Niedersächsisches OVG, Urteil vom 27.11.2019 - 1 KN 33/18
Fundstelle
openJur 2020, 11262
  • Rkr:

Einer Höhenfestsetzung im Bebauungsplan, die an die Lage einer noch herzustellenden Erschließungsstraße anknüpft, fehlt nicht notwendigerweise die erforderliche Bestimmtheit.

Werden im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung für einen landwirtschaftlichen Betrieb unrealistisch umfangreiche Erweiterungsabsichten vorgetragen, ist die planende Gemeinde nicht gezwungen, diese im Rahmen der Abwägung auf ein gerade noch realistisches Maß zu reduzieren; vielmehr darf sie diese insgesamt unberücksichtigt lassen.

Tenor

Die Normenkontrollanträge werden abgelehnt.

Die Antragsstellerinnen tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragstellerinnen wenden sich gegen den Bebauungsplan Nr. 207 der Antragsgegnerin. Sie sehen durch das Heranrücken des darin festgesetzten Wohngebietes an ihre Hofstelle die Entwicklung ihrer Tierhaltungsbetriebe gefährdet.

Die Antragstellerin zu 1. ist eine durch Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1989 mit dem Zweck der Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes gebildete Gesellschaft bürgerlichen Rechts; Gesellschafter sind die Eheleute H. und I. D.. Die Antragstellerin zu 2. ist die Schwiegertochter dieser Gesellschafter. Die Betriebsverhältnisse stellen sich wie folgt dar: H. D. ist Eigentümer von knapp 23 ha landwirtschaftlicher Fläche einschließlich einer Hofstelle C-Straße im Ortsteil J. der Antragsgegnerin (in der Mitte des 1,3 ha großen Flurstücks 177/1, Flur 1 der Gemarkung J.). Kern der Hofstelle ist ein historischer Gulfhof mit Wohn- und Scheunen-/Stallteil. 1956 wurde der Neubau eines massiven Geräteschuppens südlich des Gulfhofs, 1983 eine Rundbogenhalle südöstlich dieses Schuppens als landwirtschaftlicher Geräteschuppen genehmigt. Am 17. September 1993 erhielt H. D. von der Antragstellerin zu 1. die Genehmigung für einen „Anbau am Stallgebäude“; eine Betriebsbeschreibung mit Tierplatzzahlen gehört nicht zu den grüngestempelten Bauvorlagen, wohl aber eine Grundrisszeichnung, die die Größe und Lage der Vieheinstellplätze zeigt. Nach Angaben der Antragsteller gibt es in dem so erweiterten Stalltrakt des Gulfhofs 43 Stallplätze für Rinder in Anbindehaltung und 20 Tretmiststallplätze, ferner bestünden in dem 1956 genehmigten Gebäude Plätze zur Haltung von 22 Rindern in Anbindehaltung und 100 Hühnern, sowie 3 Pferdeboxen in der Rundbogenhalle. Südlich des Stalltrakts liegt eine Dunglagerstätte, westlich davon eine Silageplatte. Im Norden und Süden des Flurstücks 177/1 liegen jeweils Grünlandflächen. Nutzungs- und Fruchtziehungsrecht aus Flächen und Gebäuden sind in die Gesellschaft eingebracht.

Bis 2011/12 betrieb die Antragstellerin zu 1. selbst Tierhaltung – überwiegend Milchviehhaltung, teilweise mit Mast der männlichen Nachzucht – auf der Hofstelle. Im Jahr 2009 waren am Standort C-Straße 75 großteils weibliche Rinder gemeldet. Am 31. März 2011 schlossen die Antragstellerin zu 1. und die Antragstellerin zu 2. einen „Nutzungsvertrag“ für die Wirtschaftsgebäude auf dem Hofgrundstück C-Straße mit dem Ziel einer späteren vollständigen Betriebsübernahme durch die Antragstellerin zu 2. und Weitergabe des Betriebes an deren Sohn, ferner 2012/2013 Pachtverträge über landwirtschaftliche Flächen ab. Auch den zu diesem Zeitpunkt noch 65 Rinder umfassenden Milchviehbestand übertrug die Antragstellerin zu 1. zum 1. April 2012 auf die Antragstellerin zu 2. Die Antragstellerin zu 2. hat ihren Unternehmenssitz an der D-Straße, ca. 533 m südwestlich der Südgrenze des Plangebiets. Über eigene landwirtschaftliche Flächen verfügt sie nicht, hat aber 6-9 ha sowie eine weitere Hofstelle an der K. straße 37 von Dritten gepachtet. Der Milchviehbestand wurde – nach Angaben der Antragsteller wegen Auslaufens der Milchquotenregelung – bis 2015 schrittweise auf Null reduziert; stattdessen baute die Antragstellerin zu 2. einen Bestand an Fleischrindern der Rassen Galloway/White Galloway auf, der im November/Dezember 2016 11, Ende August 2017 15 Tiere betrug. Fortgesetzt wird die Haltung von 100 Hühnern, 4 Enten, einer Ziege sowie eines Pferdes auf der Hofstelle C-Straße. Zudem betätigt sich die Antragstellerin zu 2. als Imkerin.

J. ist ein im Zentrum noch dörflich geprägter Ortsteil der Antragsgegnerin, nordöstlich von deren Hauptsiedlungsbereich. Der ursprüngliche Teil des Dorfes mit Kirche, Kindergarten, Feuerwehr, Wohn- und gewerblichen Gebäuden einschließlich mehrerer Hofstellen reiht sich beidseits der von Südwest nach Nordost verlaufenden J. er Straße auf. Von dieser geht der L. weg, an dessen Westseite die Hofstelle der Antragsteller liegt, nach Nordnordwesten ab. Das Hofgrundstück grenzt unmittelbar an die die J. er Straße nördlich säumende Bebauung an, das südlichste Nebengebäude – die Rundbogenhalle – hält zu dieser Bebauung einen Abstand von rd. 40 m, der Gulfhof von ca. 85 m. Nordöstlich des Hofs C-Straße, auf der sonst unbebauten Ostseite des L. wegs, liegt das Wohnhaus L. weg 20 mit Nebengebäuden auf einem rund 7.500 m² großen Gartengrundstück (Flurstück 509/179). Südlich dieses Grundstücks zweigt ein Stichweg, der M. weg, nach Osten ab. Etwa 300 m nördlich der J. er Straße kreuzt der Ostfrieslandwanderweg den L. weg. Nordwestlich der Kreuzung liegt der von Grünland bzw. Feldern gesäumte Betriebshof eines Bauunternehmens der Beigeladenen. Südwestlich bzw. westlich des Hofgrundstücks C-Straße liegt die Hofstelle des landwirtschaftlichen Betriebes N. mit Wirtschaftsgebäuden, einer Güllelagune, Dunglager und im Norden einer Biogasanlage.

Östlich des L. wegs, das Flurstück 509/179 aussparend, liegt der ca. 3,5 ha umfassende Geltungsbereich des streitgegenständlichen Bebauungsplans. Er wird im Süden durch den M. weg bzw. dessen Verlängerung in Gestalt eines Grabens, im Südosten durch die J. er Straße, im Osten durch die K. straße und im Norden durch den Ostfrieslandwanderweg begrenzt. Das Plangebiet selbst umfasst überwiegend Grünland, das von mehreren Hecken durchzogen ist und drei Kleingewässer aufweist. Im Nordosten gibt es eine ehemalige Gärtnerei, deren Gewächshäuser aufgegeben sind. Das ehemalige Hauptgebäude der Gärtnerei (Wohnhaus mit Verkaufsgebäude, K. straße 3, 5) mit dem Flurstück 227/3 steht im Eigentum eines Herrn O., ein östlich davon gelegenes schmales Flurstück 606/281 im Eigentum der Antragsgegnerin, die Flurstücke 12/2 und 12/3 im Eigentum eines Herrn P. bzw. einer Frau Q., das übrige Plangebiet im Eigentum der Beigeladenen.

Das Planaufstellungsverfahren verlief folgendermaßen: Am 13. April 2011 beschloss der Verwaltungsausschuss der Antragsgegnerin die Aufstellung des streitgegenständlichen Bebauungsplans mit dem Ziel der Ausweisung eines neuen Wohngebiets für ca. 29 Einfamilienhäuser. Im Jahr 2013 erkundigte sich die Antragstellerin zu 2. zu den für eine Bauvoranfrage bzw. einen Bauantrag für einen Hähnchenmaststall für 29.999 Tiere erforderlichen Bauvorlagen. Eine Bauvoranfrage folgte nicht. Im Jahr 2013 erstellte das Ingenieurbüro R. ein erstes Geruchsgutachten. Eine frühzeitige Bürger- und Behördenbeteiligung fand im Juni/Juli 2014 statt, eine erste öffentliche Auslegung mit gleichzeitiger Beteiligung der Träger öffentlicher Belange vom 15. November bis 16. Dezember 2016. Vom 29. Mai bis 29. Juni 2017 führte die Antragsgegnerin eine erneute, eingeschränkte, Öffentlichkeitsbeteiligung durch. Die Antragstellerinnen erhoben in allen Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahren fristgerecht Einwendungen, in denen sie unter anderem zu ihren Betriebserweiterungsabsichten Stellung nahmen: Im Verfahren der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung machten sie insoweit lediglich geltend, entgegen den Annahmen im Geruchsgutachten planten sie keine Aufgabe, sondern eine Erweiterung ihrer Tierhaltung. Daraufhin erstellte das Ingenieurbüro R. ein neues Geruchsgutachten vom 22. September 2016. In beiden öffentlichen Auslegungen trug die Antragstellerin zu 1. vor, sie plane einen neuen Stall für 13.000 Legehennen mit Kaltscharrraum und Kotlager; die Antragstellerin zu 2. führte jeweils aus, sie beabsichtige die Errichtung eines neuen Stalls für 150 Rinder sowie von Siloplatten, einer Güllelagune und einer erweiterten Dunglagerstätte. Entsprechende formlose, nicht mit einer konkreten Fragestellung verbundene „Bauvoranfragen“ stellte die Antragstellerin zu 1. unter dem 21. August 2017, die Antragstellerin zu 2. unter dem 22. August 2017. Mit Schreiben vom 30. August 2017 erläuterte die Antragstellerin zu 2., sie sei aufgrund eines absehbaren Verbots der in den vorhandenen Ställen weitgehend nur möglichen Anbindehaltung zu dem Stallneubau gezwungen. Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Antragstellerin zu 1. mit, ein Besatz von 13.000 Legehennen entspreche einem Besatz von 39 Milchkühen ohne Nachzucht; sie habe sich mit Blick auf die auslaufende Milchquotenregelung zur Umstellung auf die Legehennenhaltung entschlossen. In seiner Sitzung am 31. August 2017 entschied der Rat der Antragsgegnerin über die eingegangenen Stellungnahmen und beschloss den Bebauungsplan als Satzung. Nach Ausfertigung des Plans durch die Bürgermeisterin am 1. September 2017 machte die Antragsgegnerin den Satzungsbeschluss am 31. Januar 2018 im Amtsblatt des Landkreises Leer bekannt.

