Minuten.

Soweit es um die Verkürzung der Raucherpausen gehe, habe dies stets darin begründet gelegen, dass sie zu den Zeiten als sie eigentlich noch ausgestempelt gewesen sei, wieder gearbeitet habe, da sie betriebliche Angelegenheiten in ihrer Raucherpause vor der Tür besprochen und geregelt habe. Sie rauche überaus schnell und benötige nicht länger als 2 Minuten für eine Zigarette.

Die beabsichtigte Kündigung habe vielmehr den Hintergrund darin, dass zwischen Herrn X. und ihr Meinungsverschiedenheiten bestünden, die vornehmlich auf ihre Betriebsratstätigkeit zurückzuführen seien.

Bei den angeblichen "Unregelmäßigkeiten bei der Arbeitszeit" aus dem Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 habe es sich um Überstundenzuschläge gehandelt, die für jede Überstunde und nicht erst für jede Überstunde ab acht Stunden Arbeitszeit aufgeschrieben worden seien. Hiervon seien mindestens drei weitere Kolleginnen betroffen gewesen.

Der Beteiligte zu 2) hat im Wesentlichen vorgetragen,

soweit die Zeitkorrekturen bei den übrigen Mitarbeitern regelmäßig durch dritte Personen und fast nie durch den betroffenen Mitarbeiter selbst erfolgt seien, sei dies dem Umstand geschuldet, dass eben dies arbeitsvertragliche Aufgabe unter anderem der Beteiligten zu 3) gewesen sei.

"Calitime" sei so mangelhaft, dass ohne manuelle Änderungen eine korrekte Erfassung der tatsächlichen Arbeitszeiten der Mitarbeiter nicht möglich sei. Für das Ein- und Ausstempeln bei Raucherpausen sei das Zeiterfassungssystem nicht ausgelegt.

Zeiten, in denen die Beteiligte zu 3) Aufgaben "außer Haus" erledige, würden zwangsläufig nicht erfasst und müssten manuell eingetragen, das heißt geändert werden.

Botengänge würden - wenn möglich - aus betrieblichen Gründen nach Abschluss der regulären Arbeitszeit erledigt. In diesen Fällen stempele die Mitarbeiterin nicht "aus", sondern trage, meist am Folgetag, als Arbeitsende händisch die Zeit ein, die sich aus der Addition der für den Botengang aufgewendeten Zeit zu der Zeit des Verlassens des Betriebsgeländes ergebe. In diesen Fällen komme nicht das seitens der Beteiligten zu 1) anführte Formular für Änderungen zum Einsatz. Dieses Formular habe letztlich nur verwaltungstechnische Gründe, wenn zum Beispiel Arbeitnehmer falsch gestempelt hätten, gäben sie dieses ausgefüllte Formular an die Beteiligte zu 3), damit diese die Änderungen im System händisch vornehmen könne. Gerade bei Botengängen seien diese Formulare grundsätzlich nicht zur Anwendung gekommen. Auch die Stellvertreterin der Beteiligten zu 3) Frau U. habe in Fällen von Botengängen die entsprechenden Formulare nicht verwendet. Wenn die Beteiligte zu 3) Fehler in der Zeiterfassung gemacht habe, habe sie das entsprechende Formular verwendet. Hinsichtlich des Vortrags des Beteiligten zu 2) zu den einzelnen Vorwürfen wird auf S. 7 ff. des Schriftsatzes vom 27. März 2015 (Bl. 340 ff. d. A.) Bezug genommen.

Es werde bestritten, dass die Beteiligte zu 3) genommene Raucherpausen vorsätzlich falsch verkürzt habe. Diese rauche sehr schnell, auch da im Fall ihrer Abwesenheit das Büro und das Telefon nicht besetzt seien.

Hinsichtlich des Vorwurfs der Eintragung fiktiver nicht nachprüfbarer Endzeiten scheitere ein Verstoß gegen eine Dokumentationspflicht bereits an einer klaren Anweisung der Beteiligten zu 1). Zumindest wäre im konkreten Fall der Ausspruch einer vorherigen Abmahnung erforderlich.

Die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt. Die Beteiligte zu 1) habe - spätestens - ab März 2014 Kenntnis von den Problemen der Zeiterfassung gehabt. Darüber hinaus erhalte die Beteiligte zu 1) monatlich genaue Kenntnis der Zeiterfassung inklusive der manuellen Änderungen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat den Antrag durch Beschluss vom 23. April 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, das Vorbringen der Beteiligten zu 1) einschließlich des von ihr hingenommenen Vortrags der Beteiligten zu 2) sei auch mit Rücksicht auf den wegen § 83 Abs. 1 ArbGG zu beachtenden Untersuchungsgrundsatz nicht geeignet, den Antrag zu rechtfertigen. Wegen des von der Arbeitgeberin formulierten Vorwurfs, die Beteiligte zu 3) habe anlässlich der von ihr zurückgelegten Botengänge zumindest den dringenden Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens bis hin zum dringenden Verdacht des ihr vorwerfbaren Arbeitszeit-, Lohn- oder Gehaltszahlungsbetruges begangen, fehle es an einem wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung. Hinsichtlich eines anzunehmenden pflichtwidrigen Verhaltens (oder Verdachts desselben) durch eine manipulierte Erfassung von ihr eingelegter Raucherpausen zuletzt am 9. Juli 2014 sei die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht gewahrt. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen ohne erneute Beteiligung des Betriebsrats sei nicht zulässig. Wegen der Einzelheiten der erstinstanzlichen Begründung wird ergänzend auf die Gründe II. des Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 413 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der genannte Beschluss ist der Beteiligten zu 1) am 6. Juni 2015 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 3. Juli 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und diese mit am 6. August 2015 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5. August 2015 begründet.

Zur Begründung der Beschwerde macht die Beteiligte zu 1) nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes sowie des Schriftsatzes vom 14. Dezember 2015, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 454 ff., 586 ff. d. A.), zusammengefasst geltend,

die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag vom 23. September 2014 gewahrt. Die Verfehlungen der Beteiligten zu 3) im Zusammenhang mit der Zeiterfassung anlässlich ihrer zahlreichen Raucherpausen seien als eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB anzusehen. Auch hinsichtlich der pauschalierten Vorerfassung von Botengängen liege eine Pflichtwidrigkeit vor.

