LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11.11.2014 - 6 Sa 292/14
Fundstelle
openJur 2020, 18027
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 21. November 2013 - 9 Ca 1653/12 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung, um die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers und um dessen Weiterbeschäftigung.

Der 1969 geborene, ledige, keinem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit 16. Oktober 2003 als Mitarbeiter im Lagerbereich zuletzt zu einer Bruttomonatsvergütung von 1.966,00 Euro bei der Beklagten beschäftigt, einem Unternehmen, das Großverbraucher mit Molkereiprodukten beliefert und regelmäßig weit mehr als 10 Mitarbeiter mit Ausnahme der Auszubildenden beschäftigt. Der Kläger ist Ersatzmitglied des bei der Beklagten gewählten Betriebsrates. Ob er als solches - wie von ihm behauptet - am 05. Oktober 2012 an einer Sitzung des Betriebsrates teilgenommen hat, ist zwischen den Parteien umstritten.

Die Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 18. Juni 2012 eine Abmahnung, in der dem Kläger vorgeworfen wurde, sich einem Vorgesetzten gegenüber im Beisein von Kollegen respektlos verhalten zu haben, nachdem dieser den Kläger auf eine Unterhaltung mit anderen Mitarbeitern während der Arbeitszeit angesprochen habe. Mit Schreiben vom 21. Juni 2012 wurde der Kläger erneut wegen des Vorwurfs respektlosen Verhaltens gegenüber einem weiteren Vorgesetzten abgemahnt. Der Geschäftsführer der Beklagten führte auf eine Eingabe des Klägers wegen der Abmahnungen in einem Schreiben vom 23. Juli 2012 (Bl. 101 d. A.) ua. wie folgt aus:

"Selbstverständlich ist es Ihnen nicht verwehrt Mitarbeitern, die Sie während Ihrer Arbeitszeit ansprechen, kurz zu antworten oder sich mit diesen kurz abzustimmen. Dies soll Ihnen auch nicht verwehrt oder vorgeworfen werden. Auch kann es Ihnen nicht vorgeworfen werden, wenn Sie Ihre Vorgesetzten beispielsweise über eventuell zugestellte Notausgänge informieren. Hierum ging es in der Abmahnung auch nicht."

Eine dritte Abmahnung erfolgte mit Schreiben vom 12. Dezember 2012, in dem dem Kläger vorgehalten wurde, seinen Arbeitsplatz im Lager eigenmächtig vor dem Ende seiner arbeitsvertraglich vereinbarten Mindestarbeitszeit verlassen zu haben. Der Kläger hat gegen die ersten beiden Abmahnungen am 27. August 2012 vorliegende Klage beim Arbeitsgericht Mainz erhoben. Gegen die dritte Abmahnung hat er sich im Verfahren 9 Ca 218/13 mit am 06. Februar 2013 erhobener Klage zu Wehr gesetzt.

Der Kläger war ab 18. Dezember 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Der von der Beklagten eingeschaltete medizinische Dienst der Krankenkassen bestätigte das Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit, wie in den vom Kläger vorgelegten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen angegeben.

Am 09. Januar 2013 sprach der Kläger beim städtischen Rechts- und Ordnungsamt, Abteilung Lebensmittel- und Verbraucherschutz, vor, um auf seiner Meinung nach unhaltbare Zustände im Betrieb der Beklagten aufmerksam zu machen. Der Vermerk des zuständigen Sachbearbeiters H zu den Mitteilungen des Klägers vom 10. Januar 2013, wegen dessen Inhaltes ergänzend auf Bl. 97 d. A verwiesen wird, lautet auszugsweise:

"In einem Frischelager sei in einer Höhe von ca. 10 Metern ein Majonaiseeimer heruntergefallen. Die ausgelaufene Majonaise habe den dortigen Bereich, insbesondere die Seitenverstrebungen entsprechend verunreinigt. Seiner Meinung nach sei eine Reinigung dort bis heute nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erfolgt. Auf Nachfrage teilte Herr A. mit, dass sich der betroffene Bereich in Gang 7, zwischen den Abstellflächen mit den Nummern 13.000 und ca. 15.000 befinde.

Weiterhin teilt Herr B. mit, dass Fluchtwege in dem Lager versperrt bzw. die vorhandenen Notausgangstüren verschlossen seien. Herrn B. wurde mitgeteilt, dass dieser Umstand vom Gewerbeaufsichtsamt im Rahmen der Überwachung nach der Arbeitsstättenverordnung zu überprüfen sei. Gegebenenfalls sei zusätzlich die Bauaufsicht hinzuzuziehen.

Herrn A. wurde abschließend mitgeteilt, dass die Lebensmittelkontrolle seine Vorhaltungen bezüglich der Verunreinigungen durch den heruntergefallenen Majonaiseeimer überprüfen wird und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen eingeleitet würden.

Bzgl. der Einlassungen der versperrten bzw. verschlossenen Rettungswege und Notausgangstüren, wurde er an das in M ansässige Gewerbe-aufsichtsamt verwiesen."

