LG Braunschweig, Urteil vom 15.09.2017 - 11 O 4019/16
Fundstelle
openJur 2020, 8938
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Der Kläger macht im Rahmen des sog. „Abgasskandals“ im Zusammenhang mit einem PKW-Kauf gegen die Beklagte als Verkäuferin und Herstellerin des Fahrzeugs Zahlungsansprüche geltend.

Am 18.07.2014 erwarb der Kläger über ein vermittelndes Autohaus von der Beklagten gegen Zahlung von 40.001,85 € einen PKW XXX TDI. Verbaut ist darin ein Motor vom Typ EA 189. Das Fahrzeug verfügt über ein SCR-System, welches die Harnstofflösung AdBlue in den Abgasstrang spritzt und so zur Reduzierung der NOX-Emissionen beiträgt. Das Fahrzeug wurde am 08.08.2014 an den Kläger übergeben.

In der EG-Übereinstimmungsbescheinigung gab die Beklagte an, dass ein Fahrzeug vom streitgegenständlichen Typ kombiniert 5,9 l Diesel auf 100 km verbraucht.

Das Fahrzeug wurde aufgrund einer entsprechenden Typgenehmigung - deren rechtlicher Bestand zwischen den Parteien streitig ist - nach EU5 zugelassen.

Der Umfang der NOX-Emissionen des Fahrzeugs hängt u.a. davon ab, in welchem Umfang Abgase aus dem Auslassbereich des Motors über ein Abgasrückführungsventil in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet werden: Je mehr Abgase zurückgeführt werden, desto weniger Stickoxide werden emittiert. Die das Abgasventil steuernde Software des Motorsteuerungsgeräts erkennt, ob sich das Fahrzeug innerhalb oder außerhalb der Bedingungen des zur Erlangung der Typengenehmigung durchgeführten Testlauf nach dem NEFZ befindet, der aus fünf exakt vorgegebenen synthetischen Fahrkurven besteht. Befindet sich das Fahrzeug außerhalb der Bedingungen des NEFZ werden relativ weniger Abgase in den Ansaugtrakt des Motors zurückgeleitet als wenn sich das Fahrzeug innerhalb der Bedingungen des NEFZ befindet.

Das Kraftfahrbundesamt (KBA) erkannte in der genannten Software eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Ziff. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ordnete gem. § 25 Abs. 2 EG-FGV einen Rückruf an. Die Beklagte entwickelte daraufhin eine Softwarelösung. Der Kläger kann jederzeit einen Servicepartner der Beklagten aufsuchen und die genannte technische Maßnahme kostenfrei umsetzen lassen. Hierüber wurde der Kläger bereits im Januar 2017 informiert.

Nach dem Softwareupdate wird das Fahrzeug mehr AdBlue verbrauchen, wobei das Nachfüllen von Adblue problemlos möglich ist und der Mehrverbrauch sowie die damit verbundenen Mehrkosten bezogen auf die durchschnittliche Laufleistung eines Dieselfahrzeugs durch die Beklagte abgedeckt werden.

Wegen einer Software, die Einfluss auf das Getriebe nimmt und so die Werte auf dem Prüfstand verfälscht (im Folgenden: Getriebesoftware) hat das KBA betreffend Modelle der Fahrzeuge XXX und XXX einen Rückruf angeordnet

Mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2016 hat der Kläger den streitgegenständlichen Kaufvertrag im Hinblick auf die streitgegenständliche Software wegen arglistiger Täuschung angefochten. Für den Fall, dass die Anfechtung unwirksam sein sollte, wurde hilfsweise der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt. Im Rahmen der Klageschrift vom 20.12.2016 wurde der Rücktritt noch einmal - unbedingt - erklärt. Es wird Bezug genommen auf die Anlage K2.

Die Beklagte teilte dem Klägervertreter daraufhin mit Schreiben vom 31.08.2016 mit, dass eine Softwarelösung entwickelt worden sei und demnächst umgesetzt werden würde, wobei ein konkreter Zeitplan nicht genannt wurde. Es wird Bezug genommen auf die Anlage K2a.

Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zustehe:

Primär ergebe sich ein Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB, 123, 142 BGB, da er bei Abschluss des Kaufvertrages arglistig getäuscht worden sei.

Daneben sei er wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, da das streitgegenständliche Fahrzeug in mehrerer Hinsicht mangelbehaftet sei:

- Zunächst stelle die streitgegenständliche Software einen Mangel dar.

- Einen weiteren Mangel stelle es dar, dass das Fahrzeug erheblich mehr verbrauche als von der Beklagten angegeben worden sei. Dazu behauptet der Kläger, dass das Fahrzeug im Rahmen einer kombinierten Nutzung 7,5 Liter Diesel auf 100 km verbrauchen würde. Selbst unter den Bedingungen des NEFZ lägen die Verbrauchswerte mehr als 10% über den o.g. Angaben der Beklagten.

- Auch das On-Board-Diagnosesystem (OBD) sei - so die Behauptung des Klägers - mangelhaft, weil funktionsuntauglich. Das OBD würde nämlich melden, dass das Abgassystem des Fahrzeugs ordnungsgemäß funktioniere, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei. Wegen der diesbezüglichen Ausführungen des Klägers wird Bezug genommen auf Bd. II, Bl. 281 - 283 d. A..

- Die o.g. Getriebesoftware sei - so die Behauptung des Klägers - auch im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut.

Der Kläger ist der Auffassung, dass er auch ohne vorherige Fristsetzung zur Mangelbeseitigung zum Rücktritt berechtigt sei; eine Fristsetzung sei nämlich unter einer Vielzahl von Aspekten entbehrlich gewesen:

- Betreffend die streitgegenständliche Software sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung zunächst deswegen nicht notwendig, weil die Beklagte das Softwareupdate nicht als Nachbesserung, sondern lediglich in Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung anbiete, was als eine ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung anzusehen sei.

Auch sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung deswegen entbehrlich gewesen, weil im Zeitpunkt des Rücktrittes festgestanden habe, dass die Beklagte eine angemessene Frist ohnehin nicht würde einhalten können, so dass das Erfordernis der Frist eine reine Förmelei gewesen wäre.

Eine Fristsetzung zur Nachbesserung sei weiter deswegen entbehrlich gewesen, weil das Fahrzeug auch danach zwingend stillzulegen sei, da die Typgenehmigung erloschen und die für das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestellte EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sei.

Eine Fristsetzung sei ferner entbehrlich,

- weil die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte aber sogar auch nach Aufspielen des Softwareupdates im normalen Straßenverkehr nicht eingehalten werden würden, womit das Fahrzeug weiterhin nicht zulassungsfähig sein werde,

- weil auch nach dem Aufspielen des Softwareupdates - so die Behauptung des Klägers - mindestens eine neue - nicht näher beschriebene - unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sei (Es wird Bezug auf S. 2 des Schriftsatzes des Klägervertreters vom 28.07.2017 (Bd. II, Bl. 360 d. A.),

- weil im Zeitpunkt der mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2016 erklärten Rücktrittserklärung (mindestens) eine vom Kläger nicht hinzunehmende vorübergehende Unmöglichkeit vorgelegen habe,

- weil es dem Kläger nicht zuzumuten sei, eine Nachbesserung gerade durch diejenige - nämlich die Beklagte - durchführen zu lassen, die ihn zuvor arglistig über die streitgegenständliche Software getäuscht habe,

- weil sich infolge des Updates der Kraftstoffverbrauch und der CO2-Ausstoß (weiter) erhöhen würden, ja insgesamt die Auswirkungen des von der Beklagten entwickelten Softwareupdates noch nicht absehbar seien,

- weil der Motor und der Rußpartikelfilter infolge des Softwareupdates einem erhöhten Verschleiß unterliegen würden bzw. dies mindestens nicht auszuschließen sei,

- weil das Fahrzeug infolge der sog. „Dieselskandals“ auch nach der Umrüstung immer einen merkantilen Minderwert aufweisen werde.

- Betreffend den Kraftstoffverbrauch sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich, weil eine Mangelbeseitigung unmöglich sei. Dies deshalb, weil ein geringerer Kraftstoffverbrauch zu einer geringeren Leistung des Motors oder einem höheren Verschleiß führen würden.

- Betreffend das mangelbehaftete OBD-System sei eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich, weil die Beklagte eine solche gar nicht anbiete und diese auch gar nicht möglich sei.

Der Kläger ist weiter der Auffassung, dass ihm gegen die Beklagte unter einer Vielzahl von Aspekten auch im Wege des Schadensersatzes ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zustehe:

- Die Beklagte hafte zum einen nach den Grundsätzen der Prospekthaftung.

- Mit der Ausstellung einer unwirksamen - weil mindestens falsche Angaben zum Stickstoffausstoß enthaltenden - EG-Übereinstimmungsbescheinigung hafte die Beklagte auch aus einer Garantie im Sinne von § 443 BGB. Ferner nehme die Beklagte mit der Ausstellung der EG-Übereinstimmungsbescheinigung besonderes Vertrauen in Anspruch, welches zu einer entsprechenden Vertrauenshaftung führe. Da die Vorschriften über die EG-Übereinstimmungsbescheinigung auch drittschützenden Charakter hätten, hafte die Beklagte wegen der Ausstellung einer unwirksamen Bescheinigung auch nach § 823 Abs. 2 BGB.

- Die Beklagte sei ferner gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB zum Schadensersatz verpflichtet:

Die Beklagte habe die für die Typzulassung zuständigen Stellen über die wahren Schadstoffemissionen getäuscht und dadurch zu Unrecht eine Einstufung des streitgegenständlichen Fahrzeugtyps nach EU5 erschlichen.

