LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 06.09.2005 - 5 Sa 408/05
Fundstelle
openJur 2020, 14096
  • Rkr:
Tenor

1. Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 25.01.2005 - 5 Ca 1828/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.980,23 EUR festgesetzt.

Tatbestand

Mit dem Ausbildungsvertrag vom 11.10.2000 (Bl. 73 f. d. A.) wurde die Klägerin von dem beklagten Land für die Zeit vom 16.10.2000 bis zum 15.04.2002 als Angestellte "zur Durchführung der 18-monatigen pädagogischen Ausbildung gem. § 56 LaufbVO" eingestellt. Gleichzeitig wurde der Arbeitsvertrag vom 20.09.1999, zuletzt geändert am 28.08.2000, mit Ablauf des 15.10.2000 aufgehoben. Auf die Anträge der Klägerin vom 27.11.2001 und vom 27.05.2002 wurde die pädagogische Ausbildung der Klägerin zunächst bis zum 31.07.2002 und dann (- "insbesondere wegen des Krankenhausaufenthalts mit anschließender Arbeitsunfähigkeit" -) bis zum 31.10.2002 verlängert (s. dazu die Verlängerungsmitteilungen der C. vom 28.1.2002 und vom 18.7.2002, Bl. 75 f. d. A.). Aufgrund des Arbeitsvertrages vom 05.11.2002 (Bl. 27 f. d. A.) wurde die Klägerin "vorbehaltlich des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses und des polizeilichen Führungszeugnisses" ab dem 01.11.2002 als Lehrkraft im Teilzeitangestelltenverhältnis (18-Wochen-Stunden) im öffentlichen Schuldienst des Landes beschäftigt. Der Einsatz erfolgte an der Berufsbildenden Schule Wirtschaft, N-Stadt ("L.-E.-Schule"). Zu den Unterrichtsfächern der Klägerin gehörten "Textverarbeitung" und "Büropraxis".

Die Klägerin verletzte sich am 24.2.2003 im Bereich der linken Hand bzw. des linken Handgelenks.

Seit dem 28.03.2003 fehlte die Klägerin fortlaufend krankheitsbedingt.

Die Parteien streiten (u.a.) darüber, ob die Phase der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit der Klägerin

- bereits im März 2004 (- so die Behauptung des beklagten Landes -) oder

- erst mit Ablauf des 27.07.2004 (- so die Behauptung der Klägerin -)

beendet war.

Mit dem Schreiben vom 25.04.2003 (Bl. 154 d. Personalakte der Klägerin; folgend PA) hatte das Land die Klägerin aufgefordert, sich unverzüglich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Mit dem Schreiben vom 06.05.2003 (Bl. 177 f. PA) bat die C. das Gesundheitsamt N. um eine umfassende gutachterliche Stellungnahme; die Untersuchung sei erforderlich, weil geprüft werden solle, ob "dauernde Dienstunfähigkeit ( Arbeitsunfähigkeit ) im Sinne von § 56 Abs. 1 LBG" vorliege.

Mit dem Schreiben vom 18.11.2003 (Bl. 29 d. A.) informierte die L.-E.-Schule N. die C. über die seit dem 01.11.2002 angefallenen Fehlzeiten der Klägerin.

Aufgrund der am 14.08.2003 amtsärztlich und am 16.02.2004 fachärztlich (- durch Dr. A. F., Klinik für operative Orthopädie, B. -) durchgeführten Untersuchungen erstellte das Gesundheitsamt die Stellungnahme (folgend: Gutachten) vom 12.03.2004 (Bl. 34 f. d. A.). Das schriftliche Gutachten vom 12.03.2004 lag der C. gegen Ende März 2004 vor. Mit dem Schreiben vom 17.03.2004 erklärte das Land der Klägerin die - später zurückgenommene - Kündigung zum 30.06.2004. Im Kündigungsschreiben vom 17.03.2004 heißt es u.a., dass "bis heute" die gesundheitliche Eignung der Klägerin nicht habe festgestellt werden können (s. dazu Kündigungsschreiben, Bl. 32 f. d. A.). Mit dem Schreiben vom 29.04.2004 übersandte die Klägerin der L.-E.-Schule die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. W. (-H.-J. Krankenhaus, D., -) vom 29.04.2004 (= Folgebescheinigung; Bl. 39 d. A.). In der Rubrik "Voraussichtlich arbeitsunfähig bis einschließlich" dieser Bescheinigung heißt es dort "bis auf Weiteres". Eine ähnlich ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ("... voraussichtlich arbeitsunfähig bis ... auf Weiteres" -) hatte die Klägerin der Schule bereits im September 2003 vorgelegt (= Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung - Folgebescheinigung - vom 18.09.2003, Bl. 251 PA).

Mit dem Schreiben vom 04.05.2004 (Bl. 37 d. A.) wandte sich die A. wie folgt an die Klägerin:

"... aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 12.03.2004 sind Sie arbeitsfähig und können die Tätigkeit als Lehrerin für Fachpraxis ausüben. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein amtsärztliches Gutachten gegenüber einem privatärztlichen stets als vorrangig anzusehen. Ich fordere Sie daher auf, sofort die Arbeit an der Schule aufzunehmen ...".