Der Plan setzt den überwiegenden Teil des Plangebiets als allgemeines Wohngebiet fest; lediglich die Flurstücke 227/3 und 606/281 im Nordosten des Plangebiets (das Grundstück des ehemaligen Gärtnereigebäudes) sind als Mischgebiet festgesetzt. Die verkehrliche Erschließung ist über eine von der J. er Straße im Südosten des Plangebiets abzweigende, in dessen Mitte in einem ovalen „Anger“ mit zentraler Grünfläche auslaufende Planstraße und drei abzweigende Fußwege vorgesehen; lediglich die Flurstücke 12/2 und 12/3 werden vom L. weg, das Mischgebiet von der K. straße aus erschlossen. Die Bebauung ist durch Baugrenzen und Baulinien auf eine Reihe von verschiedene Baufenstern beschränkt; ferner finden sich Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung (Grundflächenzahlen von 0,2 bis 0,3, offene Bauweise, Firsthöhe von 9 m, Traufhöhe von 4,5 m in den Wohngebieten, großzügigere Festsetzungen im Mischgebiet). Die grünordnerischen Festsetzungen umfassen u.a. Schutzstreifen entlang einiger bestehender Wallhecken, einen das Plangebiet von Nord nach Süd durchschneidenden Graben mit Gewässerrandstreifen, Erhaltungsfestsetzungen für einzelne Bäume und Wallhecken sowie Pflanzgebote für Hecken. Ferner sind Maßnahmen des passiven Schallschutzes (Lärmpegelbereiche nach DIN 4109 für Wohngebäude, Vorgaben für die Gestaltung von Außenwohnbereichen im Ostteil des Plangebiets) festgesetzt. Mehrere Flurstücke außerhalb des Plangebiets sind als externe Ausgleichsflächen vorgesehen; hierauf wird in der Planurkunde hingewiesen. Die Ausgleichsmaßnahmen sind im Umweltbericht beschrieben; es handelt sich im Wesentlichen um die Extensivierung von Grünland und die Anlage verschiedener Wiesentümpel nördlich des Plangebiets, teils unmittelbar angrenzend, teils ca. 500 m entfernt.

Die Antragstellerin zu 1. hat am 23. Februar 2018, die Antragstellerin zu 2. am 29. Januar 2019 ihren Normenkontrollantrag gestellt. Das zunächst unter dem Az. 1 KN 17/19 geführte Verfahren der Antragstellerin zu 2. ist durch Senatsbeschluss vom 31. Januar 2019 mit dem Verfahren der Antragstellerin zu 1. verbunden worden. Zur Begründung tragen die Antragsteller vor: Sie seien antragsbefugt; die Planung verletze ihr abwägungserhebliches Interesse an der Fortentwicklung bzw. Beibehaltung ihrer landwirtschaftlichen Betriebe. Jedenfalls könnten sie sich auf ihre ebenfalls abwägungserheblichen Belange als Pächter (Antragstellerin zu 2.) bzw. Verpächter (Antragstellerin zu 1.) landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen berufen. Ihre Anträge seien auch begründet. Die Antragsgegnerin habe verfahrensfehlerhaft eine Beteiligung des „Realverbandes J. er Gaste“ unterlassen. Die Bekanntmachung lasse nicht die Lage der Ausgleichsflächen erkennen und erfasse nicht die im Plan in Bezug genommenen DIN-Normen. Die Planung sei nicht erforderlich; es handele sich um eine Gefälligkeitsplanung. Die geplanten CEF-Maßnahmen seien nicht realisiert und nicht realisierbar. Eine artspezifische Ausgestaltung der CEF-Maßnahmen für Amphibien fehle. Das Vorkommen geschützter Arten (Libellen, Moorfrosch, Gelbbauchunke) sei nicht bzw. unzutreffend untersucht worden. Die Höhenfestsetzung und die Lage der Lärmpegelbereiche seien nicht bestimmt genug. Die Planung sei nicht den Zielen der Raumordnung angepasst. Das Abwägungsgebot sei verletzt. Ihre Interessen an der Errichtung eines Legehennenstalls mit 30.000 Plätzen (Antragstellerin zu 1.) bzw. eines Rinderstalls mit 150 Plätzen (Antragstellerin zu 2.) mit Nebenanlagen, sowie an der künftigen Nutzung des Bestandsbetriebes seien nicht hinreichend berücksichtigt worden. Ihren Entwicklungsplänen stehe nicht der Schutzanspruch des Wohnhauses L. weg 20 entgegen. Ihnen könne auch nicht entgegengehalten werden, dass entsprechende Bauvoranfragen erst kurz vor Satzungsbeschluss und dann nicht hinreichend bestimmt gestellt worden seien. Das Interesse der Antragstellerin zu 2. am Fortbestand ihrer Bienenhaltung sei nicht berücksichtigt worden. Die teils mit 11-12% prognostizierte Geruchbelastung des Baugebiets sei zu Unrecht als zumutbar bewertet worden. Das Geruchsgutachten vom 22. September 2016 sei aus verschiedenen Gründen fehlerhaft. Gleiches gelte für das der Abwägung zugrundeliegende Schallgutachten vom 11. Oktober 2016. Bei der Festlegung der Ausgleichsmaßnahmen sei das (auch öffentliche) Interesse an der landwirtschaftlichen Nutzung der Maßnahmenflächen unberücksichtigt geblieben. Die Antragsgegnerin habe den Bedarf an neuen Wohnbauflächen in J. überbewertet. Das Bevölkerungswachstum sei überschätzt worden; es sei unberücksichtigt geblieben, dass die Antragsgegnerin zahlreiche weitere unausgenutzte Wohngebiete geplant habe und noch plane. Die Antragsgegnerin habe den Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung nicht hinreichend beachtet; sie habe die Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Baulücken, Leerständen und Gewerbebrachen nicht hinreichend ermittelt.

Die Antragsteller beantragen,

den vom Rat der Antragsgegnerin am 31. August 2017 als Satzung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 207 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Antragstellerinnen seien nicht antragsbefugt. Sie führten keinen landwirtschaftlichen Betrieb, auf dessen Erweiterungsinteressen Rücksicht zu nehmen sei. Unabhängig davon sei der Bebauungsplan rechtmäßig. Näheres zur Betroffenheit des „Realverbandes J. er Gaste“, bei dem es sich nur um „die Verkoppelungsinteressenten der Gaste“ handeln könne, sei nicht vorgetragen oder ersichtlich. Die Planung sei erforderlich. Eine Bedarfsanalyse für eine Wohngebietsplanung müsse sie nicht erstellen. Eine Gefälligkeitsplanung liege nicht vor. Libellenvorkommen seien nicht zu untersuchen gewesen, da der Landkreis Leer die Gewässer im Plangebiet als nicht libellenrelevant eingestuft habe; im Übrigen seien Ersatzgewässer vorgesehen. Konkrete Ziele der Raumordnung, an die die Planung nicht angepasst sein könne, hätten die Antragstellerinnen nicht benannt. Der Plan sei frei von Abwägungsfehlern. Die Interessen der landwirtschaftlichen Betriebe seien ausreichend ermittelt und berücksichtigt worden. Es sei fraglich, ob die Antragstellerinnen überhaupt einen landwirtschaftlichen (Vollerwerbs-)Betrieb führten. Der Bestandsbetrieb führe jedoch allenfalls zu Geruchsbeeinträchtigungen von max. 11-12% im Plangebiet, was sie zu Recht – die GIRL gebe insoweit nur Richtwerte vor – als zumutbar eingestuft habe; die Antragstellerinnen könnten ihre Betriebe also fortführen. Das Geruchsgutachten sei nicht zu beanstanden. Die Erweiterungsabsichten der Antragstellerinnen seien zu Recht unberücksichtigt geblieben, da sie eine Neuordnung des Betriebes bedeuten würden. Jedenfalls hätte die Antragsgegnerin diese nur mit reduziertem Gewicht in die Abwägung einstellen müssen. Auch mit Blick auf die Lärmprognose bestehe kein Abwägungsdefizit. Aus den vorgesehenen Ersatzmaßnahmen ergäben sich keine Bewirtschaftungserschwernisse für landwirtschaftliche Flächen, denen die Flächeneigentümer nicht zugestimmt hätten. Mit Stickstoffeinträgen auf den Ausgleichsflächen, die deren Kompensationseignung in Frage stellten, sei nicht zu rechnen. Eine genauere artspezifische Ausgestaltung der CEF-Maßnahmen sei im Bebauungsplan nicht erforderlich gewesen, die CEF-Maßnahmen würden rechtzeitig vor Vornahme des Eingriffs wirksam sein. Der Bodenschutzklausel und der Umwidmungssperre des § 1a Abs. 2 BauGB sei Rechnung getragen worden.

Die Beigeladene beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Auch sie bestreitet die Antragsbefugnis der Antragstellerinnen. Maßgeblich sei insoweit der Vortrag in deren Normenkontrollantragsbegründungen, in denen sie ihre Betroffenheiten nicht hinreichend substantiiert dargelegt hätten. Im Übrigen seien weder die GbR, noch die Antragstellerin zu 2. Landwirte. Jedenfalls fehle ihnen das Rechtsschutzbedürfnis, da für entscheidende Grundstücke im Plangebiet bereits bestandskräftige Bauvorbescheide erteilt worden seien. Im Übrigen seien die Normenkontrollanträge unbegründet, der Bebauungsplan sei rechtmäßig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Beiakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Gründe

I.

Die Normenkontrollanträge sind zulässig.

