LG Verden, Beschluss vom 23.10.2018 - 6 T 121/18
Fundstelle
openJur 2020, 9975
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde vom 31.07.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Diepholz vom 05.07.2018 wird auf Kosten des Beschwerdeführers zurückgewiesen.

Eine Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert beträgt 9,40 €.

Gründe

I.

Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Gläubiger) betreibt gegen die Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Schuldnerin) die Zwangsvollstreckung aus dem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Bremen vom 08.12.2017 (Az.: 17-7066208-2) über einen Gesamtbetrag in Höhe von 462,78 €.

Am 03.01.2018 erteilte er dem zuständigen Gerichtsvollzieher einen Vollstreckungsauftrag. In dem hierfür verwendeten Formular kreuzte er bei dem Modul E (gütliche Erledigung) sowohl das Modul E2 ("Mit der Einziehung von Teilbeträgen bin ich einverstanden.") als auch das Modul E4 ("Einer Zahlungsvereinbarung wird zugestimmt unter der Voraussetzung, dass die Tilgung binnen sechs Monaten abgeschlossen ist.") an. Ebenfalls beantragte er unter Modul G die Abnahme der Vermögensauskunft.

Bei Vollstreckungsversuchen am 09.01.2018 sowie am 15.01.2018 traf der Gerichtsvollzieher die Schuldnerin nicht an.

Mit Schreiben vom 16.01.2018 stellte der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger eine Kostenrechnung für den erfolglosen Vollstreckungsversuch, in der er für den Versuch der gütlichen Erledigung unter anderem gemäß KV 208 eine Gebühr von 8,00 € in Rechnung stellte. Ferner kündigte er an, einen Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft anzuberaumen.

Der Gerichtsvollzieher lud die Schuldnerin zur Abgabe der Vermögensauskunft für den 07.02.2018, 9:30 Uhr. Die Zustellung dieser Ladung erfolgte durch Einlegung in den zur Wohnung der Schuldnerin gehörenden Briefkasten durch den Gerichtsvollzieher am 17.01.2018.

Am 07.02.2018 gab die Schuldnerin das Vermögensverzeichnis ab.

Mit Schreiben vom 07.02.2018 stellte der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger eine weitere Kostenrechnung für die Abnahme des Vermögensverzeichnisses und stellte dem Gläubiger unter anderem erneut eine Gebühr für den Versuch der gütlichen Erledigung gemäß KV 208 von 8,00 € in Rechnung.

Diese – zweite – Inrechnungstellung der Gebühr gemäß KV 208 beanstandete der Gläubiger in seinen Schreiben vom 16.03.2018 sowie 28.03.2018.

Die Gebühr habe nur einmal in Rechnung gestellt werden dürfen, da es sich nur um einen Auftrag des Gläubigers gehandelt habe. Zur Begründung bezog sich der Gläubiger auf die Entscheidungen des AG Düsseldorf vom 14.09.2017 (Az.: 665 M 1252/17) sowie des AG Medebach (DGVZ 2017, 212). Im weiteren Verlauf des Erinnerungsverfahrens bezog sich der Gläubiger ferner auf weitere Rechtsprechung (Beschluss des AG Kaufbeuren vom 09.09.2017, Az.: 1 M 1429/17; Beschluss des AG Aachen vom 03.05.2018, Az.: M 74/18; Beschluss des LG Baden-Baden, Az.: M 254/18; Beschluss des AG Stade vom 05.02.2018, Az.: 72 M 50/18; Beschluss des AG Stuttgart vom 16.04.2018, Az.: 2 M 51197/18; Beschluss des AG Offenburg vom 19.01.2018, Az.: 3 M 297/17; Beschluss des AG Westerstede vom 04.01.2018, Az.: 95 M 5746/17).

Die beanstandete zweite Berechnung der Gebühr gemäß KV 208 begründete der Gerichtsvollzieher damit, dass es sich kostenrechtlich um zwei Aufträge gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG gehandelt habe, da im Pfändungsverfahren eine gütliche Erledigung versucht worden, die Schuldnerin aber nicht angetroffen worden sei. Im Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft sei in der Ladung ebenfalls das Angebot einer gütlichen Erledigung aufgenommen worden. Des Weiteren sei die Schuldnerin im Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nach der Möglichkeit der gütlichen Erledigung bzw. Ratenzahlung gefragt worden.

