LG Stade, Urteil vom 08.03.2018 - 5 O 200/16
Fundstelle
openJur 2020, 9287
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 50.580,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung ihrer 5.663 vinkulierten Namensaktien Klasse D der D. S.A..

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.954,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.07.2016 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 50.580,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen der Zeichnung und Auflösung von Namensschuldverschreibungen der U. GmbH & Co. KG sowie der Zeichnung mittelbarer Beteiligungen an der U. 1 GmbH & Co. KG und an der U. 2 GmbH & Co. KG.

1. Die Klägerin zeichnete am 08.01.2014 eine Namensschuldverschreibung der Tranche B der U. GmbH & Co. KG in Höhe von 20.000,00 € (vgl. Zeichnungsschein vom 08.01.2014, Anlage K 1). Sie zahlte den gesamten Anlagebetrag auf ein Konto der Emittentin ein.

Die Emittentin sollte das Beteiligungskapital gemäß dem Emissionsprospekt (Anlage K 2) indirekt auf dem Erdöl- und Erdgasmarkt der USA investieren. Hierzu sollte sie Namensschuldverschreibungen der D. AG erwerben, die das Kapital der Anleger nach Abzug der prospektierten Kosten als Gesellschafterdarlehen an ihre US-amerikanischen Tochterunternehmen weiterreichen sollte. Die Tochtergesellschaften sollten die Darlehensmittel wiederum zur Förderung von Projekten zur Exploration, Produktion und zum Verkauf von Erdöl und Erdgas verwenden (vgl. Darstellung des Investitionsablaufs Seite 9, 12 und 31 des Anlageprospekts). Ab dem Jahr 2014 sollten so Erlöse aus der Produktion von Erdöl und Erdgas erzielt werden. Die US-Tochtergesellschaften sollten zudem bereits zuvor laufende Erlöse aus Subventionen des Bundesstaates Alaska generieren, die sich im Durchschnitt auf mehr als 50 % der Investitionskosten belaufen und etwa 3 - 6 Monate nach der Investition in die Förderprojekte erstattet werden sollten. Mit diesen Erlösen sollten die Vermögensanlagen der Tranche A und B bedient werden (vgl. Seite 12 des Anlageprospekts). Die Dauer der der U. GmbH & Co. KG war gemäß § 19 des Gesellschaftsvertrags bis zum 30.06.2017 befristet und konnte durch die Geschäftsführung einmalig um bis zu einem Jahr verlängert werden (vgl. Seite 91 des Anlageprospekts). Die unkündbaren Namensschuldverschreibungen waren gemäß § 13 der Bedingungen der U. GmbH & Co. KG mit derselben Laufzeit versehen (vgl. Seite 105 des Anlageprospekts).

Die Klägerin bevollmächtigte die Beklagte im Zeichnungsschein ausdrücklich, die gezeichnete Namensschuldverschreibung zu verwalten und sämtliche mit der Namensschuldverschreibung verbundenen Rechte und Pflichten in ihrem Interesse wahrzunehmen. Sie bot ihr hierzu den Abschluss des im Prospekt abgedruckten Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrags (Seite 93 ff. des Prospekts) an, den die Beklagte bestätigte. Dieser Vertrag sah in § 2 (Seite 94 f.) folgende Regelung vor:

㤠2 Sicherheitentreuhand

1. Zum Zwecke der Besicherung sehen die Bedingungen der D. AG - Namensschuldverschreibungen vor, dass Sicherheiten für die Erfüllung der Ansprüche auf Kapitalrückgewähr zugunsten der Treuhänderin bestellt werden sollen, die diese Sicherheiten zugunsten der Anleger treuhänderisch erwirbt und verwaltet. Die zu bestellenden Sicherheiten sollen mindestens 50 Prozent des Beteiligungskapitals betragen und wirksam werden, falls über das Vermögen der D. AG das Insolvenzverfahren eröffnet werden sollte. [...]

2. Zur konkreten Festlegung der zu gewährenden Sicherheiten und der Art und Konditionen der Sicherheitengewährung schließt die Treuhänderin einen Sicherheitenvertrag mit der D. AG („D. AG“) und ihrer Tochtergesellschaft, der C. ab. Die Sicherheitenverträge sind abzuschließen, sobald und soweit auf die D. AG - Namensschuldverschreibungen eingezahltes Beteiligungskapital von der Treuhänderin nach Maßgabe der Mittelverwendung freizugeben ist.“

Wegen des weiteren Inhalts des Treuhandvertrags wird auf Seite 93 ff. des Anlageprospektes (Anlage K 2) Bezug genommen.

Der Beteiligung lagen zudem die Bedingungen der U. GmbH & Co. KG zugrunde (Seite 99 ff. des Anlageprospekts), die auszugsweise wie folgt lauten:

„§ 3 Treuhandvertrag, Vergütung der Treuhänderin

1. [...] Des Weiteren wird die Treuhänderin ermächtigt, etwaige Anlegerversammlungen zu leiten und, soweit der Anleger an Beschlussfassungen der Anlegerversammlung nicht teilnimmt, für diesen das Stimmrecht auszuüben. [...]