Die Antragstellerinnen sind antragsbefugt. Es ist nicht nach jeder denkbaren Betrachtungsweise ausgeschlossen, dass deren Rechte dadurch verletzt wurden, dass ihre abwägungserheblichen Belange in der Abwägung fehlerhaft behandelt wurden. Die Antragstellerinnen haben insoweit geltend gemacht, die Entstehung eines Wohngebietes in unmittelbarer Nachbarschaft ihrer Tierhaltungsbetriebe werde deren Fortbestand in der genehmigten Form, jedenfalls aber deren konkret geplante Weiterentwicklung behindern. Ohne eine der Begründetheitsprüfung vorbehaltene intensive Durchdringung des Prozessstoffs lässt sich nicht feststellen, welche Bestands- und Erweiterungsinteressen der Antragstellerin zu 2. insoweit berücksichtigungsfähig gewesen sind. Auch die Frage, ob die Antragstellerin zu 2. aufgrund ihrer Qualifikation sowie des Umfangs und der rechtlichen Absicherung der ihr verfügbaren Flächen Landwirtin ist, und ob nicht ihre betrieblichen Interessen selbst bei Verneinung des landwirtschaftlichen Charakters ihres Betriebes abwägungsrelevant sein könnten, lässt sich im Rahmen der Zulässigkeit nicht abschließend beurteilen. Der Antragsbefugnis der Antragstellerin zu 1. steht nicht entgegen, dass diese unstreitig weder Eigentümerin der Hofstelle C-Straße ist, noch im abwägungserheblichen Zeitraum selbst Tiere gehalten hat; es ist zumindest möglich, dass auch ihr Interesse als Verpächterin der Betriebsstätte am Erhalt von deren Nutzbarkeit als Hofstelle eines Tierhaltungsbetriebs abwägungserheblich war. Anders als im vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 29. Juni 2015 (– 4 CN 5.14 –, BauR 2015, 1827 = juris Rn. 15) entschiedenen Fall, ist ausweislich ihres Gesellschaftsvertrags gerade die Aufrechterhaltung eines landwirtschaftlichen Betriebes, und nicht bloß die städtebaulich irrelevante Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen Gesellschaftszweck der Antragstellerin zu 1..

Das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerinnen ist nicht mit Blick auf die inzwischen erteilten Bauvorbescheide entfallen. Dass diese – Voraussetzung einer Bestandskraft – gerade den Antragstellerinnen zu 1. und 2. und nicht nur den Gesellschaftern der Antragstellerin zu 1. als Einzelpersonen zugestellt wären, ist nicht hinreichend deutlich vorgetragen. Unabhängig davon werden die Planfestsetzungen durch die bislang allein vorgelegten vier Bauvorbescheide nicht „weitgehend ausgenutzt“. Zum einen könnte sich die Rechtsposition der Antragstellerinnen weiter verschlechtern, wenn weitere Bauplätze, auf den Flurstücken 12/2 und 12/3 oder im Osten des südlichsten Baufensters, für die dem Gericht keine Bauvorbescheide vorliegen, ausgenutzt würden. Zum anderen ist denkbar, dass auf den Baugrundstücken, für die Bauvorbescheide vorliegen, Baugenehmigungen erteilt werden, die vom Inhalt der Vorbescheide zum Nachteil der Antragstellerinnen abweichen – z.B. durch eine Verschiebung des südwestlichsten Vorhabens weiter nach Süden, was der Plan, nicht aber der Bauvorbescheid erlauben würde.

II.

Die Normenkontrollanträge sind aber unbegründet.

1.

Das Planaufstellungsverfahren leidet nicht an durchgreifenden Verfahrensfehlern.

Ein durchgreifender Verfahrensfehler liegt nicht in der fehlenden Beteiligung eines „Realverbands J. er Gaste“. Aus dem Vortrag der Antragstellerinnen ergibt sich nicht schlüssig, dass dieser Verband überhaupt zu beteiligen gewesen wäre. Zu beteiligen sind nach § 4 Abs. 2 Satz 1 BauGB die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann. Nach § 3 Realverbandsgesetz ist Aufgabe eines Realverbands, die gemeinschaftlichen Angelegenheiten und sein sonstiges Vermögen (§ 2 RealVG) im Einklang mit den Interessen der Allgemeinheit zum Nutzen der Mitglieder zu verwalten. Dass dem Realverband die Verwaltung von Angelegenheiten obläge, die durch die Planung betroffen sein könnten, haben die Antragstellerinnen nicht vorgetragen; aus der vorgetragenen Tatsache, dass Teile des Plangebiets zum Verbandsgebiet gehören, ergibt sich dies nicht. Da diese Information entscheidend für die Notwendigkeit der Beteiligung und damit die Beurteilung des Vorliegens eines Verfahrensfehlers ist, wäre selbst dann, wenn der Verband eine planungsrelevante Aufgabe wahrnähme, ein daraus resultierender Verfahrensfehler spätestens nach Ablauf eines Jahres nach Bekanntmachung des Plans nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden.

Der Plan wurde vor der Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 31. Januar 2018, nämlich bereits am 29. September 2017, ordnungsgemäß ausgefertigt; die gegenteilige, nicht erläuterte, Behauptung der Antragstellerinnen ist offensichtlich „ins Blaue hinein“ erfolgt.

Ein Bekanntmachungsfehler liegt nicht darin, dass im Bebauungsplan festgesetzte Ausgleichsflächen nicht räumlich dargestellt wurden. Wie die Antragstellerinnen selbst ausführen, gehört zu den rechtsstaatlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung lediglich die Identifizierbarkeit derjenigen Flächen, für die der Plan Festsetzungen trifft; denn nur so weit reicht seine Regelungswirkung. Das ist hier hinsichtlich der als nicht hinreichend identifizierbar gerügten Ausgleichsflächen nicht der Fall; die dortigen Maßnahmen sind nicht im Plan festgesetzt, sondern sollen auf vertraglicher Grundlage gem. § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB erfolgen. Im Plan wird dementsprechend über die fraglichen Grundstücke nur unter „Hinweise“ informiert. Keine textliche Festsetzung bezieht sich auf sie. Es handelt sich explizit um „externe“ Ausgleichsflächen. Auch im Übrigen ist die Schlussbekanntmachung hinreichend bestimmt. Durch die kartographische Darstellung des Plangebiets in Verbindung mit der Nennung von „Bezugsstraßen“, die auch in den Planausschnitt eingetragen sind, kann jedermann klar erkennen, wo das Plangebiet liegt; einer Nennung von Flurstücksnummern bedurfte es nicht.

Ein Bekanntmachungsmangel liegt auch nicht in der fehlenden Bezugnahme auf DIN-Normen. Einzige DIN-Norm, auf die in den Planfestsetzungen Bezug genommen wird, ist die DIN 4109 (TF 4.2, 4.3). Ob der Hinweis 6 auf die Möglichkeit, diese im Fachdienst Bauen der Antragsgegnerin zu beziehen, ohne Hinweis auf die Kostenfreiheit dem Bekanntmachungserfordernis genügt, kann dahinstehen. Denn mit Blick auf diese ist dem Publikationserfordernis bereits dadurch Rechnung getragen, dass diese als technische Baubestimmung im Nds. Ministerialblatt im Volltext bekanntgemacht wurde (Senatsurt. v. 4.12.2014 – 1 KN 106/12 -, BauR 2015, 613 = juris Rn. 33; ebenso VGH Mannheim, Urt. v. 19.10.2010 – 3 S 1666/08 -, juris Rn. 22; OVG Koblenz, Urt. v. 6.11.2013 – 8 C 10607/13 -, BauR 2014, 673). Die übrigen von den Antragstellerinnen benannten Normen (DIN 18005, DIN EN 752) tauchen lediglich in der Planbegründung auf, nehmen also am Regelungsgehalt des Plans nicht teil.

Auf die geltend gemachten Fehler bei der Ermittlung des abwägungserheblichen Sachverhalts (§ 2 Abs. 3 BauGB) wird im Rahmen der Abwägung eingegangen. Etwaige sonstige Verfahrensfehler sind mangels Rüge nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden.

2.

Der Plan ist erforderlich i.S.d. § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB.

Die Antragsgegnerin verfolgt mit der Planung städtebauliche Ziele; in der Planbegründung ist dargelegt, dass Wohnraum insbesondere für junge Familien und Senioren geschaffen werden und damit ein Ziel aus dem Dorferneuerungsprogramm umgesetzt werden solle. Das ist eine städtebauliche Motivation. Soweit die Antragstellerinnen diese in Zweifel ziehen und geltend machen, es liege eine Gefälligkeitsplanung vor, können die Anforderungen an die Überzeugungsbildung des Gerichts keine geringeren sein als hinsichtlich Abwägungsmängeln, die offenkundig vorliegen müssen (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB); denn die Intention bei Schaffung dieser Vorschrift, den Gerichten eine Motivationsforschung bei sämtlichen Ratsherren zu ersparen, greift hier erst recht. Bloße Indizien für eine Drittbegünstigungsabsicht des Satzungsgebers genügen mithin nicht für die Annahme einer reinen Gefälligkeitsplanung. Mehr als Indizien tragen die Antragstellerinnen nicht vor. Dass der Plan einem Vorhabenträger nützt, genügt nicht; das ist der Regelfall. Auch der Umstand, dass ein Gesellschafter der Beigeladenen (S. T.) neben vielen anderen am Dorferneuerungsprogramm – nicht am Satzungsbeschluss – mitgewirkt hat, rechtfertigt nicht den Schluss, dieses, und damit eventuell mittelbar der Bebauungsplan, sei maßgeblich mit Blick auf dessen wirtschaftliche Wünsche gestaltet worden. Soweit die Antragstellerinnen zunächst vorgetragen hatten, noch 2007 hätte die Antragsgegnerin das Baugebiet G3 „U.“ mit der Begründung teilaufgehoben, Ziel sei die Sicherung bzw. Wiederherstellung funktionsfähiger urbaner Stadtzentren, hat sie dies mit Schriftsatz vom 14. Mai 2019 selbst wieder in Frage gestellt. Aber selbst wenn eine Teilaufhebung erfolgt wäre, ließe sich daraus nicht zwingend schließen, dass die Gemeinde nicht bis 2011 oder gar 2017 ihre städtebaulichen Vorstellungen geändert hätte und auch in J. wieder Bedarf an Bauplätzen sähe; immerhin ist das Dorferneuerungsprogramm erst nach 2007 erstellt worden. Auch der Vortrag der Antragstellerinnen in ihrem Schriftsatz vom 13. November 2019, die Antragsgegnerin stelle weitere Bebauungspläne auf, die von der Beigeladenen realisiert werden bzw. deren Flächen betreffen würden, ist kein hinreichender Beleg dafür, dass die Antragsgegnerin (ausschließlich) die Beigeladene begünstigen möchte; denkbar ist ebenso, dass diese sich eben – zufällig oder vorausschauend – Flächen verschafft hat, die in J. nach den Anforderungen der Antragsgegnerin an Bauland besonders geeignet sind oder dass sie sich als Kooperationspartner bei der Entwicklung von Neubaugebieten als besonders verlässlich erwiesen hat. Erst recht ist kein Indiz für eine Gefälligkeitsplanung, dass die Bürgermeisterin 2015 dem Bevollmächtigten der Antragstellerinnen gegenüber erklärt hat, die Pläne der Gesellschafterinnen der Beigeladenen nach Kräften zu unterstützen; wenn sie diese für städtebaulich sinnvoll hielt, war das folgerichtig.