Die Beklagte habe vor allem aber auch den Kläger in mehrfacher Hinsicht getäuscht:

- Aktiv habe die Beklagte angegeben, das Fahrzeug unterfalle der einschlägigen Typgenehmigung, obwohl dies nicht der Fall sei. Tatsächlich sei die Typgenehmigung kraft Gesetzes erloschen.

- Auch habe die Beklagte angegeben, das Fahrzeug unterfalle der EU5-Norm, insbesondere stoße es weder auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ noch auf der Straße Schadstoffe aus, die die gesetzlichen Grenzwerte überschreiten. Jedenfalls habe die Beklagte angegeben, dass die Messung auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ den Schadstoffausstoß im Realbetrieb wenigstens annähernd abbilde.

- Die Beklagte habe falsche Angaben zum Stickoxidausstoß des Fahrzeugs gemacht.

- Ferner seien die Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß falsch. Falsch seien die Angaben dabei nicht deswegen gewesen, weil sie nicht den im offiziellen Testverfahren ermittelten Werten entsprochen hätten. Falsch seien die Angaben vielmehr gewesen, weil die im offiziellen Testverfahren ermittelten Werte nur mit der Hilfe der verfahrensgegenständlichen - unzulässigen - Software erreichbar gewesen wären. Ohne die unzulässige Software wären nämlich Kraftstoffverbrauch und CO2 Emissionen höher als in den Unterlagen (Werbung etc.) der Beklagten angegeben. Das streitgegenständliche Fahrzeug aber halte selbst die genannten falsch angegebenen Werte nicht ein, sondern stoße mehr als 10% mehr CO2 aus und verbrauche entsprechend mehr Kraftstoff als angegeben.

- Auch habe die Beklagte konkludent falsche Angaben zum gesetzlich vorgeschriebenen On-Board-Diagnosesystem (OBD) gemacht, welches nämlich melden würde, dass das Abgassystem des Fahrzeugs ordnungsgemäß funktioniere, obwohl dies tatsächlich nicht der Fall sei.

- Weiter habe die Beklagte falsche Angaben zum Geräuschpegel gemacht.

- Auch würden die in der EG-Übereinstimmungserklärung genannten Stickoxidwerte und die dort genannten Angaben zum Geräuschpegel nicht dem geltenden europäischen Typgenehmigungsrecht entsprechen.

- Insgesamt habe die Beklagte angegeben, dass das Fahrzeug voll funktionstüchtig sei und allen gesetzlichen Vorgaben entspreche.

- Schließlich habe die Beklagte auch aktiv über die Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung getäuscht.

Die Beklagte habe auch durch Unterlassen getäuscht. Sie habe den Kläger nicht darüber informiert, dass das Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen sei und die Gefahr der Entziehung der Zulassung gem. § 25 EG-FGV besteht.

- Der begehrte Anspruch auf Schadensersatz ergebe sich auch - zweifelsfrei - aus §§ 823 Abs. 2, 16 UWG, da die Beklagte mit der Einhaltung der Schadstoffwerte nach EU-5 geworben habe, die nicht eingehalten werden, ja sogar den Anschein eines besonders schadstoffarmen Fahrzeugs erweckt habe.

- Die Beklagte hafte auch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11UWG aF und zwar vor folgendem Hintergrund: § 4 Nr. 11 UWG aF stelle eine Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, wenn die Norm, gegen die im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF verstoßen werde, Schutzgesetzcharakter im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB habe. Die Schutzgesetzcharakter habenden Vorschriften, gegen die vorliegend im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG aF verstoßen worden seien, seien §§ 1, 5 PKW-EnVKV  weil die Angaben der Beklagte wie oben beschrieben unzutreffend gewesen seien

- Das Verhalten der Beklagten sei - so der Kläger - auch sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB. Die Verantwortlichen der Beklagten hätten - u.a. aus Gewinnstreben - die Schädigung der Gesundheit, ja gar den Tod tausender Menschen in Kauf genommen und sich damit unter Erfüllung von gleich drei Mordmerkmalen mindestens des versuchten Mordes schuldig gemacht. Eine Schädigung des Vermögens aller Fahrzeugkäufer sei auch bewusst in Kauf genommen worden.

- Die Beklagte hafte schließlich auch - so der Kläger - gem. § 831 BGB, da ihre Ingenieure die Tatbestände der §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB und des § 826 BGB erfüllt hätten.

Der Kläger behauptet, infolge des sog. „Abgasskandals“ habe das streitgegenständliche Fahrzeug einen Wertverlust erlitten. Zur Begründung der Höhe des Wertverlustes wird u.a. ausgeführt, dass eine Tochtergesellschaft der Beklagten - die XXX - die Rückstellungen für unvorhergesehene Wertverluste im Herbst 2015 um knapp 500 € je Fahrzeug erhöht habe und auch ein Autoanalyst von einem Wertverlust von mind. 500 € für jedes vom sog. „Abgasskandal“ betroffene Fahrzeug ausgehe. Gleichzeitig wird aber auch ausgeführt, dass derzeit die Preise nicht sinken würden (Bd. II, Bl. 255 oben d. A.).

Insgesamt ist der Kläger der Auffassung, dass er auch im Wege des Schadensersatzes einen Anspruch auf Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung Zug-um-Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs habe. Es drohten aber auch Steuerschäden sowie weitere Schäden, die aufgrund der  „Desinformationspolitik“ der Beklagten derzeit nicht beziffert werden könnten. Diesbezüglich sei eine Feststellungsklage zulässig, zumal ohnehin zu erwarten sei, dass die Beklagte schon aufgrund eines Feststellungsurteils leisten werde.

Zuletzt hat der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 40.001,85 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.05.2017 zu bezahlen, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Herausgabe des PKW XXX, FIN: XXX und Zug-um-Zug gegen Zahlung einer von der Beklagten noch darzulegenden Nutzungsentschädigung für die Nutzung des PKW,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Schadensersatz zu bezahlen für Schäden, die aus der Manipulation des im Klageantrag zu Ziffer 1. genannten PKW durch die Beklagte resultieren,

3. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Rücknahme des im Klageantrag zu Ziffer 1. bezeichneten PKW im Annahmeverzug befindet und

4. die Beklagte zu verurteilen, ihn von den durch die Beauftragung seiner  Prozessbevollmächtigten entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.613,24 € freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, das KBA habe die von ihr entwickelte Softwarelösung mit Bescheid vom 20.12.2016 freigegeben. Wegen des Inhalts des von der Beklagten vorgelegten Bescheides wird Bezug genommen auf die Anlage B1.

Das Gericht hat dem Kläger mit Verfügung vom 30.03.2017 (Bd. I, Bl. 150 f. d. A.) und mit Verfügung vom 08.06.2017 (Bd. II, Bl. 344 d. A.) gerichtliche Hinweise erteilt, auf die Bezug genommen wird.

Gründe

Die Klage ist betreffend den Klageantrag zu Ziffer 2 unzulässig, im Übrigen unbegründet.

I. Zum Klageantrag zu Ziffer 2:

Betreffend den Klageantrag zu Ziffer 2 ist die Klage bereits nicht zulässig.

Dem Kläger mangelt es an einem Feststellungsinteresse, weil ihm eine Klage auf Leistung möglich und zumutbar ist. Mangels Vollstreckbarkeit des Feststellungsurteils in der Hauptsache fehlt ein Feststellungsinteresse, falls der Kläger sein Leistungsziel genau benennen und deshalb auf Leistung klagen kann. Nicht zumutbar ist die Beachtung des beschriebenen Vorranges der Leistungsklage im Rahmen einer Schadensersatzklage dann, wenn der Kläger seinen Schaden nicht ohne Durchführung einer aufwendigen Begutachtung beziffern kann (BGH, Urt. vom 12.07.2005, VI ZR 83/04, zit. nach juris, Rn. 57) oder noch nicht beziffern kann, weil Art, Umfang, Dauer und Kosten der Schadensbehebung noch offen sind (BGH, Urt. vom 15.01.2008, VI ZR 53/07, zit. nach juris, Rn. 6). Keine der genannten Situationen ist vorliegend gegeben:

Der Kläger berühmt sich neben dem mit dem Leistungsantrag zu Ziffer 1. verfolgten Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises auch - in unklarer Höhe und obwohl er selbst letztlich angibt, dass die Preise derzeit nicht sinken würden - eines infolge des sogenannten „Abgasskandals“ eingetretenen Wertverlustes. Einen (etwaigen) Wertverlust aber könnte der Kläger auch ohne eine aufwendige Begutachtung näher beziffern. Dies deshalb, weil der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz  gekennzeichnet ist (vgl. zB die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem - offenkundig, nämlich dem Gericht durch zuverlässige Presseberichte und Internetseiten bekannt (Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 291, Rn. 1) - unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht (zuletzt etwa der sog. „Dieselbarometer“).

Weiter verweist der Kläger auf mögliche Steuerschäden, indes ohne darzulegen, unter welchem Aspekt diese im Sinne der o.g. Rechtsprechung „offen“ sein sollen: Die zuständigen Steuerbehörden haben - soweit ersichtlich - bislang - fast 2 Jahre nach Bekanntwerden des sog. „Abgasskandals“ - nichts in die vom Kläger befürchtete Richtung unternommen. Die Politik hat von vorneherein deutlich signalisiert, dass etwaige Steuerausfälle allenfalls vom Hersteller der betroffenen Fahrzeuge zu ersetzen sein werden.

Nicht nachvollziehbar ist auch, warum eine „Desinformationspolitik“ der Beklagten es dem Kläger unmöglich machen soll, einen ihm - also in seiner Sphäre entstandenen - Schaden zu beziffern.