In einer vom 13. März 2013 datierenden handschriftlichen Aktennotiz des zuständigen Sachbearbeiters (Bl. 98 d. A.) heißt es, die Mitarbeiterin der Beklagten K sei über den Sachverhalt wegen des Mayonnaiseeimers telefonisch unterrichtet worden und habe die Beseitigung fest zugesagt.

Am 28. Januar 2013 erschien der Kläger beim städtischen Polizeipräsidium, um auf Missstände im Sicherheitsmanagement der Beklagten aufmerksam zu machen, wobei er angab, diese in der Vergangenheit bereits beim Ordnungsamt, dem Gewerbeaufsichtsamt und seinem Lagerleiter gemeldet zu haben, ohne dass weitere Maßnahmen erfolgt seien. Der Vermerk der zuständigen Polizeikommissarin vom gleichen Tag, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 133 d. A.), lautet auszugsweise wie folgt:

"Zur Situation in der oben genannten Firma gab Herr A. an, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Notausgangstüren durch Metallplatten verschraubt seien, sämtliche Feuerschutzgeräte seien durch Regale versperrt."

Unter dem 05. März 2013 erstellte die städtische Lebensmittelkontrolle aufgrund eines Besuchs zweier ihrer Mitarbeiter bei der Beklagten am 01. März 2013 einen Kontrollbericht anlässlich einer "planmäßigen Routinekontrolle". Die Feststellungen enden mit dem Ergebnis, dass der Lagerbereich überprüft worden sei und keine Beanstandungen hätten festgestellt werden können. Darüber hinaus heißt es, dass die Beklagte aufgrund einer Anzeige vom 28. Januar 2013 aufgesucht worden und der bei der Kontrolle anwesende Geschäftsführer über den Sachverhalt informiert worden sei, der schriftlich Stellung nehmen wolle.

Der Geschäftsführer der Beklagten teilte dem zuständigen Mitarbeiter der Lebensmittelkontrolle im Hinblick auf die vom Polizeipräsidium weitergeleitete Anzeige des Klägers mit Email vom 01. März 2013, wegen deren weiterem Inhalt auf Bl. 130 d. A. verwiesen wird, ua. mit, die Feuerlöscher im Unternehmen würden regelmäßig gewartet, zuletzt seien im Januar 2012 neue Feuerlöscher aufgehängt worden, die bis 2014 haltbar seien, es seien keine baurechtlich als Notausgänge ausgewiesene Türen verschweißt oder zugemauert worden und Verschmutzungen im Lagerbereich durch herabfallende Lebensmittel würden selbstverständlich gereinigt.

Mit Schreiben vom 05. März 2013, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 128 f. d. A. Bezug genommen wird, wurde dem Kläger hinsichtlich seiner Anzeige vom 28. Januar 2013 vom städtischen Rechts- und Ordnungsamt ua. mitgeteilt, bei einer erneuten unangekündigten, außerplanmäßigen Betriebskontrolle hätten weder Verstöße gegen lebensmittel- oder hygienerechtliche Vorschriften, noch zugestellte und verschlossene Notausgangstüren festgestellt werden können, insbesondere sei der Lagerbereich vollständig gereinigt. Ergänzend heißt es:

"Nach telefonischer Rücksprache mit dem Bauaufsichtsamt, wurde uns von dort mitgeteilt, dass auf Anregung des Gewerbeaufsichtsamtes vor ca. 14 Tagen ein Ortstermin bei der Firma stattfand. Hierbei wurde festgestellt, dass lediglich die "alten" Notausgänge verschlossen waren. Parallel erfolgten kürzlich einige Umbaumaßnahmen, die geänderten (neuen) Flucht- und Rettungswege entsprechen einwandfrei den baurechtlichen sowie gewerberechtlichen Vorschriften.

Ihre Vorhaltungen gemäß des Vermerks der Polizeiinspektion 1, dass keine weiteren Maßnahmen erfolgt seien, sind somit haltlos."

