LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.09.2011 - 5 Sa 552/10
Fundstelle
openJur 2020, 16888
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 11.08.2010 - 10 Ca 913/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund einer wirksamen Arbeitsvertragsbefristung zum 30.04.2008 sein Ende gefunden hat oder aber fortbesteht.

Die Klägerin hat am 19.05.2008 gegen die Wirksamkeit der Befristung Klage eingereicht.

Sie hat vom 01.01.1991 bis zum 30.06.1992 bei der Beklagten ein Volontariat im Bereich der Redaktion durchgeführt. Vom 01.11.1992 bis zum 31.10.1995 war sie für die Beklagte als freie Mitarbeiterin tätig; die zugrunde liegende Vereinbarung wurde bis zum 31.10.1996 verlängert. Vom 01.11.1996 bis zum 30.06.1998 war die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte unterbrochen. Vom 01.07.1998 bis zum 30.06.1999 war die Klägerin auf der Basis einer Vereinbarung vom 30.12.1998 erneut als freie Mitarbeiterin bei der Beklagten tätig. Vom 01.07.1999 bis einschließlich 28.02.2000 trat eine Unterbrechung der Tätigkeit für die Beklagte ein. Am 19.07.1999 erhielt die Klägerin von der Beklagten ein Schreiben, das unter anderem folgenden Inhalt hat (vgl. Bl. 29 d. A.):

"Liebe Frau C.,

mit Bezug auf unser geführtes Gespräch sowie Ihr Schreiben vom 11.07.1999 möchten wir Ihnen nochmals bestätigen, dass wir hinsichtlich der Ihnen zugesicherten Weiterbeschäftigung im X versuchen werden, eine entsprechende Lösung zu finden. Wir werden hierbei bemüht sein, Ihrem Wunsch nachzukommen, den Zeitpunkt Ihres Arbeitsbeginns zum 01. Oktober 1999 zu terminieren. Des Weiteren werden wird bei der Kontaktaufnahme mit den Fachbereichen Ihr Interesse an einer Teilzeittätigkeit berücksichtigten, obwohl dieser Sachverhalt in der Umsetzung sicherlich nicht einfach ist. Dies ist natürlich abhängig von dem Bedarf im jeweiligen Fachbereich.

Wir bitten Sie um etwas Geduld und hoffen auch auf Ihr Entgegenkommen. Hinsichtlich der sich abzeichnenden Vertragsform zum gegebenen Zeitpunkt können wir Ihnen derzeit noch keine Auskunft geben. Dies kann erst nach einer entsprechenden Prüfung in den Fachbereichen erörtert werden."

Am 01.03.2000 trat die Klägerin erneut auf der Grundlage eines Vertrages vom 24.03./01.04.2000 als freie Mitarbeiterin befristet bis zum 28.02.2001 in die Dienste der Beklagten. Dieser Vertrag wurde mit Schreiben vom 21.03.2001 (Bl. 30 d. A.) verlängert; dieser hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"Entsprechend den einvernehmlichen Abstimmungen wird der seit 03.03.2010 bestehende Projektvertrag bis zum 28.02.2002 verlängert.

Alle anderen mit Datum vom 24.03.2000 festgelegten Vertragsbestandteile gelten uneingeschränkt weiter.

Da uns der Fachbereich bereits zum jetzigen Zeitpunkt signalisiert hat, dass sich eine über den 28.02.2010 hinausgehende Integration innerhalb der Redaktion nicht abzeichnet, werden wir gemäß der Ihnen seinerzeit zugesicherten Weiterbeschäftigung im X bemüht sein, Ihnen eine perspektivisch längerfristige Tätigkeit entsprechend Ihrer Ausbildung und Qualifikation in Aussicht zu stellen, ggf. bereits während der vereinbarten Vertragslaufzeit."