Schließlich liegt auch keine Situation vor, in der eine Feststellungsklage trotz des Vorranges der Leistungsklage ausnahmsweise dennoch zulässig ist, weil zu erwarten ist, dass die Beklagte schon auf ein Feststellungsurteil hin zahlen wird. Der Klägervertreter missversteht die von ihm insoweit zitierte Rechtsprechung. Feststellungsklagen werden unter dem vorgenannten Aspekt nur dann zugelassen, wenn es sich bei der Beklagten um eine Behörde handelt (BGH, Urteil vom 09.06.1983, III ZR 74/82, zit. nach juris, Rn. 15) - was vorliegend nicht der Fall ist - oder sich die Parteien ausdrücklich einig sind, einen Rechtsstreit durch eine Feststellungsklage klären zu lassen (BGH, Urteil vom 27.06.1995, XI ZR 8/94, zit nach juris, Rn. 18) - was vorliegend ebenfalls nicht der Fall ist -, oder schließlich, wenn die Beklagte wenigstens im Verlauf des Rechtsstreits die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nie in Zweifel zieht (BGH, Urteil vom 30.05.1995, XI ZR 78/94, zit. nach juris, Rn. 17) - was vorliegend auch nicht der Fall ist: Die Beklagte hat das Fehlen eines Feststellungsinteresses ausdrücklich moniert.

II. Zum Klageantrag zu Ziffer 1.:

Betreffend den Antrag zu Ziffer 1. ist die Klage zulässig aber nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises bzw. Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises.

1. Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB

Ein Anspruch aus §§ 437 Nr. 2, 232 Abs. 1, 346 Abs. 1 BGB ist nicht schlüssig dargelegt:

a) Rücktrittserklärung:

Zwar dürfte die mit anwaltlichem Schreiben vom 26.08.2016 bedingt erklärte Rücktrittserklärung unwirksam gewesen sein, weil die Rücktrittserklärung als einseitiges Gestaltungsrecht nur dann nicht bedingungsfeindlich ist, wenn für den Rücktrittsgegner  - was vorliegend nicht der Fall sein dürfte - keine unzumutbare Ungewissheit über die Rechtslage entsteht (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 349, Rn. 1). Hieran scheitert ein Anspruch aus §§ 346, 433, 434, 437 Nr. 2 BGB indes nicht, weil die Rücktrittserklärung im Rahmen der Klageschrift unbedingt wiederholt wurde.

b) „Mangelhaftes“ OBD:

Im Hinblick auf ein „mangelhaftes“ OBD scheitert ein Anspruch aber schon daran, dass der Kläger trotz eines entsprechenden Hinweises nicht vereinzelt dargelegt hat, woher er überhaupt die Information hat, dass ein diesbezügliches Problem existiert und das streitgegenständliche Fahrzeug davon betroffen ist. Die Darstellung des Klägers ist vor diesem Hintergrund als unzulässige Behauptung ins Blaue hinein zu qualifizieren.

c) Getriebesoftware:

Im Hinblick auf eine unzulässige Getriebesoftware scheitert ein Anspruch daran, dass keine Anhaltspunkte dafür dargelegt wurden, dass diese Software auch im streitgegenständlichen Fahrzeug verbaut ist:

Zum einen ist nicht dargelegt, dass auch betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug ein entsprechender Rückruf angeordnet wurde.

Zum anderen hat das KBA als zuständige Behörde mit Schreiben vom 20.12.2016 bestätigt, dass beim streitgegenständlichen Fahrzeugtyp nach dem Aufspielen des Softwareupdates keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festzustellen seien. Von der - klägerseits bestrittenen - Existenz dieser Freigabeerklärung geht das Gericht dabei - so diese nicht, weil aus einfach zugänglichen Quellen, nämlich zuverlässigen Presseberichten und Internetseiten ersichtlich, ohnehin offenkundig sein dürfte (vgl. dazu Zöller/Greger, a. a. O., § 291, Rn. 1) - aus, weil unstreitig ist, dass das KBA einen Rückruf angeordnet hat, die Beklagte die Softwarelösung anbietet und beide vorgenannten Tatsachen im Wege des Indizienbeweises den Schluss darauf zulassen, dass die beklagtenseits vorgelegte Freigabeerklärung tatsächlich vom KBA stammt.

Die Darstellung des Klägers zum Vorhandensein der o.g. Getriebesoftware auch im streitgegenständlichen Fahrzeug ist vor diesem Hintergrund als unzulässige Behauptung ins Blaue hinein zu qualifizieren.

d) Keine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung oder Entbehrlichkeit derselben:

Im Übrigen ist betreffend die streitgegenständliche Software und die  - insoweit lediglich vom Kläger behaupteten - Mängel „Kraftstoffverbrauch“ und „OBD“ eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht erfolgt und hat der Kläger keine Umstände dargelegt, aufgrund derer eine solche entbehrlich gewesen ist:

aa) Entbehrlichkeit betr. streitgegenständliche Software:

(1) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war nicht deswegen entbehrlich, weil die Beklagte die Nachbesserung im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ernsthaft und endgültig verweigert hat. An das Vorliegen einer ernsthaften und endgültigen Leistungsverweigerung sind strenge Anforderungen zu stellen. Die Weigerung des Schuldners muss als sein letztes Wort aufzufassen sein (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 323, Rn. 18). Diesen Anforderungen genügt das Schreiben der Beklagten vom 29.08.2016 nicht. Es vermeidet zwar das Wort „Mangel“. Dennoch kommt kein Zweifel auf, dass die Beklagte die streitgegenständliche Softwareproblematik beheben will.

(2) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war auch nicht entsprechend § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB entbehrlich, weil im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung feststand, dass die Beklagte die streitgegenständliche Software innerhalb einer angemessenen Frist nachzubessern nicht in der Lage sein würde. Als der Kläger am 26.08.2016 anwaltlich vertreten den Rücktritt erklärte - so auf diesen Zeitpunkt überhaupt abgestellt werden kann, da die dort enthaltene Rücktrittserklärung wegen der beschriebenen Bedingungsfeindlichkeit unwirksam gewesen sein dürfte - war eine Softwarelösung durch die Beklagte - was sich aus dem Schreiben selbst ergibt - bereits angekündigt. Stellt man zeitlich auf die Rücktrittserklärung im Rahmen der Klageschrift ab, lag die Freigabeerklärung des KBA vom 20.12.2016 sogar bereits vor. Von der - klägerseits bestrittenen - Existenz dieser Freigabeerklärung geht das Gericht dabei aus o.g. Gründen aus.

(3) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war auch nicht deswegen entbehrlich, weil das Fahrzeug auch nach Aufspielen der von der Beklagten entwickelten Softwarelösung zwingend stillzulegen ist, weil die Typgenehmigung erloschen ist:

Die Typgenehmigung ist nicht (beschränkt auf das streitgegenständliche Fahrzeug, denn weiter würde die Wirkung der Vorschriften selbst im Falle ihres Eingreifens nicht gehen) gem. §§ 19 Abs. 7, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Die genannten Vorschriften gelten nämlich nicht für den hier (allenfalls) vorliegenden Fall, dass ein Fahrzeug schon vor Inverkehrbringen durch den Hersteller nicht der maßgeblichen Typgenehmigung entspricht. Aus der Begründung zur damaligen Neufassung des § 19 Abs. 2 StVZO - vgl. BR-Drucksache 629/93, dort S. 15, 16 - folgt nämlich, dass diese Vorschrift ihrer Intention nach nur Änderungen von bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeugen erfassen sollte, denn nur insoweit wurde eine Regelungskompetenz erkannt.  Dieses an der Entstehungsgeschichte der Norm orientierte Auslegungsergebnis wird durch eine systematische Auslegung eindrucksvoll unterstützt: So sieht § 19 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 7 StVZO ein - automatisches - Erlöschen der Typgenehmigung für den Fall vor, dass an dem Fahrzeug Änderungen vorgenommen werden, durch die eine - einfache - Gefährdung von Verkehrsteilnehmern zu erwarten ist. Würde dies auch für Änderungen vor Inverkehrbringen des Fahrzeugs durch den Hersteller gelten, würde die zeitlich nachfolgend in Kraft getretene Vorschrift des § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV, welche den Widerruf der Typgenehmigung erst dann ermöglicht, wenn von dem Fahrzeug ein erhebliches Risiko für die Verkehrssicherheit ausgeht und der Behörde zumal noch ein Ermessen einräumt, keinen Sinn machen.

Die Typgenehmigung ist auch nicht analog §§ 19 Abs. 2, Abs. 2 S. 2 Nr. 3 StVZO erloschen. Angesicht der Regelung des § 25 Abs. 3 Nr. 1 EG-FGV besteht nämlich keine Regelungslücke. Im Übrigen wollte schon der europäische Gesetzgeber technische Veränderungen, die zu einer Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Emissionsminderungssystems führen, nicht zum Anlass nehmen, die Typgenehmigung des Fahrzeugs als Ganzes in Frage zu stellen (vgl. Art. 5 Ziff. 10 der VO (EG) 692/2008, der sich ausweislich der Überschrift zu Art. 5 ausdrücklich nur auf die in Art. 2 Ziff. 2 definierte Teiltypgenehmigung bezieht).

(4) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war auch nicht deswegen entbehrlich, weil das Fahrzeug auch nach Aufspielen der von der Beklagten entwickelten Softwarelösung zwingend stillzulegen ist, weil die EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam ist. Der Kläger greift insoweit die anderweitig vertretene Rechtsauffassung auf, wonach die EG-Übereinstimmungsbescheinigung erloschen ist, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen Vorschriften entspricht. Diese Rechtsauffassung teilt das Gericht - losgelöst von der Frage, dass nicht ersichtlich ist, wie sich die vorgenannte Frage auf die Nutzbarkeit des Fahrzeugs auswirken soll - indes  nicht:

Es ist bereits fraglich, ob die EG-Übereinstimmungsbescheinigung überhaupt die Erklärung enthält, dass das Fahrzeug allen maßgeblichen Vorschriften entspricht. Zwar soll sie nach der Legaldefinition in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG und der ähnlich formulierten Zielbeschreibung in der VO (EG) 385/2009 eine Erklärung im vorgenannten Sinne darstellen. Das eigentliche Muster enthält eine solche Erklärung dann aber - jedenfalls ausdrücklich - doch nicht.

