Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 08.03.2018 - 7 LA 67/17
Fundstelle
openJur 2020, 10379
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 5 A 199/15

Der Begriff der "Gebiete der Wirtschaft" in § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO ist weit auszulegen. Eine beratende, gutachterliche Tätigkeit von Sachverhalten der betrieblichen Altersversorgung unter versicherungsmathematischen Aspekten ist den "Gebieten der Wirtschaft" zuzuordnen.

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg - 5. Kammer - vom 08. März 2017 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstands des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt die erneute öffentliche Bestellung als Sachverständiger. Er ist Dipl.-Mathematiker und Aktuar. Er wurde am 1997 erstmalig durch die Beklagte als Sachverständiger für Versicherungsmathematik in der betrieblichen Altersversorgung öffentlich bestellt und vereidigt. Seine letzte öffentliche Bestellung erfolgte am 11. Dezember 2009 und war befristet bis zum 11. Dezember 2014.

Nach einem im Februar 2014 erfolgten Hinweis der Beklagten auf die auslaufende Bestellung und Übersendung der Antragsunterlagen für die erneute Bestellung stellte der Kläger mit Schreiben vom 12. November 2014 den diesbezüglichen Antrag und fügte drei anonymisierte Gutachten aus dem Jahre 2014 bei. Die Beklage forderte daraufhin vom Kläger die Vorlage einer Gutachtenliste der letzten drei Jahre. Der Kläger reichte diese Liste nicht nach.

Im Rahmen der Überprüfung der vom Kläger vorgelegten Gutachten wurden Mängel festgestellt, auf die die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 14. April 2015 hinwies. Die eingereichten Gutachten enthielten kein Deckblatt. Sie seien teilweise von zwei Personen unterzeichnet worden und ließen damit den verantwortlichen Urheber nicht zweifelsfrei erkennen. Die Beklagte bat um Vorlage der Aufzeichnungen nach § 13 ihrer Sachverständigenordnung (SVO) über die Gutachten, welche vom Kläger in seiner Eigenschaft als öffentlich bestellter Sachverständiger seit dem 01. Januar 2013 erstellt worden waren. Es werde beabsichtigt, daraus stichprobenartig weitere Gutachten für die Überprüfung anzufordern.

Nachdem der Kläger die geforderten Unterlagen nicht vorgelegt hatte, lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf öffentliche Bestellung als Sachverständiger für Versicherungsmathematik in der betrieblichen Altersversorgung mit Bescheid vom 03. Juli 2015 ab. Die dagegen erhobene Anfechtungsklage hat das Verwaltungsgericht Lüneburg mit dem im Tenor bezeichneten Urteil vom 08. März 2017 abgewiesen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -), der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO), der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO), sind zum Teil schon nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt und liegen im Übrigen nicht vor.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen, wenn gegen die Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts gewichtige Gründe sprechen, aus denen sich ergibt, dass ein Erfolg der erstrebten Berufung mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Das ist regelmäßig der Fall, wenn ein die Entscheidung tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, Beschlüsse v. 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062, und v. 20.12. 2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546). Eine den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügende Darlegung dieses Zulassungsgrundes erfordert, dass im Einzelnen unter konkreter Auseinandersetzung mit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung ausgeführt wird, dass und warum Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des erkennenden Verwaltungsgerichts bestehen sollen. Hierzu bedarf es regelmäßig qualifizierter, ins Einzelne gehender, fallbezogener und aus sich heraus verständlicher Ausführungen, die sich mit der angefochtenen Entscheidung auf der Grundlage einer eigenständigen Sichtung und Durchdringung des Prozessstoffes auseinandersetzen (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 17.06.2015 - 8 LA 16/15 -, juris). Das Zulassungsvorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht.

Der Kläger macht geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Beklagte für die öffentliche Bestellung im Bereich der betrieblichen Altersversorgung und in der (Versicherungs-)Mathematik zuständig sei. Mit diesem Einwand dringt der Kläger schon deshalb nicht durch, weil er sich damit in Widerspruch zu seinem Klagebegehren setzt. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 03. Juli 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn öffentlich zum Sachverständigen für Versicherungsmathematik in der betrieblichen Altersversorgung zu bestellen. Wäre die Beklagte nicht befugt, über den Antrag zu entscheiden, dann müsste die Klage bereits aus diesem Grunde scheitern. Der Zulassungsantrag verhält sich zu dieser sich aufdrängenden Konsequenz nicht.