Am 05.02.2002 richtete die Beklagte ein weiteres Schreiben an die Klägerin; hinsichtlich dessen auszugsweisen Inhalts wird ebenso wie hinsichtlich der Einzelheiten der Darstellung der zuvor bestehenden rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 2 bis 5 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 158 bis 161 d. A.) Bezug genommen.

In der Zeit vom 01.03.2002 bis zum 31.12.2004 war die Tätigkeit der Klägerin für die Beklagte wiederum unterbrochen. Mit Vereinbarung vom 26.08.2005 (Bl. 47, 48 d. A.) wurde die Klägerin rückwirkend, beginnend mit dem 01.01.2005 befristet bis zum 31.12.2006 in ein Arbeitsverhältnis als Redakteurin mit der Vergütungsgruppe 8 bei der Beklagten aufgenommen. Hinsichtlich des auszugsweisen Inhalts der Vereinbarung wird auf Seite 6 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 162 d. A.) zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.02.2007 (Bl. 51 d. A.) bot die Beklagte der Klägerin die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06.2007 an. Hinsichtlich des Inhalts dieses Schreibens (auszugsweise) sowie des Antwortschreibens der Klägerin vom 02.03.2007 (auszugsweise) wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 6, 7 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 162, 163 d. A.) Bezug genommen. Als Folge dieses Schriftwechsels bot die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 17.04.2007 (Bl. 49 d. A.) erneut die befristete Verlängerung des Dienstverhältnisses zum 30.06.2007 an, ohne Hinweis darauf, dass eine Weiterbeschäftigung nicht beabsichtigt sei. Das Arbeitsverhältnis wurde über den 30.06.2007 durch die Parteien fortgesetzt. Die Klägerin war nach dem Sachvortrag der Beklagten zumindest bis zum 23.11.2007 in der Redaktion Umwelt tätig, nach Darstellung der Klägerin bis Anfang Januar 2008. Eine schriftliche Vereinbarung über die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2007, die beide Seiten behauptet haben, liegt nicht vor. Mit schriftlichem Angebot vom 20.12.2007 (Bl. 6 d. A.), das die Klägerin am 08.01.2008 gegengezeichnet hat, haben die Parteien die befristete Verlängerung des seit dem 01.01.2005 bestehenden Zeitvertrages zu den gleichen Bedingungen bis zum 30.04.2008 vereinbart.

Diese Vereinbarung hat unter anderem folgenden Wortlaut:

"Der sachliche Grund für die Befristung ergibt sich aufgrund zusätzlicher Kapazitätsbelastungen im Zusammenhang mit der Betreuung projektbezogener Aufgaben sowie aufgrund des Tatbestandes, dass es sich hierbei um eine befristete Förderungsmaßnahme zur Eingehung einer Anschlussbeschäftigung handelt.

Unter dem Datum vom 15.02.2008 schrieb dann die Beklagte, vertreten durch Herrn Dr. Z, Personalleiter, die Klägerin wie folgt an:

Vielen Dank für Ihr Schreiben vom 14.01.2008 und die Übersendung Ihrer Vertragsannahme.Da sich eine Verlängerung des Vertrages an der Möglichkeit eines zukünftigen Einsatzes orientieren wird, bitten wird Sie schnellstmöglich um Information, mit welchen Bereichen Sie diesbezüglich Kontakt aufgenommen haben und inwieweit hier Konkretisierungen erfolgt sind.Wird werden dann Ihre Bemühungen gerne unterstützen und gegebenenfalls stellenplantechnische Probleme lösen."

