VG Regensburg, Urteil vom 06.08.2015 - RO 5 K 13.2149
Fundstelle
openJur 2020, 64776
  • Rkr:
Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

Aktenzeichen: RO 5 K 13.2149

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 06. August 2015

5. Kammer

Sachgebiets-Nr: 536

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

Stadt A. vertreten durch den Oberbürgermeister Referat für Umwelt, Verbraucherschutz, Ordnung und Recht ...

- Klägerin -

gegen

..., vertreten durch die Regierung ...

- Beklagter -

wegen Zensus 2011

Az. RO 5 K 13.2149

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 5. Kammer,

unter Mitwirkung von Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht Dr. Lohner Richter am Verwaltungsgericht Dr. Hohmann Richter Gallus ehrenamtlichem Richter R., ehrenamtlicher Richterin E. aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung ihrer amtlichen Einwohnerzahl, die aufgrund des Zensus 2011 festgesetzt wurde.

Die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, im Jahr 2010/2011 und künftig alle 10-Jahre, zur Durchführung einer Volks-, Gebäude- und Wohnungszählung.

Deshalb wurde in Deutschland zum Stichtag 9. Mai 2011 mit dem "Zensus 2011" eine Volkszählung durchgeführt. Im Vergleich zur letzten Volkszählung, auf dem Gebiet der alten Bundesländer aus dem Jahr 1987, fand ein grundlegender Methodenwechsel statt: Während bei früheren Volkszählungen für alle Erhebungseinheiten (Personen, Haushalte, Gebäude und Wohnungen) primärstatistische Vollerhebungen (Befragungen) durchgeführt wurden, wurde beim Zensus 2011 erstmals ein registergestütztes Verfahren eingesetzt. Dabei wurde auf bereits vorhandene Registerdaten zurückgegriffen und diese anschließend mit den Ergebnissen unterschiedlicher Befragungen ergänzt. Die dadurch ermittelten Ergebnisse stellen die Grundlage zur Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl und zur Bevölkerungsfortschreibung zwischen zwei Volkszählungen dar.

Hintergrund dieser neuen Methode war das Gesetz zur Erprobung eines registergestützten Zensus vom 27.07.2001, mit dem der Gesetzgeber bundesweite Tests angeordnet hatte. Dabei wurden die Daten der Einwohnermelderegister mit den Ergebnissen verschiedener Interviewerbefragungen und einer postalisch durchgeführten Gebäude- und Wohnungsstichprobe verglichen und ausgewertet. Die Überprüfung der Qualität der Melderegister, die als vornehmliche Quelle alle Einwohner auf Gemeindeebene erfassen sollen (Registertest), war neben der Bewertung von verschiedenen statistischen Verfahren (Verfahrenstest) und der Mehrfachfallprüfung ein wesentliches Ziel des Zensustests. Der Test hatte gezeigt, dass bei den Melderegistern - abhängig von der Gemeindegröße - unterschiedliche Fehlerquoten bei den Über- und Untererfassungen bestehen:

Tabelle 1

Quelle: "Ergebnisse des Zensustest", Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 816/819

Daneben zeigte der Zensustest (siehe obenstehende Tabelle), dass die Übererfassungen durch Aussonderung von "temporären" Karteileichen und durch eine Mehrfachfallprüfung schrittweise reduziert werden können.

Als dritte Möglichkeit zur Aufdeckung von Registerfehlern wurde die Nutzung der Angaben aus der Gebäude- und Wohnungszählung im Rahmen der Haushaltsgenerierung erwogen. Unplausible Fälle sollten mit einer retrospektiven Befragung geklärt werden. Simulationsrechnungen mit den Daten des Zensustests ergaben jedoch, dass dieses Bereinigungsverfahren nur für den Bereich der Ein- und Zweifamilienhäuser einen hohen Wirkungsgrad aufweist, da hier durch eine Befragung von 7% der in diesem Gebäudetyp wohnenden Haushalte, rund 54,9% der Hauptwohnsitz-Karteileichen aufgelöst werden können. Da ein großer Teil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden in Ein- und Zweifamilienhäuser wohnt, versprachen die Zahlen des Zensustests für kleine Gemeinden eine deutliche Absenkung der Karteileichenrate auf insgesamt 0,7% und eine Angleichung der Qualität der amtlichen Einwohnerzahl.

Daneben zeigte der Zensustest, dass für Mehrfamiliengebäude die Klärung unplausibler Fälle in der Haushaltsgenerierung ein sehr viel ungünstigeres Verhältnis zwischen Befragungsaufwand und Bereinigungseffekt aufweist: Bei Gebäuden mit 3-6 Wohnungen müssten 15% aller Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um ca. 42% der dort registrierten Karteileichen aufzudecken. Bei Gebäuden mit 7 und mehr Wohnungen müssten 25% der Gebäude dieser Kategorie befragt werden, um die Karteileichenraten zu halbieren. Hinzu kam, dass bei großen Gebäuden wegen der dort üblicherweise hohen Fluktuationsrate eine retrospektive Befragung für wenig erfolgsversprechend gehalten wurde. (vgl. "Ergebnisse des Zensustest", Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 818). Neben den Basisbausteinen des registergestützten Zensus (u. a. Abfrage und Verarbeitung der Melderegister, postalische Gebäude- und Wohnungszählung, primärstatistische Erhebung an Sonderbereichen, Befragung unplausibler Fälle im Rahmen der Haushaltsgenerierung) wurden verschiedene Modelle diskutiert, wie der registergestützte Zensus durch eine Stichprobe ergänzt werden kann. Dabei galt es zu entscheiden, ob mit der Stichprobe auch weitere zensustypische Merkmale erhoben werden, ob solche Zusatzmerkmale auch für kleine Gemeinden (<10.000 Einwohner) bereitgestellt werden sollen und in welchen Gemeinden die Stichprobe zur statistischen Bereinigung der Melderegister herangezogen wird. Die Beantwortung dieser Fragen hat nämlich entscheidenden Einfluss auf den Umfang der zu befragenden Personen. Folgende Tabelle stellt, im Hinblick auf das nun vorliegende Zensusgesetz und des darin geregelten Verfahrens, nur die Varianten dar, die sich bei der Unterscheidung von Gemeinden unter und über 10.000 Einwohnern ergeben.

Tabelle 2

Quelle: "Ergebnisse des Zensustest", Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 833

Aufbauend auf diesen Erfahrungen gliederte sich das streitgegenständliche Verfahren in die beiden Verfahrensabschnitte Zensusvorbereitung und Zensusdurchführung.

A. Zensusvorbereitung:

Ziel der Zensusvorbereitung war der Aufbau des Anschriften- und Gebäuderegisters (AGR), das vom Statistischen Bundesamt geführt wurde. Dieses Register sollte einen Überblick über alle Anschriften im Bundesgebiet bieten, an denen Wohnraum bestand. Gleichzeitig stellte das Anschriften- und Gebäuderegister die Grundgesamtheit dar, aus der dann bei Durchführung des Zensus stichprobenmäßig Anschriften für die Haushaltsbefragung gezogen wurden. Zum Aufbau des AGR wurde das Zensusvorbereitungsgesetz (ZensVorbG) erlassen. Danach wurden die Daten der Landesvermessungsbehörden, der Meldebehörden, der Bundesagentur für Arbeit und die Daten der Personal- und Finanzstatistik der öffentlichen Arbeitgeber zusammengeführt und aus diesem Gesamtbestand alle Anschriften herausgefiltert, an denen Wohnraum bestand. Daneben hatten gemäß § 9 Abs. 2 ZensVorbG die Statistischen Landesämter die Pflicht, alle Anschriften mit Sonderbereichen zu kennzeichnen, damit an diesen Anschriften eine Vollerhebung durch primärstatistische Befragungen durchgeführt werden konnte. Schließlich ermittelten die Statistischen Landesämter die Namen und Anschriften der Eigentümer von Wohnraum, um mit deren Hilfe die Gebäude- und Wohnungszählung durch Fragebögen durchführen zu können. Dazu wurden die Daten der Stellen verwendet, die in den Ländern für die Grundsteuer, für die Führung der Grundbücher und für die Führung der Liegenschaftskataster zuständig sind, sowie Daten der Finanzbehörden und der Versorgungs- und Entsorgungsbetriebe (vgl. dazu: "Das registergestützte Verfahren beim Zensus 2011", Hrsg.: Statistisches Bundesamt, S. 7).

B. Zensusdurchführung:

I.

Konsolidierter Melderegisterbestand:

Da die Daten aus den Melderegistern die Grundlage zur Feststellung der Einwohnerzahl waren, wurde bei Durchführung des Zensus als erster Teilschritt der "konsolidierte Melderegisterbestand" aufgebaut. Dazu waren die Meldebehörden gemäß § 3 Abs. 2 des Zensusgesetzes (ZensG 2011) verpflichtet, den statistischen Landsämtern die in § 3 Abs. 1 ZensG 2011 festgelegten Daten zu übermitteln. Dabei erfolgten, neben der ersten Datenlieferung am 01.11.2010, hauptsächlich zwei weitere Lieferungen, zum Berichtszeitpunkt (09.05.2011) und nochmals zum 09.08.2011. Hintergrund der dritten Datenlieferung waren die Erfahrungen des Zensustests. Er hatte gezeigt, dass die gesetzliche Meldefrist oft überschritten wird und der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nach einem Umzug erfolgt. Durch die dritte Datenlieferung entstand der "konsolidierte Melderegisterbestand", der um die stichtagsrelevanten Zuzüge in den jeweiligen Gemeinden erweitert wurde, welche im Zeitraum von drei Monaten erfolgten (vgl. dazu "Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen", BayVBl. 2014, S. 711). So konnten Zuzugsfälle und Geburten, die zwar stichtagsrelevant waren, aber erst später in die Melderegister eingeflossen sind, berücksichtigt werden.

Gemäß des streitgegenständlichen Bescheids wies der konsolidierte Melderegisterbestand für die Klägerin 2.013 Einwohner mit Nebenwohnung und 42.884 Einwohner mit alleiniger bzw. Hauptwohnung auf.

II.

Mehrfachfalluntersuchung:

Im Anschluss daran fand gemäß § 15 ZensG 2011 eine Mehrfachfalluntersuchung mit dem Ziel statt, jeder Person im Bundesgebiet zum Stichtag 09.05.2011 nur eine Hauptwohnung zuzuordnen. Da die Melderegister dezentral auf kommunaler Ebene geführt werden, sollten dadurch Personen identifiziert werden, die in mehreren Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden mit alleinigem Wohnsitz oder mit ihrem Hauptwohnsitz gemeldet waren. Um unzulässige Mehrfachzählungen beim Zensus zu vermeiden, prüfte das Statistische Bundesamt anhand der Meldedaten aller Kommunen, ob solche Mehrfachfälle vorliegen.

Dabei wurde zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen unterschieden:

1. Temporärer Mehrfachfall:

Ein temporärer Mehrfachfall lag dann vor, wenn eine Person von einer in eine andere Gemeinde vor oder am 09.05.2011 (Zensusstichtag) umgezogen war, dieser Umzug aber erst im Zeitraum vom 10.05.2011 bis 09.08.2011 (dritte Datenlieferung) in den jeweiligen Melderegistern nachvollzogen wurde. Während in den Zuzugsgemeinden diese stichtagsrelevanten Umzüge im Zensusdatenbestand als Zuzüge erfasst werden konnten, wurden sie aufgrund der fehlenden Übermittlung von inaktiven Personendatensätzen in den Fortzugsgemeinden nicht als Abgänge erfasst. Dies hatte zur Folge, dass solche Personen im Zensusdatenbestand nicht nur in der Zuzugsgemeinde, sondern auch in der Fortzugsgemeinde mit Haupt- oder alleiniger Wohnung erfasst waren. Die Datensätze dieser Personen wurden in der Gemeinde mit dem älteren Einzugsdatum - unabhängig von der Gemeindegröße - maschinell bereinigt, als Übererfassung verbucht und damit letztlich von der Einwohnerzahl abgezogen.

2. Dauerhafter Mehrfachfall:

Ein dauerhafter Mehrfachfall lag vor, wenn bezüglich Personen dauerhaft mehrfache Meldungen in den Melderegistern unterschiedlicher Gemeinden vorlagen. Hier wurde dann nach Gemeindegröße differenziert:

Ergaben sich für eine Person mehrere alleinige Wohnungen oder Hauptwohnungen ausschließlich in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, wurden die Mehrfachfälle maschinell bereinigt. Diejenige Anschrift mit dem älteren Einzugsdatum wurde gelöscht und die dort gemeldete Person in der Gemeinde als Übererfassung verbucht und von der Einwohnerzahl abgezogen. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer Gemeinde mit weniger als 10.000 Einwohnern oder bei alleinigem Nebenwohnsitz, wurde der Wohnstatus zum Berichtszeitpunkt primärstatistisch mithilfe einer postalischen Befragung geklärt (siehe Fragebogen: "Befragung zur Klärung des Wohnsitzes"). In der Gemeinde, in der die Befragten angaben, ihre Hauptwohnung zu haben, wurden sie letztlich als Einwohner gezählt. Eventuell andere Hauptwohnsitze wurden gelöscht.

In Bezug auf Personen mit alleinigem Hauptwohnsitz führte die gesamte Mehrfachfalluntersuchung bei der Klägerin zum Abzug von 331 Übererfassungen und zum Hinzufügen von 6 Untererfassungen.

Wie viele temporäre bzw. dauerhafte Mehrfachfälle in Bezug auf die Klägerin vorlagen, konnte nach Abschluss der Mehrfachfallprüfung nicht mehr festgestellt werden, da die diesbezüglichen Daten nur temporär bis zum Abschluss der Prüfung gespeichert waren.

III.

Haushaltstichprobe:

Schließlich wurden stichprobenmäßig Haushaltsbefragungen mittels Fragebögen durchgeführt. Mit diesen Befragungen verfolgte man grundsätzlich zwei Ziele:

Zum einen dienten die Befragungen dazu, Zusatzinformationen zu gewinnen, die nicht oder nicht ausreichend in Registern vorhanden waren (z. B. Angaben zum Schul- oder beruflichen Bildungsabschluss, zur Erwerbstätigkeit, zum Migrationshintergrund, zur Religionszugehörigkeit usw.); zum anderen dienten die Befragungen bei Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern zur Aufdeckung und Korrektur von Fehlern der Melderegister, um letztlich die sich aus den Melderegistern ergebene Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Dazu wurden die Übererfassungen (sog. "Karteileichen") und die Untererfassungen (sog. "Fehlbestände"), die mittels der Haushaltsstichprobe ermittelt wurden, für die jeweilige Gemeinde hochgerechnet.

Diese Hochrechnung führte bei der Klägerin insgesamt zu 1.518 Übererfassungen und 573 Untererfassungen und damit zur Feststellung einer Einwohnerzahl zum 09.05.2011 i. H. v. 41.938 Personen, bei einem einfachen relativen Standardfehler von 0,6%.

1. Stichprobendesign:

a) Grundlagen:

Die Durchführung der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis fand unter zwei wesentlichen gesetzlichen Vorgaben statt: Zum einen gab § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vor, dass der Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll; zum anderen wird bei der Korrektur der Registerfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 ein einfacher relativer Standardfehler von höchstens 0,5% angestrebt. Um diese Vorgaben zu erfüllen sowie zur Entwicklung eines geeigneten Stichprobendesigns und einer genauen Hochrechnungsmethodik, initiierte das Statistische Bundesamt ein Stichprobenforschungsprojekt, das von der Universität T. und dem L.-Institut für Sozialwissenschaften in M. unter der Leitung von Prof. Dr. M. und PD Dr. G. bearbeitet wurde. Ergebnis dieses Forschungsprojektes war die Empfehlung, für die Ermittlung der Einwohnerzahl eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers auf Anschriftenebene einzusetzen (vgl. Berg, in: "Das Hochrechnungsverfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl im Zensus 2011, Wirtschaft und Statistik, April 2014, S. 230). Dies bedeutet, dass die Korrektur der Melderegister und somit auch die Feststellung der Einwohnerzahl letzten Endes auf einer Schätzung beruhen. Die grundlegende Formel zur Ermittlung der Einwohnerzahl war dabei:

Einwohnerzahl = (ausgezählte) Melderegisterbestände + (geschätzte) Fehlbestände - (geschätzte) Karteileichen.

Nach den Empfehlungen des Stichprobenforschungsprojektes wurden die Fehlbestände und Karteileichen nicht direkt hochgerechnet. Vielmehr wurde zunächst jeweils die Zahl der mit Hauptwohnsitz existenten (= in der Stichprobe angetroffenen) und die Zahl der mit Hauptwohnsitz paarigen (= sowohl in der Stichprobe angetroffenen als auch im Melderegister gemeldeten) Personen geschätzt. Fehlbestände und Karteileichen berechneten sich dann wie folgt:

Karteileichen = Melderegisterbestand - paarige Personen

Fehlbestände = existente Person der Haushaltsstichprobe - paarige Person

b) Einteilung der Anschriften in Schichten:

Da die Regressionsschätzung auf Anschriftenebene erfolgte, war die Anschrift die maßgebliche Stichprobeneinheit d. h. bei der Auswahl der Stichproben wurden nicht bestimmte Personen ausgewählt, sondern ganze Anschriften. Wurde eine Anschrift in die Stichprobe gezogen, wurden alle Bewohner dieser Anschrift befragt. Wie viele Personen letzten Endes von der Stichprobenerhebung betroffen waren, hing deshalb vom Zufall ab und konnte vorab nicht exakt festgelegt werden. Bevor die Anschriften für die Stichproben ausgewählt wurden, wurden aus dem Anschriften- und Gebäuderegister alle sensiblen Sonderanschriften entfernt, weil gemäß § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 an diesen keine Haushaltsstichprobe durchgeführt werden durfte.

Da die Gemeinden im Bundesgebiet hinsichtlich ihrer regionalen Eigenschaften (z. B. ländlich oder städtisch) und folglich auch bezüglich bestimmter Schlüsselvariablen (z. B. Alter, Bildung, Migration, Beschäftigung usw.) eine heterogene Struktur aufweisen, wurden die Anschriften für die Haushaltsstichprobe nicht zufällig ausgewählt, sondern es fand eine geschichtete Stichprobe statt, d. h. vor Auswahl der Anschriften wurden diese auf zwei Ebenen in Schichten eingeteilt (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 und der darauf beruhenden Verordnung über Verfahren und Umfang der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis zum Zensusgesetz 2011 (StichprobenV)).

Auf der ersten Ebene fand gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 StichprobenV eine regionale Schichtung statt. Dabei wurden folgende Erhebungsgebiete gebildet (vgl. auch Sinner-Bartels. in: "Die Ermittlung der Einwohnerzahlen beim Zensus 2011", Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, S. 14)

- Typ 1: Stadtteile, mit durchschnittlich 200.000 Einwohnern von Städten, die mindestens 400.000 Einwohner haben.

- Typ 2: Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern, sofern sie nicht bereits zum Typ 1 gehören.

- Typ 3: Zusammenfassung kleiner Gemeinden (unter 10.000 Einwohnern) innerhalb eines Kreises, wenn diese zu einem Gemeindezusammenschluss gehören und in der Summe mindestens 10.000 Einwohner haben.

- Typ 4: Zusammenfassung aller Gemeinden eines Kreises, die bis dahin noch nicht zugeordnet waren.

Auf der zweiten Ebene wurde für jedes Erhebungsgebiet gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 StichprobenV eine Einteilung der Anschriften entsprechend ihrer Größenklasse vorgenommen.

Dabei wurden alle "Normalanschriften" (= kein Sonderbereich) aufsteigend nach der Zahl der an der Anschrift gemeldeten Personen geordnet und anschließend so in acht überschneidungsfreie Schichten eingeteilt, dass in jeder der acht Schichten in etwa die gleiche Anzahl an Personen enthaltenen war. Ergebnis war, dass zwar in jeder Schicht ungefähr gleich viele Personen zu finden waren, die Anzahl der in der Schicht zu findenden Anschriften jedoch mit ihrer Größe abnahm. Auf die bei der Klägerin vorgenommenen Schichtenbildung wird Bezug genommen (Blatt 12 GA). In einer neunten Schicht wurden alle nichtsensiblen Sonderanschriften eines Erhebungsgebiets einsortiert. An Anschriften aus dieser neunten Schicht wurden zwar Befragungen durchgeführt, jedoch nur mit dem Ziel, Zusatzinformationen zu gewinnen. Anschriften der neunten Schicht wurden dagegen nicht zur Korrektur von Registerfehlern herangezogen, da an diesen Anschriften die Einwohnerzahl ohnehin durch eine Vollerhebung erfasst wurde (Blatt 254 der GA).

c) Unterschiedlicher Auswahlsatz der einzelnen Schichten und Gemeinden:

Bei der Auswahl der Anschriften für die Befragungen gab es für jede Schicht einen individuellen Auswahlsatz d. h. in jeder Schicht wurde ein anderer Prozentsatz an Anschriften für die Befragungen ausgewählt. Hintergrund waren die Ergebnisse des Zensustests, der gezeigt hatte, dass die Abweichungen zum Melderegister mit der Zahl der an einer Anschrift gemeldeten Personen (Anschriftengröße) zunehmen (Blatt 32 der BA).

Wie hoch dieser Prozentsatz pro Schicht ausfiel, wurde durch einen spezifischen Aufteilungsalgorithmus unter Verwendung der optimalen Allokation ermittelt. Um extreme Gewichtungen einzelner Schichten im Vorfeld zu verhindern, wurde bereits vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht ein minimaler und maximaler Auswahlsatz vorgegeben (sog. "Box Constraints"). Diese minimalen und maximalen Limitierungen wurden, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vorab von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder festgelegt. Durch die Abhängigkeit von der Gemeindegrößenklasse wurde der Vermutung Rechnung getragen, dass größere Gemeinden in der Regel einen relativ kleinen Auswahlsatz benötigen, um eine mit kleineren Gemeinden vergleichbare Präzision zu erreichen. Die Vorgaben waren wie folgt:

Quelle: "Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011"; in: Wirtschaft und Statistik, April 2011, S. 323.

Nach dem Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid wurden diese Grenzen in Bezug auf die Klägerin eingehalten.

Allgemein galt bei der Festlegung des Stichprobenumfangs pro Schicht folgender Grundsatz: Je heterogener eine Schicht war, d. h. je größer die Streuung (Varianz) der Anschriftengröße war, desto höher ist der Stichprobenumfang ausgefallen. Da in der achten Schicht (höchste Anschriftengrößenklasse, von 19 bis 92 Personen) meistens die höchste Streuung der Anschriftengröße vorlag, gab es in der Regel dort auch den höchsten Auswahlsatz und damit auch die höchsten Anteile von in die Stichprobe einbezogenen Personen. Auch in der ersten Schicht führten oft relativ viele Anschriften ohne gemeldete Personen am Rande des Wertebereichs zu einer relativ großen Streuung und damit zu einem höheren Auswahlsatz (Blatt 51 der BA). Dies war auch bei der Klägerin der Fall.

Der Verordnungsgeber legte in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV den bundesweiten Stichprobenumfang auf 9,6% der Bevölkerung fest. Dabei wurde dieser Stichprobenumfang nicht auf alle Bundesländer und alle Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Auswahlsatzes hing von der Größe der Gemeinde ab. Je größer die Gemeinde war, desto geringer war der Auswahlsatz. Auch weil die Bundesländer untereinander große Unterschiede hinsichtlich der Größe ihrer Gemeinden aufweisen, wurden für diese jeweils unterschiedliche Auswahlsätze festgelegt. Dies soll dem statistischen Grundsatz geschuldet sein, dass der Informationsgehalt und die Qualität letztlich nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt (vgl. dazu "Zensus 2011 - Ermittlung der Einwohnerzahl von Bund, Ländern und Kommunen", BayVBl. 2014, S. 713).

Bei der Klägerin wurde an insgesamt 8,37% ihrer Anschriften eine Stichprobe durchgeführt (Blatt 258 der GA). Das Datenblatt zum streitgegenständlichen Bescheid weist insgesamt 807 Anschriften aus, die in die Haushaltsstichprobe einbezogen waren.

2. Hauptziehung der Anschriften für die Haushaltsstichprobe:

Die Stichprobenanschriften wurden dabei in drei verschiedenen Ziehungen ausgewählt. Zum Stichtag 01.09.2010 fand die Hauptziehung statt. Bei dieser Hauptziehung wurden bezüglich der Klägerin 807 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Hauptziehung 3.102.221 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 202 der GA) eingeräumt hat (Blatt 253ff. der GA), fand nur bei dieser Hauptziehung die oben beschriebene Schichtung der Adressen innerhalb des Stadtgebiets der Klägerin (regionale Schichtung, Typ 2), verteilt auf acht Größenklassen, statt (vgl. auch: "Der Auswahlplan für die Ziehung der Neuzugänge der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011", in: Wirtschaft und Statistik, März 2014, Seite 151ff.).

Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag (09.05.2011) bezogen hatten, konnten dabei nicht alle zum Stichtag bestehenden Wohnanschriften in die Auswahl einbezogen werden. Typischerweise handelte es sich bei den damals fehlenden Anschriften um diejenigen, die durch nachträgliche Neubaumaßnahmen, Ummeldungen von Personen, Umwidmungen von gewerblich benutzten Räumen in Wohnraum und anderen Korrekturen der Auswahlgrundlage (= Anschriften- und Gebäuderegister) nach der Hauptziehung zustande gekommen waren. Um dies berücksichtigen zu können, fanden zwei Nachziehungen statt: Die Neuzugangsziehung und die Ergänzungsziehung.

3. Neuzugangsziehung:

Die Neuzugangsziehung zum Stichtag 31.03.2011 war deshalb nötig, weil zum 01.11.2010 eine weitere Datenlieferung der Melderegister in das Anschriften- und Gebäuderegister eingearbeitet wurde.

Allgemein wurde das Schichtprinzip bei der Neuzugangsziehung wie folgt vereinfacht: Im Gegensatz zur Hauptziehung wurde nicht mehr zwischen Sonderanschriften und Normalanschriften unterschieden, sondern die Ziehung fand auf Grundlage der Vereinigungsmenge von Normalanschriften und Sonderanschriften statt. Daneben wurde die regionale Schichtung nach den oben beschriebenen Typen aufgegeben. Anstatt auf dem klägerischen Stadtgebiet zu schichten, fand nun eine Schichtung auf Regierungsbezirksebene statt. Des Weiteren wurde auf der zweiten Ebene die Anzahl der Schichten hinsichtlich der Anschriftengrößenklasse um die Hälfte von acht auf vier Schichten reduziert. In Hinblick auf die optimale Allokation veränderte man die Unter- und Obergrenzen auf 2% bzw. 50% (Blatt 254 der GA). Beibehalten wurde die Aufteilung, gleiche Anzahl von Personen in jeder Schicht, aufsteigend nach Anschriftengröße. Bei dieser Neuzugangsziehung wurden bezüglich der Klägerin 0,37% und damit 3 Anschriften ausgewählt.

Die Vereinfachung des Verfahrens war aus Sicht des Beklagten wegen der deutlich niedrigeren Fallzahlen notwendig. Da bei der Neuzugangsziehung bayernweit insgesamt nur 24.468 Neuzugangsanschriften für 325 Erhebungsgebiete zur Verfügung gestanden seien, wären im Schnitt auf jedes Erhebungsgebiet lediglich 75 Anschriften entfallen. Diese verteilt auf 8 Schichten, hätte lediglich 9 Anschriften pro Schicht ergeben, was für eine adäquate geschichtete Stichprobenziehung zu wenig gewesen wäre.

Hinsichtlich der unterschiedlichen Auswahlsätze bei den verschiedenen Ziehungen (Hauptziehung: 9,08%, Neuzugangsziehung: 10,76% und Ergänzungsziehung: 9,89%) müsse darauf hingewiesen werden, dass der Auswahlsatz eine Reaktion auf die regionalen Begebenheiten gewesen sei. Der Stichprobenumfang werde nämlich auch durch die Streuung der gemeldeten Personen pro Anschrift beeinflusst. Bei der Neuzugangsziehung habe sich gezeigt, dass tendenziell mehr Personen gemeldet waren als bei den Populationen der Haupt- und der Ergänzungsziehung, wodurch für die Neuzugangsziehung ein niedrigerer Auswahlsatz ausreichend gewesen sei. Aus stichprobentheoretischen Aspekten wäre es nicht sinnvoll gewesen, für die verschiedenen Ziehungen bei verschiedenen Grundgesamtheiten pauschal denselben Auswahlsatz anzusetzen (Blatt 255 der GA).

4. Ergänzungsziehung:

Bei der Ergänzungsziehung wurde das Aufteilungs- und Zufallziehungsverfahren noch weiter vereinfacht: Regional fand lediglich eine Schichtung nach Bundesländern statt und von einer Schichtung nach Anschriftengrößenklasse wurden ebenso abgesehen, wie von der Nutzung einer optimalen Allokation mit entsprechenden Ober- und Untergrenzen im Hinblick auf den Auswahlprozentsatz (Blatt 254 der GA). Da lediglich auf der Ebene der Bundesländer geschichtet wurde, wurde ein fester Auswahlsatz von 9,79% verwendet. Bezüglich der Klägerin wurden bei dieser Ergänzungsziehung 0,74% und damit 6 Anschriften ausgewählt. Bayernweit standen für die Auswahl im Rahmen der Ergänzungsziehung 13.586 Anschriften zur Verfügung (Blatt 253 der GA).

Aus Sicht des Beklagten sei die nochmalige Vereinfachung des Verfahrens, wegen der noch geringeren Anzahl von Anschriften notwendig gewesen. Innerhalb der Schichten sei eine systematische Ziehung vorgenommen worden, um extremen Stichproben, wie bspw. die Ziehung nur der größten bzw. kleinsten Anschrift einer Schicht, entgegenzuwirken. Sowohl bei der Neuzugangsziehung als auch bei der Ergänzungsziehung sei von den Vorgaben in § 2 Abs. 3 StichprobenV abgewichen worden, was jedoch auf zwingende fachliche Gründe zurückzuführen sei und keinerlei Nachteile für die Gemeinden bedeute. Bereits im Verordnungsgebungsverfahren sei absehbar gewesen, dass eine so differenzierte Schichtung wie für die Hauptziehung in der Neuzugangsziehung bzw. Ergänzungsziehung nicht sinnvoll sei. Der Verordnungsgeber habe es allerdings versäumt, für die Neuzugangsziehung und Ergänzungsziehung eine weniger differenzierte Schichtung zu regeln.

Insgesamt wurden bezüglich der Klägerin aus beiden Nachziehungen an 9 Anschriften 29 Hauptwohnsitzpersonen befragt. Von diesen 29 Personen wurden zwei Personen als Untererfassungen (Fehlbestand) und eine Person als Übererfassung (Karteileiche) identifiziert.

