LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.08.2015 - 2 Sa 635/14
Fundstelle
openJur 2020, 18205
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung des Beklagten zu 3) wird das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.10.2014 - 4 Ca 4160/11 - abgeändert, soweit es in Ziff. 2., 3., 6. und 7. des Urteilstenors der Klage gegen den Beklagten zu 3) stattgegeben hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen.

II. Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zu 3) gegen das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08.10.2014 - 4 Ca 4160/11 - (Ziff. 1. des Urteilstenors) zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 2/7 und der Beklagte zu 3) zu 5/7.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Im vorliegenden Berufungsverfahren streiten der Kläger und der Beklagte zu 3) darüber, ob der Beklagte zu 3) für Vergütungsansprüche des Klägers persönlich haftet.

Die Beklagte zu 1) war eine bis zum 27. November 2012 im Schweizer Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Der Beklagte zu 3) war der Verwaltungsrat der Beklagten zu 1). Er ist auch der Verwaltungsrat der Beklagten zu 2), einer ebenfalls in der Schweiz ansässigen Aktiengesellschaft.

Zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3) ist streitig, ob der Beklagte zu 3) den vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag mit der Beklagten zu 1) vom 18. Mai 2011 (Bl. 766 bis 768 d. A.) mit auszugsweise folgendem Inhalt unterzeichnet hat:

"Anstellungsvertrag

Zwischen der

Fa. C., C-Straße, CH-C-Stadt

- nachstehend Arbeitgeber genannt -

und

A., A-Straße, A-Stadt

- nachstehend Arbeitnehmer genannt -

wird folgendes vereinbart:

§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

Der Arbeitnehmer tritt am 1.06.2011 in die Dienste des Arbeitgebers.

Die ersten drei Monate gelten als Probezeit. Während dieser Zeit kann das Arbeitsverhältnis beiderseits mit einer Frist von vier Wochen zum Monatsende gekündigt werden. Eine Kündigung vor Arbeitsantritt ist ausgeschlossen.

§ 2 Tätigkeit

Der Arbeitnehmer wird vom Arbeitgeber als Leiter "IT-Marketing" eingestellt.

Die beschriebenen Aufgaben hat der Arbeitnehmer eigenverantwortlich und selbstständig wahrzunehmen.

§ 3 Arbeitszeit

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt 40 Stunden wöchentlich. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, zumutbare Über- und Mehrarbeit zu leisten.

§ 4 Entgelt

Der Arbeitnehmer erhält ein monatliches Bruttogehalt in Höhe von 2.000,00 CHF plus gesondert festzustellende Provisionen gemäß Vereinbarung.

Bei Dienstreisen werden die Beträge vergütet, die nach den jeweils geltenden steuerrechtlichen Vorschriften steuerfrei gezahlt werden können.(...)"

Am 29. Juni 2011 reiste der Kläger mit einem vom Beklagten zu 3) gebuchten Flug nach Vietnam. Ihm wurde vom Beklagten zu 3) unter dem 01. Juli 2011 folgende "Vollmacht und Berechtigung" (Bl. 23 d. A.) erteilt:

"Hiermit bevollmächtige und berechtige ich Herrn A.,geb. 1953, wohnhaft in A-Stadt, A-Straße,Vietnam

mich in der Angelegenheit "N Hotel" des Herrn R. R., wohnhaft in R-Straße, R-Stadt/Vietnam

zu vertreten und meine Interessen zu wahren.

Diese Vollmacht und Berechtigung ist voll umfassend. Sie beinhaltet auch die Berechtigung sich mit dem Generalkonsulat bzw. deren Vertreter in Verbindung zu setzen und deren Hilfe in Anspruch zu nehmen und Aufträge in dieser Richtung zu geben."

Bei der genannten Angelegenheit "N. Hotel" handelt es sich um die Abwehr einer Schadensersatzforderung des Herrn R. R. in Höhe von 500.000,00 EUR gegenüber der Beklagten zu 1), nachdem der Beklagte zu 3) in seiner Funktion als Verwaltungsratspräsident mit Herrn R. ein Rechtsgeschäft in diesem Gesamtvolumen abgeschlossen hatte.

Mit E-Mail vom 09. September 2011 (Bl. 26 d. A.) teilte der Beklagte zu 3) dem Kläger auf dessen Anfrage Folgendes mit:

"Hallo ,den Flug hätte ich schon längst gebucht. Durch die derzeitige Ebbe in der Kasse sind meine Kreditkarten nicht mehr belastbar. Ich renne nur noch wegen Geld!!"

Mit seiner beim Arbeitsgericht Koblenz am 21. November 2011 eingereichten und mehrfach erweiterten Klage hat der Kläger - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - von den Beklagten u.a. die Zahlung der in dem vorgelegten Arbeitsvertrag vom 18. Mai 2011 festgelegten Vergütung von monatlich 2.000,00 Schweizer Franken (CHF) für die Monate Juni 2011 bis August 2014 verlangt.