Im August 2014 habe ihr Betriebsleiter X. noch keineswegs vollständige und positive - und schon überhaupt keine umfassende - Kenntnis von den Manipulationen der Stempelkarten, auch nicht bezüglich der Manipulation des Endes der Raucherpausen bzw. des (Wieder-)Einstempelns gehabt. Aufgefallen seien die Veränderungen erst dadurch, dass am 4., 5., 7., 13. sowie am 15. August 2014 gestempelte Arbeitszeiten zu ihren Ungunsten abgeändert worden seien. Dies sei für die Betriebsleitung A-Stadt erst im September erkennbar gewesen, da auf dem Ausdruck der Stempelkarten der Beteiligten zu 3) im Gegensatz zu den im August für Juli 2014 vorgelegten Stempelkarten die originalen - elektronisch erfassten - Stempelzeiten in Klammern mit aufgeführt gewesen seien. Die Beteiligte zu 3) habe im Zeitraum Januar bis Juli 2014 für sich und ihre Kollegin im Büro, Frau V. U., regelmäßig nur die Version 1 vorgelegt, während bei sämtlichen übrigen Mitarbeitern die Version 2 zugeleitet worden sei. Deshalb sei die Betriebsleitung A-Stadt in Person des Herrn X. davon ausgegangen, auch für die Beteiligte zu 3) und Frau U. die Version 2 erhalten zu haben.

Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats sei hinsichtlich ihres Ersuchens vom 20. April 2015 zu Unrecht erfolgt. Aus den erheblichen Lücken in der Belegführung hinsichtlich der Kaffeekasse ergebe sich der Tatverdacht einer unberechtigten Entnahme von Geldern. Arbeitgeberseitig seien zu keinem Zeitpunkt weder von Herrn Y. X. noch von einem anderen Mitarbeiter etwaige Belege zum Kaffeekassenbuch oder das Kassenbuch selbst aus dem Tresor entfernt oder dazugehörige Belege durcheinandergebracht worden. Die Überprüfung durch Frau U. habe am 13. April 2015 unbelegte Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.306,42 € und unbelegte Ausgaben in Höhe von 874,62 € ergeben.

Wie sich aus dem Einkaufsbeleg T. vom 19. Juni 2013, 11.58 Uhr ergebe, habe die Beteiligte zu 3) - entgegen den Ausführungen des Beteiligten zu 2) in erster Instanz - nicht wie von ihr nacherfasst, in der Zeit von 12.19 bis 13.19 Uhr diverse Besorgungen für den Firmenmünzlauf durchgeführt. Anlässlich einer Strategiebesprechung in A-Stadt am 23. Juli 2015 habe sich herausgestellt, dass die Beteiligte diesen Einkauf gar nicht durchgeführt habe. Den Einkauf habe tatsächlich der Mitarbeiter S. R. erledigt. Der Umstand, dass eine andere Person diesen Einkauf erledigt habe, zeige, dass die Beteiligte zu 3) bewusst die Unwahrheit vorgebracht habe. Auch andere Mitarbeiter hätten Einkäufe für sie als Arbeitgeberin erledigt, namentlich Frau Q., Herr P. sowie Herr R..

Die Beteiligte zu 1) beantragt,

den erstinstanzlichen Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 23. April 2015 - Az. 10 BV 56/14 - abzuändern und die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Beteiligten zu 3) gemäß § 103 BetrVG zu ersetzen.

Der Beteiligte zu 2) und die Beteiligte zu 3) beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beteiligte zu 2) verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe ihres Beschwerdeerwiderungsschriftsatzes vom 14. Oktober 2015 sowie des Schrift-satzes vom 19. Januar 2016, auf die ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 560 ff., 682 ff. d. A.), als rechtlich zutreffend.

Die von der Beteiligten zu 3) für Botengänge eingetragenen Pauschalzeiten hätten sich an Zeitspannen (Einkauf 15 bis 30 min je nach Menge, Bank zwischen 15 und 30 min je nach Parkplatzsituation) orientiert. In der Praxis habe die Beteiligte zu 3) zumeist die Zeiten auf die nächsten 15, 30, 45 oder 60 min gerundet.

Hinreichende Kenntnis der für den Fristbeginn maßgebenden Umstände habe die Beteiligte zu 1) spätestens im Juli 2014 gehabt. Von der Beteiligten zu 3) und der Kollegin U. sei stets die Version 2 der Ausdrucke vorgelegt worden.

Hinsichtlich des 19. Juni 2013 habe die Beteiligte zu 3) versucht, die Geschehnisse mit Hilfe der vorliegenden Quittungen zu rekonstruieren. Da sie den größten Teil der Einkäufe erledigt habe, habe es nahegelegen, dies auch für den 19. Juni 2013 anzunehmen. Frau N., Herr M. und Herr R. hätten diese Aufgabe nur ausnahmsweise übernommen, wenn die Beteiligte zu 3) abwesend gewesen sei. Herr M. habe aufgrund des hohen Gewichts vorwiegend Getränkeeinkäufe erledigt.

Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Führung des Kassenbuches würden bestritten. Die Einführung dieses Vorwurfs in das vorliegende Verfahren sei nicht innerhalb der Frist des § 626 Abs. 2 BGB erfolgt. Da Herr X. die "Kaffeekasse" spätestens im Dezember 2014 auf Unregelmäßigkeiten hin überprüft habe, habe er spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis von den nunmehr behaupteten Vorwürfen gehabt.

Auch die Beteiligte zu 3) verteidigt den angefochtenen Beschluss nach Maßgabe ihres Beschwerdeerwiderungsschriftsatzes vom 15. Oktober 2015, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 565 ff. d. A.).

Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass am 13. April 2015 unbelegte Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.306,42 € und unbelegte Ausgaben in Höhe von 874,62 € vorgelegen haben sollen. Sämtliche Ein- und Ausgänge seien in dem Kassenbuch ordnungsgemäß vermerkt worden. Die dazugehörigen Belege seien stets rückwärts und chronologisch mit einer großen Büroklammer darauf geheftet worden. An ihrem letzten Arbeitstag, dem 3. September 2014 habe bei der Schlüsselübergabe an Frau V. U. das Kassenbuch mit der Kaffeekasse und den dort ausgewiesenen Werten und Belegen übereingestimmt. Die Frist des § 626 Abs. 2 BGB sei nicht gewahrt.

Zu den Vorwürfen hinsichtlich des Einkaufs vom 19. Juni 2013 sei sie nicht angehört worden. Sie solle sich zu Vorgängen aus dem Jahr 2013 erklären, zu denen ihr lediglich ein Notizbuch vorliege, in dem sie sich jeweils die entsprechenden Botengänge notiert habe. Gestützt auf diese Erinnerungshilfe habe sie sich im Verfahren erklärt.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll des Anhörungstermins vom 3. Februar 2016 (Bl. 686 ff. d. A.) Bezug genommen.

II.1. Die nach § 87 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde der Beteiligten zu 1) ist gemäß §§ 87 Abs. 2, 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie erweist sich auch sonst als zulässig.