Mit dem Anwaltsschreiben vom 06.05.2004 (Bl. 335 f. PA) bat die Klägerin die C. um Überlassung einer Abschrift des amtsärztlichen Gutachtens vom 12.03.2004 und teilte mit, dass sie nach wie vor arbeitsunfähig erkrankt sei. Daraufhin bat die C. das Gesundheitsamt in Bezug auf die Arbeitsfähigkeit/Arbeitsunfähigkeit der Klägerin eine Nachuntersuchung/Zusatzbegutachtung vorzunehmen (Schreiben der C. vom 10.05.2004, Bl. 341 PA).

Mit dem Schreiben vom 22.06.2004 (Bl. 43 d. A.) wies die C. die Klägerin auf ihre Abmahnungsabsicht hin. Die Klägerin antwortete mit dem Schreiben vom 29.06.2004 (Bl. 373 PA) sowie mit dem Anwaltsschreiben vom 02.07.2004 (Bl. 374 PA; siehe dazu auch das weitere Schreiben der Klägerin vom 08.07.2004, Bl. 44 d. A.).

Mit dem Schreiben vom 08.07.2004 erteilte die C. der Klägerin die Abmahnung, die Streitgegenstand des Verfahrens - 5 Ca 1890/04 - = - 5 Sa 397/05 - ist. Die Abmahnung vom 8.7.2004 wurde dem (jetzigen) Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit PZU am 9.7.2004 zugestellt. Die Klägerin hat ihre Arbeit im Anschluss an die Abmahnung vom 08.07.2004 nicht aufgenommen (vgl. dazu die - am 21.7.2004 bei der C. eingegangene - Mitteilung der Schule vom 16.7.2004, Bl. 161 d. A.). Am 19.07.2004 begannen die Schulferien (Sommerferien).

Mit dem Anhörungsschreiben vom 19.07.2004 (Bl. 16 d. A.) wandte sich die C. wegen der beabsichtigen außerordentlichen Kündigung unter Bezugnahme auf § 82 Abs. 3 LPersVG an den Bezirkspersonalrat für die staatlichen Lehrerinnen und Lehrer an Berufsbildenden Schulen bei der C. (vgl. dazu auch Bl. 17 d. A. Anhörungsschreiben vom 19.7.2004 mit dem handschriftlichen Vermerk - unten rechts -:"BPR - Zustimmung 28.7.2004...."). . Mit dem Schreiben vom 02.08.2004 (Bl. 4 f. d. A.) kündigte das Land der Klägerin außerordentlich ("mit sofortiger Wirkung") und hilfsweise ordentlich ("mit Ablauf des 30.09.2004"). Die Kündigung ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 04.08.2004 zugestellt worden (EB, Bl. 392 PA). Die Klägerin erhielt mit PZU am 4.8.2004 einen Abdruck des Kündigungsschreibens (Bl. 388, 393 PA). Das - aufgrund des Ersuchens der C. vom 10.5.2004 - vom Gesundheitsamt N. am 9.8.2004 erstellte (Zusatz-)Gutachten (Bl. 18 d. A.) trägt den Eingangsstempel der C. vom 11.8.2004. Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 25.01.2005 - 5 Ca 1828/04 - (dort S. 2 ff. = Bl. 85 ff. d. A.). Das Arbeitsgericht hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 02.08.2004 weder fristlos noch ordentlich zum 30.09.2004 beendet worden ist; weiter hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis über den 02.08.2004 hinaus ungekündigt fortbesteht.

Das beklagte Land hat gegen das am 22.04.2005 zugestellte Urteil vom 25.01.2005 - 5 Ca 1828/04 - am 19.05.2005 Berufung eingelegt und diese mit dem Schriftsatz vom 21.06.2005 am 21.06.2005 begründet.

Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 21.06.2005 (Bl. 112 ff. d. A.) verwiesen.

Das beklagte Land behauptet dort insbesondere, dass die Klägerin bereits im März 2004 wieder arbeitsfähig gewesen sei (Beweis: 1. Zeugnis der Dr. H.

2. Einholung eines Sachverständigengutachtens).

Das Land behauptet weiter, dass die Klägerin auch am 06.05.2004 und in der Folgezeit arbeitsfähig gewesen sei (Beweis: wie vor). In dieser Auffassung sieht sich das beklagte Land durch die Stellungnahme des Gesundheitsamtes vom 09.08.2004 (Bl. 18 d. A.) bestätigt. Die Kündigung sei nach ordnungsgemäßer Anhörung des Bezirkspersonalrates und des örtlichen Personalrates ausgesprochen worden. Dazu führt das Land insbesondere auf den Seiten 5 ff. der Berufungsbegründung vom 21.06.2005 aus (s. Bl. 116 ff. d. A.).