§ 18 Anlegerversammlungen

4. [...] Nimmt ein Anleger an einer Anlegerversammlung oder schriftlichen Abstimmung nicht teil, übt die Treuhänderin seine Stimmrechte für ihn aus. Bei dieser Stimmrechtsausübung entscheidet die Treuhänderin nach ihrem freien Ermessen unter Berücksichtigung des Gesamtinteresses aller Anleger, wie es im Verkaufsprospekt zum Ausdruck kommt. [...]“

§ 11 Sicherheitenkonzept

1. Die Schuldverschreibungen sind teilweise besichert. Die Sicherheiten werden von der D. AG zugunsten der Treuhänderin als Sicherheitentreuhänderin, die die Sicherheiten für den Anleger erwirbt und verwaltet, bestellt. Grundlage dafür sind die D. AG - Namensschuldverschreibungen und abzuschließende Sicherheitenverträge. Die Sicherheiten werden unter der aufschiebenden Bedingung eingeräumt, dass über das Vermögen der D. AG aus Gründen, die ihre Ursache nicht in der Geltendmachung der Ansprüche auf Kapitalrückgewähr haben, ein Insolvenzverfahren eröffnet werden sollte, sofern die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht durch die Geltendmachung der Ansprüche auf Kapitalrückgewähr oder erhöhte Kapitalrückgewähr (§ 15 Nachrang) herbeigeführt wurde. [...]“

Die Beklagte lud die Anleger mit Schreiben vom 08.09.2015 (Anlage K 3/B 1) zu einer Anlegerversammlung am 08.10.2015 ein, an der die Klägerin nicht teilnahm. Die Anlegerversammlung beschloss mit einer Mehrheit von 95,42 % bzw. 91,41 % eine Änderung der Anleihebedingungen, die die Emittentin ermächtigte, die Ansprüche der Anleger auf Rückzahlung des Anleihekapitals und der Zinsen vorzeitig durch Übertragung von Aktien der D. S.A. zu erfüllen. Die Beklagte nahm als Treuhänderin das Stimmrecht der Klägerin wahr. Sie verfügte insgesamt über 23.272 der vorhandenen 25.536 Stimmen. 13.238 ihrer Stimmen waren nicht weisungsgebunden. Die Beklagte stimmte mit sämtlichen nicht weisungsgebundenen Stimmen der Änderung der Anleihebedingungen zu. Die Emittentin nahm die beschlossene Option noch in der Anlegerversammlung wahr (vgl. Protokoll der Anlegerversammlung vom 08.10.2015, Anlage K 5).

Die Beklagte rechnete die Beteiligung der Klägerin mit Schreiben vom 25.11.2015 (Anlage K 6) ab. Anstelle der vereinbarten erhöhten Kapitalrückgewähr erhielt sie 2.226 nicht vorzugsberechtigte Aktien der D. S.A. zu einem Stückpreis von 13,50 €, die mit einer Haltefrist von höchstens 3 Jahren versehen waren.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe ihre Pflichten aus dem Treuhand- und Mittelverwendungsvertrag verletzt. Hierzu behauptet sie, die Beklagte habe die Anleger nicht ordnungsgemäß zu der Anlegerversammlung am 08.10.2015 eingeladen. Sie habe lediglich das aus der Anlage K 3 ersichtliche Einladungsschreiben vom 08.09.2015 erhalten, aus dem nicht hervorgegangen sei, dass über weitreichende Änderungen der Anleihebedingungen abgestimmt werden solle. Die Beklagte habe auch nicht darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, für die nicht persönlich anwesenden Anleger der Umwandlung der Namensschuldverschreibung in eine völlig andere Anlageform zuzustimmen. Sie habe die Anleger zudem nicht über die Konditionen informiert, zu denen die Aktien der D. S.A. ausgegeben werden sollten.

Die Klägerin meint weiter, die Beklagte habe ihr Ermessen im Rahmen der Anlegerversammlung fehlerhaft ausgeübt und nicht im Interesse ihrer Treugeber abgestimmt. Die Rechtsposition der Anleger habe sich durch den Debt-to-equity-swap erheblich verschlechtert, weil sie von Fremdkapitalgebern zu Aktionären und somit Mitgesellschaftern einer unbekannten luxemburgischen Aktiengesellschaft geworden seien. Auch wirtschaftlich seien die Ansprüche aus den Namensschuldverschreibungen erheblich mehr wert gewesen als die abgerechneten Aktien. Hätte die Beklagte dem Swap nicht zugestimmt, hätten die werthaltigen Rechte und Gerätschaften der D. AG veräußert werden können, um die Forderungen der Anleger zu befriedigen. Im Falle einer Insolvenz der D. AG hätten zudem die Sicherheiten verwertet werden können, die sie gemäß § 11 der Schuldverschreibungsbedingungen hätte bestellen müssen.