Über das Vermögen der Beklagten zu 1) wurde durch Verfügung des Einzelrichters des Bezirksgerichts H-Stadt (Schweiz) vom 08. August 2012 mit Wirkung vom selben Tag das Konkursverfahren eröffnet, welches am 17. August 2012 mangels Aktiven eingestellt wurde. Die Beklagte zu 1) wurde am 27. November 2012 aus dem Schweizer Handelsregister gelöscht. Über das Vermögen der Beklagten zu 2) wurde durch Verfügung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA vom 31. Mai 2013 der Konkurs mit Wirkung ab 03. Juni 2013 eröffnet.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 (Bl. 703 bis 705 d. A.) - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - den Beklagten zu 3) verurteilt, an den Kläger rückständigen Arbeitslohn für den Zeitraum Juni 2011 bis Januar 2012 in Höhe von 16.000,00 CHF brutto nebst Zinsen sowie rückständigen Arbeitslohn für den Zeitraum Februar 2012 bis September 2013 in Höhe von 40.000,00 CHF brutto nebst Zinsen zu zahlen, und festgestellt, dass es sich bei den vorstehenden Forderungen des Klägers gegenüber dem Beklagten zu 3) um Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt. Gegen das ihm am 28. April 2014 zugestellte Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 hat der Beklagte zu 3) mit Schriftsatz vom 12. Mai 2014, beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, Einspruch eingelegt und wegen der Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung beantragt, die bei seiner Prozessbevollmächtigten für das Notieren der Fristen zuständige Mitarbeiterin S. habe gemäß der vorgelegten eidesstattlichen Versicherung trotz der korrekten Rechtsbehelfsbelehrung eine zweiwöchige Einspruchsfrist notiert.

Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Teil-Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08. Oktober 2014 - 4 Ca 4160/11 - Bezug genommen.

Am 08. Oktober 2014 hat das Arbeitsgericht Koblenz folgendes Teil-Urteil - 4 Ca 4160/11 - verkündet:

1. Der Einspruch des Beklagten zu 3. gegen das Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 wird verworfen.

2. Der Beklagte zu 3. wird als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger rückständigen Arbeitslohn für den Zeitraum Oktober 2013 bis Januar 2014 in Höhe von 8.000,00 CHF brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 2.000,00 CHF seit dem 1. November 2013, dem 1. Dezember 2013, dem 1. Januar 2014 sowie dem 1. Februar 2014 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass es sich bei den vorstehenden Forderungen des Klägers gegen den Beklagten zu 3. um Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt.

4. Der Klageantrag zu 3. aus dem Kammertermin vom 25. Juni 2014 wird hinsichtlich der Beklagten zu 1. abgewiesen.

5. Der Klageantrag zu 8. aus dem Kammertermin vom 12. März 2014 wird hinsichtlich der Beklagten zu 1. abgewiesen.

6. Der Beklagte zu 3. wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum Februar 2014 bis August 2014 in Höhe von 14.000,00 CHF brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 2.000,00 CHF seit dem 1. März 2014, dem 1. April 2014, dem 1. Mai 2014, dem 1. Juni 2014, dem 1. Juli 2014, dem 1. August 2014 sowie dem 1. September 2014 zu zahlen.

7. Es wird festgestellt, dass es sich bei den Forderungen des Klägers gegen den Beklagten zu 3. aus der vorstehenden Ziffer des Tenors um Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung handelt.

8. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

9. Der Streitwert wird festgesetzt im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 1. auf 7.800,00 CHF und im Verhältnis des Klägers zum Beklagten zu 3. auf 78.000,00 CHF.

10. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.

Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des Teil-Urteils vom 08. Oktober 2014 - 4 Ca 4160/11 - verwiesen.

Gegen dieses ihm am 24. Oktober 2014 zugestellte Teil-Urteil des Arbeitsgerichts hat der Beklagte zu 3) mit Schriftsatz vom 24. November 2014, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26. Januar 2015 mit Schriftsatz vom 26. Januar 2015, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.

