Niedersächsisches OVG, Urteil vom 26.02.2020 - 12 LB 157/18
Fundstelle
openJur 2020, 11648
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 12 A 43/18

1. Zur Anwendbarkeit von § 17 Abs. 3 UVPG a. F. auf die allgemeine Vorprüfung nach § 3c UVPG a. F.

2. Ein Vorhaben - wie ein Windpark -, zu dessen Zulassung eine artenschutzrechtliche Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG und die Anwendung von Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm erforderlich ist, hat "erhebliche Umweltauswirkungen" i. S. d. § 3c Satz 1 UVPG a. F.

3. Zur Berücksichtigung der sog. Eigenbeschallung als Vorbelastung nach Nr. 2.4 Abs. 1 und Nr. 3.2.2 TA Lärm

4. Zur Ermessensausübung nach § 4 Abs. 1b) Satz 3 UmwRG

Tenor

Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg - 12. Kammer (Einzelrichterin) - vom 7. Juni 2018 geändert.

Der Bescheid des Beklagten vom 5. August 2015 in der Fassung seines Änderungsbescheides vom 15. April 2016 und sein Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 sind rechtswidrig und nicht vollziehbar. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Hälfte, der Beklagte ein Viertel und die Beigeladenen zu 1) und 3) je ein Achtel der Gerichtskosten des gesamten Verfahrens. Die Kläger tragen außerdem jeweils die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 3). Der Beklagte trägt ein Viertel und die Beigeladenen zu 1) und 3) tragen jeweils ein Achtel der außergerichtlichen Kosten der Kläger. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich als Nachbarn gegen eine der Rechtsvorgängerin der Beigela-denen zu 1) und 3) erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung (i. d. F. einer nachfolgenden Änderungsgenehmigung) für die Errichtung und den Betrieb eines Windparks mit acht Windenergieanlagen (= WEA) im Gebiet der Beigeladenen zu 2).

Die Kläger sind nach ihren Angaben Eigentümer des im Außenbereich der Beigeladenen zu 2) gelegenen, auf der folgenden Karte mit „B“ bezeichneten Grundstücks A-Straße. Auf diesem Grundstück wohnen die Kläger – minimal (bezogen auf ihr Wohnhaus) rund 700 Meter nördlich des umstrittenen Windparks – und führen durch die Klägerin zu 3) einen landwirtschaftlichen Betrieb mit nunmehr insgesamt mehr als 600 Rindern. Der Betrieb wurde seit dem Jahr 2004 immissionsschutzrechtlich, zuvor baurechtlich genehmigt (vgl. die Genehmigungen Bl. 681 ff. der Gerichtsakte = GA). In dem aktuellen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid vom 4. Mai 2015 wurde der Klägerin zu 3) u. a. aufgegeben, drei Rinderställe lüftungstechnisch nachzurüsten; wegen der Einzelheiten wird insoweit auf die Nebenbestimmung Nr. 24 zu diesem Bescheid (Bl. 700 R GA) verwiesen.

(Karte)

Die Windparkfläche liegt innerhalb des räumlichen Geltungsbereichs der Bebauungs-pläne Nr. N. und Nr. O., durch die Sondergebiete für die Windenergie festgesetzt wurden. Diese Bebauungspläne wurden am 23. März 2015 beschlossen und am 3. Juli 2015 veröffentlicht. Im Rahmen der Aufstellung zunächst der 50. Änderung des Flächennutzungsplans vom April 2013 und der folgenden Aufstellung der vorbezeichneten Bebauungspläne wurden u. a. avifaunistische Gutachten eingeholt und bewertet; die 50. Änderung des Flächennutzungsplans wurde allerdings nachfolgend vom Senat durch Urteil vom 3. Dezember 2015 (12 KN 216/13) hinsichtlich der Ausschlusswirkung insbesondere wegen der zu weitgehenden Annahme vermeintlich „harter“ Tabuflächen für unwirksam erklärt. Der Umweltbericht als Bestandteil der Bebauungspläne kommt unter C. 4. 5 bzw. C. 5.5 zusammenfassend u. a. zu dem Ergebnis:

„Mit Bau und Betrieb der Anlagen gehen erhebliche Beeinträchtigungen von geschützten Vogel- und Fledermausarten einher. … Die artenschutzrechtliche Prüfung ergibt, dass Vermeidungsmaßnahmen wie die zeitweilige Abschaltung der Anlagen, eine ökologische Baubegleitung und ein naturschutzfachliches Monitoring zu Beginn der Betriebsphase erforderlich sind, da das Vorhaben andernfalls nicht zulässig wäre. Kompensationsmaßnahmen, die einerseits aufgrund der naturschutzfachlichen Eingriffsregelung und andererseits aufgrund des Artenschutzes erforderlich sind, sollen im Landschaftsraum nördlich des Windparks zwischen P. und Q. durchgeführt werden.“

Nach der Artenschutzprüfung seien außerdem für den Mäusebussard und die Feldlerche Ausnahmen von Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG „zu erwirken“. Das „Fehlen zumutbarer Alternativen“ wurde insoweit unter Bezug auf das Aufstellungsverfahren zur o. a. 50. Änderung des Flächennutzungsplans begründet. Danach wiesen die darin als Sondergebiete für die Nutzung der Windenergie ausgewählten Flächen „die höchsten Eignungswerte“ auf.

Im Rahmen des im April 2015 eingeleiteten Genehmigungsverfahrens für das hier streitige Vorhaben führte der Beklagte eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c i. V. m. § 17 Abs. 3 UVPG a. F. durch und bemerkte am 4. August 2015 insoweit zum Artenschutz, dass dieser Belang

„zu betrachten sei, da er im Aufstellungsverfahren zwar ermittelt und bewertet, aber nicht verbindlich über Festsetzungen geregelt worden sei. Die erforderlichen Ausnahmegenehmigungen könnten erst im Zulassungsverfahren nach dem BImSchG erteilt werden … Das Gutachten der speziellen artenschutzrechtlichen Prüfung … habe ergeben, dass für die Feldlerche und den Mäusebussard ein erhöhtes Risiko, an den WEA geschlagen zu werden, verbleibe. .. Ob die Schwelle zu einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko erreicht werde, müsse im Zuge dieser Vorprüfung nicht abschließend beurteilt werden.Auch bezüglich des Mäusebussards wären somit“, d.h. mangels erheblicher negativer Auswirkungen auf die lokale Population, „bei Vorliegen eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gegeben. Eine erhebliche negative Umweltauswirkung wird nicht gesehen“.

Bezogen auf die Lärmauswirkungen wurde im Rahmen der Vorprüfung auf ein aktualisiertes schalltechnisches Gutachten der R. vom 23. März 2015 aus den Antragsunterlagen verwiesen, in das zwar Vorbelastungen insbesondere durch eine bereits vorhandene WEA, nicht aber etwaige Vorbelastungen durch landwirtschaftliche Betriebe Eingang gefunden hatten (vgl. Bl. 51 ff. Beiakte [=BA] 3). Danach ergaben sich (bei einem reduzierten Nachtbetrieb einer WEA)

„… als Immissionspunkte mit den höchsten .. Pegeln die IP E und O mit jeweils 46 dB (A). Hier werden die Richtwerte um jeweils 1 dB (A) überschritten, was gemäß Abschnitt 3.2.1 TA Lärm aufgrund der vorhandenen Vorbelastung zulässig ist. An den Immissionspunkten C und F werden Richtwerte ausgeschöpft.“

Der Beklagte kam hierauf gestützt zu dem – öffentlich bekannt gemachten – Ergebnis,

„nachteilige Umwelteinwirkungen im Rahmen Einzelfallprüfung gemäß § 3c UVPG sind auch über die allgemeine Vorprüfung im Rahmen der Aufstellung des Bebauungsplans hinaus nicht erkennbar. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist nicht erforderlich, da keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen für die Umwelt zu erwarten sind.“

Mit Bescheid vom 5. August 2015, der Klägerin zu 3) durch Schreiben vom 12. August 2015 bekanntgegeben (Bl. 150 BA 2), erteilte der Beklagte die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb des Windparks mit acht WEA des Typs Vestas V 112 und erklärte u. a. das o. a. Geräuschimmissionsgutachten des Ingenieurbüros R. vom 23. März 2015 zum Bestandteil der Genehmigung. In diese Begutachtung sind, wie ausgeführt, (nur) Vorbelastungen durch eine bestehende WEA des Typs Enercon E-53 sowie durch zwei Blockheizkraftwerke eingeflossen. Für das von den Klägern bewohnte Grundstück („B“) weist das nach dem sog. alternativen Verfahren erstellte Gutachten einen nächtlichen Lärmwert von (aufgerundet) 44 dB (A) bei einem Grenzwert von 45 dB(A) aus. Als Nebenbestimmung Nr. 5 wurde in die Genehmigung der Hinweis aufgenommen, dass mit dieser Genehmigung zugleich eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bezogen auf das „Zugriffsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für die Arten Mäusebussard und Feldlerche unter der Bedingung erteilt werde, dass die FCS-Maßnahmen entsprechend umgesetzt werden.“

Mit Schreiben vom 11. September 2015 legten die Kläger Widerspruch ein. Der Beklag-te ordnete unter dem 19. Oktober 2015 die sofortige Vollziehung der immissionsschutz-rechtlichen Genehmigung an. Ein hiergegen gerichteter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO der Kläger blieb erfolglos (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 19.12.2016 - 12 ME 85/16 -). Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Durch immissionsschutzrechtlichen Änderungsbescheid vom 15. April 2016 genehmigte der Beklagte die Anpassung der Kennzeichnung der WEA als Luftfahrthindernis, eine Verwendung sog. „serrated Trailing Edges“, d. h. zur Schalloptimierung „gekämmter“ Rotorblätter, sowie nunmehr auch einen uneingeschränkten Nachtbetrieb der WEA Nr. 6 und erklärte dazu das weitere Geräuschimmissionsgutachten der R. vom 25. Januar 2016 nebst ergänzender Stellungnahme vom 7. März 2016 zum Bestandteil der Änderungsgenehmigung. Danach sinken insbesondere durch die optimierten Rotorblätter die nächtlichen Immissionswerte – im Verhältnis zu dem ursprünglich genehmigten Vorhaben mit herkömmlichen Rotorblättern – geringfügig bzw. bleiben im Einzelfall unverändert. In der Begründung des Änderungsbescheides wird ausgeführt, dass durch den eingereichten Änderungsantrag die grundlegenden Genehmigungsvoraussetzungen – auch die Angaben zur Umweltverträglichkeit nach § 6 UVPG – nicht berührt würden.

Der Windpark ist errichtet und in Betrieb.

Das Verwaltungsgericht hat mit dem hier angegriffenen Urteil vom 7. Juni 2018 die am 17. Februar 2016 erhobene Anfechtungsklage (gegen die Genehmigung i. d. F. v. 15. April 2016) abgewiesen und zur Begründung, bezogen auf die Rechtmäßigkeit der allgemeinen Vorprüfung für die Genehmigung in ihrer Ausgangsfassung ausgeführt:

18„Unter Berücksichtigung der insoweit auch nach Änderung des UmwRG und des UVPG fortgeltenden Maßstäbe kann das erkennende Gericht nicht feststellen, dass die von dem Beklagten durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit des zur Genehmigung gestellten Windparks dem in § 3a Satz 4 UVPG a.F. vorgegebenen Maßstab nicht genügte und die immissionsschutzrechtliche Ge-nehmigung aufgrund dessen aufzuheben wäre. Die von dem Beklagten getroffene prognostische Einschätzung, das Vorhaben werde keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen nach sich ziehen, ist plausibel und rechtlich nicht zu bean- standen.