2. In der Sache hatte die Beschwerde der Beteiligten zu 1) keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) auf Ersetzung der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) zu Recht zurückgewiesen.

Nach § 103 Abs. 2 S. 1 BetrVG in Verbindung mit § 15 Abs. 1 KSchG hat die Beteiligte zu 1) einen Anspruch auf Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Betriebsrats, wenn die beabsichtigte außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Dies setzt einen wichtigen Grund im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB voraus. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vor-liegen, aufgrund derer der Beteiligten zu 1) unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Danach kann einem Betriebsratsmitglied fristlos gekündigt werden, wenn dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre (BAG, Urteil vom 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - NZA-RR 2011, 15, 17 Rn. 17).

Der Antrag auf Zustimmungsersetzung setzt voraus, dass das Zustimmungsverfahren beim Betriebsrat abgeschlossen ist und der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung nicht wirksam zugestimmt hat. Der Antrag muss binnen der zwei-wöchigen Frist des § 626 Abs. 2 BGB beim Arbeitsgericht eingegangen sein. Zugleich hat der Arbeitgeber die die Kündigung begründenden Umstände so genau und umfassend wie bei der Betriebsratsanhörung darzulegen (BAG, Beschluss vom 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - NZA 2008, 1081, 1082 Rn. 23). Der Arbeitgeber hat konkret alle Tatsachen anzugeben, auf die er die Kündigung stützen will. Er hat so genau und umfassend vorzutragen, dass der Betriebsrat bzw. an dessen Stelle die Gerichte für Arbeitssachen ohne zusätzliche eigene Nachforschungen in der Lage sind, selbst die Stichhaltigkeit der Kündigungsgründe zu prüfen. Hat der Arbeitgeber die Kündigungsgründe ordnungsgemäß dargelegt, hat das Arbeitsgericht alle Umstände aufzuklären, die für die Frage der Berechtigung der außerordentlichen Kündigung im Sinn von § 626 Abs. 1 BGB von Bedeutung sind. Einer weiteren Aufklärung oder Beweisaufnahme bedarf es nicht, wenn die Beteiligten den Sachverhalt übereinstimmend vortragen oder das substantiierte Vorbringen eines Beteiligten von den anderen nicht bestritten wird oder sich an dessen Richtigkeit keine Zweifel aufdrängen.

Gemessen hieran fehlt es an Umständen, die die Beteiligte zu 1) als Arbeitgeberin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund ohne Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigen.

a) Hinsichtlich der von der Beteiligten erst im erstinstanzlichen Beschlussverfahren mit Schriftsatz vom 17. Februar 2015 vorgetragenen nachträglichen Erfassungen am 2. Mai 2012, 6. Juni 2012, 11. Juni 2012, 11. Juli 2012, 12. Dezember 2012, 1. Februar 2013, 12. Februar 2013, 13. Februar 2013, 18. Februar 2013, 28. Februar 2013, 7. März 2013, 12. März 2013, 13. März 2013, 20. März 2013, 4. April 2013, 15. April 2013, 17. April 2013, 22. April 2013, 2. August 2013, 3. September 2013, 24. September 2013, 2. Oktober 2013, 4. Oktober 2013, 15. Oktober 2013, 17. Oktober 2013, 4. November 2013, 6. November 2013, 18. November 2013, 19. Februar 2014, 25. April 2014, 5. Mai 2014, 12. Mai 2014, 1. Juni 2014, 17. Juni 2014, 14. Juli 2014, 21. Juli 2014, 18. August 2014 sowie 21. August 2014 hat die Beteiligte zu 1) das Zustimmungsersetzungsverfahren nicht ordnungsgemäß durchgeführt. Zu diesen Erfassungen hat sie den Beteiligten zu 2) vorab nicht unterrichtet. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen ohne erneute Beteiligung des Betriebsrats ist betriebsverfassungsrechtlich nicht zulässig. Zwar kann der Arbeitgeber im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens auch noch neue Gründe vorbringen. Anders als beim Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG können nicht nur solche Tatsachen nachgeschoben werden, die bei Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahren bereits vorgelegen haben, sondern auch solche, die erst während des laufenden Verfahrens eingetreten sind. Auch können bei Einleitung des Verfahrens vorliegende Tatsachen ohne Rücksicht darauf nachgeschoben werden, ob sie dem Arbeitgeber bekannt waren oder nicht. Der Arbeitgeber muss aber, weil das gerichtliche Verfahren nur im Fall der Zustimmungsverweigerung einzuleiten und damit dem betrieblichen Zustimmungsverfahren nachgelagert ist, vor der Einführung dieser Umstände im Zustimmungsersetzungsverfahren dem Betriebsrat Gelegenheit gegeben haben, seine Stellungnahme im Licht der neuen Tatsachen zu überprüfen. Dabei wird die Behandlung neuer Gründe durch den Betriebsrat nicht dadurch ersetzt, dass der Vorsitzende des Betriebsrats durch Teilnahme am Beschlussverfahren davon erfährt (BAG, Beschluss vom 23. April 2008 - 2 ABR 71/07 - NZA 2008, 1081, 1083 Rn. 25 m. w. N.).

Eine solche Gelegenheit zur Stellungnahme hat die Beteiligte zu 1) dem Beteiligten zu 2) hinsichtlich der mit Schriftsatz vom 17. Februar 2015 in das Beschlussverfahren eingeführten weiteren nachträglichen Erfassungen in "Calitime" nicht gegeben. Diese nachträglichen Änderungen in "Calitime" können daher den Antrag auf Zustimmungsersetzung nicht begründen.

b) Auch im Übrigen ist der am 17. September 2014 gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung nicht begründet. Die beabsichtigte außerordentliche Kündigung wegen der Gutschrift einer Arbeitszeit von insgesamt 13 Stunden und 33 Minuten ist unter Berücksichtigung aller Umstände gemäß § 626 Abs. 1 BGB weder als Tat- noch als Verdachtskündigung gerechtfertigt.

Die erforderliche Prüfung gemäß § 626 Abs. 1 BGB vollzieht sich zweistufig. Zum einen muss ein Grund vorliegen, der überhaupt an sich geeignet ist, eine außer-ordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch des Verhältnismäßigkeitsprinzips zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der - in der Regel - vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. In einer Gesamtwürdigung ist das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen.

(1) Zur Überzeugung der Kammer steht nicht fest, dass die Beteiligte zu 3) im Zeitraum Januar 2012 bis August 2014 einen Arbeitszeitbetrug mit einhergehendem Lohnzahlungsbetrug im Umfang von insgesamt 13 Stunden 33 Minuten begangen hat.