Sollte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine Erklärung im vorgenannten Sinne tatsächlich enthalten, führt die inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung nicht zur Ungültigkeit der Bescheinigung. Die (auch nach den nationalen Vorschriften) maßgebliche Vorschrift  über den Inhalt der EG-Übereinstimmungsbescheinigung - Art. 18 der Richtlinie 2007/46/EG - enthält nämlich lediglich eine Anzahl einzuhaltender Kriterien formaler Natur. Eine Regelung betreffend die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung über die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften fehlt, könnte sich allenfalls aus der Legaldefinition in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG oder der Zielbestimmung der VO (EG) 385/2009 ergeben. Aus einer Legaldefinition bzw. Zielbestimmung Rechtsfolgen herzuleiten, ist aber gesetzessystematisch mindestens bedenklich.

Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht materiell unwirksam ist, wenn das betroffene Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, spricht auch eine Auslegung der Richtlinie selbst:

Nach Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG werden der Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen ausdrücklich auch davon abhängig gemacht, dass diese den einschlägigen Rechtsakten entsprechen. Der komplette Fahrzeuge betreffende Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG enthält eine entsprechende Regelung jedenfalls seinem Wortlaut nach nicht. Weiter könnte zwar die Voraussetzung, dass (auch) ein Fahrzeug den einschlägigen Rechtsakten entsprechen muss, in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG durch das - in Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie nicht vorkommende -  Wort „gültig“ in Verbindung mit der Legaldefinition der Übereinstimmungsbescheinigung in Art. 3 Ziff. 36 der Richtlinie 2007/46/EG zum Ausdruck gebracht worden sein, zumal zunächst nicht recht ersichtlich sein könnte, aus welchem Grund der europäische Gesetzgeber bei Fahrzeugen anders als bei Bauteilen auf diese Voraussetzung verzichtet haben sollte. Zu beachten ist gleichzeitig aber die sprachliche Fassung des Art. 28 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG: Die besondere Betonung der Voraussetzungen „dann und nur dann“ (in der englischen Fassung: „if and only if“) - zum Vergleich heißt es in Art. 26 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG nur „nur dann“- legt nahe, dass es dem Gesetzgeber klar war, dass in Art. 28 im Vergleich zu Art. 26 Abs. 1 Richtlinie 2007/46/EG erhöhte Anforderungen erhoben werden. Ein Grund für die unterschiedliche Behandlung von kompletten Fahrzeugen und Bauteilen könnte gleichzeitig darin liegen, dass Adressat der Umsetzung von Art. 28 der Richtlinie 2007/46/EG nicht die  Mitgliedstaaten selbst sind: Art. 28 regelt nur den Verkauf und die Inbetriebnahme von Bauteilen. Adressat von Art. 26 der Richtlinie 2007/46/EG sind bei dessen Umsetzung dagegen auch die Mitgliedstaaten selbst, da sie für die dort - auch - geregelte Zulassung der Fahrzeuge zuständig sind. Würde Art. 26 der Richtlinie voraussetzen, dass die Fahrzeuge nur zugelassen werden könnten, wenn sie allen rechtlichen Akten entsprechen, weil nur dann die EG-Übereinstimmungserklärung gültig wäre, würde dies u. U. (erneute) Prüfungspflichten begründen, was dem Ziel der Richtlinie, die Zulassung von Fahrzeugen zu vereinfachen, widersprechen würde.

Weiter dürfte aus der Auslegung der die Richtlinie 2007/46/EG umsetzenden nationalen Vorschriften folgen, dass jedenfalls der nationale Gesetzgeber davon ausging, dass Unregelmäßigkeiten im Typgenehmigungsverfahren, wodurch der genehmigte Fahrzeugtyp nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, nicht zur Unwirksamkeit der EG-Übereinstimmungsbescheinigung führt:

Der Gesetzgeber hat den Fall vorhergesehen, dass bereits im Verkehr befindliche Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig sind: Es ermächtigt das KBA für diesen Fall in § 25 Abs. 2 EG-FGV, die Typgenehmigung nachträglich mit Nebenbestimmungen zu versehen. Betreffend die EG-Übereinstimmungserklärung fehlt eine entsprechende Regelung. Dies lässt den Schluss darauf zu, dass der Umstand, dass ein bereits im Verkehr befindliches Fahrzeug nicht vorschriftsmäßig ist, keine Auswirkungen auf die Übereinstimmungsbescheinigung haben sollte.

Weiter: Nach § 37 EG-FGV handelt ordnungswidrig, wer ein Fahrzeug entgegen § 27 EG-FGV ohne eine „gültige“ Übereinstimmungsbescheinigung anbietet oder in Umlauf bringt. Mit § 37 EG-FGV wollte der Gesetzgeber „die in § 27 EG-FGV enthaltenen Anforderungen besser durchsetzen“, ging gleichzeitig aber davon aus, dass „bestimmte Verstöße im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wie die Vorlage gefälschter Prüfergebnisse oder technischer Spezifikationen oder sonstige unrichtige oder unvollständige Erklärungen“ bereits anderweitig sanktioniert werden und damit keiner Ahndung durch § 37 EG-FGV bedurften (vgl. BR-Drucksache 190/09, S. 57). Verstöße im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens sollen danach nicht § 37 EG-FGV unterfallen, also keinen Verstoß gegen § 27 EG-FGV darstellen, also die Gültigkeit der Übereinstimmungsbescheinigung im Sinne von § 27 EG-FGV nicht tangieren.

(5) Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war auch nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB deswegen entbehrlich, weil auch nach dem Update die maßgeblichen Grenzwerte im realen Straßenverkehr nicht eingehalten werden. Den maßgeblichen europarechtlichen Vorschriften wird bereits dann genügt, wenn das Fahrzeug - solange es keine unzulässigen Abschalteinrichtungen verwendet - unter den Testbedingungen nach dem - praxisfernen - NEFZ die maßgeblichen NOX-Grenzwerte einhält; die Einhaltung der Grenzwerte unter den üblichen Bedingungen des Straßenverkehrs wird nicht vorausgesetzt (im Ergebnis - mit deutlichen Worten - ebenso: LG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.2017, 12 O 68/17, zit. nach juris, Rn. 109 ff., 124).

Zwar heißt es in Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, dass - bei einem gleichzeitig angeordneten Verbot von Abschalteinrichtungen durch Art. 5 Abs. 3, freilich mit den dort genannten Ausnahmen - ein Fahrzeug so auszurüsten ist, dass es unter „normalen Betriebsbedingungen“ der Verordnung, aber auch - worauf zurückzukommen sein wird - ihren Durchführungsmaßnahmen entspricht. Dies spricht auf den ersten Blick dafür, dass die Erreichung der maßgeblichen Grenzwerte im normalen Straßenverkehr erwartet wird. Verlangt wurde aber weiter bereits jetzt nicht, dass das Fahrzeug die Grenzwerte unter allen Betriebszuständen einhält, denn die Einführung eines solchen „not-to-exceed“-Regulierungskonzeptes sollte ausweislich Ziffer 15 der Erwägungen ausdrücklich erst für die Zukunft erwogen werden.

Durch Art. 3 Abs. 6 der VO (EG) 692/2008 - einer (genauer „die“, nämlich die wesentliche) Durchführungsmaßnahme im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der VO (EG) 715/2007, die nach Ziffer 2, letzter Satz ihrer Erwägungen die Anforderungen für die Typgenehmigung von Fahrzeugen nach EU5 und EU 6 festlegen (Betonung durch den Unterzeichner) soll - werden die Hersteller schließlich ausdrücklich nur noch verpflichtet zu gewährleisten, dass die im Rahmen des Typgenehmigungsverfahrens bei der Emissionsprüfung ermittelten Werte unter den in der Verordnung angegebenen Prüfbedingungen eingehalten werden. Dem europäischen Gesetzgeber war - vgl. die Erwägungen Ziffer 15 Zur VO (EG) 715/2007 - dabei bewusst, dass die im Typgenehmigungsverfahren nach dem NEFZ gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb nicht unbedingt entsprechen würden.

(6) Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil der Beklagten eine Nachbesserung im maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vorübergehend unmöglich war. Eine Leistung ist gem. § 275 Abs. 1 BGB unmöglich, wenn sie nach den Naturgesetzen oder nach dem Stand von Wissenschaft und Technik nicht erbracht werden kann (Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 275, Rn. 14). Eine nur vorübergehende Unmöglichkeit steht dabei einer dauerhaften Unmöglichkeit nur dann gleich, wenn sie die Erreichung des Geschäftszwecks in Frage stellt und dem anderen Teil das Festhalten am Vertrag bis zum Wegfall des Leistungshindernisses nicht zuzumuten ist (Palandt/Grünberg, a. a. O., § 275, Rn. 11, m. w. N.).  Eine Situation der vorbeschriebenen Art bestand vorliegend nicht: Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung war eine Softwarelösung technisch entwickelbar. Einer Umsetzung stand allein noch die behördliche Genehmigung und die anschließende logistische Vorbereitung der Rückrufaktion entgegen. Eine darin allenfalls zu sehende vorübergehende Unmöglichkeit der Nachbesserung ist gleichzeitig nicht einer dauernden Unmöglichkeit gleichzusetzen, weil das Fahrzeug in der Zwischenzeit dem Sinn und Zweck des geschlossenen Kaufvertrages entsprechend weiter uneingeschränkt genutzt werden konnte.