Die Klägerin hat vorgetragen:

Bis auf die erste Unterbrechung des Beschäftigungsablaufs der Klägerin bei der Beklagten (01.11.1996 bis 30.06.1998) seien die Unterbrechungen regelmäßig dadurch bedingt gewesen, dass die Beklagte keine Einsatzmöglichkeit für die Klägerin gehabt habe. Es sei der Klägerin jedoch vom damaligen Intendanten der Beklagten, Herrn Y, nach Beendigung des Redaktionsvolontariats, ebenso wie allen anderen Volontären dieses Jahrgangs zugesagt worden, dass sie in eine dauerhafte Beschäftigung zur Beklagten aufgenommen würden. Die Beklagte habe dieser Art von Zusage den anderen Volontären gegenüber auch tatsächlich eingehalten. Sie habe auch, wie sich aus dem Anschreiben von Herrn Dr. Z über die Jahre hinweg ergebe, immer wieder unter Bezugnahme auf diese Zusage gehandelt. Diese bestehe folglich fort. Ein sachlicher Grund für die Befristung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien zum 30.04.2008 bestehe nicht.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund der letzten Befristung zum 30.04.2008 nicht beendet wurde.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

eine Festeinstellung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sei der Klägerin nicht zugesagt worden. Allerdings habe sich die Beklagte immer bemüht, ehemaligen Redaktionsvolontären eine Weiterbeschäftigung in ihrem Hause anzubieten. Dies liege in ihrem eigenen Interesse, weil sie in die Ausbildung der Redakteure erhebliche Mittel investiert habe. Dies münde aber nicht immer in Festanstellungen, sondern, wie zum Beispiel im Bereich der programmgestaltenden Mitarbeiter generell üblich, häufig auch in "Freien-Mitarbeiter-Verträgen" oder befristeten Verträgen, wie auch im Falle der Klägerin. Die Handhabung der Vertragsgestaltung gegenüber der Klägerin in der Vergangenheit zeige, dass eine Festanstellung im Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gar nicht angedacht gewesen sei. Die Unterbrechungen der Tätigkeit seien nicht durch die Tatsache geschuldet, dass die Beklagte keine Beschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin gehabt habe. Zwar sei es oft möglich gewesen, ehemaligen Volontären früher oder später eine Planstelle anzubieten; dies sei aber aus verschiedenen Gründen bei der Klägerin gescheitert.

Es handele sich insgesamt nicht um einen sogenannten Annex-Vertrag; die vorangegangenen Befristungen hätten auf dem Sachgrund der Rundfunkfreiheit beruht; anders sei es jedoch bei dem letzten mit der Klägerin geschlossenen Vertrag, der streitgegenständlich sei, gewesen. Denn insoweit sei von vornherein klar gewesen, dass die Klägerin nicht unmittelbar am 01.01.2008 ihre Arbeit aufnehmen werde, da keine Einsatzmöglichkeit für die Klägerin bestanden habe. Befristungsgrund sei insoweit vielmehr der Aspekt der sozialen Überbrückung gewesen. Die Vereinbarung eines neuen befristeten Arbeitsvertrages habe daher den Grund gehabt, der Klägerin letztmals die Chance zu geben, für sich eine andere Redaktion bei der Beklagten zu finden, nachdem die Redaktion Umwelt durch ihren Redaktionsleiter am 13.11.2007 deutlich gemacht habe, dass eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Redaktion über den 31.12.2007 hinaus nicht gewünscht sei. Darüber hinaus sei als Befristungsgrund für die zuletzt vereinbarte Vertragsbefristung auch der Befristungsgrund der Rundfunkfreiheit (Artikel 5 Abs. 1 GG) gegeben, da, wenn überhaupt eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für die Klägerin bestanden habe, diese nur im Rahmen programmgestaltender Tätigkeit habe erfolgen können.

Zur weiteren Darstellung des streitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Beklagten wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 9 bis 12 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 165 bis 168 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat insoweit vorgetragen,

im August 2008 sei ihr keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit von Herrn W angeboten worden; vielmehr sei darüber diskutiert worden und am Ende des Gesprächs habe Herr W geäußert, er werde sich wieder melden. Es treffe auch nicht zu, dass sie sich nicht um weitere Arbeitseinsätze bemüht habe.