Der Beklagte zu 3) trägt vor, zwischen den Parteien sei nie ein Arbeitsvertrag zustande gekommen. Das Arbeitsgericht habe seinen Vortrag rechtsfehlerhaft als unbeachtliche Schutzbehauptung bzw. als unbeachtliches pauschales Bestreiten gewertet. Von dem Inhalt des angeblich abgeschlossenen Arbeitsvertrages habe er erst Kenntnis über den Schriftsatz der Gegenseite vom 25. Juni 2014 erhalten. Er habe detailliert dargelegt und durch Einholung eines graphologischen Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt, dass es sich nicht um seine Unterschrift handele. Diesem Beweisangebot sei das Gericht zu Unrecht nicht nachgekommen. Er habe sich zu dem auf dem vorgelegten Arbeitsvertrag befindlichen Datum nicht in Deutschland aufgehalten. Vielmehr habe er sich in den Vereinigten Arabischen Emiraten befunden, so dass er am 18. Mai 2011 keinen Vertrag habe unterzeichnen können. Dieser Vertrag sei auch nicht an einem anderen Tag von ihm unterzeichnet worden. Im Hinblick darauf, dass die Behauptung des Klägers, der Arbeitsvertrag sei am 18. Mai 2011 in der Schweiz von ihm unterzeichnet worden, durch die vorgelegten Reiseunterlagen entkräftet sei, hätte bereits dies das Arbeitsgericht bewegen müssen, Beweis zu erheben. Entgegen der Darstellung des Klägers sei dieser von ihm nicht für die Beklagten zu 1) und 2) nach Vietnam entsandt worden. Vielmehr habe der Kläger schon zum Zeitpunkt des Kennenlernens der Parteien ca. drei Jahre in Vietnam gelebt und sei jeweils nur für kurze Zeiträume nach Deutschland gekommen. Soweit im Urteil des Arbeitsgerichts auf anderweitige Verpflichtungen des Klägers ihm gegenüber eingegangen werde, hätten diese ersichtlich nichts mit dem angeblichen Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu tun, sondern würden vielmehr seine Privatangelegenheiten bzw. die des Klägers betreffen. Fakt sei, dass der Kläger von ihm nie eingestellt worden sei, und zwar auch nicht mit Wirkung für und gegen die Beklagten zu 1) und 2). Der Kläger sei von ihm auch nie nach Vietnam entsandt worden und habe auch keine die Zahlung vom Gehalt nach sich ziehenden Tätigkeiten für einen der Beklagten ausgeübt. Insbesondere sei er dem Kläger auch nicht aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zu irgendwelchen Leistungen verpflichtet. Unabhängig davon seien die sich aus einer Verletzung vorvertraglicher Hinweispflichten im Zusammenhang mit dem Abschluss des behaupteten Arbeitsvertrages ergebenden Schadensersatzansprüche grundsätzlich auf das negative Interesse gerichtet, wonach der Kläger so zu stellen sei, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Hinweispflichten stünde. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte habe keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte. Bei einem Hinweis auf die Zahlungsunfähigkeit hätte der Kläger den angeblichen Arbeitsvertrag nicht abgeschlossen und mithin keinen Vergütungsanspruch gehabt. Wie sich die Rechtslage nach dem Schweizer Recht darstelle, könne dahingestellt bleiben, weil vorliegend gemäß den Ausführungen des Arbeitsgerichts deutsches Recht anzuwenden sei. Entgegen der Bewertung des Arbeitsgerichts sei ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren. Die in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten ständig mit der Fristennotierung und der Führung der Kalender betraute Fachangestellte P. S. habe - ihren Gepflogenheiten entsprechend - auf Seite 2 der Ausfertigung des Teil-Versäumnisurteils unmittelbar neben die dort im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung genannte Wochenfrist das Kürzel "not" für "notiert" angebracht. Obwohl es sich bei dieser Mitarbeiterin um eine äußerst zuverlässige und gewissenhafte, seit Jahrzehnten in der Kanzlei beschäftigte Mitarbeiterin handele, bei der Fälle wie der Vorliegende noch nie vorgekommen seien, sei statt der einwöchigen Frist die zweiwöchige "normale" Einspruchsfrist im elektronischen Kalender notiert worden. Dabei handele es sich um ein entschuldbares einmaliges Büroversehen, das einen Wiedereinsetzungsantrag rechtfertige, weil sich gerade in solchen Fällen ein Rechtsanwalt bei der Berechnung einer Einspruchsfrist auf geschultes und regelmäßig überwachtes Personal verlassen dürfe. Die Akte sei wie üblich nach dem Notieren der Fristen mit Posteingang seiner Prozessbevollmächtigten als Sachbearbeiterin vorgelegt worden, die sich durch Überprüfung des Vermerks "not" davon überzeugt habe, dass die Frist notiert gewesen sei, und eine Abschrift des Titels an ihn weitergeleitet habe. Im Rahmen der Wiedervorlage aufgrund der notierten Wiedervorlagefrist sei die Akte seiner Prozessbevollmächtigten als Sachbearbeiterin erst am 08. Mai 2014 zur Bearbeitung des Einspruchs vorgelegt worden. Erst bei dieser Gelegenheit habe seine Prozessbevollmächtigte bemerkt, dass die Frist falsch notiert worden sei. Alle zwei Monate würden in der Kanzlei Personalbesprechungen mit allen Mitarbeiterinnen stattfinden, in denen regelmäßig Büroabläufe abgestimmt würden. Dabei werde auch immer wieder die Eintragung, Kontrolle und die Einhaltung von Fristen thematisiert und auf die besondere Bedeutung von Vorfristen und Wiedervorlagefristen hingewiesen. Nachdrücklich werde in Erinnerung gerufen, welche Folgen die Versäumnis unterschiedlicher Arten von Fristen haben könne. Im selben zeitlichen Zusammenhang habe seine Prozessbevollmächtigte stichprobenartig die von Frau S. notierten Fristen kontrolliert.

Der Beklagte zu 3) beantragt,

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 08. Oktober 2014 - 4 Ca 4160/11 - abzuändern, soweit es seinen Einspruch gegen das Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 verworfen und der gegen ihn gerichteten Klage stattgegeben hat, und das Teilversäumnisurteil vom 12. März 2014 aufzuheben und die gegen ihn gerichtete Klage insgesamt abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung des Beklagten zu 3) zurückzuweisen.