5. Konkrete Durchführung der Stichproben:

Im Rahmen der Erhebung der Haushaltsstichprobe wurde vom Erhebungsbeauftragten nach einer Vorbegehung an den zu befragenden Haushalt zunächst ein Anschreiben mit Terminvorschlag geschickt. Ist von diesem Haushalt kein anderer Termin genannt worden, erschien der Erhebungsbeauftragte zum vorgeschlagenen Termin, um die Befragung durchzuführen. Wurde ein Haushalt nicht angetroffen, wurde vom Erhebungsbeauftragen eine sog. Zweitankündigungskarte mit Nennung eines Zweittermins hinterlegt. Konnte der Haushalt auch zu diesem Termin nicht angetroffen werden, wurde dies vom Erhebungsbeauftragten in der Erhebungsliste vermerkt. Im Anschluss daran hat die örtliche Erhebungsstelle ein postalisches Schreiben an den Haushalt gerichtet und die entsprechenden Fragebögen mit der Bitte um Beantwortung beigelegt. Falls der Haushalt darauf nicht reagierte, wurden Erinnerungs- und Mahnschreiben aufgesetzt, zuletzt mit Postzustellungsurkunde. Wenn auch diese Zustellung erfolglos war, wurde mit dem Landesamt für Statistik und Datenschutz geprüft, ob die Personen des Haushalts im Melderegister zum Stand 09.05.2011 gemeldet waren oder nicht. Waren sie zum Stichtag gemeldet, wurden sie auch als existent gezählt. Nur falls dies letztendlich nicht der Fall war, wurden die Personen als definitiv nicht existent gewertet. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass Personen, die sich für einen längeren Zeitraum im Ausland oder anderweitig nicht zuhause aufgehalten haben, nicht fälschlicherweise als nicht existent eingestuft wurden. Bei angetroffenen Haushalten war es möglich, dass volljährige Haushaltsmitglieder den Fragebogen auch für nicht anwesende Personen mit ausfüllen. Das Ausfüllen des Bogens durch Nachbarn bzw. Personen anderer Haushalte war dagegen nicht möglich gewesen.

Auf gerichtliche Nachfrage führt der Beklagte hinsichtlich der Klägerin aus, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels PZU und einer ergänzenden Recherche die Existenzfeststellung durchgeführt worden sei. In diesen Fällen sei stets die Existenz der betroffenen Person festgestellt worden. Zwar könne generell nicht ausgeschlossen werden, dass möglicherweise ganze Anschriften bei der Stichprobe nicht erhoben werden konnten, dies sei auf dem klägerischen Stadtgebiet jedoch nicht eingetreten (Blatt 260 der GA).

Für jede Anschrift, die zu erheben war, wurde den Erhebungsbeauftragten eine Namensliste der Anschrift mit einem Melderegisterauszug zum 01.11.2010 ausgehändigt. Die Erhebungsbeauftragten wurden nach Aussage des Beklagten bei den Schulungen darauf hingewiesen, dass die Namensliste lediglich einen Anhaltspunkt für die anzutreffenden Personen liefern solle und sie lediglich die Funktion habe, die Anschrift zweifelsfrei zu identifizieren. Unabhängig von der Namensliste seien die Erhebungsbeauftragten dazu angehalten gewesen, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu identifizieren. Die Existenz der nach dem 09.05.2011 verzogenen oder verstorbenen Personen konnte dem Erhebungsbeauftragten durch die noch anwesenden Haushaltsmitglieder bestätigt werden. Zudem wurden Nachmieter nach der neuen Anschrift befragt und die Person dann unter ihrer neuen Anschrift angeschrieben (Blatt 133 der GA).

Bei der Feststellung der Einwohnerzahl waren die Angaben zum Wohnstatus, die bei den Stichproben erhoben wurden, nicht einwohnerzahlrelevant. Nur bei Personen, die in der Haushaltsstichprobe angetroffen wurden und die nicht bereits davor im Melderegister verzeichnet waren, wirkte sich die Angabe bei der Feststellung der Einwohnerzahl aus. Auf die Darstellung zum Datenfluss der Haushaltsbefragung auf Stichprobenbasis, zu den Sicherungsmaßnahmen zur Gewährleistung der Richtigkeit der Datenübertragung und zu den Datenbeständen für den Zensus 2011 wird Bezug genommen (Blatt 184-196 der GA).

6. Relativer Standardfehler:

Die vom Gesetzgeber angestrebte Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% wurde bei der Klägerin nicht eingehalten. Bei ihr wies der relative Standardfehler einen Wert von 0,60% auf. Als Gütemaß kann aus dem relativen Standardfehler abgeleitet werden, wie hoch die durchschnittliche Abweichung der aus der Stichprobe geschätzten Einwohnerzahl von der tatsächlichen Einwohnerzahl ausfällt. Bundesweit lag der einfache relative Standardfehler im Mittel bei 0,56%.

Diese statistische Ungenauigkeit ist umso kleiner (und umso genauer ist die Güte der statistischen Schätzung), je größer der Stichprobenumfang und je kleiner die tatsächliche aus der Stichprobe geschätzte unbekannte Streuung der Daten in der Grundgesamtheit ist. Wesentliche Bestimmungsfaktoren bei der Entwicklung eines Stichprobendesigns sind also entweder der angestrebte Stichprobenumfang oder die angestrebte Qualität. Beide Bestimmungsfaktoren hängen unmittelbar zusammen: Je größer der Stichprobenumfang, desto geringer der relative Standardfehler und umgekehrt. Standardfehler und Stichprobenumfang stehen damit in einem direkten Wechselspiel zueinander und das Festhalten einer der beiden Größen hatte direkten Einfluss auf die jeweils andere Größe.

Bezogen auf die Klägerin bedeutet dies, dass die tatsächliche Einwohnerzahl von der im Zensus ermittelten Einwohnerzahl mit 95% Sicherheit um 503 Personen (2 x 0,006 [Standardfehler] x 41.938 [im Zensus ermittelte Einwohnerzahl]) nach oben oder unten abweichen kann (Konfidenzintervall). Mit 95% Sicherheit bewegt sich somit die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin zwischen 41.435 und 42.441 Einwohner, was einer Intervallbreite von 1.006 Personen entspricht. Wäre beim relativen Standardfehler der gesetzliche Wert von 0,5% eingehalten worden, würde die Intervallbreite bei der Klägerin 838 Personen betragen.

Auf gerichtliche Nachfrage (Blatt 201ff. der GA) erklärte der Beklagte zum relativen Standardfehler weiter: Die gerichtliche Annahme, dass die unterschiedliche Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift den relativen Standardfehler beeinflusse, sei zutreffend. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weise jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, wäre bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Die Gesamteinwohnerzahl würde bei unterschiedlichen Stichproben stärker variieren. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden sei das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift gewesen sei, desto mehr Anschriften haben untersucht werden müssen, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste. Die Stichprobenumfänge seien so auf die Gemeinden aufgeteilt worden, dass der relative Standardfehler für alle Gemeinden möglichst klein ausfalle.

Der relative Standardfehler falle deshalb bei unterschiedlichen Gemeinden auch unterschiedlich aus. Dies habe mehrere Gründe. Zudem basiere der auf den Datenblättern angegebene relative Standardfehler ebenfalls auf einer Schätzung. Neben der Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift, den Stichprobenumfängen und den Grundgesamtheiten je Schicht hänge der Wert des geschätzten relativen Standardfehlers im Wesentlichen von der Erklärungskraft der im Regressionsmodell verwendeten Einflussgrößen zur Prognose der tatsächlichen Einwohnerzahl ab. Haben sich in den primärstatistisch untersuchten Anschriften deutliche Unterschiede zwischen gemeldeter Einwohnerzahl pro Anschrift und tatsächlicher Einwohnerzahl pro Anschrift offenbart, so führe dies zu einer Erhöhung des relativen Standardfehles (vgl. Blatt 249 der GA).

7. Wiederholungsbefragungen:

Zur Prüfung der Qualität der Stichprobenergebnisse im Hinblick auf die amtliche Einwohnerzahl, fanden gemäß § 17 Abs. 2 ZensG 2011 Wiederholungsbefragungen bei 5% bis 10% der Anschriften statt, die bereits bei der Haushaltsstichprobe befragt wurden. Auf gerichtliche Nachfrage mit dem Ziel, eine quantitative Abschätzung von Messfehlern bei der Klägerin vornehmen zu können (Blatt 202 der GA), erklärte der Beklagte zu den Wiederholungsbefragungen:

Der geringe Stichprobenumfang von max. 10% der Stichprobenanschriften lasse nur den Nachweis von Ergebnissen für ganze Bundesländer zu, aber keine fachlich belastbaren Ergebnisse für einzelne Gemeinden. Um aber dennoch einen Eindruck für die Klägerin gewinnen zu können, habe man eine reine Fallzahlauswertung der Wiederholungsbefragungen vorgenommen.

Für die Wiederholungsbefragungen seien bei der Klägerin insgesamt 39 Anschriften ausgewertet worden. Aus dem Datenvergleich der Haushaltsstichproben und der Wiederholungsbefragungen seien die in Tabelle 1 aufgeführten Kenngrößen berechnet worden. Auf die Tabelle wird Bezug genommen (Blatt 251 der GA).

Für die Klägerin habe sich gezeigt, dass bei 227 Personen und damit bei 95,0% die Hauptwohnsitz-Paarigkeit einer Person von beiden Erhebungen festgestellt worden sei. Insgesamt würden beide Erhebungen bei 95,8% der Personen übereinstimmende Resultate zeigen, was angesichts des zeitlichen Abstands beider Erhebungen und der während dieses Zeitraums möglichen Umzüge für eine Bestätigung der Haushaltsstichprobe durch die Wiederholungsbefragung spreche. Zwei Personen (0,8%) seien in der Haushaltsstichprobe als Karteileiche gewertet, bei der Wiederholungsbefragung dagegen als paarig eingestuft worden. Hier lasse sich letztlich aber nicht aufklären, welche der beiden Erhebungen zutreffe. Diesen zwei Untererfassungen in der Haushaltsstichprobe stünden sechs Übererfassungen gegenüber. Von den bei der Haushaltsstichprobe als existent festgestellten, einwohnerzahlrelevanten Personen seien in den Wiederholungsbefragungen 97,4% ebenfalls als existent erkannt worden. Auch dies spreche dafür, dass die Ergebnisse der Haushaltsstichprobe im Wesentlichen durch die Wiederholungsbefragungen bestätigt werden konnten. Indizien für Erhebungsfehler seien nicht feststellbar.

IV.

Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten:

Im Gegensatz zu der eben beschriebenen Korrektur der Melderegister durch die Haushaltsstichprobe fand bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern keine Haushaltsstichprobe, sondern eine Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten statt. Befragt wurden bei dieser primärstatistischen Erhebung Personen an Anschriften, bei denen die Informationen aus der Gebäude- und Wohnungszählung zur Anzahl der an einer Anschrift wohnenden Personen mit den Eintragungen der Melderegister nicht übereinstimmten. Dieser Abgleich beschränkte sich auf Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung. Hintergrund war eine vorherige Recherche zur Qualität der Registerdaten. Dabei soll sich gezeigt haben, dass insbesondere bei Abweichungen an den Anschriften mit Einfamilienhäusern von Fehlern in den Melderegistern auszugehen sei (vgl. "Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011", in: Wirtschaft und Statistik, 01/2013, S. 31).

V.

Erhebungen an den Sonderbereichen:

Da aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an Sonderanschriften regelmäßig eine hohe Anzahl von Über- und Untererfassungen vorliegt (unzureichendes Meldeverhalten, hohe Fluktuation), entschied sich der Gesetzgeber bei diesen Anschriften dazu, alle dort wohnenden Personen durch eine primärstatistische Vollerhebung mittels Fragebögen zu erfassen (§ 8 Abs. 1 ZensG 2011). Ziel war eine ausreichende Qualität der Zensusergebnisse. Gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 und Satz 2 ZensG 2011 sind Sonderbereiche Gemeinschafts-, Anstalts- und Notunterkünfte, Wohnheime und ähnliche Unterkünfte, die in der Regel der längerfristigen Unterbringung und Versorgung von Personen mit einem spezifischen Unterbringungsbedarf dienen (z. B. Klöster, Internate, Alten- und Pflegeheime, Arbeiterheime, Studentenwohnheime, Mutter-, Kind- und Jugendheime usw.).

Diese Sonderbereiche wurden dann nochmals in sensible und nichtsensible Bereiche unterteilt. Als sensibel galten gemäß § 2 Abs. 5 Satz 3 ZensG 2011 alle Anschriften, bei denen die Information über die Zugehörigkeit für Betroffene die Gefahr einer sozialen Benachteiligung hervorrufen konnte (z. B. Justizvollzugsanstalten, psychiatrische Einrichtungen, Palliativstationen, Maßregelvollzugseinrichtungen, Flüchtlingsunterkünfte, (Not-) Unterkünfte für Wohnungslose usw.).

Während grundsätzlich die dort wohnenden Personen selbst auskunftspflichtig waren (§ 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011), wurde bei sensiblen Bereichen nur die Einrichtungsleitung befragt. Nur sie war gemäß § 18 Abs. 5 Satz 4 ZensG 2011 auskunftspflichtig. Zur Handhabung wurde ein Sonderanschriftenregister aufgebaut und für die Erhebungen in den Sonderbereichen waren die lokalen Erhebungsstellen zuständig (nach Art. 27 Abs. 1 BayStatG die kreisfreien Gemeinden und die Landkreise). Bei der Realisierung der Erhebungen unterschied sich das Verfahren dahingehend, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die Bewohner grundsätzlich mittels Interview durch einen Erhebungsbeauftragten befragt wurden. Nur wo dies nicht möglich war (z. B. bei Minderjährigen oder bei gesundheitlichen Problemen, insbesondere in Alten- und Pflegeheimen), fand eine Erhebung mittels der Einrichtungsleitung statt. Diese hatte stets die Möglichkeit, den Erfassungsbogen einem Erhebungsbeauftragten zu übergeben oder eine Online-Meldung vorzunehmen (vgl. Marion Geiger, in: "Zensus 2011: Erhebungsteil Sonderbereiche", Bayern in Zahlen, Mai 2012, S. 280ff.).

Auf gerichtliche Nachfrage erläuterte der Beklagte die Sonderbereichserhebung dahingehend, dass durch die Befragungen für die Klägerin 1.565 Einwohner mit Hauptwohnsitz gezählt wurden (Blatt 439 GA), bei 1.663 befragten Personen (Blatt 259 der GA). Auf dem klägerischen Stadtgebiet hätten sich im Zensusbestand 32 als Sonderanschrift geführte Anschriften befunden, wobei es sich bei einer Anschrift um eine reine Meldeanschrift gehandelt habe, die nicht primärstatistisch habe überprüft werden können. An dieser Anschrift seien alle gemeldeten Personen als existent angenommen worden. Die weiteren 31 Sonderanschriften seien in 18 nichtsensible und 14 sensible Sonderbereiche eingeteilt gewesen, d. h. eine Sonderanschrift habe sich als Mischanschrift dargestellt (Blatt 259 der GA).

Nach Durchführung der Befragungen wurden die erhobenen Daten mit den Meldedaten der Sonderanschriften durch die Statistischen Landesämter abgeglichen. Dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, wurden in den Zensusdatenbestand der Sonderbereichsgemeinde neu aufgenommen (Untererfassung). Umgekehrt wurden Personen, die nicht an der Anschrift wohnten, obgleich sie im Melderegister geführt waren, in den Meldedatenbeständen des Zensus gelöscht (Übererfassung).

Auf das vom Beklagten vorgelegte "Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften" wird Bezug genommen (Blatt 273 - 395 der GA).

Um sicherzustellen, dass Personen aus Sonderbereichen nicht zusätzlich an einer anderen Anschrift im Bundesgebiet gemeldet und dort als Einwohner gezählt wurden, wurde auch hier zusätzlich eine Mehrfachfalluntersuchung durchgeführt. Ergab sich aus der Befragung eine Hauptwohnung in der Sonderbereichsgemeinde, wurden alle weiteren eventuell vorhandenen Wohnsitze der Person zur Nebenwohnung geändert. Ergab sich aus der Befragung eine Nebenwohnung, wurde weiter geprüft, ob für die Person im Bundesgebiet noch genau eine Hauptwohnung vorhanden war (neben eventuell vorhandenen weiteren Nebenwohnungen). War kein weiterer Wohnsitz vorhanden, wurde an der Sonderanschrift - entgegen der Information aus der Erhebung - die Hauptwohnung angenommen. Waren lediglich weitere Nebenwohnungen vorhanden, wurde anhand zusätzlicher Informationen (Zuzugsdatum, Verzeigerung an weiteren Wohnsitzen) entschieden, welche der vorhandenen Wohnungen als Hauptwohnung zu werten war. Somit wurde bei Personen in nichtsensiblen Sonderbereichen nicht zwangsläufig die Erhebungsinformation zum Wohnstatus auch tatsächlich umgesetzt.

Demgegenüber wurde der Wohnstatus bei Personen in sensiblen Sonderbereichen gänzlich mithilfe der Melderegisterinformationen unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums aus der Erhebung und eventuell vorhandener weiterer Wohnsitze im restlichen Bundesgebiet festgelegt (Blatt 260 der GA). Zwar enthielt der Fragebogen für sensible Sonderbereiche (Blatt 220 der GA) auch die Frage nach dem Wohnstatus, bei der Durchführung stellte sich jedoch nach den Ausführungen des Beklagten heraus, dass in den häufigsten Fällen den Einrichtungsleitungen keine detaillierten Informationen dazu vorgelegen haben. Deshalb habe man sich im statistischen Verbund darauf verständigt, zur Feststellung des Wohnstatus lediglich die Melderegisterangaben mit Hilfe der Angaben zum Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung zu plausibilisieren (Blatt 446 der GA).

Im Vergleich zu den Melderegisterbeständen wurden bei der Klägerin so 209 Übererfassungen abgezogen und 533 Untererfassungen hinzugerechnet (Blatt 11 der GA).

Allerdings wich der Beklagte von dem gerade beschriebenen primärstatistischen Erhebungsverfahren ab, indem er nicht an allen Sonderanschriften auf dem klägerischen Stadtgebiet eine Befragung durch Fragebögen durchgeführt hat. Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage eingeräumt hat (Blatt 256 der GA), griff er bei Bundeswehrkasernen und Justizvollzugsanstalten auf zentrale Datenlieferungen des Bundesverteidigungsministeriums bzw. des Bayerischen Staatsministeriums für Justiz zurück. Da nach seiner Ansicht Justizvollzugsanstalten den sensiblen Sonderbereichen zuzurechnen und Kasernen nach der Gesetzesbegründung wie sensible Sonderbereiche zu behandeln seien (BR-Drucks. Nr. 3/09), wäre ohnehin die Einrichtungsleitung auskunftspflichtig gewesen. Nachdem die oben genannten Ministerien flächendeckend über aktuelle Register zu den "Bewohnern" der Einrichtungen verfügt haben, sei lediglich ein effizienterer und kostengünstigerer Weg gewählt worden, um Daten in gleicher Qualität wie im Vergleich zu einer Befragung zu gewinnen. Diese Vorgehensweise komme einer Vollerhebung i. S. d. § 8 ZensG 2011 gleich. Falls die Person nicht in der zentralen Datenlieferung der Ministerien enthalten gewesen sei, sei auch kein Wohnsitz für diese Person an der Sonderanschrift festgestellt worden (Karteileiche). Der wesentliche Unterschied zur Ermittlung des Wohnstatus an anderen sensiblen Sonderanschriften liege darin, dass bei Personen in Kasernen keine Differenzierung danach vorgenommen worden sei, ob an einer weiteren Anschrift eine Verzeigerung dieser Person mit einer weiteren Person (z. B. Ehe) vorgelegen habe. Für jede Person, welche mit Hauptwohnsitz gemeldet und im Lieferumfang enthalten war, sei im Ergebnis auch ein Hauptwohnsitz an der Sonderanschrift festgestellt worden. Ansonsten sei stets der Zeitraum, den die Person bereits an der Sonderanschrift verbracht habe (mindestens sechs Monate) und die Informationen zu weiteren Wohnsitzen im Bundesgebiet bei der Feststellung des Wohnstatus an der Sonderanschrift berücksichtigt worden (Blatt 257 der GA).

In Bezug auf die von der Bundeswehr betriebenen Einrichtungen habe auf dem klägerischen Stadtgebiet bei keiner gemeldeten bzw. erhobenen Person der Wohnstatus korrigiert werden müssen. Ursprünglich seien im Melderegister der Klägerin an "Bundeswehranschriften" 2 Hauptwohnsitzpersonen und 2 Nebenwohnsitzpersonen gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 11 Hauptwohnsitzpersonen und 71 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können. Bei "Justizvollzugsanschriften" auf dem klägerischen Stadtgebiet sei bei insgesamt 7 Personen der Melderegisterwohnstatus korrigiert worden. Ursprünglich seien im klägerischen Melderegister 360 Hauptwohnsitzpersonen an "Justizvollzugsanschriften" gemeldet gewesen. Nach Berücksichtigung der Erhebungsergebnisse habe man insgesamt 461 Hauptwohnsitzpersonen und 36 Nebenwohnsitzpersonen verzeichnen können (Blatt 257 der GA).

VI.

Referenzdatenbestand:

1. Aufnahme aller Informationen:

Der Referenzdatenbestand hatte als zentrale Datenbank die Funktion, die einzelnen Erhebungsteile zu koordinieren und deren Ergebnisse zusammenzuführen. Vereinfacht stellt sich dessen Aufbau und Handhabung wie folgt dar:

Grundlage des Referenzdatenbestandes waren die personenbezogenen Daten aus den drei Datenlieferungen der Melderegister. Diese Personendatensätze wurden anschließend mit den Anschriftendatensätzen aus dem Anschriften- und Gebäuderegister zusammengeführt und jedem Personendatensatz wurde auf diese Weise eine Anschrift-ID zugeordnet. Parallel dazu wurde jeder Personendatensatz mit einer personenbezogenen Ordnungsnummer, der PON, versehen. Die personenbezogene Ordnungsnummer war dabei ein Ordnungsmerkmal, das an der Anschrift den Datensatz einer Person eindeutig bezeichnet.

Bei der schrittweisen Integration der drei Melderegisterlieferungen wurde über die Merkmale Geburtsname, Vorname, Geburtsdatum, Geschlecht und Geburtsort geprüft, ob ein bestimmter Personendatensatz an einer Anschrift bereits existierte oder nicht. Diese Prüfung bezog sich ausschließlich auf die entsprechende Anschrift und im Gesamtbestand wurde dabei nicht nach identischen Personen gesucht. Zogen Personen zwischen den Datenlieferungen um, wurden sie jeweils an der gemeldeten Anschrift im Referenzdatenbestand integriert. Lag hinsichtlich der genannten Merkmale bereits ein identischer Personendatensatz an einer Anschrift vor, wurde kein neuer Datensatz im Referenzdatenbestand angelegt, sondern die Merkmale der Person wurden lediglich mit den Informationen aus der aktuelleren Datenlieferung aktualisiert. Anschließend wurde über die oben beschriebene Mehrfachfallprüfung sichergestellt, dass eine Person im Gesamtbestand nur einmal einwohnerzahlrelevant gezählt wurde.

Anschließend wurden die Informationen aus den Erwerbsregistern (Register der Bundesagentur für Arbeit über sozialversicherungspflichtig beschäftigte Personen und Registerangaben der öffentlichen Arbeitgeber zu Beamten, Richtern und Soldaten) integriert. Konnten dabei Datensätze zugeordnet werden, erweiterten die Informationen aus den Erwerbsregistern die bereits zur Person abgelegten Informationen im Referenzdatenbestand, in dem erwerbsstatistische Merkmale befüllt wurden. Durch die Anbindung der Erwerbsdaten änderte sich die Personenzahl im Referenzdatenbestand nicht, da durch diese Quellen keine neuen Personen im Referenzdatenbestand aufgenommen wurden. Die Erwerbsregister hatten damit keinen Einfluss auf die Ermittlung der Einwohnerzahl.

In der Zensusdurchführungsphase wurden die Erhebungsergebnisse der einzelnen primärstatistischen Erhebungen (Haushaltsstichprobe, Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten und Befragung an Sonderanschriften) in den Referenzdatenbestand integriert. Dabei wurden die Befragungsergebnisse mit dem Referenzdatenbestand auf Personenebene abgeglichen und wie folgt gekennzeichnet: Der Datensatz der Melderegister wurde bestätigt (paariger Datensatz), nicht bestätigt (Karteileichen im Melderegister) oder es wurde ein neuer Datensatz aus der Befragung ergänzt (Fehlbestand der Melderegister).

Im Referenzdatenbestand war es auch möglich, Informationen in Bezug auf die gesamte Anschrift wie beispielsweise den Grund für einen Befragungsausfall abzubilden. Dies war notwendig, wenn der Erhebungsbeauftragte z. B. an einer zu erhebenden Anschrift aus der Haushaltsbefragung feststellte, dass sich an dieser kein Wohnraum befindet (Baulücke, Anschrift ausschließlich gewerblich genutzt). In diesen Fällen konnten keine erhobenen Personen mit den Datensätzen des Referenzdatenbestandes abgeglichen werden. Dies führte im weiteren Prozess dazu, dass alle gemeldeten Personen an dieser Anschrift als nicht existent gekennzeichnet und damit als Karteileichen gewertet wurden.

2.Sicherstellung eines konsistenten Gesamtdatenbestands

Neben der Informationsaufnahme hatte der Referenzdatenbestand auch die Aufgabe, dass die integrierten Informationen widerspruchsfreie Ergebnisse für die Anschrift und die Person lieferten. Um vorhandene Unplausibilitäten feststellen zu können, wurden die Informationen aus den Erhebungen bei deren Integration mit den vorhandenen Daten der Melderegister abgeglichen und plausibilisiert.

Wie bereits oben beschrieben, wurde je Datensatz vermerkt, ob die Existenz einer Person an der Anschrift durch die Erhebung bestätigt wurde oder nicht bzw. ob eine Person neu aufgenommen wurde. Bei der Festlegung der Karteileichen und Fehlbestände war jedoch zu berücksichtigen, dass diese endgültig erst mit Abschluss der Mehrfachfallprüfung ausgewiesen werden konnten. Erst der Vergleich mit den bereinigten Melderegistern lieferte die endgültige Zahl an Karteileichen und Fehlbeständen. Damit war es zum Beispiel möglich, dass ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 durch die beiden zensusrelevanten Melderegisterlieferungen zu einem paarigen Datensatz wurde.

Da die Abweichungen, die sich zwischen den Melderegistern und dem Ergebnis der Stichprobenbefragung gezeigt hatten, durch deren Hochrechnung einen besonders hohen Stellenwert hatten, wurden bei deren Integration Schwellenwerte für die Abweichungen festgelegt. Lagen die Abweichungen über den gesetzten Schwellenwerten, wurden die Erhebungsergebnisse als unplausibel markiert und erneut durch die statistischen Landesämter geprüft. Unplausible Ergebnisse lagen vor, wenn an einer Anschrift die Summe an Karteileichen und Fehlbeständen mindestens 5 betrug und der Anteil der Karteileichen und Fehlbestände im Verhältnis zur Zahl der gemeldeten Personen ≥ 0,2 war. Die statistischen Landesämter hatten dann die Möglichkeit, entweder das Erhebungsergebnis zu korrigieren oder die Abweichungen als plausibel zu bestätigen.

Neben den Ergebnissen der Stichprobenbefragung konnten auch die Ergebnisse aus der Sonderbereichserhebung und aus der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten von den Daten der Melderegister abweichen. Obwohl die Meldedaten für die Sonderbereichsanschriften und für die Anschriften der Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten nicht immer für die Ermittlung der Einwohnerzahlen relevant waren, so wurden sie dennoch für eine Plausibilitätsprüfung der Erhebungsdaten genutzt. Damit fielen auch hier die Abweichungen zwischen der Anzahl der gemeldeten Personen im Melderegister und die Anzahl der existenten Personen nach Erhebung auf. Auffällige Anschriften konnten dann erneut geprüft und korrigiert werden (vgl. dazu "Der Referenzdatenbestand im Zensus 2011", Hirner/Stiglmayer, in: Wirtschaft und Statistik, Januar 2013).

VII.

Anhörungsverfahren der Klägerin:

Mit Schreiben vom 04.06.2013 wendete sich der Beklagte an die Klägerin und übersandte ein erstes Datenblatt zur Feststellung der Einwohnerzahl, mit der Bitte dies klägerseits zu überprüfen. Gleichzeitig wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 01.09.2013 gegeben. Dieses erste Datenblatt wies, verglichen mit dem streitgegenständlichen Bescheid, bei der Erhebung an Sonderanschriften 27 Übererfassungen mehr auf und folglich wurden darin insgesamt auch 27 Einwohner weniger ausgewiesen. Im Zuge der Anhörung korrigierte der Beklagte aufgrund einer Recherche auffälliger Sonderanschriften die Einwohnerzahl um 27 Personen nach oben. Als auffällig wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als "Ausfall" (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden seien. Im Ergebnis dieser Prüfung konnten mehrere Anschriften identifiziert werden, bei denen eine fehlerhafte Umsetzung des Erhebungskonzeptes durch die örtlichen Erhebungsbeauftragten vorlag.

Mit Bescheid vom 25.11.2013, gegen PZU am 26.11.2013 zugestellt, setzte der Beklagte, vertreten durch das Bayerische Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung, die Einwohnerzahl für die Klägerin zum 09.05.2011 auf 41.938 Personen (Auszählungsteil: 1.565, Hochrechnungsteil: 40.373) fest. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen (Blatt 4-12 der GA).

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 18.12.2013 eingegangenen Klage. Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

C. Klägervortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Eine Klagebefugnis und damit die Zulässigkeit der Klage ergebe sich hier aus einer möglichen Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Die Klägerin habe kraft Verfassungsrechts einen Anspruch auf Gewährleistung der kommunalen Finanzhoheit und ein Recht auf interkommunale Gleichbehandlung. Deshalb müsse es ihr auch zustehen, Verfahrens- und Auswertungsfehler in Anwendung des ZensVorbG 2011, ZensG 2011 und der StichprobenV geltend zu machen. Der amtlichen Einwohnerzahl komme für den kommunalen Finanzausgleich entscheidende Bedeutung zu, weil sich insbesondere die Schlüsselzuweisungen, aber auch andere Geldleistungen an der hier streitigen Einwohnerzahl orientieren. Auch beinhalte Art. 26 Abs. 2 BayStatG einen Anspruch der Kommunen darauf, dass die amtliche Einwohnerzahl den formellen und materiellen Vorgaben der zugrunde liegenden Gesetze entsprechen müsse. Daneben werde auf die zutreffenden Ausführungen des VG Bremen (U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13) verwiesen.

Im Übrigen müsse auch die Fortschreibung der Einwohnerzahl als Verwaltungsakt angesehen werden. Sowohl der Regelungsgehalt als auch die Erstellung mit Hilfe von statistischen Rechenmethoden unterscheiden sich nicht vom Ausgangsbescheid. Die vom Beklagten zitierte Rechtsprechung beziehe sich auf die Fortschreibung eines früheren Zensusergebnisses und frühere Zensusergebnisse seien nicht mittels Verwaltungsakt festgestellt worden. Im Übrigen spiele diese Rechtsfrage ohnehin keine Rolle, da die Klage auf Feststellung einer bestimmten Einwohnerzahl zumindest als allgemeine Leistungsklage statthaft sei.