Die Erforderlichkeit der Planung scheitert auch nicht an unüberwindlichen artenschutzrechtlichen Hindernissen beim Planvollzug. Die diesbezüglichen Maßstäbe hat das OVG Koblenz (Urt. v. 13.2.2019 – 8 C 11387/18 -, juris Rn. 54), jüngst zutreffend wie folgt zusammengefasst:

„Die artenschutzrechtlichen Zugriffs- und Beeinträchtigungsverbote gemäß § 44 BNatSchG entfalten für die Bauleitplanung nur mittelbare Bedeutung, da sie allein auf die Verwirklichungshandlung bezogen sind und daher unmittelbar nur für die Zulassungsentscheidung (hier für die auf der Grundlage des Bebauungsplans zu erteilende Baugenehmigung) gelten. Ein Bebauungsplan erweist sich daher aus Gründen des Artenschutzrechts nur dann wegen fehlender Erforderlichkeit der Planung als unzulässig, wenn seiner Verwirklichung unüberwindbare artenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. August 1997 – 4 NB 12.97 –, BauR 1997, 978 und juris Rn. 12 ff.; OVG RP, Urteil vom 13. Februar 2008 – 8 C 10368/07.OVG –, juris Rn. 26 ff.; Urteil vom 14. Oktober 2014 – 8 C 10233/14.OVG –, juris Rn. 56 m.w.N.; Schrödter/Wahlhäuser, in: Schrödter, BauGB, 9. Aufl. 2019, § 1 Rn. 405). Dementsprechend bedarf es im Planaufstellungsverfahren lediglich einer Abschätzung durch den Plangeber, ob der Verwirklichung der Planung artenschutzrechtliche Verbotstatbestände als unüberwindbare Vollzugshindernisse entgegenstehen und ob die Anordnung von Vermeidungs- oder vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen bereits auf der Ebene der Bauleitplanung sinnvoll erscheint (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015 – 10 D 21/12 –, BauR 2015, 1785, LS; Gellermann, in: Schrödter, BauGB, a.a.O., § 1a Rn. 181). Hierzu hat der Plangeber die bei Verwirklichung der Planung voraussichtlich betroffenen Arten sowie Art und Umfang ihrer voraussichtlichen Betroffenheit unter Hinzuziehung naturschutzfachlichen Sachverstands überschlägig zu ermitteln und zu bewerten (vgl. OVG NRW, Urteil vom 21. April 2015, a.a.O., und juris Rn. 167). Dabei müssen die Ermittlungen nicht erschöpfend sein, sondern nur so weit gehen, dass die Intensität und Tragweite der Beeinträchtigungen erfasst werden kann (OVG NRW, a.a.O., juris Rn. 172). Gerade bei einem Angebotsbebauungsplan wird es häufig genügen, sich auf bereits vorliegende Erkenntnisse (oder eine Potenzialabschätzung – wie hier –) zu stützen; einer aktuellen Erfassung des Arteninventars durch Begehungen vor Ort bedarf es dann nicht.“

Gemessen hieran ist nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin entgegen einer vom Landkreis Leer im Rahmen der frühzeitigen Behördenbeteiligung erhobenen Forderung die Tümpel, deren Vernichtung der Planvollzug erfordert, nicht auf Libellenvorkommen untersucht hat. Die Antragsgegnerin hat insoweit in der Abwägungstabelle ausgeführt, der Landkreis habe bei einer Biotopkartierung die Gewässer aufgrund der vorkommenden Habitatstrukturen als nicht libellenrelevant eingestuft. An der Richtigkeit dieser Angabe hat der Senat ungeachtet der Bedenken der Antragstellerinnen keine Zweifel. Ein erhebliches Indiz hierfür ist der von der Antragsgegnerin am 21. November 2019 vorgelegte handschriftliche, auf den 17. Dezember 2016 datierte Vermerk über ein Gespräch mit u.a. zwei Mitarbeitern des Landkreises, in dem es u.a. heißt: „Libellen nicht vorhanden,“ und dem es entspricht, dass der Landkreis im weiteren Verfahren der Behördenbeteiligung keine artenschutzrechtlichen Bedenken gegen die Planung mehr geäußert hat. Hinzu kommt, dass der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen in der mündlichen Verhandlung selbst eine Äußerung der Leiterin des Naturschutzamtes des Landkreises verlesen hatte, die bestätigte, dass bei einer Begehung des Plangebiets festgestellt worden sei, dass die dortigen Gewässer als Habitat für Libellen ungeeignet seien. Für diese Feststellung war die Beobachtung eines konkreten Libellenvorkommens unerheblich, so dass es auf den Zeitpunkt der Begehung nicht ankommt. Ob das Naturschutzamt des Landkreises zum Zeitpunkt der Feststellung über einen Mitarbeiter mit besonderen Kenntnissen über die Lebensgewohnheiten von Libellen verfügte, kann dahinstehen; jedenfalls konnte sich die Antragsgegnerin auf eine entsprechende Auskunft der unteren Naturschutzbehörde als zuständiger Fachbehörde verlassen. Unabhängig davon greift das Argument der Antragsgegnerin, sie habe für die wegfallenden Tümpel gleichwertigen Ersatz vorgesehen. Mit Blick auf die in der Abwägungstabelle (BA 006 Reiter 19 Bl. 117) angesprochene Möglichkeit, bei Bedarf sogar die dort vorhandene Vegetation umzusetzen, wäre selbst bei Vorkommen von geschützten Libellenarten ein Verstoß gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht zu erwarten.

Ohne Erfolg machen die Antragsteller geltend, der Plan regle nicht die artspezifische Ausgestaltung der CEF-Maßnahmen, insbesondere der Herstellung von Kleingewässern für Amphibien. Entsprechender Festsetzungen im Plan bedurfte es nicht; wie einleitend ausgeführt, muss die Gemeinde sich auf Ebene der Bauleitplanung lediglich vergewissern – und notfalls durch entsprechende Festsetzungen sicherstellen –, dass die Durchführung der CEF-Maßnahmen, also auch ihre artspezifische Ausgestaltung, auf Vollzugsebene möglich ist. Hier sieht der Umweltbericht eine Herstellung örtlich benachbarter Ersatzgewässer und eine Extensivierung von deren Umgebung vor, womit auf den Ausgleichsflächen den vernichteten Lebensräumen gleichartige Habitate geschaffen werden. Die Ausgestaltung der CEF-Maßnahme für Amphibien ist auf S. 61 der Planbegründung in groben Zügen bedacht worden. Anhaltspunkte dafür, dass bei Inkrafttreten des Plans absehbar war, dass eine Feinsteuerung auf Vollzugsebene nicht würde erfolgen können, sind nicht ersichtlich. Angesichts der dargelegten Maßstäbe wäre es unerheblich, wenn die CEF-Maßnahmen auf Flächen A1 (für Amphibien) und A3 (i.e.: für den Weißstorch), wie die Antragstellerinnen vortragen, bisher noch nicht umgesetzt wären. Lediglich wenn die Einschätzung der Antragsgegnerin, die Maßnahmen seien im Rahmen des Planvollzugs umsetzbar und könnten vor Zerstörung der bisherigen Habitate wirksam werden, sich als fehlerhaft erwiese, könnte dem Plan die Erforderlichkeit fehlen. Dafür ist indes nichts ersichtlich. Selbst wenn die inzwischen angelegten Mulden bislang kein Wasser geführt haben sollten (Schriftsatz der Antragstellerin zu 1. vom 14. Juni 2018), ist nicht erkennbar, dass die Schaffung wasserführender Mulden schlechthin unmöglich wäre. Selbst wenn die Ursache in einer zu großen Versickerungsfähigkeit des aktuellen Muldenbodens läge, wäre es möglich, diesen „abzudichten“.

Soweit die Antragstellerinnen erstmals mit Schriftsatz vom 13. November 2019 vortragen, entgegen den Ermittlungen der Antragsgegnerin gebe es im Plangebiet weiterhin ein Moorfroschvorkommen, ferner Gelbbauchunken, und dies sei auch schon im für die Abwägung erheblichen Zeitpunkt so gewesen, kann ihr Vortrag nach § 6 UmwRG nicht berücksichtigt werden.

Zu dieser, gemäß § 1 Satz 1 Nr. 4 UmwRG anwendbaren, Vorschrift hat das Bundesverwaltungsgericht (Urt. v. 27.11.2018 – 9 A 8.17 -, BVerwGE 163, 380 = NVwZ 2019, 1202 = juris Rn. 13 ff.) ausgeführt:

„Gemäß § 6 Satz 1 und 2 UmwRG hat eine Person oder eine Vereinigung innerhalb einer Frist von zehn Wochen ab Klageerhebung die zur Begründung ihrer Klage dienenden Tatsachen und Beweismittel anzugeben; Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf dieser Frist vorgebracht werden, sind grundsätzlich nur zuzulassen, wenn die Verspätung entschuldigt ist (§ 6 Satz 3 UmwRG i.V.m. § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Auf die Frage, ob eine Zulassung verspäteten Vorbringens das Verfahren konkret verzögern würde, kommt es nicht an. Die Frist kann nach § 6 Satz 4 UmwRG (nur) dann auf Antrag verlängert werden, wenn die Person oder die Vereinigung in dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren keine Möglichkeit der Beteiligung hatte.