Mit Schreiben vom 12. März 2013 hörte die Beklagte den Betriebsrat wegen der beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf Bl. 171 ff. d. A. Bezug genommen. Der Betriebsrat stimmte am 15. März 2013 der beabsichtigten Kündigung zu.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 15. März 2013, dem Kläger zugegangen am gleichen Tag, außerordentlich und hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2013. Hiergegen hat sich der Kläger mit einer am 21. März 2013 beim Arbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 9 Ca 538/13 eingereichten Kündigungsschutzklage gewendet und zugleich seine Weiterbeschäftigung begehrt. Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28. März 20013 unter dessen Führung vorliegendes Verfahren mit den Verfahren 9 Ca 538/13 und 9 Ca 218/13 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Abmahnungen seien aus im Einzelnen dargestellten Gründen inhaltlich nicht gerechtfertigt und die ausgesprochene Kündigung unwirksam. Die einige Wochen vor der Erkrankung des Klägers beim Herabfallen eines Mayonnaiseeimers herausgelaufene Mayonnaise sei entsprechend dem Anerkenntnis der Mitarbeiterin K aus dem vom 13. März 2013 - und nicht wie ursprünglich angenommen 13. Januar 2013 - datierenden Aktenvermerk auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht beseitigt gewesen. Wenn an einzelnen kaum sichtbaren Verstrebungen des Hochregals noch Mayonnaisereste zu sehen gewesen seien, könne von einer unverzüglichen Beseitigung keine Rede sein. Versuche, bei seinem Arbeitgeber Abhilfe zu schaffen und für einwandfreie hygienische Zustände zu sorgen, seien fehlgeschlagen, weshalb er sich keinen anderen Rat gewusst habe, als den Sachverhalt dem Rechts- und Ordnungsamt der Stadt vorzutragen. Er habe auch immer wieder darauf hingewiesen, dass Fluchtwege versperrt und Notausgangstüren verschlossen gewesen seien; dies zeige auch das eigene Vorbringen der Beklagten, das deren Einstellung zur Sicherheitsvorschriften zeige. Abhilfe sei nie geschaffen worden, was sich aus zur Akte gereichten Bildern (Bl. 99 f. d. A.) ergebe. Dass Missstände bestanden hätten, habe auch der Geschäftsführer in seinem Schreiben vom 23. Juli 2012 bestätigt. Erst nachdem er bei der Verwaltungsbehörde vorgesprochen habe, seien die Missstände beseitigt und - wie aus dem Schreiben der Stadtverwaltung vom 05. März 2013 ersichtlich - nach der Schaffung neuer Notausgänge die alten verschlossen worden. Der Geschäftsführer habe Missstände zugegeben und Beseitigung gegenüber dem Sachbearbeiter des Ordnungsamtes H zugesagt. Nach dem klägerischen Hinweis bei der Verwaltung seien neue Feuerlöscher aufgehängt worden, die den aktuellen technischen Anforderungen entsprächen; fehlende Wartung habe er nicht gerügt. Letztlich habe erst seine zum Eigenschutz und Schutz anderer Mitarbeiter erhobene Anzeige dazu geführt, dass nun ordnungsgemäße Zustände herrschten; eine Kündigung sei keinesfalls gerechtfertigt. Die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrates und dessen Zustimmung werde gerügt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Abmahnungen vom 18. Juni, 21. Juni 2012 und 12. Februar 2013 aus seiner Personalakte zu entfernen,

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche und fristlose Kündigung vom 15. März noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 15. März 2013 aufgelöst worden ist,

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis über den 30. Juni 2013 hinaus fortbesteht,