Der Einwand des Klägers, die Beklagte sei in seinem Fall für die öffentliche Bestellung als Sachverständiger nicht berufen, überzeugt aber auch in der Sache nicht. Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Beklagte sei zuständige Stelle im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO). Nach § 3 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Nds. AG IHKG) seien die Industrie- und Handelskammern im Rahmen ihrer Aufgaben zuständige Stelle zur Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen und besonders geeigneten Personen gemäß § 36 GewO. Diese Aufgabe sei ihnen gemäß § 1 Abs. 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHKG) übertragen worden. Der in § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO enthaltene Begriff „Gebiete der Wirtschaft“ sei weit auszulegen und die Tätigkeit des Klägers als sachverständiger Mathematiker im Bereich der Versicherungsmathematik falle hierunter.

Dagegen wendet der Kläger - wie schon im erstinstanzlichen Verfahren - ein, die betriebliche Altersversorgung sei kein „Gebiet der Wirtschaft“. Sie gehöre rechtlich nicht zur Wirtschaft, sondern zu dem Gebiet „Arbeit und Soziales“. Dem kann auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht gefolgt werden. Der Begriff „Gebiete der Wirtschaft“ in § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO ist, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, weit auszulegen. Er ist dahingehend zu definieren, dass darunter solche Gebiete zu fassen sind, die - unmittelbar oder mittelbar - Berührungspunkte zur Industrie, zum Handel, zum Handwerk, zur Versicherung, zum Dienstleistungsbereich oder zur sonstigen gewerblichen oder freiberuflichen Tätigkeit haben, oder solche Gebiete, die wirtschaftliche Auswirkungen haben oder haben können (vgl. Bleutge in: Landmann/Rohmer, GewO, Stand: Oktober 2017, § 36 Rdnr. 57). Die Tätigkeit des Klägers lässt sich danach den Gebieten der Wirtschaft zuordnen. Die von ihm erstellten finanzmathematischen Gutachten haben wirtschaftliche Auswirkungen, wie sich anhand der im Verwaltungsverfahren vom Kläger selbst vorgelegten Ausarbeitungen nachvollziehen lässt. Die eingereichten Gutachten haben sich mit Berechnungen zu den Höhen eines Bankvorteils bei einem bestimmten Glücksspiel, Berechnungen zu Beitragsanpassungen einer privaten Krankenversicherung und Hochrechnungen zu Rückstellungen für Anwartschaften und laufende Leistungen der Altersteilzeit bestimmter Mitarbeiter eines (wohl) kommunalen Arbeitgebers befasst. Die Ergebnisse der Gutachten konnten für die jeweiligen Auftraggeber finanzielle und damit wirtschaftliche Konsequenzen haben.

Der Zuordnung der Sachverständigentätigkeit des Klägers zu den Gebieten der Wirtschaft steht nicht entgegen, dass die betriebliche Altersversorgung kompetenzrechtlich dem Arbeitsrecht im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 Grundgesetz (GG) zugeordnet wird und nicht dem Recht der Wirtschaft im Sinne von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG (vgl. Sannwald in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Henneke, GG, 13. Aufl., Art. 74 Rdnr. 146). Es erscheint bereits zweifelhaft, ob die in Art. 74 Nr. 11 GG enthaltene Eingrenzung des Wirtschaftsbegriffs dem - wie dargelegt - weiten Begriffsverständnis hinsichtlich der „Gebiete der Wirtschaft“ im Sinne des § 36 GewO gerecht wird (vgl. Bleutge in: Landmann/Rohmer, a. a. O.). Dies kann aber dahinstehen. Denn der Kläger ist selbst nicht in der betrieblichen Altersversorgung tätig. Er erbringt keine Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, er bezieht - jedenfalls im Rahmen seiner Tätigkeit als Sachverständiger - auch keine. Die von ihm erstrebte Bestellung betrifft allein die beratende, gutachterliche Tätigkeit von Sachverhalten der betrieblichen Altersversorgung unter versicherungsmathematischen Aspekten, durch die der Bezug zu den Gebieten der Wirtschaft im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO hergestellt wird. Insoweit führt auch der Hinweis des Klägers auf das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung - Betriebsrentengesetz - (BetrAVG) und Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, derzufolge die betriebliche Altersversorgung als Gegenleistung des Arbeitgebers für die insgesamt erbrachte oder erwartete Betriebstreue bewertet werde (vgl. BAG, Urt. v. 10.03.1972 - 3 AZR 278/71 -, juris) und der Betriebsrente ein Entgeltcharakter zukomme (vgl. BAG, Urt. v. 17.01.1980 - 3 AZR 614/78 -, juris), zu keiner abweichenden Beurteilung. Nach § 1 Abs. 1 BetrAVG wird der Begriff der betrieblichen Altersversorgung definiert als vom Arbeitgeber einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses zugesagte Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung. Wie dargelegt, wird der Kläger in diesen Leistungsverhältnissen nicht tätig. Dass die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ihrerseits wirtschaftlich relevant sind, bedarf danach keiner weiteren Vertiefung.