(7) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war vorliegend auch nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil auch nach dem Aufspielen des Softwareupdates mindestens eine neue - nicht näher beschriebene - unzulässige Abschalteinrichtung verbaut sein wird. Die entsprechende Darstellung des Klägers stellt sich mangels einer irgendwie gearteten Beschreibung der Software und zumal angesichts der Bescheinigung des KBA vom 20.12.2016 - von deren Existenz das Gericht aus o.g. Gründen ausgeht und wonach nach dem Aufspielen des Softwareupdates keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt wurden - als unzulässige sog. Behauptung ins Blaue hinein dar.

(8) Eine Fristsetzung zur Mangelbeseitigung war vorliegend auch nicht im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB deshalb entbehrlich, weil die Nachbesserung zwingend durch die Beklagte, damit aber denjenigen durchgeführt werden muss, der den Mangel arglistig verschwiegen hat. Das arglistige Verschweigen eines Mangels führt nämlich nur in der Regel dazu, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage entfällt und damit keine Veranlassung besteht, dem Verkäufer nach Entdecken des Mangels durch den Käufer eine zweite Chance zu gewähren (BGH, Urteil vom 09.01.2008, VIII ZR 210/08, zit. nach juris, Rn. 19). Ein arglistiges Verschweigen der Verantwortlichen der Beklagten unterstellt, führt vorliegend der Umstand, dass die Nachbesserung in Absprache und unter Aufsicht der zuständigen Behörde erfolgt, dazu, dass eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz angenommen werden kann.

(9) Eine Fristsetzung war auch nicht im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB deswegen entbehrlich, weil der Kläger befürchtet, dass das beabsichtigte Software-Update zu Folgemängeln führen wird. Die Möglichkeit, dass auch nach der (ersten) Nacherfüllung Mängel verbleiben oder entstehen, hat der Gesetzgeber in § 440 S. 2 BGB vorhergesehen, wonach eine Nachbesserung (jedenfalls grundsätzlich, wobei vorliegend kein Grund ersichtlich ist, von diesem Grundsatz abzuweichen) erst nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen gilt. Der Kläger hat das von ihm beschriebene Risiko also zunächst hinzunehmen. Der Rücktritt vom Kaufvertrag bleibt ihm für den Fall, dass die durchgeführte Nachbesserung fehlschlagen sollte, unbenommen (Vgl. LG Münster, Urteil vom 05.04.2017, 10 O 359/16, zit. nach juris, Rn. 118. Im Ergebnis unter dem Stichwort „Vorrang der Nacherfüllung“ LG Düsseldorf, Urteil vom (24.10.2016, 21 O 10/16, zit. nach juris, Rn. 33.).

(10) Eine Fristsetzung war weiter auch nicht im Sinne von § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB deswegen entbehrlich, weil infolge des Software-Updates eine Herabsetzung der Lebensdauer wesentlicher Motorenbauteile eintritt oder wenigstens zu befürchten ist.

(a) Zunächst ist die genannte Behauptung - prozessual - unbeachtlich, da sie sich vor folgendem Hintergrund als sog. „Behauptung ins Blaue hinein“ darstellt:

- Das Kraftfahrtbundesamt hat mit Schreiben vom 20.12.2016 - von dessen Existenz das Gericht aus o.g. Gründen ausgeht - bestätigt, dass die Grenzwerte betreffend die Dauerhaltbarkeit von emissionsmindernden Einrichtungen nach Aufspielen des Softwareupdates eingehalten werden.

- Zudem sind Langzeiterfahrungen über die Auswirkungen des Softwareupdates nicht dargelegt.

- Die behaupteten bereits in anderen Fällen eingetretenen Probleme müssen nicht auf das Softwareupdate zurückzuführen sein, sondern können im Ansatz schon vor dem Update vorhanden gewesen sein, wofür spricht, dass sie sehr zeitnah nach dem Update eingetreten sind und selbst nach der Darstellung der Klägerin nicht der Regelfall sind.

(b) Würde man die o.g. Behauptung der Klägerin prozessual beachten, wäre weiter zu berücksichtigen, dass die Beklagte - jedenfalls ist nichts Gegenteiliges dargelegt - der Klägerin bei Abschluss des Kaufvertrages keine Zusagen betreffend die  Lebensdauer von Motorenbauteilen gemacht hat, die darüber hinausgehen, dass auftretende Mängel innerhalb der gesetzlichen Gewährleistung beseitigt werden. Der Nacherfüllungsanspruch des Käufers aber kann nicht weiter reichen als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (für den Nachlieferungsanspruch BGH, Urteil vom 17.12.2012, VIII ZR 226/11, zit. nach juris, Rn. 24). Eine Verkürzung der Lebensdauer von Motorenbauteilen wird der Kläger daher erst im Falle deren Realisierung im Umfang ggf. bestehender Gewährleistungsansprüche geltend machen können.

(11) Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war auch nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil das streitgegenständliche Fahrzeug nach dem Aufspielen des Softwareupdates mehr AdBlue verbrauchen wird. Der Nacherfüllungsanspruch des Käufers geht nämlich - s. o. - nicht weiter als der ursprüngliche Erfüllungsanspruch. Der Kläger aber hat nicht dargelegt, dass der AdBlue-Verbrauch nach dem Aufspielen des Softwareupdates von einem im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 1 BGB konkret vereinbarten oder wenigstens von einem im Sinne von § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB üblichen Verbrauch abweichen wird.

 (12) Eine Fristsetzung zur Nachbesserung war schließlich auch nicht gem. §§ 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB entbehrlich, weil das Fahrzeug mit einem merkantilen Minderwert behaftet bleibt:

Für den Fall eines sog. Unfallwagens ist anerkannt, dass ein Rücktritt auch ohne vorherige Fristsetzung zur Nachbesserung gem. § 326 Abs. 5, 275 Abs. 1 BGB möglich ist, weil der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen und ein damit verbundener merkantiler Minderwert auch nach einer technischen Reparatur verbleibt (BGH, Urteil vom 10.10.2007, VIII ZR 330/06, zit. nach juris, Rn. 23; BGH, Urteil vom 07.06.2006, VIII ZR 209/05, zit. nach juris, Rn. 17). Hintergrund dieser Rechtsprechung ist die über Jahrzehnte gewonnene Erfahrung, dass trotz völliger und ordnungsgemäßer Instandsetzung eines Fahrzeugs bei einem großen Teil des Publikums, vor allem wegen des Verdachts verborgen gebliebener Schäden, eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb unfallbeschädigter Fahrzeuge besteht (so schon BGH, Urteil vom 29.04.1958, VI ZR 82/57, zit nach juris, Rn. 4).

Ob die vorgenannte Rechtsprechung auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar ist, erscheint bereits fraglich, weil eine vergleichbare langjährige Erfahrung, dass sich der Umstand, dass ein Fahrzeug vom sog. „Abgasskandal“ betroffen war, nicht korrigierbar auf dessen Verkäuflichkeit preismindernd auswirkt, fehlt.

Letztlich kann diese Frage aber dahinstehen, weil der Kläger - s.o. - selbst davon ausgeht, dass aktuell - und damit im entscheidungserheblichen Zeitpunkt - die Preise nicht sinken.

bb) Entbehrlichkeit betr. Kraftstoffverbrauch, CO2-Ausstoß:

Der Kläger hat trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises keine Umstände dargelegt, wonach eine unstreitig unterbliebene Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich war. Der Kläger behauptet zuletzt selbst nicht mehr, dass eine Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs unmöglich ist, verweist nur darauf, dass dieser zu einer geringeren Leistung des Motors oder einem höheren Motorverschleiß führen wird. Ein damit schon nach der eigenen Darstellung nur möglicher - „oder“ - Leistungsverlust  aber macht eine Fristsetzung wegen § 440 S. 2 BGB nicht entbehrlich. (s.o.). Entbehrlich ist eine Fristsetzung auch nicht angesichts eines behaupteten möglicherweise erhöhten Verschleißes; auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

cc) Entbehrlichkeit betr. OBD-System (ergänzend):

Der Vortrag des Klägers zur Mangelhaftigkeit des OBD-Systems ist bereits nicht hinreichend vereinzelt. Weiter hat der Kläger aber auch trotz eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises keine Umstände dargelegt, wonach eine unstreitig unterbliebene Fristsetzung zur Mangelbeseitigung entbehrlich war. Die schlichte - nicht untermauerte - Darlegung, eine Nachbesserung sei unmöglich, stellt sich prozessual als eine unbeachtliche Behauptung ins Blaue hinein dar.

2. Anspruch nach den Grundsätzen der Prospekthaftung:

Ein Anspruch auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt einer (nicht spezialgesetzlich geregelten) Prospekthaftung gem. §§ 311, 241 Abs. 2 BGB ist nicht schlüssig dargelegt. Eine Haftung im vorgenannten Sinne wurde von der Rechtsprechung für den sog. „grauen“, nicht organisierten Kapitalmarkt vor dem Hintergrund entwickelt, dass in jenem Markt das Emissionsprospekt die einzige Informationsquelle für den interessierten Kapitalanleger darstellt. Nur wenn die dortigen Angaben vollständig und richtig sind, kann der Interessent die ihm angebotene Kapitalanlage objektiv beurteilten und vor allem sein Anlagerisiko richtig einschätzen (vgl. BGHZ 111, 114 ff.). Im vorliegenden Fall eines Autokaufs ist die Grundsituation gänzlich anders. Der Kunde kann sich nicht nur aus Verkaufsprospekten, sondern auch aus Testberichten einer Vielzahl einschlägiger Zeitschriften informieren. Ferner kann er sich ein vergleichbares Fahrzeug im Showroom anschauen und ggf. sogar Probe fahren.