Das Land führt weiter dazu aus, dass der Tatbestand einer beharrlichen Arbeitsverweigerung gegeben sei, so dass der notwendige Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung, - zumindest aber für eine ordentliche Kündigung vorliege (- Berufungsbegründung S. 8 f. und 11 = Bl. 119 f. und 122 d. A.).

Die 2-wöchige Kündigungserklärungsfrist ist nach Ansicht des beklagten Landes deswegen gewahrt, weil vorliegend ein Dauertatbestand gegeben sei (- Berufungsbegründung S. 9 f. = Bl. 120 f. d. A.). Ergänzend äußert sich das Land in den Schriftsätzen vom 25.07.2005 (Bl. 187 ff. d. A.), vom 12.08.2005 (Bl. 213 ff. d. A.) und vom 24.08.2005 (Bl. 229 ff. d. A.).

Das beklagte Land beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 25.01.2005 - 5 Ca 1828/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung des beklagten Landes zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 28.06.2005 (Bl. 176 ff. d. A.). Hierauf wird verwiesen. Die Klägerin macht dort insbesondere geltend, dass sie in dem der Abmahnung vom 08.07.2004 zugrunde liegenden Zeitraum tatsächlich arbeitsunfähig gewesen sei, so dass keine Arbeitspflichtverletzung/Arbeitsverweigerung vorgelegen habe. Entsprechendes gelte für den der streitgegenständlichen Kündigung zugrunde liegenden Zeitraum (Beweis: 1. Sachverständigengutachten, 2. Zeugnis des Dr. Z.). Die Klägerin verweist auf die ärztliche Bescheinigung des Dr. Z. vom 01.07.2004 (Bl. 226 d. A.). Die Klägerin weist darauf hin, dass sie bei dem Zeugen Dr. Z. mehrmals pro Woche durchgehend in Behandlung gewesen sei, so dass dieser detaillierte Angaben zu ihrem Gesundheitszustand machen könne. Vorsorglich weist die Klägerin darauf hin, dass sie jedenfalls eine Arbeitsverweigerung nicht schuldhaft begangen habe. Insbesondere bei der vorhandenen Herzerkrankung könne es keinesfalls als schuldhaft angesehen werden, wenn die Klägerin die Tätigkeit im Hinblick auf die medizinische Einschätzung des Dr. Z. nicht aufgenommen habe. Sofern sich - wider Erwarten - der behandelnde Arzt geirrt hätte, so könne (doch jedenfalls) bei der Klägerin nicht von einer schuldhaften Verletzung ihrer Arbeitspflicht ausgegangen werden.

Weiter beanstandet die Klägerin nach näherer Maßgabe ihrer diesbezüglichen Ausführungen die Anhörung des Bezirkspersonalrates. Insbesondere bestreitet sie die Behauptung des beklagten Landes hinsichtlich angeblicher Gespräche vom 14.07.2004 und vom 27.07.2004.

Ergänzend äußert sich die Klägerin in den Schriftsätzen vom 27.07.2005 (Bl. 198 ff. d. A) und vom 15.08.2005 (Bl. 219 ff. d. A.), worauf jeweils verwiesen wird.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt - insbesondere auch auf die Sitzungsniederschrift vom 06.09.2005 - 5 Sa 408/05 - (Bl. 242 ff. d. A.) - Bezug genommen. Im Berufungsverhandlungstermin sind die schriftlichen Aussagen der Zeugin Dr. H. vom 05.08.2005 und des Zeugen Dr. Z. vom 11.08.2005 (aus dem Verfahren - 5 Sa 397/05 -) zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden. Insoweit wird auf Bl. 167 ff. d. A. - 5 Sa 397/05 - und Bl. 178 ff., Bl. 181 und Bl. 219 ff. d. A. - 5 Sa 397/05 - verwiesen. Die Personalakte der Klägerin (= 3 Bände) war zu Informationszwecken beigezogen.

Gründe

I. Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die hiernach zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.

II. 1. Die Klage ist mit beiden Klageanträgen zulässig. Die Zulässigkeit der sich auf die außerordentliche und die ordentliche Kündigung vom 02.08.2004 beziehenden Kündigungsschutzanträge ergibt sich aus den §§ 4 S. 1, 7 und 13 KSchG. Die betrieblichen und persönlichen Anwendungsvoraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes (§§ 1 und 23 KSchG) sind vorliegend unstreitig erfüllt. Die Zulässigkeit des allgemeinen Feststellungsantrages, der sich auf ein Rechtsverhältnis der in § 256 Abs. 1 ZPO bezeichneten Art bezieht, ergibt sich aus der zuletzt genannten Vorschrift. Unter den hier konkret gegebenen Umständen steht der Klägerin ein rechtliches Interesse daran zur Seite, den Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 02.08.2004 hinaus bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung gerichtlich feststellen zu lassen.

