OLG Rostock, Urteil vom 22.01.2018 - 6 U 10/14
Fundstelle
openJur 2020, 12302
  • Rkr:

1.

Die aufgrund einer Rahmenvereinbarung bestehende Möglichkeit der Insolvenzschuldnerin, bei ihrer geschäftsführer- und gesellschafteridentischen Schwestergesellschaft kurzfristig abrufbare Darlehensmittel zu erhalten, kann im Rahmen der insolvenzrechtlichen Prüfung der stichtagsbezogenen Zahlungsunfähigkeit wegen der Gleichartigkeit der Interessenlage nicht anders behandelt werden als eine Patronatserklärung (BGH Urteil vom 19.05.2011 – IX ZR 9/10) oder eine Zahlungszusage eines Gesellschafters (BGH Urteil vom 26.01.2016 – II ZR 393/13).

In Anwendung der Grundsätze zur Prüfung des Vorliegens einer stichtagsbezogenen Zahlungsunfähigkeit kommt es allein darauf an, dass sich der (Insolvenz)Schuldner die liquiden Darlehensmittel auch tatsächlich kurzfristig, d.h. in der Regel innerhalb von drei Wochen, beschafft.

2.

Stellt sich im Prognosezeitraum heraus, dass die erwarteten liquiden Mittel nicht zur Verfügung stehen, tritt sofortige Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ein.

3.

Zur Widerlegung der gegen den Geschäftsführer im Rahmen von § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F. streitenden Vermutung, er habe schuldhaft gehandelt.

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird - unter deren Zurückweisung im Übrigen - das am 25.04.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Rostock, Az. 9 O 146/07, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 86.614,49 € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03.06.2007 zu zahlen.

2.

Dem Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung des Verurteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen.

3.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 46 % und der Beklagte 54 % zu tragen.

Die durch die Nebenintervention verursachten Kosten hat der Kläger zu 46 % zu tragen und zu 54 % der Streithelfer selbst.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Kläger insgesamt vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung abzuwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des für den Beklagten und den Streithelfer jeweils insgesamt vollstreckbaren Betrages, wenn nicht der Beklagte und der Streithelfer vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils für sie zu vollstreckenden Betrages leisten.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 160.704,39 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger verfolgt Ersatzansprüche aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. gegen den Beklagten in seiner Eigenschaft als ehemaliger Geschäftsführer der ... GmbH (im Folgenden: PB oder Insolvenzschuldnerin).

Diese wurde am 09.04.2001 mit einem Stammkapital von 25.000,00 € gegründet und am 03.09.2001 in das Handelsregister eingetragen. Ein Anteil von 80 % des Stammkapitals der PB wurde von der ... GmbH (im Folgenden: PH) als Gesellschafterin gehalten. Geschäftsführer und 75 %-iger Gesellschafter der PH war ebenfalls der Beklagte.

Die PB beschäftigte neben einem freiberuflichen Bauleiter insgesamt 14 Mitarbeiter aus dem Bauhauptgewerbe (vgl. Kurzdarstellung zur PB, Anlage K 4, Bd. I, Bl. 21 f. GA). Die Insolvenzschuldnerin unterhielt neben einer Barkasse jeweils ein Geschäftskonto bei der O.Sparkasse (...) und der C.Bank.

Zwischen der PB in Gründung und der PH bestand eine schriftliche Rahmenvereinbarung vom 01.06.2001. In deren Präambel heißt es, die PH sei daran interessiert, die PB bestmöglich zu unterstützen, insbesondere solle die Liquidität der PB möglichst ohne Inanspruchnahme von Bankkrediten gestärkt werden. Wegen des weiteren Inhalts der Vereinbarung wird auf Anlage K 32 (Bd. III, Bl. 64 ff. GA) Bezug genommen.

Die PH gewährte der PB Darlehen drei kurzfristige Darlehen, die zurückgezahlt worden sind.

Mit Vereinbarung vom 26.04.2001 (Anlage B 11, Bd. II, Bl. 83 GA) gewährte die PH der PB ein verzinsliches Darlehen über 8.000,00 DM, das am 26.04.2002 zurückgeführt worden ist.

Aufgrund der Vereinbarung vom 15.01.2002 (Anlage B 13, Bd. II, Bl. 85 GA) stellte die PH der PB ein verzinsliches Darlehen über 20.000,00 € und durch Vertrag vom 12.02.2002 (Anlage B 12, Bd. II, Bl. 84 GA) ein weiteres verzinsliches Darlehen über 10.000,00 € zur Verfügung. Diese Darlehen wurden am 31.05.2002 an die PH zurückgezahlt. Zu einer weiteren Darlehensgewährung von der PH an die PB ist es in deren Krise bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gekommen.

Anfang des Jahre 2002 standen der PB gegen die H. GmbH (im Folgenden: H) offene Werklohnforderungen in Höhe von rund 110.000,00 € zu. Zur Absicherung dieser Ansprüche trat die H. am 30.01.2002 ihr gegenüber der A. GmbH (Im Folgenden: A) als bestehend reklamierte Werklohnforderungen im Umfang von 93.161,00 € an die PB ab. Im Mai 2002 beauftragte der Beklagte den Streithelfer mit der Einziehung der abgetretenen Forderung gegen die A. Diese wurde erstmalig im Mai 2002 und letztmalig am 11.10.2002 unter Fristsetzung bis zum 16.10.2002 erfolglos zur Begleichung der an die PB abgetretenen Forderung aufgefordert.

Der Streithelfer hatte den Beklagten zuvor am 26.07.2002 darüber informiert, dass am 16.07.2002 das vorläufige Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. eröffnet worden war.

Wegen des damit drohenden Forderungsausfalls in Höhe von 110.000,00 € bat der Beklagte den Streithelfer um insolvenzrechtlichen Rat. Dieser riet dem Beklagten, zunächst den Forderungseinzug der zur Sicherheit abgetretenen Forderung gegen die A. abzuwarten.

Mitte September 2002 beschloss die PB, umzufirmieren (in S.-GmbH) und ihren Sitz nach ... zu verlegen. Am 24.09.2002 wurde der Beklagte als Geschäftsführer der PB abberufen und Herr ... zum neuen Geschäftsführer bestellt.

Am 17.10.2002 empfahl der Streithelfer der PB, den Forderungseinzug nicht weiter zu betreiben. Infolge dieser Mitteilung ließ diese am 25.10.2002 eine Liquiditätsbilanz aufstellen, aus der sich ihre Zahlungsunfähigkeit ergab. Hierüber wurde der Beklagte am 25.10.2002 in Kenntnis gesetzt und gebeten, einen Insolvenzantrag zu stellen. Am 28.10.2002 stellt der Streithelfer für die PB einen Insolvenzantrag.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Rostock vom 14.02.2003 (Bd. 1, Bl. 15 f. GA) wurde über das Vermögen der Gesellschaft wegen Zahlungsunfähigkeit das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Aktiva und Passiva der PB stellten sich per 26.07.2002 - abgesehen von weiteren zwischen den Parteien streitigen Forderungen - wie folgt dar:

Aktiva per 26.07.2002Passiva per 26.07.2002Kontoguthaben Spk. 2.036,13 €Gerüstbau XXXX 428,85 €(Werklohnforderung)Bar (laut Kassenbuch) 131,04 €Firma XXX 518,84 €(Warenlieferung)        Sozialkassenbeiträge 2001 15.128,01 €        Löhne/Gehälter für Juni 2002 6.237,31 €Summe Aktiva: 2.167,17 €Summe Passiva: 22.313,01 €

Bis zum 16.08.2002 gingen auf dem Konto der O.Sparkasse Zahlungen in Höhe von insgesamt 50.462,09 € ein.

Zwischen dem 29.07.2002 und dem 28.10.2002 nahm die PB Auszahlungen in Höhe von insgesamt 160.704,39 € vor (109.299,15 € vom Konto bei der O.Sparkasse, 20.296,61 € vom Konto bei der C.-Bank und 31.108,63 € aus dem Kassenbestand). Wegen der Zusammensetzung der Beträge sowie der jeweiligen Zahlungszeitpunkte und Empfänger der Zahlungen wird Bezug genommen auf die tabellarische Aufstellung auf Seite 2 des klägerischen Schriftsatzes vom 06.11.2007 (Bd. I, Bl. 155 GA) sowie die in der Klageschrift vom 04.05.2007 ab Seite 6 unten (Bd. I, Bl.6 ff. GA) erfolgte Darstellung. In diesen Zahlungen enthalten ist auch der zwischen dem 21.08.2002 und dem 02.09.2002 erfolgte Ausgleich offener Löhne und Gehälter für den Monat Juni 2002 (tabellarische Darstellung Bd. 1, Bl. 165 GA). Die streitgegenständlichen Auszahlungen hat der Beklagte bis zum 24.09.2002 selbst veranlasst.