Diese Regelung ist vorrangig gegenüber früheren fachgesetzlichen […] anzuwenden; der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Einfügung des § 6 UmwRG eine einheitliche und abschließende Regelung für alle Rechtsbehelfe im Geltungsbereich dieses Gesetzes […]. Der Zweck des § 6 UmwRG […] besteht darin, zur Straffung des Gerichtsverfahrens beizutragen, indem der Prozessstoff zu einem frühen Zeitpunkt handhabbar gehalten wird (BT-Drs. 18/12146 S. 16, BT-Drs. 19/4459 S. 32). Schon innerhalb der Begründungsfrist, die zum Ausgleich der strengeren Folgen einer Versäumung von sechs auf zehn Wochen verlängert worden ist, hat der Kläger grundsätzlich den Prozessstoff festzulegen. Damit soll für das Gericht und die übrigen Beteiligten klar und unverwechselbar feststehen, unter welchen tatsächlichen Gesichtspunkten eine behördliche Entscheidung angegriffen wird, was späteren lediglich vertiefenden Tatsachenvortrag nicht ausschließt […]. Beweismittel für einen späteren förmlichen Beweisantrag sind innerhalb der Klagebegründungsfrist bereits anzugeben […]. Insgesamt soll nach dem Wegfall der aus dem Verwaltungsverfahren in den Prozess hineinwirkenden materiellen Präklusion (§ 73 Abs. 4 Satz 3 VwVfG; vgl. § 7 Abs. 4 UmwRG) verhindert werden, dass in einem späten Stadium des gerichtlichen Verfahrens neuer Tatsachenvortrag erfolgt, auf den die übrigen Beteiligten und das Gericht nicht mehr angemessen reagieren können.

Über die Klagebegründungsfrist ist nicht nach § 58 VwGO zu belehren. […] Über die Möglichkeit der Zurückweisung verspäteten Vortrags ist schließlich auch nicht nach § 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 VwGO zu belehren.[…]“

Der 7. Senat des Nds. OVG hat diese Ausführungen wie folgt eingeschränkt (Urt. v. 27.8.2019 – 7 KS 24/17 –, juris Rn. 161):

„Ihr diesbezügliches Vorbringen kann daher vorliegend keine Berücksichtigung finden, zumal es nicht mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln, vgl. § 6 Satz 3 UmwRG in Verbindung mit § 87b Abs. 3 Satz 3 VwGO. Als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips stellt das Tatbestandsmerkmal der eigenen Ermittlungsmöglichkeiten klar, dass sich selbst bei einer Verfahrensverzögerung die Amtsermittlungsmaxime gegenüber der Beschleunigungsmaxime durchsetzt, wenn es dem Gericht ohne nennenswerten sachlichen, finanziellen oder auch zeitlichen Aufwand offen steht, die entscheidungserheblichen Umstände festzustellen. Ist hierfür das Studium umfangreichen schriftsätzlichen Vortrags oder das Durchsuchen von Verwaltungsakten nach entsprechenden Tatsachen und Erklärungen erforderlich, ist der Aufwand nicht mehr als gering zu bezeichnen (vgl. Jacob in: Gärditz, VwGO Kommentar, 2. Auflage 2018, § 87b Rn. 28; BVerwG, Urteil vom 18.02.1998 - 11 A 6.97 -, juris).“

Der Vortrag der Antragsteller ist weder innerhalb der 10-Wochen-Frist – diese endet für die Antragstellerin zu 1. am 3. April 2018, für die Antragstellerin zu 2. am 9. April 2019 – erfolgt, noch ist seine Verspätung ausreichend entschuldigt. Das Vorkommen bestimmter Amphibien im Plangebiet zum Abwägungszeitpunkt lässt sich auch nicht mit geringem Aufwand von Amts wegen ermitteln.

3.

Die Planfestsetzungen sind hinreichend bestimmt.

Dies gilt zunächst, soweit im Plan in der textlichen Festsetzung Nr. 2.1 der maßgebliche Bezugspunkt für die Festsetzungen der First- und Traufhöhe anhand der Fahrbahnoberfläche der festgesetzten öffentlichen Verkehrsfläche bestimmt wird. Ohne Erfolg berufen sich die Antragsteller auf Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts G-Stadt (insbes. Urt. v. 13.2.2014 – 7 D 102/12.NE -, juris Rn. 69 ff.), das in verschiedenen Fällen eine hinreichende Bestimmtheit verneint hat, wenn die Erschließungsstraße bei Satzungsbeschluss noch nicht hergestellt war. Jedenfalls im vorliegenden Fall ist die Bezugnahme auf die Höhe der noch herzustellenden Erschließungsstraße hinreichend bestimmt. Das Bestimmtheitsgebot soll den Planadressaten in die Lage versetzen zu erkennen, ob sein Vorhaben im Plangebiet zulässig ist oder nicht. Das ist auch dann gewährleistet, wenn die Übereinstimmung der Gebäudehöhe mit den Planfestsetzungen erst dann abschließend geprüft werden kann, wenn die Bauausführungsplanung für die für sein Grundstück relevante Erschließungsstraße vorliegt. Denn Voraussetzung der Genehmigung eines Vorhabens im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans nach § 30 Abs. 1 BauGB ist u.a., dass die Erschließung gesichert ist, d.h. mit ihrer konkreten Herstellung zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme muss gerechnet werden können (Söfker, in: EZBK BauGB § 30 Rn. 50); das setzt voraus, dass ihre konkrete Gestalt zum Genehmigungszeitpunkt feststeht. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Erschließung ggf. auch durch eine provisorische Baustraße gesichert sein kann. Denn jedenfalls der vorliegende Plan ist mangels anderweitiger Hinweise dahingehend auszulegen, das zur Bestimmung der Gebäudehöhe die zum Genehmigungszeitpunkt jeweils vorhandene bzw. konkret geplante Erschließungsanlage, ob Baustraße oder endgültige Erschließungsstraße, heranzuziehen ist, zumal in einem Gelände, das wie hier nur geringe Höhenunterschiede (das Gefälle beträgt im ganzen Plangebiet lt. S. 12 der Planbegründung nur 2 m) und keine Auffälligkeiten des Baugrunds aufweist, die beispielsweise besondere Aufschüttungen erforderten, nicht von großen Höhenunterschieden zwischen Baustraße und endgültiger Erschließungsstraße auszugehen ist. Ob das im der Entscheidung des OVG G-Stadt zugrundeliegenden Fall anders war, vermag der Senat nicht zu beurteilen.

Die Linien, mit denen die Lärmpegelbereiche abgegrenzt sind, sind auf dem Plan im Maßstab 1:1000 hinreichend scharf konturiert, um den Geltungsbereich der Lärmpegelbereiche zu verorten. Ob dies, wie das OVG G-Stadt in seinem von den Antragstellerinnen angeführten Urteil vom 13.2.2014 (– 7 D 102/12.NE –, juris Rn. 75 ff.) angenommen hat, anders zu beurteilen wäre, wenn die Lärmpegelbereiche in einer separaten Karte im Maßstab 1:2500 eingezeichnet wären, kann dahinstehen. Im Übrigen hat auch das OVG G-Stadt in seinem ebenfalls von den Antragstellerinnen angeführten Urteil vom 3. Dezember 2003 (– 7a D 118/02.NE -, juris Rn. 51) einen Plan im Maßstab 1:1000 als noch hinreichend lesbar bewertet.

4.

Die Planung ist, wie § 1 Abs. 4 BauGB fordert, den Zielen der Raumordnung angepasst. Die Plansätze 2.1 (06) und 3.1.1. (04) des Landesraumordnungsprogramms (LROP), auf die sich die Antragstellerinnen berufen, sind Grundsätze der Raumordnung, auf die sich das Anpassungsgebot nicht erstreckt.

Ob Plansatz D 1.5 (01) Satz 2 und 3 des Regionalen Raumordnungsprogramms des Landkreises Leer 2006 (RROP), wonach die Siedlungsentwicklung vorrangig auf die zentralörtlichen Bereiche (d.h. Kernort Leer) zu konzentrieren, andererseits „u.a. die Eigenentwicklung der Ortsteile zu sichern“ ist, Ziele oder – trotz Fettdruck mangels hinreichender Bestimmtheit – nur Grundsätze der Raumordnung enthält, kann dahinstehen. Denn die Planung sichert die Eigenentwicklung des Ortsteils J. der Antragsgegnerin. Eine Sicherung der Eigenentwicklung in diesem Sinne liegt nicht nur solange vor, wie der planbedingte Zuwachs an Wohnraum sich quantitativ im Rahmen des durch eine „natürliche“ Bevölkerungszunahme bedingten Mehrbedarfs hält. Sie kann auch dann gegeben sein, wenn mit der Ausweisung von Wohngebieten der Erhalt einer ausgewogenen Bevölkerungsstruktur und damit die langfristige Lebensfähigkeit einer Dorfgemeinschaft gesichert werden soll. Genau dies ist das erklärte Planungsziel der Antragsgegnerin. Diese möchte mit der Ausweisung geeigneter, attraktiver Baugrundstücke gerade jungen Familien einen Anreiz bieten, sich in der Nähe der Infrastruktur an der J. er Straße anzusiedeln, und einer festgestellten Überalterungstendenz der Ortsteilsbevölkerung entgegenwirken. Unerheblich ist insoweit, ob die Käufer der Baugrundstücke bereits ortsansässige Familien sind oder Zugezogene, die im „Austausch“ gegen wegziehende junge Einheimische kommen.

Soweit die Antragstellerinnen das Vorhandensein von Vorranggebieten für die Trinkwassergewinnung, Vorsorgegebiete für Natur und Landschaft sowie ein Vorsorgegebiet für Landwirtschaft nördlich, also außerhalb des Plangebiets geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass Vorsorgegebiete keine Ziele der Raumordnung darstellen; das Anliegen, ihre Beeinträchtigung zu vermeiden, ist in der Abwägung überwindbar (vgl. die Begriffsdefinition in den Allgemeinen Hinweisen des RROP, entsprechend den Vorbehaltsgebieten nach § 7 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ROG). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, inwieweit die Planung die genannten Vorrang- und Vorsorgegebiete außerhalb des Plangebiets beeinträchtigen soll.

5.