Die Emittentin habe den Wert der Aktien der D. S.A. zudem fehlerhaft ermittelt. Aus dem Gutachten der S. vom 01.01.2015 (Anlage K 21) ergebe sich nicht, dass ihr Anteil an dem Rohstoffvorkommen einen Wert von 6,77 Milliarden € habe. Auch die angeblichen Kapitalerhöhungen der D. S.A. seien nicht nachvollziehbar. Der angenommene Wert des Unternehmens sei daher insgesamt nicht plausibel. Dies habe auch der Beklagten auffallen müssen.

Die Beklagte meint, sie habe ihre Pflichten aus dem Treuhandverhältnis ordnungsgemäß erfüllt. Hierzu behauptet sie, die Klägerin habe die aus der Anlage B 1 ersichtliche Einladung zu der Anlegerversammlung am 08.10.2015 erhalten. Der Einladung seien die Tagesordnungspunkte der Versammlung auf Seite 2 beigefügt gewesen.

Vor der Abstimmung habe sie die Vor- und Nachteile des geplanten Debt-to-Equity-Swaps abgewogen. Ihr Geschäftsführer habe Gespräche mit den Verantwortlichen geführt und die Bilanzen und Geschäftsberichte der D. S.A. eingesehen. Er habe sich dreimal mit Herrn K. R., dem Verwaltungsratsmitglied und indirekten Mehrheitseigentümer der D. Gruppe getroffen, und sich mehrere Tage in Stuttgart bei der Emittentin aufgehalten, um ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zu prüfen und sich über den Stand des Projektes „K.“ zu informieren.

Der Swap sei im Interesse der Anleger gewesen, weil er einen möglichen Verlust des Projekts verhindert habe. Die Emittentin sei 2015 mit rund 18,5 Mio. Euro rund 75 % unter dem Platzierungsergebnis 2014 geblieben. Im Jahr 2016 habe die D. Gruppe jedoch rund 50 Mio. US-Dollar in den weiteren Ausbau der Erdgasproduktion investieren müssen, um die Auflagen der Explorationspläne und die vertraglichen Vereinbarungen mit dem US-amerikanischen Finanzinvestor zu erfüllen. Ohne diese Investitionen hätte der Finanzierungspartner möglicherweise Zugriff auf das Projekt nehmen und die vorhandenen Vermögenswerte mit dem Ziel einer schnellen Rendite unter dem Marktwert veräußern können, was wiederum zum Verlust der Rückzahlungs-, Ausschüttungs- und Zinsansprüche der Anleger hätte führen können. Auch ein Rechtsverlust zugunsten des Staates Alaska sei möglich gewesen. Der Swap habe die Konzern-Eigenkapitalquote und die Liquiditätsausstattung der D. S.A. verbessern sollen, um ihr die Aufnahme weiterer Fremdmittel zu ermöglichen. Dies sei auch wie geplant gelungen.

Das Ausfallrisiko der Anleger habe sich im Übrigen durch den Swap nicht erhöht, weil bereits die Namensschuldverschreibungen qualifiziert nachrangig ausgestaltet gewesen seien.

Die Beklagte behauptet weiter, die Bewertung der D. S.A. sei in zwei Stufen erfolgt. Das erste Gutachten des S. (Anlage K 21) sei eher technischer Natur gewesen. Geologen, Physiker und Ingenieure hätten die Öl- und Gasreserven in einem repräsentativen Teilgebiet der K. bewertet. Anschließend sei auf dieser Grundlage ein weiteres Gutachten von US-amerikanischen Experten für die Bewertung von Explorationsunternehmen eingeholt worden. Der Wert der Aktien habe sich diesem zweiten Bewertungsgutachten zufolge auf mindestens 13,54 € belaufen.

Die Beklagte erhebt zudem die Einrede der Verjährung.

2. Die Klägerin zeichnete zudem mit Beitrittserklärungen vom 15.03.2012 (Anlage K 7) und 01.04.2012 (Anlage K 8) zwei mittelbare Kommanditbeteiligungen in Höhe von 20.000,00 € zzgl. eines Agios von 1.000,00 € an der U. 1 GmbH & Co. KG sowie in Höhe von 19.000,00 € an der U. 2 GmbH & Co. KG. Beide Fondsgesellschaften sollten ebenfalls mittelbar in die Erdöl- und Erdgasförderung in Alaska investieren.

In den Beitrittserklärungen bevollmächtigte die Klägerin die Beklagte, ihren wirtschaftlichen Beitritt zu der Fondsgesellschaft „laut ausgehändigtem Beteiligungsprospekt sowie dem darin enthaltenen Gesellschaftsvertrag“ zu bewirken und ihre Gesellschaftsanteile treuhänderisch im eigenen Namen zu verwalten. Sie bot ihr hierzu jeweils den Abschluss eines Treuhandvertrages an, der in den Fondsprospekten abgedruckt war. Die Beklagte bestätigte beide Treuhandverträge. Wegen ihres Inhalts wird auf Seite 108 ff. des Prospektes der U. 1 GmbH & Co. KG (Anlage K 10) sowie Seite 100 ff. des Prospektes der U. 2 GmbH & Co. KG (Anlage K 11) Bezug genommen.