4. die Beklagte zu verurteilen, in zu unveränderten Bedingungen auf demselben Arbeitsplatz als Mitarbeiter im Lagerbereich weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die ausgesprochenen Abmahnungen seien aus im Einzelnen dargelegten Gründen gerechtfertigt, zudem die außerordentliche fristlose Kündigung bereits nach § 7 KSchG wirksam, da es mangels individuellen Schriftzugs an einer ordnungsgemäßen Klageerhebung fehle. Auch im Übrigen sei die Kündigung berechtigt. Die vom Kläger in seiner Anzeige erhobenen Vorwürfe entsprächen ausweislich der Ermittlungsergebnisse sowohl des Rechts- und Ordnungsamtes, als auch des Bauamtes nicht der Wahrheit und seien nicht nachvollziehbar, zumal der Kläger, der seit Dezember arbeitsunfähig erkrankt sei, keine aktuellen Kenntnisse über die angezeigten Sachverhalte gehabt haben könne. Es sei nicht akzeptabel, dass sie durch unberechtigte und absolut haltlose Anzeigen "angeschwärzt" und ihr Ruf geschädigt werde. Dem Kläger sei es - wie die Dramatik seiner erfundenen Schilderungen, insbesondere hinsichtlich angeblich verschweißter Notausgänge zeige - einzig darum gegangen, ein behördliches Verfahren gegen sie einzuleiten, das geeignet sei, sie durch negative öffentliche Publizität in ihrer Existenzgrundlage zu gefährden. Er habe es entgegen seiner unsubstantiierten Behauptungen im Rechtsstreit bewusst unterlassen, nach seiner Meinung existierende Missstände vorab innerbetrieblich zu klären. Bemerkenswert sei allenfalls, dass der Kläger immer dann unzutreffende Behauptungen gegenüber seinen Vorgesetzten über angeblich zugestellte Notausgänge aufgestellt habe, wenn diese ihn angehalten hätten, seiner Arbeit nachzugehen. Es seien zu keinem Zeitpunkt Notausgangstüren verschlossen oder gar gesetzlich vorgeschriebene Notausgänge durch Metallplatten verschraubt gewesen. Auch der Geschäftsführer habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Missstände zugegeben, mit dem Zeugen H habe er persönlich überhaupt keinen Kontakt gehabt. Dem Kläger sei stets klar gewesen, dass nach einer innerbetrieblichen Umbaumaßnahme lediglich die alten Notausgangstüren verschlossen worden seien, nachdem neue Notausgangstüren vorhanden gewesen seien. Selbst wenn Fluchtwege für kurze Zeit durch in der Nähe des Notausgangs abgestellte Rollcontainern versperrt gewesen seien (die Situation auf den Fotos könne der Kläger unter Umständen selbst gestellt haben), könnten diese zum einen problemlos zur Seit gerollt werden und zum anderen könne die besagte Halle im Notfall über 12 LKW-Laderampen verlassen werden. Die Mayonnaise vom heruntergefallenen Eimer sei unverzüglich beseitigt worden, auch die Reste an einzelnen kaum sichtbaren Verstrebungen des Hochregals, über die sie erstmals durch einen Anruf des Ordnungsamtes am 13. März 2013 informiert worden sei. Im Übrigen habe eine Gesundheitsgefahr angesichts der vollständig verpackten Produkte zu keinem Zeitpunkt bestanden. Auch der Vorwurf hinsichtlich der Feuerschutzgeräte sei unzutreffend und der Kläger sei an seine prozessuale Wahrheitspflicht zu erinnern, wenn er nun behaupte, nach seiner Anzeige seien neue Feuerlöscher aufgehängt worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. November 2013 insgesamt abgewiesen. Zu Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die von der Beklagten unter Wahrung der Zwei-Wochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ausgesprochene außerordentliche Kündigung sei gemäß § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt, da davon auszugehen sei, dass der Kläger die Beklagte mit wissentlich unwahren Angaben bei staatlichen Stellen angezeigt habe, indem er bei der Polizei die Behauptung aufgestellt habe, dass gesetzlich vorgeschriebene Notausgangstüren durch Metallplatten verschraubt und sämtliche Feuerschutzgeräte durch Regale versperrt seien. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte, aus welchen Gründen der Kläger, der eigene Feststellungen entgegen der ihm obliegenden abgestuften Darlegungslast nicht konkret vorgetragen habe, von der Richtigkeit dieser Behauptungen habe ausgehen können. Auch aus den zur Akte gereichten Fotos ergebe sich nichts anderes, da mit Rollwagen zugestellten Notausgänge allenfalls eine Meldung an die Geschäftsleitung oder ein Tätigwerden des Betriebsrats (dem der Kläger ja angehöre) gerechtfertigt hätten. Der vom Kläger erhobene Vorwurf von mit Metallplatten verschraubten Notausgängen und durch Regale versperrten Feuerlöschern habe etwas Menschenverachtendes und wäre völlig unvereinbar mit dem, was von Unternehmen im 21. Jahrhundert erwartet werde. Dieses Bild habe der Kläger bewusst zu Unrecht durch seine falschen Tatsachenangaben gezeichnet. Sein Verhalten lasse jegliche Loyalität gegenüber der Arbeitgeberin vermissen, vermittele den Eindruck bewusster Schädigungsabsicht, sei für die Beklagte nicht hinnehmbar und begründe ein hohes Interesse der Beklagten an der außerordentlichen Kündigung (auch eines Betriebsratsmitglieds), hinter dem das Beschäftigungsinteresse des Klägers selbst dann zurückzutreten habe, wenn man seine relativ lange - unterstellt beanstandungsfreie - Betriebszugehörigkeit berücksichtige. Auch der Betriebsrat sei ordnungsgemäß nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG angehört worden. Der Kläger habe in Bezug auf die von der Beklagten zur Akte gereichten Anhörungsunterlagen über eine vollständige Information des Betriebsrates Einwände nicht mehr erhoben. Auf die Wirksamkeit der Abmahnungen komme es vor diesem Hintergrund nicht mehr entscheidungserheblich an. Auch einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung habe der Kläger wegen der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Urteils wird auf Bl. 199 ff. d. A. verwiesen. Ausweislich des Aktenvermerks auf Bl. 209 d. A. ist das Urteil am 14. April 2014 in der Form des § 60 Abs. 4 Satz 1 ArbGG zur Geschäftsstelle gelangt; am gleichen Tag wurde eine Urschrift des Urteils zu den Akten genommen und je eine Ausfertigung des Urteils zum Zwecke der Zustellung per Empfangsbekenntnis an die Prozessbevollmächtigten zur Post gegeben.

Der Kläger hat gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 22. April 2014 zugestellte Urteil mit am 12. Mai 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08. Mai 2014 Berufung eingelegt und diese innerhalb nachgelassener Frist mit Schriftsatz vom 14. Juli 2014, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2014, begründet.

Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung nach Maßgabe seiner Beru-fungsbegründungsschrift vom 14. Juli 2014, hinsichtlich deren Inhaltes auf Bl. 224 ff. d. A. ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen geltend,das Arbeitsgericht habe ihm fehlerhaft Schädigungsabsicht unterstellt und verkannt, dass aufgrund des erheblichen Spannungsverhältnisses im Arbeitsverhältnis bereits einfache Kommunikationskanäle zwischen den Beteiligten nicht mehr funktionsfähig gewesen seien und das Kommunikationsverhältnis als vergiftet anzusehen gewesen sei. Das Thema zugestellter Notausgänge sei ausweislich des Schreibens des Geschäftsführers vom 23. Juli 2012 im Übrigen offensichtlich durchaus bereits erörtert worden. Seine Darlegungslast sei vor dem Hintergrund seiner krankheitsbedingten Abwesenheit im Laufe des Verfahrens weiter einzuschränken. Auch sei mitnichten durch die behördlichen Feststellungen dokumentiert, dass seine Vorwürfe unzutreffend gewesen seien. Das ergebe sich bereits aus der Tatsache, dass es unmittelbar nach seiner Anzeige eine Kommunikation zwischen der Behörde und der Beklagten gegeben habe. Eine drei Monate verspätete Bearbeitung des hygienerechtliche und sicherheitsrelevante Probleme betreffenden Vorfalls erst im März wäre auch nicht nachvollziehbar. Der Zeuge H hätte vernommen werden müssen. Das gelte insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Vorgehensweise hinsichtlich der Umbaumaßnahmen im Bereich der Notausgangstüren nicht aufgeklärt worden sei. Wie selbstverständlich gehe die Beklagte, die unsubstantiiert Umbaumaßnahmen im 1. Quartal eingeräumt habe, anlässlich derer die "alten" Notausgangstüren hätten verschlossen werden können, davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt neue Notausgangstüren bereits bestanden hätte, dies sei jedoch mitnichten gewesen (Zeugnis W und L). Zum Zeitpunkt der Beanstandung habe kein veröffentlichter Notausgangsplan existiert, so dass den Mitarbeitern daran gelegen gewesen sei, diese sicherheitsrelevante Problematik zu thematisieren. Er habe kein Anzeigendokument unterzeichnet. Sofern im Rahmen der Gespräche der Eindruck entstanden sei, er dramatisiere den Sachverhalt, sei dies möglicherweise dem Umstand geschuldet, dass die innerbetriebliche Klärung gerade ergebnislos verlaufen sei und er nach den zahlreichen Bagatellabmahnungen, die er als systematische Benachteiligung seiner Person habe ansehen müssen, zu einer Nutzung innerbetrieblicher Abläufe keine Veranlassung mehr bestanden habe. Eine frühere Benennung der Zeugen der Zeugen W und L sei ihm nicht möglich gewesen, da er über deren Kenntnis des Sachverhalts keine eigene Kenntnis gehabt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Az.: 9 Ca 1653/12 - verkündet am 21. November 2013, zugestellt am 22. April 2014, aufzuheben und nach den Schlussanträgen I. Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderungsschrift vom 11. September 2014 (Bl. 247 ff. d. A.), auf die ergänzend Bezug genommen wird, zweitinstanzlich im Wesentlichen wie folgt:

Das Arbeitsgericht habe zu Recht angenommen, dass die außerordentlich Kündigung gerechtfertigt sei wegen wissentlich unwahrer Angaben des Klägers bei öffentlichen Behörden in bewusster Schädigungsabsicht in Bezug auf angeblich mit Metallplatten verschraubte Notausgangstüren und durch Regale versperrte Feuerschutzgeräte. Ein erhebliches Spannungsverhältnis habe nicht bestanden, willkürliche Abmahnungen seien nicht erfolgt und die Kommunikationskanäle zwischen den Parteien seien - auch, weil der Kläger Mitglied des Betriebsratsgremiums gewesen sei - nicht funktionsunfähig gewesen. Aus dem Schreiben vom 23. Juli 2012 ergebe sich nicht, dass der Kläger sich wegen der bei der Polizei gerügte Missstände zuvor an die Beklagte gewandt habe. Die dort erhobenen weitaus schwerwiegenderen Vorwürfe seien nie Gegenstand der Erörterung gewesen. Der Kläger habe völlig unzureichend dargelegt, wann und wo er die angeblichen Missstände gesehen haben wolle. Aus welchen Gründen die Darlegungslast des Klägers vor dem Hintergrund der krankheitsbedingten Abwesenheit des Klägers während des Verfahrens weiter einzuschränken sei, sei nicht nachvollziehbar. Die Umbaumaßnahmen im Betrieb seien ohne jeden Zusammenhang zu den Beschwerden des Klägers erfolgt. Der Vortrag, die alten Notausgangstüren seien verschlossen worden, bevor die neuen vorhanden gewesen seien, sei neu und entbehre jeder Tatsachengrundlage; es seien zu jedem Zeitpunkt Notausgangstüren im erforderlichen Umfang vorhanden gewesen. Im Übrigen versuche der Kläger nunmehr nur die Anzeige und die Sachverhaltsschilderung bei der Polizei zu rechtfertigen, streite den Wortlaut seiner Erklärung aber weiterhin nicht ab.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes im Berufungsverfahren wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Gründe

A.