Der Kläger hat den Beklagten mit außergerichtlichem Schreiben vom 29.12.2006 (Anlage K 12, Bd. I, Bl. 45 ff. GA) erfolglos zur Zahlung von 159.006,88 € bis zum 12.01.2007 aufgefordert.

Der Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Der Kläger hat erstinstanzlich die Ansicht vertreten, der Beklagte schulde Ersatz für die ab dem 29.07.2002 vorgenommenen Auszahlungen. Diese seien nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der PB vom Beklagten vorgenommen worden, hätten die Masse geschmälert und seien nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar gewesen.

Der Kläger hat behauptet, die PB sei bereits zum 26.07.2002 zahlungsunfähig gewesen. Dies sei dem Beklagten bekannt gewesen. Den zu diesem Zeitpunkt fälligen Forderungen im Gesamtumfang von 62.043,61 € (Aufstellung gemäß Seite 4 der Klageschrift, Bd. I, Bl. 4 GA) habe kein liquides Vermögen gegenübergestanden. Die erhebliche - einen Anteil von 10 % weit übersteigend - Liquiditätslücke habe auch drei Wochen später noch vorgelegen.

Im relevanten Zeitraum dreiwöchigen Zeitraum vom 26.07.2002 bis zum 16.08.2002 hätten der Gesamtliquidität der PB in Höhe von 52.629,26 € (bestehend aus dem Saldo per 26.07.2002 i.H.v. 2.167,17 € und den weiteren Zahlungseingängen i.H.v. 50.462,09 €) fällige Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von mindestens 137.270,77 € entgegengestanden:

Die am 26.07.2002 bestehenden Verbindlichkeiten im Umfang von insgesamt 62.043,61 € (Aufstellung Bd. I, Bl. 4 GA) seien bis zur Insolvenzeröffnung unbezahlt geblieben.

Die PB habe zudem auf ihre bestehenden Verbindlichkeiten insgesamt weitere 48.227,16 € an Gläubiger bezahlt (Kontoauszüge Anlage K 5 und K6, Bd, I, Bl. 23-28 GA).

Die Firma ... GmbH habe zudem am 26.07.2002 einen weiteren fälligen Betrag in Höhe von 14.000,00 € geltend gemacht. Diese Summe sei von der PB erst am 09.10.2002 bezahlt worden und habe im Wege der Insolvenzanfechtung in Höhe von 11.000,00 € wieder zur Masse gezogen werden können.

Die Firma ... GmbH habe zudem gegen die PB am 26.07.2002 einen weiteren Betrag in Höhe von 13.000,00 € geltend gemacht. Diesen Betrag habe die PB erst am 28.10.2002 bezahlt und er sei vollständig im Wege der Anfechtung wieder zur Masse gezogen worden.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 160.704,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 13.01.2007 auf einen Betrag von € 159.006,88 und auf einen Betrag in Höhe von € 1.697,51 ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat Herrn Rechtsanwalt ... mit Schriftsatz vom 03.08.2007 (Bd. I, Bl. 139 f. GA) den Streit verkündet. Dieser ist dem Rechtsstreit auf Seiten des Beklagten beigetreten.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen;

hilfsweise zu erkennen:

dem Beklagten wird vorbehalten, nach Erstattung eines etwaigen Verurteilungsbetrages an die Masse seine Gegenansprüche, die sich nach Rang und Höhe mit den Beträgen decken, welche die durch die gegebenenfalls verbotswidrigen Zahlungen begünstigten Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, gegen den Kläger als Insolvenzverwalter zu verfolgen;

und weiter hilfsweise:

den Beklagten nur Zug um Zug zu verurteilen, gegen die Abtretung der Erstattungsansprüche der Masse gegen die Empfänger von Zahlungen, die nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbar sind bzw. gegen die Herausgabe des vom Kläger eventuell durch solche Anfechtungen Erlangten.

Der Streithelfer hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, eine Zahlungsunfähigkeit der PB hab erst am 17.10.2002 bestanden, als klar gewesen sei, dass diese mit ihrer Werklohnforderung gegen die H. ausfallen würde und eine kurzfristige Einziehung der sicherungshalber abgetretenen Forderung gegen ... ebenfalls nicht zu realisieren gewesen sei.

Am 26.07.2002 seien von den klägerisch vorgetragenen Verbindlichkeiten lediglich 22.313,01 € fällig gewesen.

Die Sozialkassenbeiträge der ... seien nur im Umfang von 15.128,01 € fällig gewesen. Der weitere Betrag i.H.v. 4.002,34 € für das Jahr 2002 sei im Juli 2002 wegen des anhängigen Rechtsstreits über die Berechtigung der Forderung nicht fällig gewesen.

Die Forderung des Betriebshaftpflichtversicherers ... über 1.490,16 € habe wegen einer falsch erfolgten Abrechnung nicht bestanden. Der Versicherer habe die Rechnung mit Schreiben vom 21.08.2002 für gegenstandslos erklärt.

Gegenüber der Werklohnforderung der Firma ... über 3.039,50 € habe der PB ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln im Umfang von 15.000,00 € zur Seite gestanden.

Auf die Forderung der Firma ... wegen Warenlieferungen in Höhe von 18.365,98 € seien am 09.10.2002 vereinbarungsgemäß 14.000,00 € als Erfüllung für die Gesamtforderung gezahlt worden. Im Übrigen habe der Baustofflieferant auf seine Forderung verzichtet. Bis zum 09.10.2002 sei die Forderung insgesamt gestundet gewesen.

Auf die Forderung der Firma ... GmbH wegen Warenlieferungen in Höhe von 19.069,93 € seien am 28.10.2002 vereinbarungsgemäß 13.000,00 € erfüllend geleistet worden. Die Firma habe auf den Rest der Forderung verzichtet. Bis zum 28.10.2002 seien Gespräche gelaufen, eine Fälligkeit habe nicht bestanden.

Die Auszahlungen von der PB zwischen dem 29.07.2002 und dem 28.10.2002 hätten ausnahmslos der Betriebsfortführung gedient. Es seien überwiegend Baumängel beseitigt worden, um die noch offenen Werklohnforderungen einziehen und eventuellen Zurückbehaltungsrechten und anderweitigen Einwänden begegnen zu können. Die entsprechenden Gegenwerte seien der PB - und damit später der Masse - wieder zugeflossen. Im streitgegenständlichen Zeitraum hätte den Auszahlungen ein Massezufluss in Höhe von 181.316,07 € gegenübergestanden.

Eine Zahlungsunfähigkeit der PB zum 26.07.2002 scheitere zudem daran, dass eine jederzeitige Kreditmöglichkeit der der PH bestanden habe. Dies ergebe sich schon aus der Rahmenvereinbarung und sei zudem ständige Praxis gewesen. Die PH habe im Sommer 2002 über ein Barvermögen in Höhe von 200.000,00 € verfügt.

Die PB sei zudem am 26.07.2002 Gläubigerin drei fälligen Werklohnforderungen gegen die PH betreffend das Bauvorhaben Sch. in Höhe von insgesamt 19.808,00 € gewesen (Re.-Nr. 22065, 22066 und 22067). Dieser Betrag hätte auch bereits zum 26.07.2002 fällig gestellt werden können.

Einer Erstattungspflicht für die vorgenommenen Auszahlungen stehe zudem der fehlende Vorsatz des Beklagten hinsichtlich einer Zahlungsunfähigkeit der PB entgegen. Dieser habe bis Oktober 2002 darauf vertrauen dürfen, dass eine Zahlungsunfähigkeit nicht vorgelegen habe. Er habe sich durch den Streithelfer insolvenzrechtlich beraten lassen. Erst am 17.10.2002 sei klar gewesen, dass die Forderung gegen die A. nicht durchsetzbar sein würde, so dass auch erst zu diesem Zeitpunkt von einer Zahlungsunfähigkeit der PB habe ausgegangen werden müssen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien in erster Instanz wird ergänzend Bezug genommen auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie den Inhalt der erstinstanzlichen Schriftsätze der Parteien.

Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 04.11.2011 (Bd. III, Bl. 109 f. GA) durch Vernehmung des Zeugen X. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 19.04.2012 (Bd. III, Bl. 138 ff. GA.

Das Landgericht hat mit seinem am 14.09.2012 verkündeten Beschluss (Bd. III, Bl. 161 f. GA) die mündliche Verhandlung zunächst wiedereröffnet und unter anderem mitgeteilt, dass nach seiner Auffassung grundsätzlich von einer Zahlungsunfähigkeit der PB zum 26.07.2002 auszugehen sei.

Mit seinem am 25.04.2014 verkündeten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, eine Ersatzpflicht des Beklagten aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. scheitere bereits am Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin zum Stichtag 26.07.2002 (1.). Die Zahlungen seien in einem Umfang von wenigstens 38.940,43 € mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar gewesen (2.) und in Höhe von weiteren 33.700,70 € nicht zurechenbar durch den Beklagten veranlasst worden (3.). Letztlich scheitere der Klageanspruch auch daran, dass ein Verschulden des Beklagten nicht erkennbar sei (4.).

