LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.05.2011 - 10 Sa 127/11
Fundstelle
openJur 2020, 16727
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.01.2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.12.2010, Az.: 9 Ca 1432/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für das Jahr 2008 noch einen restlichen Bonus in Höhe von 25 % seines Monatsentgelts beanspruchen kann.

Der Kläger war bis Mitte des Jahres 2008 Tarifbeschäftigter der Landestreuhandstelle, die ein rechtlich unselbständiger Teil der Landesbank Rheinland-Pfalz war. Die Landesbank Rheinland-Pfalz wurde durch Staatsvertrag und Gesetz zu dem Staatsvertrag vom 25.06.2008 auf die beklagte Landesbank Baden-Württemberg vereinigt. Die Vereinigung wurde zum 01.01.2008 wirksam. Zum 01.01.2009 ging die Abteilung Landestreuhandstelle der Beklagten durch Rechtsgeschäft auf die Landestreuhandbank Rheinland-Pfalz (LTH), deren Träger das Land Rheinland-Pfalz ist, über. Mit Datum vom 19.11.2008 unterrichtete die Beklagte die in der Abteilung Landestreuhandstelle beschäftigten Arbeitnehmer über den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse. Dieses Schreiben hat u.a. folgenden Wortlaut:

"3. Weitere Regelungen für die Arbeitsverhältnisse

Für das Jahr 2008 erhalten alle Beschäftigten im Tarifbereich einen Bonus in Höhe von 75 % eines Monatsgehaltes. Für die AT-Beschäftigten gilt als Bonusorientierungswert 75 % des Durchschnitts der für 2005, 2006 und 2007 gezahlten Bonusbeträge. Die endgültige Bonushöhe wird unter Beachtung der individuellen Leistung und der Entwicklung des Unternehmensergebnisses festgesetzt. Dies kann sowohl zu einer höheren als auch zu einer niedrigeren Zahlung führen. Die Auszahlung des Bonus erfolgt noch im Jahr 2008. Ab dem Jahr 2009 richten sich Ob und Höhe etwaiger Bonuszahlungen nach den dann in der LTH Bank geltenden einschlägigen Regularien.

..."

Im Dezember 2008 zahlte die Beklagte an den Kläger entsprechend Nr. 3 lit. a Satz 1 des Schreibens einen Bonus in Höhe von 75 % seines Monatsgehalts.

Am 04.03.2009 schrieb die Beklagte die bei ihr verbliebenen Arbeitnehmer wie folgt an:

"Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass trotz der Finanzmarktkrise und der angespannten Ertragssituation in der LBBW, der Vorstand entschieden hat, an alle Tarifangestellten eine Sondervergütung (bisher auch "14.Gehalt") in Höhe von 100 % eines Monatsentgeltes (...) mit den Aprilbezügen auszuzahlen.

Damit entfällt in diesem Jahr die teilweise Variabilisierung der Sonderzahlung und leistungsorientierte Auszahlung in Form der LEZ-Advance.

Die Entscheidung ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass für viele Beschäftigte die Zahlung in unterschiedlicher Höhe verbindlich vereinbart ist. Für das Jahr 2008 wird bewusst auf eine der Höhe nach differenzierten Zahlung verzichtet.

Die Regelung betrifft auch Mitarbeiter/innen in den Tochtergesellschaften mit Arbeitsvertrag nach Banktarif bzw. TVöD. Die Sondervergütung entfällt, wenn das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2009 oder zu einem früheren Zeitpunkt endet.

..."

Dementsprechend zahlte die Beklagte im April 2009 an die bei ihr verbliebenen Tarifangestellten eine Sondervergütung von 100 % eines Monatsentgelts.