II.

Begründetheit der Klage:

Darüber hinaus sei die Klage auch begründet, da der Bescheid des Beklagten formell und materiell rechtswidrig sei. Es fehle zum einen an einer hinreichenden Begründung, die es der Klägerin ermöglichen würde nachzuvollziehen, warum ein Bescheid dieses Inhalts ergangen sei; zum anderen beruhe der Bescheid auf verfassungswidrigen Rechtsnormen und die Vorgaben dieser und anderer Rechtsnormen seien nicht eingehalten worden.

1. Mangelnde Begründung und Nachvollziehbarkeit:

Im Hinblick auf die Feststellung der Einwohnerzahl sei ihr lediglich in etwa bekannt, wie das Verfahren zur Einwohnerfeststellung nach den Vorstellungen des Gesetzgebers hätte ablaufen sollen. Unbekannt sei dagegen, ob es auch tatsächlich so abgelaufen sei. Mangels entsprechender Kenntnisse werde dies mit Nichtwissen bestritten. Auch wenn sie im Rahmen ihrer Anhörung zahlreiche Einzelfragen an den Beklagten gerichtet habe (siehe Blatt 19 - 24 der BA), seien diese nur unzureichend beantwortet worden, da insbesondere Einzelangaben zum tatsächlichen Sachverhalt weiterhin fehlen.

Auch leide der Bescheid an einem Begründungsmangel, da die Begründung den Empfänger grundsätzlich in die Lage versetzen solle, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, damit er nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens werde. Diesen Anforderungen werde der streitgegenständliche Bescheid jedoch nicht gerecht. Er enthalte zwar eine Begründung, diese mache aber die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Entscheidung nicht nachvollziehbar oder überprüfbar. Es sei weiterhin unklar, wie der Beklagte zu der von ihm festgesetzten Einwohnerzahl komme. Insbesondere fehlen jegliche Einzelangaben zu den Ergebnissen der durchgeführten Stichproben, was deshalb bedenklich sei, da sich Fehler bei der Durchführung der Stichproben und bei deren rechtlichen Bewertung durch die Hochrechnung über den Einzelfall hinaus auswirkten. Schon deshalb hätte die Begründung jeden Einzelfall und seine Hochrechnung offen legen müssen. Jedenfalls versetze die vorliegende Begründung die Klägerin nicht in die Lage, prüfen zu können, ob bei den Stichproben Fehler gemacht worden seien und folglich könne die Klägerin ihre Rechte nicht sachgerecht verteidigen. Selbst unter Berücksichtigung des Statistikgeheimnisses und des Rückspielverbots hätte man ein Verfahren wählen müssen, mit dessen Hilfe sie und das Gericht die Berechnungen hätten nachvollziehen und prüfen können.

Wegen der fehlenden bzw. unzureichenden Begründung, der unmöglichen gerichtlichen Kontrolle sowie der Nichtgewährleistung hinreichender verfahrensrechtlicher Kontrollmöglichkeiten liege auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 19 Abs. 4 GG vor. Nur weil die Feststellung der Einwohnerzahl auf einer statistischen Hochrechnung beruhe, folge daraus nicht zwangsläufig deren eingeschränkte Überprüfbarkeit. Letzteres hänge vielmehr von der Ausgestaltung des Verfahrens und von der Frage ab, ob und welche Daten bei der statistischen Erhebung geheim gehalten werden müssen. Hier müsse der Gesetzgeber seine Spielräume so nutzen, dass eine weitgehende Nachvollziehbarkeit ermöglicht werde. Der Gesetzgeber dürfe auf keinen Fall ein Verfahren wählen, das eine gerichtliche Überprüfung von vorne herein ausschließe.

Die kommunale Finanzhoheit sei ein Wesenskern der gemeindlichen Selbstverwaltungsgarantie. Deshalb haben Kommunen einen Anspruch auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft. Allgemein gelte, dass Gemeinden als Grundlage ihrer Handlungsfähigkeit eine gewisse Finanzmasse zur Verfügung stehen müsse, damit sie sowohl ihre übertragenen Aufgaben wie auch ihre Selbstverwaltungsaufgaben erfüllen können. Jede Gemeinde müsse daher über eine angemessene Finanzausstattung verfügen, wobei dem Gesetzgeber ein entsprechendes Ermessen zukomme. Soweit jedoch bei der Finanzausstattung auf die Einwohnerzahl abgestellt werde, haben die Kommunen einen Anspruch auf Feststellung der Einwohnerzahl unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie nach klaren und im Einzelfall nachvollziehbaren Regelungen innerhalb eines entsprechend kontrollierbaren Verfahrens. Dies entspreche auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das bei gesetzlichen Regelungen, die den Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung tangieren, im Einzelfall eine verlässliche und substantiierte Tatsachenermittlung und Begründung des Gesetzgebers fordere (vgl. BVerfGE 86, 90, 108f.). Nichts anderes müsse für die Feststellung der Einwohnerzahl gelten, soweit sie Grundlage für die Gewährleistung der finanziellen Eigenverantwortung der Kommunen oder Basis für die nach dem Konnexitätsprinzip (Art. 83 Abs. 3 BV) zu leistenden Ausgleichszahlungen sei. Insoweit könne das Fehlen des prozeduralen Schutzes selbst zu einer Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts führen (vgl. BayVerfGH vom 28.11.2007, Vf. 15-VII-05, Rn. 224). Da die amtliche Einwohnerzahl die Rechengrundlage für nahezu alle Ausgleichszahlungen darstelle, dürfe sie nicht willkürlich festgesetzt werden. Eine nicht nachvollziehbare und gerichtlich nicht überprüfbare Festsetzung verfehle jedoch dieses Ziel und werde damit den verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht gerecht. Das System des kommunalen Finanzausgleichs - dessen Grundlage die Einwohnerzahl sei - verbiete daneben nicht nur eine willkürliche Festsetzung, sondern auch vom Gleichheitssatz nicht gerechtfertigte Differenzierungen und nicht hinnehmbare, systemwidrige Benachteiligungen bestimmter Gemeinden (vgl. BayVerfGH vom 27.02.1997, Vf. 17-VII-94).

Die verwaltungsverfahrens- wie verfassungsrechtlich gebotene Transparenz, die Nachvollziehbarkeit und die gerichtliche Kontrolle stießen hier auf mehrere Hindernisse. Bis jetzt sei die Veröffentlichung des vom statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojektes zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens unterblieben. Das Forschungsprojekt hätte aber die Funktion erfüllen sollen, die für die Erstellung des Stichprobenplans und des Verfahrens der Stichprobenziehung erforderlichen Qualitätsvorgaben bereit zu stellen, damit der Zensus in einem nachvollziehbaren, wissenschaftlichen Standards entsprechenden Verfahren verlässliche statistische Daten liefere. Diese Funktion zu erfüllen sei angesichts der erst für 2015 geplanten Veröffentlichung objektiv unmöglich geworden. Vor allem führe die Wahl eines Verfahrens, dem die Geheimhaltung der erhobenen Daten innewohnt, dazu, dass alle Akten und Daten, die für die gerichtliche Überprüfung nötig seien, schon vor Erlass des anzugreifenden Verwaltungsaktes vernichtet worden seien. Es sei von Verfassungs wegen nicht hinnehmbar, die Beantwortung von Fragen zur konkreten Durchführung unter Hinweis auf das Rückspielverbot, das Statistikgeheimnis und allgemeine datenschutzrechtliche Erwägungen zu verweigern. Mit dem Rückspielverbot solle lediglich verhindert werden, dass personenbezogene Informationen aus der Statistik an andere Verwaltungsstellen für deren Aufgabenerfüllung weitergegeben werden. Das Rückspielverbot könne sich im Übrigen nicht auf (Zwischen-) Ergebnisse der Statistik beziehen, die keinen Personenbezug aufweisen. Die Klägerin könne nichts dafür, dass der Gesetzgeber zusätzlich zu den für die Feststellung der Einwohnerzahl notwendigen Erhebungen zahlreiche weitere Fragen in den Zensus eingeführt habe, die die private Lebensführung der Bürgerinnen und Bürger betreffen und damit die Notwendigkeit eines erhöhten Datenschutzes auslösen. Bei rein melderechtlichen Feststellungen wäre eine solche Geheimhaltung gegenüber der Klägerin gar nicht notwendig gewesen, da die Klägerin selbst durch den Gesetzgeber mit noch weitergehenden Kompetenzen ausgestattet sei, um für den ordnungsgemäßen Vollzug des Melderechts sorgen zu können.

2. Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Des Weiteren resultiere aus der kommunalen Finanzhoheit ein interkommunales Gleichbehandlungsgebot, welches es verbiete, bestimmte Gemeinden sachwidrig zu benachteiligen. Die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung ergebe sich beim Zensus daraus, dass der Gesetzgeber auf die Anwendung eines einheitlichen Erhebungsverfahrens für alle Kommunen verzichtet habe und dafür unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Rechtfertigung erkennbar sei. Eine solche Differenzierung lasse sich insbesondere nicht aus den Ergebnissen des Zensustests herleiten.

Der Zensustest habe im Ausgangsbestand für Gemeinden mit 10.000 Einwohnern bis unter 50.000 Einwohnern eine Fehlbestandsrate von 1,3% ergeben und damit den gleich großen Wert wie bei Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern, deren Fehlbestand ebenfalls mit 1,3% festgestellt worden sei. Unterschiede habe es bei der Karteileichenrate mit 3,5% für Gemeinden zwischen 10.000 und 50.000 Einwohnern gegeben. Hier seien die Gemeinden mit unter 10.000 Einwohnern mit 2,8% besser gewesen. Der Unterschied der Karteileichenrate zwischen Gemeinden mit 10.000 bis unter 50.000 Einwohnern und der von Gemeinden mit 50.000 bis unter 800.000 Einwohnern sei jedoch wesentlich größer gewesen. Daher sei allenfalls eine Grenzziehung zwischen Gemeinden unter 50.000 Einwohnern und Gemeinden über 50.000 Einwohnern sachlich angezeigt gewesen.

Das hier gewählte unterschiedliche Verfahren sei ausschließlich aus finanziellen Gründen festgesetzt worden. Die Wahl unterschiedlicher Verfahren habe aber zur Konsequenz, dass nicht gerechtfertigte Abstriche hinsichtlich der Zensusqualität durch den Gesetzgeber ersichtlich zulasten eines größeren Kreises an Kommunen billigend in Kauf genommen worden seien. Die Untersuchungen der Zensusergebnisse durch Hoppe/Spandel ("Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?") haben gezeigt, dass bei kleinen Gemeinden die festgestellte Einwohnerzahl im Vergleich zu deren Melderegister wesentlich geringer abweiche, weil im Durchschnitt wesentlich weniger Übererfassungen festgestellt worden seien. Dieser Umstand erkläre sich jedoch nicht aus der unterschiedlichen Qualität der Melderegister, sondern ausschließlich aus den unterschiedlich angewendeten Verfahren. Es bestehe die berechtigte Annahme, dass es beim Zensus zu einer unzutreffenden rechtlichen Anwendung der melderechtlichen Vorschriften gekommen sei. Wegen der unterschiedlichen Verfahren seien deshalb die großen Gemeinden systematisch benachteiligt worden.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen sei nach Beweiserhebung durch das Gericht festgestellt worden, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen zwischen den betroffenen Gemeinden geführt habe. Das Verwaltungsgericht Bremen sei allerdings der Ansicht gewesen, dass der Gesetzgeber eine Art "Freischuss" habe und dieser verfassungswidrige Umstand erst beim nächsten Zensus ausgeräumt werden müsse. Einer solchen Rechtsauffassung könne unter keinen Umständen gefolgt werden.

Die Ergebnisse des Zensustests von 2001 können auch nicht (mehr) als Rechtfertigung für ein unterschiedliches Feststellungsverfahren herangezogen werden, weil sich die Rahmenbedingungen für die Schätzung der Melderegisterfehler grundlegend verändert haben. Noch nicht beim Zensustest, aber sehr wohl zum Zensusstichtag seien zum einen das Verfahren XMeld (ein Verfahren zum elektronischen Abgleich von Registereinträgen der Meldebehörden untereinander), zum anderen die Steuer-ID für alle in Deutschland wohnenden Personen eingeführt gewesen. Dass diese Änderungen wesentliche Auswirkungen auf die Karteileichen- und Fehlbestandsrate in den Melderegistern gehabt haben, habe die "AG-Zensustest" schon in ihrem Bericht für die Innenministerkonferenz hervorgehoben (Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe "Zensustest" an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 20.09.2004, Seite 10). Der Anwendung unterschiedlicher Verfahren für kleine und große Gemeinden, die mit den Ergebnissen des Zensustests begründet werden, fehle deshalb die sachliche Grundlage.

Auch seien die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung, einer Vollerhebung, für die Berechnung der Einwohnerzahlen in Gemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern überhaupt nicht genutzt worden. Deshalb sei davon auszugehen, dass eine Anwendung der "Befragung zur Klärung von Unstimmigkeiten", so wie dies bei Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern gehandhabt worden sei, eine Einwohnerzahl ergeben hätte, die wesentlich mehr dem Melderegisterstand entsprochen hätte als das Ergebnis der Hochrechnung.

Keineswegs habe das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil die zukünftige Anwendung eines neuen Verfahrens oder gar eines Zensus mit statistischen Methoden gefordert. Vielmehr sei dem Gesetzgeber lediglich eine Überprüfung des Stands der Entwicklung von Methoden der Statistik und Sozialforschung auferlegt worden.

3. Einzelrügen:

a) Veraltete Listen bei den Stichprobenerhebungen:

Bei der konkreten Ausgestaltung habe die Stichprobenerhebung zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen bzgl. der amtlichen Einwohnerzahl führen müssen. Die Erhebungsbeauftragten seien nämlich mit Listen zum Stand 01.11.2010 ausgestattet gewesen. Systembedingt haben die Erhebungsbeauftragten deshalb beim Aufsuchen einer Stichprobenadresse Übererfassungen dann zutreffend feststellen können, wenn eine zum Stand 01.11.2010 gemeldete Person an der Adresse nicht vorgefunden worden sei. Demgegenüber sei eine präzise Dokumentation von Untererfassungen bereits durch praktische Hindernisse erschwert bzw. unmöglich gewesen, wenn es sich um zugezogene oder aber neu geborene Personen gehandelt habe bzw. wenn sonstige Hinweise praktischer Art an der jeweiligen Stichprobenadresse gefehlt haben (z. B. eigener Briefkasten, eigenes Türschild). Die Erhebungsbeauftragten hätten nämlich keinerlei rechtliche Handhabe zur Überprüfung der tatsächlichen Wohnsituation an der Stichprobenadresse gehabt. Dass die Verwendung von veralteten Listen Auswirkungen auf das Ergebnis haben, werde dadurch belegt, dass in Gemeinden des Bundeslandes Rheinland-Pfalz, in dem aktuelle Registerauszüge zur Verfügung gestanden hätten, die Differenzen der Zensusergebnisse zu den Melderegisterzahlen wesentlich geringer ausgefallen seien (vgl. Zensus 2011. "Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick", Statistische Monatshefte Rheinland-Pfalz 07, 2013, S. 645f.) (Blatt 85 der GA).

b) Dynamische Verweisung auf Stichprobenforschungsprojekt:

§ 2 Abs. 2 StichprobenV nehme Bezug auf ein Gutachten, das bei Gesetz- und Verordnungserlass noch nicht vorgelegen habe. Obwohl weder der Gesetzgeber noch der Verordnungsgeber dieses Gutachten gekannt haben, haben sie es als verbindlich für das Verfahren vorgeschrieben. Dies widerspreche dem Verbot dynamischer Verweisungen auf private Regelwerke aus Art. 80 Abs. 1 GG.

c) Konkrete Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften:

Die vom Beklagten im Rahmen des Anhörungsverfahrens selbst festgestellten Fehler bei den Erhebungen an Sonderanschriften belegen eindrucksvoll die Fehleranfälligkeit der gewählten Vorgehensweise. Wenn schon eine solche Überprüfung zu der Feststellung geführt habe, dass der örtliche Erhebungsbeauftragte an zwei Anschriften insgesamt 27 Einwohner zu wenig gewertet habe, was erst würde dann eine vollständige Überprüfung erbringen.

In den vorgelegten Behördenakten finden sich daneben weitere Auffälligkeiten, die aufgrund der vorgenommenen Schwärzungen nicht mit ausreichender Sicherheit aufgeklärt werden können. Die Unterlagen genügen aber, um erhebliche Zweifel an der rechtmäßigen Beurteilung der Frage nach dem Hauptwohnsitz durch die Erhebungsbeauftragten aufkommen zu lassen:

Bei der Prüfung der Sonderanschriften 1, 2 und 5 sei festgehalten worden, dass bei einer Vielzahl von Personen der Hauptwohnsitz auf Nebenwohnsitz geändert worden sei. Eine Begründung dafür fehle jedoch. Nach dem Aktenvermerk solle es sich um einen "sensiblen Sonderbereich" handeln. Aufgrund des Hinweises, dass sich wegen der unmittelbaren Nähe einer geschwärzten Adresse nicht ausschließen lasse, dass einige der Karteileichen an der einen Anschrift die Fehlbestände an einer anderen Anschrift seien, sei nach den örtlichen Gegebenheiten bei der Klägerin eigentlich nur möglich, dass es sich entweder um die GU für Asylbewerber oder um ein Seniorenheim mit angrenzendem "Betreuten Wohnen" handele. In beiden Fällen sei es melderechtlich mit größter Wahrscheinlichkeit nicht korrekt, dort an der Stelle von Hauptwohnsitzen, lediglich Nebenwohnsitze anzunehmen. Davon seien 41, 31 bzw. 12 Personen betroffen, also insgesamt 84 Personen, deren gemeldeter Hauptwohnsitz zur Nebenwohnung erklärt worden sei.

Bei der geprüften Sonderanschrift Nr. 4 könnte es sich nach der Beschreibung und der hohen Anzahl an Personen um die JVA handeln. Hier stelle sich die Frage, ob die Sonderregelung beachtet worden sei, dass Inhaftierte bereits dann mit Hauptwohnsitz zu führen seien, wenn sie voraussichtlich mehr als 2-Monate inhaftiert werden. Der Beklagte führe dagegen in seinem Bescheid aus, dass bei Sonderanschriften der Hauptwohnsitz erst ab 6-Monaten angenommen worden sei. In diesem Zusammenhang möge der Beklagte die Rechtsgrundlage für die Annahme der 6-Monats-Frist benennen. In den von ihm im Bescheid zitierten § 12 und § 15 Abs. 2 MRRG finde sich eine solche Regelung jedenfalls nicht.

Nach den klägerischen Erkenntnissen gebe es 13 sensible und 17 nichtsensible Sonderanschriften. Auf die Auflistung der Klägerin wird Bezug genommen (Blatt 463 der GA). Nach dem jetzt vorgelegten Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften hätten sich die Zweifel weiter verstärkt. Auch in diesem Fachkonzept sei auf Seite 41 eine falsche Rechtslage dargestellt, denn es werde auf § 15 Abs. 2 Satz 2 MRRG Bezug genommen, obwohl es sich dabei nur um eine Ermächtigungsnorm für die jeweiligen Landesgesetzgeber handele. Dennoch werde diese Ermächtigungsnorm so angewendet, als sei sie von sämtlichen Landesgesetzgebern unter Übernahme der Frist von sechs Monaten umgesetzt worden. Aus Art. 22 MeldeG ergebe sich dagegen, dass beispielsweise der Bayerische Landesgesetzgeber die Ermächtigungsnorm nicht vollständig ausgeschöpft habe. Nach den Ausführungen auf den Seiten 40ff. des Fachkonzepts hätte es nur dann Korrekturen geben dürfen, wenn im Rahmen der Erhebungen festgestellt wurde, dass eine existente Person an zwei Orten jeweils mit Hauptwohnung gemeldet sei. Dies würde bei der Klägerin bedeuten, dass bei 170 von insgesamt 1.663 erhobenen Personen ein doppelter Hauptwohnsitz gegeben gewesen war. Dies sei aber schon wegen der gegenseitigen Mitteilungspflichten der Melderegister praktisch undenkbar. Die hohe Zahl an Korrekturen werde erst dann verständlich, wenn man die technische Umsetzung bzw. die dargestellten Prozessabläufe an Sonderanschriften auf den Seiten 126ff. des Fachkonzepts genauer betrachte. Dort werde abweichend von den Ausführungen auf Seite 40 nicht nur dann eine Überprüfung des gemeldeten Hauptwohnsitzes vorgenommen, wenn ein weiterer Hauptwohnsitz aufgetreten sei; vielmehr werden in jedem Fall die jeweiligen Angaben im Fragebogen zu den Wohnsitzen und insbesondere die Dauer dieses Wohnsitzes im Verfahren geprüft. Demnach sei in der praktischen Umsetzung der Tatsache, dass der Bewohner an der Wohnanschrift seinen Hauptwohnsitz gemeldet habe, nicht die entscheidende Aussagekraft zugemessen worden, obwohl auf Seite 40 des Fachkonzepts genau davon ausgegangen werde. In der praktischen Umsetzung sei dagegen auf die Fragen 7, 10, 11a oder 11b abgestellt worden. Daraus sei dann eine detaillierte Wohnsitzüberprüfung abgeleitet und durchgeführt worden. Von einem rechtmäßigen Bescheid könne unter diesen Voraussetzungen nur dann ausgegangen werden, wenn der Beklagte jeden Einzelfall darlege, bei dem der gemeldete Hauptwohnsitz in einen Nebenwohnsitz umgewidmet worden sei.

d) Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der Hochrechnung:

Weiter bestehen konkrete Zweifel an der Nachvollziehbarkeit der bislang bekannten Darstellung der Stichprobe und der Hochrechnung. In der Schicht 3, 4 und 8 seien bei der Stichprobe jeweils mehr Übererfassungen als Untererfassungen festgestellt worden. Trotzdem seien nach Hochrechnung einmal weniger und zweimal mehr existente Personen im Vergleich zur Ausgangsbevölkerung aus dem Melderegister festgestellt worden. Dies sei nicht nachvollziehbar.

e) Nichteinhaltung der gesetzlichen Vorgaben:

Bezüglich des statistischen Verfahrens werden beim streitgegenständlichen Bescheid die vom Gesetz vorgegebenen Mindeststandards nicht eingehalten, weil der einfache Standardfehler gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 höchstens 0,5% betragen solle, dieser aber bei der Klägerin mit 0,6% höher ausgefallen sei. Damit bewege sich ihre Einwohnerzahl innerhalb eines Korridors von 1006 Personen, während bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben dieser Korridor lediglich 838 Personen betragen hätte, was ebenfalls zu hoch sei. Immerhin weichen die hier angegriffenen Zahlen des Zensus 2011 vom amtlichen Melderegister der Stadt A. auch nur um 946 Personen voneinander ab. Dies zeige, dass der Gesetzgeber die Zahlen der Melderegister mit einer Methode überprüfe, deren zugestandene Ungenauigkeit auch nicht geringer sei, als die jetzt angeblich festgestellte Fehlerhaftigkeit des Melderegisters. Zusätzlich bedeute der zugestandene Standardfehler auch, dass die Einwohnerzahl der Klägerin mit einer Wahrscheinlichkeit von immerhin 5% sogar noch stärker vom ermittelten Wert abweiche und demnach außerhalb des Korridors liege. Ein solcher Fall, der immerhin mit einer 5% Wahrscheinlichkeit vorliege, hätte eine Korrektur- oder zumindest eine gesonderte Überprüfungsmöglichkeit im Gesetz erfordert.

Mit den Gesetzesmaterialien sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit dem Adjektiv "angestrebt" ein subjektivöffentliches Recht der betroffenen Gemeinden statuiert habe. Dies müsse schon deshalb gelten, weil ein gesetzlich "tolerierter" einfacher relativer Standardfehler von über 0,5% mit der Folge einer Fehlerabweichung von mehr als 1% zur Abweichung der tatsächlichen von der errechneten Einwohnerzahl von mehr als 10% verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar sei. Hoppe/Spandel weisen dazu in ihrer Untersuchung darauf hin, dass mit steigendem Standardfehler die relative Veränderung der amtlichen Einwohnerzahl schlechter ausfalle. Wende man auf diese Daten eine einfache lineare Regression an, so zeige sich, dass eine Erhöhung des Standardfehlers um eine Einheit zu einer relativen Veränderung der Einwohnerzahl von -2,80% führe. Dieser Effekt sei statistisch signifikant. Dies bedeute, dass Städte die einen hohen Standardfehler aufweisen, signifikant schlechtere Ergebnisse aus dem Zensus erhalten haben. Im Umkehrschluss bedeute dies: Bei einer anderen Methode bzw. bei einer anderen Konstruktion des Zensus mit einem geringeren Standardfehler für alle Kommunen hätte es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geringere Abweichung der relativen Veränderung der Einwohnerzahlen gegeben. Davon hätte auch das Ergebnis der Klägerin profitiert.

Mittlerweile seien entsprechende Untersuchungen auch für die konsolidierten Melderegisterzahlen von Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Niedersachsen durchgeführt worden. Diese Untersuchungen hätten die Ergebnisse der Studie von Hoppe/Spandel bestätigt. Der in Anlage 1 der Klageerwiderung abgedruckte Auszug aus einem Beitrag des statistischen Bundesamtes (Blatt 136 der GA) sei mehr als ein Jahr alt und die dort aufgeführten Kritikpunkte an der Studie seien mittlerweile vollständig entkräftet worden. Deshalb müsse an ihr festgehalten werden.

Auch seien die gesetzlichen Vorgaben des Melderechts in der zum Zeitpunkt der Zensus-Erhebungen geltenden Fassung nicht beachtet worden. Dies ergebe sich bereits aus dem angegriffenen Bescheid, denn dort werde bezüglich des angewendeten Einwohnerbegriffs auf die Regelung des § 12 i. V. m. § 15 Abs. 2 des MRRG in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.04.2002 Bezug genommen. Bei § 15 Abs. 2 MRRG habe die Fassung vom 19.04.2002 aber nur bis zum 04.06.2003 gegolten.

Aus keiner der geltenden Fassungen des § 15 Abs. 2 MRRG könne die Rechtsfolge abgeleitet werden, die der Beklagte in seinem Bescheid vom 25.11.2013 behaupte, wonach aus dieser Norm abgeleitet werden könne, dass die Hauptwohnung erst ab einem Aufenthalt von sechs Monaten an Sonderanschriften anzunehmen sei. Die Klägerin bleibe deshalb bei ihrer Rechtsauffassung, dass eine frühere Meldung an einer Sonderanschrift rechtlich zulässig gewesen sei und diesbezüglich keine Korrektur des Hauptwohnsitzes hätte erfolgen dürfen. Der diesbezügliche Sach- und Rechtsvortrag des Beklagten in der Klageerwiderung, das landesrechtliche Melderecht sei selbstverständlich beachtet worden, sei nicht ausreichend, zumal der Wortlaut des streitgegenständlichen Bescheids sowie die im Rahmen der Akteneinsicht deutlich erkennbaren Korrekturen bezüglich des Wohnsitzes an Sonderanschriften eine eindeutig andere Sprache sprechen. Der Wortlaut des Bescheids sei mindestens ein ausreichendes Indiz dafür, dass die dort ausgeführte unzutreffende Rechtsauffassung auch bei den Schulungen für die Erhebungsstellen vorgegeben worden seien. Der Beklagte möge erklären, warum für die Frage, wo der Hauptwohnsitz einer Person sei, nicht das komplette Melderecht in der zum Zeitpunkt der Befragung gültigen Form verwendet worden sei. Die Einwohnerzahlfestsetzung, welche auf Korrekturen beruhe, die nicht der aktuellen und nicht der vollständigen Gesetzeslage entsprechen, sei rechtswidrig. Wenn diese Korrekturen auch noch statistisch hochgerechnet werden, lassen sich die erheblichen Abweichungen zwischen dem amtlichen Melderegister und dem Zensusergebnis zwar erklären, nicht aber rechtfertigen.

Auffällig sei, dass der Beklagte in seiner Klageerwiderung, anders als im Bescheid, nicht mehr entscheidend auf § 15 Abs. 2 MRRG abstellen möchte, sondern nun § 12 MRRG als maßgebliche Rechtsnorm ansehe. Streitig sei die behauptete 6-Monatsfrist, wozu sich in § 12 MRRG keinerlei Anhaltspunkte finden lassen. Auffällig sei weiter, dass die mittlerweile vorgelegten Fragebögen nur bei den Sonderanschriften das Datum des Einzugs abgefragt haben. Ein Student, der in einer normalen Wohnung gewohnt habe, habe demnach nach der Rechtsauffassung des Beklagten seinen Hauptwohnsitz in A. anmelden dürfen; ein Student, der zum gleichen Datum in ein Studentenwohnheim eingezogen sei, wäre jedoch verpflichtet gewesen, 6-Monate zu warten, bis er seinen Hauptwohnsitz anmelden durfte. Für diese Rechtsauffassung gebe es keine Grundlage im Gesetz.

f) Konkrete Durchführung der Befragungen:

Die in der Klageerwiderung vorgenommene Erläuterung des Vorgehens zur Existenzfeststellung von Personen bei Durchführung der Stichprobe sei an entscheidender Stelle falsch, denn das vorgeschriebene Verfahren habe in Wahrheit anders ausgesehen: Im Fall von Personen, deren Existenz auf der Namensliste noch offen gewesen sei, habe das vorgeschriebene Verfahren nach telefonischer Kontaktaufnahme mit dem LfStaD die Zustellung eines Schreibens mittels PZU vorgesehen. Wenn dieser Brief nicht zugestellt werden konnte, sei die angeschriebene Person als nicht existent gekennzeichnet worden. Dies werde durch die Rundmail Nr. 75 des LfStaD bestätigt (Blatt 151 der GA). Auf die von der Klägerseite eingereichten Flussdiagramme (Blatt 152 - 155 der GA) und auf die "Arbeitsanleitung Existenzfeststellung Haushaltsstichprobe" (Blatt 156-162) und auf die "Arbeitsanleitung Existenzfeststellung nichtsensible Sonderbereiche" (Blatt 163-169 der GA) wird Bezug genommen.

g) Messfehler bei den Befragungen:

Bei der Durchführung der Stichprobe habe die beklagtenseits gewählte Durchführung zudem Messfehler begünstigt. Die Problematik der Messfehler sei deshalb besonders wichtig, weil diese bei den Stichprobenerhebungen Verzerrungen nur in eine Richtung bewirkt haben. Es könne nämlich ausgeschlossen werden, dass eine Person, die nicht an der Stichprobenadresse gewohnt habe, fälschlicherweise in die Zählung gekommen sei, in dem der Erhebungsbeauftragte ihre Existenz festgestellt und dann die Befragung durchgeführt habe. Schließlich hätte er in einem solchen Fall die Antworten in der Befragung erfinden müssen.