Nachträgliche unberechtigte Veränderungen der Zeitangaben in der Zeiterfassung, um damit Vergütung für nicht erbrachte Arbeitsleistungen zu erhalten, sind als so genannter Arbeitszeitbetrug an sich geeignet, einen wichtiger Grund im Sinn des § 626 BGB darzustellen. Insbesondere bei einem Arbeitnehmer in einer besonderen Vertrauensstellung kann bereits ein einmaliger und verhältnismäßig gering-fügiger Fall von Arbeitszeitbetrug ein wichtiger Kündigungsgrund sein.

(a) Die Beteiligte zu 3) hat aber keinen erwiesenen Arbeitszeitbetrug dadurch begangen, dass sie vorab fiktive, nicht nachprüfbare Ausstempelzeiten in "Calitime" erfasst hat. Die Beteiligte zu 3) hat - auch nicht ab Dezember 2013 - vorab keine geschätzten Zeiten in "Calitime" eingegeben. Sie hat vielmehr erst am Folgetag fehlende Zeiten ergänzt. Dies hat die Beteiligte zu 3) zweitinstanzlich ausdrücklich klargestellt. Auch aus dem Vortrag der Beteiligten zu 1) ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Änderungen in "Calitime" durch die Beteiligte zu 1) bereits vorab erfolgt wären. Eine solche Änderung vorab ist in "Calitime" nach den Ausführungen im Anhörungstermin zweiter Instanz auch technisch nicht möglich.

Die Beteiligte zu 3) hat auch keinen erwiesenen Arbeitszeitbetrug dadurch begangen, dass sie nachträglich Ausstempelzeiten ergänzt bzw. ab Dezember 2013 geändert hat. Grundsätzlich war die Beteiligte zu 3) arbeitsvertraglich berechtigt und verpflichtet, nachträgliche Änderungen in "Calitime" durchzuführen. Diese Berechtigung bezog sich auch auf Änderungen hinsichtlich ihrer eigenen Zeiten. Dies hat auch die Beteiligte zu 1) nicht bestritten, sondern im vorliegenden Beschlussverfahren lediglich darauf hingewiesen, dass auffällig sei, dass die Beteiligte zu 3) Änderungen persönlich durchgeführt habe und diese Änderungen nicht - wie üblicherweise - durch Dritte vorgenommen worden seien. Die Beteiligte zu 3) hat daher nicht bereits durch die Vornahme manueller Änderungen gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

Zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Beteiligten zu 3) gehörte die Durchführung von Botengängen außerhalb des Betriebsgeländes der Beteiligten zu 1), beispielsweise zur Bank, zur Post, zum L., zu Logistikunternehmen sowie die Erledigung von kleineren Einkäufen, zum Beispiel von Süßigkeiten oder Getränken. Diese Botengänge wurden von der Beteiligten zu 3) jedenfalls auch nach dem Ende ihrer Tätigkeit im Betrieb erledigt. Die Durchführung der Botengänge war unstreitig Arbeitszeit, als solche zu erfassen und zu vergüten. Mit der nachträglichen Erfassung dieser Zeiten an sich im Hinblick auf ihre daraus folgende Vergütung verstieß die Beteiligte zu 3) daher nicht gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten.

Genaue Anweisungen dazu, wie diese Zeiten zu erfassen sind, existieren bei der Beteiligten zu 1) nicht. Zwar hat die Beteiligte zu 3) diese Zeiten nicht minutengenau und im Zeitraum ihrer genauen Erledigung erfasst. Es steht jedoch nicht fest, dass der von der Beteiligten zu 3) jeweils angegebene Umfang der aufgewendeten Zeit nicht zutreffend ist oder sie fiktive, angeblich außerhalb des Betriebsgeländes angefallene Arbeitsminuten erfasst hätte. Für einen Großteil der nachträglich erfassten Zeiten existieren korrespondierende Belege (Bankauszüge, Quittungen etc.), allerdings zu späteren Zeiten oder am Folgetag bzw. an dem vorangegangenen Wochenende. Die Beteiligte zu 3) hat danach in den überwiegenden Fällen nachweislich außerhalb der von ihr zunächst von "Calitime" erfassten Zeiten Arbeitsleistungen erbracht, diese lediglich nicht zu den in der Erfassung hinterlegten Zeiten.

So liegt für den 1. März 2012 ein Kontoauszug vor und für den 3. Mai 2012 ein Beleg einer Bahnkarte. Am 18. April 2013 erfolgte eine Erledigung durch die Beteiligte zu 3) um 14.20 Uhr bei "Ausstempeln" um 12.12 Uhr, am 10. Juni 2013 eine Erledigung um 15.32 Uhr bei einem "Ausstempeln" um 14.07 Uhr, am dem 2. Dezember 2013 vorangegangenem Sonntag 1. Dezember 2013 ein Gang zur Bank, am 6. Dezember 2013 eine Erledigung um 16.21 Uhr bei "Ausstempeln" um 10.59 Uhr, am 9. Dezember 2013 ein Botengang zur Bank, am 3. Februar 2014 ein Botengang zur Post und zur Bank, am 1. April 2014 ein Botengang zur Bank um 15.39 Uhr bei "Ausstempeln" um 12.47 Uhr sowie am 30. Mai 2014 eine Fahrt zur Poststelle E-Stadt. Am Folgetag des 20. Juni 2014 wurde an einem Samstag ein Botengang zwecks Einkaufs erledigt, am 10. Juli 2014 ein Botengang zu L. und K. durchgeführt, am 18. Juli 2014 ein Botengang zur Post gemacht, am 25. Juli 2014 um 11.05 Uhr ein Einkauf bei J. bei einem "Ausstechen" um 10.16 Uhr erledigt und am 29. Juli 2014 ein Einkauf bei I. um 16.34 Uhr bei einem "Ausstechen" bereits um 13.12 Uhr gemacht. Am 7. August 2014 hat die Beteiligte zu 3) einen Besuch beim L. gemacht und um 16.45 Uhr Bargeld vom Firmenkonto abgehoben, nachdem sie bereits um 12.33 Uhr ausgestempelt hatte.