Eine Entscheidungsbefugnis der Beklagten wäre im vorliegenden Fall allerdings von vornherein nicht gegeben, wenn der Sachverhalt nach Maßgabe des § 6 GewO vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen wäre. Das ist jedoch nicht der Fall. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 GewO findet die Gewerbeordnung unter anderem keine Anwendung auf die Tätigkeit der Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften sowie der Steuerbevollmächtigten. Erfasst vom Anwendungsausschluss werden danach Tätigkeiten nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG) (vgl. Marcks in: Landmann/Rohmer, a. a. O., § 6 Rdnr. 36). Der Kläger gehört zu diesem Personenkreis nicht. Gemäß § 4 Nr. 13 StBerG sind öffentlich bestellte versicherungsmathematische Sachverständige zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt, soweit sie in unmittelbarem Zusammenhang mit der Berechnung von Pensionsrückstellungen, versicherungstechnischen Rückstellungen und Zuführungen zu Pensions- und Unterstützungskassen ihren Auftraggebern Hilfe in Steuersachen leisten. Zweck des § 4 Nr. 13 StBerG ist es, Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen erlaubnisfreier mathematischer Hilfe im Versicherungswesen und genehmigungspflichtiger Hilfsleistung in Steuersachen vorzubeugen. Mit der Beschränkung dieser Regelung auf öffentlich bestellte Sachverständige soll erreicht werden, dass die betreffenden Personen neben ausreichenden fachlichen Anforderungen auch bestimmte persönliche Voraussetzungen erfüllen. Diese Befugnis zur beschränkten Hilfeleistung in Steuersachen bewirkt nicht, dass Versicherungsmathematiker in der betrieblichen Altersversorgung unter den Anwendungsausschluss des § 6 Abs. 1 Satz 1 GewO zu fassen wären, da es sich ausdrücklich lediglich um eine beschränkte Hilfstätigkeit handelt und gerade nicht um die Tätigkeit eines Steuerberaters, einer Steuerberatungsgesellschaft oder eines Steuerbevollmächtigten.

Der Senat entnimmt dem weitgehend ungeordneten Vortrag des Klägers, dass dieser sich wohl dadurch beschwert fühlt, dass § 4 Nr. 13 StBerG die Befugnis zu den genannten Hilfeleistungen in Steuersachen den öffentlich bestellten Versicherungsmathematischen Sachverständigen vorbehält. Der Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bietet keinen Anhaltspunkt, um dieser Kritik nachzugehen.

Das verwaltungsgerichtliche Urteil unterliegt auch keinen ernstlichen Richtigkeitszweifeln, soweit das Verwaltungsgericht die Sachverständigenordnung der Beklagten für anwendbar erachtet und ausgeführt hat, der Kläger habe den Nachweis seiner besonderen Sachkunde im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO nicht erbracht, nachdem er der Aufforderung der Beklagten zur ergänzenden Vorlage seiner Aufzeichnungen gemäß § 13 SVO nicht nachgekommen sei. Die öffentliche Bestellung zum Sachverständigen nach § 36 Abs. 1 Satz 1 GewO setzt unter anderem voraus, dass der Antragsteller für das entsprechende Sachgebiet besondere Sachkunde nachweist und keine Bedenken gegen seine Eignung bestehen. Der Nachweis der besonderen Sachkunde muss nach dem klaren Gesetzeswortlaut bei jeder öffentlichen Bestellung erbracht werden, gleichgültig, ob es sich um die erstmalige oder eine erneute öffentliche Bestellung des betreffenden Sachverständigen handelt (BVerwG, Urt. v. 26. 07.1990 - 1 C 10.88 -, juris). Der Nachweis kann auf jede geeignete Weise erbracht werden. Er ist aber nicht schon dadurch geführt, dass der Antragsteller seinen Beruf bisher ordnungsgemäß ausgeübt hat oder schon als öffentlich bestellter Sachverständiger tätig war (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 06.04.2017 - 4 B 799/16 -, juris). Auch aus einer Zertifizierung folgt noch kein Bestellungsanspruch und auch kein Anspruch auf ein Bejahen der besonderen Sachkunde im Sinne des § 36 GewO (BVerwG, Beschl. v. 28.05.2014 - 8 B 61.13 -, juris). Zur Überprüfung der Sachkunde kommt beispielsweise auch die Vorlage eigener Gutachten, die von besonderer Sachkunde zeugen, in Betracht (vgl. Beschl. des Senats v. 31.07.2009 - 7 LA 79/08 -, juris).