Er erwidert, der ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 13. Februar 2013 zu diesem Termin persönlich vor dem Arbeitsgericht erschienene Beklagte zu 3) habe im Termin vom 13. Februar 2013 selbst erklärt, dass mit Ausnahme des vorgelegten Arbeitsvertrages nichts zutreffend sei. Angesichts dieser eigenen Erklärung des Beklagten zu 3) im Termin vom 13. Februar 2013 sei es daher falsch, dass nunmehr die Echtheit des vorgelegten Arbeitsvertrages bestritten werde. Ausweislich des vorgelegten E-Mail-Verkehrs (Bl. 931 d. A.) habe der Beklagte zu 3) am 17. Mai 2011 bestätigt, dass er "morgen", also am 18. Mai 2011 in der Schweiz anwesend sein werde, um verschiedene Angelegenheiten zu erörtern. Im Zusammenhang mit der vorgelegten E-Mail des Beklagten zu 3) vom 09. September 2011 stelle sich insbesondere die Frage, weshalb der Beklagte zu 3) auf seine fehlenden finanziellen Mittel und einen zugesagten Rückflug nach Deutschland verweise, wenn angeblich weder ein Arbeitsverhältnis zu den durch den Beklagten zu 3) vertretenen Unternehmen bestanden habe, noch die gleichzeitig erfolgte Entsendung zur Regelung der Angelegenheit "N.-Hotel" eine Relevanz aufweisen solle. Im Übrigen habe sich der Beklagte zu 3) mit der zutreffenden Argumentation des Arbeitsgerichts im angefochtenen Urteil nicht auseinandergesetzt. Durch den vorgelegten E-Mail-Verkehr der Parteien werde belegt, dass der Beklagte zu 3) bereits zum Zeitpunkt der Entsendung nach Vietnam gewusst habe, dass die Beklagten zu 1) und 2) überhaupt nicht zahlungsfähig gewesen seien. Der Beklagte zu 3) habe sich daher in seiner Person und in Funktion als vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten zu 1) und 2) einem vorsätzlichen Eingehungsbetrug zu seinem Nachteil strafbar gemacht. Darauf habe das Arbeitsgericht in seinem Urteil die Haftung des Beklagten zu 3) gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB gestützt. Mit diesen Ausführungen habe sich der Beklagte zu 3) in seiner Berufungsbegründung nicht auseinandergesetzt, so dass die Berufung bereits mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung unzulässig sei. Gleiches gelte auch insoweit, als sich der Beklagte zu 3) nicht mit den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts im Zusammenhang mit dem vorgelegten Arbeitsvertrag auseinandergesetzt habe. Die spezielle Haftung des Beklagten zu 3) auf das positive Interesse knüpfe daran an, dass der Beklagte zu 3) als handlungs- und vertretungsberechtigtes Organ der Beklagten zu 1) und 2) darüber in Kenntnis gewesen sei bzw. dies hätte sein müssen, dass der mit ihm abgeschlossene Arbeitsvertrag aufgrund mangelnder finanzieller Möglichkeiten nicht erfüllt werden könne. Aufgrund dessen trete in der Person des Beklagten zu 3) eine akzessorische, d.h. an die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1) und 2) anknüpfende Haftung des Beklagten zu 3) ein, was nichts mit einem Eintritt in das Arbeitsverhältnis zu tun habe. Weiterhin trete nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Haftung gemäß § 826 BGB im Falle der verspäteten Insolvenz- bzw. Konkursantragstellung ein. Zudem bestehe eine Haftung auf das positive Interesse im Falle der aus §§ 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB abgeleiteten Aufklärungspflicht, wenn aufgrund Vermögenslosigkeit ein abgeschlossener Vertrag nicht erfüllt werden könne. Weiterhin bleibe auch bei einer juristischen Person die persönliche Haftung der natürlichen Person, welche eine deliktische Handlung begangen habe, unberührt, so dass insbesondere die Haftungsbeschränkung des § 13 Abs. 2 GmbHG nicht eingreife. Entsprechendes lasse sich auch aus §§ 241 Abs. 2, 280 BGB ableiten. Im Übrigen ergebe sich eine gleichartige Haftung des Beklagten zu 3) auch unter Anwendung des schweizerischen Rechts gemäß seinen Ausführungen im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10. September 2013. Eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 3) ergebe sich wegen der mangelhaften Organisation gemäß Art. 16 a Ziffer 1 OR, mangelhafter Finanzkontrolle gemäß Art. 716 a Ziffer 3 OR, der Verletzung von Informations- und Aufklärungspflichten (Art. 725 Abs. 1, Abs. 2; 716 a Ziffer 7 OR) und der Verletzung von Sorgfalts- und Treuepflichten (Art. 717 OR). Der Verwaltungsrat habe aufgrund der ihm obliegenden Finanzkontrolle bei einer Überschuldung/Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft im Rahmen der ihm übertragenen Informations- und Aufklärungspflichten unverzüglich den zuständigen Richter über die aufgetretenen Zahlungsschwierigkeiten zu informieren und Sanierungsmaßnahmen zu treffen. Gegen diese mit den entsprechenden Artikeln des Obligationenrechts aufgeführten Pflichten habe der Beklagte zu 3) nachhaltig verstoßen. Nach der von ihm angeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs komme grundsätzlich eine Haftung bis hin zum Erfüllungsinteresse in Betracht, wenn es dem Geschädigten ohne Abschluss des Vertrages möglich gewesen wäre, einen günstigeren Vertrag abzuschließen. Ohne Abschluss des hier fraglichen Vertrages sowie die damit einhergehende Täuschungshandlung des Beklagten zu 3) wäre er als langjähriger und verdienter Journalist in der Lage gewesen, seine Arbeitsleistung anderweitig und gewinnbringend, mindestens zu gleichen Konditionen anzubieten. Er wäre sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch als freier Journalist problemlos in der Lage gewesen, auch außerhalb des hier fraglichen Arbeitsverhältnisses weiterhin tätig zu sein. Von Vietnam aus und insbesondere ohne finanzielle Mittel sei es ihm schlicht und ergreifend nicht möglich, seine Arbeitskraft mit Erfolg einzusetzen. Das Arbeitsgericht habe zu Recht den Einspruch des Beklagten zu 3) vom 12. Mai 2014 als unzulässig verworfen. Es sei nicht ausreichend, dass bei einer lediglich im Rahmen der Rechtsbehelfsbelegung allgemein bezeichneten Wochenfrist ein allgemein gehaltenes Kürzel "not" vermerkt werde, weil sich aus diesem Kürzel nicht entnehmen lasse, welche konkrete Frist denn notiert worden sei. Mit dem hier geschilderten Sachverhalt sei nicht einmal ansatzweise eine ordnungsgemäße Fristeintragung/-überwachung möglich. Vielmehr deute der entsprechende Vortrag auf ein gravierendes Kanzleiverschulden hin. Die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) hätte das gemeinsam mit dem Teil-Versäumnisurteil übersandte Empfangsbekenntnis erst dann unterzeichnen und zurücksenden dürfen, nachdem sie sich von der ordnungsgemäßen Notierung der laufenden Rechtsmittelfrist überzeugt habe, was hier überhaupt nicht möglich gewesen sei. Das auf der vorgelegten Kopie enthaltene Kürzel "not" ermögliche nicht die Überprüfung der konkreten Fristberechnung, insbesondere ob der zutreffende Ausgangspunkt zur Fristberechnung (Datum der Urteilszustellung) gewählt und welches konkrete Fristende notiert worden sei. Der Rechtsanwalt müsse bei jeder an ihn erfolgten Zustellung die laufenden Rechtsmittelfristen selbst überprüfen und insbesondere den ermittelten Zustellungszeitpunkt festhalten sowie die richtige Wiedervorlage sicherstellen. Ebenso müsse er prüfen, ob diese Fristen ggf. vom Büropersonal im Kalender vorgemerkt worden seien. Diesen Vorgaben sei durch das hier fragliche Kürzel "not" nicht einmal ansatzweise Rechnung getragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung des Beklagten zu 3) ist zulässig, hat aber in der Sache nur teilweise in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