Das Arbeitsgericht Mainz hat daraufhin durch Urteil vom 11.08.2010 - 10 Ca 366/10 - festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die letzte Befristung zum 30.04.2008 nicht beendet worden ist. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 158 bis 177 d. A. Bezug genommen.

Gegen das ihr am 16.09.2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte durch am 11.10.2010 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung durch am 09.11.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der zuletzt abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag sei aufgrund des Befristungsgrundes der Rundfunkfreiheit rechtswirksam befristet. Die Einflussnahme auf das Programm durch die Tätigkeit der Klägerin sei erheblich gewesen; sie habe häufig zum Beispiel eigene redaktionelle Beiträge erstellt. Insgesamt müsse deshalb das verfassungsrechtlich geschützte Interesse der Beklagten, frei von fremden Einflüssen über die Beschäftigung programmgestaltender Mitarbeiter zu entscheiden, überwiegen. Auch sei zugunsten der Beklagten zu berücksichtigen, dass die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien zum Teil mehrjährig unterbrochen gewesen seien, des Weiteren der teilweise Wechsel der Beschäftigungsform von freier Mitarbeit zu befristeter Beschäftigung. Auch habe es zahlreiche Phasen gegeben, in denen die Klägerin Entgelt erhalten habe, ohne tatsächlich zu arbeiten. Eine Zusage der Beklagten, dass sie die Klägerin in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis beschäftigen wolle, bestehe nicht.

Auch der Befristungsgrund der Überbrückung aus sozialen Gründen sei beim Abschluss des letzten befristeten Vertrages gegeben gewesen. Die Parteien seien vorliegend übereinstimmend davon ausgegangen, dass die vorherige Befristung bis zum 31.12.2007 wirksam gewesen sei. Mit dem letzten befristeten Vertrag bis zum 30.04.2008 habe nach dem Willen der Parteien kein unbefristetes Arbeitsverhältnis befristet werden sollen. Wenn, wie vorliegend, die Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass das Arbeitsverhältnis ohne die Verlängerung bereits zu einem früheren Zeitpunkt als der zuvor vereinbarten Befristung ende, sei der soziale Aspekt für die Rechtswirksamkeit der Befristung gegeben.

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird auf die Berufungsbegründungsschrift vom 08.11.2010 (Bl. 192 bis 203 d. A.) sowie ihren Schriftsatz vom 22.02.2011 (Bl. 237 bis 240 d. A.) nebst Anlage (Bl. 241 d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz, Az. 10 Ca 366/10, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, der unsubstantiierte Hinweis, zu behaupten, der Einfluss der Klägerin auf das Programm sei von erheblicher Intensität gewesen, genüge nicht, um die zuletzt vereinbarte Befristung zu rechtfertigen. Teil der Tätigkeit der Klägerin sei immer wieder auch die Arbeit mit Datenbanken der Beklagten, die Auswahl von Experten und Interviewpartnern, die Erarbeitung und Umsetzung von Themen und Bildern gewesen, Tätigkeiten also, die keineswegs als programmgestaltend verstanden werden könnten.

Auch der Befristungsgrund der Überbrückung aus sozialen Gründen sei zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht gegeben gewesen. Diese Befristung solle dem überwiegenden Interesse des Arbeitnehmers dienen; das sei dann der Fall, wenn der Arbeitgeber nach dem Auslaufen eines unbefristeten und wirksam befristeten Vertrages aus sozialen Erwägungen dem Arbeitnehmer eine befristete Übergangsregelung ermögliche. Daran fehle es vorliegend. Denn die Parteien hätten schließlich die befristete Verlängerung eines seit dem 01.01.2005 bestehenden Zeitvertrages zu den gleichen Bedingungen bis zum 30.04.2008 vereinbart.

Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Klägerin wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 17.01.2011 (Bl. 222 bis 225 d. A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 06.09.2011.