2. Die Klage ist insgesamt begründet. Das Arbeitsverhältnis ist durch die Kündigung vom 02.08.2005 weder außerordentlich-fristlos, noch ordentlich-fristgerecht aufgelöst worden. Auch sonstige Beendigungstatbestände haben bis zum 06.09.2005 nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.

a) Zwar ist eine beharrliche Arbeitsverweigerung an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 BGB, § 54 Abs. 1 BAT, - jedenfalls aber gemäß § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Vorliegend kommt dieser mögliche Kündigungsgrund jedoch deswegen nicht zum tragen, weil der Klägerin jedenfalls keine schuldhaft begangene Arbeitsverweigerung vorgeworfen werden kann. Für eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung kommt hier der Zeitraum vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 in Betracht. Die Abmahnung vom 08.07.2004 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 09.07.2004 zugegangen. Da die Klägerin - wie im Berufungsverhandlungs-Termin festgestellt wurde - samstags keine Unterrichtsverpflichtung traf, konnte das beklagte Land (allenfalls) mit einer Arbeitsaufnahme der Klägerin ab dem 12.07.2004 (Montag) rechnen. Keine Arbeitsverpflichtung traf die Klägerin am Samstag, dem 17.07.2004, sowie in der Zeit ab dem 19.07.2004. Für die Klägerin gelten aufgrund der in § 2 des Arbeitsvertrages vom 05.11.2002 enthaltenen Bezugnahme die Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (= SR 2 Buchstabe l Ziffer l BAT). Gemäß Nr. 5 der SR 2 l I BAT gelten hinsichtlich des Urlaubs die Bestimmungen für die entsprechenden Beamten. Nach § 19 Abs. 1 der Urlaubsverordnung wird der Erholungsurlaub für Lehrer durch die Ferien abgegolten. Aus diesem Grunde ist hier davon auszugehen, dass die Klägerin in der Zeit ab dem 19.07.2004 keine Unterrichtsverpflichtung - und folglich auch keine Arbeitsverpflichtung - traf. Anhaltspunkte für die Annahme, die Klägerin habe ausnahmsweise doch eine Arbeitsverpflichtung getroffen - etwa wegen einer Konferenz - bietet das Parteivorbringen nicht. Davon, dass die Klägerin (jedenfalls) ab dem 19.7.2004 keine Arbeitspflicht mehr traf, geht erkennbar auch die Darstellung unter Ziffer 1 im Schriftsatz des Landes vom 12.8.2005 (dort S. 2 = Bl. 217 d. A.) aus.

b) Unter Berücksichtigung der schriftlichen Aussagen der Zeugen Dr. H. und Dr. Z. kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Klägerin in der Woche vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit (vorübergehend) arbeitsunfähig gewesen ist. Im Falle der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit trifft den Arbeitnehmer keine Arbeitspflicht, so dass er während einer Phase der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsverweigerung begehen kann.

aa) Aus einer - wie hier unstreitig gegebenen - Arbeitsversäumnis kann nicht schon ohne weiteres auf eine Arbeitspflichtverletzung des Arbeitnehmers geschlossen werden, - denn im Vertragsrecht indiziert ein bestimmter Sachverhalt, der den objektiven Voraussetzungen für eine Vertragsverletzung entspricht, nicht zugleich ein rechts- bzw. vertragswidriges Verhalten. Vielmehr muss die Rechtswidrigkeit eines beanstandeten Verhaltens besonders begründet werden, - weshalb der Arbeitgeber ggfls. auch die Tatsachen beweisen muss, die einen Rechtfertigungsgrund für das Verhalten des Arbeitnehmers ausschließen. Dies ist nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung anerkanntes Recht.

Die Klägerin hat hier den Vorwurf des beklagten Landes, vertragswidrig nicht zur Arbeit erschienen zu sein, bereits im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 10.11.2004 (dort S. 4 f. = Bl. 59 f. d. A.), - zumindest aber im Berufungsverfahren - und hier insbesondere im Schriftsatz vom 15.8.2005 (dort S. 2 f. = Bl. 189 f. d. A.) - substantiiert bestritten. Dort hat sie im einzelnen vorgetragen, aus welchen Gründen sie arbeitsunfähig gewesen sei. Aus diesem Grunde oblag es nunmehr dem Arbeitgeber, also dem beklagten Land, darzulegen und zu beweisen, dass die Klägerin in Wirklichkeit doch arbeitsfähig gewesen sei. Dieser Beweis ist dem darlegungs- und beweispflichtigen Land nicht gelungen.

bb) Die Parteien sind im Berufungsverhandlungstermin darauf hingewiesen worden, dass die Berufungskammer in Erwägung zieht, die schriftlichen Aussagen der Zeugin Dr. H. vom 05.08.2005 und des Zeugen Dr. Z. vom 11.08.2005 (auch) im vorliegenden Verfahren zu Beweiszwecken zu verwerten. Davon hat die Berufungskammer Gebrauch gemacht. Sie hat die vorgenannten Aussagen, die am 06.09.2005 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, beweismäßig verwertet.