Die Messfehler betreffen also nur Personen, die zwar an einer Stichprobenadresse gewohnt haben, deren Existenz vom Erhebungsbeauftragten jedoch nicht festgestellt worden sei. Hintergrund sei auch der im Gutachten beschriebene, wissenschaftlich nachgewiesene "Confirmation-Bias", also die Tendenz der Erhebungsbeauftragten, die ihnen vorliegenden Listen durch die Befragung zu bestätigen. Diese Verzerrungen wirken sich beim Zensus besonders stark aus, da die Listen der Erhebungsbeauftragten einen Stand vom 01.11.2010 aufgewiesen haben und dementsprechend alle Zuzüge, die sich in der Zeit vom 01.11.2010 bis zum 09.05.2011 in A. ergeben haben, nicht enthielten. Die Klägerin verzeichne jährlich 2.300 - 2.500 Zuzüge, die über einen Zeitraum von mehr als einem halben Jahr nicht haben berücksichtigt werden können. Den Erhebungsstellen wäre es jedoch leicht möglich gewesen, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten. Dies sei jedoch untersagt gewesen, so dass den Erhebungsstellen diese Messfehler quasi vorgeschrieben worden seien. Wenn der Erhebungsbeauftragte keinen Hinweis auf die Existenz einer Person gehabt habe, habe er auch weder eine Existenzüberprüfung noch eine Befragung durchführen können. Davon seien z. B. noch nicht geborene Kinder oder stichtagsrelevante Zuzüge betroffen gewesen, für deren Existenz es noch keine Hinweise wie Briefkastenbeschriftung oder Klingelschild gegeben habe. Es habe keine rechtliche Handhabe dazu gegeben, eine Überprüfung der Situation vor Ort durchzusetzen. Aufgrund des Fehlens eines Namens habe dann auch kein schriftliches Mahnverfahren durchgeführt werden können.

III.

Auswirkungen:

Eine erste Abschätzung der Kämmerei hinsichtlich der Auswirkungen der durch den Bescheid festgesetzten Einwohnerzahl habe ergeben, dass allein bei den Schlüsselzuweisungen (Art. 2 FAG) der Abzug von 1.591 Personen für das Jahr 2014 zu einem Unterschied von 348.641 EUR führen werde. Bis in 10 Jahren würden die Schlüsselzuweisungen unter Anwendung der streitigen Zahlen des Zensus 2011 auf 9.664.470 EUR sinken und der Klägerin würden somit jährlich 1.396.939 EUR im Haushalt fehlen. Auch bei den Finanzzuweisungen als Ersatz des Verwaltungsaufwands für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises würde der Einwohnerrückgang von 1.591 Einwohner zu Minuszuweisungen von ca. 53.000 EUR führen. Des Weiteren müsste die Klägerin auch Minderzuweisungen bei der Investitionspauschale und bei der Investitionsförderung hinnehmen.

IV.

Rechtsfolge:

In Bezug auf die gestellten Verpflichtungsanträge bestehen bei erfolgreicher Anfechtungsklage grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Die Einwohnerzahl könnte zum einen in Fortschreibung der Ergebnisse der Volkszählung 1987, zum anderen auf Grundlage des tagesaktuellen Melderegisters des klägerischen Einwohnermeldeamts festgestellt werden. Als Hauptantrag sei deshalb die näher liegende Annahme formuliert worden, dass bei Wegfall der Ergebnisse des Zensus 2011 dann auf die noch gültige alte gesetzliche Regelung und somit auf das Ergebnis des Zensus 1987 zurückzugreifen sei.

Der hilfsweise formulierte Antrag, der auf das Melderegister der Klägerin abstelle, sei deshalb vorgebracht worden, da möglicherweise die europarechtlichen Vorgaben einem Rückgriff auf die alten Zahlen des Zensus 1987 entgegenstehen. Andererseits biete das Melderegister Zahlen, die zumindest mit einer gleich hohen Wahrscheinlichkeit wie der fehlerbehaftete Zensus 2011 die tatsächliche Einwohnerzahl wiedergebe. Nach Überzeugung der Klägerin weise das Melderegister die exakte Einwohnerzahl sogar mit einer deutlich geringeren Fehlerquote aus. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sich die gesetzliche Verpflichtung des Bürgers zu einem korrekten Meldeverhalten mit ordnungsrechtlichen Maßnahmen durchsetzen lasse, wohingegen eine Existenzfeststellung durch die Erhebungsbeauftragten nicht immer verwirklichbar gewesen sei. Des Weiteren werden die Melderegister auf Grundlage der aktuellen melderechtlichen Vorschriften geführt. Der Vollzug der melderechtlichen Aufgabe unterliege dabei einer ständigen Qualitätskontrolle z. B. bei Handhabung der Wahlbenachrichtigungskarten oder bei der Zusendung der Steuer-ID-Nummer. Bei Einführung der Steuer-ID im Jahr 2007 seien die Datenbestände des Melderegisters zum Bundesamt für Steuern transferiert und der Datenbestand anschließend nach Dubletten im Detail durchsucht worden. Danach seien Zugum-Zug alle Einwohner einzeln schriftlich über die Steuer-ID verständigt worden. Postrückläufe seien durch die Meldebehörde ausnahmslos aufgeklärt worden. Bei den Wahlbenachrichtigungskarten werde jeder Postrücklauf vor Ort überprüft. Soweit weitere Wohnsitze vorhanden seien, seien die betreffenden Personen zu Um-/Abmeldung angehalten worden. In Zweifelsfällen sei regelmäßig der städtische Ermittlungsdienst beauftragt gewesen, die neuen Adressen zu ermitteln. Die Ergebnisse der Ermittlungen seien dann mit dem Melderegister abgeglichen worden. Der Rücklauf der Wahlbenachrichtigungen habe z. B. beim Volksentscheid 2010 lediglich 134 von 33.464 versendeten Benachrichtigungen betragen und somit nur 0,4%. Außerdem seien die Meldebehörden nach dem OSCI-Rückmeldeverfahren und dem XMeld Standard (MESO) verpflichtet, Rückmeldungen, d. h. Um-/Wegzüge von anderen Kommunen, innerhalb von drei Tagen durchzuführen.

Die Klägerin beantragt,

der Bescheid des Bayerischen Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung vom 25.11.2013, Az.: 44-1063.12111 FB 09361 wird aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, für die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl zum 09.05.2011 in Fortschreibung der Volkszählung 1987 auf der Grundlage von 43.529 Einwohnern (Stichtag: 31.12.2011), hilfsweise von 42.884 Einwohnern (Stichtag 09.05.2011) festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage wird abgewiesen.

Zur Begründung der Klageabweisung trägt der Beklagte im Wesentlichen vor:

D. Beklagtenvortrag:

I.

Zulässigkeit der Klage:

Hinsichtlich der Klagebefugnis sei der klägerische Vortrag dahingehend zu rügen, dass eine pauschale Nennung von Rechtsgebieten, die durch den streitgegenständlichen Verwaltungsakt möglicherweise verletzt sein könnten, nicht ausreiche. Daneben sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin Gebietskörperschaft und somit juristische Person des öffentlichen Rechts sei. Als solche sei sie nicht Grundrechtsträgerin. Eine Verletzung des Art. 3 GG sei deshalb auch nicht möglicherweise denkbar, da dieses Grundrecht juristischen Personen des öffentlichen Rechts von vornherein nicht zustehe. Eine Ausnahme bestehe lediglich hinsichtlich des Willkürverbots. Auch aus der institutionellen Garantie des kommunalen Selbstverwaltungsrechts könne die Klägerin keine subjektivöffentlichen Rechte ableiten, die über den Existenzschutz und die Garantie eines bestimmten Aufgabenkreises sowie die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft hinausgehen. Eine solche Rechtsverletzung sei hier aber nicht denkbar, da der Zensus 2011 die institutionelle Selbstverwaltungsgarantie der Kommunen weder regele, noch im Ansatz tangiere. Darüber hinaus stellen die Regelungen des ZensVorbG 2011, des ZensG 2011 und der StichprobenV sowie Art. 26 Abs. 2 BayStatG lediglich Verfahrensvorschriften dar, die keinen Individualschutz vermitteln. Diese Gesetze seien lediglich im Interesse der Allgemeinheit kodifiziert worden.

Hinsichtlich des Verpflichtungsantrags sei darauf hinzuweisen, dass die Veröffentlichung der Fortschreibung des Bevölkerungsstands kein Verwaltungsakt, sondern lediglich die Veröffentlichung eines statistischen Ergebnisses sei (vgl. VG Cottbus, vom 27.06.2013, 1 K 951/10). Wenn die Klägerin eine amtliche Einwohnerzahl in Fortschreibung der Volkszählung 1987 begehre, wäre dieses Klagebegehren allenfalls als allgemeine Leistungsklage zulässig. Die Verpflichtungsanträge seien aber in jedem Fall unzulässig, da eine entsprechende Rechtsnorm auf Feststellung der beantragten Einwohnerzahl weder erkennbar noch von der Klägerin vorgetragen sei.

II.

Begründetheit der Klage:

1. Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse:

Der Einlassung der Klägerin, die ermittelte Einwohnerzahl sei nach wie vor nicht nachvollziehbar, könne nicht gefolgt werden. Bereits vor Durchführung des Anhörungsverfahrens sei die Klägerin vom LfStaD über das Zensus- und Stichprobenverfahren informiert worden. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens seien die "Erläuterungen zum Datenblatt mit Angaben zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl der Gemeinden im Zensus 2011 und ergänzende Hinweise" übersendet worden. Ergänzend sei seit dem 06.05.2013 für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister eine Hotline mit 7 Mitarbeitern zu deren Information eingerichtet worden. Darüber hinaus seien dem LfStaD bundesweit Tagungen und Veranstaltungen der Kommunalen Spitzenverbände bekannt, in denen die Kommunen über die Rechtslage und das Zensusverfahren umfassend informiert worden seien. So seien der Deutsche Städtetag und auch der Bayerische Städte- und Landkreistag in Veranstaltungen des statistischen Bundesamtes am 26.07.2011 und am 22.05.2012 über die Methoden und das Verfahren zur Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl informiert worden. Am 30.07.2013 habe auf Einladung des Bayerischen Städtetages eine Informationsveranstaltung in München stattgefunden, in der ausführlich die Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl beim Zensus vorgestellt und das Datenblatt erklärt worden seien. An dieser Veranstaltung haben zahlreiche Gemeinden, u. a. auch die Klägerin, teilgenommen. Aus diesen Gründen könne ein vermeintliches Nichtwissen dem Beklagten nicht angelastet werden.

Auch die Behauptung der Klägerin, im Anhörungsverfahren seien zum tatsächlichen Sachverhalt keine Angaben gemacht worden, könne nicht nachvollzogen werden. Das LfStaD habe im Anhörungsverfahren das Hochrechnungsverfahren für die Klägerin im Detail erläutert und die dem Hochrechnungsverfahren zugrunde liegende Formel dargestellt. Auch seien in Anlage 2 die Zwischenergebnisse der Hochrechnungen für die Klägerin bekannt gegeben worden.

2. Formelle Rechtmäßigkeit:

Aus Sicht des Beklagten genüge der Bescheid der formellen Begründungspflicht und die festgestellte Einwohnerzahl sei sowohl nachvollziehbar als auch im Verwaltungsrechtsweg durch das In-Camera-Verfahren gemäß § 99 VwGO überprüfbar. Zwar habe die Klägerin im Rahmen ihrer subjektivöffentlichen Rechte einen Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, der ein transparentes und nachvollziehbares Verwaltungsverfahren voraussetze; dieser Anspruch beinhalte jedoch kein Recht auf uneingeschränkte Auskunft oder Akteneinsicht, die über Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG hinausgehen. Art. 29 Abs. 2 BayVwVfG bestimme, dass eine Behörde zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet sei, soweit die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen, geheim gehalten werden müssen. Die Regeln zur statistischen Geheimhaltung und zum Rückspielverbot seien deshalb zwingend zu beachten gewesen.

Ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip liege nicht vor, da der Weg zu den Verwaltungsgerichten offen stehe und das Incamera-Verfahren gemäß § 99 VwGO eine umfassende gerichtliche Kontrolle gewährleiste. Darüber hinaus bestehen keine schützenswerten Rechte der Klägerin dahingehend, das Zensusverfahren selbst und unmittelbar zu kontrollieren. Die Begründung eines Verwaltungsakts müsse die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die an Inhalt und Umfang der Begründung zu stellenden Anforderungen richten sich dabei jedoch nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets, der Art des infrage stehenden Verwaltungsakts und der für die Entscheidung im konkreten Fall maßgeblichen Gründe. Angesichts der gesetzlichen Regelungen im ZensG 2011 sowie der statistischen Geheimhaltung sei hier nicht ersichtlich, dass über die im Feststellungsbescheid enthaltenen Darlegungen eine weitere Begründung notwendig sei; insbesondere seien die begehrten Einzelangaben entbehrlich. In dem Datenblatt werden die einzelnen Schritte des Zensus bei der Ermittlung der Einwohnerzahl hinsichtlich der Klägerin exakt dargestellt. Die von der Klägerin darüberhinausgehend gewünschte Offenlegung von Stichprobenergebnissen könne aus Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG nicht abgeleitet werden, weil eine Offenlegung wegen der einzelfallbezogenen Daten unzulässig wäre.

3. Materielle Rechtmäßigkeit:

a) Nutzung der Gebäude- und Wohnungszählung:

Der Einlassung der Klägerin, die Ergebnisse der Gebäude- und Wohnungszählung seien bei großen Gemeinden überhaupt nicht genutzt worden, könne nicht gefolgt werden. Auch das Stichprobenverfahren basiere auf einem Anschriften- und Gebäudebestand, der sowohl im Anschriften- und Gebäuderegister als auch in den Resultaten der Gebäude- und Wohnungszählung enthalten sei. Daneben übersehe die Klägerin, dass das Verfahren zur Korrektur bei kleinen Gemeinden gemäß § 16 ZensG 2011 lediglich bei Anschriften mit nur einer bewohnten Wohnung herangezogen worden sei, weil dieser Verfahrensansatz nur in dieser Gebäudekategorie zu sinnvollen Qualitätsverbesserungen geführt habe. In großen Gemeinden sei eine solche Anwendung deshalb nicht sinnvoll gewesen, weil diese Kommunen in ihrer Gebäudestruktur vermehrt Mehrfamilienhäuser haben.

b) Verfassungsmäßigkeit der Gesetze und der Durchführung des Zensus:

Was die Verletzung des Rechts auf kommunale Selbstverwaltung angehe, so handele es sich nicht um ein Grundrecht, sondern um eine sog. institutionelle Garantie, die nur im "Rahmen der Gesetze" gewährleistet werde. Regelungen und Maßnahmen, die die gemeindliche Selbstverwaltung beschränkend betreffen, seien somit zu dulden, sofern das Willkürverbot beachtet und der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht verletzt werde. Die Klägerin könne sich also allein darauf berufen, dass im Rahmen der Einwohnerzahlermittlung nicht gegen das Willkürverbot verstoßen werde. Dieses sei jedoch erst dann verletzt, wenn sich kein vernünftiger oder aus der Natur der Sache ergebender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Ungleichbehandlung finden lasse (vgl. BVerfGE 1, 14, 52). Was sachlich vertretbar oder sachfremd sei, lasse sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern könne stets nur in Bezug auf die Eigenart des Sachverhalts festgestellt werden.

Daneben führe der Zensus weder zu einer Verletzung der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung und Finanzhoheit, noch tangiere er diese, weil er weder ihren Bestand noch die finanzielle Eigenverantwortlichkeit regele. Aufgrund der im Zensusgesetz normierten Methodik zur Einwohnerzahlermittlung könne von einer willkürlichen Festsetzung ebenso wenig die Rede sein wie von einer systemwidrigen Benachteiligung bestimmter Gemeinden. Genauso wie der Zensus diene der Finanzausgleich lediglich dem Interesse der Bürger, also der Allgemeinheit und nicht dem Eigenzweck der Kommunen. Der kommunale Finanzausgleich diene schließlich dazu, die Bürger gleichmäßig mit öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen zu versorgen. Weder aus dem Selbstverwaltungsrecht noch aus der Finanzhoheit könne die Anwendung einer bestimmten Methode oder eines bestimmten Verfahrens zur Feststellung der Einwohnerzahl abgeleitet werden. Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden enthalte keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand, da es den Gemeinden an einer Einwirkungsmöglichkeit auf ihre Einwohner fehle, die im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (vgl. VG Cottbus - VG 1 K 951/10; VGH Baden-Württemberg, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - DÖV 1987, 118).

c) Keine Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung:

Im Hinblick auf das unterschiedliche Verfahren müsse zunächst berücksichtigt werden, dass Art. 3 Abs. 1 GG keine Anwendung finde. Die Mittel der finanziellen Länderzuweisungen an Gemeinden sowie des Länderfinanzausgleichs dienen der Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies sei auch vor dem Hintergrund der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nicht anders zu bewerten, da diese institutionelle Garantie die Gemeinden nicht zu Grundrechtsträgern mache. Das in landesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen statuierte interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbiete nur eine willkürliche und sachlich nicht vertretbare Differenzierung. Die im Zensusverfahren gemachten Differenzierungen entsprechen jedoch dem aktuellen Stand der statistischen Wissenschaft und seien methodisch abgesichert.

Unstreitig sei, dass den Gesetzgeber auch finanzielle Erwägungen zu seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell der Einwohnerzahlermittlung geleitet haben. Die Behauptung der Klägerin, für diese Entscheidung gebe es keine hinreichenden fachlichen Gründe und Abstriche bei der Ergebnisqualität seien billigend in Kauf genommen worden, sei unzutreffend. Dass versucht worden sei, die Feststellung der amtlichen Einwohnerzahl mit einem möglichst geringen Kostenaufwand zu realisieren, gehöre zu den Grundprinzipien staatlichen Handelns. Daneben habe der Gesetzgeber eine weitere Randbedingung berücksichtigen müssen, da das Bundesverfassungsgericht im sog. Volkszählungsurteil den Gesetzgeber aufgefordert habe, bei der Planung künftiger Volkszählungen auch weichere Mittel als die vollständige Erhebung aller Bürgerinnen und Bürger zu prüfen. Im Urteil heiße es ausdrücklich: "(...) dass sich der Gesetzgeber vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen muss, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und -verarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen.Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist."

Neben diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen habe der Gesetzgeber bei seiner Entscheidung für ein differenziertes Modell auch die Ergebnisse des Zensustests berücksichtigt. Dieser Test habe gezeigt, dass die Melderegister zur Ermittlung der Einwohnerzahlen zwar grundsätzlich geeignet seien, aber angesichts der im Test festgestellten Registerfehler (bundesweite Karteileichenrate von 2,9% und eine Fehlbestandsrate von 1,7%) Maßnahmen zur Qualitätssicherung unabdingbar seien, um die Ergebnisqualität traditioneller Volkszählungen zu erreichen. Weiter habe der Test auch gezeigt, dass die durchschnittliche Karteileichenrate in großen Gemeinden mit 3,3% um 65% über der Karteileichenrate von 2,0% in kleinen Gemeinden gelegen habe. Ein ähnliches Bild habe sich auch bei den Fehlbeständen gezeigt. Hier habe die Fehlbestandsrate in großen Gemeinden mit 1,9% um rund 50% über dem Wert von 1,3% in kleinen Gemeinden gelegen.

Mithilfe der Haushaltsstichprobe lassen sich diese Registerfehler quantifizieren und damit die aus dem Melderegister ausgezählten Einwohnerzahlen entsprechend dem Qualitätsniveau korrigieren. Untersuchungen aus dem Test haben gezeigt, dass bei Anwendung der Stichprobenmethodik auf alle Gemeinden, bei kleineren Gemeinden ein überproportional hoher Anteil der Einwohner hätte befragt werden müssen, um ein repräsentatives Stichprobenergebnis zu erhalten. Gemäß dem statistischen Grundsatz, dass nicht der proportionale Auswahlsatz, sondern die absolute Zahl der ausgewählten Einheiten zur Gewinnung belastbarer Stichprobenergebnisse ausschlaggebend sei, hätte der Anteil der zu befragenden Personen mit abnehmender Gemeindegröße merklich zunehmen müssen. Er hätte in Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern nahezu einer Vollerhebung entsprochen. Damit wäre die Zielsetzung eines die Bevölkerung weniger belastenden Zensusmodells und damit letztlich die Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts nach einem "milderen Mittel" konterkariert worden.

Nach den Ergebnissen aus dem Stichprobenforschungsprojekt lasse sich durch eine Haushaltsstichprobe im Umfang von knapp 10% der Bevölkerung in Gemeinden mit 10.000 oder mehr Einwohnern die Einwohnerzahl in einer Qualität ermitteln, die vergleichbar mit traditionellen Volkszählungen sei. Die Untersuchungen aus dem Zensustest hätten daneben auch gezeigt, dass durch die Maßnahmen bei kleinen Gemeinden eine vergleichbare Qualitätssicherung erreichbar sei, wie durch die Haushaltsstichprobe bei großen Gemeinden.

Damit haben überzeugende sachliche und empirisch belegte Gründe für die Differenzierungen des Zensusmodells vorgelegen.

An der von der Klägerin angeführten Studie (Regressionsanalyse) von Hoppe/Spandel seien erhebliche Zweifel angebracht. So sei die Wahl der untersuchten Größen aus Sicht des Beklagten nicht unproblematisch. Hoppe/Spandel analysieren die Abweichungen zwischen den Einwohnerzahlen des Zensus und den Einwohnerzahlen der auf der Volkszählung 1987 basierenden Bevölkerungsfortschreibung. Hierbei fließen jedoch Effekte aus der Bevölkerungsfortschreibung ein, die mit der eigentlichen Problemstellung des Zensus nichts zu tun haben. Sehr viel aussagekräftiger wäre eine Analyse der Einwohnerzahlen aus dem Melderegister im Vergleich zu den Zensusergebnissen gewesen. Aber selbst wenn man dem Ansatz von Hoppe/Spandel folge, seien an den Schlussfolgerungen ebenfalls erhebliche Zweifel angebracht. Hierauf deuten die Auswertungen zu den Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung 1987 und der damaligen Fortschreibung sowie den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und den heutigen Fortschreibungen des Zensus 1987 hin. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden wiesen die Ergebnisse der Volkszählung 1987 für kleine Gemeinden mit +0,08% sogar ein geringfügiges Plus gegenüber den Ergebnissen der auf der Basis der Volkszählung 1970 basierenden Bevölkerungsfortschreibung auf. Demgegenüber mussten die Ergebnisse für große Gemeinden um 2,38% nach unten korrigiert werden. 2011 sei die Diskrepanz bei den Abweichungen zwischen dem Zensusergebnis 2011 und der Fortschreibung mit -0,75% bei den kleinen Gemeinden und -1,60% bei den großen Gemeinden merklich moderater ausgefallen. Obwohl seinerzeit in allen Gemeinden nach einer einheitlichen Methode vorgegangen worden sei, habe es sich also schon 1987 gezeigt, dass zwischen kleinen Gemeinden und großen Gemeinden erhebliche Qualitätsunterschiede bestehen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse lasse sich die These von Hoppe/Spandel, das Zensusmodell 2011 benachteilige systematisch große Gemeinden, nicht aufrechterhalten. Auf jeden Fall handele es sich dabei um eine wissenschaftliche Einzelmeinung, zu der der wissenschaftliche Diskurs noch nicht abgeschlossen sei. Keineswegs habe das VG Bremen festgestellt, dass das gewählte Verfahren objektiv zu Ungleichbehandlungen führe. Das Gericht habe lediglich angemahnt, dass der Gesetzgeber aufgrund seiner Aufklärungspflicht untersuchen müsse, ob, abhängig von der Gemeindegröße, unterschiedliche Ergebnisgenauigkeiten zu verzeichnen seien. Nur wenn es tatsächlich zu erheblichen Unterschieden in der Ergebnisgenauigkeit gekommen sei, werde der Gesetzgeber dies beim nächsten Zensus berücksichtigen müssen.

d) Konkrete finanzielle Einbußen der Klägerin:

Auch die von der Klägerin dargestellten finanziellen Einbußen seien so nicht korrekt. Grundsätzlich werden bei den meisten Zuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs die im Staatshaushalt jeweils zur Verfügung gestellten Mittel vollständig unter den jeweils anspruchsberechtigten Körperschaften aufgeteilt. Die Zuweisungen an die einzelnen Körperschaften hängen in ihrer Höhe unmittelbar voneinander ab. Veränderungen bei den Berechnungsgrundlagen einer Körperschaft wirken sich grundsätzlich auch auf die Höhe der Zuweisungen aller anderen Leistungsempfänger aus. Verändere sich eine Einwohnerzahl, müsse ein neuer Rechenlauf durchgeführt werden und dabei nicht nur die Einwohnerzahlen der Klägerin, sondern auch die Einwohnerzahlen aller anderen Gemeinden miteinbezogen werden. In diesem Zusammenhang müsse deshalb beachtet werden, dass im Zensus 2011 64,64% der Kommunen eine Einwohnerzahlenminderung erfahren haben. Außerdem gebe es bei den Schlüsselzuweisungen als Kernstück des kommunalen Finanzausgleichs zum Ausgleich finanzieller Nachteile durch den Bevölkerungsrückgang in einigen Landesteilen seit 2006 einen sog. Demographiefaktor.

Deshalb sei insgesamt nicht vorhersehbar, ob alternative Einwohnerzahlen im Endergebnis überhaupt zu finanziellen Verbesserungen für die Klägerin führen würden.

e) Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse:

Was die Überprüfbarkeit der Zensusergebnisse angehe, verkenne die Klägerin, dass die Beachtung des Rückspielverbots und der statistischen Geheimhaltung nicht auf der Auswahl eines bestimmten Zensusverfahrens oder einer speziellen Methode beruhe, sondern in der Materie selbst ihren Grund habe. Da personenbezogene Einzeldaten erhoben und verarbeitet worden seien, müsse der Beklagte statistische Geheimhaltungsregeln ungeachtet eines bestimmten Verfahrens zwingend beachten. Effektiver Rechtsschutz könne über das in § 99 VwGO geregelte Incamera-Verfahren gewährleistet werden. Von einer Verkürzung des Rechtsschutzes oder gar einem Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip könne keine Rede sein. Die Klägerin könne aus der Rechtsschutzgarantie keinen Anspruch auf Offenlegung personenbezogener Einzeldaten mit dem Ziel ableiten, ihr Melderegister abzugleichen und die Vorgehensweise des LfStaD im Verwaltungsverfahren zu kontrollieren. Im Hinblick auf die schutzwürdigen Belange der Auskunftspflichtigen im Zensus sei der Beklagte sogar zur Verweigerung der Akteneinsicht verpflichtet gewesen.

Die nochmalige Überprüfung von Anschriften im Rahmen des Anhörungsverfahrens sei nur bei wenigen Anschriften durchgeführt worden, weil z. B. eine hohe Zahl von Karteileichen vorgelegen habe. Bei allen anderen Anschriften haben sich die Ergebnisse der Erhebungen entweder mit den Informationen aus dem Melderegister gedeckt oder die Erhebungsergebnisse seien davon nur geringfügig abgewichen. Aus der Tatsache, dass zwei der auffälligen Anschriften fehlerhaft ausgewertet worden seien, könne nicht auf Fehler in entsprechender Größenordnung bei den unauffälligen Anschriften geschlossen werden. Beim Zusammenführen der Wohnstatusinformationen aus dem Melderegister und der Sonderbereichserhebung seien die landesrechtlichen Meldevorschriften beachtet und entsprechend umgesetzt worden.

Was die Hochrechnungsergebnisse bezüglich der einzelnen Schichten betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass nicht die Differenz aus Fehlbeständen und Karteileichen hochgerechnet worden sei, sondern die als existent festgestellten Personen d. h. es sei an jeder Stichprobenanschrift die Anzahl der existenten Personen festgestellt und diese dann mit einem anschriftenspezifischen Hochrechnungsfaktor multipliziert worden. Die Hochrechnungsfaktoren seien letztlich durch das statistische Verfahren so bestimmt worden, dass die Einwohnerzahl bestmöglich bestimmt werde. Hierfür seien Anschriften aufgrund ihrer Struktur als bedeutender eingestuft und deswegen höher gewichtet worden als andere. Deshalb könne es passieren, dass in einer bestimmten Schicht Anschriften mit tendenziell höheren Hochrechnungsfaktoren versehen worden seien. In einem solchen Falle übertreffe die in dieser Schicht hochgerechnete Einwohnerzahl die Anzahl der gemeldeten Personen, selbst wenn es in den Stichprobenanschriften dieser Schicht weder Karteileichen noch Fehlbestände gegeben habe oder wenn es wie z. B. in Schicht 4 und 8 der Klägerin mehr Karteileichen als Fehlbestände gegeben habe.

d) Dynamische Verweisung auf das Stichprobenforschungsprojekt:

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts haben im Zeitpunkt der Kodifizierung des Stichprobenverfahrens vorgelegen und sie seien der Kodifizierung auch zugrunde gelegt worden. Dies ergebe sich bereits aus Ziffer 3 der Begründung des "Entwurfs eines Gesetzes zur Anordnung des Zensus 2011 sowie zur Änderung des Statistikgesetzes" (BR-Drucks. 3/09 vom 02.01.2009). Somit sei nicht auf ein noch unbekanntes zukünftiges Forschungsgutachten verwiesen worden. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes in Bezug auf die Stichprobenziehung seien demgegenüber bekannt gewesen; es habe lediglich an ihrer Veröffentlichung gefehlt. Aus diesem Grund liege auch keine unzulässige dynamische Verweisung in § 2 Abs. 2 StichprobenV vor. Dem externen Auftragnehmer seien keine weitergehenden Befugnisse übertragen worden, sondern es sei lediglich die Berücksichtigung der sich aus dem Forschungsprojekt ergebenden Qualitätsvorgaben festgeschrieben worden. Hingegen sei die Entscheidung über das tatsächlich zur Anwendung kommende Stichprobenverfahren beim statistischen Bundesamt verblieben.