Die zulässige Berufung ist in der Sache nicht erfolgreich.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 2 Buchstabe c ArbGG), wurde nach Zustellung des erstinstanzlichen Urteils am 22. April 2014 mit am 12. Mai 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 08. Mai 2014 form- und fristgerecht eingelegt (§ 66 Abs. 1 Satz 1 und 2, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 519 ZPO) und innerhalb nachgelassener Frist mit Schriftsatz vom 14. Juli 2014, bei Gericht eingegangen am 15. Juli 2014, rechtzeitig und ordnungsgemäß begründet (§ 66 Abs. 1 Satz 1, 2, 5, § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO).

II.

Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.

1. Das Arbeitsgericht ist aus zutreffenden, sorgfältig dargestellten Gründen zu Recht davon ausgegangen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 15. März 2013 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet hat, da der Beklagten ein nicht verfristeter fristloser Kündigungsgrund iSd. §§ 626 BGB, 15 Abs. 1 KSchG zur Seite stand und der Betriebsrat vor Kündigungsausspruch ordnungsgemäß beteiligt wurde. Die Berufungskammer macht sich die arbeitsgerichtlichen Ausführungen in den Entscheidungsgründen unter I. zur Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung (S. 9 - 14 des Urteils = Bl. 199 - 204 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich zu Eigen und stellt dies ausdrücklich fest (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Angriffe der Berufung rechtfertigen kein anderes Ergebnis.

1.1. Der Kläger hat sich durch die Erstattung der Anzeige bei der Polizei am 28. Januar 2013 eines an sich zur Rechtfertigung einer außerordentlichen Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 1 KSchG geeigneten Grundes schuldig gemacht.

a) Die Erstattung einer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber oder seine Repräsentanten kann eine kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten und damit auch einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung darstellen (BAG 03. Juli 2003 -2 AZR 235/02 - Rn. 27; LAG Rheinland-Pfalz 02. April 2009 - 10 Sa 691/08 - Rn. 70, jeweils zitiert nach juris). Ausgehend von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 02. Juli 2001 (- 1 BvR 2049/00 - zitiert nach juris) kann den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten des Arbeitnehmers durch das Verfassungsrecht Grenzen gesetzt werden. Zeigt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber "freiwillig" bei der Strafverfolgungsbehörde an, so kann die darin liegende Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte im Strafverfahren regelmäßig nicht zu einer Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten führen und eine deswegen erklärte Kündigung sozial rechtfertigen. Mit dem Rechtsstaatsprinzip ist es regelmäßig unvereinbar, wenn eine Strafanzeige zu zivilrechtlichen Nachteilen für den anzeigenden Arbeitnehmer führen würde, es sei denn, er hat wissentlich unwahre oder leichtfertig falsche Angaben gemacht. Es kommt maßgeblich darauf an, ob die (Straf-)Anzeige des Arbeitnehmers nicht auf wissentlich unwahrem Vortrag beruht oder leichtfertig erfolgt, weil im Rahmen des Interessenausgleichs zwischen den Grundrechten der Vertragsparteien die Berufsfreiheit des Arbeitgebers sein Interesse schützt, nur mit solchen Arbeitnehmern zusammenzuarbeiten, die die Ziele des Unternehmens fördern und es vor Schäden bewahren (LAG Köln 05. Juli 2012 - 6 Sa 71/12 - Rn. 16 mwN, zitiert nach juris). Die (Straf-)Anzeige darf zudem nicht als unverhältnismäßige Reaktion des Arbeitnehmers zu qualifizieren sein (vgl. BAG vom 07. Dezember 2006 - 2 AZR 400/05 - Rn. 18, zitiert nach juris).

Liegt der wichtige Grund, der dem Arbeitgeber iSv. § 15 Absatz 1 KSchG, § 626 Absatz 1 BGB die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht, in einem Verhalten eines Betriebsratsmitglieds, muss dieses sich - zumindest auch - als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis darstellen. Ist dem Betriebsratsmitglied ausschließlich eine Amtspflichtverletzung vorzuwerfen, ist nur ein Ausschlussverfahren nach § 23 Absatz 1 BetrVG möglich (vgl. BAG 12. Mai 2010 - 2 AZR 587/08 - Rn. 15 f.; zitiert nach juris).

b) Ausgehend hiervon liegt ein an sich zur fristlosen Kündigung geeigneter Grund vor, da der Kläger durch seine Angaben bei der Polizei am 28. Januar 2013 eine Anzeige gegen die Beklagte erhoben hat, die er wissentlich oder zumindest leichtfertig auf unwahre Tatsachen gestützt hat. Das Verhalten des Klägers stellt sich als Verletzung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar; ein Zusammenhang mit seiner als zutreffend unterstellten Tätigkeit als Ersatzmitglied des Betriebsrates lediglich am 05. Oktober 2012 ist nicht ersichtlich.