Die Klägerin zahlte die Beteiligungssummen jeweils auf ein Treuhandkonto der Beklagten ein. Sie erhielt in der Folgenzeit Ausschüttungen in Höhe von 6.000,00 € aus der U. 1 GmbH & Co. KG und in Höhe von 3.420,00 € aus der U. 2 GmbH & Co. KG.

Die Gesellschaftsverträge der Fondsgesellschaften, die ebenfalls in den Anlageprospekten abgedruckt waren, sahen folgende Regelung zu den Kompetenzen der Geschäftsführung vor (vgl. Seite 97 f. des Prospekts der U. 1 GmbH & Co. KG und Seite 91 f. des Prospekts der U. 2 GmbH & Co. KG):

§ 9 Geschäftsführung

[...]

4. Die Geschäftsführung ist ermächtigt, - mit dem Recht zur Erteilung von Vollmachten - insbesondere die nachfolgenden Maßnahmen zur Erfüllung des Gesellschaftszweckes nach kaufmännischem Ermessen durchzuführen:

[...]

c) Einbringung des Geschäftsbetriebes ganz oder teilweise in Unternehmen gleicher oder verwandter Art, soweit dem nicht zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.“

Die Beklagte war Gründungs- und Treuhandkommanditistin beider Fondsgesellschaften und an ihnen mit einer Kommanditeinlage in Höhe von jeweils 1.000,00 € beteiligt (vgl. § 3 Ziffer 2. der Gesellschaftsverträge, Seite 94 Anlage K 10 und Seite 88 Anlage K 11). Zu nicht näher vorgetragenem Zeitpunkt trat sie zudem als Kommanditistin in die Komplementärin der Fondsgesellschaften, die E. GmbH & Co. KG, ein.

Komplementärin der E. GmbH & Co. KG war wiederum die E. GmbH, die die Geschäfte der Fondsgesellschaften führte. Am 30.09.2015 brachte sie die Gewinnbeteiligungsrechte der Fondsgesellschaften und damit ihren Geschäftsbetrieb in die D. S.A., eine luxemburgische Aktiengesellschaft, ein. Die Fondsgesellschaften erhielten als Gegenleistung Aktien der D. S.A. der Klasse D zu einem Stückpreis von 13,50 € mit einer Haltefrist von 3 Jahren. Wenig später trat die E. GmbH aus der Komplementärin der Fondsgesellschaften aus, was zur Folge hatte, dass auch die Fondsgesellschaften ihre Komplementärin verloren. Die Beklagte verblieb als letzte (Kommandit-)Gesellschafterin. Sie wurde Rechtsnachfolgerin der Fondsgesellschaften und erhielt im Wege der Anwachsung die Aktien der D. S.A., die sie den Treugebern zuteilte. Die Klägerin erhielt nach entsprechender Abrechnung 1.719 Aktien für ihre Beteiligung an der der U. 1 GmbH & Co. KG und 1.718 Aktien für ihre Beteiligung an der U. 2 GmbH & Co. KG. Die Fondsgesellschaften wurden ohne Liquidation aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Die D. S.A. ist bislang nicht an der Börse notiert.

Die Klägerin meint, die Beklagte habe sie vor der Zeichnung der Fondsbeteiligungen nicht ausreichend über die Eigenschaften der Anlagen aufgeklärt. Die Prospekte enthielten insbesondere keinen Hinweis auf die weitreichenden Befugnisse der Geschäftsführung aus § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge, die die Mitwirkungsrechte der Kommanditisten gänzlich aushebelten. Bei zutreffender Aufklärung über die Risiken der Kapitalanlagen hätte sie sie keinesfalls gezeichnet.

Die Klägerin behauptet weiter, die Bewertung der Aktien der D. S.A. sei deutlich überhöht. Die Aktien seien im Zeitpunkt der Einbringung quasi wertlos gewesen.

3. Die Klägerin widerrief mit anwaltlichen Schreiben vom 25.01.2016 (Anlagen K 16 und 17) ihre Zeichnungserklärungen, erklärte die außerordentliche Kündigung der Namensschuldverschreibung und erhob Schadensersatzansprüche. Der Beklagtenvertreter wies die Forderungen der Klägerin mit Schreiben vom 19.02.2016 zurück.

Die Klägerin fordert nun im Wege des Schadensersatzes ihr Investitionskapital abzüglich der gezahlten Ausschüttungen von 9.420,00 € zurück.