Auch müsse dem Einwand der Klägerin, die Stichprobenerhebung habe zwangsläufig zu unzutreffenden Ergebnissen geführt, generell entgegengetreten werden. Die Stichprobenerhebung sei eine geeignete Methode, da wegen der geringeren Zahl der zu befragenden Personen, auch relativ gesehen, deutlich niedrigere Fehlerquoten erreicht werden können, weil z. B. die Erhebungsbeauftragten besser geschult und betreut werden konnten und Fehler, die im Massengeschäft hingenommen werden müssen, so durch Nachbearbeitungen bereinigt werden konnten. Entsprechende Untersuchungen zu den Volkszählungen 1961 und 1970 haben gezeigt, dass auch bei Vollerhebungen mit einer Untererfassung von mindestens 1% bzw. 1,7% und einer Übererfassung von 0,5% bzw. 0,8% gerechnet werden müsse. Auch seien die deutschen Zensusergebnisse im internationalen Vergleich von hoher Genauigkeit und Güte. Qualitätsuntersuchungen für die Volkszählungen anderer Staaten (z. B. Großbritannien und Kanada) haben gezeigt, dass dort für einzelne Regionen Fehler von bis zu 3% aufgetreten seien. Durch die systembedingt höhere Genauigkeit einer Stichprobenerhebung können Zufallsfehler vermieden werden. Das durch die statistischen Landesämter entwickelte Schulungskonzept für die Interviewer und die damit verbundene Methodik zur Existenzfeststellung habe solche systematische Verzerrungen verhindern können.

e) Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften:

Hinsichtlich des relativen Standardfehlers werde auf § 7 Abs. 1 Nr. 1 ZensG 2011 hingewiesen, wonach die amtliche Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5% ermittelt werden solle. Schon aufgrund des Wortlauts der Vorschrift "angestrebt" stehe fest, dass der Wert nicht zwingend einzuhalten sei. Die Schlussfolgerung der Klägerin, der Gesetzgeber gestehe eine Ungenauigkeit im Sinne einer Intervalllänge von 838 Personen zu, sei nicht korrekt. Des Weiteren basiere die Konstruktion der hier verwendeten Konfidenzintervalle in guter Näherung auf einer Nominalverteilung, die sich mit ihrer Glockenform durch besonders schmale Enden auszeichne. Damit seien kleine Abweichungen bei Feststellung der Einwohnerzahl viel wahrscheinlicher als große Abweichungen. Es sei daher nicht möglich, diese Intervallbreite mit der Abweichung zum Melderegister von 946 Personen zu vergleichen. Generell sei zu betonen, dass auch bei einem höheren oder niedrigeren Wert für den relativen Standardfehler derselbe Wert für die amtliche Einwohnerzahl im Zensus 2011 zu erwarten gewesen sei. Deshalb werde mit dem Adjektiv "angestrebt" auch kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden begründet.

Die Forderung der Klägerin, dass der Gesetzgeber Korrektur- oder gesonderte Überprüfungsmöglichkeiten vorsehen müsse, sei geradezu abwegig. Zwar könne die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin prinzipiell auch außerhalb des Bereichs von 41.435 bis 42.441 liegen, hierfür lasse sich aber keine Wahrscheinlichkeit angeben. Deshalb sei auch eine Überprüfung nicht möglich, da die tatsächliche Einwohnerzahl der Klägerin gerade nicht bekannt sei.

Unzutreffend sei schließlich der Vorwurf, die Vorgaben des Melderechts seien im Zensus nicht eingehalten worden. Aus der amtlichen Begründung zu § 8 ZensG 2011 (BT-Drucks. 16/12219, S. 35ff.) könne entnommen werden, dass bei der Erhebung der Sonderanschriften auf einen objektivierten Einwohnerbegriff abzustellen sei. Maßgebliche Rechtsnorm sei § 12 MRRG. § 15 MRRG regele Ausnahmen zum Melderecht und eröffne in Abs. 2 darüber hinaus landesrechtliche Regelungen. § 15 Abs. 2 MRRG sei in der Zeit vom 19.04.2002 bis zum Erlass des Zensusbescheids zwar mehrfach geändert worden, aber keinesfalls, wie die Klägerin meine, in der Fassung vom 19.04.2002 außer Kraft gesetzt worden. Selbstverständlich sei das landesrechtliche Melderecht in der am 09.05.2011 geltenden Fassung angewendet worden. Da eine Unterbringung an einer Sonderanschrift nicht bedeute, dass eine Person keinen weiteren Wohnsitz habe, habe sich an die Erhebung eine Mehrfachfalluntersuchung angeschlossen. Die genaue Schrittfolge könne der Gesetzesbegründung entnommen werden (BR-Drucks. Nr. 3/09, S. 62ff.). Weil in den Meldegesetzen der Länder unterschiedliche Regelungen für die Meldepflicht bzw. Ausnahmen von der Meldepflicht in Heimen und ähnlichen Einrichtungen aber auch in Justizvollzugsanstalten vorgelegen haben, sei bei der personenbezogenen Erhebung der Daten in Sonderbereichen von einem objektivierten Einwohnerbegriff ausgegangen worden. Auf diese melderechtliche Problematik würden sich auch die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid beziehen. Der objektivierte Einwohnerbegriff sei nur im Bereich der Datenerhebung in Sonderbereichen zur Anwendung gekommen.

f) Konkrete Durchführung der Befragung:

Hinsichtlich der klägerseits geltend gemachten Rundmail Nr. 75 habe die Klägerin übersehen, dass die dort zitierte Vorgehensweise nur dann zu Anwendung gekommen sei, wenn die Fälle des Fallbeispiels 1 abgearbeitet gewesen seien. Mit dem letztendlichen Verschicken einer PZU habe die Existenz oder die Nicht-Existenz dieser Person abschließend geklärt werden sollen. Wenn die Person weder auf dem Klingelschild, noch auf dem Briefkasten gestanden habe, noch in einem anderen "geklärten" Haushalt gewohnt habe und zusätzlich auch noch die PZU unzustellbar gewesen sei, sei abschließend festgestellt worden, dass diese Person nicht mehr an der Anschrift wohne. Nichts anderes gehe aus der Rundmail vom 04.08.2011 hervor.

g) Qualitätssicherung bei den Haushaltsstichproben:

Neben der im Anhörungsverfahren durchgeführten systematischen Prüfung von Sonderanschriften, habe es auch parallel zur Erhebung qualitätssichernde Maßnahmen gegeben. Insbesondere sei bei auffälligen Befunden der Erhebungsbeauftragten hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl an einer Anschrift (ungewöhnlich hoher Anteil an Über- bzw. Untererfassungen) oder auch bei Befragungsausfällen nochmals die örtliche Erhebungsstelle mit einer eingehenden Prüfung beauftragt worden. Konkret habe auf dem Stadtgebiet der Klägerin eine Anschrift einer zusätzlichen Prüfung durch die örtliche Erhebungsstelle unterzogen werden müssen. Hierbei habe es sich um einen ungewöhnlichen Befund hinsichtlich der primärstatistisch festgestellten Personenzahl gehandelt. Allerdings sei dieser Befund durch die örtliche Erhebungsstelle bestätigt worden. Bei einer weiteren Anschrift habe es ein Problem der Abgrenzbarkeit gegeben, so dass der örtlichen Erhebungsstelle angeraten worden sei, für diese Anschrift einen stichprobenneutralen Antwortausfall zu hinterlegen. Damit seien alle gemeldeten Personen auch als existent gewertet worden. Abgrenzungsprobleme bei Stichprobenanschriften habe es immer dann gegeben, wenn eine eindeutige bauliche Trennung von Gebäuden an zwei oder mehreren Anschriften nicht möglich gewesen sei. Hierbei hätte die Gefahr bestanden, dass der Erhebungsbeauftragte zusätzlich zu der zu befragenden Anschrift auch Personen befragt hätte, die eigentlich schon an der weiteren Anschrift zu zählen seien. Damit wären durch den Abgleich mit den Registern falsche Nicht-Übereinstimmungen vorgefunden worden. In der Konsequenz seien die Wertung als stichprobenneutraler Antwortenausfall und Übernahme der Melderegister als beste Lösung dieses Problems anzusehen.

Auf das dem Gericht und den Parteien vorliegende Gutachten von Prof. Dr. K. wird Bezug genommen (Blatt 398 - 404 der GA).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 06.08.2015 und auf die Gerichts- bzw. Behördenakten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet, da die Festsetzung der Einwohnerzahl im Bescheid vom 25.11.2013 rechtmäßig war und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Einwohnerzahl an den Normalanschriften wurde mittels Hochrechnung durch ein statistisches Verfahren ermittelt, welches dem aktuellen wissenschaftlichen Methodenstand entspricht. Die dabei vorgenommene unterschiedliche Behandlung von kleinen und großen Gemeinden ist durch sachliche Gründe gerechtfertigt und folglich wird das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht verletzt. Des Weiteren enthält die Stichprobenverordnung mit deren Bezugnahme auf das Stichprobenforschungsprojekt keine verfassungswidrige Subdelegation. Die bei der Klägerin vorliegende geringfügige Überschreitung des relativen Standardfehlers um 0,1% macht die Einwohnerzahlfeststellung nicht rechtswidrig, weil den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf strikte Beschränkung des Standardfehlers zusteht und weil die gesetzlichen Qualitätsvorgaben an die Ergebnisgenauigkeit im Wesentlich eingehalten wurden. Weiter wurde die Vollerhebung an Sonderanschriften in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben des ZensG 2011 durchgeführt und dabei der Wohnstatus in weiten Teilen entsprechend dem gültigen Melderecht festgesetzt. Schließlich ist der Bescheid ausreichend begründet.

Im Einzelnen:

1. Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft und die Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO auch klagebefugt, weil die Möglichkeit einer Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

a. Der Bescheid vom 25.11.2013 ist ein Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG, was sich bereits aus seiner äußeren Gestaltung ergibt. Er wurde als "Bescheid" bezeichnet, er enthielt eine entsprechende Rechtsbehelfsbelehrung und seine äußere Gliederung in Entscheidungsformel und Begründung entspricht einem gewöhnlichen Verwaltungsakt. Somit liegt bereits ein formeller Verwaltungsakt vor, gegen den die Anfechtungsklage statthaft ist (Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 35 Rn. 16).

Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber der Klägerin eine verbindliche Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts i. S. d. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ist. Dass die Festsetzung der Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden mittels Verwaltungsakt erfolgt, war bereits bei der letzten Volkszählung in der obergerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, obwohl es damals noch keine explizite Rechtsgrundlage zum Erlass eines Verwaltungsaktes gegeben hat (vgl. VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 28; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Mittlerweile hat der bayerische Gesetzgeber reagiert und für diesen und künftige Zensus mit Art. 26 Abs. 2 BayStatG eine eigene Rechtsgrundlage für das Landesamt geschaffen, auf deren Grundlage die durch den Zensus ermittelte amtliche Einwohnerzahl gegenüber den Gemeinden verbindlich festgestellt wird. Mithin ist die Klage als Anfechtungsklage statthaft.

b. Hinsichtlich der Klagebefugnis kann sich die Klägerin auf eine mögliche Verletzung ihrer kommunalen Selbstverwaltungsgarantie aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 1 BV berufen.

Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden garantiert nicht nur deren generellen Bestand (sog. institutionelle Garantie) und eine eigenverantwortliche Aufgabenerfüllung, sondern sie umfasst gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 3 HS. 1 GG als Finanzhoheit auch das Recht der Gemeinden auf eine eigenverantwortliche Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft (BVerfG, B.v. 27.11.1986 - 2 BvR 1241/82 - juris Rn. 12) und auf eine aufgabenadäquate Finanzausstattung (BayVerfGH, E.v. 28.11.2007 - Vf. 15-VII-05 - juris Rn. 202). Die Selbstverwaltungsgarantie erschöpft sich dabei aber nicht nur in einer objektivrechtlichen Garantie, sondern sie räumt den Gemeinden auch ein subjektivöffentliches Recht dahingehend ein, sich gegen jede Art von Eingriffen gerichtlich zur Wehr zu setzen (Mehde, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 28 Rn. 45). Diese subjektive Rechtsstellungsgarantie ist nicht zuletzt wegen Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG allgemein anerkannt.

Davon ausgehend ist der Beklagte fälschlicherweise der Ansicht, der Zensus habe keinerlei Einfluss auf den Aufgabenkreis der Klägerin und tangiere deshalb ihr Selbstverwaltungsrecht nicht einmal im Ansatz. Im Gegensatz dazu greift die Feststellung der Einwohnerzahl mittelbar in die oben umrissene Rechtsstellung der Klägerin ein, weil die Finanzausstattung der Gemeinde zwar mittelbar, aber maßgeblich von der amtlich festgestellten Einwohnerzahl abhängt.

Gemäß Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden (FAG) richtet sich die Höhe der Schlüsselzuweisungen nach der Ausgangsmesszahl und diese wiederum gemäß Art. 3 Abs. 1 Satz 1 HS. 1 FAG nach der Einwohnerzahl. Somit hat die Einwohnerzahl unmittelbaren Einfluss auf die Finanzausstattung der Gemeinde. Hinzu kommt, dass die jeweils im letzten Zensus festgestellte Einwohnerzahl gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (BevStatG) die Grundlage für die Fortschreibung der Einwohnerzahlen zwischen zwei Zensus bildet. Der streitgegenständliche Bescheid beeinflusst somit über die darin festgestellte Einwohnerzahl die Schlüsselzuweisungen, die die Klägerin empfängt und dies wirkt sich auch langfristig bis zur nächsten Volkszählung aus. Schon allein deshalb berührt die Feststellung der Einwohnerzahl die Rechtsstellung der Klägerin. Neben diesen finanziellen Auswirkungen wirkt sich die Einwohnerzahl aber auch in anderen Bereichen auf die Rechtsstellung der Klägerin aus. Gemäß Art. 31 Abs. 2 Satz 2 BayGO bestimmt sich die Zahl der Gemeinderatsmitglieder nach der Einwohnerzahl und nach Art. 34 Abs. 3 BayGO wirkt sich diese auch auf die Rechtsstellung des Bürgermeisters aus. Beides sind Belege dafür, dass die festgestellte Einwohnerzahl die Klägerin sehr wohl in ihrer Rechtsstellung tangiert (vgl. dazu auch die amtliche Begründung zum Zensusgesetz, die von 50 Rechtsvorschriften spricht, bei denen die Einwohnerzahl als Bemessungsgrundlage herangezogen wird, BR-Drucks. 3/09, S. 20).

Aus diesen Gründen geht auch die Rechtsprechung zur letzten Volkszählung von 1987 davon aus, dass die Festsetzung der Einwohnerzahl einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellt, gegen den die betroffene Gemeinde mittels Anfechtungsklage vorgehen kann (vgl. BVerwG, U.v. 24.09.1992 - 7 C 33/91 - juris; VGH Mannheim, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 bzw. 6 UE 2356/89 - juris Rn. 29 bzw. 30; BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 29). Daneben ergibt sich die Klagebefugnis bei der Feststellung der Einwohnerzahl durch den Zensus auch noch mittelbar aus der Rechtsprechung zur konkreten Höhe der Finanzzuweisungen. Im Rahmen eines Streits über die Höhe konkreter Finanzzuweisungen kann nämlich die Gemeinde nach der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht mit dem Einwand gehört werden, die Ergebnisse der Volkszählung seien unrichtig und sie habe in Wahrheit eine höhere Einwohnerzahl. Diesen Einwand müssen die Gemeinden gegen das Ergebnis der Volkszählung erheben (vgl. BayVGH, U.v. 23.06.1994 - 4 B 92.3531 - juris Rn. 11). Wenn die Klägerin jedoch beim Streit über die Höhe der Zuweisungen keine höhere Einwohnerzahl geltend machen kann, muss sie dies wenigstens nach Durchführung des Zensus anbringen können. Ansonsten würden die Gemeinden bezüglich der Einwohnerzahlfestsetzung rechtsschutzlos gestellt werden. Dies wäre mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nicht vereinbar. Auch deshalb geht das Bundesverwaltungsgericht von einer Obliegenheit der Gemeinde aus, die festgestellte Einwohnerzahl im Beanstandungsfall gerichtlich überprüfen zu lassen (vgl. BVerwG, B.v. 17.03.1992 - 7 B 24/92 - juris Rn. 3).

Letztendlich schließt sich die entscheidende Kammer der soeben dargestellten obergerichtlichen und höchstrichterlichen Rechtsprechung an, die auch für den Zensus 2011 Geltung beansprucht, da sich alle Volkszählungen in ihren rechtlichen Auswirkungen auf die Stellung der Gemeinden nicht unterscheiden. Die zulässige Klage ist jedoch unbegründet, da der streitgegenständliche Bescheid auf verfassungsgemäßen Rechtsgrundlagen beruht und deren Anforderungen sowohl in formeller als auch in materieller Hinsicht gerecht wird.

2. Der Bescheid vom 25.11.2013 beruht auf §§ 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 i. V. m. Art. 26 Abs. 2 BayStatG. Danach stellt das Landesamt die zum Zensusstichtag gezählte amtliche Einwohnerzahl der Gemeinden fest und diese entspricht dabei der Gesamtzahl an Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort in der Gemeinde haben. Nachdem das Selbstverwaltungsrecht gemäß Art. 28 Abs. 2 GG dem einfachen Gesetzesvorbehalt unterliegt, war dies als Rechtsgrundlage für einen Eingriff notwendig aber auch ausreichend. Die Rechtsgrundlage erfüllt nach Ansicht der entscheidenden Kammer, wie die anderen Regelungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung auch, die notwendigen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot vor noch enthält die Stichprobenverordnung eine verbotene Subdelegation.

3. Hinsichtlich der einzelnen Ausgestaltungen des Zensusgesetzes und der Stichprobenverordnung kommt dem Gesetzgeber ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum zu.

Der Festsetzung der Einwohnerzahl kommt auf verschiedenen Gebieten erhebliches Gewicht zu. Sie ist nicht nur wegen ihrer Auswirkungen auf die finanzielle Ausstattung der Gemeinden im Rahmen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG bedeutsam, sondern sie wirkt sich über die Einteilung der Wahlkreise beispielsweise auch auf die Wahlrechtsgleichheit nach Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG aus. Deshalb ist eine möglichst genaue Bestimmung der Einwohnerzahl das vornehmliche Ziel jeder Volkszählung. Dabei ist es unvermeidbar, dass der Staat von seinen Bürgern über Befragungen Auskünfte einholt, um so ein möglichst genaues Bild über Anzahl und Zusammensetzung der Bevölkerung zu bekommen. Traditionell wird diese Aufgabe über Totalerhebungen gelöst, bei denen jede Erhebungseinheit (z. B. Personen, Haushalte, Gebäude) primärstatistisch durch Befragungen erfasst wird. Diesem Ziel stehen die Interessen der Bürger entgegen, die zum einen nicht durch umfangreiche Befragungen belastet werden wollen und zum anderen befürchten, dass der Staat sie dadurch in ihrer gesamten Persönlichkeit erfasst. Letztere Interessen werden durch die Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG und das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in Art. 2 Abs. 1 GG von der Verfassung geschützt. Somit stehen sich der Schutz der Bürger in ihrem informationellen Selbstbestimmungsrecht und das Ziel einer möglichst genauen Erfassung der Bevölkerung diametral entgegen. Deshalb muss der Gesetzgeber bei jeder Volkszählung diese beiden kollidierenden Verfassungspositionen in einen gerechten Ausgleich bringen. Dabei hat er mittels praktischer Konkordanz dafür zu sorgen, dass die gegensätzlichen verfassungsrechtlichen Positionen in ihrer Wechselwirkung erfasst und so begrenzt werden, dass sie alle möglichst weitgehend wirksam werden (BVerfG, B.v. 27.011998 - 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 28).

Gerade im Hinblick auf die Belastung der Bevölkerung hat das Bundesverfassungsgericht zur Volkszählung 1987 in seinem richtungsweisenden Volkszählungsurteil ausdrücklich ausgeführt: "Vor künftigen Entscheidungen für eine Erhebung wird sich der Gesetzgeber erneut mit dem dann erreichten Stand der Methodendiskussion auseinandersetzen müssen, um festzustellen, ob und in welchem Umfang die herkömmlichen Methoden der Informationserhebung und Informationsverarbeitung beibehalten werden können. Die Methoden der amtlichen Statistik und der Sozialforschung entwickeln sich stetig weiter. Diese Entwicklung darf der Gesetzgeber nicht unberücksichtigt lassen (...) Ebenso muss er bei der Anordnung einer statistischen Erhebung anhand des erreichbaren Materials prüfen, ob eine Totalerhebung trotz einer inzwischen fortgeschrittenen Entwicklung der statistischen und sozialwissenschaftlichen Methoden noch verhältnismäßig ist. Es reicht insoweit zur Begründung nicht aus, lediglich darauf zu verweisen, dass Volkszählungen schon immer in Form von Totalerhebungen durchgeführt worden seien." (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 179).

Anders als die Klägerin meint, ist darin ein ganz klarer verfassungsrechtlicher Auftrag an den Gesetzgeber enthalten, zu prüfen, ob die modernen Methoden der Statistik und der automatisierten Datenverarbeitung es möglich machen, andere Formen der Volkszählung zu realisieren als die der Totalerhebung. Dies hat der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zum Anlass genommen, einen grundlegenden Methodenwechsel einzuleiten. Er hat mit dem Zensustest umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchgeführt, an deren Ende er die Erkenntnis gewonnen hat, dass auch in Deutschland ein registergestützter Zensus möglich ist, der eine mit traditionellen Totalerhebungen vergleichbare Ergebnisgenauigkeit aufweist. Es ist deshalb aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, wenn sich der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums für einen registergestützten Zensus entschieden hat. Aus verfassungsrechtlichen Überlegungen heraus ist es sogar zum Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts begrüßenswert, wenn der Gesetzgeber alle Möglichkeiten ergreift, um die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren. Dies zieht auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Zweifel. Des Weiteren hat der Gesetzgeber im Rahmen des Zensustests verschiedene methodische Ansätze untersucht, welche Arbeitsschritte notwendig sind, um einen registergestützten Zensus zu realisieren.

Anhand aller vorliegender Erkenntnisse ist für das Gericht nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Dies ist erst dann der Fall, wenn eine verfassungsrechtliche Position einer anderen in einer Weise untergeordnet wurde, die in Anbetracht ihrer Bedeutung und Tragweite nicht mehr angemessenen ist (vgl. BverfG, B.v. 27.01.1998 - 1 BvL 15/87 - juris Rn. 29) oder wenn ein Verstoß gegen die interkommunale Gleichbehandlung vorliegen würde. Einen gerechten Ausgleich der kollidierenden Verfassungspositionen hat der Gesetzgeber hier dadurch geschaffen, dass der Zensus 2011 auf der einen Seite weitestgehend vorhandene Register auswertet und dadurch die Belastungen der Bevölkerung durch Befragungen auf ein Mindestmaß begrenzt; auf der anderen Seite hat er das registergestützte Erhebungsverfahren durch primärstatistische Elemente dort ergänzt, wo dies zur Qualitätssicherung notwendig war. Auch an dieser Vorgehendweise übt die Klägerin keine grundsätzliche Kritik, mit Ausnahme der Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots (vgl. dazu die Ausführungen unter Punkt 4).

Insgesamt hat der Gesetzgeber aufgrund umfangreicher Voruntersuchungen ein Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl entwickelt, welches aus verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten heraus nicht zu beanstanden ist (vgl. dazu auch die zutreffenden und überzeugenden Ausführungen des VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 37 bis 43).

4. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung zur Feststellung der Einwohnerzahl verstößt nicht gegen das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

a. Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner neueren Rechtsprechung ausführt, verbietet das interkommunale Gleichbehandlungsgebot, einzelne Gemeinden aus sachlich nicht vertretbaren Differenzierungen heraus zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Als Teil der subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen nach Art. 28 Abs. 2 GG verpflichtet es den Gesetzgeber dazu, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf einzelne Kommunen zu verteilen. Notwendig ist dabei aber nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung, sondern es kommt entscheidend darauf an, dass der Gesetzgeber bei Ausschöpfung seines Einschätzungs- und Beurteilungsspielraums eine nachvollziehbare und vertretbare Lösung wählt (vgl. BVerfG, U.v. 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11 - juris Rn. 108f). Dabei ist es, gerade im Hinblick auf den kommunalen Finanzausgleich, zulässig, die sachlich vertretbaren Verteilungsmaßstäbe nicht an der einzelnen Gemeinde, sondern generalisierend und pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden auszurichten (VerfGH NRW, U.v. 06.05.2014 - 14/11 - juris Rn. 48). Wie das Bundesverfassungsgericht ausführt, resultiert das interkommunale Gleichbehandlungsgebot letztlich aus dem Bundesstaatsprinzip und dem Rechtsstaatsgebot, welche Bund und Länder dazu verpflichten, nachgeordnete Hoheitsträger gleich zu behandeln. Deshalb kann der Beklagte nicht mit Erfolg einwenden, die Klägerin könne sich als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf den Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG berufen.

b. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und damit die soeben referierte Rechtsprechung finden auch auf die Feststellung der Einwohnerzahl sinngemäß Anwendung. Zwar werden durch die Feststellung der Einwohnerzahl keine finanziellen Mittel zwischen den Gemeinden verteilt, gleichwohl ist die Einwohnerzahl unstreitig die wichtigste Messgröße im Rahmen verschiedener finanzieller Zuteilungsentscheidungen. Der Gesetzgeber ist dann seiner Pflicht, Begünstigungen nach einem sachlich vertretbaren Maßstab zu verteilen, nicht dadurch enthoben, dass er, unabhängig von einer konkreten Verteilungsentscheidung, eine dafür abstrakte Messgröße festlegt. Deshalb und weil der Einwohnerzahl im Rahmen des Finanzausgleichs erhebliches Gewicht zukommt, muss sich auch deren Feststellung an den oben genannten Maßstäben orientieren (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 45).

Die sinngemäße Anwendung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebotes führt bei der Feststellung der Einwohnerzahl im Wesentlichen zu zwei Anforderungen, denen das Verfahren und das Ergebnis des Zensus gerecht werden muss:

Zum einen müssen die Unterschiede beim Verfahren zur Ermittlung der Einwohnerzahl sachlich gerechtfertigt sein und zum anderen darf die unterschiedliche Verfahrensgestaltung nicht zu einer wesentlich unterschiedlichen Ergebnisgenauigkeit bei der Einwohnerzahlermittlung führen. Im Hinblick auf die Bedeutung der Einwohnerzahl kommt diesem zweiten Ziel besonderes Gewicht zu. Das Gebot der Ergebnisgenauigkeit geht aber nicht soweit, dass der Zensus die Einwohnerzahl bei jeder Gemeinde mit der gleichen Fehlerquote feststellen muss. Unabhängig davon, dass dies aus faktischen Gründen nicht möglich ist, darf der Gesetzgeber Verteilungsentscheidungen pauschalierend an der Gesamtheit der Gemeinden ausrichten. Deshalb ist es ihm bei der Ermittlung der Einwohnerzahl auch nicht verwehrt ein Verfahren zu wählen, welches, generalisierend betrachtet, über alle Gemeinden hinweg zu einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit führt. Das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung wäre in diesem Zusammenhang erst dann verletzt, wenn gewichtige Anhaltspunkte dafür bestünden, dass das Ziel der wesentlich gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin verfehlt worden wäre.

Wenn es um eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei der Ermittlung der Einwohnerzahlen geht, so tauchen solche Unterschiede an zwei Punkten auf. Zum einen wurde nur bei großen Gemeinden mit über 10.000 Einwohnern gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 eine stichprobenmäßige Haushaltsbefragung durchgeführt, um die sich aus den Melderegistern ergebende Einwohnerzahl statistisch zu korrigieren. Zum anderen fand eine unterschiedliche Behandlung beider Gemeindeklassen auch bei den dauerhaften Mehrfachfällen im Rahmen des § 15 Abs. 2 und 3 ZensG 2011 statt. Aus Sicht der entscheidenden Kammer sind diese Unterschiede sachlich gerechtfertigt .

c. Die unterschiedliche Verfahrensgestaltung hinsichtlich der stichprobenmäßigen Haushaltsbefragung ist sachlich gerechtfertigt, weil zwischen Gemeinden mit über und Kommunen unter 10.000 Einwohnern hinreichende Unterschiede bei der Qualität der Melderegister bestehen. Wie Tabelle 1 des Tatbestands zeigt, steigen mit zunehmender Gemeindegröße nicht nur die Fehlbestände, sondern auch die Karteileichen. Wenn jedoch mit zunehmender Gemeindegröße die Gesamtfehlerquote in den Melderegistern ansteigt, bedarf es geeigneter Korrekturverfahren, um die Einwohnerzahl zuverlässig zu ermitteln.

Der Gesetzgeber musste sich vor Durchführung des Zensus prognostisch entscheiden, bei welchen Gemeindeklassen welche Methoden am besten geeignet sind, um insgesamt die Registerfehler auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Maßgeblich für die Entscheidung des nun vorliegenden Verfahrens war u. a. die Erkenntnis, dass bei größeren Gemeinden mit einem höheren Anteil an Mehrfamilienhäusern eine retrospektive Befragung der Einwohner wenig erfolgversprechend wäre. Deshalb entschied sich der Gesetzgeber bei großen Gemeinden zur Durchführung der Haushaltsstichprobe. Dass bei kleinen Gemeinden eine Haushaltsstichprobe zur Erlangung vergleichbarer Ergebnisse nicht notwendig ist, ergibt sich aus den Simulationsrechnungen des Zensustests. Danach kann mithilfe einer nachträglichen Befragung von in der Haushaltsgenerierung auffällig gewordenen Wohnungen eine deutliche Absenkung der Übererfassungen erreicht werden, weil in kleinen Gemeinden ein großer Teil der Bevölkerung in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt. Im Übrigen eignet sich eine Stichprobe zur Fehlerkorrektur bei kleinen Gemeinden auch deshalb nicht, weil bei jeder Gemeinde ein Mindestmaß an Anschriften befragt werden muss und dies wiederum bei kleinen Gemeinden nahezu einer Totalerhebung gleich kommen würde (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 44), was wiederum zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Bevölkerung geführt hätte.

i. Diese Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers kann die Klägerin nicht mit dem Argument in Zweifel ziehen, die Ergebnisse des Zensustests seien bei Durchführung desselben durch Verbesserungen der Melderegister mittlerweile überholt. Dieses Argument geht bereits deshalb im Ansatz fehl, weil bei einem so großen Projekt wie dem Zensus, dessen Vorbereitung und Umsetzung mehrere Jahre in Anspruch nimmt, die getroffenen Grundannahmen für wesentliche Weichenstellungen nicht ständig revidiert werden können. Eine Revision der Ergebnisse des Zensustests würde nämlich das gesamte Verfahren zur Einwohnerzahlermittlung in Frage stellen und nicht nur punktuelle Korrekturen nach sich ziehen. Der Gesetzgeber, der im Vorfeld eines Verfahrens umfangreiche wissenschaftliche und statistische Untersuchungen durchführen lässt, ist darauf angewiesen, die Untersuchungsergebnisse dem künftigen Gesetz zugrunde zu legen. Im Übrigen besteht aus Sicht der entscheidenden Kammer keine Notwendigkeit dafür, die Ergebnisse des Zensustests überhaupt in Frage zu stellen. Anders als die Klägerin meint, haben die Ergebnisse von ihrer Überzeugungskraft wenig bis gar nichts eingebüßt. Die Klägerin konnte durch ihre Einwände keine durchschlagenden Zweifel daran anbringen.