3. Ansprüche im Zusammenhang mit einer unwirksamen EG-Übereinstimmungsbescheinigung:

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch steht dem Kläger auch nicht unter dem Blickwinkel des Vorliegens einer, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften entspricht, unwirksamen EG-Überein-stimmungsbescheinigung zu:

Es ist bereits fraglich, ob die EG-Übereinstimmungsbescheinigung überhaupt die Erklärung enthält, dass das Fahrzeug allen maßgeblichen Vorschriften entspricht (s.o.).

Sollte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung eine Erklärung im vorgenannten Sinne tatsächlich enthalten, führt die inhaltliche Unrichtigkeit der Erklärung nicht zur Ungültigkeit der Bescheinigung (s.o.).

Ohnehin ergäben sich aus dem Umstand, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung unwirksam sein sollte, weil das Fahrzeug nicht allen maßgeblichen Rechtsakten entspricht, keine Ansprüche des Klägers:

a) Die EG-Übereinstimmungsbescheinigung stellt zunächst keine Garantieerklärung dar:

Nach der in der VO (EG) 385/2009 gewählten Formulierung stellt die Bescheinigung zwar eine „Versicherung“ des Herstellers da, was für einen verpflichtenden Charakter sprechen könnte. Im Muster und damit in der eigentlichen Bescheinigung selbst ist aber wiederum nur von „Bestätigung“ die Rede, was bereits weniger verpflichtend klingt. Weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Hersteller die ihn schon nicht treffende (so er denn nicht ausnahmsweise gegenüber dem Verbraucher als Verkäufer auftritt) übliche Gewährleistung verstärken und ergänzen wollte, enthält die EG-Übereinstim-mungsbescheinigung nicht.

Weiter ist davon auszugehen, dass auch der Verordnungsgeber mit der o.g. Richtlinie und der o.g., die Richtlinie konkretisierenden Verordnung nicht einen neuen/ neuartigen Anspruch des Käufers schaffen wollte, indem die Übereinstimmungsbescheinigung eine Garantieerklärung darstellen sollte. Ein solcher neuer/neuartiger Anspruch würde nämlich eine Sanktionierung von Regelverstößen des Herstellers darstellen. Die Schaffung von Sanktionen bei Regelverstößen des Herstellers sollte aber gem. Art. 46 der Richtlinie 2007/46/EG ausdrücklich dem nationalen Gesetzgeber vorbehalten bleiben.

b) Als vertrauensbegründende Maßnahme, aus der sich entsprechende Ansprüche ergeben könnten, dürfte die EG-Übereinstimmungsbescheinigung weiter schon deshalb ausscheiden, weil sie zeitlich erst nach Abschluss des Kaufvertrages erstellt wird und in Erfüllung desselben zusammen mit dem Fahrzeug zu übergeben ist. Dafür, dass die EG-Übereinstimmungsbescheinigung nicht vertrauensbegründend wirken soll,  dürfte ferner auch sprechen, dass sie nach Art. 18 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46EG noch nicht einmal zwingend in einer vom konkreten Verbraucher beherrschten Sprache formuliert werden muss, während dies etwa für die für Nutzer bestimmten Informationen ausdrücklich vorgesehen ist, Art. 37 Abs. 2 S. 2 der Richtlinie 2007/46 EG.

c) Letztlich können die  vorgenannten Fragen aber ohnehin allesamt dahinstehen, denn: Die Richtlinie 2007/46/EG und die sie konkretisierende  VO (EG) 385/2009 dienen ausweislich ihrer Gründe ausschließlich gesamtgesellschaftlichen Zielen, nämlich der Weiterentwicklung des Binnenmarktes durch Harmonisierung der technischen Vorschriften über die Typgenehmigung von Fahrzeugen und der Sicherstellung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus (Entsprechend für die die Richtlinie umsetzende EG-FGV: BR-Drucksache 190/09, A. Problem und Ziel, ferner S. 36, 49.), was der Anerkennung von sich aus der EG-Übereinstimmungserklärung ergebenden individualrechtlichen Ansprüche, wie dem vorliegend geltend gemachten, insgesamt entgegensteht.

4. Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB:

Ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB scheidet ebenfalls aus und zwar unter mehreren Aspekten:

a) Keine relevante Täuschung dargelegt:

Zunächst hat der Kläger keine relevante Täuschung dargelegt:

aa) Täuschung Dritter:

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte die für die Typzulassung zuständigen Behörden getäuscht hat, vermag dies einen Schadensersatzanspruch gem. §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB nicht zu begründen, weil § 263 StGB eine Vermögensverfügung des Irrenden voraussetzt, die nicht dargelegt ist.

bb) Aktive Täuschung des Klägers:

Soweit der Kläger darauf abstellt, dass die Beklagte ihn selbst unter den nachgenannten Gesichtspunkten aktiv getäuscht habe, ist dies tatsächlich nicht der Fall bzw. nicht hinreichend vereinzelt dargelegt:

(1) Typgenehmigung nicht erloschen:

Das Fahrzeug unterfällt der für den Typ bestehenden Typgenehmigung. Diese ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägers nicht kraft Gesetzes erloschen (s.o.).

(2) Zulassung nach EU5/Angaben zu Grenzwerten:

Die Zulassung nach EU5 besteht entgegen der Rechtsauffassung des Klägers fort. Konkrete Angaben der Beklagten, dass das streitgegenständliche Fahrzeug im realen Straßenverkehr die Emissionsgrenzwerte nach EU5 einhalte oder die Messung auf dem Rollenprüfstand nach dem NEFZ den Schadstoffausstoß im Realbetrieb wenigstens annähernd abbilde, hat der Kläger nicht dargelegt.

(3) Falsche Angaben zum Stickoxidausstoß:

Konkret falsche (Werbe-)Angaben der Beklagten zum Stickstoffausstoß des streitgegenständlichen Fahrzeugs hat der Kläger nicht dargelegt.

(4) Falsche Angaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß:

Falsche Pflichtangaben zum Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß hat der Kläger nicht dargelegt. Die maßgeblichen Vorschriften verlangen  - im Sinne einer Formalvorschrift - lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren (vgl. § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV) erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind, was auch der Kläger nicht in Zweifel stellt.

 (5) Falsche Angaben zum OBD-System:

Auch nur konkludente Angaben der Beklagten zu einem funktionierenden OBD-System sind nicht dargelegt. Dem Angebot oder der Lieferung einer Sache kann nicht die Erklärung entnommen werden, dass diese keine Mängel aufweise (Schönke/Schröder/Perron, StGB, 29. Aufl., § 263, Rn. 17b). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

(6) Falsche Angaben zum Geräuschpegel:

Angaben der Beklagten zum Geräuschpegel und Abweichungen hiervon im Fall des streitgegenständlichen Fahrzeugs sind nicht dargelegt.

(7) Angaben in der EG-Übereinstimmungsbescheinigung:

Warum - nicht dargelegte - Angaben in der EG-Übereinstimmungserklärung zu den Stickoxidwerten und dem Geräuschpegel nicht dem geltenden Typgenehmigungsrecht entsprechen sollen, ist schlicht unverständlich.

(8) Angaben, das Fahrzeug sei voll funktionstüchtig und entspreche den gesetzlichen Vorgaben:

Auch nur konkludente Angaben im genannten Sinne sind nicht dargelegt. Dem Angebot oder der Lieferung einer Sache kann nicht die Erklärung entnommen werden, dass diese keine Mängel aufweist (Schönke/Schröder/Perron, a. a. O., § 263, Rn. 17b). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

(9) Täuschung über Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung

Eine Täuschung der Beklagten im vorgenannten Sinne ist nicht dargelegt. In der Forderung eines Preises liegt keine Aussage über dessen Angemessenheit (Schönke/Schröder/Perron, a. a. O., § 263, Rn. 17a). Umstände, aus denen sich eine Ausnahme vom vorgenannten Grundsatz ergibt, sind nicht dargelegt.

cc) Täuschung des Klägers durch Unterlassen:

Eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen hat der Kläger ebenfalls nicht dargelegt:

Eine strafrechtlich relevante Täuschung durch Unterlassen setzt eine - vorliegend nicht dargelegte - Garantenstellung gem. § 13 Abs. 1 StGB, nämlich voraus, dass der Täter als „Garant“ für die Abwendung des Erfolgs einzustehen hat, die es rechtfertigt, ein Unterlassen dem aktiven Tun gleichzustellen. Die Erfolgsabwendungspflichten beruhen auf dem Grundgedanken, dass eine bestimmte Person - zumal in besonderer Weise - zum Schutz des gefährdeten Rechtsgutes aufgerufen ist und dass alle übrigen Beteiligten auf das helfende Eingreifen dieser Person vertrauen und vertrauen dürfen (OLG Bamberg, Beschluss vom 08.03.2013, 3 Ws 4/12, zit. nach juris, Rn. 18). Der Täter muss rechtlich verpflichtet sein, den deliktischen Erfolg abzuwenden. Eine sittliche Pflicht oder die bloße Möglichkeit, den Erfolg zu verhindern, genügen nicht (BGH, Urteil vom 02.12.2014, VI ZR 501/13, zit. nach juris, Rn. 13). Soweit es - wie vorliegend - um einen Kaufvertrag geht, wird eine Aufklärungspflicht des Verkäufers erst dann gesehen, wenn es um wertbildende Faktoren der Kaufsache von ganz besonderem Gewicht geht (BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, 25; ausdrücklich ist dort auch von einem wucherhaften Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung die Rede). Solche Umstände hat der Kläger nicht dargelegt:

Der Kläger hat nicht vereinzelt dargelegt, dass die Fehlerhaftigkeit der verfahrensgegenständlichen Software und die sonstigen beschriebenen Probleme am Markt einen wertbildenden Faktor von ganz besonderem Gewicht darstellen, dergestalt, dass es zu einem erheblichen Preisverfall der davon betroffenen Fahrzeuge gekommen ist. Zum einen bringt er selbst geringfügige Zahlen ins Spiel. Zum anderen wäre dem Kläger eine am Markt orientierte vereinzelte Darlegung auch möglich gewesen, da der Kraftfahrzeugmarkt generell durch eine erhebliche Transparenz  gekennzeichnet ist (vgl. zB die monatlichen sog. „Schwacke-Listen“) und die Preisentwicklung von gebrauchten Dieselfahrzeugen zudem - offenkundig (s.o.) - unter besonderer medialer Aufmerksamkeit steht (zuletzt etwa der sog. „Dieselbarometer“). Letztlich geht aber auch der Kläger davon aus, dass derzeit - im entscheidungserheblichen Zeitpunkt - die Preise nicht sinken.