Wie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeführt, war die Prüfung im Genehmigungsverfahren gem. § 17 Abs. 3 UVPG a.F. auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens zu beschränken, nachdem im Auf-stellungsverfahren zu den Bebauungsplänen Nr. N. und O. bereits eine Umwelt-prüfung durchgeführt wurde, deren Ergebnisse in dem jeweiligen Umweltbericht beschrieben und bewertet wurden. Entgegen dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Kläger wurden die Bebauungspläne Nr. N. und Nr. O. zwischenzeitlich auch nicht aufgehoben. Insoweit bestehen keine Bedenken gegen das Vorgehen des Beklagten, sich im Rahmen der allgemeinen Vorprüfung gem. § 17 Abs. 3 UVPG a.F. auf den Umweltbericht und die artenschutzrechtliche Prüfung aus dem Planaufstellungsverfahren zu beziehen.

Der Beklagte hat in der im Rahmen des Genehmigungsverfahrens durchgeführten allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls auf die Umweltprüfung der Planaufstellungs-verfahren Bezug genommen. Er ist ergänzend insbesondere auf die Aspekte Geräuschimmissionen, Schattenwurf sowie Natur- und Landschaftsschutz eingegangen, da diese Belange zwar im Aufstellungsverfahren ermittelt und bewertet, aber noch nicht verbindlich über Festsetzungen geregelt worden seien. Anhaltspunkte dafür, dass ihm in diesem Zusammenhang beachtliche Fehler unterlaufen wären, sind nicht ersichtlich. Auf das in diesem Zusammenhang rechtlich nicht zu beanstandende Vorgehen des Beklagten haben bereits das erkennende Gericht mit Beschluss vom 21. März 2016 – 4 B 353/16 – sowie das Nds. Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 – 12 ME 85/16 – im Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hingewiesen. Das erkennende Gericht schließt sich den Ausführungen in den genannten Entscheidungen, denen jeweils eine detaillierte Prüfung zugrunde liegt, an und macht sie sich zu eigen.

Lediglich ergänzend bleibt festzuhalten: Der von den Klägern geltend gemachte Be-lang „ausgeübte Landwirtschaft“ vermag eine UVP-Pflichtigkeit nicht zu begründen. …

Der Umstand, dass der Beklagte für Feldlerche und Mäusebussard eine artenschutz-rechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 45 Abs. 7 BNatSchG erteilt hat, begründet ebenso wenig die UVP-Pflichtigkeit des Vorhabens. Den Umweltberichten zu den Bebauungsplänen N. und O. liegt eine artenschutzrechtliche Prüfung des Vorhabens zugrunde, die sich mit beiden genannten Arten befasst. Diese enthält eine Bestandserfassung und beschreibt die bau-, anlagen- und betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens ebenso wie Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen (u.a. zeitweise Abschaltung der Anlagen, ökologische Baubegleitung, naturschutz-fachliches Monitoring). Danach können einzelne Verluste im Rahmen der natürlichen Populationsdynamik ausgeglichen werden. Eine Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population sei nicht zu erwarten. Gleiches gilt für den von den Klägern geltend gemachten ungenügenden Fledermausschutz. Im Rahmen der Planaufstellung wurden umfangreiche Fledermauserfassungen vorgenommen und bewertet. Nach dem Ergebnis der allgemeinen Vorprüfung kann eine Beeinträchtigung der vorkommenden Fledermäuse durch entsprechende Abschaltzeiten vermieden werden. Die Kläger legen nicht dar, welche zusätzlichen oder anderen erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens im Rahmen der hier in Rede stehenden Anlagenzulassung noch hätten beschrieben und bewertet werden müssen.“

Die Kläger würden auch keine unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt:

„Auf Grundlage des Geräuschimmissionsgutachtens des Ingenieurbüros R. vom 23. März 2015 ist der Beklagte zu der nicht zu beanstandenden Prognose gelangt, an dem als Immissionspunkt B berücksichtigten Wohnhaus der Kläger komme es nicht zu unzumutbaren Lärmimmissionen. Zur Begründung wird auch hier Bezug genommen auf die Beschlüsse des erkennenden Gerichts vom 21. März 2016 – 4 B 353/16 – und des Nds. Oberverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 2016 – 12 ME 85/16 –. In dem zuletzt genannten Beschluss ist im Hinblick auf das der Änderungsgenehmigung vom 15. April 2016 zugrundeliegende Geräuschimmissionsgutachten vom 25. Januar 2016 ausgeführt worden, dass ein Zuschlag von 2 dB(A) angesetzt wurde, weil es bisher keine drei Messungen der Vestas V 112 mit Rotorblättern unter Verwendung des Schallschutzsystems „Serrated Trailing Edges“ gebe. Auch dieses Vorgehen stehe im Einklang mit den Vorgaben des Windenergieerlasses des Ministeriums für Umwelt, Energie und Klimaschutz vom 24. Februar 2016 (NdsMBl S. 190 ff., 196 Nr. 3.4.1.4). …

Der Einwand der Kläger, der Beklagte habe bei der Berechnung der zu erwartenden Geräuschimmissionen die bereits vorhandenen Vorbelastungen nicht hinreichend berücksichtigt, vermag nicht zu überzeugen. Nach Nr. 2.4 Abs. 3 TA Lärm ist Gesamtbelastung die Belastung eines Immissionsorts, die von allen Anlagen hervorgerufen wird, für die die TA Lärm gilt. Diese Gesamtbelastung ergibt sich aus der bestehenden Vorbelastung und der Zusatzbelastung der zu beurteilenden Anlage, vgl. Nr. 2.4 Abs. 1 und 2 TA Lärm. Nach den plausiblen Berechnungen des Beklagten sind die Geräuschimmissionen der beiden in einer Entfernung von nahezu 2 km zum Hof der Kläger vorhandenen Blockheizkraftwerke nur im Nahbereich relevant.

Auch der Umstand, dass der Beklagte die Lärmimmissionen des eigenen landwirt-schaftlichen Betriebes der Kläger nicht als Vorbelastung in seine Prognose eingestellt hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Hierzu hat das Nds. Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. Dezember 2016 - 12 ME 85/16 - im Verfahren zur Gewährung vor-läufigen Rechtsschutzes im Einzelnen ausgeführt:…

… Diesen Erwägungen schließt sich das erkennende Gericht an und hält an dieser Einschätzung auch unter Berücksichtigung des von den Klägern für ihren landwirtschaftlichen Betrieb vorgelegten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheides vom 4. Mai 2015 fest (Errichtung und den Betrieb eines Jungviehstalles mit 157 Plätzen, Anbau eines Kälberstalles mit 18 Plätzen und Nutzungsänderung eines Strohlagers zu einem Kälberstall mit 18 Plätzen). Aus dem aufgrund der §§ 16 und 19 BImSchG i. V. m. § 1 der 4. BImSchV und Ziffer 7.1.11.3 des Anhangs zur 4. BImSchV erteilten Genehmigungsbescheid ergibt sich, dass der Gesamtbetrieb künftig 198 Milchkühe, 94 Kälber, 211 Färsen und 108 Mastbullen umfasst. Dieser Viehbestand verteilt sich nach den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Kläger auf verschiedene Standorte; auf der Hofstelle A-Straße befinden sich danach etwa 250 Tiere bei wechselndem Bestand, sodass der Grenzwert für die Genehmigungsbedürftigkeit der Stallanlagen nach Ziffer 7.1.11.3 des Anhangs zur 4. BImSchV an der Hofstelle selbst nicht erreicht wird. Im Übrigen bezieht sich die vorgelegte Genehmigung lediglich auf die Erweiterung der Stallanlagen. Soweit die Kläger auf die von ihnen betriebenen lärmemittierenden Anlagen zur Kühlung der Milch, die Melkanlagen und die Lüfter verweisen, zählen diese weiterhin zu den nicht genehmigungsbedürftigen Anlagen i. S. d. Nr. 1 Abs. 2 Buchst. c TA Lärm. Aufgrund der Privilegierung dieser landwirtschaftlichen Anlagen findet die TA Lärm keine Anwendung.

Es kommt daher nicht mehr entscheidungserheblich auf die Frage an, ob – selbst bei Anwendbarkeit der TA Lärm – die „eigenen“ Lärmimmissionen als Vorbelastung zu-gunsten der Kläger als Betreiber des landwirtschaftlichen Betriebes berücksichtigt werden könnten. Zwar sind grundsätzlich die Betreiber, die im Einwirkungsbereich einer Anlage wohnen, als Nachbarn im Sinne des BImSchG einzuordnen und somit vom Immissionsschutz erfasst (VG Oldenburg, Urteil vom 26. Februar 2009 – 5 A 4836/06 –, juris, Rn. 27). Auf das Anlagengrundstück selbst erstreckt sich der Schutz der Nachbarschaft und Allgemeinheit aber nicht, so dass es deshalb auch nicht zum Einwirkungsbereich rechnet (Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Kommentar, Band 4, B 3.6 Rn. 17). Vorliegend profitiert das – unmittelbar auf dem Betriebsgelände gelegene – Wohnhaus der Kläger von der Privilegierung des landwirtschaftlichen Betriebes im Außenbereich. Nach alledem erscheint zweifelhaft, ob die Lärmimmissionen des landwirtschaftlichen Betriebes zugunsten der Wohnnutzung als Vorbelastung berücksichtigt werden könnten. Wie ausgeführt kann diese Frage hier jedoch dahingestellt bleiben, da die TA Lärm auf die von den Klägern angeführten lärmemittierenden landwirtschaftlichen Anlagen keine Anwendung findet.“

Auf den Antrag der Kläger hat der Senat mit Beschluss vom 11. September 2018 die Berufung zugelassen (12 LA 133/18). Zur Begründung hat er Bedenken gegen die Annahme der Rechtmäßigkeit der Vorprüfung, bezogen auf die Ausgangs- und die Änderungsgenehmigung, sowie hinsichtlich der Berechnung der Lärmvorbelastung ohne Einbeziehung des klägerischen Betriebs aufgezeigt.

Die Kläger haben ihre Berufung am 1. Oktober 2018 begründet (vgl. Bl. 538 GA). Dazu berufen sie sich auf die Ausführungen des Senats im Zulassungsbeschluss, insbesondere die unterlassene Einbeziehung des von ihrem eigenen Betrieb (in der Nacht) ausgehenden Lärm in die maßgebliche Lärmvorbelastung, und machen zusätzlich geltend, die Vorprüfung (bezogen auf die Ausgangsgenehmigung) leide an weiteren Mängeln. So sei darin zu Unrecht nicht auf die von dem Windpark ausgehenden nachteiligen Auswirkungen auf die Bewirtschaftung ihres (angrenzenden) Grün- und Ackerlandes, dessen Lage sich aus der Karte auf Blatt 507 ff. der Gerichtsakte ergibt, eingegangen worden; unberücksichtigt geblieben seien etwa anlagebedingte Störungen des GPS-Empfangs und ihrer weidenden Rinder sowie im Übrigen eine anlagenbedingte Beeinträchtigung von Störchen, Kranichen und Fledermäusen. Der Maßstab der Erheblichkeit von relevanten Umwelteinwirkungen ergebe sich allein aus dem materiellen Recht. Zu Unrecht sei der vom Windpark ausgehende Lärm nach dem alternativen und nicht nach dem Interimsverfahren berechnet, dabei die Vorbelastung durch den klägerischen landwirtschaftlichen Betrieb (sowie „weitere Betriebe in der Umgebung“) ausgenommen sowie der „tieffrequente, sog. Körperschall“ als unbeachtlich eingestuft worden; es komme in ihrem Wohnhaus jedoch zu „tiefen Tönen, die den Wert von 25 dB(A) um ein Erhebliches überschritten.“ Die nachgeholte Vorprüfung bezogen auf die Änderungsgenehmigung sei ebenfalls rechtswidrig; der Schutz von Feldlerchen, Mäusebussarden, Störchen und Fledermäusen sei dabei unzureichend berücksichtigt worden. Zudem seien durch die Änderungsgenehmigung höhere Lärmemissionen als in der Ausgangsgenehmigung gestattet worden. Im Übrigen scheide eine Nachholung von Umweltverträglichkeits(vor-)prüfungen nach der Inbetriebnahme des betroffenen Vorhabens – wie hier – ohnehin aus.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg – Einzelrichterin der 12. Kammer – vom 7. Juni 2018 zu ändern sowie den Genehmigungsbescheid des Beklagten vom 5. August 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016 sowie den Änderungsbescheid vom 15. April 2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er vertritt die Ansicht, dass § 17 Abs. 3 UVPG a. F. vorliegend anwendbar gewesen sei; Gegenstand der Vorprüfung seien deshalb nur diejenigen „zusätzlichen oder anderen erheblichen Umwelteinwirkungen“ gewesen, die nicht bereits Gegenstand des (weitgehend übereinstimmenden) Umweltberichts zu den Bebauungsplänen der Beigeladenen zu 2) mit den Nrn. N. und O. waren. Ihre Mitarbeiterin sei bei der Vorprüfung am 4. August 2015 entsprechend verfahren. Zwar sei die artenschutzrechtliche Ausnahmeprüfung Gegenstand (nur) des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Bei der Vorprüfung gelte insoweit aber ein abweichender Maßstab; erheblich seien nur solche Auswirkungen, die „über die üblichen“ hinausgingen. Jede WEA neuerer Art und Größe beeinträchtige aber das Landschaftsbild; ebenso kämen Feldlerche und Mäusebussard im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten verbreitet vor. Mit ihrem Vorkommen müsse im niedersächsischen Kulturland beinahe flächendeckend gerechnet werden. Eine räumliche Verschiebung des Windparks sei aufgrund der Konzentrationswirkung der Flächennutzungsplanung nicht denkbar. Zumutbare technische Vermeidungsmaßnahmen, zur Abwendung eines Tötungsrisikos von Feldlerche und Mäusebussard, seien jedenfalls im Jahr 2015 nicht vorhanden gewesen. Bei den in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführten Kartierungen seien Kraniche und Störche weder im Plangebiet noch in dessen unmittelbarer Umgebung gesichtet worden. Er, der Beklagte, habe erstmals im Juni 2016 Kenntnis vom Aufenthalt von neun Störchen auf einer Grünlandfläche nördlich des Windparks erhalten.