1. Es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung einer Zahlungsunfähigkeit der PB zum Stichtag 26.07.2002. Der Kläger habe weder ein Liquiditätsgutachten vorgelegt noch hinreichende Indizien dargetan, die eine Zahlungsunfähigkeit der PB nahelegen könnten. Letzteres lasse sich auch nicht aus einer Zahlungseinstellung herleiten.

a) Zum 26.07.2002 habe bei der PB lediglich eine Liquiditätslücke in Höhe von 20.145,84 € bestanden:

Aktiva per 26.07.2002Passiva per 26.07.2002Kontoguthaben O.Spk. 2.036,13€Gerüstbau XXXX 428,85 €(Werklohnforderung)Bar (laut Kassenbuch) 131,04 €Firma XXX 518,84 €(Warenlieferung)        Sozialkassenbeiträge 2001 15.128,01 €        Löhne/Gehälter für Juni 2002 6.237,31 €Summe Aktiva: 2.167,17 €Summe Passiva: 22.313,01 €

Die weiteren bzw. höheren Forderungen des Klägers, die nach seinem Vortrag zu einer höheren Liquiditätslücke führten, seien nicht zu berücksichtigen.

Die Betriebshaftpflicht (1.490,16 €) sei nicht fällig gewesen, weil über die Forderung Streit bestanden habe und der Versicherer die Rechnung am 21.08.2002 für gegenstandslos erklärt habe.

Hinsichtlich der Werklohnforderung der Firma ... (3.039,50 €) habe der Beklagte schlüssig vorgetragen, dass ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln in Höhe von 15.000,00 € bestanden habe.

Nicht zu berücksichtigen sei auch die Forderung aus Warenlieferungen der Firma ... (18.365,98 €). Diese seien zunächst gestundet gewesen und sodann am 09.10.2002 in Höhe von 14.000,00 € mit Erklärung eines Restverzichtes durch die Gläubigerin erfüllt worden.

Die Forderung der Firma ... aus Warenlieferungen (19.069,93 €) sei ebenfalls gestundet gewesen. Zudem sei auch diese Forderung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Zahlung von 13.000,00 € und Restverzichtserklärung der Gläubigerin erfüllt worden.

Bezüglich der Sozialkassenbeiträge (...) für das Jahr 2002 (4.002,34 €) habe ein Rechtsstreit zwischen der Sozialkasse und der PB bestanden, so dass von einer Fälligkeit dieser Forderung zum 26.07.2002 nicht ausgegangen werden könne.

Die Liquiditätslücke von 20.145,84 € sei indes ohne weiteres innerhalb des Drei-Wochen-Zeitraums ab dem 26.07.2002 mit den eingegangenen Zahlungen in Höhe von insgesamt 50.462,09 € zu decken gewesen. Die am 26.07.2002 fälligen Forderungen hätten mit diesem Guthaben erfüllt werden können.

Unterstelle man - so das Landgericht weiter - den streitigen Vortrag des Klägers, dass neben den per 26.07.2002 fälligen Forderungen bis zum 17.08.2002 weitere Verbindlichkeiten in Höhe von 75.227,16 € fällig geworden seien, müssten dem hingegen die von der PB zu erwartenden Zahlungseingänge sowie eine bestehende Kreditmöglichkeit gegenübergestellt werden. Rechne man auf Seiten der PB den Aktiva eine Kreditmöglichkeit bei der Muttergesellschaft PH in Höhe von wenigstens 50.000,00 € sowie eine offene Werklohnforderung in Höhe von 19.808,00 € entgegen, ergebe sich lediglich noch eine Liquiditätslücke in Höhe von 5.419,16 €. Diese Lücke sei unterhalb der 10 %-Grenze der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht als relevant anzusehen, weil der PB aufgrund der Auftragslage eine positive Prognose zu stellen gewesen sei.

Dass die PB einen Kredit über wenigstens 50.000,00 € hätte aufnehmen können, stehe zur Überzeugung der Kammer aufgrund der Rahmenvereinbarung vom 01.06.2001, der Tatsache der zuvor bereits zweifach ausgereichten Kredite sowie ergänzend aus den glaubhaften Angaben des Zeugen X fest. Die Beweisaufnahme habe zudem ergeben, dass die PB von ihrer Muttergesellschaft bereits am 26.07.2002 Forderungen in Höhe von 19.808,00 € hätte einziehen können.

b) Eine Zahlungsunfähigkeit der PB könne nicht daraus gefolgert werden, dass diese Sozialkassenbeiträge nicht zeitnah abgeführt habe sowie Löhne und Gehälter über einen wesentlichen Zeitraum nicht gezahlt habe. Die PB haben die per 26.07.2001 fälligen Sozialkassenbeiträge für das Jahr 2001 (15.128,01 €) sowie die Löhne und Gehälter für Juni 2002 (6.237,31 €) bis Anfang September 2002 vollständig nachgezahlt. Die PB habe in diesem Zeitraum ausweislich der Aufstellung des Klägers insgesamt noch 25.366,95 € an Lohnkosten bezahlt. Im September und Oktober 2002 habe die Insolvenzschuldnerin 18.716,99 € an Sozialkosten bezahlt. Weitere Indizien, die bereits für eine Zahlungsunfähigkeit der PB im Juli 2002 sprächen, habe der Kläger nicht schlüssig dargetan. Gegen eine „Krise“ der PB im insolvenzrechtlichen Sinne spreche im Gegenteil die Tatsache, dass dieser noch im Juni 2002 ein neuer Auftrag erteilt worden (Bauvorhaben ...) und dass sie ihren Geschäftsbetrieb bis September 2002 durch Abwicklung der Bauvorhaben und Forderungseinzug aufrechterhalten habe.

c) Eine Zahlungseinstellung der PB habe ebenfalls nicht vorgelegen. Die per 26.07.2002 nicht bezahlten fälligen Forderungen seien zu den im Verhältnis im Zeitraum vom 29.07.2002 bis zum 28.10.2002 vorgenommenen Zahlungen in Höhe von 159.735,00 € als nicht erheblich anzusehen. Überdies seien die Forderungen jedenfalls teilweise (Löhne und Gehälter) noch bis zur Insolvenzeröffnung gezahlt worden.

2. Die nach dem 26.07.2002 vom Beklagten vorgenommenen Zahlungen seien mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vorgenommen worden, soweit sie sich auf fällige Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung sowie auf abgeführte Umsatz- oder Lohnsteuer beziehe. In der vom Kläger vorgelegten Zahlungsaufstellung der nach dem 26.07.2002 von den Geschäftskonten vorgenommenen Überweisungen seien Zahlungen in Höhe von insgesamt 38.940,43 € an das Finanzamt, Krankenkassen sowie die Sozialkasse enthalten. Der Kläger habe nicht schlüssig vorgetragen, dass der Beklagte zur Abführung dieser „privilegierten Zahlungen“ nicht verpflichtet gewesen sei, so dass die Klage in dieser Höhe bereits unschlüssig sei.

3. Hinsichtlich eines weiteren Teilbetrages in Höhe von 33.700,70 € sei die Klage zudem deshalb unschlüssig, weil diese Zahlungen ausweislich des Vortrags des Klägers nach dem 24.09.2002, mithin nach der Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer, vorgenommen worden seien. Eine Haftung des Beklagten komme somit lediglich als faktischer Geschäftsführer in Betracht. Der klägerische Vortrag hierzu genüge indes nicht.

4. Einer Haftung des Beklagten als Geschäftsführer der Insolvenzschuldnerin stehe darüber hinaus sein fehlendes Verschulden entgegen.

Der Beklagte habe sich durch den Streithelfer hinsichtlich der Durchsetzbarkeit von Werklohnforderungen gegen die H. bzw. gegen die A. beraten lassen. Dieser habe trotz des Insolvenzeröffnungsantrages bezüglich des Vermögens der H. und des damit drohenden Ausfalls der PB mit einer Forderung in Höhe von etwa 110.000,00 € den Beklagten dahingehend beraten, dass zunächst die Einforderbarkeit des zur Sicherheit abgetretenen Werklohnanspruchs gegen die A. in Höhe von 93.161,00 € festzustellen sei. Erst im Oktober 2002 habe der Streithelfer dann mitgeteilt, dass auch dieser Anspruch nicht realisierbar sei. In Kenntnis des erheblichen Forderungsausfalls habe die PB dann eine Liquiditätsbilanz erstellen lassen, aus der sich ihre Zahlungsunfähigkeit ergeben habe.