Insoweit ergibt sich aus der - in Bl. 168 bis 171 d. A. - 5 Sa 397/05 - befindlichen Aussage der sachverständigen Zeugin Dr. H., dass die Klägerin im entscheidungserheblichen Zeitraum (jedenfalls) an folgenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen/Krankheiten litt:

- essentielle, arterielle Hypertonie, WHO Grad II und

- exogene Adipositas (BMI 40.2 - Body Mass Index -).

Die Feststellung der Hypertonie (Bluthochdruck) deckt sich mit der Angabe der RR-Bluthochdruckwerten wie sie in dem Auszug (Bl. 181 d. A - 5 Sa 397/05 -) festgehalten sind, den der sachverständige Zeuge Dr. Z. seiner Aussage vom 11.08.2005 als Anlage beigefügt hat. So heißt es dort u.a. für

- den 08.07.2004: RR 180/100

- den 13.07.2004: RR 180/105

- den 16.07.2004: RR 190/105.

Für die eben genannten Tage ist außerdem in dem Auszug des Zeugen Dr. Z. jeweils die Gabe eines einschlägigen Medikamentes ("Adalat") vermerkt.

Von der exogenen Adipositas (Übergewicht/Fettsucht) ist die Zeugin Dr. H. ebenfalls zu Recht ausgegangen. Die 160 cm große Klägerin wiegt - wie sie im Berufungsverhandlungstermin angegeben hat - 99 kg.

Es ist gerichtsbekannt, dass ein Bluthochdruck, wie er von den Zeugen Dr. H. und Dr. Z. festgestellt worden ist, einen (erheblichen) Risikofaktor für die Gesundheit/ Arbeitsfähigkeit darstellt. Ebenso ist es gerichtsbekannt, dass ein derartiger Bluthochdruck besonders riskant ist, wenn er mit anderen Faktoren - insbesondere wie im Falle der Klägerin mit deutlichem Übergewicht - kombiniert ist. Zwar heißt es auf der S. 4 unter der Ziffer 10. der Aussage der Zeugin Dr. H., dass die arterielle Hypertonie medikamentös gut eingestellt gewesen sei. Erwähnt wird dort jedoch auch eine hypertensive Entgleisung unter besonderen Bedingungen. Die letztgenannte Feststellung steht im Einklang mit der in der Anlage zur schriftlichen Aussage des Zeugen Dr. Z. vermerkten wiederholten Abgabe von Adalat-Tabletten. Mit Rücksicht darauf, dass der Zeuge Dr. Z. - (in seiner Aussage vom 11.8.2005, Bl. 178 ff. d. A. - 5 Sa 397/05 -) bestätigt hat, dass die Klägerin bis zum 27.07.2004 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, hat die Berufungskammer nicht die gem. § 286 Abs. 1 ZPO notwendige Überzeugung gewinnen können, die Klägerin sei in der Woche vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 arbeitsfähig gewesen. Eine diesbezügliche Feststellung - Feststellung einer Arbeitsfähigkeit - lässt sich (auch) auf die Aussage der Zeugin Dr. H. nicht stützen. Die Zeugin führt auf S. 5 ihrer schriftlichen Aussage aus, dass eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit "bei dieser Grunderkrankung und den hier vorliegenden Risikofaktoren (erhebliches Übergewicht, schlechter körperlicher Trainingszustand)" nicht auszuschließen sei. Aus Sicht der Zeugin ist es absehbar, dass die Ausübung der Tätigkeit als Fachlehrerin für Bürowirtschaft und Textverarbeitung sich negativ auf die Gesundheit der Klägerin auswirkt, - "eine Arbeitsunfähigkeit dann nicht mehr auszuschließen wäre". Zwar seien die durchgeführten Untersuchungen, - damit meint die Zeugin die Herzkatheteruntersuchung vom 19.01.2004 im Bundeswehrzentralkrankenhaus und die Langzeitblutdruckmessung vom 29./30.07.2004 - ohne krankhaften Befund gewesen. Die zu den genannten Zeitpunkten (19.01.2004 und 29./30.07.2004) getroffenen Feststellungen schließen bei der gebotenen Mitberücksichtigung der Aussage des Zeugen Dr. Z. jedoch nicht aus, dass die Klägerin eben in der fraglichen Woche vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 doch infolge Krankheit arbeitsunfähig war.

Die persönliche Einvernahme der Zeugen sowie die Einholung eines Sachverständigengutachtens war entbehrlich, weil die sachverständigen Zeugen Dr. H. und Dr. Z. die anstehenden medizinischen Fragen, die Gegenstand ihrer persönlichen Zeugenvernehmung und eines Sachverständigen-Gutachtens hätten sein können, bereits ausreichend geklärt haben. Die Aussagen der beiden Zeugen sind gerade auch in Bezug auf den hier besonders interessierenden Zeitraum (vom 12.7.2004 bis zum 16.7.2004) aussagekräftig. Der Zeuge Dr. Z. erstreckt seine Aussage (= Klägerin war "durchgehend arbeitsunfähig erkrankt"-) ausdrücklich auf die Zeit bis zum 27.7.2004. Aber auch die Aussage der Zeugin Dr. H. erstreckt sich auf den entscheidungsrelevanten Zeitraum, denn sie bezieht in ihre Beurteilung ausdrücklich auch die internistische Begutachtung vom 29.7./30.7.2004 mit ein.