Das von ihr geltend gemachte Verfahren zum elektronischen Abgleich der Registerdaten zwischen den einzelnen Meldebehörden nach § 17 MRRG, von der Klägerin als XMeld bezeichnet, setzt nämlich ein korrektes Meldeverhalten der Bürger voraus. Die in § 17 Abs. 1 Satz 1 MRRG legal definierte Rückmeldung führt nämlich nur dann zu einer Übermittlung von Daten an die für weitere Wohnungen zuständigen Meldebehörden, wenn der Einwohner sich bei einer Meldebehörde angemeldet hat. Die im Zensustest ermittelten Fehlbestände und Karteileichen kommen dagegen hauptsächlich dadurch zustande, weil Bürger ihrer gesetzlichen Meldepflicht gerade nicht nachkommen. An dieser Hauptfehlerquelle ändert auch der elektronische Abgleich nichts. Es mag zwar sein, dass sich einige Karteileichen durch die elektronische Vernetzung aufgelöst haben, eine völlige Überholung der Ergebnisse des Zensustests ist damit aber sicher nicht verbunden. Genauso wenig kann die Klägerin die Ergebnisse des Zensustests durch die mittlerweile erfolgte Einführung der Steuer-ID in Frage stellen. In beiden Punkten beruft sich die Klägerin auf einen Bericht der länderoffenen Arbeitsgruppe "Zensustest" an die ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder. Nach Einsicht des Gerichts in diesen Bericht, kommt die entscheidende Kammer aber zu der Auffassung, dass die klägerischen Einwände unbegründet sind. Der Bericht kommt nämlich keineswegs zu den von der Klägerin reklamierten Ergebnissen.

Hinsichtlich der von der Klägerin angesprochenen Verbesserungsmöglichkeiten der Melderegister führt der Bericht aus: "Die Projektgruppe Meldewesen (...) sieht (...) keine ständige Online-Verbindung aller Meldebehörden in einem gemeinsamen Netz vor, sondern eine aufgabenbezogene Verknüpfung der Meldebehörden über elektronische Netze unter Nutzung virtueller Poststellen mit Postfächern. Daraus folgt, dass die "Vernetzung"...keine "echte" in dem Sinne ist, dass ein melderechtlich relevanter Vorgang sofort und synchron überprüft und berichtigt wird, weil dafür alle sonstigen Meldebehörden ebenfalls online sein müssten; vielmehr erfolgt die Kommunikation asynchron unter Nutzung von virtuellen Poststellen mit Postfächern und ist jeweils auf den Einzelfall und auf die einzeln anfallenden Aufgaben bezogen. Damit wird deutlich, dass von einer "Vernetzung" in o.b. Sinne keine unmittelbare Berichtigungswirkung für die Melderegister zu erwarten ist." (vgl. Seite 6 des Berichts). Zu den Auswirkungen der elektronischen Vernetzung und der Einführung der Steuer-ID führt die Arbeitsgruppe aus: "Die "Vernetzung" der Melderegister sowie die Einführung der Identifikationsnummer im Steuerrecht schaffen die Voraussetzungen dafür, dass neue Unrichtigkeiten vermieden und bisherige Mehrfacherfassungen in den Melderegistern erkannt werden können. Eine automatische Fehlerkorrektur ist damit aber in der Regel nicht möglich." (vgl. Seite 8 des Berichts). "Ob die erforderlichen Verbesserungen durch die elektronische "Vernetzung" der Melderegister und die dadurch entstehenden Möglichkeiten zu erreichen sind, lässt sich gegenwärtig noch nicht beurteilen. Zwar bieten die zusätzlichen Verfahren (...) die Möglichkeit, auf der Ebene der Melderegister Dopplungen zu erkennen und zu beseitigen, sie reichen jedoch nicht aus, um die im Zensustest festgestellte Karteileichenrate von 2,3% im Bundesdurchschnitt zu reduzieren." (vgl. Seite 10 des Berichts). Wie diesen Ausführungen zu entnehmen ist, bieten die von der Klägerin angesprochenen Instrumentarien zwar Verbesserungsmöglichkeiten, deren Auswirkungen sind aber wohl nicht so groß, dass damit die umfangreichen Untersuchungsergebnisse des Zensustests ernsthaft in Frage gestellt werden können.

ii. Daneben kann die Klägerin keine Verletzung des interkommunalen Gleichbehandlungsgebots hinsichtlich der Zensusqualität rügen. Wie oben bereits ausgeführt wurde, führt das interkommunale Gleichbehandlungsgebot nicht dazu, dass bei allen Gemeinden die gleiche Fehlerquote erzielt werden muss. Es verpflichtet den Beklagten lediglich dazu, die Einwohnerzahl bei den Gemeinden mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu ermitteln. Die Klägerin sieht solche Defizite in der Ergebnisgenauigkeit durch die Studie "Everything counts! - Warum kleine Gemeinden die Gewinner der Zensuserhebung 2011 sind?" von Hoppe/Spandel als belegt an. Dem kann sich die entscheidende Kammer nicht anschließen.

Dies liegt bereits daran, dass die Studie keine dezidierte Aussage über die Ergebnisqualität des Zensus enthält. Ausdrücklich definiert die Studie ihr Ziel dahingehend, zu klären, ob die unterschiedlichen Methoden zur Berechnung der amtlichen Bevölkerungszahl aus dem Zensus 2011 für Gemeinden unter 10.000 Einwohner und ab 10.000 Einwohnern keine signifikanten Unterschiede in der relativen Veränderung der amtlichen Einwohnerzahlen zur Folge hat (vgl. Seite 7). Ziel der Studie war es damit gerade nicht, die Qualität der Einwohnerzahlermittlung im Zensus zu untersuchen. Deshalb kann aus der Studie auch keine Aussage zur Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung abgeleitet werden (a.A. VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 47). Die Studie von Hoppe/Spandel stellt zwar die These in den Raum, die unterschiedlichen Methoden des Zensus bei Ermittlung der Einwohnerzahl führen zu einer systematischen Benachteiligung großer Gemeinden, aber die in der Studie dafür gegebene Begründung ist aus rechtlicher Sicht unbeachtlich. Die Studie leitet nämlich die systematische Benachteiligung großer Gemeinde daraus ab, dass große Gemeinden im Vergleich zu kleinen Gemeinden im Zensus größere relative Veränderungen ihrer Einwohnerzahl im Vergleich zu der Einwohnerzahl der bisherigen Bevölkerungsfortschreibung verkraften müssen. Daraus lässt sich aber nicht auf die Verletzung der interkommunalen Gleichbehandlung schließen, weil die Höhe der relativen Veränderungen dafür schlichtweg irrelevant ist. Entscheidend ist allein die Güte der neu festgestellten Einwohnerzahl und nicht, ob größere Gemeinden größere relative Veränderungen zu verkraften haben. Des Weiteren bestehen aus Sicht des Gerichts auch Zweifel an der Ursachenanalyse der Studie. Die Studie schließt nämlich die unterschiedliche Qualität der Melderegister als Ursache für den von ihr beobachteten Effekt deshalb aus, weil sich mit steigender Einwohnerzahl die relative Veränderung nicht weiter erhöht. Diese Analyse erscheint lückenhaft, weil sich die Qualität der Melderegister nicht nur durch abweichende Karteileichenraten auszeichnet, sondern die Ergebnisse des Zensustests daneben auch eine steigende Anzahl an Fehlbeständen belegt haben. Die durchgeführte Haushaltsstichprobe diente im Anschluss daran dazu, beiden Fehlerquellen zu begegnen. Die Klägerin hat bei der Haushaltsstichprobe nicht nur 1.518 Personen als Übererfassung abgezogen bekommen, sondern es wurden auch 573 Personen als Fehlbestände aufgedeckt. Da jedoch mit steigender Gemeindegröße nicht nur die Karteileichen, sondern auch die Fehlbestände ansteigen, die Stichprobe aber beiden Fehlerquellen entgegenwirkt, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer nur zu nachvollziehbar, wenn die relative Veränderung auch mit steigender Gemeindegröße konstant bleibt. Die Korrektur beider Fehlerquellen führt im Ergebnis eben zu einer konstant gleichen Veränderungsrate. Im Übrigen erscheint die Aussagekraft der Studie hinsichtlich der entscheidenden Beurteilung der Qualität des Zensus 2011 auch deshalb fragwürdig, weil überwiegend die fortgeschriebenen Bevölkerungszahlen der letzten Volkszählung von 1987 mit den nunmehr ermittelten Zahlen verglichen werden. Dadurch werden der Untersuchung aber Bevölkerungszahlen zugrunde gelegt, die über Jahrzehnte hinweg fortgeschrieben wurden und die deshalb mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine große Fehlerquote aufweisen. Daraus belastbare Aussagen zur Qualität der Einwohnerzahlermittlung des Zensus abzuleiten, kann nur bedingt überzeugen. Zwar kommt die Studie auch unter Verwendung der konsolidierten Melderegisterbestände vom 09.05.2011 zu gleichen Ergebnissen, hier lagen aber dann nur die Zahlen aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg zugrunde. Auch dabei hat das Gericht hinsichtlich der Allgemeingültigkeit der Aussagen Zweifel, weil Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg gerade die zwei Bundesländer sind, die mit jeweils 1% die beiden geringste Abweichungen des Zensusergebnisses zum konsolidierten Melderegister aufweisen (vgl. "Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick", Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646).

Vergleicht man hingegen die Abweichungen zwischen den Ergebnissen der Volkszählung von 1987 und der damaligen Fortschreibung mit den aktuellen Abweichungen zwischen dem Zensus 2011 und der heutigen Fortschreibung des Zensus 1987, so fallen die Ergebnisse ähnlich aus. Bei Anwendung einer einheitlichen Methode in allen Gemeinden haben kleine Gemeinden bei der Volkszählung 1987 einen Bevölkerungszuwachs von +0,08% verzeichnet, während große Gemeinden einen Bevölkerungsschwund von -2,38% verkraften mussten. Nach Durchführung des Zensus 2011 musste bei kleinen Gemeinden die Fortschreibung um Durchschnittlich -0,75% nach unten korrigiert werden, bei großen Gemeinden hingegen um -1,60%. Die Diskrepanz zwischen den Gemeindeklassen fiel also beim Zensus 2011 deutlich kleiner aus, als bei der Volkszählung 1987, bei der unstreitig ein einheitliches Verfahren zu Anwendung kam. Diese Zahlen stehen der von der Klägerin behaupteten systematischen Benachteiligung großer Gemeinden eindeutig entgegen und sie wurden von der Klägerin selbst auch nicht in Zweifel gezogen. Wenn sich deutschlandweit zeigt, dass kleine Gemeinden durchschnittlich einen Bevölkerungsschwund von -0,7% verkraften mussten, große Gemeinden hingegen von -1,60%, dann kann das Gericht nicht erkennen, wo der Zensus 2011 große Gemeinden systematisch benachteiligt. Dass in größeren Gemeinden eine höhere Korrektur der Zahlen notwendig ist, war bereits aus den Ergebnissen des Zensustests zu erwarten, weil die Melderegister großer Gemeinden eben eine höhere Gesamtfehlerquote aufweisen.

Letztlich konnte die Klägerin keine durchschlagenden Zweifel an dem Zensusverfahren hinsichtlich der Ergebnisqualität erwecken.

iii. Schließlich kann die Klägerin gegen die vom Gesetzgeber gewählte Verfahrensgestaltung nicht einwenden, die im Zensustest aufgedeckten Fehlerquoten der Melderegister würden, wenn überhaupt, eine unterschiedliche Verfahrensgestaltung bei Gemeinden ab 50.000 Einwohnern rechtfertigen.

Ausgangspunkt für die Rechtfertigung des gewählten Verfahrens bilden die Ergebnisse des Zensustests. Er hat gezeigt, dass mit zunehmender Gemeindegröße die Qualität der Melderegister sowohl bei den Fehlbeständen als auch bei den Karteileichen abnimmt (vgl. Tabelle 1). Dieses durch den Zensustest belegte Phänomen stellt auch die Klägerin grundsätzlich nicht in Abrede, sondern sie greift die Verfahrensgestaltung durch den Gesetzgeber mit dem Argument an, die unterschiedliche Qualität der Melderegister könnte höchstens eine Grenzziehung bei 50.000 Einwohnern rechtfertigen. Zwar ist der Klägerin dahingehend zuzugeben, dass Gemeinden ab 50.000 Einwohner tatsächlich eine noch höhere Fehlerquote aufweisen als Gemeinden ab 10.000 Einwohnern, dies führt aber gleichwohl nicht zur Verfassungswidrigkeit des Zensusgesetzes.

Zunächst ist es eine Frage der gesetzgeberischen Einschätzungsprärogative, wo er genau die Grenze für die Durchführung der Stichprobe zieht. Des Weiteren waren die unterschiedlichen Fehlerquoten in den Melderegistern nicht der einzige ausschlaggebende Grund für die Entscheidung, die Haushaltsstichprobe bei allen Gemeinden ab 10.000 Einwohnern durchzuführen. Die Haushaltsstichprobe diente nämlich nicht nur dazu, Fehler der Melderegister aufzudecken, sondern sie diente auch dazu, Zusatzinformationen über die Bevölkerung zu erlangen. Bereits die Verordnung (EG) Nr. 763/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09.07.2008 über Volks- und Wohnungszählungen verpflichtete die Mitgliedstaaten dazu, nicht nur Bevölkerungszahlen, sondern auch Daten zu familiären, sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen zu erheben (vgl. Erwägungsgrund 2). Aus diesem Grund legt die Verordnung in ihrem Anhang einen Mindestrahmen an zu erhebenden Zusatzdaten fest. Die Erhebung der Zusatzinformationen war aber nicht nur eine europarechtliche Notwendigkeit. Ein funktionierendes Staatswesen und die Politik sind darauf angewiesen, gesellschaftspolitische und wirtschaftspolitische Entscheidungen anhand aktueller Bevölkerungsdaten treffen zu können. Wie das Bundesverfassungsgericht betont, hat die Statistik erhebliche Bedeutung für die Politik, weil sie umfassende, kontinuierliche und laufend aktualisierte Informationen über wirtschaftliche, ökologische und soziale Zusammenhänge benötigt (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 159). Dies setzt aber eben nicht nur die Kenntnis der Bevölkerungsanzahl als solche voraus. Deshalb hat sich der Gesetzgeber beim Zensus 2011 zu Recht dafür entschieden, auch andere Daten neben der Einwohnerzahl zu erheben. Um bundesweit ein hinreichend aussagekräftiges Bild über die Zusatzmerkmale zu erhalten, war eine Abwägungsentscheidung zu treffen, bei der die Zusatzinformationen zwar möglichst kleinteilig ausgewertet werden können, bei der aber die Belastung der Bevölkerung und der damit einhergehende Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht auf ein möglichst geringes Maß reduziert wird. Für den Nachweis der zusätzlichen Daten ist nämlich eine Stichprobe mit 550 Adressen pro Gemeinde notwendig (vgl. "Ergebnisse des Zensustest", Statistisches Bundesamt, in: Wirtschaft und Statistik 8/2004, S. 827).

Im Rahmen seines Gestaltungsspielraums musste der Gesetzgeber somit einen gerechten Ausgleich zwischen einer möglichst detaillierten Auswertungsmöglichkeit der Zusatzinformationen und der damit verbundenen Belastung der Bevölkerung schaffen. Da mit jeder hoheitlich verbindlichen Befragung der Bevölkerung immer ein Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht einhergeht, genießt dieser Abwägungsaspekt ebenfalls Verfassungsrang. Unter Abwägung dieser beiden Rechtspositionen hat der Gesetzgeber verschiedene Modelle untersucht, die in Tabelle 2 des Tatbestands näher dargestellt sind. Daraus wird deutlich, dass die Belastung der Bevölkerung maßgeblich davon abhängt, ob die Stichprobe in allen Gemeinden durchgeführt werden soll, ob beim Zensus Zusatzmerkmale erhoben werden sollen und wie detailliert letztere auswertbar sein sollen. Schließlich hat sich der Gesetzgeber für die Variante 2.2 entschieden, weil bei Gemeinden unter 10.000 Einwohnern die Bevölkerungszahl auch ohne Stichprobe mit einer vergleichbaren Ergebnisqualität festgestellt werden kann und weil in Gemeinden ab 10.000 Einwohnern mithilfe der Stichprobe auch Zusatzinformationen mit einer vertretbaren Belastung der Bevölkerung gewonnen werden können.

Aus diesen Gründen kann die Klägerin nicht einwenden, die Grenzziehung für die Stichprobe hätte bei 50.000 Einwohner liegen müssen. Würde man sich dieser Meinung anschließen, so wären die gewonnenen Zusatzinformationen weit weniger aussagekräftig, da sie dann für eine große Anzahl an Städten und Gemeinden nicht zur Verfügung stehen würden. Die vom Gesetzgeber gewählte Grenzziehung ist somit nicht nur durch die unterschiedliche Fehlerquote der Melderegister, sondern auch durch eine sinnvolle Erlangung an Zusatzinformationen sachlich gerechtfertigt und folglich rechtlich nicht zu beanstanden.

d. Bezüglich der Mehrfachfalluntersuchung ist das Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung ebenfalls nicht verletzt. Hier muss zunächst festgehalten werden, dass die Mehrfachfalluntersuchung feingliedriger abgelaufen ist, als es das Gesetz in § 15 Abs. 2 ZensG 2011 beschreibt.

i. Gemäß § 15 Abs. 2 ZensG 2011 findet eine maschinelle Bereinigung von Mehrfachfällen nämlich grundsätzlich nur bei großen Gemeinden statt, ohne zwischen temporären und dauerhaften Mehrfachfällen zu unterscheiden. Um jedoch eine ausreichende Qualität im gesamten Zensusdatenbestand zu erreichen, musste der Beklagte diese Mehrfachfalluntersuchung aus fachlich zwingenden Gründen weiter untergliedern. In den Gesamtdatenbestand des Zensus wurden nämlich gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 - 3 ZensG 2011 drei Datenlieferungen der Melderegister eingepflegt, weil der Zensustest gezeigt hat, dass Bürger bei einem Umzug die gesetzliche Meldefrist zwar oft überschreiten, gleichwohl der Großteil der Anmeldungen in den ersten drei Monaten nachgeholt wird. Da allerdings bei den Datenlieferungen keine inaktiven Personendatensätze der Fortzugsgemeinen übermittelt wurden, tauchten Personen, deren Umzug erst mithilfe der dritten Datenlieferung vom 09.08.2011 nachvollzogen werden konnte, im Gesamtdatenbestand zweimal auf und zwar sowohl in der Fortzugsgemeinde als auch in der Zuzugsgemeinde. Streng genommen handelt es sich dabei nicht um einen echten Mehrfachfall im Sinne der gesetzlichen Definition des § 15 Abs. 1 ZensG 2011, weil die Person ihrer Meldepflicht korrekt nachgekommen ist und damit nicht mehr als eine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung vorlag. In dieser Fallkonstellation hat der Beklagte zu Recht die Datensätze mit dem älteren Einzugsdatum in allen Gemeinden - unabhängig von deren Größe - maschinell bereinigt (vgl. Sinner-Bartels, Statistisches Monatsheft Baden-Württemberg 3/2013, Seite 13).

Aus Sicht des Gerichts stellt dies auch einen Teil der prozeduralen Vorkehrungen dar, die der Beklagte von sich aus ergriffen hat, um eine ausreichende Qualität bei der Einwohnerzahlermittlung zu garantieren und damit das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Klägerin im Zuge des komplexen Ermittlungsverfahrens flankierend zu schützen. Wie die Tabelle 1 des Tatbestands, Spalte 3 zeigt, leistet die Bereinigung der temporären Mehrfachfälle einen ersten wichtigen Schritt dazu, die Karteileichenquote der Melderegister insgesamt zu reduzieren, um so zu einer vergleichbaren Ergebnisqualität in allen Gemeinden zu kommen.

ii. Nachdem gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 ZensG 2011 in allen Gemeinden Personen mit alleiniger Nebenwohnung mittels primärstatischer Befragung erfasst wurden, besteht eine echte unterschiedliche Verfahrensgestaltung nur bei den dauerhaften Mehrfachfällen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 ZensG 2011 fand nur bei großen Gemeinden eine maschinelle Bereinigung dieser Mehrfachfälle nach dem älteren Einzugsdatum statt. Was diese maschinelle Bereinigung der dauerhaften Mehrfachfälle angeht, hat der Gesetzgeber mit dem "älteren Einzugsdatum" eine eindeutige Entscheidungsregel dafür geschaffen, in welcher Gemeinde die Person mit ihrem Hauptwohnsitz zu zählen ist. Mit dieser starren aber eindeutigen Entscheidungsregel hat sich der Gesetzgeber von dem eigentlich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 maßgeblichen melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff gelöst und allein auf das Einzugsdatum abgestellt. Dies war auch deshalb sinnvoll, da ansonsten alle Mehrfachfälle im gesamten Bundesgebiet händisch mittels Befragungen hätten geklärt werden müssen, was eine registergestützte Erhebung bereits im Ansatz konterkariert hätte und auch dem verfassungsrechtlichen Auftrag, die Belastung der Bevölkerung zu reduzieren, zuwidergelaufen wäre. Bei mehreren Hauptwohnungen in mindestens einer kleinen Gemeinde fand hingegen keine maschinelle Bereinigung statt, sondern gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 ZensG 2011 wurden solche Personen mittels primärstatistischer Befragungen erfasst. Auch diese Ungleichbehandlung ist aus Sicht des Gerichts sachlich gerechtfertigt.

Wie der Zensustest gezeigt hat, unterscheiden sich kleine und große Gemeinden grundsätzlich in ihrer Wohnstruktur. Während ein Großteil der Bevölkerung in kleinen Gemeinden eher in Ein- und Zweifamilienhäusern wohnt, kommen in großen Gemeinden häufiger Mehrfamilienhäuser vor, die sich dann wiederum durch eine höhere Fluktuationsrate der Bewohner auszeichnen. Dies ist auch deshalb nachvollziehbar, da nach allgemeiner Lebenserfahrung Personen in ländlich geprägten kleineren Gemeinden, die in Ein- oder Zweifamilienhäusern wohnen, in der Regel stärker in der jeweiligen Gemeinde verwurzelt sind und sie deshalb weniger häufig ihren Hauptwohnsitz wechseln. Bei solchen kleinen Gemeinden erklärt sich die geringere Fluktuationsrate innerhalb der Hauptwohnsitze auch daraus, dass diesen Gemeinden die dafür typischen Bevölkerungsgruppen mit hoher Wechselrate wie z. B. Studenten fehlen. Dagegen trägt die Klägerin selbst vor, dass sie pro Jahr 2.300 - bis 2.500 Zuzüge verzeichnet. Mag diese Einschätzung auch nicht auf alle kleinen Gemeinden zutreffen, so ist sie dennoch nachvollziehbar und vor allem von der Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers gedeckt.

iii. Unter diesen Voraussetzungen ist es weder willkürlich noch sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei großen Gemeinden den Hauptwohnsitz maschinell über das ältere Einzugsdatum festlegt, während er bei kleineren Gemeinden mit anderer Wohnstruktur und geringer Fluktuationsrate den Hauptwohnsitz durch eine Befragung klären lässt. Für ersteres Vorgehen streitet die Vermutung, dass Personen in Gemeinden mit höheren Schwankungen ihren Hauptwohnsitz dort haben, wo sie sich zuletzt gemeldet haben. Dieser Gedanke kann aber nicht automatisch auf kleinere Gemeinden übertragen werden. Wenn letztere sich durch eine größere Kontinuität auszeichnen und weil die Verlegung des Hauptwohnsitzes in eine kleine Gemeinde meist eine bewusste Entscheidung für einen längeren Zeitraum ist, dann ist es sogar geboten, hier kein automatisiertes Verfahren mehr anzuwenden, sondern diesen Mehrfachfall durch eine Befragung primärstatistisch zu bereinigen. Letztlich legen es die unterschiedlichen Bedingungen sogar nahe, das Verfahren an die veränderten Umstände verschiedener Gemeindeklassen anzupassen. Des Weiteren hat der Zensustest auch gezeigt, dass trotz Anwendung unterschiedlicher Verfahren im Rahmen der Mehrfachfallprüfung der Bereinigungseffekt der Karteileichen über die verschiedenen Gemeindeklassen hinweg nahezu gleich bleibt (siehe Tabelle 1, Spalte 5). Damit wird das Verfahren auch dem zweiten Gebot der interkommunalen Gleichbehandlung (vergleichbare Ergebnisqualität) gerecht.

5. Der Gesetzgeber hat mit § 2 Abs. 2 StichprobenV nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG verstoßen, weil darin keine unzulässige Subdelegation enthalten ist.

a. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 ist die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates dazu ermächtigt, das Stichprobenverfahren und den Stichprobenumfang durch Rechtsverordnung festzulegen. Zu diesem Zweck trat am 01.07.2010 die Stichprobenverordnung in Kraft, welche in § 3 StichprobenV für jedes Bundesland einen individuellen Stichprobenumfang festlegt. Diesbezüglich hat auch die Klägerin keinerlei Einwände. Bezüglich des Stichprobenverfahrens ordnet dagegen § 2 Abs. 2 StichprobenV an, dass bei der Erstellung des Stichprobenplans und der Stichprobenziehung die Qualitätsvorgaben aus dem vom Statistischen Bundesamt in Auftrag gegebenen Forschungsprojekt zur Entwicklung des Stichprobenverfahrens zu berücksichtigen sind. Darin sieht die Klägerin zu Unrecht einen Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG. Ihrer Ansicht nach habe der Gesetzgeber die Ergebnisse eines Gutachtens für verbindlich erklärt, obwohl er diese noch gar nicht gekannt habe.

b. Mit diesem Einwand kann die Klägerin schon deshalb nicht durchdringen, weil die Berechnungen und Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojekts den Statistischen Landesämtern und dem Bundesministerium des Innern am 24.11.2009 und damit vor Inkrafttreten der Verordnung am 01.07.2010 übermittelt wurden (vgl. Schriftsatz des Beklagten vom 30.07.2015, Blatt 552 der GA). Dies deckt sich auch mit den Angaben in der Begründung zur Stichprobenverordnung, wonach die Vorschläge des Gutachtens zum Stichprobenforschungsprojekt von den Statistischen Ämtern der Länder und der Zensuskommission eingehend erörtert wurden (vgl. BR-Drucks. 114/10, Seite 5).

Im Übrigen regelt Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG nur, unter welchen Bedingungen ein durch Gesetz ermächtigter Erstdelegat seine Verordnungskompetenz anderen staatlichen Organen (Subdelegataren) zukommen lassen darf. Unabhängig von den konkreten Voraussetzungen an eine solche Weiterübertragung der Ermächtigung, ist es bereits umstritten, ob Private als Adressaten einer solchen Übertragung der Rechtssetzungskompetenz tatsächlich zwingend ausscheiden (dafür: Mann, in: Sachs, Grundgesetz, 7. Auflage 2014, Art. 80 Rn. 34) oder ob sie zumindest in der Funktion als Beliehene doch in Betracht kommen (vgl. Remmert, in: Maunz/Düring, Grundgesetz-Kommentar, Mai 2015, Art. 80 Rn. 84). Allerdings spielen die Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG für den vorliegenden Rechtsstreit keine Rolle, da nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine Rechtssetzungsmacht auf den Empfänger des Gutachtenauftrags übertragen wurde.

c. § 7 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 verpflichtet die Statistischen Landesämter dazu, eine Haushaltsstichprobe durchzuführen. Dabei müssen sie gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 die Qualitätsvorgaben der Stichprobenverordnung beachten. § 2 Abs. 2 StichprobenV gibt aber hinsichtlich des Stichprobenverfahrens nur vor, die Ergebnisse des Gutachtens zu "berücksichtigen". Nach Ansicht der entscheidenden Kammer sind die Statistischen Landesämter danach aber nicht strikt an die Empfehlungen des Forschungsprojekts gebunden, wenn und soweit das Stichprobenverfahren anhand wissenschaftlich fundierter Standards durchgeführt wird. "Berücksichtigen" meint nämlich seinem Wortsinn nach "bei seinen Überlegungen, seinem Handeln beachten" und "in seine Überlegungen einbeziehen". In diesem Zusammenhang ist es gesetzlich nicht ausgeschlossen, dass der Verbund der Landesämter bzw. das Bundesamt für Statistik als erfahrene Fachbehörden aus sachlich gerechtfertigten Gründen vom vorgeschlagenen Stichprobendesign abweichen. Die Fachbehörden müssen die Forschungsergebnisse nach dem Wortlaut eben nur berücksichtigen, nicht aber zwingend umsetzen. Keineswegs wird dadurch normative Rechtssetzungsmacht auf einen Privaten übertragen, womit auch ein Verstoß gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 4 GG eindeutig ausscheidet.

d. Diese rechtliche Einschätzung hat sich auch faktisch bei Durchführung der Stichprobe niedergeschlagen, weil das Bundesamt für Statistik kontinuierlich die bisherigen Forschungsergebnisse auf deren weitere Gültigkeit hin überprüft hat. Im Stichprobenforschungsprojekt waren nur Anschriften im Auswahlrahmen enthalten, an denen mindestens eine Person gemeldet war. Im Gegensatz dazu beobachtete das Bundesamt für Statistik bei Umsetzung des Zensus Anschriften, an denen laut Einwohnermelderegister keine Person gemeldet war (sog. "Nullanschriften"). Dies nahm das Bundesamt für Statistik zum Anlass, die bisherigen Forschungsergebnisse neu zu hinterfragen, um herauszufinden, ob mit dem bisherigen Stichprobendesign und der dort gefundenen Formel für den verallgemeinerten Regressionsschätzer weiter gearbeitet werden kann oder ob Anpassungen zur Qualitätssicherung notwendig sind. Zu diesem Zweck gab das Bundesamt während der Implementierungsphase des Zensus das "Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011" in Auftrag. Gegenstand des Auftrags war folgende Frage:

"Es ist vom Auftragnehmer zu untersuchen, inwieweit das Vorhandensein von Nullanschriften in der Stichprobe in Verbindung mit den realen Verteilungen von den Melderegister Übererfassungen (Karteileichen) und Untererfassungen (Fehlbeständen) eine Modifikation der im Stichprobenforschungsprojekt auf Basis von simulierten Verteilungen der Registerfehler ausgesprochenen Empfehlungen für ein Hochrechnungsverfahren angeraten sein lässt und damit zu einer Nachjustierung des derzeit in der Implementation befindlichen Hochrechnungsverfahrens führen würde." (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 1).