Die von der Hofstelle der Kläger ausgehenden Lärmimmissionen hätten (als sog. Eigenbelastung) nicht in die in diesem Verfahren maßgebliche Vorbelastung eingerechnet werden müssen. Dies folge schon aus entsprechenden LAI-Hinweisen zur Auslegung der TA Lärm, entspreche der gängigen Verwaltungspraxis und gelte – nach dem ursprünglichen Vorbringen des Beklagten – im Übrigen zusätzlich schon deshalb, weil der klägerische Betrieb tatsächlich nicht als „lärmend“ genehmigt worden sei und von ihm daher Immissionen von max. 35 dB (A) (auf den nächstgelegenen „fremden“ Immissionspunkt) ausgehen dürften. Auf der Hofstelle selbst sei allerdings betriebsbedingt mit höheren Immissionen zu rechnen. Nachfolgend (Bl. 786 GA) hat der Beklagte seinen Vortrag „dahingehend ergänzt, dass auch er nicht davon ausgehe, dass die … Anlage der Kläger gar keine“n Lärm verursache. Die betriebsbedingten Tätigkeiten würden allerdings im Tageszeitraum stattfinden. Bei einer überschlägigen Berechnung könne eine relevante Eigenbelastung des überwiegend im „Schallschatten der hofeigenen Lärmquellen“ (Ställe) liegenden Wohnbereichs der Kläger nicht festgestellt werden.

Bezogen auf die Änderungsgenehmigung sei eine Vorprüfung nachgeholt worden und habe am 14. Dezember 2018 zu dem Ergebnis geführt, dass es dadurch zu keinen erheblichen Umweltauswirkungen kommen werde (vgl. Bl. 645 GA).

Die Beigeladene zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen, sowie

hilfsweise die Verhandlung zur Heilung von Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 1b UmwRG auszusetzen sowie einen Hinweisbeschluss zu erlassen.

Die Abschichtungsregelung nach § 17 Abs. 3 UVPG a. F. sei jedenfalls nach ihrem Sinn und Zweck auch auf eine Vorprüfung im folgenden Zulassungsverfahren anwendbar und hier rechtmäßig angewandt worden. Auch hinsichtlich des Vorliegens einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG habe auf das Bauleitverfahren verwiesen werden können; ob es sich insoweit um eine erhebliche nachteilige Umweltauswirkung handele, sei deshalb unerheblich. Im Übrigen sei diese Frage zu verneinen, weil das UVPG insoweit eine andere (engere) – nämlich populations- und nicht individuenbezogene – Zielrichtung als das Artenschutzrecht verfolge; eine räumliche Alternative im gesamten Gebiet des Beklagten sei nicht zu prüfen gewesen. Die von den Klägern vermisste Bewertung der Belange der Landwirtschaft sei in der Vorprüfung hinreichend erfolgt. Die Vorprüfung bezogen auf das geänderte Vorhaben sei ordnungsgemäß nachgeholt worden.

Die Beigeladene zu 1) vertritt weiter die Ansicht, dass die klägerische Anlage nicht als lärmend immissionsschutzrechtlich genehmigt worden sei und schon deshalb von ihrem Betrieb keine relevante Vorbelastung ausgehen könne; zudem seien bei Ortsbesichtigungen keine relevanten Lärmemissionen festgestellt worden. Die Eigenbelastung sei immissionsschutzrechtlich unbeachtlich, ihre Grobabschätzung unmöglich (vgl. Bl. 822 GA). Eine gesonderte „Alterteilerwohnung“ sei für die Kläger zu 1) und 2) nicht genehmigt worden; andernfalls teile eine solche Wohnung wegen ihrer Lage auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin zu 3) deren allenfalls eingeschränkte Schutzwürdigkeit gegenüber Lärm. Im Übrigen sei in der maßgebenden, aktuellen Immissionsprognose bereits ein Sicherheitszuschlag von 2 dB(A) enthalten. Die von den Klägern vorgelegten Ergebnisse eigener Lärmmessungen seien unbrauchbar. Zu Recht sei die von ihrem Windpark ausgehende Immissionsbelastung im Jahr 2016 (noch) auf der Grundlage des sog. alternativen Verfahrens erfolgt; jedenfalls in diesem Zeitpunkt sei stattdessen noch nicht das Interimsverfahren anzuwenden gewesen.

Von ihren WEA gingen auch im Übrigen, etwa bezogen auf tieffrequente Geräusche, zu Lasten der Kläger keine schädlichen Umwelteinwirkungen aus.

Die Beigeladene zu 2) stellt im Berufungsverfahren keinen Antrag. In der Sache vertritt sie nachdrücklich die Ansicht, die von einer Anlage auf einem – als Immissionspunkt zu beurteilenden – Grundstück selbst ausgehende bzw. ihm zuzurechnende sog. Eigenbelastung sei nicht als Lärmvorbelastung nach Nr. 2.4.1 Abs. 1 TA Lärm anzusehen. Die TA Lärm biete vor einer solchen Eigenbelastung insgesamt keinen Schutz.

Die Beigeladene zu 3) beantragt ebenfalls,

die Berufung zurückzuweisen, sowie

hilfsweise die Verhandlung zur Heilung von Verfahrensfehlern nach § 4 Abs. 1b UmwRG auszusetzen sowie einen Hinweisbeschluss zu erlassen.

und zwar nach dem Verlauf der mündlichen Verhandlung aus den bereits von der Beigeladenen zu 1) und 2) vorgetragenen Gründen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

Die zulässige, insbesondere fristgerecht begründete Berufung der Kläger gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts ist teilweise begründet. Denn die von ihnen – jeweils als grundsätzlich rechtmäßig im Einwirkungsbereich der umstrittenen WEA wohnhafte Personen – erhobene Anfechtungsklage ist jeweils zulässig und teilweise begründet, im Übrigen unbegründet.

Die angegriffene Genehmigung ist aus den folgenden Gründen nicht vollziehbar; sie leidet aber nicht an so schwerwiegenden Mängeln, dass sie darüber hinaus – wie von den Klägern weiter gehend beantragt – auch aufzuheben wäre.

Gemäß § 8 Abs. 1 i. V. m. §§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a), 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) und Satz 2 sowie Abs. 1b) Satz 1 UmwRG ist u. a. eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung für ein Vorhaben, für das im Genehmigungsverfahren eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach dem UVPG (= Vorprüfung) erforderlich (gewesen) ist, nicht vollziehbar, wenn diese Vorprüfung zwar nicht entsprechend den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt worden … und das Ergebnis nicht nachvollziehbar ist, dieser Mangel jedoch in einem ergänzenden Verfahren behoben werden kann und die Genehmigung auch im Übrigen nicht an sonstigen, zu ihrer Aufhebung führenden Mängeln leidet. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Nach § 4 Abs. 1 BImSchG i. V. m. § 1 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV bedurfte die Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1) und zu 3) für die Errichtung und den Betrieb der ursprünglich von ihr geplanten (und nunmehr von den Beigeladenen zu 1] und 3] betriebenen) acht WEA mit einer Gesamthöhe von jeweils „mehr als 50 m“ einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung.

1.a) Gemäß § 74 Abs. 1 UVPG, § 3c Satz 1 i. V. m. Nr. 1.6.2 der Anlage 1 zum UVPG a. F. war dazu im Rahmen des Genehmigungsverfahrens eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls vorzunehmen.

Zu ermitteln war, ob das Vorhaben nach Einschätzung der zuständigen Behörde aufgrund überschlägiger Prüfung „erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann“ und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Entgegen des Vorbringens der Beigeladenen zu 1) und 3) ist Maßstab für die Erheblichkeit von Umweltauswirkungen grundsätzlich das materielle Zulassungsrecht und nicht ein davon abweichender Maßstab des UVPG selbst. Erheblich sind danach jedenfalls solche Umweltauswirkungen, die zu einer Versagung der Genehmigung führen; damit ist die Untergrenze der Erheblichkeit aber nicht abschließend bestimmt (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.12.2013 - 4 A 1/13 -, juris, Rn. 37 ff.). Vielmehr sind danach bei der Erteilung einer der Abwägung unterliegenden Zulassung Umweltauswirkungen (jedenfalls) bereits dann erheblich sind, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der … Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des – der Abwägung unterliegenden – Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann. Nach § 3c Satz 3 UVPG a. F. ist bei der Vorprüfung außerdem zu berücksichtigen, inwieweit Umweltauswirkungen durch die vom Vorhabenträger vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen sind. Artenschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind danach hingegen nicht zugunsten des Vorhabenträgers in die Beurteilung der Erheblichkeit von vorhabenbedingten Umweltauswirkungen einzubeziehen (vgl. Tepperwien, in Schink/Reidt/Mitschang, UVPG, UmwRG, § 7 UVPG, Rn. 10, m. w. N.), sondern indizieren das Vorliegen erheblicher Umweltauswirkungen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 20.11.2018 - 5 S 2138/16 -, juris, Rn. 117, m. w. N.). Erst recht erheblich sind damit solche Umweltauswirkungen, die selbst unter Berücksichtigung von Kompensationsmaßnahmen des Vorhabenträgers verbleiben und grundsätzlich umweltbezogen einen Grund für die Versagung der Vorhabengenehmigung darstellen, auch wenn sie materiell-rechtlich ausnahmsweise im übergeordneten öffentlichen Interesse „überwunden“ werden können. Bedarf das Vorhaben zu seiner Zulassung also etwa einer artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 Abs. 7 (Satz 1 Nr. 5) BNatSchG, so gehen von ihm erhebliche Umweltauswirkungen aus, ohne dass sie insoweit der vom Beklagten geltend gemachten Differenzierung nach dem „Wert“ der betroffenen Art und der Bedeutung der Ausnahme für die Population (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.6.2006 - 9 A 28/05 -, juris, Rn. 36) zugänglich sind.