Da von der Realisierung einer der PB zustehenden Forderung von 93.161,00 € ihre weitere Liquidität unmittelbar abhängig gewesen sei, sei der Beklagte seinen Pflichten hinreichend nachgekommen, indem er einen Rechtsanwalt mit der Einziehung dieser Forderung beauftragt habe. Der Beklagte habe sich auf dessen Beratung verlassen und den Einziehungsversuch der zur Sicherheit abgetretenen Forderung abwarten dürfen. Dieser sei auch zeitnah erfolgt.

Das Urteil des Landgerichts ist dem Kläger am 30.04.2014 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 19.05.2015, eingegangen per Telefax an diesem Tag, hat er gegen das Urteil Berufung eingelegt und diese mit seinem am 03.06.2014 eingegangenen Schriftsatz vom 28.05.2014 begründet.

Er rügt neben einer Verletzung des § 139 ZPO, das Landgericht sei rechtsfehlerhaft und aufgrund einer falschen Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, es habe zum 26.07.2002 keine Zahlungsunfähigkeit der PB vorgelegen.

Das Landgericht habe aufgrund einer fehlerhaften Beweiswürdigung angenommen, die PB habe über eine jederzeitige Kreditmöglichkeit bei der PH in Höhe von wenigstens 50.000,00 € verfügt. Das Gericht stütze seine Annahme allein auf die Aussage des Zeugen X. Dessen Angaben seien indes so detailarm und zielgerichtet gewesen, dass auf diese keine Überzeugung für die Möglichkeit einer Kreditaufnahme habe gestützt werden können.

Die Angaben des Zeugen seien für das Beweisthema zudem bereits unergiebig gewesen, weil dieser keine Angaben zu der Frage habe machen können, ob die PH der PB im Juli 2002 tatsächlich auf erstes Anfordern ein Darlehen über 50.000,00 € für sechs Monate als Liquiditätshilfe zur Verfügung gestellt hätte. Die Angaben des dem Beklagten nahestehenden Zeugen hätten ausschließlich Angaben zu Umständen enthalten, aus denen er - der Zeuge - auf eine solche Bereitschaft zur Darlehensgewährung an die PB geschlossen habe. Zum entscheidenden Punkt der Bereitschaft zur Darlehensgewährung habe der Zeuge nur ausweichende bzw. unergiebige Antworten gegeben. Auf die Frage, ob er sich die letztlich ausgebliebene Darlehensgewährung erklären könne, habe der Zeuge lediglich geantwortet: „Das kann ich Ihnen nicht sagen.“

Die Begründung, die das Landgericht seiner Überraschungsentscheidung zugrunde gelegt habe, sei „praxisfern und lebensfremd zugleich“. Dies gelte sowohl für die Beweiswürdigung als auch für die Bewertung der Verschuldensfrage.

Der Beklagte habe zu keinem Zeitpunkt von einer Realisierbarkeit der zur Sicherheit abgetretenen Forderung gegen die A. ausgehen können. Der Beklagte habe über keinerlei Unterlagen zur Durchsetzung der Forderung verfügt. Er habe auch nicht gewusst, wie einredebehaftet die abgetretene Forderung gewesen sei und ob die Sicherungszession überhaupt wirksam und anfechtungsfest vereinbart worden sei.

Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass der mit dem Forderungseinzug beauftragte Streithelfer zunächst von einer Realisierbarkeit der Forderung gegen die A. ausgegangen sei und dies dem Beklagten so mitgeteilt habe. Selbst wenn dies indes so gewesen sein sollte, habe diese Erklärung nicht mehr als die Mitteilung einer vagen Hoffnung beinhaltet. Das Landgericht habe insoweit noch zutreffend den Entscheidungsgründen seines Urteils (auf Seite 14 a.E.) erkannt, dass es sich um einen Einziehungsversuch der sicherungsabgetretenen Forderung gehandelt habe. Der Beklagte habe indes bereits nach dem fruchtlosen Verstreichen der ersten Zahlungsfrist nicht mehr von einem erfolgreichen Forderungseinzug ausgehen dürfen. Dies gelte unabhängig davon, was der Streithelfer dem Beklagten hierzu gesagt habe. Zu einer derartigen Einschätzung über die Einbringlichkeit einer Forderung habe der Beklagte als Geschäftsführer der PB selbst in der Lage sein müssen. Er - der Beklagte - könne sich nicht auf eine auf Vermutungen und Hoffnungen gestützte Aussage eines Dritten berufen.

Für die weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens des Klägers wird ergänzend Bezug genommen auf dessen Berufungsbegründungsschriftsatz vom 28.05.2014 (Bd. IV, Bl. 26 ff. GA) sowie den Schriftsatz vom 10.07.2014 (Bd. IV, Bl. 51 ff. GA).

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 25.04.2014 verkündeten Urteils des Landgerichts Rostock, Az.: 9 O 146/07, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 160.704,39 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 13.01.2007 auf einen Betrag von € 159.006,88 und auf einen Betrag in Höhe von € 1.697,51 ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte und der Streithelfer beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil und halten die Berufung für insgesamt unzulässig. Der Kläger habe nicht alle selbständig tragenden Gründe für die Klageabweisung durch das Landgericht angegriffen. Dies betreffe vor allem den Abweisungsgrund, dass ein Verschulden des Beklagten nicht erkennbar sei.

Der Beklagte macht zudem geltend, das Landgericht verstoße mit seiner Beweiswürdigung der Angaben des Zeugen X nicht gegen Denkgesetze oder die allgemeine Lebenserfahrung. Zu Recht habe das Landgericht ferner auf die Rahmenvereinbarung vom 01.06.2001 und die im Jahr 2002 schon zweimalig erfolgte Kreditauszahlung von der PH an die PB abgestellt. Die Ausführungen des Landgerichts zu einem fehlenden Verschulden seien richtig und nicht zu beanstanden. Dies gelte auch für die Verneinung des Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit der PB im Zeitraum der streitgegenständlichen Auszahlungen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags des Beklagten in der Berufungsinstanz wird Bezug genommen auf dessen Schriftsätze vom 03.07.2014 (Bd. IV, Bl. 43 ff. GA), vom 05.07.2014 (Bd. IV, Bl. 67 ff. GA) und vom 28.11.2017 (Bd. IV, Bl. 89 ff. GA).

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 09.10.2017 die aus dem Protokoll (Bd. IV, Bl. 70 ff. GA) ersichtlichen Hinweise erteilt.

II.

Die Berufung des Klägers ist teilweise bereits unzulässig (1.). Sie hat in der Sache zudem nur in Höhe von 86.614,49 € (2.) nebst Zinsen ab Rechtshängigkeit der Klage (3.) Erfolg.

1.

Die Berufung des Klägers ist teilweise bereits unzulässig.

Sie ist zwar form- und fristgerecht eingelegt worden. Es fehlt indes an einer hinreichenden Berufungsbegründung (§ 520 Abs. 3 Nr. 3 ZPO), soweit das Landgericht seine Klageabweisung - in Bezug auf bestimmte selbständige Teilbeträge der Klageforderung - darauf gestützt hat, die Zahlungen seien in einem Umfang von wenigstens 38.940,43 € mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar gewesen und in Höhe von weiteren 33.700,70 € (Auszahlungen ab dem Geschäftsführerwechsel am 24.09.2002, rechnerisch richtig: 33.149,47 €, s.u.) nicht zurechenbar durch den Beklagten veranlasst worden.

a)

Das Landgericht hat seine Klageabweisung auf insgesamt vier selbständige Gründe (s. oben I. 1.-4. bzw. a) - d) der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, UA Seite 7 ff.) gestützt.

Bezüglich der Erstattungsbeträge, die sich aus Zahlungen an Sozialkassen, das Finanzamt und Krankenkassen (insgesamt 38.940,43 €) sowie auf Zahlungen nach dem Geschäftsführerwechsel bei der PB ab dem 24.09.2002 (insgesamt 33.149,47 €) beziehen, hat der Kläger in seiner Berufungsbegründung lediglich die Abweisungsgründe 1. und 4.- nicht per 26.07.2002 vorliegende Zahlungsunfähigkeit sowie fehlendes Verschulden des Beklagten wegen Beratung durch den Streithelfer - angegriffen.

In der Berufungsbegründung des Klägers vom 28.05.2014 werden die weiteren Abweisungsgründe des Landgerichts (s. oben I. 2. und 3. bzw. b) und c) der Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils, UA Seite 12 f.) indes inhaltlich mit keinem Wort erwähnt. Eine hinreichende Berufungsbegründung, warum das Landgericht rechtsfehlerhaft seine Klageabweisung für Teilbeträge der Klageforderung auch auf diese Gründe gestützt habe, lässt sich der Berufungsbegründung des Klägers weder wörtlich noch sinngemäß aus dem Zusammenhang der Ausführungen entnehmen.

Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei den Zahlungen an Sozialkassen, das Finanzamt und Krankenkassen sowie bei den Zahlungen nach dem Geschäftsführerwechsel ab dem 24.09.2002 auch nicht um bloße Abrechnungsposten eines einheitlichen Klageanspruchs.