A.

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. b ArbGG statthafte Berufung des Beklagten zu 3) ist insgesamt zulässig. Sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO).

Entgegen der Ansicht des Klägers genügt die Berufungsbegründung des Beklagten zu 3) den Anforderungen des § 520 Abs. 3 ZPO. Insbesondere beinhaltet die Berufungsbegründung vom 26. Januar 2015 eine hinreichende Auseinandersetzung mit der im erstinstanzlichen Urteil angenommenen deliktischen Haftung des Beklagten zu 3) nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, § 826 BGB, die das Arbeitsgericht darauf gestützt hat, dass der Beklagte zu 3) den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrages über die Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 1) getäuscht und dessen Schädigung bewusst in Kauf genommen habe. Der Beklagte zu 3) hat in seiner Berufungsbegründung im Einzelnen ausgeführt, aus welchen Gründen das Arbeitsgericht seinen Vortrag, er habe den vom Kläger vorgelegten Arbeitsvertrag vom 18. Mai 2011 zu keinem Zeitpunkt unterzeichnet, rechtfehlerhaft als unbeachtliche Schutzbehauptung bzw. als unbeachtliches pauschales Bestreiten gewertet habe und seinem Beweisangebot zu Unrecht nicht nachgekommen sei. Im Hinblick darauf, dass der Beklagte zu 3) die Annahme des Arbeitsgerichts, er habe als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) den Arbeitsvertrag vom 18. Mai 2011 abgeschlossen, mit einer ausreichenden Begründung angegriffen hat, genügt im Übrigen der Verweis auf eine danach nicht bestehende Zahlungs- bzw. Schadensersatzverpflichtung.

B.

Die hiernach insgesamt zulässige Berufung des Beklagten zu 3) ist in Bezug auf die Verwerfung seines Einspruchs gegen das Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 unbegründet. Im Übrigen hat die Berufung des Beklagten zu 3) in der Sache Erfolg. Der Beklagte zu 3) ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Zahlung des geltend gemachten Arbeitslohns für die Monate Oktober 2013 bis August 2014 verpflichtet.

I.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Einspruch des Beklagten zu 3) gegen das Teil-Versäumnisurteil vom 12. März 2014 als unzulässig verworfen, weil er nicht innerhalb der einwöchigen Einspruchsfrist des § 59 Satz 1 ArbGG bei Gericht eingegangen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten zu 3) ist unbegründet.