(1) Der Kläger hat ausweislich des Anzeigenvermerks der zuständigen Polizeikommissarin vom 28. Januar 2013 erhebliche Sicherheitsmängel bei der Beklagten behauptet, indem er angegeben hat, im Betrieb der Beklagten seien Notausgänge mit Metallplatten verschraubt und sämtliche Feuerschutzgeräte durch Regale versperrt. Auch wenn der Kläger - wie im Berufungsverfahren vorgebracht - ein Anzeigendokument nicht unterschrieben haben mag, hat er nicht in Abrede gestellt, diese Äußerungen tatsächlich getätigt zu haben.

(2) Die Angaben des Klägers, die geeignet waren, die Beklagte erheblich in Misskredit zu bringen, entsprachen nicht den Tatsachen. Dies ergibt sich bereits aus dem Schreiben des Rechts- und Ordnungsamtes vom 05. März 2013, in dem dem Kläger mitgeteilt wurde, dass seine Vorhaltungen aus im Einzelnen dargestellten Gründen haltlos seien. Die Einlassungen des Klägers in der Berufung gebieten keine andere Betrachtung. Es kann dahinstehen, ob im Lager der Beklagten - allein dies lässt sich den vom Kläger zur Akte gereichten Fotos (Bl. 99 ff. d. A.) entnehmen - verschiedentlich Notausgänge durch Rollwagen zugestellt waren. Wie bereits vom Arbeitsgericht zutreffend festgehalten, hat der Kläger diese Missstände nicht zum Gegenstand seiner Anzeige gemacht, sondern den überaus schwerwiegenderen Vorwurf erhoben, Notausgangstüren seien zugeschweißt gewesen. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren gerügt hat, die Abläufe während der von der Beklagten angeführten Umbaumaßnahmen an Notausgangstüren hätten einer weiteren Sachverhaltsaufklärung bedurft, da davon ausgegangen werden müsse, dass erst die Kommunikation zwischen Behörde und Beklagter zur Beseitigung der Sicherheitsmängel geführt habe, vermochte die Berufungskammer dem nicht zu folgen. Entgegen der vom Kläger im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung hat das Arbeitsgericht die dem Kläger obliegende (sekundäre) Behauptungslast nicht verkannt. Der Arbeitgeber trägt zwar im Kündigungsschutzprozess die Darlegungs- und Beweislast auch dafür, dass solche Tatsachen nicht vorgelegen haben, die das Verhalten des Arbeitnehmers gerechtfertigt oder entschuldigt erscheinen lassen; der Umfang der ihm obliegenden Darlegungslast ist allerdings davon abhängig, wie sich der Arbeitnehmer auf einen bestimmten Vortrag einlässt (vgl. BAG 03. November 2011 - 2 AZR 748/10 - Rn. 23 mwN, zitiert nach juris). Vorliegend hat der Kläger entgegen der Behauptung der Beklagten, zu keinem Zeitpunkt seien Notausgangstüren durch Metallplatten verschweißt und Feuerlöscher durch Regale versperrt gewesen und trotz der unstreitigen Mitteilungen des Rechts- und Ordnungsamtes vom 05. März 2013 zu fehlenden Missständen keinerlei konkreten Vortrag dazu gehalten, dass und wann er die bei der Polizei behaupteten Zustände persönlich wahrgenommen oder durch andere Mitarbeiter hiervon erfahren haben will und dass sich die Situation erst nach seiner Anzeige geändert hat. Soweit er im Berufungsverfahren behauptet hat, die Zeugen W und L könnten bezeugen, dass die "alten" Notausgangstüren verschlossen gewesen seien, bevor "neue" eingerichtet gewesen seien, fehlt es auch diesem Vortrag an jeglicher konkreten zeitlichen Zuordnung. Vor diesem Hintergrund war die Beklagte zu weiteren Darlegungen zum Ablauf der Umbaumaßnahmen nicht verpflichtet. Mangels substantiierter Einlassung des Klägers galt ihr Vortrag unter Berücksichtigung der unstreitigen Tatsachen als zugestanden (§ 138 Abs. 2, 3 ZPO). Der Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht.

(3) Die Anzeige vom 28. Januar 2013 wurde vom Kläger wissentlich oder zumindest leichtfertig auf falschen Tatsachenangaben gestützt. Es lässt sich dem Tatsachenvortrag des Klägers schon nicht entnehmen, dass er zu irgendeinem benannten Zeitpunkt die von ihm bei der Polizei beanstandeten Zustände - verschweißte Notausgangstüren und durch Regale versperrte Feuerlöscher - persönlich wahrgenommen hat oder ihm diese Zustände von Kollegen mitgeteilt worden sind. Erst recht lässt sich nicht erkennen, warum der bereits seit 18. Dezember 2012 arbeitsunfähig erkrankte und damit nicht im Betrieb tätige Kläger noch am 28. Januar 2013 vom Vorliegen solcher Zustände hätte ausgehen dürfen. Aus welchen Gründen der Kläger vor diesem Hintergrund seine durchgehende Abwesenheit wegen Erkrankung zu seiner Entlastung bzw. Abschwächung seiner sekundären Darlegungslast berücksichtigt sehen will, erschloss sich der Berufungskammer nicht. Auch die vom Kläger zuletzt benannten Zeugen W und L haben ihn nach seinem eigenen Vortrag erst nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils und damit weit nach Erstattung der Anzeige Ende Januar 2013 informiert. Selbst wenn man zugunsten des Klägers unterstellt, dass er keine wissentlich falschen Angaben machen wollte, hätte er die Anschuldigungen damit zumindest leichtfertig erhoben.