Jede einzelne pflichtwidrige Zahlung eines Geschäftsführers einer GmbH bei materieller Insolvenzreife der Gesellschaft begründet nämlich einen Erstattungsanspruch eigener Art gemäß § 64 GmbHG a.F. (nunmehr § 64 Satz 1 GmbHG). Eine Saldierung im Sinne einer Gesamtabrechnung kommt mithin nicht in Betracht.

b)

Die Erstattungsbeträge, die aus Zahlungen an Sozialkassen, das Finanzamt und Krankenkassen resultieren, ergeben einen Gesamtbetrag in Höhe von rechnerisch 38.940,43 €. Nach der Aufstellung des Klägers in der Klageschrift wurden vom Geschäftskonto der PB bei der O.-Sparkasse (Bd. I, Bl. 6 unten - 9 GA) diesbezügliche Überweisungen im Umfang von 24.305,89 € getätigt und vom Geschäftskonto bei der C-Bank (Bd. I, Bl. 9 unten - 10 GA) im Umfang von 14.634,54 €.

c)

Das Landgericht hat - was die Auslegung der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils zur Überzeugung des Senats eindeutig ergibt - alle ab dem Geschäftsführerwechsel (24.09.2002) vorgenommenen Zahlungen als unbegründet abgewiesen.

Hierbei handelt es sich um einen Gesamtbetrag in Höhe von 33.149,47 €. Dieser setzt sich - unter Berücksichtung der vom Landgericht nicht gesondert ausgeführten Barauszahlungen - wie folgt zusammen:

BetragAuszahlung(en)Datum Klageschrift/Fundstelle13.404,09 €vom Konto O.nach dem 24.09.2002Seite 9Bd. I, Bl. 9 GA5.662,07 €vom KontoC.-Banknach dem 24.09.2002Seite 10Bd. I, Bl. 10 GA5.770,91 €aus Kasse27.09.2002Seite 12 Ziff. ff)Bd. I, Bl. 12 GA8.312,40 €aus Kasse09.10.2012 -28.10.2012Seite 12 Ziff. gg)Bd. I, Bl. 12 GA= 33.149,47 €                        

Diese Auszahlungen sind vom Klageabweisungsgrund des Landgerichts zu einer fehlenden Verantwortlichkeit des Beklagten erfasst. Auch für diese Zahlungen ist die Berufung des Beklagten unzulässig, weil seine Berufungsbegründung nicht aufzeigt, warum die - recht kurze - Begründung des Landgerichts, der Vortrag des Klägers reiche nicht aus, um den Beklagten als faktischen Geschäftsführer in Anspruch zu nehmen, rechtsfehlerhaft gewesen sein soll. Die allein pauschal erfolgte Bezugnahme in der Berufungsbegründung (dort Seite 8 unten) auf den erstinstanzlichen Vortrag des Klägers reicht nicht aus.

d)

Im Übrigen ist die Berufung entgegen der Auffassung des Beklagten und des Streithelfers zulässig. Es fehlt nicht an einer hinreichenden Berufungsbegründung des Klägers zum Abweisungsgrund eines fehlenden Verschuldens des Beklagten.

Der Kläger hat sich in seiner Berufungsbegründung (dort ab Seite 7 oben) ausdrücklich gegen die vom Landgericht vorgenommene Bewertung der Verschuldensfrage gewandt und diese als „praxisfern und zugleich lebensfremd“ gerügt. Der Kläger hat sodann die vom Landgericht angeführten Gründe zu einem fehlenden Verschulden in Bezug auf die Beratung durch den Streithelfer und in Bezug auf die Einforderung der sicherungsabgetretenen Forderung gegen die A. aufgegriffen und die aus seiner Sicht bestehende Rechtsfehlerhaftigkeit der Argumentation des Landgerichts ausgeführt. Unabhängig von der Richtigkeit des Ausgangspunktes reicht dies für die Zulässigkeit des Berufungsangriffs aus. Unterstellt man die klägerische Wertung als richtig, entfiele nämlich der Ansatzpunkt des Landgerichts für ein fehlendes Verschulden des Beklagten.

2.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg. Das Landgericht hat das Bestehen des Klageanspruchs im Umfang von 86.614,49 € zu Unrecht verneint. In dieser Höhe steht dem Kläger gegen den Beklagten aus § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG a.F. (in der bis zum 31.10.2008 gültigen Fassung) ein durchsetzbarer Zahlungsanspruch zu.

Der Beklagte ist als ehemaliger Geschäftsführer der PB zum Ersatz der folgenden Zahlungen verpflichtet, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft (ab dem 26.07.2002) geleistet worden sind.

Überweisungen vom Geschäftskonto bei der OSPA:

ZahlungsempfängerZahlungsdatumBetragKlageschrift/FundstelleXXXX   29.07.200218,10 €Seite 7, Bd. I, Bl. 7 GAAnl. K 5, K 6, K 8, K 9XXX29.07.200226,03 € - „“ -XXXX   29.07.200226,41 € - „“ -XXXX29.07.200259,16 € - „“ -XXX29.07.200261,45 € - „“ -XXX29.07.2002186,67 € - „“ -XXXX   29.07.2002201,79 € - „“ -XXX29.07.2002205,91 € - „“ -XXXX29.07.2002534,16 € - „“ -XXX29.07.2002535,57 € - „“ -XXXX29.07.2002556,14 € - „“ -XXXX29.07.20021.381,11 € - „“ -XXXX29.07.20021.651,61 € - „“ -XXXX29.07.20022.700,09 € - „“ -XXX29.07.20026.431,04 € - „“ -XXXX30.07.2002377,36 € - „“ -XXXXX31.07.2002840,34 € - „“ -XXX01.08.2002414,24 € - „“ -XXXXX01.08.20021.378,43 € - „“ -XXXX GmbH01.08.20021.473,45 € - „“ -XXXX01.08.20022.000,00 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002750,00 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002750,00 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002750,00 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002750,00 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002800,00 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002800,00 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)05.08.2002800,00 € - „“ -XXXX06.08.20022.029,44 € - „“ -XXXX GmbH & Co. KG08.08.2002634,35 € - „“ -XXXX09.08.200263,25 € - „“ -XXXX09.08.2002164,62 € - „“ -XXX14.08.2002489,60 € - „“ -XXXXX14.08.20024.640,00 € - „“ -XXX15.08.2002915,54 € - „“ -XXXXX20.08.2002145,68 € - „“ -XXXXX21.08.200238,82 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)21.08.2002113,20 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)21.08.2002182,38 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)21.08.2002280,22 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)21.08.2002346,21 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)21.08.2002519,93 € - „“ -XXXX21.08.2002228,01 € - „“ -XXXX GmbH & Co. KG22.08.2002346,16 €Seite 8, Bd. I, Bl. 8 GAAnl. K 5, K 6, K 8, K 9XXXX27.08.2002355,84 € - „“ -XXXXX27.08.20023.794,93 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)28.08.2002215,91 € - „“ -XXXXX(Mitarbeiter PB)28.08.2002254,11 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)28.08.2002330,99 € - „“ -XXX29.08.2002100,00 € - „“ -XXX29.08.2002144,03 € - „“ -XXXX29.08.2002230,72 € - „“ -XXXXX30.08.2002150,80 € - „“ -XXXXX02.09.2002601,34 € - „“ -XXX02.09.20023.065,65 € - „“ -XXXXX03.09.2002153,03 € - „“ -XXXXX04.09.200210,33 € - „“ -XXXXX04.09.200281,78 € - „“ -XXXX04.09.2002222,56 € - „“ -XXXX04.09.2002345,78 € - „“ -XXXXX04.09.20021.170,24 € - „“ -XXXX05.09.200221,49 € - „“ -XXXXX05.09.200243,92 € - „“ -XXXX05.09.2002105,55 € - „“ -XXXXX05.09.2002135,72 € - „“ -XXXXX05.09.2002318,72 € - „“ -XXX05.09.2002413,83 € - „“ -XXXXX05.09.2002480,74 € - „“ -XXX05.09.20021.228,38 € - „“ -XXXX GmbH & Co. KG06.09.2002682,61 € - „“ -XXXX10.09.200234,88 € - „“ -XXX10.09.2002435,96 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.004,11 € - „“ -XXXX10.09.20021.017,02 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.024,63 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.140,41 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.146,21 € - „“ -XXXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.186,16 € - „“ -XXX(Mitarbeiter PB)10.09.20021.201,52 € - „“ -XXX11.09.2002184,47 € - „“ -XXXXX16.09.2002971,97 € - „“ -XXX17.09.2002133,01 € - „“ -XXXX19.09.2002130,14 €Seite 9, Bd. I, Bl. 9 GAAnl. K 5, K 6, K 8, K 9XXXXX19.09.2002244,06 € - „“ -XXXX GmbH & Co. KG19.09.2002452,75 € - „“ -XXXX19.09.2002440,00 € - „“ -XXX19.09.2002641,51 € - „“ -XXX19.09.2002780,05 € - „“ -XXX19.09.2002838,34 € - „“ -XXXX19.09.20021.431,14 € - „“ -XXXXX19.09.20022.895,36 € - „“ -                = 69.589,17 €        