Gründe

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in seiner Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass die Feststellungsklage der Klägerin begründet ist; das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis war zuletzt nicht rechtswirksam befristet und hat folglich auch nicht aufgrund der vereinbarten Befristung am 30.04.2008 sein Ende gefunden.

Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt; deshalb wird zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 12 bis 14 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 168 bis 170 d. A.) Bezug genommen.

Mit dem Arbeitsgericht ist davon auszugehen, dass die zuletzt vereinbarte Befristung nicht als Sachgrundbefristung gerechtfertigt ist. Denn der Befristung eines Arbeitsvertrages ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG (nur) zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist.

Ein sachlicher Grund für eine Befristung eines Arbeitsverhältnisses liegt gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG dann vor, wenn die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt. Dieser Sachgrund soll sich auf (programmgestaltende) Mitarbeiter von Rundfunkanstalten (BAG 27.06.2006, EzA § 14 TzBfG Nr. 31 = NZA 2007, 147) und die Tätigkeit an Bühnen beziehen (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht, 9. Auflage 2011, S. 2016 f.). Zu beachten ist insoweit aber, dass dann, wenn die Befristung des Arbeitsvertrages zum Beispiel eines programmgestaltenden Mitarbeiters mit einer Rundfunkanstalt auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen ist, eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem Interesse des Arbeitnehmers an einer Dauerbeschäftigung und dem Innovationsinteresse des Arbeitgebers im Sinne einer praktischen Konkordanz vorzunehmen ist, wobei keiner der beiden verfassungsrechtlich geschützten Positionen von vornherein ein Übergewicht zukommt (BAG 26.07.2006, a. a. O.). Bei der Auslegung des Begriffs "sachlicher Grund" im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG ist daher Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG mit zu berücksichtigen. Der durch das TzBfG als Individualschutzgesetz gesetzlich ausgestaltete arbeitsrechtliche Bestandsschutz findet andererseits seine Grundlage ebenfalls in der Verfassung, nämlich in Artikel 1 Abs. 2, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG. Davon ist das Arbeitsgericht (Seite 15 der angefochtenen Entscheidung = Bl. 171 d. A.) zutreffend ausgegangen. Folglich schränkt ein allgemeines Gesetz, wie hier § 14 TzBfG, nach Artikel 5 Abs. 2 GG einerseits die Rundfunkfreiheit ein, wie es seinerseits selbst durch die Freiheit des Rundfunks beschränkt wird. Der Schutzgedanke des Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG umfasst das Recht der Rundfunkanstalten, dem Gebot der Vielfalt der zu vermittelnden Programminhalte bei der Auswahl, Einstellung, Beschäftigung der Rundfunkmitarbeiter Rechnung zu tragen, die bei der Programmgestaltung mitwirken. Das schließt auch grundsätzlich die Entscheidung ein, ob ein Mitarbeiter fest oder nur vorübergehend beschäftigt werden soll. Allerdings kommt, wie dargelegt, diesem Grundgedanken der Rundfunkfreiheit gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers an einer dauerhaften Beschäftigung kein genereller Vorrang zu. Der Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG liegt deshalb insgesamt nur dann vor, wenn die aus der Rundfunkfreiheit sich ergebenden Interessen der Beklagten das Interesse der Klägerin an einer Dauerbeschäftigung überwiegen (BAG 26.07.2006, a. a. O.).

Dass der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit insoweit betroffen ist, hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt; deshalb wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf Seite 16 der angefochtenen Entscheidung (= Bl. 172 d. A.) Bezug genommen.