1. Nach § 233 ZPO ist einer Partei u.a. hinsichtlich der in § 59 Satz 1 ArbGG bezeichneten Notfrist (§ 224 Abs. 1 Satz 2 ZPO) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden gehindert war, die Frist zu wahren. Wegen § 85 Abs. 2 ZPO steht das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten dem Verschulden der Partei gleich. Wurde ein Bevollmächtigter tätig, muss der Antragsteller einen Geschehensablauf vortragen, der ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten zweifelsfrei ausschließt. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die anwaltliche Sorgfaltspflicht, in Fristsachen das Möglichste zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und der Behandlung von Fristen auszuschließen (vgl. BAG 08. Mai 2008 - 1 ABR 56/06 - Rn. 15, NZA 2008, 726). Zwar kann der Rechtsanwalt die Berechnung und Notierung einfacher und in seinem Büro geläufiger Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Angestellten überlassen (st. Rspr., vgl. BGH 05. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - Rn. 7, NJW 2003, 1815). Er hat jedoch durch geeignete organisatorische Maßnahme sicherzustellen, dass die Fristen zuverlässig festgehalten und kontrolliert werden. Zu den zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen im Rahmen der Fristenkontrolle gehört insbesondere, dass die Rechtsmittelfristen in der Handakte notiert werden und die Handakte durch entsprechende Erledigungsvermerke oder auf sonstige Weise erkennen lässt, dass die Fristen in den Fristenkalender eingetragen worden sind (BGH 12. November 2013 - II ZB 17/12 - Rn. 15, NJW-RR 2014, 440). Bei der Organisation des Fristenwesens in seiner Kanzlei hat der Anwalt durch geeignete Anweisungen sicherzustellen, dass die Berechnung einer Frist, ihre Notierung auf den Handakten, die Eintragung im Fristenkalender sowie die Quittierung der Kalendereintragung durch einen Erledigungsvermerk auf den Handakten von der zuständigen Bürokraft zum frühestmöglichen Zeitpunkt und im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vorgenommen werden (BGH 05. Februar 2003 - VIII ZB 115/02 - NJW 2003, 1815). Wenn eine gerichtliche Entscheidung gegen Empfangsbekenntnis zugestellt wird, bedarf es einen besonderen Vermerks in den Handakten, wann die Zustellung erfolgt ist, da nicht der Eingangsstempel, sondern das Datum, unter dem das Empfangsbekenntnis unterzeichnet ist, für den Beginn einer Rechtsmittelfrist maßgeblich ist. Um zu gewährleisten, dass ein solcher Vermerk angefertigt wird und das maßgebende Datum zutreffend wiedergibt, darf der Rechtsanwalt das Empfangsbekenntnis über eine Urteilszustellung nur unterzeichnen und zurückgeben, wenn in den Handakten die Rechtsmittelfrist festgehalten und vermerkt ist, dass diese im Fristenkalender notiert worden ist (BGH 19. September 2013 - III ZR 202/13 - Rn. 4, juris; BAG 10. Januar 2003 - 1 AZR 70/02 - Rn. 7, NZA 2003, 397). Weiterhin hat der Rechtsanwalt, dem die Sache im Zusammenhang mit einer fristgebundenen Prozesshandlung zur Bearbeitung vorgelegt wird, die Einhaltung seiner Anweisung zur Berechnung und Notierung laufender Rechtsmittelfristen einschließlich deren Eintragung in den Fristenkalender eigenverantwortlich zu prüfen, wobei er sich grundsätzlich auf die Prüfung der Vermerke in der Handakte beschränken darf, dies aber auch erforderlich ist (BGH 19. September 2013 - III ZR 202/13 - Rn. 5, juris). Überlässt er die Berechnung und Notierung von Fristen einer gut ausgebildeten, als zuverlässig erprobten und sorgfältig überwachten Bürokraft, hat er die erforderliche eigenverantwortliche Gegenkontrolle so zu organisieren, dass es ihm anhand der Vermerke in der Handakte auch möglich ist zu überprüfen, ob die notierten Fristen richtig berechnet sind (BGH 12. November 2013 - II ZB 17/12 - NJW-RR 2014, 440).

2. Nach diesen Grundsätzen kann im Streitfall nicht angenommen, dass die Fristversäumnis lediglich auf einem dem Beklagten zu 3) nicht zuzurechnenden Verschulden der Kanzleiangestellten seiner Prozessbevollmächtigten beruht. Vielmehr ist nach dem Vortrag des Beklagten zu 3) davon auszugehen, dass seine Prozessbevollmächtigte die Versäumung der Frist selbst schuldhaft mitverursacht hat.

Soweit der Beklagte zu 3) ausgeführt hat, dass die in der Kanzlei seiner Prozessbevollmächtigten ständig mit der Fristennotierung und der Führung der Kalender betraute Fachangestellte P. S. - "ihren Gepflogenheiten entsprechend" - auf der Seite 2 der Ausfertigung des Teil-Versäumnisurteils unmittelbar neben der dort im Rahmen der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Wochenfrist das Kürzel "not" für "notiert" angebracht habe, genügt dies nicht den an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens zu stellenden Anforderungen. Nach dem eigenen Wiedereinsetzungsvorbringen des Beklagten zu 3) hat die Büroangestellte seiner Prozessbevollmächtigten nicht das von ihr errechnete Ende der Einspruchsfrist auf der Ausfertigung des Teil-Versäumnisurteils notiert und so einer Überprüfung durch seine Prozessbevollmächtigte zugänglich gemacht. Vielmehr hat sie mittels des von ihr angebrachten Vermerks "not" nur bestätigt, dass sie die Frist "vermeintlich" richtig berechnet und in den Fristenkalender eingetragen habe. Eine eigenverantwortliche Überprüfung durch die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3), ob die Frist auch richtig berechnet wurde, gestattet dieses Vorgehen nicht. Dieser Organisationsmangel ist auch für die Fristversäumung ursächlich geworden. Hätte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) die zur Ermöglichung einer Gegenkontrolle erforderlichen Vorkehrungen durch eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens sichergestellt, wäre ihr bei Vorlage der Handakte aufgefallen, dass die notierte Frist nicht richtig sein kann. Nach dem Wiedereinsetzungsvorbringen des Beklagten zu 3) wurde die Akte nach dem Notieren der Frist seiner Prozessbevollmächtigten als Sachbearbeiterin vorgelegt, die sich durch Überprüfung des Vermerks "not" von der Notierung der Frist überzeugt haben will und eine Abschrift des Titels an ihn weiterleitete. Da die Vorlage der Handakte im Zusammenhang mit einer (künftigen) fristgebundenen Prozesshandlung stand, war die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) zur Überprüfung der Berechnung und Eintragung der Frist verpflichtet (vgl. BGH 19. September 2013 - III ZR 202/13 - Rn. 7, juris). Die erforderliche eigenverantwortliche Prüfung, ob die Frist auch richtig berechnet wurde, konnte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) anhand des Vermerks "not" jedoch nicht vornehmen (vgl. hierzu BGH 12. November 2013 - II ZB 17/12 - Rn. 17, NJW-RR 2014, 440). Hätte die Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 3) vor Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses die ihr obliegende eigenverantwortliche Überprüfung der Berechnung der Einspruchsfrist vorgenommen, so wäre ihr die fehlerhafte Notierung der Einspruchsfrist auch aufgefallen und ihr wäre die Akte nicht erst nach Fristablauf vorgelegt worden. Die geschilderte Handhabung in der Kanzlei (Anbringung des Vermerks "not" neben der in der Rechtsbehelfsbelehrung genannten Frist ohne Angabe des errechneten Fristendes) genügt nicht den dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Organisation des Fristenwesens und trägt das Risiko einer Fristenversäumung in sich, so wie es sich vorliegend auch realisiert hat (vgl. hierzu LAG Hessen 14. Februar 2012 - 15 Sa 832/11 - Rn. 32, juris).