Auszahlungen aus der Barkasse:

ZahlungsempfängerZahlungsdatumBetragKlageschrift/FundstelleBeklagter16.08.20023.555,24 €Seite 10, c)aa)Bd. I, Bl. 10 GAAnl. K 7, Bd. I, Bl. 29 GABeklagter23.08.20021.519,38 €Seite 11, c)bb)Bd. I, Bl. 11 GAAnl. K 10, Bd. I, Bl. 40 GABeklagter23.08.2002898,82 €Seite 11, c)bb)Bd. I, Bl. 11 GAAnl. K 10, Bd. I, Bl. 40 GABeklagter27.08.20024.474,78 €Seite 11, c)cc)Bd. I, Bl. 11 GAAnl. K 10, Bd. I, Bl. 40 GABeklagter30.08.20024.177,92 €Seite 11, c)dd)Bd. I, Bl. 11 GAAnl. K 10, Bd. I, Bl. 41 GABeklagter20.09.20022.399,18 €Seite 11, c)ee)Bd. I, Bl. 11 GAAnl. K 10, Bd. I, Bl. 41 GA                = 17.025,32 €        

a)

Für die Überweisung vom 29.08.2002 an die Firma ... kann der Kläger nur einen Betrag in Höhe von 144,03 € (anstelle von 2.144,03 € gemäß der Klageschrift, Bd. I, Bl. 8 GA) beanspruchen.

Der Beklagte hat diesen vom Kläger nicht weiter bestrittenen Rechenfehler bereits erstinstanzlich geltend gemacht (Bd. III, Bl. 132 GA). Auch der vom Kläger in Kopie vorgelegte Kontoauszug (Bd. I, Bl. 34 unten GA) beweist zur Überzeugung des Senats die Richtigkeit des diesbezüglichen Einwandes des Beklagten.

b)

Das Landgericht hat die Zahlungsunfähigkeit der PB zum Stichtag 26.07.2002 zu Unrecht verneint.

aa)

Es kann dahinstehen, ob nicht bereits hinreichende Indizien für eine Zahlungseinstellung vorgelegen haben. Die vorliegend vollständige Nichtbezahlung der hohen Kaufpreisforderungen der Baustofflieferanten ... und ... (s.u.) durch die PB über einen längeren Zeitraum, die nicht fristgerechte Abführung von Steuern, Sozialversicherungsanteilen (Arbeitnehmeranteile für die Krankenversicherung) und Sozialkassenbeiträgen (...) sowie die nicht fristgemäße und vollständige Zahlung von Löhnen und Gehältern legen es zur Überzeugung des Senats bereits äußerst nahe, dass nicht nur eine Zahlungsstockung der PB vorgelegen hat.

Der Kläger hat zudem unwidersprochen behauptet, die von ihm am Stichtag 26.07.2002 als bestehend vorgetragenen Verbindlichkeiten im Umfang von insgesamt 62.043,61 € (Aufstellung Bd. I, Bl. 4 GA) seien bis zur Insolvenzeröffnung unbezahlt geblieben. Dies spricht für das Eingreifen der von der Rechtsprechung angenommenen widerleglichen Vermutung, dass die PB ihre Zahlungen eingestellt hatte.

Selbst wenn man - wie das Landgericht in seiner Berechnung - davon ausgeht, dass die PB zum 26.07.2002 lediglich fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 22.313,01 € hatte und die rückständigen Löhne bis zum September 2002 ausgeglichen worden sind, stellen sich die rückständigen Verbindlichkeiten der PB ihrer Höhe nach keineswegs als unerheblich dar, wenn man dem die dagegen am Stichtag 26.07.2002 bestehenden Aktiva der Gesellschaft gegenüberstellt.

bb)

Für die Frage, ob die PB zum 26.07.2002 zahlungsunfähig gewesen ist, kommt es auch nicht darauf an, ob der vom Kläger umfänglich vorgetragene Berufungsangriff gegen die Beweiswürdigung des Landgerichts in Bezug auf die Angaben des Zeugen X durchgreift oder nicht.

cc)

Für die Beantwortung der Frage der Zahlungsunfähigkeit der PB kommt es im relevanten Prognosezeitraum von drei Wochen vom 26.07.2002 bis zum 16.08.2002 allein darauf an, ob auf eine etwaig bestehende Kreditmöglichkeit der PB bei der PH die in die Prognose eingestellten Darlehensvaluta i.H.v. 50.000,00 € tatsächlich der PB zur Verfügung gestellt worden sind und ob die drei Werklohnforderungen aus dem Bauvorhaben ... in Höhe von insgesamt 19.808,00 € (Re.-Nr. 22065, 22066 und 22067) bis zu diesem Zeitpunkt bezahlt worden sind.

Beides ist vorliegend indes nicht der Fall. Unstreitig ist es zwischen den Parteien zu keiner Darlehensgewährung von der PH an die PB im Umfang von 50.000,00 € gekommen. Auch die vom Landgericht berücksichtigten Werklohnforderungen in Höhe von 19.808,00 € wurden erst am 20.08.2002 - und damit (kurz) nach Ablauf der Drei-Wochen-Frist - gelegt und nach Beklagtenvortrag und Aussage des Zeugen X auch erst an diesem Tag bezahlt.

aaa)

Die im landgerichtlichen Urteil dargelegten Grundsätze zur Prüfung der Voraussetzungen einer stichtagsbezogen festzustellenden Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO) sind grundsätzlich nicht zu beanstanden. Diese entsprechen der ständigen ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung und sind auch in der maßgeblichen Literatur anerkannt. Der Senat sieht keine Veranlassung, hiervon abzuweichen.

Der auf der ersten Stufe (Karsten Schmidt in Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in der Krise, Sanierung und Insolvenz, 5. Auflage 2017, Rn. 5.26 ff.) aufzustellende Liquiditätsstatus der PB ergab schon nach den vom Landgericht zugrundegelegten Zahlen (s.o.), dass die am 26.07.2002 verfügbaren liquiden Mittel der PB keineswegs ausreichten, um 90 % ihrer fälligen Verbindlichkeiten zu decken. Hierbei wurden u.a. bereits nicht die weiteren hohen Forderungen der Baustofflieferanten XXXX, YY und XXXXX XXX (dazu unten näher) berücksichtigt.

Es musste daher - wie auch das Landgericht zu Recht weiter geprüft hat - auf der zweiten Prüfungsstufe eine Prognose der zukünftigen Liquidität der PB durch Aufstellung eines Liquiditätsplanes erfolgen. Im Rahmen dieser Prognose ist im Rahmen eines Finanzplanes die Frage zu beantworten, ob die festgestellte Liquiditätslücke im Lauf der nächsten drei Wochen durch Zuflüsse in Form von Zahlungseingängen oder der Liquidation gebundenen Vermögens voraussichtlich geschlossen werden kann.

Je nach dem Ergebnis der Prognose der zukünftigen Liquidität schließt sich sodann -auf der dritten Prüfungsstufe - folgende Prüfung an:

- Ist die Prognose positiv - kann also die Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen voraussichtlich unter 10 % zurückgeführt werden - dann ist von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst wieder anwachsen wird.

- Ist die Prognose negativ - beträgt die Liquiditätslücke innerhalb von drei Wochen voraussichtlich 10 % oder mehr - dann ist von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, es sei denn, sie - die Liquiditätslücke - kann innerhalb eines zumutbaren Zeitraumes vollständig oder fast vollständig geschlossen werden. Für die „Ausnahmekontrolle“ gelten indes hohe Anforderungen, wobei die Darlegungs- und Beweislast beim Schuldner liegt.

bbb)

In Anwendung dieser Grundsätze war im vorliegenden Fall im Rahmen der prognostischen Zahlungsunfähigkeitsprüfung (ex-ante Betrachtung) erforderlich, dass der (Insolvenz)Schuldner sich die liquiden Mittel auch tatsächlich kurzfristig, d.h. in der Regel innerhalb von drei Wochen - beschafft (vgl. HambKomm/Schröder, InsO, § 17 Rn. 14a m.w.N. zu beiden Auffassungen).

Für die dem vorliegenden Fall ähnliche Konstellation einer Patronatserklärung hat der Bundesgerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (BGH Urteil vom 19.05.2011, IX ZR 9/19), dass eine solche Garantie bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit im Rahmen der Prognose nur dann berücksichtigt werden darf, wenn sie auch tatsächlich vollzogen wird. Hieran hat der BGH in seinem weiteren Urteil vom 26.01.2016 (II ZR 394/13, zitiert nach Juris, dort Rn. 31) auch für die Zahlungszusage eines Gesellschafters festgehalten.