Ferner hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass das Fahrzeug - was eine Aufklärungspflicht ausgelöst hätte - überhaupt nicht mehr genutzt werden darf. Insbesondere ergibt sich dies nicht aus dem Umstand, dass die Typgenehmigung automatisch erloschen ist oder mindestens zwingend widerrufen werden muss:

Die Typgenehmigung ist nicht kraft Gesetzes erloschen (s.o.).

Ein zwingender Widerruf der Typgenehmigung (mit Wirkung für alle Fahrzeuge des verfahrensgegenständlichen Typs) droht ebenfalls nicht. Die zuständige Behörde - das KBA - hat das ihr gem. § 25 Abs. 3 EG-FGV zustehende Ermessen nicht dahingehend ausgeübt, dass sie eine Entziehung der Typgenehmigung (für den betreffenden Fahrzeugtyp insgesamt) in die Wege geleitet hat; die Behörde ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 EG-FVG vorgegangen Eine Entziehung der Typgenehmigung hätte weiter ohnehin erst dann die Folge der Nichtnutzbarkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs, wenn in der Folge die zuständigen Landesbehörden von dem ihnen gem. § 5 FZV zustehenden Ermessen Gebrauch machen würde, die Nutzung des Fahrzeugs dauerhaft zu untersagen, was eine Entziehung der Zulassung beinhalten würde (vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 02.11.2010, 3 Bf 82/09, zit. nach juris Rn. 34).

Auch aus pflichtwidrigem Vorverhalten Tun (Ingerenz) ergibt sich vorliegend schließlich keine Garantenpflicht zugunsten des Klägers. Eine Pflichtwidrigkeit löst im Einzelfall nämlich nur dann eine Garantenpflicht aus, wenn die verletzte Norm gerade dem Schutz des fraglichen Rechtsgutes zu dienen bestimmt ist (Schönke/Schröder/Stree/ Bosch, StGB, 28. Aufl., § 13, Rn. 35a mwN). Als pflichtwidriges Vorverhalten der Verantwortlichen der Beklagten kommt vorliegend allein ein Verstoß gegen die maßgeblichen europarechtlichen Normen, die den Einsatz von  Abschalteinrichtungen verbieten, in Betracht. Diese dienen indes ersichtlich nicht dem Schutz der hier allein betroffenen Vermögensinteressen der Klägerin, sondern gesamtgesellschaftlichen Zielen.

b) Fehlt es nach alledem bereits an der Darlegung einer relevanten Täuschung, ist darüber hinaus auch nicht hinreichend vereinzelt dargelegt, dass der Kläger durch den Abschluss des Kaufvertrages (unmittelbar) einen haftungsbegründenden Vermögensschaden erlitten hat:

aa) Zunächst ist beachten, dass nicht jede vertragswidrige Leistung einen Erfüllungsschaden bedeutet, sondern nur, wenn die tatsächlich erbrachte Leistung gegenüber der geschuldeten Leistung im Tatzeitpunkt in Euro und Cent minderwertig ist. Der Wert der erbrachten Leistung muss mithin feststehen (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2011, III-5 Ws 459 - 471/10, zit. nach juris, Rn. 21 f.). Konkrete Ausführungen des Klägers dazu fehlen indes. Diese wären vor allem auch deswegen notwendig gewesen, weil die Preise der vom sog. „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeuge schon nach der Darstellung des Klägers selbst aktuell - angesichts des Skandals - nicht sinken.

bb) Ein haftungsbegründender Vermögensschaden könnte vorliegend weiter darin gesehen werden, dass wegen der streitgegenständlichen Software bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages im Sinne einer Vermögensgefährdung die Gefahr der Entziehung der Zulassung bestanden hat. Eine Vermögensgefährdung kann indes nur dann als haftungsbegründender Vermögensschaden angesehen werden, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bereits eine konkrete Verschlechterung der Vermögenslage darstellt, weil der Eintritt eines Schadens naheliegend ist (OLG Hamm, Urteil vom 28.06.2012, 38 U 133/11, zit. nach juris Rn. 88), was vorliegend bei dem oben beschriebenen (und nachfolgend tatsächlich auch nicht gegangenen) weiten Weg bis zur Entziehung der Zulassung nicht angenommen werden kann. Eine abstrakte Gefährdungslage aber reicht für die Annahme eines haftungsbegründenden Vermögensschadens nicht aus (OLG Hamm, Beschluss vom 07.02.2011, a. a. O., zit. nach juris, Rn. 16).

c) Selbst wenn der Kläger durch Abschluss des Kaufvertrages im Sinne einer Vermögensgefährdung einen Vermögensschaden erlitten haben sollte, so ist nicht dargelegt, dass die Verantwortlichen der Beklagten insoweit vorsätzlich handelten. Die bloße Kenntnis einer potentiellen Vermögensgefährdungslage genügt nämlich für die Annahme der subjektiven Tatseite hinsichtlich des Vermögensschadens im Sinne des § 263 StGB nicht. Der Vorsatz muss sich vielmehr mit seinen kognitiven und voluntativen Bestandteilen auf die eventuelle Vermögensgefährdung beziehen. Dies setzt voraus, dass der Betrogene aus der Sicht des Täuschenden ernstlich mit wirtschaftlichen Nachteilen rechnen muss. Dieses Erfordernis ist jedoch dann nicht erfüllt, wenn der Eintritt wirtschaftlicher Nachteile nicht einmal überwiegend wahrscheinlich ist, sondern von zukünftigen Ereignissen abhängt (BGH, Beschluss vom 16.04.2008, 5 StR 615/07, zit. nach juris Rn. 5), wie es vorliegend angesichts des notwendigen mehrstufigen, zumal von Ermessensentscheidungen abhängenden Vorgehens der Behörden bis zu einer Entziehung der Zulassung der Fall ist.

d) Schließlich hat der Kläger auch nicht dargelegt, dass ihm ein relevanter Vermögensschaden entstanden ist. Eine schadensgleiche Vermögensgefährdung vermag zwar einen Schaden im Sinne des StGB und haftungsbegründend auch einen Schaden im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB darzustellen. Zu einem  haftungsausfüllenden Vermögensschaden im Sinne von §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB aber wird die Vermögensgefährdung erst dann, wenn sie sich realisiert, d.h. wenn bewertbare Nachteile tatsächlich eingetreten sind (LAG München, Urteil vom 16.10.2003, 2 Sa 283/03, zit. nach juris, Rn. 31). Dies ist vorliegend nicht der Fall: Das Fahrzeug ist immer noch zur Verwendung im Fahrzeug zugelassen. Einen Preisverfall hat der Kläger nicht dargelegt.

5. Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG:

Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG. Der  Kläger hat nicht dargelegt, dass die Beklagte im Sinne von § 16 Abs. 1 UWG den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorrufen wollte. Dem Täter des § 16 Abs. 1 UWG muss es darum gehen, das der Verkehr die Leistung, die er tatsächlich anbietet, für besonders günstig hält, weil die Leistung in Bezug auf Qualität und Preis - besonders - vorteilhaft ist und/oder die Bedürfnisse des angesprochenen Verkehrs in Bezug auf das angebotene Produkt aus anderen Gründen - besonders - befriedigt, was tatsächlich nicht der Fall ist. Nach den Vorstellungen des Täters muss die Entscheidung des Adressaten für das Erwerbsgeschäft von dem angepriesenen - besonderen - Vorteil, der tatsächlich nicht gegeben ist, beeinflusst werden (Hart-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer, UWG, 3. Aufl., § 16, Rn. 31, 32; für § 4 UWG aF auch BGHSt 27, 293 - 295, zit. nach juris Rn. 6, 7). Vorliegend geht die Darlegung des Klägers allenfalls - und auch insoweit nicht hinreichend vereinzelt - dahin, dass mit der - tatsächlich nicht gegebenen - Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen NOX-Grenzwerte nach EU 5 geworben wurde, die damals alle vergleichbaren Fahrzeuge am Markt einhalten mussten. Damit wurde also kein - besonderer - Vorteil angepriesen, auf den sich die Absicht der Verantwortlichen der Beklagten bezogen haben könnte.

6. Anspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11 UWGaF, 1, 5 PKW-EnVKV:

Der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz folgt auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 4 Nr. 11 UWG aF, 1, 5 Pkw-ENVKV.

Es ist bereits fraglich, ob § 4 Nr. 11 UWG überhaupt Schutzgesetzcharakter hat (ausdrücklich ablehnend LG Limburg, Urteil vom 21.11.2014, 5 O 18/14, zit. nach juris, Rn. 29; wohl auch BGH, Urteil vom 30.05.2008, 1 StR 166/07, zit. nach juris, Rn. 87).