Bei dem Zeugen Dr. Z. handelt es sich um einen Facharzt für Allgemeinmedizin, der in Deutschland niedergelassen ist. Aus diesem Grunde ist davon auszugehen, - und dies wird durch den Gesamtzusammenhang seiner Aussage vom 11.08.2005 belegt -, dass ihm genauso wie der Zeugin Dr. H. die Definition des Begriffs "arbeitsunfähig infolge Krankheit" - also auch der Unterschied zwischen Arbeitsunfähigkeit und Krankheit - geläufig ist. Ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, der Zeuge Dr. Z. könnte der Klägerin mit seiner Aussage vom 11.08.2005 ein "Gefälligkeitsattest" erstellt haben, gibt der Sachverhalt nicht. Allein der Umstand, dass die Klägerin bei Dr. Z. in ärztlicher Behandlung ist bzw. gewesen ist, reicht insoweit nicht aus.

cc) Festzuhalten ist noch, dass vom Bestand einer Arbeitsfähigkeit in der fraglichen Woche (- vom 12.7. bis zum 16.7.2004 -) nicht etwa bereits im Hinblick auf das amtsärztliche Gutachten vom 12.03.2004 auszugehen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme zutrifft, der Beweiswert eines ärztlichen Befundes, der von einem Amtsarzt erstellt ist, übertreffe immer den, der einer privatärztlichen Bescheinigung beizulegen sei. Unterstellt man diese Ansicht grundsätzlich als richtig, so ist doch jeweils Bedacht auf den Zeitpunkt der amtsärztlichen Feststellung zu nehmen sowie auf den Zweck, dem das amtsärztliche Gutachten zu dienen bestimmt ist. Insoweit ging es der C., als sie mit dem Schreiben vom 06.05.2003 dem Gesundheitsamt den Untersuchungs- bzw. Gutachtenauftrag erteilte, doch primär darum zu prüfen, ob dauernde Dienstunfähigkeit (Arbeitsunfähigkeit) bei der Klägerin im Sinne des § 56 Abs. 1 LBG vorlag oder nicht. Die Untersuchung sollte erkennbar die Entscheidungsgrundlage für die anstehende Übernahme (- oder Nichtübernahme -) der Klägerin in das Beamtenverhältnis sein. Die in § 56 LBG geregelte Dienstunfähigkeit ist gegeben, wenn der Beamte wegen seines körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig (= dienstunfähig) ist. An diesem Gutachtenauftrag orientierten sich die dann vom Gesundheitsamt durchgeführten bzw. veranlassten Untersuchungen. Demgemäß hatten die am 14.08.2003 amtsärztlich und am 16.02.2004 fachärztlich durchgeführten Untersuchungen, die Grundlage des Gutachtens vom 12.03.2004 sind, keineswegs die Klärung der Frage zum Gegenstand, ob die Klägerin zu bestimmten Zeiträumen im Frühjahr/Sommer 2004 - insbesondere in der Woche vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 - vorübergehend infolge Krankheit arbeitsunfähig sein würde oder nicht. Deswegen kann mit dem amtsärztlichen Gutachten vom 12.03.2004 das Vorliegen einer Arbeitsfähigkeit der Klägerin in der Woche vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 auch dann nicht bewiesen werden, wenn man an sich davon auszugehen hätte, dass der Beweiswert eines ärztlichen Befundes, der von einem Amtsarzt erstellt ist, den übertrifft, der einer privatärztlichen Bescheinigung beizulegen ist. Durch das Gutachten vom 12.3.2004 ist die Arbeitsfähigkeit der Klägerin für die Zukunft nicht ein für allemal "festgeschrieben" worden. Das Gutachten vom 12.3.2004 schließt eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit der Klägerin für spätere bzw. zukünftige Zeiträume keineswegs aus. Freilich hat das Gutachten vom 12.3.2004 bewirkt, dass spätestens damals der in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages vom 5.11.2002 enthaltene Vorbehalt (= "....vorbehaltlich des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses ...") bedeutungslos wurde.

Steht - wovon hiernach auszugehen ist - nicht fest, dass die Klägerin in der fraglichen Woche nach Zugang der Abmahnung vom 08.07.2004 (uneingeschränkt) arbeitsfähig gewesen ist, scheidet die Feststellung einer Arbeitsverweigerung aus. Demgemäß lässt sich weiter nicht feststellen, dass dem beklagten Land bei Kündigungsausspruch unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB gewesen sei. Bereits deswegen ist die außerordentliche Kündigung rechtsunwirksam. Dahingestellt bleiben kann, ob das Land die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 S. 1 BGB und des § 54 Abs. 2 BAT gewahrt hat. Insoweit begegnet die Annahme eines über den 16.07.2004 bzw. 19.07.2004 hinaus anhaltenden Dauertatbestands deswegen Bedenken, weil in der Ferienzeit ab dem 19.07.2004 keine Arbeitspflicht für die Klägerin bestanden hat.