Die Planung leidet nicht unter im vorliegenden Verfahren beachtlichen Verstößen gegen das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7 BauGB) und der darauf bezogenen Ermittlungspflicht der Antragsgegnerin (§ 2 Abs. 3 BauGB). Gemäß § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Die daraus folgenden Anforderungen an den Abwägungsvorgang entsprechen denen, die die Rechtsprechung aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB entwickelt hat (vgl. BVerwG, Urt. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, juris Rn. 20 = BVerwGE 131, 100; Urt. v. 13.12.2012 - 4 CN 2.11 -, juris Rn. 9 = DVBl. 2013, 507). Die so ermittelten und bewerteten öffentlichen und privaten Belange sind in einem weiteren Schritt gemäß § 1 Abs. 7 BauGB gegen- und untereinander gerecht abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich darauf zu beschränken, ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht. Hat die Gemeinde diese Anforderung an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.7.1974 - 4 C 50.72 -, juris Rn. 45 = BVerwGE 45, 309 = BRS 28 Nr. 4). Beachtlich sind Verstöße gegen die Ermittlungspflicht und das Abwägungsgebot nur, soweit sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss sind (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 BauGB).

a)

Dem genügt die Ermittlung und Bewertung der Belange der Antragstellerinnen. Die Art und Weise, in der die Antragsgegnerin deren Interesse an der Aufrechterhaltung und Steigerung ihrer Geruchsemissionen behandelt hat, ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden. Dafür sind folgende, vom Senat etwa in seinem Urteil vom 15. Januar 2004 (– 1 KN 128/03 –, AUR 2004, 328 = NuR 2005 = juris Rn. 33 ff.) zusammengefassten Grundsätze maßgeblich:

Bei der Bauleitplanung ist abwägungsbeachtlich nicht nur das Bedürfnis danach, den vorhandenen Tierbestand ohne existenzgefährdende Einschränkungen weiter betreiben zu können. Auch das Bedürfnis nach einer künftigen Betriebsausweitung kann im Rahmen der Abwägungsentscheidung von Belang sein. Voraussetzung ist, dass diese Entwicklung bereits konkret ins Auge gefasst ist oder bei realistischer Betrachtung der vom Landwirt aufzuzeigenden betrieblichen Entwicklungsmöglichkeiten nahe liegt (vgl. Senatsurt. v. 4.1.1983 – 1 C 2/81 -, BRS 40 Nr. 34). Eine Erweiterungsabsicht kann nicht losgelöst vom vorhandenen Baubestand und der bestehenden Betriebsgröße Beachtung verlangen (vgl. auch Bad.-Württ. VGH, Urt. v. 26.5.1994 – 5 S 2193/93 -, UPR 1995, 110). Das Interesse des Landwirts, sich alle Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten, reicht ebenso wenig aus wie unklare oder unverbindliche Absichtserklärungen (BVerwG, Beschl. v. 10.11.1998 – 4 BN 44.98 -, NVwZ-RR 1999, 423; Beschl. v. 5.9.2000 – 4 B 56.00 -, NVwZ-RR 2001, 82 = BauR 2001, 83 = AgrarR 2001, 248; vgl. auch Urt. v. 14.1.1993 - 4 C 19.90 -, NVwZ 1993, 1184 = DVBl 1993, 652 = BRS 55 Nr. 175). Erweiterungsinteressen sind grundsätzlich nur berücksichtigungsfähig, soweit sie keine qualitative Neuordnung des Betriebes, sondern sich als Fortsetzung des bisherigen Betriebsschemas darstellen.

Gemessen daran hat die Antragsgegnerin im Ergebnis zu Recht weder eine Gefährdung des Betriebes der Antragstellerinnen in der bei Abwägung vorhandenen und erkennbaren Gestalt (aa) noch eine Vereitelung von konkret ins Auge gefassten bzw. naheliegenden Entwicklungsabsichten (bb) in ihre Abwägung eingestellt. Auf die Frage, ob die Berücksichtigungsfähigkeit der gegenwärtigen oder der als geplant geltend gemachten Betriebsweise bereits daran scheiterte, dass sie aufgrund ihrer Größe, mangels hinreichender Futtergrundlage, mangels hinreichender Sicherung der Flächenverfügbarkeit oder mangels landwirtschaftlicher Kenntnisse der Antragstellerin zu 2. nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 201 BauGB privilegiert, damit nicht von den für einen landwirtschaftlichen Betrieb erteilten Baugenehmigungen erfasst und auch im Außenbereich nicht genehmigungsfähig war, kommt es dabei nicht an, denn der Abwägungserheblichkeit stehen bereits andere Gründe entgegen.

aa)

Die Betriebsweise, wie sie die Antragstellerin zu 2. – die Antragstellerin zu 1. betrieb zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses bereits keine aktive Landwirtschaft mehr – auf der Hofstelle C-Straße ausübte, wird durch etwaige Schutzansprüche künftiger Plangebietsbewohner gegenüber Geruchsimmissionen nicht gefährdet. Das Geruchsgutachten vom 22. September 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass lediglich ein Teil des südwestlichsten Baufensters im Plangebiet Geruchsstundenhäufigkeiten von 11 bis 12 % der Jahresgeruchsstunden ausgesetzt sein, im Übrigen die in der GIRL vorgesehene Zumutbarkeitsgrenze für Wohngebiete von 10 % der Jahresgeruchsstunden eingehalten werden wird. Ob die Auffassung der Antragsgegnerin, die mäßige Überschreitung der 10 %-Grenze sei den künftigen Bewohnern des Plangebiets mit Blick auf dessen dörfliche Lage zumutbar, so dass Immissionskonflikte nicht zu erwarten seien, zutrifft, kann dahinstehen. Denn selbst wenn darin ein Abwägungsfehler läge, könnte dieser sich auf das Abwägungsergebnis nicht auswirken. Grundlage der Berechnung im Geruchsgutachten vom 22. September 2016 ist ein Viehbestand im Hauptstalltrakt von 75 Rindern und im 1956 genehmigten Gebäude von 22 Rindern (jeweils einschließlich Nachzucht), insgesamt 72,2 Großvieheinheiten (GV), ferner 50 Legehennen und 3 Pferde (vgl. BA 011 Bl. 73). Ferner geht die Berechnung von ganzjähriger Stallhaltung aller Tiere aus. Tatsächlich hielt die Antragstellerin zu 2. im Zeitpunkt der unbeschränkten Öffentlichkeitsbeteiligung lediglich 11, im Zeitpunkt der Abwägung 15 Rinder, entsprechend 6,5 bzw. 9,8 GV nebst einer geringen Zahl von Hennen, Enten, einem Pferd und einer Ziege. Die Rinder wurden, entsprechend der üblichen Haltungsform für Galloway-Rinder, grundsätzlich ganzjährig auf der Weide und nur in Ausnahmesituationen – u.a. beim Abkalben, bei Zugang bzw. Verkauf sowie bei extremer Witterung – im Stall gehalten. Die im Geruchsgutachten vom 22. September 2016 ermittelte Geruchsbelastung des Plangebiets ist daher, soweit sie den Tierbestand im C-Straße betrifft, stark überzeichnet. Die Geruchsbelastung unter Zugrundelegung eines reduzierten Tierbestandes auf der Hofstelle C-Straße war im Geruchsgutachten vom 10. Oktober 2013 ermittelt worden; dieses ergab keine Überschreitung des Wertes von 10 % der Jahresgeruchsstunden in einem der Baufenster. Selbst diese Annahme beruhte freilich auf der – damals vielleicht noch zutreffenden – Prämisse einer Weidehaltung vom 1. Mai bis zum 30. Oktober, die mit Blick auf den von den Antragstellerinnen eingeräumten Umstand, dass die Tierhaltung im abwägungserheblichen Zeitpunkt tatsächlich fast ganzjährig auf der Weide betrieben wurde, immer noch überzeichnet war.

Sonstige Fehler bei der Geruchsbegutachtung, die die Möglichkeit unzumutbarer Geruchsbelastungen im Plangebiet bei unveränderter Fortführung der Tierhaltung auf der Hofstelle C-Straße eröffneten, liegen nicht vor.

Ohne Erfolg machen die Antragstellerinnen geltend, im Geruchsgutachten würden hinsichtlich ihres Betriebes falsche Quellparameter zugrunde gelegt. Unabhängig von der Frage, ob etwaige Abweichungen mit Blick auf die weit hinter den gutachterlichen Prämissen zurückbleibende Tierhaltung überhaupt entscheidungsrelevant sein können, ist diese Rüge nicht nachvollziehbar. Die Quellparameter sind in Anlage 1.2 der Anlage zum Geruchsgutachten (BA 011 Bl. 67) kartographisch korrekt dargestellt; konkrete Abweichungen haben die Antragstellerinnen auch nicht bezeichnet. Die dort erkennbaren GK-Hoch- und Rechtswerte stimmen mit den Koordinatenangaben in der Anlage 2.1 zum Gutachten (BA 011 Bl. 162 ff.) überein.

Erfolglos bleibt auch die Rüge der Antragstellerinnen, die Silageplatte im Westen ihrer Hofstelle sei als Emissionsquelle im Geruchsgutachten vom 22. September 2016 nicht berücksichtigt. Das dürfte zwar in tatsächlicher Hinsicht zutreffen. Allerdings haben die Antragstellerinnen im Einwendungsverfahren (BA 009 Reiter 14 Bl. 21, 70) geltend gemacht, auf der groben Karte Anlage 1 zum Geruchsgutachten (BA 011 Bl. 160) fehlten zwei Quellen (gemeint: QUE_13 und QUE_30, die südlichen Wirtschaftsgebäude, die in der Karte fehlen, die Antragsgegnerin aber tatsächlich berücksichtigt hat), während eine andere eingezeichnet sei, die tatsächlich nicht existiere. Da von den eingezeichneten Quellen nur eine – die Silageplatte – im Gutachten auch tatsächlich nicht berücksichtigt wurde, durfte der Rat annehmen, das Gutachten sei korrekt. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin nach ihren unwidersprochenen Angaben dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen nach Erstellung des Berechnungsmodells einen Lageplanauszug mit Verzeichnung der berücksichtigten Emissionsquellen übersandt hatte. Ein Hinweis, dass auch die Silageplatte emittiere, ist darauf, auch in den diversen Einwendungsschreiben für die Antragstellerinnen, nicht erfolgt. Der Vortrag, die Silageplatte sei übersehen worden, erfolgte in dieser Form erst im gerichtlichen Verfahren. Auch vor diesem Hintergrund durfte der Rat von einer Berücksichtigung aller relevanten Emissionsquellen auf der Hofstelle ausgehen. Im Übrigen hätte die Silageplatte – die im Gutachten vom 10. Oktober 2013 noch berücksichtigt wurde (BA 008 Reiter 8 Bl. 25, 26R) – das Ergebnis der Geruchsbegutachtung erkennbar nicht abwägungserheblich verändert.

Soweit die Antragstellerinnen mit der Rüge, dem Geruchsgutachten liege zu Unrecht die Windrose der Wetterstation Emden zugrunde, einen Ermittlungs- bzw. Abwägungsfehler geltend machen, wäre dieser im Fall seines Vorliegens nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bzw. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Die Antragstellerinnen haben ihre Rüge erstmals mit Schriftsatz vom 1. März 2019 und damit nach Ablauf der Jahresfrist seit Bekanntmachung des Bebauungsplans im gerichtlichen Verfahren vorgetragen. Der Eingang einer früheren Abwägungsrüge direkt bei der Antragsgegnerin ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Anhaltspunkte dafür, dass nicht nur ein Fehler im Abwägungsvorgang, sondern auch im Abwägungsergebnis vorliegen könnte, gibt es nicht.

