LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17.02.2011 - 10 Sa 574/10
Fundstelle
openJur 2020, 16555
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 23. September 2010, Az.: 5 Ca 395/10, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über einen Jahresbonus für das Jahr 2010.

Der Kläger (geb. am ... 1955, verheiratet) war seit dem 01.10.2000 bei der Beklagten, einem Unternehmen der Automobilzulieferindustrie, als Leiter des Einkaufs beschäftigt. Ausweislich der vorgelegten Verdienstabrechnung für August 2009 betrug sein Bruttomonatsgehalt € 8.705,50. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 07.09.2009 zum 31.03.2010 aus betriebsbedingten Gründen gekündigt und den Kläger sofort freigestellt. Im Kündigungsschutzprozess (Az.: 5 Ca 829/09) einigten sich die Parteien am 28.01.2010 vor dem Arbeitsgericht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2010 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von € 130.000,00.

Im letzten schriftlichen Arbeitsvertrag vom 25.06.2003 (Bl. 7-12 d.A.) haben die Parteien - soweit vorliegend von Interesse - Folgendes vereinbart:

"5. Vergütung

Herr A. erhält ein monatliches Bruttoentgelt von € 7.200,00. ...

Darüber hinaus nimmt der Arbeitnehmer am C.-Führungskreis-Bonussystem teil. Das Bonussystem ist ein zielbezogenes variables Zusatzvergütungsmodell, das die Möglichkeit eines zusätzlichen Jahresgehaltsbestandteils von € 16.000,00 (Basisbetrag) bietet. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage, die soweit der einseitigen Abänderbarkeit durch die Geschäftsführung des Arbeitgebers unterliegt, wie die zielbezogene Erwerbschance gegeben bleibt.

Der Bonusauszahlungsbetrag wird mit Fälligkeit des Juni-Gehaltes bezahlt und ist als Abgeltung des Bonusanspruches für das laufende Kalenderjahr anzusehen (rollierende Bonusermittlung).

Endet das Beschäftigungsverhältnis vor dem 01.08. eines laufenden Jahres, gleichgültig von welcher Seite gekündigt wurde, dann ist der Bonusanspruch nur pro rata temporis verdient...."

Im C.-Führungskreis-Bonussystem (CFB) heißt es u.a.:

"7. Rollierendes Bonussystem:

Das CFB ist ein rollierendes Bonussystem, da die Werte aus der Erreichung der persönlichen Ziele jeweils dem Vorjahr entstammen."

Ab dem Jahr 2003 zahlte die Beklagte dem Kläger, dem außerdem noch Sonderboni gewährt wurden, aus dem CFB folgende Boni:

2003

€ 4.720,00

€ 17.621,00

€ 30.134,89

€ 34.128,00

€ 21.616,98

€ 34.077,12

€ 17.956,80

Der vereinbarte Basiswert für die Berechnung des Bonus betrug zuletzt € 28.800,00, wobei die Erreichung der Unternehmensziele und der persönlichen Ziele mit jeweils 50 % zu gewichten waren. Die Beklagte hat im Jahr 2009 ihre Unternehmensziele nicht erreicht, jedoch einen persönlichen Zielerfüllungsgrad des Klägers von 100 % angenommen. Bei der Berechnung des Bonus für das Jahr 2010 legte sie den hälftigen Basiswert von € 14.400,00 zu Grunde und zahlte dem Kläger einen Betrag von € 3.600,00 (= 3/12). Der Kläger ist der Ansicht, er könne den vollen Jahresbetrag von € 14.400,00 beanspruchen. Mit seiner Klage vom 10.05.2010 verlangt er die Zahlung weitere € 10.500,00 brutto (= 9/12).