Mit Schreiben vom 18.04.2018 legte der Gläubiger gegen den Kostenansatz des Gerichtsvollziehers Erinnerung ein.

Der Gerichtsvollzieher half der Erinnerung nicht ab und legte dem Amtsgericht mit Schreiben vom 19.04.2018 die Akten zur Entscheidung vor.

Mit Schreiben vom 15.05.2018 sowie 14.06.2018 nahm die Bezirksrevisorin Stellung und beantragte die Zurückweisung der Erinnerung. Sie wies darauf hin, dass es sich gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG kostenrechtlich um zwei Aufträge handele. Wenn der Auftraggeber keine gütliche Erledigung wünsche, könne er diese durch Ankreuzen des Moduls F ausschließen. Auch eine unrichtige Sachbehandlung gemäß § 7 GvKostG liege nicht vor. Weiter errechnete die Bezirksrevisorin eine Beschwer des Erinnerungsführers und Gläubigers in Höhe von 9,40 € (8,00 € KV 208 + 1,40 € anteilige Auslagenpauschale nach der KV 716 GvKostG) für den Fall, dass man dem Erinnerungsbegehren folge.

Mit Beschluss vom 05.07.2018 wies das Amtsgericht die Erinnerung als unbegründet zurück. Es habe sich kostenrechtlich um zwei Aufträge gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GvKostG gehandelt. Der Gerichtsvollzieher sei daher berechtigt gewesen, die Gebühr zweifach zu erheben. Die Schuldnerin sei in zwei Versuchen von dem Gerichtsvollzieher nicht angetroffen worden. Daher habe es in diesem Verfahrensstand keine Erkenntnis darüber gegeben, ob und inwieweit die Schuldnerin zu einer gütlichen Erledigung bereit bzw. in der Lage gewesen sei. Es habe eine tatsächliche Bemühung des Gerichtsvollziehers stattgefunden, eine gütliche Einigung zu erlangen. Durch das Nichtantreffen der Schuldnerin seien auch gleichzeitig die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 1 GvKostG erfüllt gewesen. Da hier anders als in der vom Gläubiger zitierten Entscheidung des AG Düsseldorf nicht klar gewesen sei, ob die Schuldnerin mit einer Ratenzahlungsvereinbarung einverstanden sei, treffe die vom Gläubiger zitierte Entscheidung auf den vorliegenden Sachverhalt somit nicht zu. Damit gelte das Verfahren zur Abgabe der Vermögensauskunft kostenrechtlich aufgrund der gesetzlichen Fiktion der Auftragsmehrheit in § 3 Abs. 2 Nr. 1 GvKostG als neuer Auftrag. Insbesondere im Hinblick auf die vorliegende Forderungshöhe und den Umstand, dass die Schuldnerin vormals noch keine Vermögensauskunft abgegeben hatte, sei auch kein Fall der unrichtigen Sachbehandlung im Sinne des § 7 GvKostG erkennbar. Vorliegend sei weder bekannt noch anzunehmen, dass die Schuldnerin amtsbekannt pfandlos oder ohne nennenswertes Einkommen gewesen wäre.

Gegen diesen Beschluss ließ das Amtsgericht das Rechtsmittel der Beschwerde zu.

Der Beschluss des Amtsgerichts wurde dem Gläubiger zugestellt am 18.07.2018. Hiergegen legte er am 31.07.2018 Beschwerde ein. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Beschwerdebegründung vom 31.07.2018 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 18.09.2018 half das Amtsgericht der Beschwerde nicht ab und legte dem Landgericht die Akten zur Entscheidung vor.

II.

Die Beschwerde gegen den die Erinnerung zurückweisenden Beschluss des Amtsgerichts Diepholz ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht eingelegt worden.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat die Erinnerung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, denen sich die Kammer vollumfänglich anschließt, zu Recht zurückgewiesen.

Es lagen zwei Vollstreckungsaufträge gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG vor mit der Folge, dass der Gerichtsvollzieher dem Gläubiger zu Recht zweimal die Gebühr aus KV 208 in Höhe von jeweils 8,00 € nebst der anteiligen Auslagenpauschale in Rechnung gestellt hat.