Auch hinsichtlich der weiteren Tage, an denen nachträglich Arbeitszeiten hinzugefügt bzw. abgeändert wurden, ist nicht erwiesen, dass die Beteiligte zu 3) in dem angegebenen Umfang keine Arbeitsleistung erbracht hat. Die Beteiligte zu 3) hat hinsichtlich dieser weiteren Tage den Vortrag der Beteiligten zu 1) weitgehend unter Angabe der (angeblich) durchgeführten Tätigkeiten bestritten. So hat sie vorgetragen, am 18. Juni 2012 Spültücher eingekauft zu haben. Zum 29. Oktober 2013 hat sie vorgetragen, Bahntickets für Frau U. und sich gekauft zu haben und zur Bank gegangen zu sein. Für den 17. Dezember 2013 hat sie einen Gang zur Post, für den 10. Januar 2014 einen Einkauf, für den 27. Januar 2014 einen Gang zur Post sowie für den 28. Januar 2014 einen Einkauf angegeben. Am 7. Februar 2014 habe sie ein Geldprüfgerät eingekauft und sei wegen einer Einzahlung von 3.000,00 € zur Bank gegangen. Am 14. Februar 2014 sei sie zur Post gegangen. Am 23. März 2014 habe sie wiederum eingekauft und sei zur Bank gegangen. Für den 10. April 2014 hat sie einen Gang zur Post vorgetragen. Am 5. Mai 2014 habe sie einen Botengang zwecks beabsichtigten Einkaufs einer Kaffeemaschine in H. gemacht. Am 15. und 19. Mai 2014 sowie am 9. Juli 2014 habe sie jeweils einen Gang zur Post gemacht. Für den 5. August 2014 hat die Beteiligte zu 3) einen Botengang zur Post in E-Stadt vorgetragen, für den 13. August 2014 ein Botengänge zum L. und zu G. sowie zur Post in E-Stadt sowie für den 15. August 2014 Botengänge zum L. und zu G. und zum Einkauf.

Soweit die Beteiligte zu 3) im Übrigen angegeben hat, sich nicht mehr erinnern zu können, welche konkrete Tätigkeit sie zur nachträglichen Änderung bzw. Korrektur der erfassten Zeiten veranlasst hat, konnte sie den Vorwurf der Erfassung von Arbeitszeiten, in denen sie keine Arbeitsleistung haben soll, zulässigerweise mit Nichtwissen bestreiten, obwohl es sich um Gegenstände ihrer eigenen Wahrnehmung handelt (§ 138 Abs. 4 ZPO). Zwar ist ein solches Bestreiten mit Nichtwissen nur bezüglich solcher Tatsachen zulässig, die weder eine eigene Handlung der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung sind. Diese Voraus-setzungen liegen bei den von der Beteiligten zu 3) erbrachten Arbeitsleistungen nicht vor. Jedoch erfordern der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG und das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip, dass es einer Prozesspartei möglich sein muss, Tatsachen, an die sie sich zum Zeitpunkt ihres Prozessvortrags nicht mehr erinnern kann und diese auch nicht zumutbar durch Nachforschungen feststellen kann, mit Nicht-mehrwissen zu bestreiten (BAG, Urteil vom 20. August 2014 - 7 AZR 924/12 - 7 AZR 924/12 - BeckRS 2014, 73697, Rn. 32; Beschluss vom 13. November 2007 - 3 AZN 449/07 - NJW 2008, 1179, 1180, Rn. 18 f.). Es ist von Verfassungs wegen gefordert, einer Beteiligten nur aufzuerlegen, sich darüber zu erklären, was sie zum Zeitpunkt der notwendigen Erklärung tatsächlich weiß oder unter zumutbaren Voraussetzungen durch Erkundigungen feststellen kann. Die Beteiligte zu 3. hat plausibel gemacht, sich an jeden einzelnen Vorgang nicht mehr zu erinnern und aus den ihr vorliegenden Unterlagen keine Feststellungen treffen zu können. Die Beteiligte zu 1), die der Beteiligten zu 3) arbeitsvertraglich auch Botengänge außerhalb des Betriebs übertragen hat und der bekannt war, dass die Beteiligte zu 3) solche durchführt, hat vor dem Sommer 2014 weder die von der Beteiligten zu 3) vorgenommene Erfassung dieser Zeiten beanstandet noch eine andere Handhabung gefordert. Die vorgenommenen Änderungen in der Zeiterfassung wurden monatlich von dem Betriebsleiter in A-Stadt kontrolliert. Die Beteiligte zu 3) musste daher nicht mehr damit rechnen, dass es zu Nachfragen hinsichtlich durchgeführter Botengänge ab Januar 2012 kommen würde, entsprechende Aufzeichnungen anfertigen und aufbewahren. Das Formular "Zeiterfassung" musste bei Botengängen nicht verwendet werden. Es ist nach der Lebenserfahrung auch plausibel, dass die Beteiligte zu 3) sich nach geraumer Zeit nicht mehr an jeden einzelnen Botengang nach Zeitpunkt, Ziel und Gegenstand erinnern kann.

Ein Abgleich der manuellen Änderungen durch die Beteiligte zu 3) mit dem Kassenbuch nebst Belegen ist nicht mehr möglich, da das Kassenbuch nach der Freistellung der Beteiligten zu 3) verschwunden ist und die Belege nicht mehr in der ursprünglichen Reihenfolge der getätigten Eintragungen sind.

Soweit die vorgenommenen zeitlichen Abänderungen hinsichtlich des Beginn und Endes des Botengangs unzutreffend waren, vermag diese Unrichtigkeit im vor-liegenden Sachverhalt keine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Insoweit liegt kein Arbeitszeitbetrug vor.

(b) Auch soweit die Beteiligte zu 3) von ihr genommenen Raucherpausen in 11 Fällen in "Calitime" so verkürzt hat, dass ursprünglich als Pausenzeit ausgestempelte Zeit als Arbeitszeit erfasst und vergütet wurde, liegt kein erwiesener Arbeitszeitbetrug vor.

Grundsätzlich ist die Beteiligte zu 1) nicht verpflichtet, Raucherpausen zu vergüten. In den so genannten Raucherpausen erbringen die Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung. Ein gesetzlicher Tatbestand, aufgrund dessen die Beteiligte zu 1) gleichwohl verpflichtet wäre, Vergütung zu zahlen, liegt nicht vor. Für selbst verursachte Arbeitsunterbrechungen entstehen keine Vergütungsansprüche (vgl. LAG Nürnberg, Urteil vom 5. November 2015 - 5 Sa 58/15 - BeckRS 2016, 66179; vom 21. Juli 2015 - 7 Sa 131/15 - BeckRS 2015, 71717). Dafür, dass sich die Beteiligte zu 1) vertraglich zur Vergütung von Raucherpausen verpflichtet hat, liegen keine Anhaltspunkte vor.