Sie beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 50.580,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.02.2016 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übertragung ihrer 5.663 vinkulierten Namensaktien Klasse D der D. S.A.,

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übertragung der im Klageantrag zu Ziffer 1) benannten Namensaktien in Verzug befindet,

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.697,02 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an Kosten für die außergerichtliche Rechtsverfolgung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

4. Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet.

I. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 20.000,00 € Zug um Zug gegen Rückübertragung der ihr zugeteilten 2.226 Aktien der D. S.A. für ihre Beteiligung an der U. GmbH & Co. KG gemäß § 280 I BGB i.V.m. §§ 1 Ziffer 1., 5 Ziffer 2. des Treuhandvertrages.

1. Die Beklagte verletzte ihre Pflichten aus ihrem Treuhandvertrag mit der Klägerin, indem sie auf der Anlegerversammlung am 08.10.2015 der Änderung der Anleihebedingungen mit sämtlichen nicht weisungsgebundenen Stimmen zustimmte.

a) Die ausgegebenen Namensschuldverschreibungen waren gemäß § 13 der Bedingungen der U. GmbH & Co. KG ursprünglich unkündbar und mit einer festen Laufzeit bis zum 30.06.2017 versehen (vgl. Seite 105 des Anlageprospekts). Bei ihrer Beendigung sollten die Anleger der Tranche B gemäß § 7 Ziffer 3., § 8 der Anleihebedingungen eine endfällige Vergütung in Form einer erhöhten Kapitalrückgewähr erhalten.

Die beschlossene Ergänzung der Anleihebedingungen veränderte diese Struktur grundlegend: Die Emittentin erhielt das Recht, die Ansprüche der Anleger jederzeit vorzeitig durch Übertragung von Aktien der D. S.A. zu erfüllen. Mithilfe dieser Option konnte sie die Beteiligungen der Anleger nach ihren Bedürfnissen umgestalten. Sie konnte ihre Laufzeit beliebig verkürzen, indem sie die Rückgewähransprüche vorzeitig befriedigte. Zugleich konnte sie das Kapital der Anleger über die prospektierte Laufzeit hinaus binden, indem sie ihnen an Erfüllung statt Aktien der D. S.A. übertrug, die mit einer langen Haltefrist versehen waren. Die im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Entscheidungskompetenzen der Emittentin bzw. ihrer Geschäftsführung wurden somit erheblich erweitert, während die Mitwirkungs- und Kontrollrechte der Anleger faktisch erloschen.

b) Die Beklagte war gemäß §§ 1 Ziffer 1. und 5 Ziffer 2. des Treuhandvertrags verpflichtet, die Rechte der Treugeber aus den Vermögensanlagen in deren Interesse wahrzunehmen. Zwar durfte sie die Stimmrechte in der Anlegerversammlung gemäß § 18 der Anleihebedingungen nach „ihrem freien Ermessen“ ausüben. Sie musste dabei jedoch das „Gesamtinteresse aller Anleger“ berücksichtigen.

Die beschlossene Änderung der Anleihebedingungen verschlechterte - wie unter a) dargestellt - die Rechtsposition aller Anleger erheblich. Die Beklagte hätte ihr somit nur zustimmen dürfen, sofern sie für die Anleger gleichwohl das geringere Übel darstellte. Dies hat sie jedoch nicht mit hinreichender Substanz dargelegt.

(1) Die Beklagte trifft eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich ihrer Ermessenausübung. Sie muss insbesondere vortragen, auf welcher Tatsachengrundlage sie sich entschloss, der vorgeschlagenen Änderung der Anleihebedingungen zuzustimmen. Denn diese internen Informationen sind der Klägerin, die eine Pflichtverletzung der Beklagten zu beweisen hat, nicht zugänglich.

(2) Das Vorbringen der Beklagten zur Ausübung ihres Ermessens ist unsubstantiiert. Es übergeht zudem wesentliche Gesichtspunkte, die sie in ihrer Entscheidung hätte berücksichtigen müssen:

Die Beklagte hat keine Angaben dazu gemacht, wie hoch das vermeintliche Risiko eines „Projektverlusts“, eines „Zugriffs“ eines Finanzierungspartners oder eines „Rechtsverlusts“ zugunsten des Staates Alaska im Zeitpunkt ihrer Entscheidung war. Sie hat zudem nicht vorgetragen, welche Konsequenzen diese - sehr pauschal beschriebenen - Szenarien für die Anleger konkret gehabt hätten.

Gemäß § 2 Ziffer 1. des Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrags sollte das Beteiligungskapital ferner zu mindesten 50 % besicherte werden. Treuhänderin der Sicherheiten war die Beklagte, die auch das aus der Anlage B 2 ersichtliche „Security Agreement“ mit der D. AG abschloss. Sie hätte daher zumindest prüfen müssen, wie die Anleger bei Verwertung der eingeräumten Sicherheiten gestanden hätten. Auch hierzu fehlt jeder Vortrag.