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung wird nicht aufgezeigt, warum das Verwaltungsgericht den Nachweis der besonderen Sachkunde des Klägers als erfüllt hätte ansehen müssen. Eine ausreichende Tatsachengrundlage hierfür bestand nicht. Die im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten entstammten, wie der Kläger im Hinblick auf das die Altersteilzeit betreffende Gutachten selbst geltend macht, sämtlich nicht dem Bereich der Tätigkeit als öffentlich bestellter Sachverständiger. Vor diesem Hintergrund war der Ansatz des Verwaltungsgerichts naheliegend, der Kläger könne eine Liste der im Rahmen dieser Tätigkeit erstellten Gutachten vorlegen und dabei geheim zu haltende Informationen zunächst schwärzen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung setzt sich damit nicht auseinander. Soweit eingewendet wird, bei Geschäftsdaten nütze das Schwärzen nichts, betrifft das zum einen nicht die vom Verwaltungsgericht als erforderlich angesehene Liste, sondern den Gutachteninhalt. Zum anderen ist die Behauptung pauschal und unsubstantiiert. Mit dem Zulassungsvorbringen wird auch nicht aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht trotz der fehlenden Mitwirkung des Klägers (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) gehalten gewesen wäre, anderweitige Maßnahmen zur Überprüfung seiner Sachkunde in Erwägung zu ziehen.

2. Die Berufung ist nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Der Zulassungsgrund ist gegeben, wenn eine Streitsache voraussichtlich in tatsächlicher bzw. rechtlicher Hinsicht größere, d. h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursachen wird. Die Darlegung des Zulassungsgrundes erfordert deshalb grundsätzlich, dass in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Schwierigkeiten als solche benannt werden und darüber hinaus aufgezeigt wird, dass und aus welchen Gründen sie sich qualitativ von denjenigen eines Verwaltungsrechtsstreits „durchschnittlicher“ Schwierigkeit abheben. Dem Darlegungserfordernis ist nicht genügt, wenn besondere Schwierigkeiten nur allgemein oder unter Beifügung einer abstrakten Definition dieses Rechtsbegriffs behauptet werden (st. Rspr. des Senats, vgl. nur Beschl. v. 14.12.2017 - 7 LA 15/17 -, juris).

Der Kläger bezeichnet zu dem Zulassungsgrund die Stichpunkte „Zuständigkeit der IHK für Mathematik und betriebliche Altersversorgung“, „Bedeutung des Datenschutzes“, „Wahrung von Betriebsgeheimnissen“ und „Stellung der IHK in der Wirtschaftsordnung ganz allgemein“, zu denen es noch keine obergerichtlichen Entscheidungen gebe. Damit genügt er den Darlegungsanforderungen nicht. Abgesehen davon, dass sich allenfalls im Zusammenhang mit dem Datenschutz und der Wahrung von Betriebsgeheimnissen überhaupt entscheidungserhebliche Rechts- oder Tatsachenfragen stellen könnten, werden solche Fragen nicht konkret bezeichnet. Erst recht erschließt sich nicht, in welcher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bestehen sollen.

3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Eine solche grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine grundsätzliche, fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, die im allgemeinen Interesse der Klärung bedarf. Das ist nur dann zu bejahen, wenn die Klärung der Frage durch die im erstrebten Berufungsverfahren zu erwartende Entscheidung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder für eine bedeutsame Fortentwicklung des Rechts geboten erscheint. An der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage fehlt es, wenn sie sich unschwer aus dem Gesetz oder auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung beantworten lässt. Um die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO darzulegen, hat der Zulassungsantragsteller die für fallübergreifend gehaltene Frage zu formulieren sowie näher zu begründen, weshalb sie eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und ein allgemeines Interesse an ihrer Klärung besteht. Darzustellen ist weiter, dass sie entscheidungserheblich ist und ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten steht (vgl. Beschl. des Senats v. 14.12.2017, a. a. O.).