1.2. Das Arbeitsgericht ist mit umfassender Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass in gebotener Abwägung der beiderseitigen Interessen das Interesse der Beklagten an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses das Interesse des Klägers am Fortbestand seines Beschäftigungsverhältnisses überwiegt. Die vom Kläger in der Berufung erhobenen Einwände tragen demgegenüber nicht. Die Berufungskammer vermag die Auffassung des Klägers nicht zu teilen, das Arbeitsgericht habe bei der Unterstellung einer Schädigungsabsicht verkannt, dass die Kommunikation zwischen den Parteien zum Zeitpunkt der Anzeigenerstattung wegen des jedenfalls nach den Abmahnungen bestehenden Spannungsverhältnisses vergiftet gewesen sei. Selbst wenn der Kläger sich durch die von ihm als "Bagatellabmahnungen" bezeichneten Abmahnungen, die Gegenstand des Rechtsstreits waren, und - wie im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer zu Tage getreten - auch durch die Einschaltung des medizinischen Dienstes der Krankenkassen zur Überprüfung seiner Arbeitsunfähigkeit durch die Beklagte möglicherweise systematisch benachteiligt gesehen haben mag, berechtigte ihn dies nicht, in einer Art Gegenschlag eine den Ruf der Beklagten gefährdende Anzeige bei der Polizei zu erheben, die auf unwahren Tatsachen zu erheblichen Sicherheitsmängeln im Betrieb beruht. Soweit der Kläger zu seiner Rechtfertigung angeführt hat, sich nach erfolglosen Versuchen innerbetrieblicher Klärung nicht mehr anders zu helfen gewusst zu haben, vermochte die Berufungskammer dem nicht zu folgen. Selbst wenn man als zutreffend unterstellt, dass der Kläger das Problem zugestellter Notausgänge - wie allein aus dem Schreiben des Geschäftsführers der Beklagten vom 23. Juli 2012 ersichtlich - ergebnislos gerügt hatte, hätte er diese Thematik, sofern er sich persönlich zu einer weiteren Auseinandersetzung mit der Beklagten außerstande sah, durch Einschaltung Dritter - beispielsweise den vom Arbeitsgericht angeführten Betriebsrat, dem der Kläger als Ersatzmitglied angehörte - klären können. Gleiches gilt im Übrigen für eventuelle geringfügige Restverschmutzungen an Verstrebungen eines Hochregals durch Mayonnaise aus einem vor Monaten herabgefallenen Eimer. Dass der Kläger stattdessen bei der Polizei eine Anzeige erstattet hat, in der er wissentlich oder zumindest leichtfertig zu Unrecht behauptet, bei der Beklagten seien Notausgänge mit Metallplatten verschweißt und Feuerlöscher versperrt, stellt sich als unverhältnismäßige und überzogene Reaktion dar und spricht für seine Absicht, die Beklagte zu schädigen. Angesichts dieses Verhaltens des bis zuletzt nicht einsichtigen Klägers, für das (etwa personenbedingte) Entschuldigungsgründe nicht dargetan wurden, war von der Beklagten ein weniger einschneidendes Mittel, auch nur der Ausspruch einer Abmahnung, nicht zu verlangen. Der Kläger hat die Beklagte jedenfalls leichtfertig beschuldigt und das Vertrauensverhältnis in einer Weise belastet, dass der Beklagten eine Weiterbeschäftigung nicht mehr zumutbar war. Die Interessenabwägung fiel, auch unter Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit und des Lebensalters des keiner Person zum Unterhalt verpflichteten Klägers zu dessen Lasten aus.

2. Infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Kündigung vom 15. März 2013 mit sofortiger Wirkung blieb auch der vom Kläger gegen die hilfsweise von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung gerichteten Klage der Erfolg versagt. Auch ein Anspruch des Klägers auf Weiterbeschäftigung besteht demgemäß nicht.

3. Dem Kläger steht nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch dann kein Anspruch auf Entfernung der streitigen Abmahnungen zu, wenn diese zu Unrecht erteilt worden sein sollten. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer regelmäßig keinen Anspruch mehr auf Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus der Personalakte. Ein solcher Anspruch kann dann gegeben sein, wenn objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaden kann. Dafür ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG 14. September 1994 - 5 AZR 632/93 - Rn. 23; LAG München 08. Juli 2009 - 11 SA 54/09 - Rn. 49, jeweils zitiert nach juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Abmahnungen ihm auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch schaden könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben.

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