Die Beklagte hat schließlich keine konkreten Angaben dazu gemacht, ob und wie sie die Bewertung der D. S.A. überprüfte. Sie hat lediglich auf das vorgelegte Gutachten der S. (Anlage K 21) verwiesen, das jedoch keinen Aufschluss über den Wert der Aktien gibt. Hierzu befragt hat die Beklagte in der mündlichen Verhandlung angegeben, es sei ein weiteres Gutachten von US-amerikanischen Experten für die Bewertung von Explorationsunternehmen eingeholt worden. Dieses Gutachten könne sie jedoch nicht vorlegen, weil es Geschäftsgeheimnisse enthalte.

(3) Die Zustimmung der Beklagten war im Übrigen bereits deshalb ermessensfehlerhaft, weil die beschlossene Änderung der Anleihebedingungen weit über das hinausging, was für den beabsichtigen Swap notwendig war. Die Ergänzungen in §§ 7 und 8 der Anleihebedingungen waren so offen formuliert, dass sie der Emittentin freie Hand ließen, sobald sie die Option ausübte. Sie enthielten keinerlei Vorgaben dazu, wie die an Erfüllung statt zu übertragenden Aktien ausgestaltet sein mussten und wie ihr Wert zu ermitteln war. Um die Interessen ihrer Treugeber zu wahren, hätte die Beklagte zumindest die Konditionen des beabsichtigten Swaps mit der Beklagten im Einzelnen aushandeln und in den Anleihebedingungen festschreiben müssen. Stattdessen gab sie ohne Not die Mitbestimmungsrechte ihrer Treugeber preis und erteilte der Emittentin carte blanche.

2. Die Beklagte kann sich nicht auf die Haftungsbeschränkung aus § 3 Ziffer 1. des Treuhand- und Mittelverwendungskontrollvertrags berufen, weil sie grob fahrlässig handelte. Obwohl die Entscheidung über die Änderung der Anleihebedingungen für die Anleger von höchster Bedeutung war, erteilte sie ihre Zustimmung, ohne sich zuvor ausreichend darüber zu informieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Projektverlustes war und welche Konsequenzen er genau für die Anleger gehabt hätte, ohne die Bedingungen des beabsichtigten Swaps im Einzelnen mit der Emittentin auszuhandeln und ohne die Bewertung der D. S.A. zu prüfen. Sie stellte damit ganz naheliegende Erwägungen nicht an und ließ die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße außer Acht. Auch in subjektiver Hinsicht trifft die Beklagte ein schweres Verschulden, weil sie aufgrund ihrer Erfahrung als Treuhänderin die Tragweite ihrer Entscheidung erkennen und wissen musste, dass ihre Funktion nicht darin bestand, die Interessen der Emittentin mithilfe der Stimmrechte der Anleger durchzusetzen.

3. Der Klägerin ist durch die Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden entstanden. Gemäß §§ 7 Ziffer 3., 8 der Anleihebedingungen hätte der Klägerin bei planmäßiger Beendigung der Namensschuldverschreibungen ein Anspruch auf erhöhte Kapitalrückgewähr zugestanden. Mangels gegenteiligen, substantiierten Vorbringens der Beklagten ist zu ihren Gunsten davon auszugehen, dass sie zumindest das eingebrachte Kapital zurückerhalten hätte. Da dieser Anspruch jedoch durch die Zustimmung der Beklagten zur Änderung der Anleihebedingungen untergegangen ist und die Klägerin stattdessen 2.226 Aktien der D. S.A. erhalten hat, hat die Beklagte ihr gemäß § 249 I BGB das investierte Kapital von 20.000,00 € zu ersetzen, Zug um Zug gegen Rückübertragung der zugeteilten Aktien.

4. Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Gemäß § 3 Ziffer 2. des Treuhandvertrags sollten Schadensersatzansprüche gleich aus welchem Rechtsgrund binnen 3 Jahren ab ihrer Entstehung verjähren. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin entstand, als die Beklagte am 08.10.2015 der Änderung der Anleihebedingungen zustimmte. Da die Klägerin bereits im Juli 2016 Klage erhob, war die dreijährige Verjährungsfrist gewahrt. Die Klägerin machte ihren Schadensersatzanspruch zudem bereits mit anwaltlichen Schreiben vom 25.01.2016 (Anlage K 16) bei der Beklagten geltend, sodass auch die vereinbarte Ausschlussfrist von 6 Monaten gewahrt war.

II. Die Klägerin hat gegen die Beklagte gemäß §§ 280 I, 311 II BGB einen Anspruch auf Zahlung von 30.580,00 € Zug um Zug gegen Rückübertragung der ihr zugeteilten 1.719 Aktien der D. S.A. für ihre Beteiligung an der U. 1 GmbH & Co. KG sowie der ihr zugeteilten 1.718 Aktien der D. S.A. für ihre Beteiligung an der U. 2 GmbH & Co. KG.