Soweit die Antragstellerinnen geltend machen, die Geruchsermittlung berücksichtige nicht alle in der weiteren Umgebung vorhandenen Betriebe, verkennen sie, dass in die Geruchsermittlung nur diejenigen Betriebe einzubeziehen sind, von denen ein relevanter Geruchsbeitrag zu erwarten ist; die diesbezüglichen Ausführungen auf S. 18 des Geruchsgutachtens vom 22. September 2016, nach denen dies nicht der Fall ist, haben die Antragstellerinnen nicht substantiiert angegriffen. Dass weitere Betriebe in relevantem Umfang emittieren könnten, ist nicht erkennbar. Insbesondere gilt dies für den mit Schriftsatz vom 13. November 2019 benannten Betrieb V. W., der „mehrere hundert“ Hennen in 300 m Entfernung in nordwestlicher Richtung – d.h. außerhalb der Hauptwindrichtung – halte; geruchsmäßig fällt eine derartige Zahl kaum ins Gewicht. Im Übrigen ist dieser Vortrag nach § 215 Abs. 1 BauGB sowie § 6 UmwRG unbeachtlich.

Keinen Bedenken begegnet, dass die Antragsgegnerin für die Geruchsermittlung eine Abdeckung des Gärrestelagers der Biogasanlage mit einem Zeltdach zugrunde gelegt hat. Der Rüge der Antragstellerinnen, dieses Zeltdach sei nicht vorhanden, hat die Antragsgegnerin überzeugend entgegengehalten, das Zeltdach sei durch Sturm zerstört worden, es sei aber von seiner Wiederherstellung auszugehen, da die Biogasanlage nur unter der Voraussetzung der Abdeckung des Gärrestelagers genehmigt sei. Auf ein Hinwirken des zuständigen Gewerbeaufsichtsamtes auf rechtmäßige Zustände durfte der Rat der Antragsgegnerin vertrauen. Soweit die Antragstellerinnen mit Schriftsatz vom 13. November 2019 – und damit im Übrigen verspätet – vorgetragen haben, das Gärrestelager nehme auch Gülle von Fremdbetrieben auf, ist dies für seine geruchstechnische Bewertung im Gutachten unerheblich; diese knüpft an die Oberfläche des Behälters an.

Nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich ist die weitere Rüge der Antragstellerinnen in ihrem Schriftsatz vom 1. März 2019, das Gutachten enthalte keine Angaben dazu, mit welchem Gewichtungsfaktor Pferdegeruch berücksichtigt wurde.

bb)

Die von den Antragstellerinnen im Zuge des Planaufstellungsverfahrens angegebenen Erweiterungsabsichten hat die Antragsgegnerin im Ergebnis zu Recht unberücksichtigt gelassen. Die Antragstellerinnen haben kein hinreichend konkretes Betriebserweiterungskonzept dargelegt, das dem Rat vor dem Hintergrund des im abwägungserheblichen Zeitpunkt vorhandenen Bestandes realistisch erscheinen musste. Die Antragstellerin zu 1. hat im Rahmen der unbeschränkten Öffentlichkeitsbeteiligung die Absicht zur Errichtung eines Hähnchenmaststalls mit 13.000 Plätzen nebst Kaltscharrraum und Kotlager, die Antragstellerin zu 2. die Absicht zum Neubau eines Rinderstalls mit 150 Plätzen vorgetragen. Gegen die Ernsthaftigkeit dieser Erweiterungspläne spricht bereits entscheidend, dass sie in keinem Verhältnis zum tatsächlich im abwägungserheblichen Zeitraum ausgeübten Betrieb standen. Allein die Ausnutzung des angegebenen Rinderstalls hätte unter der – dem Rat bis zum 30. August 2017 nicht erkennbaren Prämisse, dass die bestehenden Stallkapazitäten im Gegenzug entfallen sollten – eine Verzehnfachung des zum Abwägungszeitpunkt gehaltenen Rinderbestandes bedeutet. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Fleischrinderbestand möglicherweise erst im Aufbau begriffen war, der Zeitraum 2016/2017 mithin unter Berücksichtigung der Zahl der 2009 bzw. 2012 gehaltenen Tiere (65 bis 75) nur eine atypische „Momentaufnahme“ darstellte, wäre allein die Ausweitung der Rinderhaltung gegenüber der Kapazität der bestehenden – im Falle des 1956 errichteten Schuppens zudem für die Tierhaltung nicht genehmigten – Ställe beträchtlich gewesen. Unplausibel ist das Vorhaben zur immerhin mit gewissen Baukosten verbundenen Neuerrichtung eines Rinderstalls unabhängig von seiner Größe ferner deshalb, weil die Antragstellerin zu 2. zum Zeitpunkt der Öffentlichkeitsbeteiligung und der Abwägung am Aufbau einer Galloway-Zucht war. Diese Rinderrasse ist, wie die Antragstellerinnen selbst einräumen, grundsätzlich für eine ganzjährige Freilandhaltung bestimmt. Dass die Umstellung auf andere, aufstallungsbedürftige Fleischrinderrassen 2016/2017 konkret beabsichtigt gewesen wäre, haben die Antragstellerinnen nicht vorgetragen. Soweit die Antragstellerinnen im gerichtlichen Verfahren eingewandt haben, der Landkreis Leer habe ihnen anlässlich einer Begehung im Januar 2018 eine Aufstallung geraten, ferner mache das vermehrte Vorkommen von Wolfsrissen – genannt werden Vorfälle ab September 2017 – diese zumindest teilweise erforderlich, beziehen sie sich auf Ereignisse nach Satzungsbeschluss, die ihre 2016 geäußerte Erweiterungsabsicht nicht getragen haben können. Für die von den Antragstellerinnen in ihrem Schriftsatz vom 22. November 2019 beschriebenen Ausnahmesituationen, in denen eine Stallhaltung von Einzeltieren erforderlich sein könnte, wäre ein Stall mit 150 Plätzen selbst dann erkennbar überdimensioniert, wenn insgesamt tatsächlich ca. 150 Tiere gehalten werden sollten. Hinzu kommt die parallel dazu erklärte Absicht, auf derselben Hofstelle eine Ausweitung der Hühnerhaltung von 100 auf 13.000 Tiere zu betreiben und damit einen Betriebszweig neu aufzubauen, der mit der bisherigen Bewirtschaftungsweise wenig zu tun hat. Zudem würden beide Vorhaben im Verbund vollends die bisherige Größenordnung des Betriebes sprengen. Die Antragsgegnerin war nicht gehalten, diese Entwicklungsabsichten separat zu beurteilen und alternativ in die Abwägung einzubeziehen. Aufgrund der Bündelung beider Pläne auf derselben Hofstelle, der engen familiären Verbindung der Antragstellerin zu 2. und der Gesellschafter der Antragstellerin zu 1., der Tatsache, dass diese ihre Einwendungen durch denselben Verfahrensbevollmächtigten vortragen ließen und auch nach ihrem eigenen Vortrag im gerichtlichen Verfahren die langfristige Fortführung eines einheitlichen Betriebes beabsichtigen, durfte der Rat davon ausgehen, dass beide Erweiterungsabsichten koordiniert geäußert wurden und als kumulativ verfolgt zu verstehen waren. Ebenso wenig musste der Rat der Antragsgegnerin die angegebenen Entwicklungsabsichten gedanklich auf ein noch realistisches Maß reduzieren und in dieser Form in die Abwägung einbeziehen. Denn das würde den Antragstellerinnen betriebliche Vorstellungen unterstellen, die sie so nicht geäußert haben. Es obliegt vielmehr ihnen, von vornherein ein realistisches Entwicklungsszenario für ihren Betrieb aufzuzeigen.

b)

Die gegen die Ermittlung und Abwägung der Lärmbetroffenheiten im Plangebiet erhobenen Einwände sind entweder unbegründet oder nach § 215 BauGB unbeachtlich geworden.

Ohne Erfolg machen die Antragstellerinnen geltend, die Antragsgegnerin habe die Problematik des vom Blockheizkraftwerk der Biogasanlage westlich des Plangebiets ausgehenden tieffrequenten Schalls nicht bewältigt; sie habe verkannt, dass ihre Empfehlung, den Abgaskamin mit einem Schalldämpfer nachzurüsten, nicht durchsetzbar sei, da das Blockheizkraftwerk genehmigt sei und Bestandsschutz genieße. Die Antragstellerin hat dem überzeugend und unwidersprochen entgegengehalten, dass bereits schutzwürdige Wohnbebauung näher an der Geräuschquelle liege als das Plangebiet. Da es sich bei dem Blockheizkraftwerk um eine immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage handele, die den dynamischen Betreiberpflichten unterliege, sei eine nachträgliche Anordnung nach § 17 BImSchG zur Nachrüstung des Abgaskamins möglich und zu erwarten.