Ergebnis dieser Reevaluierung war, dass die Empfehlungen aus dem Stichprobenforschungsprojekt nicht revidiert werden müssen, auch wenn eine Verschlechterung der Qualität durch die unerwarteten Nullanschriften erkennbar ist (vgl. M. et al., Validierungsprojekt zum deutschen Zensus 2011, Abschlussbericht vom 06.03.2013, Seite 45). Das vom Gericht herangezogene Gutachten kommt diesbezüglich zu der Einschätzung, dass dieses Vorgehen insgesamt sinnvoll und die Quantifizierung des Schätzfehlers korrekt ist, auch wenn der Gutachter selbst ein Regressionsmodell mit einer zusätzlichen Dummyvariablen für die Nullanschriften bevorzugt hätte (vgl. Prof. Dr. K., Gutachten zur Verwaltungsrechtssache Stadt Bremerhaven gegen Freie Hansestadt Bremen, Seite 3, Blatt 399 der GA).

e. In der amtlichen Begründung zur Verordnungsermächtigung in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 heißt es wörtlich: "Aus der gutachterlichen Begründung muss hervorgehen, dass das Stichprobenverfahren unter Nutzung der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse festgelegt wurde." (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20 a.E). Daraus wird erkennbar, dass der Gesetzgeber von Anfang an die Funktion des Privatgutachtens lediglich darin gesehen hat, wissenschaftliche Erkenntnisse zur Unterstützung der Fachbehörden zu liefern. Die Verantwortung für die Ausgestaltung und Geeignetheit des Verfahrens sollte unter diesen Umständen aber beim Bundesamt für Statistik und den entsprechenden Landesbehörden verbleiben. Das Privatgutachten war nicht dazu gedacht, den Vollzugsbehörden gegenüber rechtlich verbindliche Festlegungen zu treffen. Daran lehnt sich auch der von der Klägerin in Zweifel gezogene § 2 Abs. 2 StichprobenV an, der mit seiner offenen Formulierung lediglich die Berücksichtigung der Forschungsergebnisse fordert. Dadurch wird ebenfalls ein flankierender Grundrechtsschutz zugunsten der Klägerin gewährleistet, welcher die Fachbehörden auf der einen Seite dazu ermächtigt, auf der anderen Seite aber auch dazu verpflichtet, während des Zensusverfahrens ständig zu prüfen, ob die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse aufgrund der Erfahrungen während der Umsetzungsphase noch weiterhin Gültigkeit haben können. Die gesamte Umsetzung des Zensus nahm bis zum streitgegenständlichen Bescheid ungefähr drei Jahre in Anspruch, betrachtet man den Zeitraum von der ersten Datenlieferung am 01.11.2010 bis zum Bescheidserlass am 25.11.2013. Dabei kann die Klägerin durch ihr verfassungsrechtlich verbürgtes Selbstverwaltungsrecht verlangen, dass die Ermittlung der Einwohnerzahl, die schlussendlich immer eine Schätzung bleiben wird, anhand fundierter wissenschaftlicher Methoden erfolgt. Wenn unter diesen Umständen § 2 Abs. 2 StichprobenV die Berücksichtigung von Forschungsergebnissen verlangt, damit aber gleichzeitig offen für Anpassungen bleibt, ist dies zum Schutz der Selbstverwaltungsgarantie wünschenswert.

f. Ein weiteres Beispiel dafür, dass die Fachbehörden von den Vorgaben des Forschungsprojektes zugunsten der Qualitätssicherung abgewichen sind, liefert die konkrete Umsetzung der Haushaltsstichprobe. Nach den ursprünglichen Vorgaben des Forschungsprojektes wurde zur Schätzung der Registerfehler eine Version des verallgemeinerten Regressionsschätzers gewählt und dabei eine geschichtete Stichprobe durchgeführt. Bei der Schichtung kam das Forschungsprojekt zu dem Ergebnis, dass der größte Präzisionsgewinn bei einer Aufteilung in acht Schichten festzustellen ist (vgl. Dr. B1... und B2..., "Das Stichprobendesign der Haushaltsstichprobe des Zensus 2011", in: Wirtschaft und Statistik, April 2011). In Anlehnung daran schreibt § 2 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 StichprobenV grundsätzlich eine Einteilung der Anschriften für jedes Erhebungsgebiet in acht überschneidungsfreie Schichten vor. An diese Vorgabe hat sich der Zensus auch im Wesentlichen gehalten, aber nur im Rahmen der Hauptziehung. Da diese Hauptziehung auf Daten beruhte, die sich auf einen deutlich früheren Zeitpunkt als den Zensusstichtag bezogen hatten, fanden zwei ergänzende Ziehungen statt. Dies sieht auch das Gesetz in § 7 Abs. 3 Satz 2 ZensG 2011 vor. Danach ist eine ergänzende Stichprobe zu ziehen, wenn in das Anschriften- und Gebäuderegister Anschriften mit Wohnraum in dem Zeitraum zwischen der Stichprobenziehung und dem Berichtszeitpunkt aufgenommen wurden. Der Beklagte sah sich bei Umsetzung des Zensus nun aber mit dem Problem konfrontiert, dass bei den beiden ergänzenden Ziehungen deutlich weniger Anschriften zur Verfügung standen, als bei der Hauptziehung (zum Vergleich: ca. 3,1 Mio. Anschriften bayernweit bei der Hauptziehung, ca. 24 Tsd. bei der Neuzugangsziehung und ca. 13 Tsd. bei der Ergänzungsziehung). Deshalb hat er sich aus nachvollziehbaren Gründen dafür entschieden, die Schichtung sowohl bei der Neuzugangsziehung, als auch bei der Ergänzungsziehung zu vereinfachen (vgl. die Ausführungen im Tatbestand). Augenfällig dabei ist, dass er gerade der Empfehlung des Forschungsprojektes, zur Präzisionsmaximierung in acht Schichten einzuteilen, bei den beiden ergänzenden Ziehungen nicht mehr gefolgt ist. Dies geschah jedoch keineswegs willkürlich, sondern aus fachlich zwingenden Gründen zur Sicherstellung der Qualität. Wie der Beklagte nachvollziehbar und auch von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen erläutert hat, lieferten die beiden ergänzenden Ziehungen so wenig Anschriften, dass eine Verteilung auf acht Schichten fachlich nicht mehr sinnvoll möglich und deshalb eine weniger ausdifferenzierte Schichtung notwendig war.

Letztendlich muss festgehalten werden, dass der Wortlaut des § 2 Abs. 2 StichprobenV keine verfassungswidrige Subdelegation enthält und der Beklagte zur Sicherstellung der Ergebnisqualität die Forschungsergebnisse nicht nur ständig hinterfragt hat, sondern auch davon abgewichen ist, wenn dies aus fachlichen Gründen notwendig war.

6. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch nicht wegen einer unzureichenden Begründung aus formellen Gesichtspunkten rechtswidrig. Wie die Klägerin zu Recht darlegt, muss ein Verwaltungsakt gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayVwVfG begründet werden und in der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Auch weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass wegen des Rechtsstaatsprinzips und wegen Art. 19 Abs. 4 GG die Begründung den Adressaten in die Lage versetzen soll, seine Rechte sachgemäß verteidigen zu können, um nicht nur zum bloßen Objekt des Verfahrens zu werden (vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 39 Rn. 2). Diese Anforderungen werden von der Klägerin allerdings überspannt, wenn sie von der Bescheidsbegründung erwartet, die Einwohnerzahlfestsetzung für jeden einzelnen Einwohner nachvollziehen zu können. Zu Unrecht fordert die Klägerin deshalb in der Bescheidsbegründung Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe und der Hochrechnung.

a. Zunächst muss an dieser Stelle festgestellt werden, dass aus dem Datenblatt des streitgegenständlichen Bescheids zu allen Teilen des Zensus hervorgeht, wie sich die einzelnen Bausteine auf die Einwohnerzahlfestsetzung bei der Klägerin ausgewirkt haben. Sowohl bei der Mehrfachfalluntersuchung, den Sonderbereichserhebungen als auch bei der Haushaltsstichprobe wird aufgelistet, wie viele Personen jeweils als Über- oder Untererfassungen verbucht wurden. Bezüglich der Stichprobe geht aus dem Datenblatt daneben hervor, wie viele Anschriften in die Stichprobe gezogen wurden, wie viele Personen befragt wurden und wie hoch die Anzahl an Fehlbeständen, Karteileichen und paarigen Personen vor der Hochrechnung war. Darüber hinaus kann der Verwaltungsakte die Formel zur Hochrechnung der Einwohnerzahl (Blatt 62), die Zwischenergebnisse der Hochrechnung (Blatt 64) und die Zwischenergebnisse der Hochrechnung pro Schicht (Blatt 65) entnommen werden. Zuzugeben ist der Klägerin darin, dass weder sie noch das Gericht anhand der einzelnen Einwohner nachvollziehen können, wie diese Zahlen genau zustande kommen. Dies war hier aber aus zwingenden tatsächlichen und verfassungsrechtlichen Gründen weder möglich noch rechtlich geboten.

b. Welchen Inhalt und Umfang die Begründung eines Bescheids haben muss, richtet sich nach den Besonderheiten des jeweiligen Rechtsgebiets und den Umständen des Einzelfalls (BVerwG, U.v. 14.10.1965 - II C 3.63 - juris Rn. 31; BVerwG, U.v. 20.02.1990 - 1 C 42/83 - juris Rn. 34). Die Begründungsanforderungen an einen Bescheid erfüllen keinen Selbstzweck, sondern sie müssen sich immer an der jeweiligen Einzelmaterie orientieren. Letztlich können nur dort erhöhte Anforderungen an die Bescheidsbegründung gestellt werden, wo dies rechtlich zulässig ist und für den Bescheidsempfänger auch einen Erkenntnisgewinn bedeutet.

Vorliegend sind der Bescheidsbegründung verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt, weil der Zensus nicht nur die Rechte der Klägerin tangiert, sondern auch die Rechte der von der Volkszählung betroffenen Bürger. Wie das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich zur Volkszählung von 1987 entschieden hat, bedarf es bei Durchführung und Organisation der Datenerhebung und Datenverarbeitung besonderer Vorkehrungen, da die Informationen während der Phase der Erhebung und Verarbeitung noch individualisierbar sind. Von besonderer Bedeutung für statistische Erhebungen sind wirksame Abschottungsregeln nach außen. Für den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ist die strikte Geheimhaltung der zu statistischen Zwecken erhobenen Einzelangaben unverzichtbar, solange ein Personenbezug noch besteht oder herstellbar ist. Gleiches gilt für das Gebot einer möglichst frühzeitigen Anonymisierung, verbunden mit Vorkehrungen gegen eine Deanonymisierung (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 163).

Bereits an dieser Stelle wird deutlich, warum die klägerische Forderung nach Einzelangaben zu den Ergebnissen der Stichprobe rechtlich unhaltbar ist. Das Gebot der Abschottung der Statistik und das Gebot der möglichst frühzeitigen Anonymisierung stehen dieser Forderung eindeutig entgegen. Die Klägerin kann nicht ernsthaft für sich in Anspruch nehmen, durch die Hintertür der Begründungspflicht, das verfassungsrechtlich notwendige Statistikgeheimnis aufzuweichen. Wenn sie Einzelangaben zu den Erhebungsergebnissen für deren Nachvollziehbarkeit fordert, negiert sie insbesondere das Gebot der Anonymisierung, weil sie nur durch konkrete Angaben auf Personenebene die Ergebnisse tatsächlich kontrollieren könnte. Daneben würde die Preisgabe von personenbezogenen Daten an die Klägerin die wirksamen Abschottungsregeln der Statistik bedeutend aufweichen. Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil ausgeführt hat, bedarf es zur Sicherung des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Bürger bei Durchführung einer Volkszählung ergänzender verfahrensrechtlicher Vorkehrungen im Rahmen der Durchführung und Organisation (vgl. BVerfG, U.v. 15.12.1983 - 1 BvR 209/83 - juris Rn. 191ff.). Die Daten müssen gelöscht werden, wenn sie nicht mehr zu statistischen Zwecken benötigt werden. Bis dahin müssen sie unter besonderem Verschluss gehalten werden, was sowohl Verschlüsselungspflichten als auch Zugangsbeschränkungen nach sich zieht. Insbesondere die letzten beiden Gebote wären erheblich gefährdet, wenn der Beklagte Einzelangaben zu den Erhebungen an die Klägerin weitergibt.

Zwar leidet darunter unstreitig die Nachvollziehbarkeit der Einwohnerzahlfeststellung, dies ist jedoch hinzunehmen. Unter Abwägung der Rechtsschutzgarantie der Klägerin mit dem Schutz der persönlichen Daten unzähliger Bürger, kann die Rechtsschutzgarantie der Klägerin zumindest nicht so weit gehen, dass sie Einblick in Einzelangaben zu den Erhebungsvorgängen bekommt. Aus diesem Grund war der Beklagte nicht dazu befugt, die von der Klägerin begehrten Einzelangaben zur Durchführung der Stichprobe preiszugeben. Des Weiteren ist unklar, welche Einzelangaben die Klägerin diesbezüglich überhaupt begehrt und welchen Erkenntnisgewinn sie sich davon verspricht. Wie oben im Tatbestand beschrieben, diente die Befragung der Haushaltsstichprobe grundsätzlich nicht dazu, den Wohnstatus der befragten Person festzulegen. Die Haushaltsstichprobe hatte bezüglich der Einwohnerzahlfeststellung lediglich die Aufgabe zu prüfen, ob die an einer Anschrift gemeldeten Person auch tatsächlich dort existent ist oder nicht. Deshalb fand, außer bei entdeckten Fehlbeständen, keine rechtliche Bewertung statt, die möglicherweise dann fehlerhaft hochgerechnet wurde. Die Klägerin würde auch bei Einsicht in die Fragebögen der Haushaltsstichprobe weiterhin nicht nachvollziehen können, wie die 1.518 Übererfassungen zustande gekommen sind und gerade diese Übererfassungen sind für die Klägerin erkennbar der wichtigste Punkt des Rechtsstreits. Um dies nachvollziehen zu können, müsste die Klägerin die Stichprobe quasi wiederholen, weil sie an jeder Stichprobenadresse die dort wohnhaften Personen erfassen müsste. Dies stößt aber schon aus faktischen Gründen auf erhebliche Probleme, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses am 25.11.2013 nicht mehr flächendeckend nachvollziehen kann, ob eine Person zum Berichtszeitpunkt am 09.05.2011 an der Stichprobenanschrift wohnhaft war oder nicht. Erschwerend kommt noch hinzu, dass die Klägerin das Endergebnis selbst nach Aufsuchen der Stichprobenanschriften nicht nachvollziehen könnte, weil die endgültige Anzahl der Über- und Untererfassungen erst mit der Mehrfachfalluntersuchung feststeht. Um auch dies nachvollziehen zu können, bräuchte die Klägerin nicht nur einen Einblick in die Erhebungsunterlagen ihres Gemeindegebiets, sondern sie bräuchte Einblick in den Gesamtdatenbestand des Zensus, wo die Daten aller Melderegister des Bundesgebiets zusammengefasst wurden. Erst dann würde sich die von ihr geforderte Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses erschließen. Hier wäre dann das informationelle Selbstbestimmungsrecht aller gemeldeter Bundesbürger betroffen. An diesem Punkt wird deshalb besonders deutlich, dass die Rechtsschutzgarantie der Klägerin nicht so weit reichen kann, weil ansonsten die widerstreitenden verfassungsrechtlichen Rechtspositionen nicht in einen gerechten Ausklang gebracht wären, sondern sich die Rechtsschutzgarantie zulasten der Bürgerrechte weitestgehend durchgesetzt hätte.

c. Auch wenn darunter die Nachvollziehbarkeit der Entscheidung leidet, so ist die Klägerin nicht rechtsschutzlos gestellt. Zum einen kann die Klägerin schon aus dem Bescheid die einzelnen Rechenschritte nachvollziehen und zum anderen hat die Klägerin auch durch das gerichtliche Verfahren weitere Einblicke in die Einwohnerzahlfeststellung erhalten. So hat das gerichtliche Verfahren beispielsweise aufgeklärt, wie viele sensible und nichtsensible Sonderbereiche es auf dem klägerischen Gemeindegebiet gegeben hat, wie viele Personen dort befragt wurden und wie viele Personen dort mit Hauptwohnsitz gezählt wurden. Hier hat die Klägerin keine Einwände erhoben, sondern es hat sich herausgestellt, dass der Zensus mehr Sonderbereiche entdeckt hat, als die Klägerin selbst identifizieren konnte. Des Weiteren hat der Beklagte mitgeteilt, wie viele Personen vor und nach der Erhebung bei der Justizvollzugsanstalt und bei "Bundeswehranschriften" gezählt wurden, an wie viel Prozent der Anschriften eine Haushaltsstichprobe durchgeführt wurde, wie viele Anschriften in der jeweiligen Ziehung ausgewählt wurden und bei wie vielen Haushalten im Rahmen der Stichprobe die Existenzfeststellung mittels Postzustellungsurkunde durchgeführt werden musste.

Daneben hat der Beklagte zum Ausgleich der statistischen Geheimhaltung prozedurale Vorkehrungen getroffen, um die Selbstverwaltungsgarantie der Klägerin bei Durchführung des Zensus zu schützen. Zum einen wurde die endgültige Anzahl an Karteileichen und Fehlbeständen erst durch einen Abgleich mit dem bereinigten Melderegister festgelegt. Dadurch konnte ein vom Erhebungsbeauftragten festgestellter Fehlbestand gegenüber der Melderegisterlieferung vom 01.11.2010 noch zu einem paarigen Datensatz werden. Zum anderen hat der Beklagte bei der Implementierung der Ergebnisse der Haushaltsstichprobe bestimmte Schwellenwerte eingezogen, ab denen die Anschriften nochmals überprüft wurden. Danach lagen auffällige Anschriften vor, wenn die Anzahl der nichtpaarigen ≥ 5 und der Anteil der nichtpaarigen ≥ 0,2 war oder wenn an der Anschrift kein paariger Datensatz vorlag. In diesen Fällen wurde die örtliche Erhebungsstelle nochmals mit einer Prüfung der Anschrift beauftragt. Daneben enthielt auch das Stichprobendesign Vorkehrungen, um bei der Auswahl der Anschriften extremen Gewichtungen einzelner Schichten vorzubeugen. Der prozentuale Auswahlsatz der jeweiligen Schicht wurde nämlich nicht nur unter Verwendung der optimalen Allokation festgelegt, sondern die statistischen Ämter des Bundes und der Länder haben, abhängig von der Gemeindegrößenklasse, vor Ziehung der Anschriften für jede Schicht einen minimalen und maximalen Auswahlsatz vorgegeben (sog. "Box Constraints"). Diese Vorgaben wurden bei der Klägerin eingehalten und sie sicherten auch eine gleichbleibende Präzision der Hochrechnung unter den verschiedenen Gemeinden ab. Des Weiteren hat der Beklagte Vorkehrungen in Bezug auf die Umsetzung des Zensus getroffen, indem er Erhebungsbeauftragte umfangreich geschult hat, Unterlagen auf Vollständigkeit und Vollzähligkeit geprüft hat und den Erhebungsbeauftragten Dokumentationspflichten auferlegt hat (vgl. dazu z. B. das Fachkonzept zur Erhebung an Sonderanschriften, II und III). Dort ist umfassend dargestellt, welche Vorbereitungsarbeiten unternommen wurden, wie die Vollzähligkeit der Fragebögen kontrolliert und logistisch bewältigt wurde, wie die konkrete Durchführung der Befragung mit evtl. notwendigen Mahnungen abzulaufen und wie die Aufbereitung der Ergebnisse mittels EDV zu erfolgen hat.

Aber nicht nur während der Durchführungsphase des Zensus, sondern auch danach hat der Beklagte die Ergebnisse überprüft. Während des Anhörungsverfahrens der Klägerin hat der Beklagte eine Recherche zu auffälligen Anschriften durchgeführt. Dabei wurden alle Sonder- und Stichprobenanschriften als auffällig angesehen, die mehr als fünf Karteileichen aufgewiesen haben sowie Stichprobenanschriften, die als "Ausfall" (im Widerspruch zum Melderegister nicht bewohnt oder gewerblich genutzt) gewertet worden sind. Hier kam es dann zu einer Korrektur der Einwohnerzahl um 27 Personen.

d. Letztlich muss die Klägerin akzeptieren, dass der Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses verfassungsrechtliche Grenzen gesetzt sind. Der Gesetzgeber hat sich in rechtlich nicht zu beanstandender Weise beim Zensus 2011 dafür entschieden, über die Mehrfachfalluntersuchung sicherzustellen, dass jede Person im Bundesgebiet nur mit einem Hauptwohnsitz gezählt wird. Um dies sicherstellen zu können, war ein bundesweiter Abgleich notwendig, der nur mit einer Datenbank zu bewerkstelligen war, die Personendatensätze sämtlicher Bundesbürger enthielt. Nach Ansicht des Gerichts könnten die Gemeinden ihr jeweiliges Ergebnis nur dann tatsächlich nachvollziehen, wenn sie auch Einblick in diesen Datenbestand bekommen würden. Da aber der Aufbau eines bundesweiten Personenregisters einen tiefen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürger darstellt, ist diesbezüglich eine strikte Geheimhaltung verfassungsrechtlich geboten, die höher zu bewerten ist, als die weitere Aufklärung des Ergebnisses für die betroffenen Gemeinden. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer waren die im Bescheid und im gerichtlichen Verfahren gemachten Einzelangaben zur Einwohnerzahlfeststellung ausreichend, um der Begründungspflicht nachzukommen.

7. Ferner kann die Klägerin die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlermittlung auch nicht mit ihren Einwänden gegen die konkrete Durchführung der Stichprobe in Zweifel ziehen.

a. Zunächst rügt die Klägerin bei Durchführung der Stichprobe, dass es zur Verwendung von Registerauszügen mit dem Stand 01.11.2010 gekommen ist. Ihrer Ansicht nach konnten deshalb Untererfassungen nicht präzise dokumentiert werden. Dem muss bereits aus rechtlichen Gesichtspunkten heraus entgegengehalten werden, dass das Zensusgesetz und die Stichprobenverordnung keine rechtlichen Vorgaben bezüglich der Arbeitsweise der Erhebungsstellen machen. Aus diesem Grund unterliegt es grundsätzlich dem Verfahrensermessen der vollziehenden Behörden, wie sie die Stichproben konkret umsetzen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - juris Rn. 68). Gemäß Art. 10 Satz 1 BayVwVfG ist das Verwaltungsverfahren nicht an eine bestimmte Form gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften bestehen. Steht jedoch damit die Gestaltung des Verfahrens im Ermessen der Behörde, besteht kein Anspruch auf eine bestimmte Verfahrensgestaltung, solange keine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt (Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage, 2014, § 10 Rn. 18). Eine solche Ermessensreduzierung auf Null behauptet jedoch auch die Klägerin hinsichtlich der Aktualität der Melderegisterauszüge nicht. Sie hält es zwar für zweckmäßiger, die Erhebungsbeauftragten mit aktuellen Listen auszustatten, dies reicht aber für eine Ermessensreduzierung nicht aus. Hinzu kommt, dass die statistischen Ämter der Länder und das Bundesamt für Statistik als Fachbehörden über einen großen Erfahrungsschatz bei Durchführung von Befragungen verfügen und deshalb ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie sich dafür entscheiden, die Erhebungsbeauftragten mit Melderegisterauszügen als Hilfsmittel auszustatten. Daneben muss an diesem Punkt berücksichtigt werden, dass die konkrete Umsetzung der Stichprobe einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hat. Schon aus organisatorischen Gründen heraus können die Erhebungsbeauftragten nicht jedes Mal für die aktuell anstehende Stichprobenadresse mit einem aktuellen Melderegisterauszug ausgestattet werden. Demgegenüber ist es nachvollziehbar, wenn die Erhebungsbeauftragten vor Durchführung der Stichprobe im Rahmen der Vorbereitungsarbeiten mit einem Melderegisterauszug ausgestattet werden, der bei allen Erhebungsbeauftragten den gleichen Stand aufweist. Im Übrigen ist die Kritik der Klägerin hinsichtlich der von ihr befürchteten unzureichenden Dokumentation von Untererfassungen nur wenig nachvollziehbar. Die Klägerin vermutet nämlich, dass bei ihr wegen der älteren Melderegisterauszüge die Stichprobe zu wenig Untererfassungen festgestellt hat, wenn an der Anschrift sonstige Hinweise auf die neu zugezogene Person gefehlt haben. Dies ist aus Sicht der entscheidenden Kammer deshalb praxisfern, weil in der Regel neu zugezogene Personen sehr rasch ihren Namen am Briefkasten, Klingelschild oder Türschild anbringen. Nur vernachlässigbar wenige Personen werden wohl an einer Anschrift wohnen und dies nicht einmal am Briefkasten kenntlich machen. Im Übrigen hätte die Klägerin in diesem Fall auch keinen Vorteil daraus ziehen können, wenn die Erhebungsbeauftragen mit neueren Listen ausgestattet gewesen wären. Wäre nämlich die neu zugezogene, aber an der Anschrift nach außen nicht erkennbare Person bereits gemeldet gewesen und damit auf der Liste vermerkt, hätten die Erhebungsbeauftragen diese Person als Übererfassung verbuchen müssen. Damit wäre der Klägerin zu Unrecht ein Einwohner abgezogen worden. Schließlich waren die Erhebungsbeauftragen ausdrücklich dahingehend geschult worden, die Listen lediglich als Hilfsmittel bei der Erfassung der Stichprobenadresse zu verwenden. Grundsätzlich waren sie angehalten, alle an einer Anschrift wohnenden Personen zu erfassen. Des Weiteren kann die Klägerin in diesem Zusammenhang nicht überzeugend anbringen, in Rheinland-Pfalz weisen die Zensusergebnisse deshalb geringere Differenzen zu den Melderegisterzahlen auf, weil dort den Erhebungsbeauftragen aktuelle Listen zur Verfügung gestanden hätten. Zum einen kann der klägerseits angegebenen Quelle nicht entnommen werden, welchen Stand die Listen in Rheinland-Pfalz tatsächlich hatten. Zum anderen ist Rheinland-Pfalz, neben Baden-Württemberg, das Land, mit der geringsten Abweichung der Bevölkerungszahl des Zensus gegenüber dem Melderegister. Dort weichen die Zahlen des Zensus nur um 1,0% von den Melderegistern ab, während der Bundesdurchschnitt bei 1,7% liegt (vgl. "Die ersten Ergebnisse der Bevölkerungszählung im Überblick", Statistisches Monatsheft Rheinland-Pfalz 2013/07, Seite 646). Deshalb können daraus keine verallgemeinerbaren Aussagen abgeleitet werden.

b. Was die Verwendung von Melderegisterauszügen bei Durchführung der Stichprobe angeht, kritisiert die Klägerin weiter, dies habe die Erhebungsbeauftragen dazu verleitet, die Liste bei ihren Untersuchungen zu bestätigen und daneben weiter keine Nachforschungen mehr anzustellen. Dies habe sich ausschließlich zu ihren Lasten ausgewirkt, da davon nur Personen betroffen sein können, die zwar an der Stichprobenanschrift gewohnt haben, vom Erhebungsbeauftragen jedoch nicht festgestellt worden seien.

Zuzugeben ist der Klägerin dahingehend, dass das Phänomen des "Confirmation Bias" tatsächlich besteht und auch von dem gerichtlich beigezogenen Gutachten beschrieben wird. Dieser Kritik muss aber zunächst entgegengehalten werden, dass niemand verlässlich das Ausmaß dieses Fehlers abschätzen kann. Letztlich sind alle Volkszählungen, sei es in Form traditioneller Vollerhebungen oder in registergestützter Form, fehlerbehaftet. Der "Confirmation Bias" ist dabei nur ein Effekt, der wie andere Fehlerquellen auch, bei einer Massenerhebung ganzer Bevölkerungen hingenommen werden muss. Die Klägerin hat keinen rechtlichen Anspruch darauf, dass die Erhebung der Einwohnerzahl fehlerfrei abläuft, da dies faktisch nicht möglich ist. Aus Sicht der entscheidenden Kammer stehen diesem Nachteil auch Vorteile gegenüber, die die Verwendung der Listen als sinnvoll erscheinen lassen. Durch die Listen können die Erhebungsbeauftragen die zu untersuchende Anschrift eindeutig identifizieren und sie erhalten einen ersten Anhaltspunkt dafür, welche Personen sie voraussichtlich antreffen werden. Die Erhebungsbeauftragen wurden bei der Verwendung der Listen darauf aufmerksam gemacht, diese lediglich als Hilfsmittel einzusetzen. Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Erhebungsbeauftragte die Liste lediglich "abgearbeitet" haben, ohne nach weiteren Personen zu suchen. Ob sich dieser Effekt durch die Verwendung von aktuellen Melderegisterauszügen abgeschwächt hätte, kann ebenfalls nicht seriös beantwortet werden. Wie oben bereits dargelegt, liegt es nach Ansicht des Gerichts eher fern, dass neu eingezogene Personen gar nicht nach außen erkennbar sind. Zumindest wird dies wohl kein Phänomen sein, welches sich flächendeckend stellt. Dies vorausgeschickt, hätten auch neuere Listen nichts an dem Effekt des "Confirmation Bias" geändert. Wenn sich ein Erhebungsbeauftragter tatsächlich nur auf die Abarbeitung seiner Liste beschränkt und eine Person nach außen nicht erkennbar ist, dann wird er diese Person entweder als Übererfassung verbuchen oder keinen Fehlbestand diesbezüglich erkennen. Aus diesem Grund hat das Datum der verwendeten Listen wohl keinen maßgeblichen Einfluss auf den "Confirmation Bias".

Im Gegensatz dazu zeichnen die Auswertungen der Wiederholungsbefragungen auf dem klägerischen Gebiet ein positives Bild der Haushaltsstichprobe. Auch wenn der geringe Stichprobenumfang der Wiederholungsbefragungen keine belastbaren Rückschlüsse für einzelne Gemeinden zulässt, so können die vom Beklagten vorgenommen Fallzahlauswertungen gleichwohl als Indiz zur Abschätzung der Größe des Messfehlers bei der Klägerin herangezogen werden. Hinsichtlich des klägerischen Gemeindegebiets kommen die Haushaltsstichprobe und die Wiederholungsbefragung bei 95,8% der Personen zu übereinstimmenden Ergebnissen. Aus diesem Grund bestehen keine Indizien dafür, dass sich der "Confirmation Bias" bei der Klägerin in einem nicht mehr hinzunehmenden Maße ausgewirkt hat. Diesbezüglich ist die Haushaltsstichprobe bei der Klägerin unauffällig und deshalb bestand auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 86 Abs. 1 VwGO kein Grund dafür, weitere Ermittlungsmaßnahmen seitens des Gerichts bezüglich der Haushaltsstichprobe durchzuführen.

c. Ebenso unbegründet ist das konkrete Vorbringen der Klägerin bezüglich der Existenzfeststellung von Personen. Sie versucht mit Hilfe der von ihr zitierten Rundmail Nr. 75 zu belegen, dass eine Person als nicht existent gekennzeichnet wurde, wenn ein Brief mittels Postzustellungsurkunde nicht zugestellt werden konnte. Dieser Kritikpunkt ist für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich. Der Beklagte hat auf gerichtliche Nachfrage ausgeführt, dass ihm auf dem klägerischen Stadtgebiet lediglich drei Haushalte bekannt seien, bei denen mittels Postzustellungsurkunde die Existenzfeststellung durchgeführt wurde. In allen diesen Fällen sei die Existenz der Person festgestellt worden. Aus diesem Grund hat die Klägerin bei Auszählung der Hauptwohnsitze keinen Nachteil erlitten, weswegen auch hier die genauen Arbeitsabläufe des Beklagten nicht näher aufzuklären waren.

