LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12.05.2004 - 8 Ta 90/04
Fundstelle
openJur 2020, 13575
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 05.04.2004 - 10 Ca 252/04 - abgeändert:

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird auf 3.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I. Dem Gegenstandswertfestsetzungsverfahren liegt eine Klage des mit einer Vergütung von 2.045,17 EUR brutto in der Zeit vom 04.11.2002 bis 31.12.2003 befristet als Kraftfahrer beschäftigt gewesenen Klägers mit folgenden Anträgen zugrunde:

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Ablauf des 31.12.2003 sein Ende gefunden hat

hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 18.01.2004 nicht aufgelöst worden ist

weiterhin hilfsweise festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.12.2003 hinaus weiterhin unverändert fortbesteht.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgehoben, dass die Beklagten in ihrer Arbeitsbescheinigung und dort unter "Angaben zur Beendigung des Beschäftigungs-/ Arbeitsverhältnisses" angegeben habe, dass Arbeitsverhältnis sei am 16.01.2004 fristlos durch den Arbeitgeber gekündigt worden. Das Feststellungsinteresse begründete der Kläger mit der Befürchtung der Anordnung einer Sperrfrist nach § 144 SGB III. Er habe nach dem 31.12.2003 nicht mehr im Betrieb des Beklagten gearbeitet.

Das Verfahren wurde vergleichsweise wie folgt beendet:

Die Parteien sind sich einig darüber, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis mit dem Ende der arbeitsvertraglich vereinbarten Befristung zum 31.12.2003 beendet war.

Den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit setzte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 05.04.2004 auf 100,-- EUR fest.

Gegen den am 06.04.2004 zugestellten Beschluss richtet sich die am 07.04.2004 eingelegte sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers.

Diese wurde damit begründet, dass es nicht um die Berichtigung der Arbeitspapiere, sondern um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegangen sei. Aufgrund der unrichtigen Arbeitsbescheinigung hätte der Kläger eine Sperrfrist von drei Monaten und damit einen Einnahmeverlust von mindestens 3.000,-- EUR hinnehmen müssen.

Das Arbeitsgericht half nicht ab und legte das Verfahren dem Landesarbeitsgericht zur abschließenden Entscheidung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist nach §§ 78 Abs. 1 ArbGG, 10 Abs. 3 BRAGO entsprechend, 567 ff ZPO statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden und überschreitet den Beschwerdewert gemäß §§ 10 Abs. 2 S. 1 BRAGO, 567 Abs. 2 ZPO.

In der Sache selbst hat das Rechtsmittel auch E r f o l g.

Den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers ist auf 3.000,-- EUR festzusetzen.

Die Gebühren des Rechtsanwaltes werden nach dem Wert berechnet, den der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit hat (§ 7 BRAGO). Er ist gemäß § 8 Abs. 1 BRAGO nach dem für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften zu bestimmen, die sich nach § 12 Abs. 1 GKG nach dem Streitgegenstand richten. Streitgegenstand ist insoweit der als Rechtsschutzbegehren aufgefasste eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und durch den Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtspflege hergeleitet wird, bestimmt (vgl. BGH Urteil vom 26.09.2000 - VI ZR 279/99 (KG) = NJW 2001, 157).

Vorliegend ist der Hauptantrag des Klägers auf die Feststellung gerichtet, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2003 sein Ende gefunden hat. Hierauf haben sich die Parteien auch in der öffentlichen Sitzung des Arbeitsgerichts Koblenz am 09.03.2004 geeinigt. Der Klageantrag beinhaltet die vom Kläger gesuchte Rechtsfolge, die, wie auch in sonstigen Kündigungsschutzverfahren, Auswirkungen auf finanzielle Ansprüche eines Arbeitnehmers haben kann. Im vorliegenden Fall geht es - wie die Beschwerde darlegt - um einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld gemäß § 117 Abs. 1 SGB III bzw. um die Gefahr des Ruhens des Anspruches wegen Eintritts einer Sperrzeit nach § 144 SGB III. Dieser Anspruch hängt u. a. von der rechtswirksamen Beendigung ab. Die Folgewirkungen sind denen eines Kündigungsschutzverfahrens vergleichbar. Die Beschwerdekammer hält es daher für angemessen, die Wertfestsetzung im vorliegenden Verfahren an § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG zu orientieren, die im Grundsatz nach dem Wortlaut auch eine Feststellung zum Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses umfasst. Ein solcher Streit stellt eine vermögensrechtliche Streitigkeit dar, weil aus der Feststellung eines des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses die dargestellten vermögenswerten Ansprüche erwachsen können (vgl. Germelmann/ Matthes/ Prütting/ Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Auflage § 12 Rz 92, m. w. N. auf BAG Urteil vom 24.03.1980 = AP Nr. 1 zu § 64 ArbGG 1979 vom 22.05.1984 = NZA 1984, 332 und LAG Berlin vom 07.01.1980 = EzA Nr. 1 zu § 64 ArbGG 1979).

Im vorliegenden Fall hängt von der beantragten negativen Feststellung und letztlich vergleichsweise erzielten Beendigung ein Einnahmeverlust für die Dauer der Sperrfrist von drei Monaten des Klägers ab. Bei dem durch die Beklagte gegebenen Inhalt der Arbeitsbescheinigung hätte dieser, bei mindestens 3.000,--EUR gelegen. Dies entspräche dem vermögensrechtlichen Verlust auf Seiten des Klägers. Dieser ist analog § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG für die Gegenstandswertfestsetzung zu Grunde zu legen.

Von der Zulassung einer weiteren Beschwerde wird mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgesehen (§ 574 ZPO).

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