1. Die Beklagte haftet nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne. Sie war gemäß § 3 Ziffer 2. der Gesellschaftsverträge (vgl. Seite 94, Anlage K 10, und Seite 88, Anlage K 11) keine bloße „Einzahlungstreuhänderin“, sondern Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaften. Die Anleger erteilten ihr bereits in der Beitrittserklärung die Vollmacht, ihren wirtschaftlichen Beitritt „laut ausgehändigtem Beteiligungsprospekt sowie dem darin enthaltenen Gesellschaftsvertrag“ zu der Fondsgesellschaft zu bewirken und ihren Gesellschaftsanteil treuhänderisch im eigenen Namen zu verwalten. Zudem trugen sie ihr den Abschluss des im Prospekt abgedruckten Treuhandvertrags an. Entsprechend war die Beklagte verpflichtet, die Anlageinteressenten vor Unterzeichnung der Beitrittserklärung über alle wesentlichen Eigenschaften des Treuguts aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.2017, III ZR 489/16, Rn. 18 ff., m.w.N.).

Die Beklagte war im Übrigen auch Gründungsgesellschafterin der Fondsgesellschaften und hielt sogar von Beginn an einen eigenen Kapitalanteil in Höhe von 1.000,00 €. Da die Treugeber gemäß § 3 Ziffer 3. der Gesellschaftsverträge im Innenverhältnis wie unmittelbare Kommanditisten zu behandeln waren, haftet die Beklagte auch in dieser Eigenschaft aus Prospekthaftung im weiteren Sinne (vgl. BGH, Urteil vom 23.04.2012, II ZR 211/09, Rn. 10).

2. Ein Treuhandkommanditist ist verpflichtet, die Anleger über alle wesentlichen Punkte, insbesondere regelwidrige Auffälligkeiten der Anlage, aufzuklären, die ihm bekannt sind oder bei gehöriger Prüfung bekannt sein müssen und die für die von den Anlegern zu übernehmenden mittelbaren Beteiligungen von Bedeutung sind (BGH, Urteil vom 16.03.2017, III ZR 489/16 m.w.N.). Er kann den Anlegern hierzu den Anlageprospekt überlassen, sofern dieser nach Form und Inhalt geeignet ist, ihnen die nötigen Informationen wahrheitsgemäß und vollständig zu vermitteln (BGH, a.a.O., Rn. 19, m.w.N.).

Die Beklagte kam ihren vorvertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber der Klägerin vorliegend nicht nach.

a) Der Klägerin lagen vor der Zeichnung der Beteiligungen lediglich die Fondsprospekte vor. Sie beschrieben die Risiken und Auffälligkeiten der Anlagen nicht zutreffend, weil sie keinen Hinweis auf die Regelung in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge enthielten.

Die Geschäftsführung der Fondsgesellschaften hatte in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge äußerst weitreichende Befugnisse erhalten. Die Formulierung „Einbringung des Geschäftsbetriebs ganz oder teilweise in Unternehmen gleicher oder verwandter Art“ war so unbestimmt gehalten, dass sie den Geschäftsbetrieb der Fondsgesellschaften in nahezu jedes Unternehmen einbringen konnte. Auf diese Weise konnte sie die Beteiligungen der Anleger und insbesondere ihre Laufzeiten nach Belieben umgestalten, ohne zuvor die Zustimmung der Gesellschafter einholen zu müssen. Den Anlegern und auch der Beklagten waren ihre Mitwirkungs- und Kontrollrechte damit von vornherein faktisch entzogen. Für die Anleger ergab sich hieraus das besondere Risiko, dass die Geschäftsführung ihnen selbst bei bestmöglicher Entwicklung der Fondsgesellschaften ihr Beteiligungskapital entziehen konnte - so wie es im September 2015 auch geschehen sein dürfte: Infolge der Einbringung verloren die Anleger ihre mittelbaren, mit einer festen Laufzeit versehenen Kommanditbeteiligungen. Sie erhielten stattdessen Aktien einer ausländischen Aktiengesellschaft, die sie nicht veräußern konnte, weil sie mit einer dreijährigen Haltefrist versehen waren und die D. S.A. zudem nicht an der Börse gelistet war. Ob die Aktien jemals handelbar sein werden, ist offen.

b) Die Beklagte hätte bei gehöriger Prüfung der Fondsprospekte das besondere Risiko, das sich für ihre Treugeber aus der Regelung in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge ergab, erkennen müssen. Sie hatte sich in § 5 Ziffer 3. ausdrücklich verpflichtet, die Gesellschafterrechte der Treugeber in deren Interesse wahrzunehmen und sich hierfür in § 5 Ziffer 4. eine entsprechende Vollmacht erteilen lassen, die insbesondere die Kontroll-, Widerspruchs- und Stimmrechte der Treugeber einschloss (vgl. Seite 110 des Prospekts Anlage K 11 und Seite 102 des Prospekts Anlage K 11). Um ihre vertragliche Aufgabe erfüllen zu können, hätte sie somit zumindest die Gesellschaftsverträge dahingehend prüfen müssen, welche Mitwirkungs- und Kontrollrechte ihr bzw. den Treugebern überhaupt zustanden. Dabei hätte ihr bei gehöriger Aufmerksamkeit die Regelung in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge auffallen und Anlass zu weiterer rechtlicher Prüfung geben müssen.