Ausgehend davon, dass die Erheblichkeitsschwelle i. S. d. UVPG (a. F.) nicht mit der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens gleichzusetzen ist, sondern – unterhalb hiervon – jedenfalls bei Planungsentscheidungen bereits beim „Heranreichen an die Zumutbarkeitsschwelle“ erreicht ist, hat auch ein Vorhaben, das, wie hier nach § 6 Abs. 1 BImSchG, einer gebundenen Zulassung bedarf, erhebliche Umweltauswirkungen zur Folge, wenn vorhabenbedingt die bei einer Zulassung im Regelfall maßgebenden umweltbezogenen Richtwerte nicht nur „ausgeschöpft“, sondern überschritten werden und nur durch eine, zumal nicht zwingende Anhebung dieser Zumutbarkeitsgrenze die Zulassungsfähigkeit des Vorhabens hergestellt werden kann. Übertragen auf den hier u. a. relevanten anlagenbedingten Lärm liegt daher die Erheblichkeitsschwelle i. S. d. UVPG (a. F.) bei den sich für den Regelfall aus Nr. 6.1 TA Lärm ergebenden Immissionsrichtwerten, ohne diese nach Nr. 3.2.1 Abs. 3 TA Lärm um (einschließlich der Rundung) weitere bis zu 1,4 dB(A) zu erhöhen. Denn dabei handelt es sich um eine ausnahmsweise Erhöhung der Zumutbarkeitsgrenze (vgl. Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Stand Sept. 2016, Nr. 3, Rn. 33), die an die zusätzliche Voraussetzung der „Sicherstellung“ geknüpft und dem Wortlaut „soll“ nach nicht einmal zwingend ist.

Der weiteren Annahme des Beklagten, die aufgezeigte allgemeine Erheblichkeitsschwelle i. S. d. UVPG müsse ggf. vorhabenbezogen modifiziert werden, kann jedenfalls grundsätzlich, und damit u. a. bezogen auf die artenschutzrechtliche Ausnahmeerteilung, nicht gefolgt werden. Zwar differenziert das Gesetz in Nr. 1.6 der Anlage 1 zum UVPG a. F. je nach der Zahl der zu einer „Windfarm“ gehörenden Windenergieanlagen zwischen einer zwingenden Umweltverträglichkeitsprüfung, den beiden Arten der Vorprüfung und nicht einmal vorprüfungspflichtigen Vorhaben. Diese Differenzierung wäre in Frage gestellt, wenn aktuelle WEA Eigenschaften aufwiesen, auf Grund deren sie nahezu immer UVP-pflichtig wären; dann könnte man sich die Differenzierung „sparen“. Dieser Gesichtspunkt mag angesichts der Höhe moderner WEA und ihrer in der Regel dadurch bedingt zu bejahenden Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dafürsprechen, in einer so begründeten Landschaftsbildbeeinträchtigung noch keine erhebliche Umweltauswirkung zu erblicken (so etwa Bayr. VGH, Beschl. v. 19.8.2015 - 22 ZB 15.458 -, juris, Rn. 36), er lässt sich jedoch nicht auf die Bewertung der Erforderlichkeit einer artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigung zur Verwirklichung eines Windparks übertragen. Eine solche Ausnahmegenehmigung ist nach den umfangreichen Erfahrungen des Senats nämlich gerade nicht regelmäßig (bundesweit) für einen Windpark erforderlich. Bloße räumliche Besonderheiten in einzelnen Landkreisen oder Landschaftsräumen sind insoweit bei der Auslegung des UVPG (a.F.) als bundesweit geltender Norm unerheblich.

Schließlich spricht aus Sicht des Senats auch Überwiegendes gegen die Richtigkeit der Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 1) und 3), der so bestimmte Prüfungsumfang der allgemeinen Vorprüfung könne im Wege systematischer Auslegung durch § 17 Abs. 3 UVPG a. F. dahin reduziert werden, dass schon in der Vorprüfung für das Zulassung eines Vorhabens, dem – wie hier – mindestens ein Bauleitverfahren mit einer Umweltprüfung vorausgegangen sei, nur noch „zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen“ zu bewerten seien. Denn dagegen sprechen neben dem Wortlaut jedenfalls die Systematik und die Entwicklungsgeschichte der Norm.

§ 17 Abs. 3 UVPG a. F. bezieht die darin enthaltene Abschichtungsregel nämlich – ebenso wie § 50 Abs. 3 UVPG n. F. als Nachfolgenorm – ausdrücklich auf eine zulassungsbezogene „Umweltverträglichkeitsprüfung“, und zwar ohne die in Absatz 1 dieser Norm jeweils ausdrücklich erfolgte Einbeziehung der – davon zu unterscheidenden – Vorprüfung; erst recht enthält Absatz 3 des § 17 UVPG a. F. (bezogen auf die Zulassungsebene) nicht die in seinem Absatz 1 Satz 2 (bezogen auf die Bebauungsplan ebene) ausdrücklich enthaltene Regelung, wonach bei Durchführung einer Umweltprüfung eine Vorprüfung entfällt. Zusätzlich macht der in § 17 Abs. 3 zweiter Halbsatz zweite Alternative UVPG a. F. vorgegebene Maßstab der Prüfung des Vorliegens anderer „erheblicher“ Umweltauswirkungen für die Vorprüfung wörtlich verstanden keinen Sinn. Denn durch sie soll gerade erst festgestellt werden, ob von dem Vorhaben überhaupt erhebliche Umweltauswirkungen ausgehen können. Der abweichende, für die Vorprüfung geltende Maßstab wird dementsprechend in § 3c Satz 1 UVPG a. F. so beschrieben, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wenn das Vorhaben „erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.“

Der Gesetzgeber hat zudem in § 7 Abs. 5 Satz 2 UVPG n. F. als deutlich detaillierterer, insoweit aber nicht erkennbar abweichender Nachfolgeregelung zu § 3c UVPG a. F. für die Vorprüfung ausdrücklich bestimmt, dass die Behörde ihr vorliegende Ergebnisse vorgelagerter Umweltprüfungen (etwa auch aus der Aufstellung von Bauleitplänen, vgl. Tepperwien, a. a. O., § 7 UVPG, Rn. 11) zu den vorhabenbedingten Umweltauswirkungen in die Vorprüfung einbezieht. Solche Erkenntnisse beschränken aber den entsprechenden Umfang der Vorprüfung nicht oder lassen sie gar ganz entfallen. Daher liegt die Annahme eher fern, der Gesetzgeber habe in § 17 Abs. 3 UVPG a. F. bzw. erst recht bezogen auf § 50 Abs. 3 UVPG n. F. die Fälle der Vorprüfung übersehen.

Die danach in jedem Fall zulässige Einbeziehung dieser bereits aus vorhergehenden Bauleitverfahren stammenden Erkenntnisse in die (interne) Vorprüfung reicht zumindest teilweise aus, unnötige Doppelprüfungen zu vermeiden. Können danach vorhabenbedingt keine erheblichen Umweltauswirkungen entstehen, ist die Prüfung nämlich abgeschlossen, andernfalls ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung durchzuführen. Dass (erst) auf dieser Folgestufe dann die Begrenzung des § 17 Abs. 3 UVPG a. F. eingreift, macht die förmliche „Umweltprüfung“ schon wegen der (erneuten) Öffentlichkeitsbeteiligung und der dann nie auszuschließenden Möglichkeit, dass dabei neue oder bislang verkannte erhebliche Umweltauswirkungen zu Tage treten, nicht zwingend sinnlos. Ob das Ziel, die dann ggf. erforderliche doppelte Prüfung zu vermeiden, so gewichtig ist, dass es die zuvor bezeichneten gegenteiligen Auslegungskriterien überwiegt und eine Beschränkung des Prüfungsumfangs bereits der Vorprüfung trägt, erscheint dem Senat sehr fraglich, kann hier aber mangels Entscheidungserheblichkeit offenbleiben.

Denn eine solche Beschränkung des Prüfungsumfangs der Vorprüfung bezogen auf die Zulassung des Vorhabens setzt jedenfalls voraus, dass die durch Abschichtung von der Vorprüfung auszunehmenden Umweltauswirkungen bereits vollständig und deckungsgleich auf der vorhergehenden Ebene der Bauleitplanung abgearbeitet worden sind (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 10.1.2020 - 8 B 11880/19 -, juris, Rn. 21; Mitschang, in Schink/Reidt/Mitschang, a. a. O., § 50 UVPG., Rn. 82, der auf die „grundsätzlich unterschiedlichen Prüfinhalte auf beiden Ebenen“ verweist). Zudem kann es nur insoweit zu einer Abschichtung kommen, als entsprechende Belange jedenfalls auch zu Recht auf der vorhergehenden Ebene der Bauleitplanung behandelt worden sind.

Ob diese Vorgaben für die Vorprüfung beachtet worden sind, ist anhand des nach § 3c Satz 6 UVPG a. F. zu dokumentierenden Ergebnisses der Vorprüfung zu kontrollieren (vgl. etwa Senatsbeschl. v. 12.12.2017 - 12 LA 102/17 -, juris, Rn. 16, m. w. N.).

Das hier bezogen auf das umstrittene Vorhaben in seiner Ausgangsfassung unter dem 4. August 2015 (Bl. 136 ff. Beiakte [= BA] 2) dokumentierte Ergebnis der Vorprüfung entspricht danach in den folgenden Punkten nicht den gesetzlichen Vorgaben und ist damit „nicht nachvollziehbar“.

aa) Soweit der Beklagte und die Beigeladenen zu 1) und 3) im gerichtlichen Verfahren geltend machen, die artenschutzrechtliche Bewertung des Vorhabens sei unter Anwendung der Abschichtungsregel des § 17 Abs. 3 UVPG a. F bereits abschließend auf der vorhergehenden Ebene bei der Aufstellung der Bebauungspläne Nr. N. und O. erfolgt, „zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen“ seien insoweit nicht zu Tage getreten, entspricht dieser Einwand schon nicht dem tatsächlich erfolgten und dokumentierten Prüfungsablauf. Vielmehr war nach der Dokumentation der Vorprüfung der Artenschutz darin ausdrücklich „zu betrachten …, da er im Aufstellungsverfahren zwar ermittelt und bewertet, aber nicht verbindlich über Festsetzungen geregelt worden“ sei. Die Prüfung, ob eine artenschutzrechtliche Ausnahme in die immissionsschutzrechtliche Genehmigung aufzunehmen sein wird und ob insoweit eine erhebliche Umweltauswirkung zu bejahen ist, betraf demnach eine zuvor im Verfahren zur Aufstellung der Bebauungspläne zu Recht noch nicht vollständig beurteilte Umweltauswirkung. Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung ist nämlich nicht nur eine Zusammenfassung der Auswirkungen, sondern auch deren Bewertung (§§ 11, 12 UVPG a. F.). Zwar gilt diese Differenzierung grundsätzlich auch für die im Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan erforderliche Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 Satz 1 BauGB). Für die Bewertung im Bebauungsplanverfahren einerseits und im Zulassungsverfahren andererseits ist aber jeweils ein unterschiedlicher artenschutzrechtlicher Maßstab zu beachten. Denn im Bauleitverfahren sind etwaige artenschutzrechtliche Hindernisse (bezogen auf den Anwendungsbereich des § 44 Abs. 5 Satz 2 BNatSchG – wie hier) in der Regel nur von Bedeutung, wenn sie der Zulassung eines Vorhabens im Umsetzung des Bebauungsplans ersichtlich entgegenstehen und dessen Erlass deshalb nicht i. S. d. § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist; die Prüfung der Einzelheiten einschließlich der Voraussetzungen für eine etwaige Ausnahme sind damit dem Zulassungserfahren vorbehalten und können rechtmäßig, zumal bei einem Angebotsplan – wie hier –, nicht bereits auf der Ebene der Bauleitplanung abgearbeitet werden (vgl. nur Gellermann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, § 44 BNatSchG, § 44, Rn. 48 - 51, m. w. N., sowie Senatsurt. V. 9.6.2016 – 12 KN 187/15 -, juris, Rn. 71, OVG NRW, Urt. v. 17.5.2017 - 2 D 22/15 -, juris, Rn. 78 ff., und OVG Hamburg, Beschl. v. 23.6.2017 - 1 Bs 14/17 -, juris, Rn. 51 ff.).