Gemäß Nr. 207, 208 KV GvKostG beträgt die Gebühr für einen Versuch der gütlichen Erledigung hinsichtlich der Einholung einer Vermögensauskunft des Schuldners 8,00 €.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers und Gläubigers war dieser Versuch von dem durch den Gläubiger erteilten Vollstreckungsauftrag auch erfasst. Der Gerichtsvollzieher soll gemäß § 802a Abs. 1 ZPO in jeder Lage des Verfahrens eine gütliche Erledigung anstreben. Dem Gläubiger ist es zwar möglich, eine gütliche Erledigung wirksam auszuschließen. Dies kann er durch Ankreuzen des Moduls F des Antragsformulars für den Vollstreckungsauftrag (Ablehnung einer Zahlungsvereinbarung) tun. In einem solchen Fall hat der Gerichtsvollzieher nicht die Befugnis, eine gütliche Erledigung gegen den erklärten Willen des Gläubigers anzustreben. Dann wäre die vom Gerichtsvollzieher unternommene Vollstreckungshandlung – die Herbeiführung einer gütlichen Erledigung – nicht vom Gläubiger veranlasst, so dass er hierfür auch keine Gebühr in Rechnung stellen könnte.

So liegt es jedoch im vorliegenden Fall gerade nicht. Der Gläubiger hat hier nicht die Möglichkeit, die das Modul F bietet, nämlich den Ausschluss der Zahlungsvereinbarung und damit der gütlichen Erledigung, genutzt, sondern das Modul E gewählt, in dem er sich mit einer gütlichen Erledigung einverstanden erklärt hat. Der Versuch der gütlichen Erledigung war somit ausdrücklich durch den Vollstreckungsauftrag erfasst.

Aus diesem Grund liegt hier auch ein von der durch den Gläubiger vorgelegten Rechtsprechung abweichender Sachverhalt vor. Die Entscheidungen, die der Gläubiger zur Stützung seiner Rechtsauffassung zitiert, beziehen sich sämtlich auf den Fall, dass der Gläubiger bei der Erteilung des Vollstreckungsauftrages an den Gerichtsvollzieher eine gütliche Erledigung durch Ankreuzen des Moduls F ausgeschlossen und dadurch dem Gerichtsvollzieher die Befugnis zur gütlichen Erledigung gerade nicht erteilt hat. Hier liegt genau das Gegenteil vor. Daher sind diese Entscheidungen nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar.

Ferner hat das Amtsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass vorliegend die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG erfüllt sind. Danach gilt der Gerichtsvollzieher auch dann als gleichzeitig beauftragt, wenn der Auftrag zur Abnahme der Vermögensauskunft mit einem Vollstreckungsauftrag verbunden ist (§ 807 Absatz 1 der Zivilprozessordnung), es sei denn, der Gerichtsvollzieher nimmt die Vermögensauskunft nur deshalb nicht ab, weil der Schuldner nicht anwesend ist. So liegt es hier. Der Gerichtsvollzieher hat die Schuldnerin gleich zweimal nicht angetroffen. Er hat auch bei jedem seiner Vollstreckungsversuche, ebenso wie bei der Abnahme der Vermögensauskunft, Bemühungen entfaltet, zu einer – von dem Gläubiger beauftragten - gütlichen Erledigung zu kommen. Inwieweit dies möglich war, vermochte der Gerichtsvollzieher zuvor nicht zu erkennen, da er die Schuldnerin nicht angetroffen hatte und daher keine Erkenntnisse dahingehend hatte, ob und inwieweit die Schuldnerin zu einer gütlichen Erledigung willens und in der Lage war.

Ferner hat das Amtsgericht zutreffend festgestellt, dass hier die Voraussetzungen des § 7 GvKostG nicht vorliegen, da eine unrichtige Sachbehandlung durch den Gerichtsvollzieher nicht erkennbar ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Eine Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 574 ZPO nicht vorliegen, insbesondere nicht vor dem Hintergrund, dass hier angesichts des Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 GvKostG keine Regelungslücke besteht.

Der Beschwerdewert war entsprechend den Ausführungen der Bezirksrevisorin auf 9,40 € festzusetzen.