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 10.800,00 brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 23.09.2010 (dort Seite 2-4 = Bl. 49-51 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat mit dem genannten Urteil die Klage abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf weitere 9/12 des Jahresbonus für 2010, weil er zum 31.03.2010 ausgeschieden sei. Die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen zur Bonuszahlung seien nicht unwirksam. Die Klausel, dass der Kläger nur einen zeitanteiligen Bonusanspruch habe, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 01.08. des laufenden Jahres ende, sei nicht zu beanstanden. Sie entspreche dem allgemeinen Grundsatz nach dem die Vergütung nur für die Zeiten und als Gegenleistung der Arbeitstätigkeit geschuldet werde. Im Unterschied zu Stichtagsregelungen oder Rückzahlungsvereinbarungen entstehe durch die vorliegende Vertragsklausel auch kein über das Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses hinausgehender Bindungsdruck. Damit fehle es an jedem Anknüpfungspunkt für eine gerichtliche Angemessenheitskontrolle (§ 307 Abs. 3 BGB). Die Vertragsklausel sei völlig klar, aus sich selbst heraus verständlich und damit transparent. Es sei nicht zu beanstanden, dass das rollierende Bonussystem als Bezugsgröße für die Erreichung der persönlichen Ziele auf die Werte des jeweiligen Vorjahres abstelle. Die Beklagte habe für das Jahr 2009 einen persönlichen Zielerfüllungsgrad des Klägers von 100 % unterstellt und der Bonusberechnung für das Jahr 2010 zu Grunde gelegt. Der Kläger könne den Anspruch auch nicht auf die "25-%-Rechtsprechung" des LAG Rheinland-Pfalz und des BAG stützen. Den Arbeitsvertragsparteien sei es nach § 307 BGB nicht untersagt, dem Arbeitnehmer durch die Vereinbarung eines 25 % der vereinbarten Vergütung überschreitenden Erfolgsbonus die Chance auf einen zusätzlichen Verdienst zu geben. Wenn die Vertragsparteien neben einem hohen Gehalt noch eine stattliche Erfolgsprämie vereinbaren wollen, seien sie bereits aus Gründen der Privatautonomie völlig frei in der Bestimmung der Höhe der Zusatzleistung. Jedenfalls gebe es keinen Grund, den Arbeitnehmer hiervor in Schutz zu nehmen. Auch bei der Bestimmung der Bezugsgrößen der Bonuszahlung seien die Parteien frei, soweit diese - wie hier - vom Arbeitnehmer beeinflussbar (persönliche Ziele) seien oder von objektiven Faktoren (Unternehmensziele) abhingen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf Seite 5 bis 8 des Urteils vom 23.09.2010 (= Bl. 52-55 d.A.) verwiesen.

Das genannte Urteil ist dem Kläger am 06.10.2010 zugestellt worden. Er hat mit am 22.10.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 02.12.2010 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.10.2007 (Az.: 10 AZR 825/06) zum Transparenzgebot bei Stichtagsklauseln nicht richtig angewandt. Sein variables Zusatzeinkommen habe mehr als 25 % seiner Gesamtvergütung betragen. Das sei nach der Rechtsprechung ein wesentlicher Vergütungsbestandteil. Da für die Ermittlung des Bonusanspruchs auf die Leistungen des Vorjahres zurückgegriffen werde, liege bei der vorliegend ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigung der Beklagten und der ratierlichen Auszahlung eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB vor. Eine unangemessene Benachteiligung folge daraus, dass die Klausel in ihrer Wirkung einem sog. Widerrufsvorbehalt hinsichtlich der Arbeitsvergütung gleichkomme. Ihm sei ein Gehaltsbestandteil erst im Folgejahr ausbezahlt worden. Wegen weiterer Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 30.11.2010 (Bl. 68-73 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt zweitinstanzlich,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen -Auswärtige Kammern Landau- vom 23.09.2010, Az.: 5 Ca 395/10, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 10.800,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 03.01.2011 (Bl. 82-84 d.A.), auf die Bezug genommen wird, als zutreffend.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Außerdem wird Bezug genommen auf den Inhalt der zur Information des Gerichts beigezogenen Akte 5 Ca 829/09 des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau.

Gründe

I.

Die nach § 64 ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis und in der Begründung zu Recht abgewiesen. Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien am 31.03.2010 geendet hat, konnte der Kläger nur 3/12 des Jahresbonus 2010 beanspruchen. Diesen Bruchteil in Höhe von € 3.600,00 hat ihm die Beklagte gezahlt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 9/12 des Jahresbonus in Höhe von € 10.800,00 brutto. Die Zahlungsklage ist unbegründet.

Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Die Berufungskammer nimmt daher gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG vollumfänglich Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils. Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen sind lediglich die nachfolgenden Ergänzungen veranlasst:

Ein Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich nicht aus § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag vom 25.06.2003. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, steht dem Kläger nach dem eindeutigen Wortlaut der arbeitsvertraglichen Vereinbarung ein Anspruch auf Zahlung von 9/12 des Jahrsbonus 2010 nicht zu. Die Parteien haben im letzten Absatz der Ziffer 5. des Arbeitsvertrages vereinbart, dass der Bonusanspruch nur "pro rata temporis" verdient ist, wenn das Beschäftigungsverhältnis vor dem 31.08. eines laufenden Kalenderjahres endet. Vorliegend haben sich die Parteien im gerichtlichen Vergleich vom 28.01.2010 vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - darauf geeinigt, dass das Arbeitsverhältnis am 31.03.2010 sein Ende findet. Die Beklagte hat dem Kläger 3/12 des Jahresbonus 2010 in unstreitiger Höhe von € 3.600,00 brutto ausbezahlt. Damit hat sie ihre vertragliche Verpflichtung erfüllt. Der Kläger kann nach den vertraglich normierten Voraussetzungen nicht den vollen Jahresbonus 2010 beanspruchen, obwohl er bereits am 31.03.2010 ausgeschieden ist. Der vertragliche Anspruch auf den Jahresbonus entsteht im Austrittsjahr - bei einem Ausscheiden vor dem 31.08. - nur zeitanteilig.

Die Berufungskammer folgt dem Arbeitsgericht auch darin, dass eine vertragliche Regelung, wonach ein Arbeitnehmer, der - wie hier - während des Bezugszeitraums einer ihm zugesagten Leistung aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, den Teil der vollen Jahresleistung erhält, der dem Verhältnis der tatsächlichen Arbeitsleistung zur Gesamtdauer des Bezugszeitraums entspricht (Zwölftelung), nicht zu beanstanden ist.

Es kann unterstellt werden, dass es sich bei der im Arbeitsvertrag unter Ziffer 5 vereinbarten Bonuszahlung um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt und diese Regelung daher der Kontrolle der §§ 305 ff. BGB unterliegt. Die vertragliche Abrede verstößt nicht gegen § 305 c Abs. 2 BGB oder gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend herausgestellt hat, ist der Wortlaut der in Ziffer 5 des Arbeitsvertrages getroffenen Bonusabrede eindeutig. Wenn das Arbeitsverhältnis vor dem 01.08.eines laufenden Jahres endet, ist der Bonusanspruch nur pro rata temporis verdient. Die Regelung ist weder unklar noch widersprüchlich.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Arbeitsgericht die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Transparenzgebot bei Stichtagsklauseln (BAG Urteil vom 24.10.2007 - 10 AZR 825/06 - AP Nr. 32 zu § 307 BGB) nicht verkannt. Es hat vielmehr unter Anwendung dieser Rechtsprechungsgrundsätze zutreffend festgestellt, dass die vorliegende vertragliche Regelung den Kläger nicht im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt und deshalb wirksam ist. Auch der Hinweis des Klägers auf die Rechtsprechung zur unangemessenen Benachteiligung, wenn Bonuszahlungen betroffen sind, die jedenfalls mehr als 25 % der Gesamtvergütung ausmachen, verfängt nicht. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung ist nicht einschlägig, weil sie anders gelagerte Sachverhalte betrifft. Weder ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses an einem bestimmten Stichtag Anspruchsvoraussetzung, noch sieht der Arbeitsvertrag eine Rückzahlungsklausel für den Fall vor, dass der Kläger nach erfolgter Zahlung binnen bestimmter Frist aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet. Im vorliegenden Fall hat die Beklagte an den Kläger im Jahr 2010 bis zu seinem Ausscheiden am 31.03.2010 zusätzlich zu seinem Gehalt von € 26.116,50 (3 x € 8.705,50) einen Bonus von € 3.600,00 gezahlt. Mehr als eine zeitanteilige Zahlung des Jahresbonus im Austrittsjahr kann der Kläger nicht verlangen.

Auch aus dem Umstand, dass die Werte aus der Erreichung der persönlichen Ziele gemäß Ziff. 7 des C.-Führungskreis-Bonussystems jeweils dem Vorjahr entstammen, kann der Kläger nicht herleiten, dass er trotz seines Ausscheidens zum 31.03.2010 den vollen Jahresbonus 2010 bereits ins Verdienen gebracht hätte. Der Kläger hat nach dem hier vorliegenden Bonussystem nicht "vorgearbeitet", um im Folgejahr einen Bonus für das vergangene Jahr zu erhalten. Die Parteien haben vielmehr ein "rollierendes" System vereinbart, d.h. der Bonus wurde jeweils im laufenden Jahr ausbezahlt. Die Beklagte hat dem Kläger unstreitig für das Jahr 2009 ein Bonus von € 17.956,80 brutto gewährt. Aufgrund seines Ausscheidens am 31.03.2010 kann er für das Jahr 2010 nur einen zeitanteiligen Bonus beanspruchen, den ihm die Beklagte gezahlt hat.

III.

Nach alledem ist die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht.

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