Die insoweit ergänzend erfolgte Prüfung im Rahmen der „Vorprüfung“ war also grundsätzlich richtig, aber wiederum fehlerbehaftet. Denn nach dem aufgezeigten Maßstab konnte die Erheblichkeit der artenschutzrechtlichen Umweltauswirkungen des Vorhabens nicht verneint werden, wenn dazu – wie hier auf der Grundlage der rechtmäßigen Ausführungen des Beklagten – eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG vom Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für zwei Vogelarten für erforderlich erachtet und im Übrigen in dem der Vorprüfung folgenden Genehmigungsbescheid auch erteilt worden ist. Zudem ist die dann nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5, Satz 2 Alt. 1 BNatSchG gebotene Alternativenprüfung in der dokumentierten Vorprüfung insgesamt unterblieben. Der Erlass der Bebauungspläne ersetzte diese Prüfung nicht, da ihr Erlass gemäß § 44 Abs. 5 Satz 1 und 2 BNatSchG insoweit gerade keine „Abschirmungswirkung“ entfaltet. Der Verweis auf die – in der Beigeladenen zu 2) als Standortgemeinde zusätzlich erfolgte – Konzentrationsplanung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB (vgl. S. 39 der Begründung zum B-Plan Nr. N., BA 8, bzw. S. 41 zum B-Plan Nr. S.) trägt schon deshalb nicht, weil diese Planung bezogen auf ihre hier in Rede stehende Ausschlusswirkung vom Senat in seinem rechtskräftigen Urteil vom 3. Dezember 2015 (12 KN 216/13) gerade für unwirksam erklärt worden ist. Ihr kann also nicht rechtmäßig die Aussage entnommen werden, (schon) im Gemeindegebiet stünden keine artenschutzrechtlich besser geeigneten Standorte für die Nutzung der Windenergie zur Verfügung. Unabhängig hiervon hat der Senat bereits entschieden, dass insoweit nicht nur Alternativen in der Standortgemeinde, sondern darüber hinaus im gesamten Gebiet des jeweiligen Trägers der Regionalplanung, hier also nach § 20 Abs. 1 Satz 1 NROG im Gebiet des Beklagten, in den Blick zu nehmen sind (Urt. v. 25.10.2018 - 12 LB 118/16 -, juris, Leitsatz 10). Das ist hier nicht erfolgt, und es ist auch nicht ersichtlich, dass an allen anderen Standorten im Kreisgebiet mindestens gleichwertige artenschutzrechtliche Hindernisse bestünden.

bb) Daneben ist zu beanstanden, dass die vom Vorhaben in der ursprünglich genehmigten Fassung ausgehenden Lärmimmissionen als „unerhebliche“ Umwelteinwirkung eingestuft wurden.

Dies gilt schon auf der Grundlage des hierzu herangezogenen Lärmschutzgutachtens der R. vom 23. März 2015. Soweit es danach nämlich, wie in der Vorprüfung richtig erkannt worden ist, an zwei Immissionspunkten mit Wohnhäusern im Außenbereich zu Nachtwerten von (aufgerundet) 46 dB(A) kommt, die allenfalls nach Nr. 3.2.1 (Abs. 3) TA Lärm ausnahmsweise zulassungsfähig sind, ist damit die zuvor lärmbezogen bezeichnete Erheblichkeitsschwelle überschritten. Eine solche Überschreitung ist zudem nicht (stets) „zulässig“; vielmehr soll sie zugelassen, wenn „dauerhaft sichergestellt ist, dass die Überschreitung nicht mehr als 1 dB(A) beträgt“. Hierzu (vgl. Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Werkstand: 91. EL September 2019, TA Lärm Nr. 3.3, Rn. 19) fehlen jedoch Ausführungen in der Vorprüfung (und im Lärmschutzgutachten). Im Übrigen konnten die Vertreter des Beklagten auch in der mündlichen Verhandlung nicht überzeugend darlegen, wie praktisch vorliegend die erforderliche dauerhafte Sicherstellung erfolgt. Eine genaue Überprüfung der Einhaltung der Lärmrichtwerte wäre jedenfalls insoweit umso mehr angezeigt gewesen, als die Überschreitung nicht nur an einem einzelnen Punkt, sondern an zwei durchaus verschiedenen Punkten eintritt und zudem weitere evtl. Vorbelastungen (siehe sogleich) unberücksichtigt geblieben sind. Dass in der Genehmigung trotz Bezugnahme auf dasselbe Gutachten dann die Einhaltung eines Immissionswertes von max. 45 dB(A) in der Nacht vorgegeben worden ist, ist für die Fehlerhaftigkeit der Vorprüfung unerheblich.

Die Vorprüfung ist bezogen auf die Bewertung der Lärmbelastung als unerhebliche Umweltauswirkung zusätzlich deshalb fehlerhaft, weil die Lärmvorbelastung (Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm) unzureichend ermittelt worden ist. Angesichts der an mehreren Punkten erreichten bzw. sogar überschrittenen Schwelle von 45 dB(A) als Nachtwert (bei einem ursprünglich ohnehin schon teilweise eingeschränkten Betrieb einer WEA) können bereits verhältnismäßig geringfügige weitere Vorbelastungen zu einer Überschreitung führen, jedenfalls aber nicht ersichtlich oder nach einer „optischen Grobprüfung“ ausgeschlossen werden. Die damit gebotene nähere Prüfung auf eine Lärmvorbelastung ist jedoch im Genehmigungsverfahren jedenfalls bezogen auf den von dem Betrieb der Klägerin zu 3) ausgehenden Lärm unterblieben, obwohl dieser Betrieb im Januar 2016, dem Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides, aber auch bereits im vorhergehenden Zeitpunkt des Abschlusses der Vorprüfung im August 2015 seit langem immissionsschutzrechtlich genehmigt war und damit von ihm ausgehender Lärm nach Nrn. 1 Abs. 2 (c), 2.4 TA jedenfalls für ihre Nachbarn grundsätzlich als Vorbelastung zu berücksichtigen war. Nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung ist in die Beurteilung der Gutachter, vom klägerischen Betrieb gingen allenfalls unerhebliche Lärm(vor)belastungen aus, jedoch nicht eingeflossen, dass die Klägerin zu 3) nach der Nebenbestimmung Nr. 24 in der aktuellen Genehmigung vom 4. Mai 2015 für ihren Betrieb in drei Rinderställe auch in der Nacht zu betreibende lärmemittierende Lüftungsanlagen einzubauen hatte. Im Hinblick auf die insoweit betroffenen östlich nahegelegenen weiteren Immissionspunkte, etwa „C“, kann hier deshalb die Frage offenbleiben, ob diese Vorbelastung als sog. Eigenbeschallung auch bezogen auf den Schutz des klägerischen Betriebs selbst zu ermitteln gewesen wäre.

cc) Die Rügen der Kläger, im Rahmen der Vorprüfung seien zu Unrecht weitere Gesichtspunkte nicht bzw. nicht hinreichend berücksichtigt worden, greifen hingegen nicht.

Der Senat hält insoweit an seinen Ausführungen im Rahmen seines o. a. Beschlusses vom 19. Dezember 2016 fest:

.. weil die von ihnen gehaltenen Milchkühe auf ihren Weiden insbesondere dem rotierenden Schlagschatten ausgesetzt seien, wodurch sie in ihrem Wohlbefinden beeinträchtigt würden, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Für eine Betroffenheit in einer von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise reicht es nicht aus, dass anzunehmen ist, die durch die Errichtung und den Betrieb der Windenergieanlage veränderten Verhältnisse könnten den gehaltenen Tieren und ihrer Haltung eine Anpassungsleistung abverlangen. Es ist in der Rechtsprechung gestützt auf fachliche Bewertungen und die Auswertung gesammelter Erfahrungen anerkannt, dass eine Gewöhnung von Nutztieren an den rotierenden Schlagschatten einer Windkraftanlage möglich ist (Nds. OVG, Beschl. v. 3.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris, Rn. 25; VG Münster, Urt. v. 23.11.2006 - 2 K 3525/02 -, juris, Rn. 45). Der Sachvortrag der Antragsteller gibt keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser Einschätzung zu zweifeln. Wirtschaftliche Einbußen, die mit einer solchen - zeitlich begrenzten - Eingewöhnungsphase einhergehen können, sind zumutbar, weil es sich um einen Konflikt zwischen einer vom Gesetzgeber als besonders förderungswürdig eingestuften Gewinnung regenerativer Energie und der landwirtschaftlichen Betätigung, also um Nutzungen handelt, die gleichermaßen auf den Außenbereich angewiesen und deshalb dort auch gleichermaßen bevorrechtigt zulässig sind. Außer Betracht darf auch nicht bleiben, dass ein Landwirt in der Regel über Ausweichmöglichkeiten verfügt, um sein Weidevieh den angesprochenen, übergangsweise möglichen Nutzungskonflikten zu entziehen, während die Suche nach dem geeigneten Standort für eine Windenergieanlage typischerweise von ungleich strengeren tatsächlichen (und rechtlichen) Voraussetzungen abhängt (VG Münster, Urt. v. 23.11.2006 - 2 K 3525/02 -, juris, Rn. 45).

Der Einwand der Antragsteller, es sei unberücksichtigt geblieben, dass sich auch Menschen viele Stunden am Tag im Außenbereich im Einwirkungsbereich der rotierenden Schlagschatten aufhielten, um die Tiere auf die Weide zu geleiten, sie zum Melken hereinzuholen oder sonst zu betreuen und die Weideflächen zu bearbeiten, führt zu keiner anderen Betrachtung. Soweit die Antragsteller damit auf „optisch unzumutbare Beeinträchtigungen“ verweisen wollen, ist ihnen zunächst entgegenzuhalten, dass sich die von ihnen in diesem Zusammenhang in Bezug genommene Rechtsprechung, wonach eine unzumutbare Beeinträchtigung durch optische Bedrängung in der Regel anzunehmen sein wird, wenn der Abstand zwischen Wohnhaus und Windenergieanlage das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage unterschreitet, nur auf Wohngrundstücke bezieht (Nds. OVG, Beschl. v. 3.11.2016 - 12 ME 131/16 -, juris, Rn. 21 m. N.). Im Übrigen ist schon nicht hinreichend dargelegt oder sonst zu erkennen, dass der Abstand zwischen den Weideflächen der Antragsteller und den Windenergieanlagen das Zweifache der Gesamthöhe der Anlage unterschreitet. In der von den Antragstellern als Anlage 3 vorgelegten Amtlichen Karte (S. 308 GA) sind die Weideflächen nordwestlich von ihrer Hofstelle verzeichnet. Es spricht nichts dafür, dass die Weideflächen näher an der nördlichsten (WEA Nr. 4) der insgesamt südwestlich gelegenen Windenergieanlagen liegen könnten als das Wohnhaus der Antragsteller, das - wie erwähnt - ca.700 m entfernt von dem geplanten Standort der Windenergieanlage WEA 4 liegen soll. Sollten die Antragsteller auf Belästigungen durch Schattenwurf abheben wollen, wäre anzumerken, dass es sich bei den landwirtschaftlich genutzten Außenbereichsflächen nicht um maßgebliche Immissionsorte, wie schutzwürdige Räume nebst anschließende Au-ßenflächen (z.B. Terrassen und Balkone) oder unbebaute Flächen, auf denen nach Bau- oder Planungsrecht Gebäude mit schutzwürdigen Räumen zulässig sind, handeln würde.

