Schleswig-Holsteinisches OVG, Urteil vom 14.09.2017 - 2 KN 3/15
Fundstelle
openJur 2020, 7972
  • Rkr:

1. Wird der Kreis der Abgabenpflichtigen durch Änderung der Anlage zu einer Satzung erweitert, muss die Satzung bei Rückwirkung dem Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG Rechnung tragen.

2. Nach Neufassung des § 10 KAG (Fassung ab 1. August 2014) kann eine Gemeinde nicht mehr die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe beschließen, sondern nur noch eine Tourismusabgabe.

3. Das Zitiergebot des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG verlangt, dass eine Satzung über Kommunalabgaben die berechtigende Norm des KAG so genau wie möglich bezeichnet.

4. Bei der Kalkulation für eine Abgabensatzung müssen dem Satzungsgeber die maßgeblichen Unterlagen bei Beschlussfassung vorgelegen haben, damit dieser eine eigene Ermessenserwägung anstellt. Eine Unterlage der Verwaltung, die der Satzungsgeber nicht kennt, genügt nicht (Fortführung der Senatsrechtsprechung, Urteil vom 15. Mai 2017 - 2 KN 1/16 - Rn 78 ff, LS 3).

5. Ist der touristische Anteil der Nutzung einer öffentlichen Einrichtung unter 50 %, bedarf es einer besonderen Begründung, weshalb diese gleichwohl eine Einrichtung i.S.d. § 10 Abs. 1 KAG sein soll.

6. Beruht die Kalkulation einer kommunalen Abgabe nicht auf sachgerechten Annahmen, ist der durch Satzung bestimmte Abgabesatz auch dann urwirksam, wenn sich das Ergebnis der Kalkulation bestätigen lässt (keine Ergebnisprüfung, Fortführung der Rechtsprechung, zuletzt 2 LB 31/07, Urteil vom 21. November 2007, LS, Rn 31 ff).

Tenor

Soweit die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014, mit Ausnahme des § 8 Abs. 4 der Satzung, für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich mit dem Normenkontrollverfahren gegen die Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe.

Er ist Apotheker und Eigentümer der im Stadtgebiet der Antragsgegnerin gelegenen ...apotheke.

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 27. August 2013 erstmals für das Jahr 2014 die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mit der "Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vom 27. August 2013". Die Satzung, die am 4. September 2013 ausgefertigt wurde, wurde am 9. September 2013 im Internet und am 19. September 2013 in der S...er Zeitung und den L...er Nachrichten bekannt gemacht. Am 22. Oktober 2013 wurde die Satzung dahingehend berichtigt, dass die richtige Bezeichnung der Satzung "Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe" lautet.

Am 9. September 2014 beschloss die Antragsgegnerin eine Neufassung der Satzung, die zum 1. Januar 2014 rückwirkend in Kraft trat. Hintergrund der Neufassung war ein Rechtsgutachten, das zu dem Ergebnis kam, dass die ursprüngliche Satzung mangels fehlerhafter Bekanntmachung unwirksam sei. Die geänderte Satzung beinhaltet die Nennung des Abgabesatzes in § 5 und die veränderte Regelung zum Inkrafttreten in § 10. Des Weiteren wurde die Anlage der Satzung verändert. Die neugefasste Satzung wurde am 17. September 2014 im Internet und am 18. September 2014 in der S...er Zeitung sowie am 19. September 2014 in den L...er Nachrichten bekannt gemacht.

Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:

§ 4 Abgabemaßstab

(1) Die Fremdenverkehrsabgabe wird nach dem geldwerten Vorteil bemessen, der dem Abgabepflichtigen aus der städtischen Fremdenverkehrsförderung erwächst. Der Vorteil errechnet sich aus dem fremdenverkehrsbedingten Teil der umsatzsteuerbereinigten jährlichen Einnahmen des Pflichtigen multipliziert mit dem durchschnittlichen Gewinnanteil (Abs. 3) an den Einnahmen der einzelnen Unternehmensart (Maßstabseinheiten).

(2) Als fremdenverkehrsbedingter Teil der Einnahmen gilt der in der Anlage zu dieser Satzung für die einzelne Unternehmensart festgesetzte Teil der Einnahmen (Vorteilssatz). Die Anlage ist Bestandteil dieser Satzung.

(3) Der durchschnittliche Gewinnanteil ist für die einzelnen Betriebsarten der Anlage zu dieser Satzung zu entnehmen. Wenn mehrere Tätigkeiten mit unterschiedlichen Gewinnanteilen ausgeübt werden, gilt der höchste durchschnittliche Gewinnanteil. Auf Antrag von Abgabepflichtigen wird eine gesonderte Berechnung für jede dieser Tätigkeiten vorgenommen. Die Abgabepflichtigen haben zusammen mit dem Antrag Nachweise über die auf den einzelnen Tätigkeiten entfallenden Einnahmenanteile vorzulegen.