Vorliegend ist zwar weder eine Patronatserklärung noch eine verbindliche Zahlungszusage der PH als Gesellschafterin der PB erfolgt. Dem Wortlaut der „Rahmenvereinbarung“ vom 01.06.2001 vermag der Senat nicht mehr als eine unverbindliche Absichtserklärung der PH zur bestmöglichen finanziellen Unterstützung der PB entnehmen. Die damit faktisch rein hypothetische Möglichkeit, bei einer „Muttergesellschaft“ finanzielle Unterstützung in Form kurzfristig abrufbarer Darlehensmittel zu realisieren, kann im Rahmen der insolvenzrechtlichen Prüfung wegen der Gleichartigkeit der Interessenslage indes nicht anders behandelt werden als eine Patronatserklärung oder die rechtsverbindliche Zahlungszusage eines Gesellschafters.

ccc)

Die PB war hiernach bereits per 26.07.2002 zahlungsunfähig:

Aktiva per 26.07.2002Passiva per 26.07.2002Kontoguthaben 2.036,13 €XXXX 428,85 €(Werklohnforderung)Bar (Kassenbuch) 131,04 €Firma XXXX 518,84 €(Warenlieferung)        Sozialkassenbeiträge 2001 15.128,01 €        Löhne/Gehälter für Juni 2002 6.237,31 €Summe Aktiva: 2.167,17 €Summe Passiva: 22.313,01 €                Aktiva 26.07.2002 - 16.08.2002Passiva per 26.07.2002 - 16.08.2002                Weitere Zahlungseingänge 50.462,09 €Weiter fällige Forderungen75.227,16 €                Summe Aktiva insgesamt 52.629,26 €Summe Passiva insgesamt 97.540,17 €                        90 % der Passiva wären 87.786,15 €

dd)

Hinzukommt, dass - jedenfalls bezogen auf die Zahlungen ab dem 20.08.2002 - von einer Zahlungsunfähigkeit der PB per 16.08.2002 auszugehen ist.

Denn stellt sich - wie vorliegend - die in der 2. Stufe vorzunehmende Prognose während des Drei-Wochen-Zeitraums als falsch heraus, weil z.B. (wie vorliegend der Kredit der PH und der Eingang der Werklohnzahlungen aus dem Bauvorhaben XXX) die erwartete Liquidität im maßgeblichem Umfang doch nicht zur Verfügung steht, so tritt sofort Zahlungsunfähigkeit ein (Karsten Schmidt in Schmidt/Uhlenbruck (Hrsg.), Die GmbH in der Krise, Sanierung und Insolvenz, 5. Auflage 2017, Rn. 5.27).

ee)

Im Übrigen lag bei zutreffender Bewertung des vorgetragenen Zahlenwerks des Klägers selbst dann eine Zahlungsunfähigkeit der PB per 26.07.2002 vor, wenn man - wie das Landgericht - auf der 2. Stufe bei den Aktiva ein Darlehen über 50.000,00 € und offene Werklohnforderungen über 19.808,00 € berücksichtigen würde.

Dies liegt in der unzutreffenden Nichtberücksichtigung der offenen Forderungen der Warenlieferanten der PB begründet. Bei diesen handelte es sich nach dem unwidersprochenen und durch Vorlage der Rechnungen unterlegten Klägervortrag um folgende Gesamtsummen:

Forderung der Firma XXX per 26.07.2002:                                     32.365,98 €(Bd. I, Bl. 161 GA älteste Rechnung 29.11.2001; jüngste 25.06.2002)        Forderung der Firma XXX GmbH per 26.07.2002:                         13.756,22 €(Bd. I, Bl. 159 f. GA)        Forderung der Firma XXX per 26.07.2002:                                                     1.682,82 €(Bd. I, Bl. 166 GA)                                                                                                                                  = 47.805,02 €

Dass diese Forderungen aufgrund von ausdrücklichen bzw. stillschweigenden Stundungsabreden nicht fällig gewesen sein sollen, ist aus dem erstinstanzlichen Vortrag des Beklagten nicht im Ansatz zu entnehmen. Außer allgemeinen Ausführungen zur „Branchenüblichkeit mehrmonatiger Warenkredite“ (Bd. I, Bl. 101 GA; Bd. II, Bl. 66 GA Bd. III, Bl. 95 GA) fehlt konkreter Vortrag zu den drei relevanten Baustofflieferanten der PB. Ein Beweisantritt zu konkreten Absprachen bzw. zu einer dauernden Übung aufgrund konkludenten Verhaltens der Lieferanten ist ebenfalls nicht erfolgt.

Warum die Baustofflieferanten sich jeweils auf eine mehrmonatige Stundung und eine Erfüllung ihrer in Rechnung gestellten Baustofflieferungen im Belieben der PB als Käuferin der Baustoffe eingelassen haben sollten, erschließt sich dem Senat nicht. Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten (Bd. III, Bl. 95 GA; Anlage B 27, Bd. III, Bl. 100 GA) haben die Baustofflieferanten für ihre Forderungen zudem Zinsen berechnet und geltend gemacht. Dies widerspricht ohne näheren Vortrag der Behauptung, es habe eine stillschweigende Stundung bzw. ein verbindliches pactum de non petendo gegeben.

Der Senat sieht vielmehr im vorliegenden Fall eine „faktische bzw. erzwungene Stundung“ (BGH Urteil vom 14.02.2008, Az. IX ZR 38/04, ZInsO 2008, 378 ff.; zitiert nach Juris, dort Rn. 20 ff. [22] OLG Hamm Urteil vom 16.10.2007, Az. 27 U 179/06, ZInsO 2008, 511, zitiert nach Juris Rn. 28 OLG München Urteil vom 06.11.2013, Az. 7 U 571/13 - zitiert nach Juris, dort Rn. 12) anzunehmen ist. Die PB hat schlicht die fälligen Forderungen der Baustofflieferanten über mehrere Wochen und Monate nicht erfüllt. Dies ist zudem ein weiteres klares Indiz für eine Zahlungseinstellung der PB.

Es ergibt sich daher folgende Rechnung:

Aktiva per 26.07.2002Passiva per 26.07.2002Kontoguthaben 2.036,13 €XXXX 428,85 €(Werklohnforderung)Bar (Kassenbuch) 131,04 €Firma XXXX 518,84 €(Warenlieferung)        Sozialkassenbeiträge 2001 15.128,01 €        Löhne/Gehälter für Juni 2002 6.237,31 €        Baustofflieferanten 47.805,02 €Summe Aktiva: 2.167,17 €Summe Passiva: 70.181,03 €                Aktiva 26.07.2002 - 16.08.2002Passiva per 26.07.2002 - 16.08.2002                Weitere Zahlungseingänge 50.462,09 €Weiter fällige Forderungen 75.227,16 €Kreditmöglichkeit bei PH 50.000,00 €        offene Werklohnforderungen 19.808,00 €                        Summe Aktiva 120.270,09 €26.07.2002 - 16.08.2002Summe Passiva 75.227, 16 €26.07.2002 - 16.08.2002                Summe Aktiva insgesamt 122.437,26 €Summe Passiva insgesamt 145.408,19 €

Von einer positiven Prognose - wie vom Landgericht angenommen - kann daher auf der zweiten Stufe überhaupt keine Rede sein, so dass die PB bereits zum 26.07.2002 zahlungsunfähig gewesen ist. Hieran kann auch die weitere Abwicklung der begonnen Bauaufträge nichts ändern. Der Beklagte vermag nicht schlüssig dazulegen, das bestimmten Zahlungen der PB im unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen Zusammenhang ein sofortiger Zufluss zur Masse in gleicher oder übersteigender Höhe entgegengestanden hat.