Die Verkürzung einer Raucherpause in der Arbeitszeiterfassung, obwohl diese tatsächlich in dem vollen erfassten Umfang genommen wurde, ist daher an sich geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer veranlasst hierdurch den Arbeitgeber, ihm Entgelt zu zahlen, ohne dass er die geschuldete Arbeitsleistung während der Pause erbracht hat (vgl. zum fehlenden Ausstechen einer Raucherpause: LAG Köln, Urteil vom 13. April 2011 - 9 Sa 1320/10 - BeckRS 2012, 67515 m. w. N.). Es steht jedoch nicht fest, dass die Beteiligte zu 3) tatsächlich genommene Raucherpausen unzutreffend verkürzt hat.

Bei den nachträglich verkürzten Raucherpausen am 3. März, 18. März, 21. März, 24. März, 28. März, 4. April, 15. April, 8. Mai, 20. Mai, 7. Juli und 9. Juli 2014 handelt es sich sämtlich um solche, in denen die Beteiligte zu 3) zunächst eine über 2 Minuten hinausgehende Raucherpause ausgestochen hat und diese wegen von ihr behaupteter dienstlicher Tätigkeiten während der Raucherpause nachträglich in "Calitime" um zwei oder drei Minuten verkürzt hat.

Nicht mehr aufklärbar ist, ob das von der Beteiligten zu 3) auf einen früheren Zeitpunkt abgeänderte Ende der Raucherpause tatsächlich falsch war oder ob sie in der Raucherpause dienstliche Tätigkeiten wahrgenommen und dienstliche Gespräche geführt oder Betriebsratstätigkeit erbracht hat. Die Beteiligte zu 3) konnte auch insoweit mit Nicht-mehr-wissen bestreiten, dass sie tatsächlich genommene Raucherpausen unzutreffend in Arbeitszeit abgeändert hat. Die der Beteiligten zu 3) vorgeworfenen Manipulationen reichen bis in den März 2014 zurück. Die Beteiligte zu 3) hat eine Vielzahl von Raucherpausen in Anspruch genommen und in unzähligen Fällen Korrekturen im Umfang von einer oder wenigen Minuten vorgenommen. Die erfassten Arbeitszeiten wurden monatlich durch den Betriebsleiter in A-Stadt W. überprüft. Weiter wurden die Ausdrucke monatlich dem Betriebsleiter A-Stadt X. vorgelegt. Auch dann, wenn diesem nicht die Version 2, sondern "nur" die Version 1 der Ausdrucke vorgelegt worden wäre, hätte er an den vielen Sternchen auf den Ausdrucken erkennen können, dass die Beteiligte zu 3) an einer Vielzahl von Arbeitstagen Korrekturen vorgenommen hat. Von beiden Betriebsleitern wurde die Zeiterfassung der Beteiligten zu 3) nicht beanstandet. Die Beteiligte zu 3) war daher nicht veranlasst, über - überprüfte und abgerechnete - Monate Aufzeichnungen über kurzzeitige dienstliche Tätigkeiten und Gespräche während der Raucherpausen anzufertigen und vorzuhalten. Beispielhaft hat sie angegeben, dass sie mit Herrn Ax. und Herrn AY. gesprochen habe. Gegenstand der Gespräche sei beispielsweise die Außenanlage, zu fällende Bäume und Genehmigung gewesen. Auch sei es um Unstimmigkeiten im Betrieb gegangen. Teilweise hätten Mitarbeiter bereits auf sie gewartet, um dienstliche Belange zu besprechen. Die Gespräche hätten auch ihre Betriebsratstätigkeit betroffen. Es erscheint auch plausibel, dass die Beteiligte zu 3) während ihrer Raucherpausen insbesondere auf Fragen betreffend das Außengelände und ihre Betriebsratstätigkeit angesprochen worden ist und sich nunmehr nicht mehr an die genauen Zeitpunkte, Gesprächspartner und den jeweiligen Gegenstand des Gesprächs erinnern kann.

Soweit die Beteiligte zu 3) während der Raucherpausen Betriebsratstätigkeit ausgeführt haben will, ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass sich ein Betriebsratsmitglied zwar grundsätzlich zur Ausübung von Betriebsratstätigkeit beim Arbeitgeber abmelden muss und seine Rückkehr an den Arbeitsplatz anzeigen muss. Da es der Zweck der Meldepflicht ist, dem Arbeitgeber die Überbrückung des Arbeitsausfalls zu ermöglichen, besteht jedoch keine vorherige Meldepflicht in Fällen, in denen eine vorübergehende Umorganisation nicht ernsthaft in Betracht kommt. Maßgeblich sind insoweit die Umstände des Einzelfalls. Dazu gehören insbesondere die Art der Arbeitsaufgabe des Betriebsratsmitglieds und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunterbrechung. Der Arbeitgeber kann dann verlangen, dass ihm die Gesamtdauer der in einem bestimmten Zeitraum verrichteten Betriebsrats-tätigkeit nachträglich mitgeteilt wird (BAG, Beschluss vom 29. Juni 2011 - 7 ABR 135/09 - NZA 2012, 47, 48 f., Rn. 18 ff.). Einer Zustimmung des Arbeitgebers zur Arbeitsbefreiung des Betriebsratsmitglieds bedarf es nicht. Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist im vorliegenden Fall bereits zweifelhaft, ob die Beteiligte zu 3) dann, wenn sie während ihrer Raucherpause mit einer Angelegenheit des Betriebsrats befasst wurde, dies hätte (vorab) anzeigen müssen. In Anbetracht der Kürze der Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben kam eine Umorganisation der Arbeitsaufgaben der Beteiligten nicht in Betracht.

Der Arbeitgeber darf die Auszahlung des Arbeitslohnes auch nicht regelmäßig von einer lückenlosen Darlegung zu Art und Umfang der angemeldeten Betriebsrats-tätigkeit abhängig machen. § 2 Abs. 1 BetrVG verpflichtet die Betriebsparteien zur vertrauensvollen Zusammenarbeit. Stichwortartige Angaben zum Zwecke der Prüfung der Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit kann der Arbeitgeber daher nur dann verlangen, wenn anhand der konkreten betrieblichen Situation und des vom Betriebsratsmitglied genannten Zeitaufwandes an der Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit insgesamt Zweifel bestehen. In diesem Fall hat das Betriebsratsmitglied dem Arbeitgeber Kurzangaben auch zur Art der durchgeführten Tätigkeit zu übermitteln, die zumindest eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen (BAG, Urteil vom 15. März 1995 - 7 AZR 643/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 105). Eine genaue Schilderung der betreffenden Aufgabe, die dem Arbeitgeber etwa eine Kontrolle der Betriebsratstätigkeit ermöglichen könnte, ist aber in keinem Fall erforderlich (BAG, Urteil vom 19. Juni 1979 - 6 AZR 638/77 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 36). Die Betriebsratsmitglieder - hier die Beteiligte zu 3) - sind auch nicht verpflichtet, für den Arbeitgeber eine schriftliche Dokumentation ihrer Tätigkeit anzufertigen. Eine solche detaillierte Dokumentation von in Betriebsratsangelegenheiten geführten Gesprächen kann daher auch im vorliegenden Verfahren nicht von der Beteiligten zu 3) verlangt werden.