Die damit schließlich vorzunehmende Abwägung der beiderseitigen Interessen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände führt vorliegend mit dem Arbeitsgericht dazu, dass das Interesse der Klägerin an der Dauerbeschäftigung das Beendigungsinteresse der Beklagten überwiegt. Insoweit ist zu berücksichtigen, in welcher Intensität der betroffene Mitarbeiter auf das Programm der Rundfunkanstalt Einfluss nehmen kann und wie groß die Gefahr bei Bejahung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses ist, dass die Rundfunkanstalt nicht mehr ausreichend den Erfordernissen eines vielfältigen Programms und den sich künftig ergebenden Informationsbedürfnissen des Publikums gerecht werden kann.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Tatsachen, die dabei zur Begründung eines sachlichen Grundes herangezogen werden, obliegt der Beklagten, die sich auf die Wirksamkeit der Befristung beruft. Denn aus § 14 Abs. 1, 2, 3 TzBfG folgt eindeutig das Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen befristetem und unbefristetem Arbeitsvertrag: Normalfall ist das unbefristete Arbeitsverhältnis, die Ausnahme das befristete, das eines Sachgrundes bedarf und nur ausnahmsweise ohne einen solchen vereinbart werden darf. Da derjenige, der sich auf das Vertragsende durch Fristablauf beruft, die Voraussetzungen des Vorliegens dieser rechtsvernichtenden Einwendung beweisen muss, muss der Arbeitgeber das Vorliegen eines Sachgrundes darlegen und beweisen (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, a. a. O., S. 2027).

Die Beklagte hat sich vorliegend, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht ausdrücklich, nur pauschal auf das Freiheitsrecht aus Artikel 5 Abs. 1 GG berufen und behauptet, die Klägerin werde auch in Zukunft wohl programmgestaltend eingesetzt werden. In welchem Rahmen die Klägerin programmgestaltend tätig war, welchen Einfluss auf das Programm die Klägerin in der Vergangenheit im Rahmen ihrer Tätigkeit genommen hat (unabhängig von der Frage, ob es nunmehr im Rahmen freier Mitarbeit oder im Rahmen des befristeten Arbeitsverhältnisses war), erschließt sich nach dem Sachvortrag der Beklagten nicht. Allerdings ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Klägerin im Wechsel zwischen freier Mitarbeit, Nichtbeschäftigung und befristeter Arbeitsverträge knapp 17 Jahre bei der Beklagten Tätigkeiten ausgeübt hat bzw. auch nicht und die Beklagte die Klägerin immer wieder, auch nach Unterbrechungen, tatsächlich beschäftigt hat. Ein Überwiegen der berechtigten Interessen der Beklagten aus Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist daher nach dem zuvor dargestellten Prüfungsmaßstab nicht erkennbar. Folglich bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die von der Klägerin behauptete Zusage der dauerhaften Beschäftigung durch die Beklagte sich nicht noch zusätzlich zu ihren Gunsten im Rahmen der Interessenabwägung auswirken würde.

Das Berufungsvorbringen der Beklagten in diesem Zusammenhang rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

Denn neben einer allgemeinen Darstellung der verfassungsrechtlichen Schutzposition zugunsten der Beklagten, der die Kammer ebenfalls folgt und von der auch das Arbeitsgericht zutreffend ausgegangen ist, wird auf die erhebliche Intensität des Programmeinflusses der Klägerin hingewiesen. Zugleich (Seite 4 ff. der Berufungsbegründungsschrift = Bl. 195 ff. d. A.) werden aber auch die einzelnen Teiltätigkeiten in verschiedenen Funktionen, die die Klägerin wahrgenommen hat, dargestellt. Ein einheitliches Niveau hinsichtlich des Einflusses der Klägerin auf das Programm lässt sich insoweit schon nicht feststellen. Noch weniger kann von einer programmprägenden Tätigkeit ausgegangen werden. So lässt sich zum Beispiel das Arbeiten mit Datenbanken oder die Auswahl von Experten oder Interviewpartnern kaum als programmgestaltende Tätigkeit von erheblicher Intensität qualifizieren. Im Übrigen enthält das Berufungsvorbringen insoweit keine neuen, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen könnten; weitere Ausführungen sind deshalb nicht veranlasst.