Genauso unbegründet ist die Kritik der Klägerin, bei Durchführung der Haushaltsstichprobe sei der Hauptwohnsitz entgegen den einschlägigen Vorschriften des Meldegesetz festgelegt worden. An dieser Stelle muss zunächst auf § 7 Abs. 1 Satz 3 ZensG 2011 hingewiesen werden. Obwohl die bei der Haushaltsstichprobe zum Einsatz gekommenen Erhebungsbögen Fragen zum Haupt- und Nebenwohnsitz enthalten haben, wurde das Befragungsergebnis nicht dazu verwendet, den Wohnstatus im Melderegister der Person zu überprüfen bzw. zu korrigieren. Die Haushaltsstichprobe beschränkte sich vornehmlich darauf zu prüfen, ob die gemeldete Person an der Anschrift existent ist oder nicht. In diesen Fällen kam es nicht zu einer melderechtlichen Bewertung bei Auswertung der Erhebungsbögen. Nur bei Personen, die bislang nicht im Melderegister gemeldet waren, bei der Haushaltsstichprobe aber angetroffen wurden, wurde der Wohnstatus mithilfe der Erhebungsbögen festgelegt. Maßgeblich dafür waren die Fragen 12 und 13 (Frage nach weiteren Wohnungen, Frage nach dem Hauptwohnsitz). Hat die befragte Person angegeben, an der Stichprobenanschrift ihren Hauptwohnsitz zu haben, wurde sie auch mit Hauptwohnsitz gezählt. Gab sie hingegen an, dort nur einen Nebenwohnsitz zu führen, wurde sie nur mit Nebenwohnung gezählt. Die Haushaltsstichprobe hat diese Angaben nicht weiter überprüft und dies war rechtlich auch nicht notwendig. Wie bereits aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Volkszählung von 1987 hervorgeht, sind die Erhebungsstellen nicht verpflichtet, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35). Da die Fragebögen zur Haushaltsstichprobe die Merkmale Haupt- und Nebenwohnung eindeutig und korrekt abgefragt haben, fand die eigentliche rechtliche Bewertung durch die Auskunftspflichtigen selbst statt. Die Erhebungsstellen waren im Anschluss daran befugt, dieses Ergebnis zu übernehmen. Deshalb ist es bei der Haushaltsstichprobe ausgeschlossen, dass sich die von der Klägerin in Blick genommene 6-Monatsfrist des § 15 Abs. 2 Nr. 2 MRRG hier zu ihren Lasten ausgewirkt hat.

d. Zuletzt ist die Einwohnerzahlfestsetzung nicht deshalb rechtswidrig, weil der einfache relative Standardfehler bei der Klägerin im Rahmen der Hochrechnung unstreitig 0,6% beträgt. Die Klägerin sieht darin eine Rechtsverletzung, da ihrer Ansicht nach wegen § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 der Standardfehler höchstens 0,5% betragen dürfe.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 dient die Haushaltsstichprobe der Ermittlung der amtlichen Einwohnerzahl mit einer angestrebten Genauigkeit eines einfachen relativen Standardfehlers von höchstens 0,5%. Dies ist aus verfassungsrechtlichen Gründen erstmal nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen rechtlich verbürgten Anspruch auf Festsetzung ihrer tatsächlichen Einwohnerzahl (vgl. VGH Hessen, U.v. 19.09.1991 - 6 UE 2588/89 - juris Rn. 41). Aus dem Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden kann nämlich keine Garantie auf einen bestimmten Bevölkerungsstand abgeleitet werden, weil die Einwohner im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Freizügigkeit selbst bestimmen können, welcher Gemeinde sie angehören wollen (VGH Mannheim, U.v. 21.07.1986 - 1 S 232/86 - NVwZ 1987, 512, 513). Jede statistische Erhebung weist nämlich eine gewisse Fehlerquote auf. Selbst traditionelle Volkszählungen, bei denen jede Erhebungseinheit primärstatistisch erfasst wird, weisen Fehler auf. Nachuntersuchungen zu den letzten beiden traditionellen Volkszählungen haben bewiesen, dass bei der Volkszählung von 1970 ein Untererfassungsfehler von 1,4% und ein Übererfassungsfehler von 0,8% bestand. Bei der Volkszählung von 1987 wurden Über- und Untererfassungsfehler im Umfang von 0,4% festgestellt, wobei letztere Ergebnisse nicht voll belastbar sind, da sich nicht alle Bundesländer an den Nachbefragungen beteiligt haben (vgl. Fürnrohr/Anding, in: "Ermittlung der Einwohnerzahlen von Bund, Ländern und Kommunen, Seite 13).

Wie oben im Tatbestand bereits erläutert wurde, sind der relative Standardfehler und der Stichprobenumfang direkt miteinander verbunden. Der Gesetzgeber muss dabei einen Konflikt zweier diametraler Ziele in einen gerechten Ausgleich bringen. Mit steigendem Stichprobenumfang steigt zwar die Genauigkeit der darauf aufbauenden Hochrechnung, damit steigt aber auch die Belastung der Bevölkerung, die möglichst gering gehalten werden soll. In diesem Konflikt hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, eine der beiden Größen verbindlich festzuschreiben. Dazu hat er in § 7 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 geregelt, dass der erforderliche Stichprobenumfang 10% der Bevölkerung nicht überschreiten soll. Wie die Gesetzgebungshistorie zeigt, ist die Formulierung "soll" aber als echte Obergrenze zu verstehen und nicht nur als bloßer Orientierungspunkt, der unter Umständen überschritten werden darf. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Zensusgesetzes lagen nämlich die Ergebnisse des Stichprobenforschungsprojektes noch nicht vor. Gleichwohl ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass voraussichtlich rund 7% der Bevölkerung zu befragen sind (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 32). Deshalb wurde in § 7 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, um den genauen Stichprobenumfang festzulegen (vgl. BR-Drucks. 3/09, Seite 20). Die genaue Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte im Anschluss daran in § 3 Abs. 1 Satz 2 StichprobenV, wo der bundesweite Umfang auf 9,6% der Bevölkerung festgeschrieben wurde.

Anders als die Klägerin meint, hat der Gesetzgeber mit § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden auf strikte Einhaltung des Standardfehlers statuiert. Inwieweit und für wen gesetzliche Vorschriften subjektive Rechte begründen, muss immer durch Auslegung der Norm ermittelt werden (Schmidt-Aßmann/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, 2015, Einleitung Rn. 20). Gemäß der dabei einschlägigen Schutznormtheorie muss die Norm einen objektivrechtlichen Schutz enthalten, einen abgrenzbaren Kreis an Personen begünstigen und schließlich nach ihrem sachlichen Zweck eine besondere Schutzwürdigkeit begründen (vgl. Schmidt-Kötters, in: Beck’scher Online-Kommentar zur VwGO, 35. Auflage, § 42 Rn. 152). Letzteres ist dabei aber nicht isoliert an einer Vorschrift festzumachen, sondern dabei muss das gesamte Regelungsgefüge betrachtet werden. Bei § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 kann in den Gemeinden der abgrenzbare Personenkreis erblickt werden, weil diese hauptsächlich vom Zensus betroffen sind. Auch dient die Festlegung des einfachen relativen Standardfehlers nicht nur öffentlichen Interessen, sondern sie schützt auch die Gemeinden, weil nur bei einer hinreichend guten Ergebnisqualität der Eingriff in das Selbstverwaltungsrecht gerechtfertigt ist. Nach Ansicht der entscheidenden Kammer kann aber weder aus dem Wortlaut noch aus dem Regelungszusammenhang darauf geschlossen werden, dass die Norm den Gemeinden einen besonderen Schutz vermitteln will. § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 vermittelt nach Ansicht des Gerichts kein einklagbares Recht auf Einhaltung des Standardfehlers.

Dies deutet bereits der Wortlaut der Norm an, auch wenn dieser nicht eindeutig ist. Zunächst spricht die Norm davon, dass die Genauigkeit der Hochrechnung mit 0,5% "angestrebt" wird. Das Wort "anstreben" hat seinem Wortsinn nach die Bedeutung "etwas zu erreichen suchen" oder "etwas zum Ziel haben". Schon aus diesem Grund verbietet es sich, den Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht auf strikte Einhaltung der Grenze von 0,5% zuzugestehen (so auch VG Bremen, U.v. 06.11.2014 - 4 K 841/13 - Rn. 63). Diesem Verständnis steht entgegen, dass der Wortlaut in § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 auch von "höchstens" 0,5% spricht, was wiederum für eine absolute, nicht zu überschreitende Grenze spricht. Deshalb kann aus dem Wortlaut allein keine verbindliche Entscheidung darüber getroffen werden, ob aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 für die Gemeinden ein subjektivöffentliches Recht abgeleitet werden kann oder nicht. Ausschlaggebend gegen ein subjektivöffentliches Recht der Gemeinden spricht aber der Regelungszusammenhang des Zensusgesetzes.

Wie oben bereits dargestellt wurde, hat der Gesetzgeber den Stichprobenumfang eindeutig fixiert und damit einen der beiden Faktoren der Haushaltsstichprobe festgezurrt. Dieser zur Verfügung stehende Stichprobenumfang wird aber nicht auf alle Bundesländer oder Gemeinden gleich umgelegt, sondern die Höhe des Stichprobenumfangs je Gemeinde hängt von ihrer Größe ab. Je größer die Gemeinde ist, desto kleiner fällt der Stichprobenumfang aus. Dies ist dem statistischen Grundsatz geschuldet, dass die Qualität der Schätzung nicht vom prozentualen Auswahlsatz, sondern von der absoluten Zahl der erhobenen Einheiten abhängt. Die statistischen Landesämter und das Bundesamt für Statistik mussten demnach den vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Stichprobenumfang auf die Gemeinden möglichst so verteilen, dass es in allen beteiligten Gemeinden zu einem möglichst geringen relativen Standardfehler kommt. Dies führt aber unweigerlich dazu, dass der relative Standardfehler nicht in allen Gemeinden gleich ausfallen kann. Darauf weist auch das vom Gericht beigezogene Gutachten hin. Dort wird ausgeführt: "Der relative Standardfehler ist aufgrund der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahlen pro Adresse in den einzelnen Städten und Gemeinden unterschiedlich und nur nach der Erhebung genau abschätzbar." Wie der Beklagte auf gerichtliche Nachfrage weiter erklärt hat, liegt dies auch an der unterschiedlichen Verteilung der Einwohnerzahl pro Anschrift. In einer Gemeinde, in der z. B. fast ausschließlich zwei Personen pro Anschrift wohnen, wäre der relative Standardfehler nahezu Null, da - egal welche Anschriften bei einem bestimmten Stichprobenumfang in die Stichprobe gelangen - die Ergebnisse für die ermittelte Gesamteinwohnerzahl nahezu identisch wären. Weist jedoch eine andere gleichgroße Gemeinde eine große Streuung hinsichtlich der Einwohnerzahl pro Anschrift auf, ist bei demselben Stichprobenumfang ein höherer relativer Standardfehler zu erwarten. Dieser Verschiedenartigkeit der Gemeinden ist das beim Zensus verwendete Stichprobendesign mit unterschiedlichen Stichprobenumfängen pro Gemeinde entgegengetreten: Je größer die Streuung der Einwohnerzahl pro Anschrift war, desto mehr Anschriften mussten untersucht werden, wobei diese unbekannte Streuung aus den Informationen des Melderegisters wiederum geschätzt werden musste.

Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen zur Arbeitsweise des Stichprobendesigns und zum Regelungszusammenhang der Vorschrift wird deutlich, dass den Gemeinden kein subjektivöffentliches Recht auf Einhaltung des einfachen relativen Standardfehlers von 0,5% zusteht. Deswegen und weil bei der Klägerin die Vorgabe des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 nur geringfügig überschritten wurde, ist die Einwohnerzahlfeststellung gegenüber der Klägerin rechtmäßig.

Zwar könnte man an dieser Stelle einwenden, der Gesetzgeber hätte den Stichprobenumfang mit einem so großen Sicherheitszuschlag festlegen müssen, dass der relative Standardfehler bei allein Gemeinden auf jeden Fall 0,5% nicht überschreitet. Dies war aber aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht geboten. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichtet den Gesetzgeber nicht dazu, die Einwohnerzahl bei allen Gemeinden mit gleicher Fehlerquote festzulegen. Dies wäre auch bei traditionellen Volkszählungen in Form einer Totalerhebung rein faktisch nicht möglich. Die Selbstverwaltungsgarantie und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verpflichten den Gesetzgeber nur dazu, die Einwohnerzahl mit einer hinreichenden Qualität festzustellen und dies mit einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit zu bewerkstelligen. Deshalb konnte der Gesetzgeber im Rahmen seines Gestaltungsspielraums einen Stichprobenumfang festlegen, bei dem er unter Abwägung der Selbstverwaltungsgarantie mit dem informationellen Selbstbestimmungsrecht der Bürger berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Qualitätsvorgabe von 0,5% im Wesentlichen eingehalten wurde. Die Festlegung des Stichprobenumfangs erfolgte weder willkürlich, noch aus sachfremden Erwägungen heraus, sondern die Festlegung in § 3 Abs. 1 StichprobenV beruht auf dem Stichprobenforschungsprojekt und damit auf wissenschaftlich fundierten Erwägungen. Vergleicht man den relativen Standardfehler der Klägerin (0,6%) mit dem bundesweiten Mittel (0,56%) so wird deutlich, dass der Zensus hinsichtlich des Ziels einer im Wesentlichen gleichen Ergebnisgenauigkeit bei der Klägerin erfolgreich war.

8. Schließlich hat der Beklagte auch hinsichtlich der Erhebung an Anschriften mit Sonderbereichen gemäß § 8 Abs. 1 ZensG 2011 die Einwohnerzahl rechtmäßig erhoben.

Nach der gesetzgeberischen Vorstellung, musste an allen Anschriften mit Sonderbereichen eine personenbezogene Totalerhebung durchgeführt werden. Dies war deshalb notwendig, weil aus früheren Volkszählungen und dem Zensustest bekannt war, dass an diesen Anschriften mit einer hohen Anzahl von Über- und Untererfassungen zu rechnen ist. Deshalb ordnete § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 an, dass die statistischen Ämter der Länder für alle Anschriften mit Sonderbereichen die dort wohnenden Personen feststellen. Hier sollte die Einwohnerzahlfestsetzung also nicht allein über das Melderegister durchgeführt werden, sondern es sollten alle Einwohner an Anschriften mit Sonderbereichen primärstatistisch gezählt werden. Dieser Pflicht ist der Beklagte dadurch nachgekommen, dass er alle Bewohner der Sonderbereiche mittels Fragebogen erfasst hat. Unabhängig von der Auswertung der Fragebögen und den daraus resultierenden rechtlichen Bewertungen hinsichtlich des Wohnstatus, hat der Beklagte dadurch in einem ersten Schritt alle Einwohner der Sonderbereiche ermittelt und registriert.

Dabei legt § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 bestimmte Merkmal fest, die bei den Befragungen erhoben werden müssen, u. a. "der Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung" (Merkmal e) und der "Wohnstatus" (Merkmal h). Nachdem die Personen primärstatistisch erfasst waren, fand gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 ein Abgleich der erhobenen Daten mit den Melderegistern statt. Durch diesen personenbezogenen Datenabgleich sollte insgesamt die Qualität der Erhebung abgesichert werden (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 36), weil nur durch den Datenabgleich auch Über- und Untererfassungen in den Sonderbereichen entdeckt werden konnten. Die Haushaltsstichprobe, die diese Funktion bei großen Gemeinden normalerweise übernommen hat, fand nämlich nur bei nichtsensiblen Sonderanschriften statt (vgl. § 8 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011) und dort auch nur zur Gewinnung der Zusatzinformationen. Die Haushaltsstichprobe wurde aber bei den Sonderbereichen generell nicht dazu herangezogen, Registerfehler aufzudecken.

In der Gemeinde mit der Sonderanschrift, mussten die primärstatistischen Daten mit dem Melderegister verglichen werden, um dort wohnhafte Personen, die nicht im Melderegister geführt waren, als Untererfassung neu aufzunehmen bzw. Personen, die nicht an der Anschrift wohnen, obgleich sie im Melderegister geführt waren, als Übererfassungen abzuziehen (vgl. dazu die Gesetzesbegründung BR-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 3). Allerdings wurden die primärstatistischen Daten nicht nur mit den Meldedaten der Sonderbereichsgemeinde, sondern auch mit dem bundesweiten Melderegisterbestand verglichen, so wie es § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 impliziert. Dadurch wurde sichergestellt, dass Personen der Sonderanschriften nicht zusätzlich in einer anderen Gemeinde gezählt wurden.

Zur praktischen Umsetzung dieser Vorgaben entwickelte das Bundesamt für Statistik komplexe Regelwerke, nach denen der Wohnstatus bestimmt wurde. Dabei gab es sowohl für sensible, als auch für nichtsensible Sonderbereiche jeweils eigene Regularien, mit deren Hilfe anhand der Befragungsergebnisse und den Meldedaten entschieden wurde, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Haupt- und Nebenwohnsitz zu zählen ist (vgl. dazu die Tabellen 22-4, 22-5, 22-6, 22-7, 22-8 und 22-9 im Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften Seite 134-146, Blatt 339-345 der GA). Nach diesen Regularien war es auch möglich, dass sich der Wohnstatus von Bewohnern der Sonderbereichsgemeinde von Haupt- auf Nebenwohnsitz und umgekehrt verändert.

a. Das Regelwerk des Bundesamtes für Statistik beschäftigt sich dabei zunächst mit der Frage, welche Datenquelle mit welcher Priorität herangezogen wird, um den Wohnstatus festzulegen. Entsprechend der Tabelle 22-9 "Datenquellen der Wohnungsstatusfeststellung für Personen an nichtsensiblen Sonderbereichen" wurde der Wohnstatus bei nichtsensiblen Sonderbereichen primär aufgrund der Antworten des Fragebogens festgelegt, auch weil bei nichtsensiblen Sonderbereichen gemäß § 18 Abs. 5 Satz 1 ZensG 2011 die Bewohner selbst zur Auskunft verpflichtet waren. Um den Wohnstatus festzulegen, wurden in den Erfassungsbögen folgende Daten abgefragt: Familienstand (Frage 7), ob in Deutschland weitere Wohnungen bewohnt werden (Frage 10) und ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie ist (Frage 11a) bzw. ob die hiesige Wohnung die vorwiegend benutzte Wohnung ist (Frage 11b). Dies stellt grundsätzlich ein richtiges Vorgehen dar, um den Wohnstatus einer Person festzulegen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss für die Bestimmung der Hauptwohnung grundsätzlich auf die Angaben des Einwohners abgestellt werden (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 18). Bei Durchführung einer Volkszählung wird diese Rechtsprechung dahingehend weiter konkretisiert, dass die Erhebungsstellen nicht verpflichtet sind, bewusst oder unbewusst falsch erteilte Auskünfte der Auskunftspflichtigen zu überprüfen, wenn die Fragebögen so beschaffen sind, dass die gesetzlichen Merkmale korrekt abgefragt werden (vgl. BayVGH, U.v. 21.12.1994 - 4 B 93.244 - juris Rn. 35).

Entgegen der Kritik der Klägerin kam es hier also zunächst nicht darauf an, wie lange der Einwohner bereits an der Sonderanschrift wohnhaft war. Allein entscheidend für die Frage des Wohnstatus waren die Angaben des Auskunftspflichtigen. Die Erläuterungen des streitgegenständlichen Bescheids auf Seite 5 sind dabei missverständlich, da dort tatsächlich davon gesprochen wird, dass der Hauptwohnsitz erst bei einem Aufenthalt ab sechs Monaten angenommen wurde. Entscheidend für den vorliegenden Rechtsstreit ist aber nicht die missverständliche Beschreibung in den Bescheidsgründen, sondern die tatsächliche Umsetzung und die war deutlich differenzierter, als es die Bescheidsbegründung erahnen lässt. In der tatsächlichen Umsetzung wurde der Wohnstatus der Bewohner nichtsensibler Sonderbereiche in Übereinstimmung mit der ober- und höchstrichterlichen Rechtsprechung hauptsächlich anhand der Befragungsergebnisse festgestellt. Wegen des gesetzlich in § 8 Abs. 2 Satz 1 ZensG 2011 vorgeschriebenen Abgleichs der Befragungsergebnisse mit den Melderegistern konnte es aber auch vorkommen, dass der Wohnstatus von Personen geändert wurde. Ergab sich beispielsweise aus der Befragung ein Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde, wurden evtl. vorhandene andere Hauptwohnsitze im Bundesgebiet zum Nebenwohnsitz geändert. Ergab sich hingegen aus der Befragung ein Nebenwohnsitz, wurde für diese Person jedoch im Bundesgebiet kein Hauptwohnsitz gefunden, wurde die Person konsequenterweise mit Hauptwohnsitz in der Sonderbereichsgemeinde gezählt. Diese Beispiele dienen lediglich der Veranschaulichung der Arbeitsweise der Regularien, da sämtliche dort abgebildeten Fallkonstellationen hier nicht näher dargestellt werden können. Der Kritik der Klägerin, dass es bei ihren Befragungen zu zahlreichen und unberechtigten Änderungen des Wohnstatus gekommen ist, kann jedoch nicht gefolgt werden. Zum einen ist die Änderung des Wohnstatus durch den Abgleich mit den Melderegistern gesetzlich intendiert gewesen; zum anderen hat die Klägerin trotz Kenntnis der Regelwerke keine konkreten Einwände dagegen erhoben.

b. Anders verhielt es sich in den Fällen, in denen der Auskunftspflichtige bei den nichtsensiblen Sonderbereichen keine plausiblen Angaben im Fragebogen gemacht hatte. Hier waren die Landesämter für Statistik gezwungen, gleichwohl zu entscheiden, in welcher Gemeinde der Einwohner mit Hauptwohnsitz zu zählen ist. In diesen Fällen kamen die Melderegister als sekundäre Datenquelle zum Einsatz (vgl. Tabelle 22-9 des Fachkonzept Erhebung an Sonderanschriften). Die Angaben des Fragebogens wurde aber dennoch herangezogen: Zum einen, weil damit die Existenz der Person in der Sonderbereichsgemeinde primärstatistisch erfasst war und zum anderen, weil mit den vorhanden anderen Angaben des Fragebogens die bisherigen Eintragungen der Melderegister plausibilisiert wurden. Auch dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden. Wenn der Auskunftspflichtige unplausible Angaben macht, bleibt den statistischen Landesämtern nichts anderes übrig, als anhand des vorhandenen Datenmaterials - und dazu zählen auch die Melderegister - den Wohnstatus bestmöglich festzulegen. Darauf deutet auch die Gesetzesbegründung hin, wenn sie ausführt, dass die erhobenen Daten erfasst werden, ein Abgleich mit den Melderegisterdaten durchgeführt wird und dabei der Wohnstatus je Person eindeutig festgestellt wird (vgl. BT-Drucks. 16/12219, Seite 37, Absatz 2). Erst hier kam es nach dem Regelwerk des Bundesamtes für Statistik darauf an, wie lange eine Person bereits an einer Sonderanschrift wohnhaft ist. In diesen Fällen ist es nicht ausgeschlossen, dass es vereinzelt zu fehlerhaften Wohnstatusfeststellungen gekommen ist, da es bei der Frage nach dem Hauptwohnsitz eigentlich nicht auf die bisherige Verweildauer an der Anschrift ankommt, sondern auf die zukünftige Benutzung der Wohnung (vgl. BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn. 13).

Dies macht die Einwohnerzahlfeststellung aber dennoch nicht rechtswidrig. Erstens kann bei Durchführung einer Volkszählung nur sehr eingeschränkt eine Zukunftsprognose hinsichtlich der künftigen Wohnungsnutzung vorgenommen werden, so wie es der objektivierte Hauptwohnsitzbegriff eigentlich erfordert. Zweitens kamen diese "Notfallregeln" nur dann zum Einsatz, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hat. Aus Sicht der entscheidenden Kammer ist es in diesen Einzelfällen gerechtfertigt, die notwendige melderechtliche Prognose zukünftiger Benutzungszeiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen. Auch die Betrachtung bisheriger Benutzungsgewohnheiten kann für eine Zukunftsprognose fruchtbar gemacht werden, weil daraus eine Aussage über das vermutlich künftige Verhalten abgeleitet werden kann. Der Gesetzgeber hat die statistischen Landesämter eben nicht dazu verpflichtet, den Wohnstatus allein über das Merkmal h) festzulegen, sondern die Landesämter duften dabei alle Merkmal des § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZensG 2011 heranziehen und darunter fällt auch das Merkmal e) "Tag des Bezugs der Wohnung oder des Beginns der Unterbringung". Wie oben bereits angedeutet, kann nicht ausgeschlossen werden, dass es dabei vereinzelt zu falschen Wohnstatusfestlegungen gekommen ist. Dies muss aber im Rahmen einer Massenerhebung hingenommen werden, denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Regularien des Bundesamtes den melderechtlichen Hauptwohnsitzbegriff grundlegend verkannt haben oder dass es zu flächendeckend falschen Wohnstatusfeststellungen gekommen ist.

Deshalb kann die Klägerin nicht mit Erfolg rügen, ihr sei zu Unrecht der Hauptwohnsitz bei Personen vorenthalten worden, wenn diese noch nicht 6-Monate an der Sonderanschrift gewohnt haben. Diese Kritik ist angesichts der komplexen Regelwerke viel zu pauschal, auch weil sie nicht beachtet, dass bei nichtsensiblen Sonderbereichen die bisherige Verweildauer nur in Ausnahmefällen und nur dann entscheidend war, wenn der Auskunftspflichtige unplausible oder unvollständige Angaben gemacht hatte. Mag es hier zwar vereinzelt zu Ungenauigkeiten bzw. Fehlern bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein, so fällt dies nach Ansicht des Gerichts zumindest bei der Klägerin noch in den Toleranzrahmen einer Massenerhebung. Insgesamt wurden an Sonderanschriften auf dem klägerischen Gemeindegebiet 1.663 Personen registriert. Nach Bewertung durch die oben angesprochenen Regularien erhielt die Klägerin dabei 1.565 Hauptwohnsitze. Die maximale Fehleranzahl zu Unrecht vorenthaltener Hauptwohnsitze beträgt somit 98 Wohnsitze. Vergleicht man diese Zahl mit der insgesamt festgestellten Einwohnerzahl von 41.938 Personen, dann fällt diese Fehlerquelle bei der Klägerin kaum ins Gewicht.

c. Bei sensiblen Sonderanschriften wurde der Wohnstatus wiederum grundlegend anders festgestellt, als bei nichtsensiblen Sonderanschriften. Wie bereits Tabelle 22-8 zu den Datenquellen zeigt, wurde die Wohnstatusfeststellung gänzlich mithilfe der Melderegister und unter Berücksichtigung des Zuzugsdatums festgelegt. Zwar enthielt der Fragebogen bei sensiblen Sonderbereichen ebenfalls die Frage nach dem Wohnstatus, allerdings stellten die statistischen Landesämter bei Durchführung des Zensus fest, dass in sehr vielen Fällen die Einrichtungsleitungen dazu keine brauchbaren Angaben machen konnten. Nach § 18 Abs. 5 Satz 5 ZensG 2011 waren die Einrichtungsleitungen jedoch auch gesetzlich nur dazu verpflichtet, über die ihr bekannten Daten Auskunft zu erteilen. Deshalb musste bei den sensiblen Bereichen der Wohnstatus grundlegend anders festgestellt werden.

Bei dieser Sach- und Rechtslage entschied sich der Beklagte aus nachvollziehbaren Gründen dafür, den Wohnstatus mit Hilfe der Melderegister und den verwertbaren Angabe des Fragebogens festzustellen. In Übereinstimmung mit der Kernforderung des § 8 Abs. 1 Satz 1 ZensG 2011 wurden auch bei sensiblen Sonderbereichen alle Einwohner über die Fragebögen personenbezogen registriert und somit sichergestellt, dass alle Einwohner bei der Volkszählung gezählt wurden. Die primärstatistische Totalerhebung hinsichtlich des Wohnstatus scheiterte jedoch daran, dass die auskunftsverpflichteten Einrichtungsleitungen zumeist keine Angaben dazu machen konnten. Die Entscheidung für Haupt- oder Nebenwohnsitz wurde nach dem Regelwerk zu den sensiblen Bereichen (Tabelle 22-6/22-7 des Fachkonzepts Erhebung an Sonderanschriften, Seite 142 - 145, Blatt 343 - 345 der GA) nun danach getroffen, ob und wie die Person im Melderegister der Sonderbereichsgemeinde registriert war, ob und wie die Person im Melderegister anderer Gemeinde registriert war, ob die Person mittels Fragebogen in der Sonderbereichsgemeinde erfasst wurde, wie lange sich die Person bereits an der Sonderanschrift aufhielt und ob die Person an einer anderen Anschrift verzeigert war. Wie oben bereits erläutert wurde, ist es aus Sicht der entscheidenden Kammer bei Durchführung der Volkszählung gerechtfertigt, die melderechtlich notwendige Prognose zukünftiger Benutzungsgewohnheiten durch eine Betrachtung der bisherigen Verweildauer zu ersetzen, wenn und soweit im Rahmen der Befragungen keine besseren Ergebnisse erzielt werden können. § 8 Abs. 2 Satz 2 ZensG 2011 erlaubt es eben, alle Erhebungsmerkmale des Absatz 1 für die Entscheidung nach dem Wohnstatus heranzuziehen.

Auch hierbei wird es letztlich zu Ungenauigkeiten bei der Wohnstatusfeststellung gekommen sein. In dem zur Entscheidung stehenden Einzelfall können diese eventuell vorhandenen Fehler aber maximal 0,23% ausmachen und dies ist wie oben bereits dargelegt bei einer Totalerhebung hinzunehmen. Entscheidend war, dass der Beklagte alle Einwohner der Sonderbereiche tatsächlich erfasst hat.

9. Nachdem der angefochtene Bescheid rechtmäßig ist, war über den Verpflichtungsantrag nebst Hilfsantrag nicht mehr zu entscheiden.

10. Da die Klage erfolglos war, war sie mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen gewesen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 708 ZPO.

Die Berufung war hier wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache nach §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtmäßigkeit der Einwohnerzahlfeststellung in einem registergestützten Zensus bislang nicht Gegenstand der obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Rechtsprechung war. Schon allein deswegen, weil die europarechtlichen Vorgaben die Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, alle 10 Jahre einen Zensus durchzuführen, ist es von allgemeinem Interesse, die rechtlichen Anforderungen an einen solchen Zensus zu klären. Des Weiteren ergibt sich die grundsätzliche Bedeutung deshalb, weil es sich beim vorliegenden Verfahren um die "Musterklage" aller gegen den Zensus klagenden bayrischen Gemeinden handelt.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg schriftlich einzulegen (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg). Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Der Berufungsschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.

Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Ludwigstraße 23, 80539 München oder Postfach 340148, 80098 München). § 124 a Abs. 3 VwGO ist zu beachten.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG. Da der Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte zur Bestimmung des Streitwerts bietet, war hier der Auffangstreitwert i. H. v. 5.000,- EUR festzusetzen gewesen. Auf die von der Klägerin ins Feld geführten Auswirkungen der Einwohnerzahl auf verschiedene Finanzzuweisungen kann bei der Streitwertfestsetzung nicht abgestellt werden, weil die Höhe der Auswirkungen nicht feststeht.

Rechtsmittelbelehrung

Rechtsmittel: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg) einzulegen. Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.