Das Zulassungsvorbringen des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht ansatzweise. Es ist nicht dargelegt, dass die Ansicht, dass die „Industrie- und Handelskammern allgemein nicht zuständig sind“, oder das Begehren, dass „die öffentliche Bestellung einen anderen, zutreffenderen Titel bekommt“, auf eine entscheidungserhebliche Frage tatsächlicher oder rechtlicher Art führt. Auch ist ein im allgemeinen Interesse liegender Klärungsbedarf nicht ersichtlich.

4. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, auf dem die Entscheidung beruhen kann, zuzulassen. Der Kläger macht hierzu geltend, das Gericht habe die Verhandlungsdauer zu kurz bemessen und die Verhandlung mit der Begründung beendet, die nachfolgenden Parteien seien bereits erschienen und müssten warten. Unter diesem Zeitdruck hätten insbesondere die Punkte „Gegenstand der Bestellung“, „Datenschutz“, „Gegenstand der Wirtschaft“ sowie „Zuverlässigkeit, Sachverstand und Vertrauen der IHK“ nicht ausreichend behandelt werden können. Im schriftlichen Teil des Verfahrens habe sich die Beklagte auf diese Punkte überhaupt nicht eingelassen und das Verwaltungsgericht habe dies nur fehlerhaft getan. Es sei hier noch viel zu erörtern gewesen. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG, mithin eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, auf den die Kritik des Klägers abzielt, ist mit diesem Vorbringen nicht dargetan.

Ein Beteiligter, der geltend macht, er habe sich zu einer bestimmten Frage nicht oder nicht hinreichend äußern können, muss schlüssig und substantiiert darlegen, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (BVerwG, Beschl. v. 16.06.2006 - 6 B 81.09 -, juris). Auf einen Gehörsverstoß kann sich jedenfalls nur berufen, wer zuvor (erfolglos) sämtliche verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtlichen Gehör zu verschaffen, ausgeschöpft hat (BVerfG, Beschl. v. 10.02.1987 - 2 BvR 314/86 -, BVerfGE 74, 220; BVerwG, Beschl. v. 04.08.2016 - 8 B 24.15 -, juris).

Aus dem Zulassungsvorbringen ergibt sich nicht, an welchem konkreten Vortrag der Kläger durch die Schließung der mündlichen Verhandlung, die immerhin 46 Minuten gedauert hat, gehindert worden sein will. Die Bezeichnung der Stichpunkte „Gegenstand der Bestellung“, „Datenschutz“, „Gegenstand der Wirtschaft“ und „Zuverlässigkeit, Sachverstand und Vertrauen der IHK“ genügt dazu nicht. Dargelegt ist auch nicht, inwiefern die Möglichkeit einer anderen Entscheidung bestanden hätte, wenn der Kläger weitere Ausführungen zu den genannten Punkten gemacht hätte. Der Zulassungsantrag ist insoweit unsubstantiiert. Aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts ergibt sich auch nicht, dass der Kläger versucht hätte, sich (weiteres) rechtliches Gehör, etwa durch einen Vertagungsantrag, zu verschaffen. Ausweislich des Protokolls wurde der Sachverhalt vorgetragen, die Beteiligten erhielten das Wort und die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Wenn sich die Beteiligten damit zufriedengeben, verlieren sie ein mögliches Rügerecht (vgl. Ortloff in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juni 2017, § 104 Rdnr. 27). Sofern das Gericht - wie hier - einen zur Kenntnis genommenen Sachverhalt abweichend von der Bewertung des Rechtsschutzsuchenden würdigt, liegt darin keine Verletzung des rechtlichen Gehörs (vgl. Nds. OVG, Beschl. v. 08.07.2010 - 2 ME 233/10 -, juris).

Ohne Erfolg bemängelt der Kläger schließlich, das Gericht hätte Beweis erheben müssen, sofern es sachliche Zweifel an seinem Vortrag gehabt habe. Der Einwand ist unsubstantiiert. Der Zulassungsantrag legt nicht dar, in welcher Hinsicht konkret eine Beweiserhebung hätte durchgeführt werden müssen.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG und entspricht der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren, gegen die die Beteiligten keine Einwände erhoben haben.