(2) Die beabsichtigte außerordentliche Kündigung der Beteiligten zu 3) ist auch nicht als Verdachtskündigung wegen des Verdachts der vorsätzlichen falschen Verkürzung der Raucherpausen in mindestens elf Fällen, der Eintragung fiktiver, nicht nachprüfbarer Endzeiten und der nachträglichen Abänderung ausgestempelter Zeiten gerechtfertigt.

Grundsätzlich kann auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen wichtigen Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung ist danach immer dann gerechtfertigt, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen bei einem verständig und gerecht abwägenden Arbeitgeber zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - NZA 2013, 371, 372 Rn. 13; vom 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - NZA 2013, 137, 138 Rn. 16, jeweils m. w. N.). Der Verdacht muss auf konkrete Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, dass eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermag. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (BAG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 AZR 700/11 - NZA 2013, 371, 372 Rn. 14; vom 24. Mai 2012 - 2 AZR 206/11 - NZA 2013, 137, 138 Rn. 17, jeweils m. w. N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist ein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben.

(a) Es besteht kein dringender Verdacht, dass die Beteiligte zu 3) bereits vor der Durchführung von Botengängen fiktive Endzeiten in "Calitime" eingetragen hat. Die Beteiligte hat im Anhörungstermin zweiter Instanz dargelegt, dass sie stets erst nach Durchführung eines Botengangs eine Korrektur der erfassten Zeiten vorgenommen hat. Die Beteiligte zu 1) hat keine Umstände vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Beteiligte zu 3) solche geschätzten Zeiten vorab eingetragen hat.

Im Hinblick auf die nachträgliche Ergänzung bzw. Änderung des Arbeitszeitendes besteht nach Auffassung der Kammer ebenfalls kein dringender Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs. Zwar hat die Beteiligte zu 1) in einigen Fällen das Vorliegen von Botengängen bestritten oder der Beteiligten zu 3) der genaue Anlass eines von ihr behaupteten Botengangs nicht mehr erinnerlich, so dass nicht mehr aufklärbar ist, ob die Beteiligte zu 3) in diesen Fällen tatsächlich Botengänge durchgeführt hat. In der Gesamtschau der Umstände der vorgenommenen Änderungen besteht kein dringender Verdacht, dass die Beteiligte zu 3) in den verbliebenen Fällen keine Erledigungen für die Beteiligte zu 1) durchgeführt hat. Insbesondere ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Beteiligte zu 3) im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtungen in einer Vielzahl von Fällen tatsächlich Botengänge durchgeführt hat. In zahlreichen Fällen liegen Belege der Post, des Supermarktes oder Bankauszüge vor, aus denen sich ergibt, dass ein Botengang durchgeführt worden ist. Lassen sich vor diesem Hintergrund einzelne Botengänge nicht mehr nachvollziehen oder liegen für diese keine Belege mehr vor, ergibt sich hieraus nicht zwingend, dass an diesen Tagen keine Botengänge durchgeführt wurden. Dies gilt insbesondere auch, weil Arbeitserfassungen den - zum Teil weit zurückliegenden - Zeitraum von Januar 2012 bis August 2014 betreffen, Belege nicht mehr vorhanden sein könnten und insbesondere das Kassenbuch verschwunden ist.

Auch soweit die Beteiligte zu 1) die von der Beteiligten zu 3) erfasste Dauer der Botengänge bestritten hat, fehlen konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beteiligte zu 3) zu lange Zeitspannen erfasst hat. So hat die Beteiligte zu 2) gerade im Hinblick auf den 30. Mai 2014 und 13. August 2014 (Besuch bei G. und der Poststelle E-Stadt bzw. zur Post E-Stadt, zum L. und zu G.) beanstandet, dass die Beteiligte zu 3) in der angegebenen kurzen Zeit den Botengang gar nicht durchgeführt haben könne. Umgekehrt hat sie nur pauschal bestritten und nicht konkret geltend gemacht, dass die Botengänge zur Bank oder zum Einkaufen lediglich eine kürzere Zeit in Anspruch genommen hätten. Die Beteiligte zu 3) hingegen hat beispielsweise hinsichtlich der Fahrt zur Bank am 1. März 2012 angegeben, dass für den Weg zur Bank, die Erledigung der Geschäfte und den Rückweg zum Betrieb mindestens 47 Minuten im Vergleich zu den erfassten 26 Minuten angefallen wären.

(b) Auch hinsichtlich der Verkürzung der Raucherpausen ist nach Auffassung der Kammer kein dringender Tatverdacht hinsichtlich eines Arbeitszeitbetrugs gegeben. Zwar hat die Beteiligte zu 3) zunächst selbst ein späteres Pausenende in "Calitime" gestempelt und dieses anschließend händisch auf einen früheren Zeitpunkt abgeändert. Auch kann die Beteiligte zu 3) in der Vielzahl der Einzelfälle nicht mehr angeben, welche dienstlichen Tätigkeiten sie während der ausgestochene Pausenzeit im Einzelfall erledigt hat. Hieraus allein ergibt sich jedoch nicht der dringende Verdacht eines Arbeitszeitbetruges. Im Fall nur wenige Minuten dauernder dienstlicher Tätigkeit während der kurzen Raucherpausen erscheint es plausibel, nicht zunächst den Weg zum Zeiterfassungsterminal zurückzulegen, um wieder "einzustechen", und sodann zum Gesprächspartner zurückzugehen. Auch ist es nicht ungewöhnlich, dass während der Raucherpause im Freien das Außergelände betreffende Fragen besprochen werden oder dass Betriebsratsmitglieder während ihrer (Raucher-)Pausen von Mitarbeitern auf betriebliche Fragestellungen angesprochen werden.

c) Hinsichtlich des Vorwurfs von Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Führung des Kassenbuchs ist kein wichtiger Grund für eine Tat- oder Verdachtskündigung gegeben. Insoweit bleibt bereits offen, welches genaue Fehlverhalten die Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 3) zum Vorwurf macht. Soweit sie der Beteiligten zu 3) die unberechtigte Entnahme von Geldern aus der Kasse vorwerfen will, bleibt offen, wann die Beteiligte zu 3) welche Beträge aus der Kasse unberechtigt entnommen haben soll. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass eine Überprüfung des Kassenbestandes im April 2015 zwar unbelegte Ausgaben in Höhe von 874,62 € ergeben haben soll. Diesen sollen jedoch unbelegte Einnahmen in Höhe von 1.306,42 € entgegenstehen. Offen bleibt insoweit auch, welchen Stand das Kassenbuch zum Zeitpunkt der Freistellung der Beteiligten zu 3) hatte. Änderungen des Kassenbestandes nach ihrer Freistellung können der Beteiligten zu 3) mangels Zugriffsmöglichkeit nach der Weitergabe des Tresorschlüssels nicht vorgeworfen werden.