Mithin beruht die Fristversäumnis auf einen dem Beklagten zu 3) zuzurechnenden Organisationsverschulden seiner Prozessbevollmächtigten, so dass das Arbeitsgericht zu Recht die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt und den Einspruch als unzulässig verworfen hat.

II.

Die Berufung des Beklagten zu 3) hat hingegen Erfolg, soweit das Arbeitsgericht der Klage gegen den Beklagten zu 3) in Ziffern 2., 3., 6. und 7. des Urteilstenors stattgegeben hat. Der Beklagte zu 3) ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zur Zahlung des geltend gemachten Arbeitslohns für die Monate Oktober 2013 bis August 2014 verpflichtet.

1. Ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 3) hat unstreitig nicht bestanden. Der vorgelegte Arbeitsvertrag vom 18. Mai 2011, dessen Unterzeichnung der Beklagte zu 3) bestreitet, ist nach dem Vortrag des Klägers mit der Beklagten zu 1) zustande gekommen. Ansprüche auf Erfüllung von Verträgen, die mit einer juristischen Person geschlossen worden sind, richten sich grundsätzlich nur gegen diese (Trennungsprinzip). Eine Haftung des Beklagten zu 3) auf Erfüllung des mit der Beklagten zu 1) abgeschlossenen Arbeitsvertrags kommt nach dem Klagevorbringen nicht in Betracht. Selbst wenn man gemäß dem Vortrag des Klägers und der Annahme des Arbeitsgerichts unterstellt, dass der Beklagte zu 3) als gesetzlicher Vertreter der Beklagten zu 1) den Kläger bei Abschluss des Arbeitsvertrags vom 18. Mai 2011 über die Zahlungsfähigkeit der Beklagten zu 1) getäuscht und dessen Schädigung bewusst in Kauf genommen hat, führt dies allenfalls zur Haftung auf Ersatz des negativen Interesses aus Delikt oder Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo), nicht aber zu einer Erfüllungshaftung des Beklagten zu 3) in seiner Eigenschaft als Verwaltungsrat (vgl. LAG Köln 10 September 1998 - 11 Sa 46/98 - juris).

2. Der Kläger kann vom Beklagten zu 3) den geltend gemachten Arbeitslohn für die Monate Oktober 2013 bis August 2014 in Höhe von insgesamt 22.000,00 CHF auch nicht als Schadensersatz verlangen.

a) Selbst wenn man davon ausgeht, dass der haftungsbegründende Tatbestand eines Schadensersatzanspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluss (culpa in contrahendo), Delikt oder Insolvenzverschleppung vorliegt, ist die Haftung lediglich auf den Ersatz des negativen Interesses gerichtet, d.h. der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das haftungsbegründende Ereignis stünde (LAG Köln 10. September 1998 - 11 Sa 46/98 - Rn. 13, juris ; Palandt BGB 74. Aufl. Vorb v § 249 Rn. 17). Hätte der Beklagte zu 3) den Kläger gemäß der von ihm behaupteten Pflicht auf die mangelnde Zahlungsfähigkeit bei Abschluss des von ihm behaupteten Arbeitsvertrags hingewiesen, hätte er zwar wahrscheinlich den Arbeitsvertrag nicht geschlossen, dann aber auch keinen Vergütungsanspruch aus dem Arbeitsverhältnis gehabt (vgl. LAG Köln 10. September 1998 - 11 Sa 46/98 - Rn. 13, juris).

b) Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts gilt auch bei einem Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB, 826 BGB nichts anderes.

Ob ein zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, ist nach der sog. Differenzhypothese grundsätzlich durch einen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die sich ohne dieses Ereignis ergeben hätte, zu beurteilen. Der nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 StGB zum Schadensersatz Verpflichtete hat lediglich den Differenzschaden zu ersetzen. Davon zu unterscheiden ist der Anspruch auf Ersatz des Erfüllungsinteresses. Dieses ist zu ersetzen, wenn der Anspruchsinhaber verlangen kann, so gestellt zu werden, als ob eine Verbindlichkeit ordnungsgemäß erfüllt worden wäre. Da die deliktische Haftung nicht an das Bestehen einer Verbindlichkeit und deren Nicht- oder Schlechterfüllung anknüpft, stellt sich im Deliktsrecht die Frage nach dem Erfüllungsinteresse als solche nicht. Der deliktische Schadensersatzanspruch richtet sich allein auf das "Erhaltungsinteresse". Das gilt für die deliktische Haftung grundsätzlich auch dann, wenn sie neben einer vertraglichen Schadensersatzpflicht besteht. Der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte hat grundsätzlich keinen Anspruch darauf, besser zu stehen, als er stünde, wenn der Schädiger die unerlaubte Handlung nicht begangen hätte (BGH 18. Januar 2011 - VI ZR 325/09 - Rn. 8 und 9, NJW 2011, 1962).