Der erstmals in ihrem Schriftsatz vom 1. März 2019 enthaltene Vortrag der Antragstellerinnen, der Anlieferverkehr von Grassilage zur Biogasanlage, die Geräusche aus der Verdichtung der Gras- und Ganzpflanzensilage sowie die Geräusche von Druckluftbremsen der Schlepper seien unberücksichtigt geblieben, auf dem Betriebshof T. lägen u.a. unberücksichtigte Bürogebäude, Hallen, ein Waschplatz für Baumaschinen und Lastkraftwagen sowie Lagerflächen, der Zu- und Abgangsverkehr vom Betriebshof sei unterschätzt worden und es würden schwere Baumaschinen sowie Baggermatten gelagert, ferner sei das Glockengeläut einer 100 m entfernten Kirche unberücksichtigt geblieben, ist, soweit er Fehler bei der Ermittlung des abwägungserheblichen Sachverhalts aufzeigen sollte, nach §§ 215 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1, 3 BauGB unbeachtlich. Dass die angegebenen zusätzlichen Geräuschquellen eine Verlärmung des Plangebiets in einem Umfang bewirken würden, der im Wege der Abwägung schlechthin nicht hätte überwunden werden können, ist nicht dargelegt und auch nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die weiteren mit Schriftsätzen vom 13. September und 13. November 2019 vorgetragene Rügen gegen die Durchführbarkeit der im Schallgutachten empfohlenen Lärmschutzmaßnahmen und zu weiteren Betriebsmodalitäten auf dem Firmengelände T.. Hinzu kommt insoweit das Verstreichen der Antragsbegründungsfrist des § 6 UmwRG.

c)

Abwägungsfehler ergeben sich nicht mit Blick auf die Beeinträchtigung von Belangen der Landwirtschaft durch die vorgesehenen planexternen Ausgleichsmaßnahmen. Dies gilt zunächst, soweit die Antragstellerinnen Belange der Nutzer der den Ausgleichsflächen benachbarten landwirtschaftlichen Flächen anführen; diese mussten auch bislang bereits geltendes Recht hinsichtlich zulässiger Düngemittel-, Pestizid- und ähnlicher Einträge auf Nachbarflächen einhalten. Belange der Eigentümer der Ausgleichsflächen selbst, die den rein vertraglich abgesicherten Maßnahmen notwendigerweise zugestimmt haben, sind offenkundig nicht berührt. Den Antragstellerinnen ist zwar zuzugeben, dass die Antragsgegnerin bei der Auswahl der Ausgleichsflächen grundsätzlich auch die objektive agrarstrukturelle Bedeutung dieser Flächen in Rechnung stellen muss: Zu Recht verweist sie darauf, dass § 15 Abs. 3 Satz 1, 2 BNatSchG fordert, für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen, und vorrangig zu prüfen, ob die nötige Kompensation auch mit Entsiegelung, Wiedervernetzung von Lebensräumen oder mit der dauerhaften Verbesserung des Naturhaushaltes oder Landschaftsbildes dienenden Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen erbracht werden kann. Vorliegend lag allerdings auf der Hand, dass schon aus artenschutzrechtlichen Gründen Ersatzhabitate in Form von Gewässern geschaffen werden mussten, die den weggefallenen Tümpeln nach Art und Lage – im Außenbereich, hinreichend nah am Vorhaben – weitgehend vergleichbar waren. Maßnahmen der Entsiegelung, Wiedervernetzung von Lebensräumen oder Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen wären hierzu erkennbar nicht geeignet gewesen. Die darüber hinaus auf den Ausgleichsflächen vorgesehenen Extensivierungsschritte stellen gerade die in § 15 Abs. 3 Satz 2 BNatSchG als vorrangig erachteten Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen dar und tragen damit dem Grundsatz der Schonung landwirtschaftlicher Flächen Rechnung.

d)

Der Vortrag der Antragstellerinnen, die Kompensationsflächen seien Nährstoffeinträgen von den benachbarten landwirtschaftlichen Flächen ausgesetzt, könnte auch als Einwand gegen die Eignung der Kompensationsmaßnahmen verstanden werden. Als solcher wäre er indes nicht hinreichend substantiiert. Soweit die Antragstellerinnen auf Nährstoffeinträge in das Grundwasser abstellen, würden diese die als Ausgleichsmaßnahme angelegten Wiesentümpel nicht erreichen, da diese aus Niederschlagswasser gespeist werden sollen. Auch dafür, dass der Erfolg der Extensivierung der Flächen im Übrigen durch übermäßige Nährstoffeinträge – sei es über das Grundwasser, sei es über Niederschlag – gefährdet sein könnte, sind mit dem Vortrag, benachbarte Flächen würden landwirtschaftlich genutzt, keine hinreichenden Anhaltspunkte dargelegt. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Soweit die Antragstellerinnen erstmals mit Schriftsatz vom 13. November 2019 den rechtzeitigen Abschluss der zur Absicherung der Ausgleichsmaßnahmen dienenden Verträge in Frage stellen, ist dieser Vortrag nach § 6 UmwRG unbeachtlich. Anlass, dieser Frage weiter nachzugehen, hatte der Senat daher nicht.

e)

Ohne Erfolg machen die Antragstellerinnen geltend, die Antragsgegnerin habe abwägungsfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, dass den in der Umgebung des Plangebiets tätigen Imkern aufgrund der Versiegelung von Teilen des Plangebietes Trachteinbußen entstünden. Diese Belange musste der Rat der Antragsgegnerin schon deshalb nicht berücksichtigen, weil sie im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung nicht vorgetragen worden waren und sich ihm auch nicht aufdrängen mussten. Dies gilt umso mehr, als Bienen ihre Tracht in erheblichem Radius – über einen Kilometer – suchen und die Extensivierung von Ausgleichsflächen auch einen Zuwachs an Nahrungsquellen für die Bienen erwarten lässt. Die von den Antragstellerinnen angeführte Gefahr von Betriebsbeschränkungen der Imkereibetriebe mit Blick auf mögliche Bienenstichallergien der Bewohner des neuen Baugebietes ist fernliegend.

f)

Die Bewertung des Bedarfs für die Planung ist frei von Abwägungsmängeln. Die der Planung zugrundeliegende Bevölkerungsprognose der Bertelsmannstiftung vom März 2014 zieht die Antragsgegnerin zum einen erst mit ihrem Schriftsatz vom 1. März 2019 und damit nach Ablauf der Unbeachtlichkeitsfrist des § 215 Abs. 1 BauGB, zum anderen mit einer Prognose aus dem Jahr 2018, die die Antragstellerin bei Satzungsbeschluss nicht berücksichtigen konnte, in Zweifel. Im Übrigen ist nach dem Verständnis des Senats weniger die allgemeine Bevölkerungsentwicklung im Stadtgebiet der Antragsgegnerin Motivation für die Planaufstellung, als – in Übereinstimmung mit den Empfehlungen der Dorferneuerungsplanung – die Absicht, in J. ein Wohnraumangebot zu schaffen, das sich insbesondere an den Bedürfnissen junger Familien orientiert und so einer Überalterung des Ortsteils entgegenzuwirken (Planbegründung S. 5 f.). Ergänzend, aber ersichtlich nicht vorrangig, soll dem wachsenden Anteil an Senioren durch die Möglichkeit Rechnung getragen werden, Angebote für neue altengerechte Wohnformen zu schaffen. Diese Anliegen sind weitaus spezieller als der allgemeine Wunsch, den stadtweiten Wohnungsmarkt durch Bereitstellung einer dem Bevölkerungswachstum entsprechenden Anzahl an Bauplätzen zu entlasten, und werden mithin auch nicht dadurch wesentlich in ihrem Gewicht gemindert, dass an anderer Stelle im Stadtgebiet der Antragsgegnerin noch unausgenutzte Baugebiete vorhanden sein mögen oder dass die Antragsgegnerin parallel zur vorliegenden Planung die Ausweisung weiterer Wohngebiete betreibt.

Die tatsächliche Berechtigung der genannten, mit der Planung verfolgten Ziele haben die Antragstellerinnen nicht überzeugend in Frage gestellt, ebenso wenig wie die Eignung der Planung, hierzu einen Beitrag zu leisten. Soweit sie anführen, nach den Erfahrungen in weiteren Baugebieten in J. sei zu erwarten, dass die Baugrundstücke überwiegend von neu Zugezogenen genutzt werden würden, stellt dies die Eignung der Planung nicht in Frage; auch vormals Ortsfremde können eine dörfliche Gemeinschaft beleben und einer Überalterung entgegenwirken. Soweit die Antragstellerinnen – gleichfalls mit Schriftsatz vom 1. März 2019 – die fußläufige Nähe des Plangebietes zu Nahversorgungsmöglichkeiten bestreiten, ist ein daraus ggf. folgender Abwägungsmangel nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden; ob er tatsächlich vorliegt, kann daher dahinstehen. Dies gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin die fußläufige Erreichbarkeit von Nahversorgungsmöglichkeiten nur als einen unter mehreren Gesichtspunkten angeführt hat, der das Plangebiet für junge Familien attraktiv macht, diese mithin ohne Einfluss auf das Abwägungsergebnis war.

Vor dem Hintergrund der mit der Planung verfolgten Ziele lässt sich auch nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin die Abwägungsvorgaben der §§ 1 Abs. 5 Satz 3, 1a Abs. 2 BauGB, oder die Grundsätze der Raumordnung in den Plansätzen 2.1 (06), 3.1.1 (04) Satz 2 LROP verkannt hätte, die es erfordern, in der Abwägung einen grundsätzlichen Vorrang der Innen- vor der Außenentwicklung zu berücksichtigen, mit Grund und Boden sparsam umzugehen und vor diesem Hintergrund gerade vor einer Umwandlung von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen die Möglichkeiten der Nutzung von Brachflächen, Gebäudeleerständen, Baulücken und ähnlichen Nachverdichtungsmöglichkeiten auszuloten. Die Anlage bzw. Heranziehung eines stadtweiten Baulücken- oder Leerstandskatasters erübrigte sich schon deshalb, da mit der Nutzung von Nachverdichtungsmöglichkeiten in anderen Stadtteilen die spezifisch auf J. bezogenen Planungsziele nicht hätten erreicht werden können. Der Ortsteil J. selbst ist mit ca. 1250 Einwohnern und 7,5 km² größtenteils im Außenbereich gelegener oder von Gewerbegebieten belegter Fläche derart überschaubar, dass der Rat der Antragsgegnerin sich auch ohne ein derartiges Kataster oder eine vergleichbare Erkenntnisquelle die auf S. 5 der Planbegründung niedergelegte Überzeugung verschaffen konnte, dass eine Schaffung von für junge Familien hinreichend attraktivem Wohnraum in Baulücken oder Gewerbebranchen sowie durch Nachnutzung leerstehender Gebäude nicht möglich sei. Dies gilt umso mehr, als die diversen Streusiedlungen im Norden des Ortsteilsgebietes – z.B. J. erfeld („Märchensiedlung“) oder Siebenbergen bereits deshalb aus der Betrachtung ausschieden, da sie das Kriterium der hinreichenden Nähe zum Ortskern nicht erfüllten. Auch die Antragstellerinnen haben keine konkreten Flächen benannt, die bei vergleichbarer Anbindung an die Infrastruktureinrichtungen im Ortszentrum für eine Innenentwicklung – Lückenbebauung oder Nachnutzung von Gewerbebrachen – offen gestanden hätten. Die von den Antragstellerinnen angeführte Fläche zwischen der K. straße 70 und X. 16, d.h. im Westen der „Märchensiedlung“, liegt – bei wesentlich größerer Entfernung vom Ortszentrum – ebenfalls im Außenbereich. Auch das von den Antragstellerinnen benannte Gebiet des Bebauungsplans Nr. 97 (an der Y. straße), kam aufgrund seiner isolierten Lage mehrere hundert Meter nordwestlich der Ortslage der Antragsgegnerin als Standortalternative ersichtlich nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1, 162 Abs. 3 VwGO, 100 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung auf §§ 167 VwGO, 709 Satz 1, 2 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.