Die sachliche Rechtfertigung der Befristung folgt auch nicht aus § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 TzBfG. Danach kann ein sachlicher Grund für die Befristung eines Arbeitsvertrages vorliegen, wenn in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen. Das kann dann der Fall sein, wenn das Interesse des Arbeitgebers, aus sozialen Erwägungen mit dem betreffenden Arbeitnehmer nur einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, auch angesichts des Interesses des Arbeitnehmers an einer unbefristeten Beschäftigung schutzwürdig ist. Der befristete Arbeitsvertrag hat dann eine soziale Überbrückungsfunktion, wenn aus sozialen Gründen im Anschluss an ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres Arbeitsverhältnis befristet abgeschlossen wird, um dem Arbeitnehmer das Auffinden eines neuen Arbeitsplatzes zu erleichtern. Das setzt aber voraus, dass es ohne den in der Person des Arbeitnehmers begründeten sozialen Zweck überhaupt nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrages auch nicht in befristeter Form gekommen wäre. Diese Interessen müssen das überwiegende Motiv des Arbeitgebers sein. Falls nicht die ausschließlich sozialen Belange des Arbeitnehmers ausschlaggebend waren, sondern sonstige Interessen des Betriebes oder der Dienststelle Berücksichtigung fanden, ist die Befristung unwirksam (vgl. Dörner/Luczak/Wildschütz, a. a. O., S. 2018).

Vorliegend ist mit dem Arbeitsgericht davon auszugehen, dass nicht angenommen werden kann, dass überwiegend soziale Gesichtspunkte den letzten Arbeitsvertrag bedingt hätten und ohne diesen ein Abschluss eines (befristeten) Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht gezogen worden wäre. Denn nach dem Tatsachenvortrag der Beklagten sollte es Aufgabe der Klägerin gewesen sein, sich im Zeitraum der Befristung bis zum 30.04.2008 nicht extern um eine Beschäftigung zu bemühen, die sich im Anschluss an den 30.04.2008 hätte verwirklichen sollen. Vielmehr wurde es der Klägerin offen gehalten, sich im Unternehmen der Beklagten weiterhin zu bewerben, um im Unternehmen der Beklagten weiterhin tätig zu werden. Die Beklagte hat daher deutlich gemacht, dass auch aufgrund ihres eigenen Tatsachenvortrages, wonach es bei der Befristung zum 30.04.2008 an sich nur bleiben sollte, soweit die Klägerin nicht doch noch bis zum 30.04.2008 in ihrem Unternehmen eine Redaktion gefunden hätte, die sie beschäftigen würde, ein Befristungsgrund nicht vorlag.

Hinzu kommt, dass nach den zwischen Herrn Dr. Z und der Klägerin gewechselten Schreiben über mehrere Jahre hinweg, in denen immer wieder Bezug genommen wurde auf eine etwaige Zusicherung der Weiterbeschäftigung, davon auszugehen ist, dass die Beklagte auch bei Abgabe des Angebots und Abschluss des befristeten Vertrages zum 30.04.2008 nur ihrer Verpflichtung nachkommen wollte, die Klägerin auch weiterhin in irgendeiner Form, sei es als Arbeitnehmerin oder auch als freie Mitarbeiterin zukünftig zu beschäftigen. Auch dies schließt die Annahme eines Sachgrundes der Befristung aus sozialen Gründen zur Über-brückung aus.

Auch insoweit rechtfertigt das Berufungsvorbringen der Beklagten keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts. Denn es macht lediglich deutlich, dass die Beklagte mit der Auffassung des Arbeitsgerichts, der die Kammer voll inhaltlich folgt, wenn auch aus ihrer Sicht verständlich, nicht einverstanden ist. Neue, nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierte Tatsachenbehauptungen, die ein abweichendes Ergebnis rechtfertigen könnten, enthält es nicht; weitere Ausführungen sind folglich nicht veranlasst.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.