c) Die ordentliche Kündigung scheitert daran, dass kein Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gegeben ist. Im Hinblick auf die personalvertretungsrechtliche Schranke für das Vorbringen von Kündigungsgründen im Prozess, kann das Land insoweit im vorliegenden Verfahren alleine mit dem möglichen Kündigungsgrund "Arbeitverweigerung im Anschluss an die Abmahnung vom 08.07.2004" gehört werden. Dieser Kündigungsgrund ist nach dem oben Festgestellten aber nicht gegeben, weil die Arbeitsfähigkeit der Klägerin für den in Frage kommenden Zeitraum vom 12.07.2004 bis zum 16.07.2004 nicht bewiesen ist.

3. Da die Klage sich mit allen Anträgen bereits deswegen als begründet erweist, kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die personalvertretungsrechtliche Anhörung/Beteiligung zu recht beanstandet und ob und inwieweit die außerordentliche Kündigung und die ordentliche Kündigung vom 02.08.2004 auch deswegen unwirksam sind, weil der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht genügend beachtet wurde. Insoweit könnte die - im Rahmen des § 626 Abs. 1 BGB bzw. des § 54 Abs. 1 BAT und des § 1 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 KSchG jeweils notwendige - Interessenabwägung bei der dabei erforderlichen Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zur Unwirksamkeit sowohl der außerordentlichen als auch der ordentlichen Kündigung führen. Kündigungen sind nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung nur zulässig, wenn sie die unausweichlich letzte Maßnahme (ultima ratio) für den Kündigungsberechtigten sind. Nach dem insoweit relevanten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt eine außerordentliche Kündigung nur dann in Betracht, wenn alle anderen, nach den jeweiligen Umständen des konkreten Falles möglichen und angemessenen milderen Mittel, die geeignet sind, dass in der bisherigen Form nicht mehr tragbare Arbeitsverhältnis fortzusetzen, erschöpft sind. Ähnliches gilt - nach näherer Maßgabe der höchstrichterlichen Rechtsprechung - auch für den Bereich der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung. Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist abzuleiten, dass der Arbeitgeber immer nur von dem im Einzelfall mildesten ihm zumutbaren Mittel Gebrauch machen darf. Unterlässt er dies, ist eine gleichwohl erklärte Beendigungskündigung sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG bzw. unwirksam im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Zu den hiernach in Betracht kommenden milderen Mittel - im Vergleich zur außerordentlichen Kündigung - gehören nicht nur eine ordentliche Kündigung, eine (ggfs. wiederholte) Abmahnung, eine Versetzung oder eine Änderungskündigung. In Betracht kommen auch - insbesondere nach längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten (- wie sie hier unstreitig zumindest in der Zeit vom 28.03.2003 bis zum 27.01.2004 aufgetreten sind -) Maßnahmen wie sie in § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX vorgesehen sind. Die letztgenannte Bestimmung ( - anwendbar hier in der Fassung, die vom 01.05.2004 bis zum 29.03.2005 gültig war, -) gilt für "Beschäftigte" - also für Arbeitnehmer schlechthin -, nicht nur für schwerbehinderte Menschen. Zu den Möglichkeiten, die seinerzeit im Arbeitsverhältnis der Parteien aufgetretenen Schwierigkeiten zu beseitigen, gehörte unter den gegebenen Umständen - die Klägerin hat sich damals darauf berufen noch "krankgeschrieben" bzw. "arbeitsunfähig erkrankt" zu sein (= Schreiben vom 29.6.2004 und vom 2.7.2004, Bl. 373 f. PA) - die Umsetzung eines Wiedereingliederungsplanes, - ähnlich dem, mit dem sich die C. bereits mit der Erklärung vom 17.09.2003 (s. Bl. 247 PA) einverstanden erklärt hatte. Die Initiativlast für eine mögliche und zumutbare Vermeidung einer Beendigungskündigung trifft im Anwendungsbereich des Verhältnismäßigkeitgrundsatzes den für die Berechtigung der Kündigung darlegungs- und beweispflichtigen Arbeitgeber, - hier also das beklagte Land. Dies verdeutlicht § 84 Abs. 2 S. 1 SGB IX (- ähnlich § 2 Abs. 2 S. 1 und 2 Nr. 2 SGB III). Die Klägerin musste als Lehrerin für Textverarbeitung und Büropraxis - notwendigerweise - (auch) mit ihrer linken Hand die Tastatur des PC bedienen. Zwar musste sie insoweit die linke Hand nicht ständig und ausschließlich einsetzen, - für einen ordnungsgemäßen Unterricht ist aber zumindest der gelegentliche Handeinsatz erforderlich. Aus diesem Grunde hätte man der Klägerin vor Ausspruch der Abmahnung und Kündigung (wohl) Gelegenheit geben können und müssen, ihren Unterricht so zu gestalten, dass sie die linke Hand entsprechend schonte. Insoweit kann auf die schriftliche Aussage der Zeugin Dr. H. vom 05.08.2005, dort S. 3 unter Ziff. 6., verwiesen werden. Dr. H. erwähnt dort die Empfehlung des Orthopäden Dr. F. dahingehend, dass wegen "persistierender Missempfindung im Bereich des linken Handgelenkes/Hand" keine ausschließlichen bzw. ständigen Tätigkeiten an einem PC ausgeführt werden sollen. Unabhängig davon war es unter den gegebenen Umständen angezeigt, eine etwaige Arbeitsaufnahme der Klägerin nicht sofort mit 18-Wochen-Stunden beginnen zu lassen, sondern gestaffelt - ähnlich dem bereits oben erwähnten Wiedereingliederungsplan vom 22.08./12.09./17.09.2003 (Bl. 247, 248 PA). Die Arbeitsaufforderungen vom 04.05.2004 und vom 22.06.2004 musste die Klägerin ebenso wie die Abmahnung vom 08.07.2004 so verstehen, dass sie ab sofort wieder uneingeschränkt ihr volles arbeitsvertragliches Arbeitszeitdeputat von 18-Wochen-Stunden hätte leisten müssen. Davon ist das beklagte Land auch tatsächlich ausgegangen, wie die Ausführungen im Schriftsatz des Landes vom 12.08.2005 (Bl. 217 d. A.) belegen.