Diesen Ausführungen ist hinzuzufügen, dass die Kläger trotz des mittlerweile laufenden Betriebs des umstrittenen Windparks keine konkreten Probleme für Mensch oder Tier bei der Weidehaltung ihrer Rinder oder dem ackerbaulichen Betrieb aufgezeigt haben und auch eine etwaige Überschreitung entsprechend geltender arbeitsschutzrechtlicher Bestimmungen etwa zum Schutz von Menschen vor Lärm bei einem berufsbedingt zwingend länger andauernden Aufenthalt (etwa eines Landwirts) im (nahen) Einwirkungsbereich einer WEA (vgl. Senatsbeschl. v. 17.6.2019 - 12 ME 81/19 - Bl. 7 des Abdrucks) nicht zu erkennen ist.

Soweit die Antragsteller meinen, ihre nachbarschützenden Rechte seien unbeachtet geblieben, ihre Ackerflächen bearbeiteten sie mit einer GPS-gestützten Steuerung, rotierende Flügel der Windenergieanlagen gestatteten im unmittelbaren Nahbereich keine GPS-Steuerung, die Bearbeitung der Felder sei nicht mit der bisher gewohnten Akkuratesse möglich, ergeben sich daraus keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit der erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die Antragsteller haben ihre - von der Beigeladenen zu 1. bestrittene - Behauptung einer Störung der GPS-gestützten Steuerung durch rotierende Flügel von Windenergieanlagen nicht weiter substantiiert und auch nicht belegt. Soweit sie behaupten, „selbst die Anlagenhersteller bestätigten, dass die rotierenden Flügel zu einer „Zerstreuung“ der entsprechenden Angaben über Satellit“ führten (S. 2 des Schriftsatzes vom 29. Juni 2016, Bl. 374, 375 GA), haben sie eine solche Bestätigung nicht vorgelegt. Für entsprechende Belege gibt es nach summarischer Prüfung auch keine hinreichenden Anhaltspunkte.

Auch im Klageverfahren haben sich dazu keine weiteren Erkenntnisse ergeben und sind trotz der aufrechterhaltenen Behauptung, es handele sich dabei um ein verbreitetes, von den Herstellern eingeräumtes Problem, keine Nachweise vorgelegt worden. Die von den Klägern stattdessen eingereichten Unterlagen beziehen sich nicht auf die satellitengestützte Navigation. Auch technisch drängt sich nicht die Annahme auf, von WEA könnten Störungen ausgehen, die den – für die in Rede stehende Navigation erforderlichen – Verbindungsaufbau etwa zwischen Empfangsgeräten in einem Traktor und Satelliten im All hinderten. Nähere Ausführungen zu dieser Problematik unter dem von den Klägern geltend gemachten „Gesichtspunkt“ des Schutzes vom Menschen waren schon deshalb in der Vorprüfung nicht geboten.

Der Vortrag der Antragsteller in ihrem Schriftsatz vom 3. Juni 2016 (Bl. 315 ff. GA) anhand von am 12. Mai 2016 gefertigten Lichtbildern (bzw. in ihrem Schriftsatz vom 22. Juni 2016, Bl. 358 ff. GA, anhand von am 8. Juni 2016 gefertigten Lichtbildern; ferner Schriftsatz vom 2. August 2016, Bl. 402 GA), Störche hätten sich zur Nahrungssuche trotz der im Teilbetrieb befindlichen Anlagen auf ihren Flächen eingefunden, ist mit Blick auf die mit diesem Vortrag gerügte Fehlerhaftigkeit der Bestandserfassung unerheblich. Die Antragsteller haben nicht zugleich im Einzelnen dargelegt, dass und weshalb feststehe, es seien diese Tiere im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am jeweils behaupteten Ort vorhanden gewesen (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, juris, Rn. 77). Davon abgesehen würden sich die Bestandsermittlungen einer Umweltverträglichkeits[vor]prüfung nicht bereits deshalb als rechtswidrig erweisen, wenn einzelne Individuen einer Tierart im Ergebnis nicht ermittelt worden wären (vgl. dazu Nds. OVG, Beschl. v. 16.11.2016 - 12 ME 132/16 -, juris, Rn. 79 f.). Im Hinblick auf die im Schriftsatz der Antragsteller vom 1. Juli 2016 (Bl. 376 GA) angeführten Nilgänse und Kiebitze gilt nichts anderes.

Im Klageverfahren haben die Kläger dazu weitere Fotos vorgelegt, ohne aber die nach dem Vorstehenden erforderliche örtliche und zeitliche Konkretisierung und die Erheblichkeit der temporären Anwesenheit insbesondere von Störchen im Umfeld des Windparks und eine darauf beruhende Fehlerhaftigkeit der Vorprüfung näher aufzuzeigen; solche Mängel sind für den Senat daher nicht gegeben.

b) Die am 2. Februar 2016, d. h. nach dem Erlass des Widerspruchsbescheides, beantragte Vorhabensänderung, die aufbauend auf der Lärmminderung durch die Verwendung „gekämmter“ Rotorblätter zugleich den Antrag auf Zulassung eines nunmehr unbeschränkten Nachtbetriebs der WEA 6 umfasste, bedurfte jedenfalls aufgrund des ausdrücklichen Antrags des Vorhabenträgers nach § 16 Abs. 4 Satz 1 BImSchG einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung; im Übrigen war die beabsichtigte nächtliche Leistungserhöhung für die bislang gedrosselte WEA 6 abstrakt auch geeignet, „nachteilige, nicht offensichtlich geringe Auswirkungen“ i. S. d. § 16 Abs. 1 BImSchG hervorzurufen.

Für diese Anlagenänderung war – wie auch vom Beklagten jedenfalls nachträglich angenommen worden ist – eine eigenständige Vorprüfung erforderlich. Gemäß § 1 Abs. 3 Halbsatz 1 Var. 2 der 9. BImSchV a. F. ist nämlich zu prüfen gewesen, ob die (immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtige) Änderung einer Anlage nach Anlage 1 des UVPG – wie hier – erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die in § 1a genannten Schutzgüter haben kann; diese Norm verdrängte wegen Spezialität die allgemeinen Regelungen in §§ 3b Abs. 3, 3e UVPG a. F. über die Vorprüfungspflicht bei einem Änderungsvorhaben (vgl. zur Begründung der Aufhebung BR.-Drs. 268/17, S. 22).

Diese Vorprüfung konnte nachgeholt werden. Sie war auch grundsätzlich rechtmäßig. Sie leidet aber ebenso wie die Vorprüfung bezogen auf die Ausgangsgenehmigung daran, dass in die – wegen des im Vergleich zur Ausgangsgenehmigung erweiterten Betriebs einer WEA notwendige – Lärmbeurteilung wiederum als „relevante Vorbelastungen“ nur eine WEA und zwei Blockheizwerte (vgl. Bl. 3 der Vorprüfung, Bl. 647 GA), nicht aber der nächtliche Lärm von weiteren immissionsschutzrechtlich genehmigten Betrieben, wie dem der Klägerin zu 3), eingeflossen ist. Da schon nach der vorgelegten Prognose auch weiterhin „die Immissionsrichtwerte an den Immissionspunkten C, E, F und O vollständig ausgeschöpft“ werden, kann, wie ausgeführt, schon eine geringfügige Erhöhung, etwa für den östlich des klägerischen Betriebs gelegenen Immissionspunkt C, insoweit zu einer relevanten Veränderung führen.

c) Wie sich aus § 4 Abs. 1b) UmwRG entnehmen lässt und in der Rechtsprechung anerkannt ist, können die fehlerhaften Vorprüfungen in einem ergänzenden Verfahren nachgeholt werden, und zwar hier nunmehr nach Sinn und Zweck bezogen auf das Vorhaben in der verwirklichten Fassung der Änderungsgenehmigung vom 15. April 2016.

aa) Die Möglichkeit der Nachholung besteht auch dann, wenn – wie nach den vorherigen Ausführungen bei unveränderter artenschutzrechtlicher Beurteilung zu erwarten – als Ergebnis der rechtmäßigen Vorprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu erfolgen hat (vgl. zuletzt etwa Senatsurt. v. 24.10.2019 - 12 KS 127/17 -, juris, Rn. 149, 228; BVerwG, Beschl. v. 13.6.2019 - 7 B 23/18 -, juris, Rn. 6) oder der Beklagte eine solche auf Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerinnen nach § 7 Abs. 3 UVPG n. F., der insoweit nur klarstellend ist (vgl. Tepperwien, a. a. O., Rn. 17, m. w. N.), unmittelbar durchführt. Auch der laufende Betrieb des Vorhabens steht der Nachholung nicht entgegen (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 -, juris, Rn. 37 ff.).

bb) Es ist auch nicht ersichtlich, dass einer solchen Heilung der Genehmigung unüberwindbare materielle Hindernisse entgegenstünden.

Selbst bei Annahme, die Lärmvorbelastung sei höher als bislang angenommen, kann die vorhabenbedingte Zusatzbelastung grundsätzlich durch eine nächtliche Drosselung des Betriebs der genehmigten WEA abgesenkt werden; dass die ggf. erforderliche Drosselung zur Unwirtschaftlichkeit des Betriebs aller WEA führen würde, ist nicht ersichtlich. So war bereits in der Ausgangsgenehmigung für die WEA 6 nur ein eingeschränkter Nachtbetrieb zugelassen worden.

Ebenso wenig kann sicher davon ausgegangen werden, dass die Notwendigkeit der Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme der rechtmäßigen Genehmigungserteilung dauerhaft entgegensteht. So erscheint nicht ausgeschlossen, durch weitere Vermeidungs- bzw. Ablenkmaßnahmen das Tötungsrisiko der beiden betroffenen Vogelarten unter die Signifikanzschwelle zu senken oder andernfalls die räumliche Alternativlosigkeit der Verwirklichung des Windparks gerade an dem bisherigen Standort nachzuweisen.

2. Ob die Genehmigung in der Fassung der Änderung vom 15. April 2016 auch materielle Rechte der Kläger verletzt, kann und muss in diesem Verfahren nicht abschließend geklärt werden.

a) Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass die den Klägern zumutbare Lärmbelastung bei 45 dB(A) in der Nacht liegt. Richtig ist weiter die Annahme des Beklagten, dass dieser Wert auf der Grundlage des Gutachtens des R. -Büros vom 7. März 2016 (Bl. 35, BA 10) um ein dB(A) unterschritten wird, also bei „nur“ 44 dB(A) liegt, und die Lärmberechnung jedenfalls bis zum Erlass der Änderungsgenehmigung im April 2016 noch nach dem sog. alternativen Verfahren durchgeführt werden durfte (vgl. Senatsbeschl. v. 11.3.2019 - 12 ME 105/18 -, juris, Rn. 63 ff., und v. 8.2.2018 - 12 ME 7/18 -, juris, Rn. 28 ff., m. w. N). Zu Unrecht ist bei der Bemessung der Gesamtbelastung aber eine etwaige Eigenbelastung des klägerischen Betriebs ohne nähere Prüfung des Einzelfalls außer Betracht geblieben:

Unmittelbare Grundlage für die Bestimmung der zumutbaren Lärmbelastung ist die TA Lärm. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 1 TA Lärm ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche sichergestellt, wenn die Gesamtbelastung am maßgeblichen Immissionsort die Immissionsrichtwerte nach Nr. 6 nicht überschreitet. Nach Nr. 3.2.1 Abs. 6 TA Lärm ist dazu in der Regel eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage erforderlich, die sich allerdings nicht in der Ermittlung der ausschließlich von dieser Anlage ausgehenden Immissionen erschöpft. Treten im Einwirkungsbereich der Anlage Geräusche anderer Anlagen auf, so ist vielmehr diese Vorbelastung und unter Einbeziehung der Zusatzbelastung die maßgebliche Gesamtbelastung zu ermitteln. Die Vorbelastung ist in Nr. 2.4 Abs. 1 TA Lärm wiederum dahin definiert, dass darunter „die Belastung eines Ortes mit Geräuschimmissionen von allen Anlagen“ zu verstehen ist, für die diese Technische Anleitung gilt. Ausgenommen ist davon also dem Wortlaut nach nur der Immissionsbeitrag der zu beurteilenden Anlage, nicht aber zusätzlich auch der Immissionsbeitrag, der dem Immissionspunkt selbst zuzurechnen ist (sog. Eigenbelastung oder -beschallung). Auch in der Kommentierung zu Nr. 2.4. TA Lärm wird, soweit ersichtlich, keine entsprechende ungeschriebene Einschränkung geltend macht. Die abweichende Beurteilung in den LAI-Hinweisen von März 2017 (vgl. etwa Bl. 801 GA) ist als solche nicht der Lage, die Regelungen der TA Lärm außer Kraft zu setzen. Die Hinweise dürften diesen Anspruch auch nicht erheben, sondern sich vielmehr als Interpretationshilfe verstehen. Als solche müsste sich dieses vom o. a. Wortlaut abweichende Verständnis methodisch aus der TA Lärm herleiten, etwa durch eine teleologische (!) Reduktion. Ein solcher Begründungsansatz fehlt aber in den Hinweisen und wird auch von dem Beklagten und den Beigeladenen zu 1) und 3) nicht geboten; der Verweis auf eine dahingehende „überwiegende“ bzw. „gängige“ Verwaltungspraxis ersetzt ebenfalls nicht die gebotene normative Begründung. Ebenso wenig trifft es zu, dass es der Betreiber andernfalls in der Hand hätte, seine Eigenbelastung künstlich zum Schutz vor neuer Fremdbelastung zu steigern. Er muss sich vielmehr im Rahmen des ihm genehmigten Vorhabens halten. Im Übrigen erscheint ein solches Motiv eher fernliegend. Dass dem Bundesimmissionsschutzgesetz und der TA Lärm bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung einer emittierenden Anlage überwiegend jedenfalls kein Schutz zugunsten des auf dem Betriebsgrundstück dieser Anlage selbst wohnenden Betreibers beigemessen wird, da dieser nicht zum Kreis der nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bzw. Nr. 1 Abs. 1 TA Lärm zu schützenden Nachbarschaft gehöre, enthält keine Aussage zu der hier relevanten Frage, inwieweit dieser Personenkreis nach erteilter immissionsschutzrechtlicher Genehmigung für ihre eigene Anlage vor weiteren Lärm von fremden Anlagen geschützt ist; zudem ist schon die Abgrenzung des insoweit von einem „Eigenschutz“ ausgenommenen Personenkreises offen (vgl. bezogen auf WEA: Agatz, Windenergiehandbuch, 15. Aufl. S. 129 ff. unter dem Stichwort: Eigenbeschallung, m. w. N.). Deshalb kann nicht der Ansicht (des Prozessbevollmächtigten) der Beigeladenen zu 2) gefolgt werden, aus einem entsprechenden Verständnis u. a. der Nr. 1 Abs. 1 TA Lärm lasse sich die generelle Unerheblichkeit einer Eigenbelastung entnehmen. Diese Regelung schließt vorliegend die Anwendbarkeit der TA Lärm nicht aus, weil die Kläger im Verhältnis zu dem zu beurteilenden Vorhaben der Beigeladenen zu 1) und 3) „Nachbarn“ sind und diese Regelung auch keine teilweise Unanwendbarkeit, etwa auf Vorbelastungen, vorsieht. Die Relevanz von Vorbelastungen wird vielmehr in Nr. 2.4 TA Lärm bestimmt. Es kann auch nicht schlicht unterstellt werden, dem Betreiber einer solchen Anlage sei es stets zuzumuten, die von seiner eigenen Anlage ausgehenden Immissionen zu senken (so für Gerüche nach Maßgabe der GIRL wohl: OVG NRW, Urt. v. 10.11.2015 - 8 A 1031/15 -, juris, Rn. 57; vgl. insoweit auch Senatsbeschl. v. 28.8.2015 - 12 LA 120/14 -, juris, Rn. 11). Hat er die dazu möglichen Vorkehrungen getroffen oder muss er – wie hier die Klägerin zu 3) nach der Auflage in der Genehmigung vom 4. Mai 2015 mit den wohnhausnahen (vgl. die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung in erster Instanz, Bl. 420 GA) Lüftungsanlagen – lärmemittierende Anlagen auf seinem Betriebsgrundstück betreiben, würde er vielmehr bei dann unvermeidlichen betriebsbedingten Eigenimmissionen vor die Wahl gestellt, sich entweder an sich unzumutbar hohen Gesamtimmissionen auszusetzen oder seine eigene (Berufs-)Tätigkeit trotz bestandskräftiger Genehmigung einzuschränken bzw. gar aufzugeben oder umzuziehen. Dass die Eigenbelastung durch Lärm mangels (angenommener) Erheblichkeit in einem vorhergehenden Genehmigungsverfahren nicht ermittelt worden ist, steht weder der Annahme entgegen, dass es sie rechtmäßig gibt, noch schließt dieser Gesichtspunkt ihre nachträgliche Ermittlung aus.

Es ist daher nicht gerechtfertigt, eine Eigenbelastung entgegen des Wortlauts der Nr. 2.4 TA Lärm schlicht unberücksichtigt zu lassen. Eine solche Eigenbelastung stellt vielmehr „nur“ einen „besonderen Umstand“ i. S. d. der Nr. 3.2.2 Satz 1 TA Lärm dar, der bei Überschreitung der Regelimmissionswerte eine Sonderfallprüfung erforderlich macht (vgl. bezogen auf Gerüche: BVerwG, Beschl. v. 31.1.2017 - 7 B 2/16 -, juris, Rn. 7, der auf die Nichtzulassungsbeschwerde gegen das o. a. Urteil des OVG NRW v. 10.11.2015 ergangen ist). Gegenstand dieser Prüfung sind dann die Fragen, in welcher Weise die Eigenbelastung von dem Betreiber der Anlage selbst durch zumutbare Maßnahmen auf den Regelrichtwert gesenkt werden (vgl. für Lärm in der Sache auch OVG NRW, Beschl. v. 23.1.2008 - 8 B 237/07 -, juris, Rn. 55) oder ob ihm und ggf. Mitbewohnern andernfalls die Überschreitung zugemutet werden kann. Wie in der mündlichen Verhandlung anhand des vom Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen zu 2) angeführten, durch Vergleich beendeten Verfahrens (12 LC 55/09) vor dem Senat erörtert, mag als Orientierungswert insoweit der etwa auch für Betriebsleiterwohnungen in Gewerbegebieten (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO) nach Nr. 6.1 Abs. 1 Buchst. b) TA Lärm maßgebende Nachtwert von 50 dB(A) dienen und dürfte die Grenze jedenfalls bei einer andernfalls eintretenden gesundheitsgefährdenden Gesamtbelastung (vgl. zur Bestimmung dieser Lärmgrenze: BVerwG, Beschl. v. 25.4.2018 - 9 A 16/16 -, juris, Rn. 85 ff., m. w. N.) anzunehmen sein. In diesem Rahmen ist dann ggf. bezogen auf den vorliegenden Einzelfall auch der Frage nachzugehen, in welchem Umfang das von den Klägern grundsätzlich rechtmäßig bewohnte Haus überhaupt baurechtlich genehmigt worden ist und neben der Klägerin zu 3) als Betriebsinhaberin und ihren Eltern als Altenteilern auch von anderen schutzbedürftigen Personen, etwa Minderjährigen, bewohnt wird.

Entsprechende Ermittlungen schon zur Höhe der klägerischen Eigenbelastung sind hier jedoch unterblieben. Auch die – auf ausdrückliche gerichtliche Anregung durchgeführte – Grobprüfung der R. vom 26. November 2019 bzw. des Beklagten vom 27. November 2019 lässt jeweils keine verlässlichen Schlüsse auf die nächtliche Eigenbelastung zu, zumal ihnen jeweils nicht einmal eine eindeutige Bestimmung aller nächtlichen Lärmquellen auf dem Betriebsgrundstück der Klägerin zu 3) einschließlich der Lüftungsanlagen zu Grunde liegt, sondern der Beurteilung des Beklagten (soweit ersichtlich) nur eine solche des „Innenschallpegels“ der Rinderhaltung. Im Übrigen ist der Beklagte noch mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2018 im Berufungsverfahren selbst davon ausgegangen, dass bereits „Erntefahrten, Anlieferung von Silage und Kraftfutter, Tierarzt … sowie Fahrzeugbewegungen im Nachtzeitraum“ (vgl. zur Berücksichtigungsbedürftigkeit von solchen anlagebedingten Verkehrsgeräuschen Nr. 7.4 TA Lärm) betriebswirtschaftlich zwingend notwendig und „dazu geeignet sind, die Immissionsrichtwerte am eigenen Wohnhaus der Hofstelle dauerhaft zu überschreiten“.

Der Senat sieht jedenfalls unter den hier gegebenen besonderen Voraussetzungen auch keine Verpflichtung, die von dem klägerischen Betrieb im maßgebenden Zeitpunkt ausgehende Eigenbelastung gerichtlich zu ermitteln. An dem Tenor des Urteils, der fehlenden Vollziehbarkeit der Genehmigung, würde sich nichts ändern. Die Einholung eines dazu erforderlichen immissionsschutzrechtlichen Gutachtens und ihre Bewertung hat stattdessen Gegenstand der ohnehin aus den o. a. Gründen nachzuholenden Prüfungen nach dem UVPG zu sein (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.7.2019 - 9 A 13/18 -, Rn. 117 a. E.), soweit diese Prüfungen nicht schon aus anderen, etwa artenschutzrechtlichen Gründen eine Modifikation oder – gegenwärtig fernliegend, aber nicht völlig auszuschließen – gar eine Aufgabe des Vorhabens bedingen; denn dann erübrigt sich die Frage nach der Einhaltung anderer Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG. Der Vorgabe, „wegen der Rechtskraftwirkung des Urteils die der Erlaubnis anhaftenden Fehler auf der Grundlage einer umfassenden rechtlichen Prüfung abschließend zu benennen“ (BVerwG, Beschl. v. 13.6.2019, a. a. O., sowie ergänzend Urt. v. 24.5.2018 - 4 C 4/17 -, juris, Rn. 45, jeweils m. w. N), wird durch die abschließende Bezeichnung der Fehler hinreichend Rechnung getragen.

b) Von den genehmigten WEA gehen hingegen keine die Kläger als Nachbarn gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG verletzenden Beeinträchtigungen in Gestalt von tieffrequenten bzw. Infraschall aus. Auch insoweit ist nochmals auf die Ausführungen in dem Senatsbeschluss vom Dezember 2016 zu verweisen:

Die Ausführungen der Antragsteller zu Infraschall und tieffrequentem Schall führen ebenfalls nicht zu einem Erfolg ihrer Beschwerde. Ihre Behauptung, das Verwaltungs-gericht habe unzureichend zwischen Infraschall und tieffrequentem Schall unterschie-den, haben sie nicht weiter substantiiert. Soweit sie meinen, der Hinweis des Verwal-tungsgerichts auf Nr. 3.4.1.7 des Windenergieerlasses gehe fehl, es handele sich dabei nur um Schallwellen im Infraschallbereich, trifft dies nicht zu. Zu Nr. 3.4.1.7 des Windenergieerlasses heißt es:

„Tieffrequente Geräusche

Für tieffrequente Geräusche sind in der TA Lärm ausdrücklich eigene Mess- und Beurteilungsverfahren vorgesehen, die in der DIN 45680, Ausgabe März 1997 und dem zugehörigen Beiblatt 1 festgelegt sind. Für Schallwellen im Infraschall-bereich unter 8 Hz ist durch Messungen an verschiedenen Anlagetypen nach-gewiesen, dass dieser Schall in den für den Lärmschutz im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt.“

Zum Thema „tieffrequenter Schall“ hat das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Beschluss weiter ausgeführt:

„Die Antragsteller haben weder substantiiert vorgetragen, inwieweit durch den geplanten Windpark mit tieffrequentem Schall zu rechnen wäre, noch dargelegt, inwieweit dieser gesundheitsschädigende Wirkung haben kann. Weiterhin liegt zwischen dem Hof der Antragsteller und dem geplanten Windpark eine Distanz, die nach den bisherigen fachlichen Einschätzungen als ausreichend zur Vermeidung erheblicher Beeinträchtigungen durch tieffrequenten Schall angesehen wird (zur DIN 45680 vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 08. Juni 2015 - 22 CS 15.686 -, juris). Der Einwand der Antragsteller, dass sich der Antragsgegner nicht hinreichend mit dem tieffrequenten Schall auseinandersetze, ist deshalb nicht dazu geeignet, die Bewertung des Antragsgegners in Frage zu stellen.“

Mit diesen Erwägungen setzen sich die Antragsteller nicht hinreichend auseinander. Soweit sie geltend machen, Schallwellen aus dem tieffrequenten Bereich seien mess-, hör- und wahrnehmbar, er sei auch in der TA Lärm geregelt, ist den Ausführungen des Verwaltungsgerichts Gegenteiliges nicht zu entnehmen. Es ist anerkannt, dass Windenergieanlagen auch tieffrequente Geräusche verursachen können. Infolge von Messungen an verschiedenen Anlagentypen wird indes davon ausgegangen, dass tieffrequenter Schall durch Windenergieanlagen in den für den Schutz vor Lärm im hörbaren Bereich notwendigen Abständen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt (s. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.7.2016 - 3 S 942/16 -, BauR 2016, 411, juris, Rn. 22 f.; OVG NRW, Beschl. v. 6.5.2016 - 8 B 866/15 -, juris, Rn. 32). Nach dem bisherigen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse führt er grundsätzlich nicht zu Gesundheitsgefahren (OVG NRW, Beschl. v. 6.5.2016 - 8 B 866/15 -, juris, Rn. 32 f. m.w.N.; Bay. VGH, Beschl. v. 8.6.2015 - 22 CS 15.686 -, ZNER 2015, 390, juris Rn. 23 f.; vgl. für Infraschall OVG Schlesw.-Holst., Urt. v. 31.7.2015 - 1 MB 14/15 -, ZNER 2015, 613, juris, Rn. 30 ff.). Hiervon geht - wie dargelegt - auch das Verwaltungsgericht aus. Die Ausführungen der Antragsteller ziehen diese Annahmen nicht hinreichend in Zweifel. An dieser Einschätzung ändert auch der pauschale Hinweis der Antragsteller auf Messungen in I-Stadt, Wittmund und Cloppenburg nichts.

Substantiierte, weiterführende Ausführungen hierzu enthält auch das Klagevorbringen nicht. Das von den Klägern dazu (erneut) vorgelegte Gutachten/Messbericht vom 17. November 2015 (durch einen nicht nach § 26 BImSchG anerkannten Sachverständigen) zur „beweissichernden Feststellung von Luft- und Körperschalleinwirkungen im Wohnumfeld“ der Kläger bezieht sich ausdrücklich auf den Zustand vor der Inbetriebnahme der hier betroffenen WEA. Die darin auf Seite 24 (Bl. 715 R GA) enthaltene These ist nicht näher substantiiert worden, und damit ist jedenfalls für die vorliegend zu beurteilende Fallgestaltung Folgendes nicht nachvollziehbar: „Bei einer Inbetriebnahme weiterer nach BImSchG genehmigungsfähiger“ (!) „Geräuschquellen im nachbarschaftlichen Umfeld“ (!) „zum Untersuchungsort, insbesondere von Anlagen mit dominanten tieffrequenten Luft- und Körperschallimmissionen (z. B. WEA), sei wahrscheinlich davon auszugehen, dass es … zu nicht zulässigen Überschreitungen der gesetzlichen Immissionsrichtwerte an durchschnittlich mehr als 10 Tagen im Jahr kommen“ werde. Die Beigeladene zu 1) weist insoweit zutreffend darauf hin, dass dabei die unterschiedlichen Vorgaben der TA Lärm für Körperschall in Nr. 6.2 und für tieffrequente Geräusch in Nr. 7.3 nicht nachvollziehbar getrennt worden sind. Für ein etwaiges Zusammenwirken des/der von WEA ausgehenden „Luftschalls (insbesondere Infraschall) und Erschütterungen (Körperschall)“ bestehen keine gesicherten Erkenntnisse zur Verfügung; diese Frage ist vielmehr Gegenstand laufender Forschungsvorhaben (vgl. „TremAc: Objektive Kriterien zu Erschütterungs- und Schallemissionen durch Windenergieanlagen im Binnenland“). Erst recht nicht aussagekräftig sind Ergebnisse über (nach ihren Angaben) eigene (Schall-)Messungen der Kläger.

c) Sonstige Gründe, aus denen die Errichtung oder der Betrieb der WEA in der zuletzt genehmigten Fassung materielle Rechte der Kläger verletzten könnte, sind nicht gegeben.

Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unzulässigen anlagebedingten Schattenwurf - wohl auf Teile ihres Wohnhauses - geltend gemacht haben, ist schon die genaue Zielrichtung dieser Rüge nicht deutlich geworden, d. h., ob und bezogen auf welchen Punkt genau sie sich auf die Rechtswidrigkeit des genehmigten Betriebs oder eines – genehmigungsrechtlich unerheblichen – davon abweichenden tatsächlichen Betriebs der Anlagen berufen wollen. Unter Berücksichtigung der Auflagen 1 und 2 zum Genehmigungsbescheid vom 5. August 2015 ist eine Rechtsverletzung insoweit auch für den Senat nicht zu erkennen. Danach ist generell durch eine Abschaltautomatik sicherzustellen, dass an den relevanten Immissionspunkten die mögliche Schattenwurfdauer 30 Minuten täglich und 30 Stunden jährlich nicht übersteigt, und wird ergänzend auf den (von der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1] und 3] mit der Beigeladenen zu 2] am 25. Juni 2015 geschlossenen) städtebaulichen Vertrag (Bl. 123 ff. BA 2) verwiesen, wonach der „tatsächliche Schattenwurf auf die umliegenden Wohngebäude“ darüber hinaus sogar „auf 0 Stunden zu reduzieren“ ist. Zusätzlich wurde die Vorlage einer Erklärung des Herstellers bzw. des beauftragen Fachunternehmens vorgeschrieben, „wie die Abschaltautomatik … gesteuert wird, damit (kein) Schattenwurf an den Immissionsaufpunkten entstehen kann. Dass wiederum auf ihrem Grundstück diese „Immissionspunkte“ allgemein oder im Einzelfall unzureichend bestimmt worden sein sollen, ergibt sich aus dem Klagevorbringen ebenfalls nicht konkret.

3. Der Antrag der Beigeladenen zu 1) und 3), das Verfahren zur Fehlerheilung nach § 4 Abs. 1b) Satz 3 UmwRG auszusetzen und einen ergänzenden Hinweisbeschluss zu erlassen, ist abgelehnt worden.

Zwar liegen die Aussetzungsvoraussetzungen vor. Denn mit der fehlerhaften Vorprüfung liegt ein Verfahrensmangel i. S. d. § 4 Abs. 1 (Satz 2) UmwRG vor, dessen Heilung möglich und zwar noch nicht eingeleitet worden, aber ernsthaft beabsichtigt ist. Dass im Rahmen des ergänzenden Verfahrens zur Nachholung von unterbliebenen Verfahrensschritten ggf. bezogen auf den Arten- und Lärmschutz auch eine Heilung materieller Fehler erfolgt, steht der Aussetzung ebenfalls nicht entgegen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 8.5.2018 - 9 A 12/17 - juris, Rn. 5 ff. auch zum Folgenden).

Die dann notwendige Ermessensentscheidung hat sich an der gebotenen Verfahrenskonzentration unter Berücksichtigung des in § 173 VwGO i. V. m. § 198 GVG zum Ausdruck gebrachten Grundsatz, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit mit einer sachlichen Entscheidung abzuschließen, sowie den im Übrigen allgemein für das verwaltungsgerichtliche Verfahren geltenden Prinzipien (vgl. insoweit BVerwG, Beschl. v. 10.10.2017 - 9 A 16/16 -, juris, Rn. 9) zu orientieren.

Danach fiel hier zu Lasten der Aussetzung ins Gewicht, dass die angegriffene Genehmigung in ihrer Ausgangsfassung bereits aus dem Jahr 2015 stammt und der genehmigte Windpark in Betrieb ist, die Kläger also ein erhebliches Interesse an einem zweitinstanzlichen Urteil haben. Zudem ist das Berufungsverfahren zwar nicht rechtlich ausgesetzt worden, dem Beklagten jedoch seit dem Erlass des Zulassungsbeschlusses vom 11. September 2018 hinreichend Zeit und Gelegenheit eingeräumt worden, die bereits in dem Zulassungsbeschluss bezeichneten Mängel zu beheben. Auf ausdrückliche Bitte der Beigeladenen zu 1) sind die aus Sicht des Berichterstatters bestehenden Mängel der Vorprüfung mit Schreiben vom 20. August 2019 über den Zulassungsbeschluss hinaus noch einmal aufgezeigt worden; ergänzend ist vorsorglich die Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme zu den vom klägerischen Betrieb ausgehenden Lärmimmissionen angeregt worden. Der Beklagte hat daraufhin auch partiell, nämlich bezogen auf seinen Änderungsbescheid vom 15. April 2016, eine erneute Vorprüfung durchgeführt und am 14. Dezember 2018 (vgl. Bl. 645 ff. GA) abgeschlossen, nicht aber einen Anlauf zu einer umfassenden Fehlerbehebung auch hinsichtlich der Vorprüfung im Übrigen unternommen. Auf eine solche Fehlerbehebung hätten auch die Beigeladenen zu 1) und 3) selbst durch einen an den Beklagten gerichteten Antrag auf Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechend § 7 Abs. 3 Satz 1 UVPG (n. F.) hinwirken können. Wenn diese naheliegenden Möglichkeiten nicht wahrgenommen worden sind, sondern die Beigeladenen zu 1) und 3) erst nach dem Abschluss des vom Senat in der mündlichen Verhandlung sehr offen geführten Rechtsgesprächs im Hinblick auf die danach unverändert bejahten Erfolgsaussichten der Klage einen Aussetzungsantrag gestellt haben, so erschien in diesem weit fortgeschrittenen Verfahrensstadium eine Aussetzung als nicht mehr ermessensgerecht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 3, 155 Abs. 1, 159, 162 Abs. 3 VwGO. Da die zu 1) und 3) beigeladenen Vorhabenträgerinnen im Berufungsverfahren einen teilweise erfolglos gebliebenen Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt haben, waren ihnen nach § 154 Abs. 3 VwGO anteilig die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Kläger aufzuerlegen und entsprach es andererseits der Billigkeit i. S d. § 162 Abs. 3 VwGO, die Kläger im Umfang ihres Unterliegens auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) und 3) tragen zu lassen. Hingegen sind die Kosten der einfach Beigeladenen zu 2), die im Berufungsverfahren keinen Antrag gestellt hat, insoweit kein Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO eingegangen ist und der danach insoweit auch keine Kosten auferlegt werden können, nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht für erstattungsfähig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. Die Frage, ob § 17 Abs. 3 UVPG a. F. auch auf die Vorprüfung anzuwenden ist, ist nicht entscheidungserheblich. Ebenso wenig hat der Senat eine Grundlage für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung bezogen auf die nicht abschließend geklärte Beurteilung der Eigenbeschallung als Vorbelastung gesehen, wenn die Beantwortung dieser Rechtsfrage – wie hier – den Tenor nicht beeinflusst hat und zudem offen ist, ob sich diese Frage auf der Grundlage der vom Beklagten zu einer Heilung der Genehmigung nachzuholenden Ermittlungen als erheblich erweist.