Der Arbeitnehmer kann nur von seinem Arbeitgeber Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Der Beklagte zu 3) ist unstreitig nicht Arbeitgeber des Klägers. Die ihm vorgeworfene unerlaubte Handlung kann nicht dazu führen, dass er haftungsrechtlich wie ein Arbeitgeber behandelt wird (vgl. BGH 18. Januar 2011 - VI ZR 325/09 - Rn. 9, NJW 2011, 1962).

c) Im Streitfall ist dem Kläger durch die von ihm behauptete Täuschung des Beklagten zu 3) jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum von Oktober 2013 bis August 2014 kein Schaden in Höhe des für diesen Zeitraum geltend gemachten Arbeitslohns entstanden.

Der Kläger ist nach seiner im November 2011 eingereichten Klage wegen unterbliebener Gehaltszahlungen ausweislich seiner Ausführungen im Schriftsatz vom 01. Februar 2012 selbst davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 1) zu Gehaltszahlungen weder bereit noch imstande ist. Dementsprechend hat er jedenfalls in der hier maßgeblichen Zeit ab Oktober 2013 auch nicht etwa im Vertrauen auf Gehaltszahlungen durch die Beklagte zu 1) für diese Arbeitsleistungen erbracht bzw. anderweitige Verdienstmöglichkeiten nicht wahrgenommen (vgl. hierzu BAG 24. September 1974 - 3 AZR 589/73 - Rn. 40, NJW 1975, 708). Daran ändert auch der Verweis des Klägers auf die von ihm behauptete Entsendung durch den Beklagten zu 3) nach Vietnam Ende Juni 2011 nichts. Er hat selbst darauf verwiesen, dass er als langjähriger und verdienter Journalist sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch als freier Journalist problemlos in der Lage gewesen wäre, auch außerhalb des hier fraglichen Arbeitsverhältnisses tätig zu sein und ein entsprechendes Einkommen zu erzielen. Der Kläger, der deutscher Staatsangehöriger ist und in Vietnam eine Vietnamesin geheiratet hat, ist nach seiner eigenen Erklärung in unregelmäßigen Abständen auf Einladung der Gemeinde P-Stadt in Deutschland. Mithin wäre es ihm ungeachtet seiner behaupteten Entsendung nach Vietnam durch den Beklagten zu 3) Ende Juni 2011 auch möglich gewesen, in der Folgezeit einen entsprechenden Verdienst zu erzielen, als er in Anbetracht der ausgebliebenen Gehaltszahlungen selbst von einer Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zu 1) ausgegangen war. Das gilt jedenfalls für den hier maßgeblichen Zeitraum ab Oktober 2013. Nichts spricht dafür, dass dem Kläger als deutscher Staatsangehöriger nach seinem Flug nach Vietnam Ende Juni 2011 eine Rückkehr nach Deutschland über mehrere Jahre bis Oktober 2013 trotz entsprechender Bemühungen nicht möglich gewesen sein soll und er sich deswegen auch noch im streitgegenständlichen Zeitraum lediglich "unfreiwillig" in Vietnam befunden haben könnte. Vielmehr hat der Kläger im Termin vom 06. August 2015 selbst erklärt, dass er in unregelmäßigen Abständen auf Einladung der Gemeinde P-Stadt in Deutschland sei. Soweit sich der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum ab Oktober 2013 in Vietnam aufgehalten hat und von dort aus seine Arbeitskraft nicht mit Erfolg einzusetzen vermag, kann dies jedenfalls nicht dem Beklagten zu 3) zugerechnet werden.

d) Auch eine Haftung zu 3) wegen Insolvenzverschleppung richtet sich nur auf den Ersatz des negativen Interesses, d. h. der Gläubiger ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn der Geschäftsleiter seiner Insolvenzantragspflicht rechtzeitig nachgekommen wäre (BGH 14. Mai 2012 - II ZR 130/10 - Rn. 13 bis 15, NJW 2012, 3510). Falls die Beklagte zu 1) bereits bei Abschluss des behaupteten Arbeitsvertrags gemäß dem Vortrag des Klägers zahlungsunfähig war und der Beklagte zu 3) bereits vor der am 08. August 2012 erfolgten Eröffnung des Konkursverfahrens einen Konkursantrag aufgrund einer entsprechenden Verpflichtung gestellt hätte, würde dies ebenfalls nicht dazu führen, dass der Kläger von der Beklagten zu 1) für die Zeit von Oktober 2013 bis August 2014 seinen Arbeitslohn aus dem von ihm vorgelegten Arbeitsvertrag erhalten hätte.

e) Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte zu 3) einen der vom Kläger angeführten haftungsbegründenden Tatbestände des schweizerischen Rechts erfüllt hat. Zwar sieht das Obligationenrecht ebenso wie das deutsche Recht eine persönliche Haftung des Verwaltungsrates für Schäden vor, den dieser durch schuldhafte Verletzung der ihm obliegenden Pflichten verursacht hat. Etwaige Verstöße des Beklagten zu 3) gegen die ihm nach dem Obligationenrecht obliegenden Pflichten ändern aber nichts daran, dass dem Kläger nach der Differenztheorie, dem die Schadensberechnung auch nach der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichts (Schweiz) folgt, gemäß den obigen Ausführungen kein zu ersetzender Vermögensschaden in Höhe des Arbeitslohns für die Monate Oktober 2013 bis August 2014 infolge der behaupteten Pflichtverletzungen entstanden ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

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