Dieser Arbeitsaufforderung könnten auch deswegen Bedenken begegnen, weil sie - ebenso wie die Kündigung vom 2.8.2004 - bereits zu einem Zeitpunkt erfolgte, als dem beklagten Land die ergänzende schriftliche Begutachtung des Gesundheitsamtes vom 09.08.2004, die mit Schreiben vom 10.05.2004 erbeten worden war, (überhaupt) noch nicht vorlag.

Dahingestellt bleiben kann auch, ob die Kündigungen vom 02.08.2004 ausreichend dem kündigungsrechtlichen Prognoseprinzip Rechnung tragen. Weder die außerordentliche Kündigung noch die ordentliche Kündigung stellen ohne weiteres eine Sanktion für in der Vergangenheit liegende Vertragsstörungen dar. Vielmehr ist der Zweck der Kündigung insoweit zukunftsbezogen als es darum geht, dem Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, zu erwartenden betrieblichen Beeinträchtigungen zuvor zukommen. Zurückliegende - in der Vergangenheit aufgetretene - Ereignisse, die das Arbeitsverhältnis nicht mehr belasten, sind auch dann unerheblich, wenn sie zunächst schwerwiegend waren. Entscheidend ist, ob im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs die zurückliegenden Ereignisse ein genügend aussagekräftiges Indiz für die künftige Belastung des Arbeitsverhältnisses sind. Sollte die Klägerin - entgegen den Feststellungen des sachverständigen Zeugen Dr. Z. - in der Zeit vor Abmahnung und Kündigung doch durchgehend arbeitsfähig gewesen sei, dann würde die Arbeitsverweigerung, die die Klägerin dann objektiv begangen hätte, - wenn überhaupt - dann doch nur auf einem relativ geringen Verschulden beruhen. Medizinische Laien, wie die Klägerin, können sich in der Regel auf die zutreffende Beurteilung ihrer Arbeitsunfähigkeit bzw. Arbeitsfähigkeit durch Mediziner, wie den sachverständigen Zeugen Dr. Z., verlassen. Dies spricht dafür, dass die Klägerin ohne schuldhaften Irrtum der Überzeugung sein durfte, zur Arbeit nicht verpflichtet zu sein. Im übrigen hielten im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches weder die Klägerin noch der Zeuge Dr. Z. die Klägerin für arbeitsunfähig. Dies spricht gegen die Annahme, dass das Land im Zeitpunkt des Kündigungsausspruches damit rechnen musste, die Klägerin würde auch künftig, also nach den Sommerferien, der Arbeit unentschuldigt fern bleiben.

III. Die Kosten der erfolglosen Berufung muss gem. § 97 Abs. 1 ZPO das beklagte Land tragen. Der Streitwert wurde gem. §§ 42 Abs. 4 S. 1, 63 Abs. 2 GKG festgesetzt. Auch wenn vorliegend mehrere Streitgegenstände zu beurteilen waren, so geht es doch letztlich nur um eine Bestandsstreitigkeit im Sinne des § 42 Abs. 4 S. 1 HS 1 GKG. Für eine derartige Bestandsstreitigkeit ist höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgeltes festzusetzen.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst. Das vorliegende Berufungsurteil ist deswegen derzeit mit der Revision nicht anfechtbar. Die Nichtzulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht kann von dem beklagten Land unter den Voraussetzungen des § 72a ArbGG und nach näherer Maßgabe dieser Vorschrift selbständig durch Beschwerde, die beim Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuss-Platz 1, 99084 Erfurt, einzulegen ist, angefochten werden. Darauf wird das beklagte Land hingewiesen.