Die Beklagte musste aufgrund ihrer Tätigkeit und Erfahrung als Treuhandkommanditistin ferner erkennen, dass ein durchschnittlicher Anleger die Tragweite der Regelung in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge beim bloßen Lesen des Vertragstexts nicht begreifen würde. Entsprechend hätte sie auf eine Ergänzung der Fondsprospekte hinwirken oder den Zeichnungsunterlagen einen eigenen, gesonderten Hinweis beifügen müssen. In diesem Hinweis hätte sie § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge als regelwidrige Auffälligkeit und besonderes Risiko der Anlagen benennen müssen. Sie hätte zudem die möglichen Folgen seiner Anwendung und ihre fehlenden Einwirkungsmöglichkeiten aufzeigen müssen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 24.05.1982, II ZR 124/81, Rn. 11 ff.; Urteil vom 22.01.1979, II ZR 178/77, Rn. 13 ff., 15; Urteil vom 17.12.1979, II ZR 240/78, Rn. 12; Haas/Mock, in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 161 HGB, Rn. 215, 217; vgl. auch Casper in: Großkomm. HGB, 161, Rn. 244). Die Beklagte wurde jedoch nicht tätig und verletzte damit ihre vorvertraglichen Aufklärungspflichten gegenüber ihren Treugebern.

3. Bei zutreffender Aufklärung über das besondere Risiko, das sich aus der Regelung in § 9 4. c) der Gesellschaftsverträge ergab, hätte die Klägerin die Fondsbeteiligungen nicht gezeichnet. Für sie spricht insoweit die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die die Beklagte nicht entkräftet hat (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16.03.2017, III ZR 489/16, Rn. 32, m.w.N.).

4. Die Beklagte hat die Klägerin aufgrund ihrer Aufklärungspflichtverletzung so zu stellen, als hätte sie die streitgegenständlichen Fondsbeteiligungen nicht gezeichnet. Die Klägerin hat somit einen Anspruch auf Rückzahlung ihres Anlagebetrags von 39.000,00 € zzgl. des gezahlten Agios von 1.000,00 € abzüglich der geleisteten Ausschüttungen von 9.420,00 € Zug um Zug gegen Übertragung der ihr zugeteilten Aktien an der D. S.A. (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 16.03.2017, III ZR 489/16, Rn. 36, m.w.N.).

III. Die Hauptforderung der Klägerin ist entsprechend ihrem Antrag ab dem 23.02.2017 gemäß §§ 286 I, II Nr. 3, 288 I, 187 I BGB zu verzinsen, weil die Beklagte durch ihr Schreiben vom 19.02.2016, in welchem sie die Schadensersatzforderungen der Klägerin zurückwies, in Verzug geriet.

IV. Die Klägerin kann ferner ihre vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß § 280 I BGB ersetzt verlangen. Sie stellen einen weiteren Schaden dar, der ihr aufgrund der Pflichtverletzungen der Beklagten entstand. Die vorgerichtliche Beauftragung eines Rechtsanwalts war zudem erforderlich und zweckmäßig, weil zumindest eine geringe Aussicht bestand, dass die Beklagte nach anwaltlicher Aufforderung Schadensersatz leisten und einer Rückabwicklung der Fondsbeteiligungen zustimmen würde. Berechnet nach dem vorgerichtlichen Streitwert von 50.580,00 € ergeben sich erstattungsfähige Kosten von 1.954,46 € (1,3 Geschäftsgebühr gemäß Ziffer 2300 VV RVG zzgl. Post- und Telekommunikationspauschale und Umsatzsteuer). Die weitergehende Nebenforderung ist abzuweisen, weil die Klägervertreter keinen Grund vorgetragen haben, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr auf 1,8 rechtfertigen würde. Sie haben insbesondere nicht behauptet, ihre vorgerichtliche Tätigkeit sei überdurchschnittlich umfangreich oder schwierig gewesen.

Der Erstattungsanspruch der Klägerin ist gemäß §§ 291, 288 I, 187 I BGB ab dem Folgetag nach Eintritt der Rechtshängigkeit am 28.07.2016 zu verzinsen.

V. Der Feststellungantrag der Klägerin ist dagegen unbegründet. Die Beklagte befindet sich mit der Annahme der Aktien der D. S.A. nicht in Verzug, weil das Schreiben der Klägervertreter vom 25.01.2016 kein Angebot zur (Rück-)Übertragung der Aktien enthielt.

VI. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 709 ZPO.

VII. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO.

Der Antrag auf Feststellung des Annahmeverzugs ist wirtschaftlich mit der Hauptforderung identisch und hat daher keinen eigenen Wert (BGH, Beschluss vom 29.01.2015, III ZR 41/14, Rn. 5.)

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