Mit der am 05.08.2010 zugestellten Klage macht der Kläger die Differenz zwischen den bereits erhaltenen 75 % zu 100 % seines Monatsgehalts in rechnerisch unstreitiger Höhe geltend. Er beruft sich unter anderem auf den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.12.2010 (dort Seite 2-3= Bl. 65-66 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 955,50 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit am 20.01.2011 verkündetem Urteil vom 02.12.2010 abgewiesen und zur Begründung - zusammenfasst - ausgeführt, aus dem Schreiben vom 19.11.2008 könne der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung eines Bonus von über 75 % eines Monatsgehalts herleiten. Der dritte Satz der Nr. 3 lit. a beziehe sich lediglich auf die in Satz 2 genannten außertariflichen Beschäftigten. Die Mitteilung vom 04.03.2009 sei nicht an den Kläger gerichtet, der zum 01.01.2009 im Wege des Betriebsübergangs bei der Beklagten ausgeschieden sei, sondern ausschließlich an die verbliebenen Arbeitnehmer. Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes liege nicht vor. Eine Differenzierung danach, ob das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag noch besteht oder nicht, sei sachlich gerechtfertigt. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Seite 3 bis 5 des erstinstanzlichen Urteils vom 02.12.2010 (Bl. 66-68 d.A.) Bezug genommen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 14.02.2011 zugestellt worden. Er hat mit am 01.03.2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Regelung in Nr. 3 a des Schreibens vom 19.11.2008 fehlerhaft ausgelegt. Die Gesamtzusage beinhalte das Versprechen, die endgültige Bonushöhe unter Beachtung der individuellen Leistung und der Entwicklung des Unternehmensergebnisses festzusetzen. Dieses Versprechen sei als aufschiebende Bedingung zu werten. In der Mitteilung vom 04.03.2009 habe die Beklagte dann entschieden, auf die teilweise Variabilisierung der Sonderzahlung und die leistungsorientierte Auszahlung zu verzichten. Spätestens zu diesem Zeitpunkt könne er einen unmittelbaren Anspruch auf Auszahlung von 100 % hieraus herleiten. Bei der Auslegung des Satzes 3 der Regelung in Nr. 3 a des Schreibens vom 19.11.2008 bestünden zumindest Zweifel, die gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten gingen. Dies habe das Arbeitsgericht nicht erkannt. Eine Differenzierung nach Beschäftigten, die noch angestellt und solchen, die bereits ausgeschieden sind, sei vorliegend nicht sachgerecht. Das Junktim der Betriebszugehörigkeit im Jahr 2009 stelle eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar. Wenngleich die unmittelbare Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausscheide, so bestehe der Anspruch doch aus § 280 BGB in Form der positiven Forderungs- und Vertragsverletzung i.V.m. der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Inhalt des Schriftsatzes des Klägers vom 01.03.2011 (Bl. 75-79 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 20.01.2011 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 955,50 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 05.04.2011 (Bl. 98-102 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Gründe

I.

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte aus keinem rechtlichen Gesichtpunkt Anspruch auf Zahlung von € 955,50 brutto.

Die Beklagte hat an den Kläger für das Jahr 2008 - wie in Nr. 3 lit. a Satz 1 ihres Unterrichtungsschreibens vom 19.11.2008 niedergelegt - im Dezember 2008 einen Bonus in Höhe von 75 % seines Monatsgehalts gezahlt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 25 %. Einen derartigen Anspruch kann er weder aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.11.2008 noch aus dem Schreiben vom 04.03.2009 oder dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

Die Berufungskammer folgt in vollem Umfang der ausführlichen und zutreffenden Begründung im angefochtenen Urteil und stellt dies hiermit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Das Berufungsvorbringen des Klägers zeigt keine Gesichtspunkte auf, die eine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen.

1. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt ein Anspruch des Klägers auf einen Bonus in Höhe von weiteren 25 % seines Monatsgehalts nicht aus Satz 3 der Nr. 3 lit. a des Schreibens der Beklagten vom 19.11.2008. Das Arbeitsgericht hat das Unterrichtungsschreiben fehlerfrei ausgelegt. Der dritte Satz der Nr. 3 lit. a. bezieht sich auch nach Auffassung der Berufungskammer lediglich auf die in Satz 2 genannten außertariflichen Beschäftigten. Für die außertariflichen Angestellten wurde kein fester Bonus bestimmt, sondern nach Satz 2 ein "Bonusorientierungswert" in Höhe von 75 % der durchschnittlich in den Jahren 2005, 2006 und 2007 gezahlten Bonusbeträge. Der Begriff "endgültige Bonushöhe" in Satz 3 korreliert bei einem unbefangenen Durchlesen der getroffenen Regelung mit dem in Satz 2 genannten Begriff "Bonusorientierungswert". Gerade weil für die außertariflich Beschäftigten nur ein Bonusorientierungswert bestimmt worden ist, wird ihnen in Satz 3 weiter mitgeteilt, dass die "endgültige Bonushöhe" unter Beachtung der individuellen Leistung und der Entwicklung des Unternehmensergebnisses festgelegt werden soll. Das Arbeitsgericht hat zu Recht darauf abgestellt, dass für die Tarifbeschäftigten mit der Formulierung in Satz 1 "75 % eines Monatsgehalts" sämtliche Parameter genannt worden sind, mit denen sich der ausgelobte Bonus exakt berechnen lässt. Den außertariflich Beschäftigten wurde demgegenüber kein bestimmbarer Wert ausgelobt, sondern lediglich ein Orientierungswert genannt.

Die Formulierung in Nr. 3 lit. a bringt inhaltlich klar und verständlich zum Ausdruck, dass die im Tarifbereich beschäftigten Arbeitnehmer, anders als die außertariflichen Angestellten, einen festen Bonus in Höhe von 75 % eines Monatsgehalts erhalten sollen. Insofern besteht entgegen der Auffassung des Klägers auch kein Anwendungsbereich für die sog. Unklarheitenregelung in § 305 c Abs. 2 BGB. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

2. Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines höheren Bonus folgt nicht aus dem Schreiben der Beklagten vom 04.03.2009. Auch den diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts ist nichts hinzuzufügen. Das Schreiben vom 04.03.2009 ist nicht an den Kläger adressiert. Vielmehr informiert die Beklagte mit diesem Schreiben ihre Mitarbeiter - zu denen der Kläger nicht mehr gehörte, weil sein Arbeitsverhältnis zum 01.01.2009 gemäß § 613 a BGB auf die LTH-Bank übergegangen ist - darüber, dass sie eine Sondervergütung in Höhe von 100 % eines Monatsgehalts erhalten werden.

3. Der Kläger kann den geltend gemachten Anspruch auf Zahlung weiterer 25 % nicht auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, dass sachliche Gründe die Differenzierung zwischen ausgeschiedenen und verbliebenen Arbeitnehmern rechtfertigen, ist nicht zu beanstanden. Hierin liegt auch keine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB.

Der Umstand, dass der Kläger und die übrigen auf die LTH-Bank übergegangenen Arbeitnehmer es nicht zu vertreten haben, das sie bei der Beklagten zum 01.01.2009 ausgeschieden sind, zwingt die Beklagte nicht dazu, auch diesem Personenkreis für 2008 einen Bonus von 100 % eines Monatsgehalts zu gewähren. Dies hat das Arbeitsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 14.02.2007 - 10 AZR 181/06 - NZA 2007, 558) zutreffend ausgeführt. Die von der Berufung herangezogene Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (Urteil vom 16.09.2010 - 15 Sa 812/10 - Juris) ist nicht einschlägig. Das Urteil bezieht sich auf eine arbeitsvertragliche Regelung über die Zahlung einer Weihnachtsgratifikation. Vorliegend bestanden nach dem Teilbetriebsübergang auf die LTH-Bank, der mit Wirkung zum 01.01.2009 vollzogen worden ist, keine arbeitsvertraglichen Beziehungen des Klägers zur Beklagten mehr. Der Kläger hatte die Möglichkeit, der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten gemäß § 613 a Abs. 6 BGB zu widersprechen, was er nicht getan hat.

4. Schließlich kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht auf § 280 Abs. 1 BGB stützen. Der Beklagten oblag keine nachvertragliche Pflicht zur Gleichbehandlung zwischen den durch Teilbetriebsübergang ausgeschiedenen und den bei ihr verbliebenen Mitarbeitern. Es ist - wie ausgeführt - aus Gleichheitsgründen nicht zu beanstanden, dass der Anspruch auf eine Sondervergütung in Höhe von 100 % eines Monatsentgelts an den Bestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten am 31.03.2009 anknüpft.

III.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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