Auf die zwischen den Parteien heftige diskutierte Frage, wann der Beklagte aufgrund hinreichend sicherer Kenntnisse von einem Forderungsausfall der Forderung der PB gegen die H. bzw. die A. ausgehen musste, kommt es an dieser Stelle nicht an. Auch der Beklagte behauptet nämlich nicht, gegen die H. bzw. aus der Sicherungsabtretung gegen A. hätte kurzfristig eine Zahlung in relevanter Höhe erzielt werden können.

c)

Der Beklagte hat auch schuldhaft gehandelt.

aa)

Bei dem Anspruch aus § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. handelt es sich um einen Anspruch eigener Art, Die Erstattungspflicht setzt voraus, dass der Geschäftsführer pflichtwidrig im Sinne einfacher Fahrlässigkeit Zahlungen der Gesellschaft veranlasst, obwohl diese insolvenzreif ist. Ausreichend für den Verschuldensvorwurf ist die Erkennbarkeit der Insolvenzreife der Gesellschaft, wobei die Beobachtung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft eine der Kardinalpflichten des Geschäftsführers ist.

bb)

War eine Insolvenzschuldnerin - wie vorliegend die PB - im fraglichen Zeitraum zahlungsunfähig und damit insolvenzreif, haftet der beklagte Geschäftsführer für die von ihm veranlassten Zahlungen, sofern er die gegen ihn streitende Vermutung, er habe schuldhaft gehandelt, nicht widerlegt.Von dem Geschäftsführer einer GmbH wird erwartet, dass er sich über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft stets vergewissert. Hierzu gehört insbesondere die Prüfung der Insolvenzreife. Wenn der Geschäftsführer erkennt, dass die GmbH zu einem bestimmten Stichtag nicht in der Lage ist, ihre fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten vollständig zu bedienen, hat er die Zahlungsfähigkeit der GmbH anhand einer Liquiditätsbilanz zu überprüfen. Erweisen sich hierbei angestellte Prognosen trotz Aufwendung der gebotenen Sorgfalt nach Ablauf des maßgebenden Zeitraums von drei Wochen als unzutreffend mit dem Ergebnis, dass statt einer angenommenen Zahlungsstockung bereits Zahlungsunfähigkeit besteht, können zwischenzeitlich in der vertretbaren Annahme fortbestehender Zahlungsfähigkeit geleistete Zahlungen unverschuldet sein (vgl. BGH, Urteil vom 24.05.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134, 141).

Der Geschäftsführer handelt fahrlässig, wenn er sich nicht rechtzeitig die erforderlichen Informationen und die Kenntnisse verschafft, die er für die Prüfung benötigt, ob er pflichtgemäß Insolvenzantrag stellen muss. Dabei muss er sich, sofern er nicht über ausreichende persönliche Kenntnisse verfügt, gegebenenfalls fachkundig beraten lassen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174Rn. 15, BGH, Urteil vom 19. Juni 2012 -II ZR 243/11, ZIP 2012, 1557Rn. 11 ff., jeweils m.w.N.). Der selbst nicht hinreichend sachkundige Geschäftsführer ist nur dann entschuldigt, wenn er sich unter umfassender Darstellung der Verhältnisse der Gesellschaft und Offenlegung der erforderlichen Unterlagen von einer unabhängigen, für die zu klärenden Fragestellungen fachlich qualifizierten Person hat beraten lassen und danach keine Insolvenzreife festzustellen war. Die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers gebietet es zudem, das Prüfergebnis einer Plausibilitätskontrolle zu unterziehen (BGH, Urteil vom 27. März 2012 - II ZR 171/10, ZIP 2012, 1174Rn. 16ff. m.w.N; zuletzt so auch BGH, Urteil vom 26.02.2016, II ZR 394/13, zitiert nach Juris, dort Rn. 32-34).

cc)

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Beklagte die gegen ihn streitende Vermutung, er habe schuldhaft gehandelt, nicht hinreichend zu widerlegen vermocht.

Die PB war bereits vor dem 26.07.2002 in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gewesen, so dass die Gesellschafterin PH in drei Fällen Liquidität in Form von Darlehen zur Verfügung stellen musste. Die PB war zudem seit ihrer werbenden Tätigkeit gerade einmal ein gutes Jahr am Markt und hatte mit der ihr mitgeteilten Beantragung der Insolvenz der H. mit einem Ausfall einer sechsstelligen Forderung zu rechnen. Aus welchen Gründen der Beklagte aufgrund eines etwaigen Rates des Streithelfers zum Versuch eines Forderungseinzugs der sicherungshalber abgetretenen Forderung gegen die Firma A., von einer weiteren Werthaltigkeit bzw. Durchsetzbarkeit der Werklohnforderung gegen H. bzw. die A. ausgegangen ist, erschließt sich dem Senat nicht. Der Beklagte trägt hierzu auch keine substantiellen Tatsachen vor.

Die Einholung eines „insolvenzrechtliches Rates“ des Beklagten beim Streithelfer vermag den Beklagten nicht zu entlasten.

Wann und mit welcher konkreten Bitte um Beratung und ggf. Prüfung sich der Beklagte an den Streithelfer gewandt hat, ist nach dem Vortrag des Beklagten offengeblieben.

Die vom Landgericht in den unstreitigen Tatbestand des Urteils aufgenommene Tatsache (UA Seite 3) "Wegen des damit drohenden Forderungsausfalls in Höhe von 110.000 € bat der Beklagte den Streithelfer um insolvenzrechtlichen Rat" sagt zum genauen Inhalt dieser Beauftragung nichts aus. Neben einem Bezug zur PB und einem Rat zum weiteren Forderungseinzug kann dies auch so verstanden werden, dass die PB den Streithelfer in Bezug auf das vorläufige Insolvenzverfahren der H. um Prüfung gebeten haben könnte, ob es z.B. etwaige Einwendungen gegen den abgetretenen Werklohnanspruch oder etwaige Anfechtungsrechte in Bezug auf die Sicherungszession geben könne.

Die - auch vom Beklagten und dem Streithelfer - eingeräumte Beauftragung mit einer Prüfung und dem Versuch eines Forderungseinzugs bei der A. besagt nichts dazu, dass der Beklagte den Streithelfer unter Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse der PB mit der Erstellung eines Liquiditätsgutachtens zur Prüfung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft beauftragt hat. Gegenteiliges trägt der Beklagte nicht schlüssig vor.

Die Ausführungen in den Entscheidungsgründen zu d) des landgerichtlichen Urteils legen es für den Senat eher nahe, dass dem Beklagten aufgrund des drohenden Forderungsausfalls gegen die H. klar war, dass dies die PB in eine schwere Krise und möglicherweise die Insolvenz stürzen würde und er daher den anwaltlichen Rat suchte, wie man sich bezüglich der sicherungshalber abgetretenen Forderung gegen A. verhalten solle.

Selbst wenn der Beklagte den Streithelfer nach der Notwendigkeit einer Insolvenzbeantragung für die PB gefragt haben sollte und dieser mit Blick auf die Möglichkeit eines Einzugs der abgetretenen Forderung dies einstweilen verneint haben sollte, hätte der Beklagte diesen Rat anhand der konkreten Ertrags- und Finanzlage der PB zu überprüfen gehabt.

In dieser Situation hätte nach dem vom Kläger vorgetragenen und belegten Zahlenwerk eine gewissenhafte Analyse der Finanzen der PB deren Zahlungsunfähigkeit zu Tage gebracht. Unabhängig von einem längerfristigen Forderungsausfall lag jedenfalls klar auf der Hand, dass innerhalb von drei Wochen nach dem 26.07.2002 mit keinem relevanten Zahlungszufluss an die PB von der A. auf die sicherungshalber abgetretene Forderung der H. gegen A. zu rechnen gewesen ist. Gleiches gilt selbstverständlich wegen des schon angeordneten vorläufigen Insolvenzverfahrens der H. für die offenen Werklohnansprüche der PB gegen die H.

d)

Eine Verjährung des Anspruchs des Klägers ist nicht eingetreten.

Auf den Ersatzanspruch finden gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 GmbHG a.F. die Vorschriften der §§ 43 Abs. 3 und 4 GmbHG entsprechende Anwendung. Die damit geltende fünfjährige Verjährungsfrist beginnt mit der pflichtwidrigen Zahlung bzw. sonstigen Leistung, weil der Erstattungsanspruch schon dann entsteht (Kleindiek in: Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 19. Aufl. 2016, § 64 Rn. 69 m.w.N.).

Vorliegend war bei Zustellung der Klage am 02.06.2007 die fünfjährige Verjährungsfrist für die streitgegenständlichen Zahlungen ab dem 26.07.2002 noch nicht abgelaufen, so dass die Frist mit Klagezustellung wirksam gehemmt worden ist.

e)

Dem Beklagten war vorzubehalten, seinen Gegenanspruch, der sich nach Rang und Höhe mit dem Betrag deckt, den die begünstigen Gesellschaftsgläubiger im Insolvenzverfahren erhalten hätten, nach deren Erstattung an die Masse gegen den Insolvenzverwalter zu verfolgen (BGH, Urteil 11.07.2005, II ZR 235/03 - zitiert nach Juris, dort Rn. 14 f.).

3.

Dem Kläger stehen auf den Klageanspruch lediglich Zinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit zu (§§ 291, 288, 286 BGB).

Ein früherer Verzug kommt nicht in Betracht. Mit dem klägerischen Mahnschreiben vom 29.12.2006 (Anlage K 12, Bd. I, Bl. 45 G.A.) wurde unter Zahlungsaufforderung eines Betrages von 159.006,88 € bis spätestens zum 12.01.2007) ein die berechtigte Klageforderung im Ergebnis weit übersteigender Anspruch geltend gemacht. Diese Mahnung vermag daher einen wirksamen Zahlungsverzug des Beklagten mit Ablauf der gesetzten Frist nicht zu begründen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage für beide Parteien in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO) bestehen nicht.

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