Unregelmäßigkeiten allein in der Dokumentation sind an sich kein wichtiger Grund im Sinn des § 626 Abs. 1 BGB. Da das Kassenbuch verschwunden ist, kann das Vorliegen von Unregelmäßigkeiten diesem nicht mehr entnommen werden.

d) Ein wichtiger Grund für die außerordentliche Kündigung ist auch nicht ein erwiesener Arbeitszeitbetrug, der von der Beteiligten zu 3) am 19. Juni 2013 gegangen worden sein soll. Auch wenn nicht die Beteiligte zu 3., sondern der Kollege S. AT. am 19. Juni 2013 bei T. eingekauft hat, ist nicht erwiesen, dass die Beteiligte zu 3) nach dem Ausstechen um 12.19 Uhr nicht noch im Umfang von 1 Stunde Botengänge für die Beteiligte zu 1) ausgeführt hat. So hat die Beteiligte zu 2) angegeben, die Beteiligte zu 3) habe an diesem Tag "diverse" Botengänge in Form des Einkaufs mehrerer Artikel für den bevorstehenden Münzlauf durchgeführt.

Eine Kündigung kann ebenfalls nicht auf den dringenden Verdacht eines Arbeitszeitbetrugs am 19. Juni 2013 gestützt werden, weil die Beteiligte zu 3) von der Beteiligten zu 1) nicht zum Ausspruch einer solchen Verdachtskündigung angehört worden ist. Eine solche Anhörung liegt auch nicht bereits in der Anhörung vom 19. Juni 2014. Die Beteiligte zu 1) will die Kündigung gerade auf die von ihr in der Folge von Recherchen nach einer Strategiebesprechung am 23. Juli 2015 gewonnenen neuen Erkenntnisse stützen. Nach ihrer Darstellung handelt es sich "um eine vollkommen neue Qualität bewusst wahrheitswidrigen Vorbringens der Beteiligten zu 3)". Zu der von der Beteiligten zu 1) behaupteten Erkenntnis, dass nicht sie selbst, sondern dass der Kollege R. den Einkauf von Bier und Süßigkeiten für den Münzlauf übernommen hat, ist die Beteiligte zu 3) nicht angehört worden.

(3) Die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beteiligten zu 3) wäre aber auch dann nicht zu ersetzen, wenn man den dringenden Verdacht eines Arbeitsbetrugs bejaht, weil die Beteiligte zu 3) nicht in allen Einzelfällen darlegen kann, welche dienstlichen Tätigkeiten sie im Umfang der verlängerten Arbeitszeiten oder der verkürzten Raucherpausen durchgeführt hat.

Eine solche außerordentliche Kündigung wäre jedenfalls unverhältnismäßig. Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlustes und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (st. Rspr., BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - NZA 2010, 1227, Rn. 34 m. w. N.). Als mildere Reaktionen sind insbesondere konkrete Vorgaben des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Ab-mahnung und eine ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen. Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs durch Straftaten gegen das Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers. Auch in diesem Bereich gibt es keine "absoluten" Kündigungsgründe. Stets ist konkret zu prüfen, ob nicht objektiv die Prognose berechtigt ist, der Arbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung oder anderen milderen Maßnahmen des Arbeitgebers wie konkreten Arbeitsanweisungen wieder vertragstreu verhalten (vgl. BAG, Urteil vom 10. Juni 2010 - 2 AZR 541/09 - NZA 2010, 1227, Rn. 38 m. w. N.).

Danach hätten im vorliegenden Fall klare Anweisungen hinsichtlich der Erfassung und Dokumentation durchgeführter Botengänge und von während der Raucherpausen erfolgten betrieblichen Tätigkeiten und Betriebsratstätigkeiten oder der Ausspruch einer Abmahnung ausgereicht. Auch durch die Übertragung der Erfassungstätigkeiten die die Beteiligte zu 3) selbst betreffen, auf eine andere Mitarbeiterin kann sichergestellt werden, dass die Beteiligte zu 3) nicht unberechtigt die Arbeitszeiterfassung zu ihren Gunsten verändert.

Zu Gunsten der Beteiligten zu 3) fällt ihre lange Betriebszugehörigkeit seit dem 1. März 2008 ins Gewicht. Zuvor war sie von 1982 bis zu deren Insolvenz bei der Vorgängerin der Beteiligten zu 1), der Firma Z. tätig. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass das Arbeitsverhältnis in der Vergangenheit im Wesentlichen beanstandungsfrei verlaufen ist. Soweit die Beteiligte zu 1) auf Unregelmäßigkeiten der Beteiligten zu 3) im Hinblick auf die Arbeitszeit bereits im Zeitraum Juli 2009 bis April 2010 hingewiesen hat, handelt es sich nicht um einen vergleichbaren Sachverhalt. Seinerzeit ging es nicht um die Erfassung der Arbeitszeit als solche, sondern um die rechtliche Frage, unter welchen Voraussetzungen bei Teilzeitkräften Überstundenzuschläge zu zahlen sind. Diese rechtliche Frage betraf nicht allein die Beteiligte zu 3), sondern auch weitere Arbeitnehmerinnen. Im Übrigen wurden aus den unterschiedlichen Rechtsauffassungen resultierende Differenzen durch die Beteiligte zu 3) ausgeglichen.

Demgegenüber wiegen die betrieblichen Interessen und das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers nicht so schwer, dass diesen Interessen nur durch eine außerordentliche Kündigung Rechnung getragen werden könnte. Hinsichtlich der Erfassung der (angeblich) für Botengänge aufgewandten Zeiten liegen für viele Zeiten korrespondierende Belege vor. Bei den Korrekturen für Raucherpausen handelt es sich um insgesamt 11 Fälle, in denen jeweils die Erfassung nur für zwei oder drei Minuten im Streit steht. Insgesamt wirft die Beteiligte zu 1) der Beteiligten zu 3) die Verkürzung der Raucherpausen um 29 Minuten vor, so dass im Hinblick auf die im vorliegenden Beschlussverfahren der Beteiligten zu 3) vorgeworfenen Änderungen im Zusammenhang mit den Raucherpausen allenfalls ein geringer Schaden entstanden sein kann.

2. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht erfüllt.