Jedenfalls ist gegen die Vorschriften der §§ 1, 4 PKW-EnVKV gar nicht verstoßen worden. Diese gebieten - im Sinne einer Formalvorschrift - lediglich, dass die im Typgenehmigungsverfahren (vgl. § 2 Nr. 5, Nr. 6 Pkw-EnVKV) erzielten Kraftstoffverbrauchs- und Emissionswerte zu nennen sind, was auch der Kläger nicht in Zweifel stellt.

7. Anspruch aus § 826 BGB:

Ein Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB, namentlich eine sittenwidrige Schädigung ist ebenfalls nicht dargelegt:

Soweit die Verantwortlichen der Beklagten nach Auffassung des Klägers gegen §§ 211, 212, 223 ff. BGB verstoßen haben, ist dies nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch des Klägers unter dem Gesichtspunkt des sittenwidrigen Verhaltens auszulösen: Für Ansprüche aus unerlaubten Handlungen - auch für solche aus § 826 BGB - gilt, dass die Ersatzpflicht auf solche Schäden beschränkt ist, die in den Schutzbereich des verletzten Ge- oder Verbots fallen (BGH, Urteil vom 11.11.1985, II ZR 109/84, zit. nach juris, Rn. 15). Die genannten Vorschriften dienen - sicher - nicht dem Schutz des vom Kläger geltend gemachten Vermögensinteresses.

Ob weiter schon der Verstoß gegen die VO EG 715/2007 an sich sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist, kann dahinstehen, da die Verordnung ebenfalls nicht dem Schutz des hier geltend gemachten Vermögensinteressen dient.

Als Ansatzpunkt  für eine Haftung nach § 826 BGB kommt schließlich noch das Verschweigen von Umständen, die für den Kaufentschluss des Klägers von Relevanz waren, allen voran also das Verschweigen der verfahrensgegenständlichen Software in Betracht. Das Verschweigen eines Umstandes aber rechtfertigt nicht ohne weiteres den Vorwurf eines Sittenverstoßes, sondern nur dann, wenn eine Seite der anderen zu entsprechender Offenbarung verpflichtet ist. Eine Offenbarungspflicht entsteht, wenn die andere Seite nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte eine Mitteilung erwarten durfte. Selbst innerhalb einer vertraglichen Beziehung darf der Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht eine vollumfängliche Information über alle Belange des Geschäftes erwarten; es besteht also keine allgemeine Offenbarungspflicht. Im Vertragsrecht ist zunächst jedes Privatrechtssubjekt für die Verteidigung seiner Interessen selbst verantwortlich. Das gilt insbesondere für den Kaufvertrag, der von gegensätzlichen Interessen geprägt ist: Jeder möchte möglichst viel für sich selbst rausholen. Die Grenze des nach der Verkehrsauffassung Hinnehmbaren ist erst dann überschritten ist, wenn es um erhebliche wertbildende Umstände beim Kaufvertragsabschluss geht (so ausdrücklich Palandt/Sprau, BGB, 76. Aufl., § 20 Rn. 20; Bamberger/Roth, BGB,3. Aufl., § 826, Rn. 23, Fn. 148, dabei wird - zutreffend - auch auf sich ansonsten ergebende Wertungswidersprüche zu §§ 123, 124 BGB hingewiesen; im Ergebnis auch Staudinger/Oechsler, BGB, 2014, § 826, Rn. 159, der zunächst nur betreffend erhebliche Umstände eine Aufklärungspflicht annimmt, einen verborgenen Sachmangel dann als regelmäßig erheblichen Umstand bezeichnet, um dann nur Fälle aufzuzählen, in denen es um erhebliche wertbildende Faktoren geht und  im Übrigen an anderer Stelle (Rn. 149) ebenfalls auf drohende Wertungswidersprüche zu §§ 123, 124 BGB hinweist;  ähnlich auch BayObLG, Beschluss vom 09.12.1993, 3 St RR 127/93, zit. nach juris, Rn. 24, indes für die Aufklärungspflicht im Rahmen von § 263 StGB, s.o.). Solche Umstände sind vorliegend nicht dargelegt (s.o.).

8. Anspruch aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB:

Ein Anspruch aus §§ 831, 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB wegen einer rechtswidrigen Handlung der Ingenieure der Beklagten als deren Verrichtungsgehilfen ist nicht schlüssig dargelegt:

Zum einen hat der Kläger eine aktive Täuschung seiner Person durch die Ingenieure der Beklagten nicht dargelegt.

Zum anderen hat der Kläger auch eine strafrechtliche relevante Täuschung der  Ingenieure der Beklagten durch Unterlassen nicht dargelegt, weil keine Umstände dargelegt wurden, die eine Garantenstellung der Ingenieure im Sinne von § 13 StGB begründet hätten. Es wird auf die obigen Ausführungen zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB verwiesen.

9. Anspruch aus §§ 831, 826 BGB:

Ein Anspruch aus §§ 831, 826 BGB wegen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch die Ingenieure der Beklagten scheidet ebenfalls aus:

Ob schon der Verstoß gegen die VO EG 715/2007 an sich sittenwidrig im Sinne von § 826 BGB ist, kann dahinstehen, da die Verordnung nicht dem Schutz des hier geltend gemachten Vermögensinteresses dient.

Offenbarungspflichten der Ingenieure bestanden nicht.

10. Anspruch aus §§ 812 Abs. 1. S. 1, 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 1. Alt. BGB:

Ein Anspruch aus §§ 812 Abs. 1, 142 Abs. 1, 123 Abs. 1 1. Alt. BGB scheidet aus, da der Kläger bereits keine relevante Täuschung dargelegt hat.

a) Zum einen hat der Kläger keine relevante aktive Täuschung dargelegt. Auf die obigen Ausführungen zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB wird verwiesen.

b) Zum anderen hat der Kläger keine relevante Täuschung durch Unterlassen dargelegt. Das Verschweigen von Umständen stellt eine erhebliche Täuschung im Sinne von § 123 BGB dar, wenn den Erklärenden eine entsprechende Aufklärungspflicht traf. Im Bereich des Kaufrechts ist es wegen der dort herrschenden gegensätzlichen Interessen grundsätzlich Sache desjenigen, der einen Vertrag schließt, sich selbst über die für seine Willensbildung maßgeblichen Umstände zu vergewissern. Eine Aufklärungspflicht ist nur ausnahmsweise anzunehmen. Sie besteht namentlich nur über Umstände, die den Vertragszweck - erheblich - gefährden, also Umstände, die den Wert der Kaufsache - erheblich - mindern oder die Sache unbrauchbar machen (Staudinger/Singer/von Finckenstein, BGB, Neubearb. 2017, § 123, Rn. 13; MüKo/Armbrüster, BGB, 7. Aufl., § 123, Rn. 36 ff., m. w. N.). Vorliegend hat die Beklagte zwar verschwiegen, dass das streitgegenständliche Fahrzeug über die o.g. Software verfügt. Dies stellt indes keinen im Sinne der vorgenannten Ausführungen wesentlichen Umstand dar:

Zunächst war das Fahrzeug trotz der verfahrensgegenständlichen Software stets nutzbar. Auch heute noch kann einer etwaigen Betriebsuntersagung durch eine unaufwendige und kostenlose Teilnahme an dem behördlich angeordneten Rückruf ausgeschlossen werden.

Ferner hat der Kläger nicht dargelegt, dass der Markt dem Umstand, dass das Fahrzeug über die streitgegenständliche Software verfügt, einen - erheblichen - Wert beimisst, geht vielmehr selbst davon aus, dass der Preis der vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge derzeit nicht sinkt. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

III. Zum Klageantrag zu Ziffer 3.:

Betreffend den Klageantrag zu Ziffer 3. ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Da der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises hat, befindet sich die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht im Annahmeverzug.

IV. Zum Klageantrag zu Ziffer 4.:

Ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen zwecks Durchsetzung eines Anspruchs auf Rückzahlung des Kaufpreises/Zahlung von Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises entstandenen Rechtsanwaltskosten steht dem Kläger nicht zu:

Ein Ausgleich von Rechtsanwaltskosten nach § 439 Abs. 2 BGB kommt nur in Betracht, soweit diese zur Auffindung des zu beseitigenden Mangels notwendig waren (OLG Nürnberg, Urteil vom 20.02.2017, 14 U 199/16, zit. nach juris, Rn. 49; für §§ 634, 635 BGB auch BGH, Urteil vom 17.02.1999, X ZR 40/96, zit. nach juris, Rn. 10). Das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 26.08.2016 stand nicht im Zusammenhang mit   Auffindung von der Ursache von Mangelerscheinungen und der Klärung der Verantwortlichkeit für den Mangel.

Ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB scheidet aus, da es sich bei den Rechtsanwaltskosten der streitgegenständlichen Art um typische Verzögerungsschäden handelt, die nur unter den zusätzlichen Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 2, 286 BGB zu erstatten sind.

Nach §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sind die streitgegenständlichen Anwaltskosten nicht zu erstatten, weil die Beklagte zum Zeitpunkt der vorgerichtlichen Mandatierung der Prozessbevollmächtigen des Klägers nicht in Verzug war (BGH, Urteil vom 27.05.2015, IV ZR 292/13, zit. nach juris, Rn. 51).

Mangels eines Anspruches dem Grunde - s.o. - nach steht dem Kläger auch im Übrigen unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes kein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu.

V. Prozessuale Nebenentscheidungen:

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

VI. Streitwert: Bis zum 02.05.2017 Wertstufe bis 35.000 €, seitdem Wertstufe bis 45.000 €.