(4) Lässt sich die abgabepflichtige Leistung im Sinne des § 2 keiner der in der Anlage aufgeführten Betriebsarten zuordnen oder ist ein durchschnittlicher Gewinnanteil nicht angegeben, so ist er anhand der Angaben des Abgabepflichtigen aus dem tatsächlichen durchschnittlichen Betriebsgewinn der letzten fünf Jahre zu ermitteln. Ist auch das nicht möglich, ist der durchschnittliche Gewinnanteil nach pflichtgemäßem Ermessen zu schätzen.

(5) Bei der Berechnung der Abgabe für ein Jahr werden die Einnahmen des Vorjahres zu Grunde gelegt. Solange diese nicht feststehen oder festgestellt sind, sind die Einnahmen zu schätzen.

(6) Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit zu Beginn eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme und im darauf folgenden Jahr die Einnahmen des Jahres der Tätigkeitsaufnahme maßgebend. Wird eine abgabepflichtige Tätigkeit im Laufe eines Kalenderjahres aufgenommen, so sind abweichend von Absatz 5 im Jahr der Tätigkeitsaufnahme die im Zeitraum der Tätigkeit und im darauf folgenden Jahr die in diesem Jahr bezogenen Einnahmen maßgebend.

§ 5 Abgabesatz

Der Abgabesatz wird ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 dividiert wird.

Der Abgabesatz für 2014 beträgt: 0,7 v.H.

§ 10 Inkrafttreten

(1) Diese Satzung tritt rückwirkend zum 1. Januar 2014 in Kraft. Sie ersetzt die Satzung vom 4. September 2013, die gleichzeitig außer Kraft tritt.

(2) Fremdenverkehrsabgaben werden erstmals für das Jahr 2014 auf der Grundlage der Aufwendungen für das Jahr 2014 erhoben. § 4 Absätze 5 und 6 bleiben unberührt.

Nachdem sich der Antragsteller mit Antrag vom 5. September 2014 gegen die Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 gewandt hat, hat er am 12. März 2015 mitgeteilt, dass die Fremdenverkehrsabgabesatzung in Gestalt der Beschlussfassung der Stadtvertretung der Antragsgegnerin vom 9. September 2014 nunmehr Verfahrensgegenstand des Normenkontrollverfahrens sei.

Zur Begründung des Normenkontrollantrages führt er aus, dass die in der Anlage der Satzung festgesetzten Vorteilssätze jedenfalls in Bezug auf einzelne Berufsgruppen nicht mit höherem Recht und dem Gebot der Abgabengerechtigkeit vereinbar seien. Dies gelte zunächst für die Berufsgruppen der Zahnärzte und der selbständigen Fachärzte, welche nach der Anlage der angefochtenen Fremdenverkehrsabgabesatzung jeweils zur Vorteilsstufe 1 mit einem Vorteilsatz von 20 % gehörten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung sei davon auszugehen, dass diese nur in geringerem Umfang fremdenverkehrsbedingte Umsätze erwirtschafteten. Der Vorteilsatz für Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte von 40 % sei unter keinen Umständen zu rechtfertigen und genauso willkürlich wie Fahrschulen mit einem Vorteilsatz von 20 % zu belegen. Diese dürften überhaupt nicht abgabepflichtig sein, da ihnen keine Vorteile aus dem Fremdenverkehr erwüchsen. Dies gelte selbst dann, wen man einen mittelbaren Vorteil zugrunde legen wollte, was im Ansatz zweifelhaft sei. Insgesamt müsse es aus Gründen der Abgabengerechtigkeit mehr - mindestens zehn - Vorteilsstufen geben.

Auch die Regelung zum Gewinnsatz sei rechtswidrig. Dies ergebe sich daraus, dass bei bestimmten Betriebsarten in der Anlage kein fester Gewinnanteil im Sinne des § 4 Abs. 3 Satz 1 der Satzung definiert werde, sondern eine Einzelermittlung zugelassen werde.

Der in § 5 Satz 2 der Satzung festgelegte Abgabesatz beruhe auf einer rechtsfehlerhaften Kalkulation. Die Aufwendungen für die Rennkoppel, die Wanderwege, die Seepromenade und den Kalkberg seien in nicht nachvollziehbarer Weise mit einem großen Anteil bei der Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe berücksichtigt worden. Die Rennkoppel sei bereits keine Einrichtung im Sinne des § 10 Absatz 1 KAG, die Kur- und Erholungszwecken zu dienen bestimmt sei. Sie diene primär der allgemeinen Daseinsvorsorge. Der berechnete Anteil der Nutzung von Rennkoppel und Tribüne für touristische Zwecke von 35 % sei nicht nachvollziehbar und im Ergebnis zu hoch. Auch der fremdenverkehrsbezogene Prozentsatz von 30 % für die Wanderwege werde nicht nachvollziehbar begründet. Dasselbe gelte für die Seepromenade und den Kalkberg. Für diese sei ein prozentualer Anteil von 80 % weitaus zu hoch bemessen.

Schließlich verstoße die Satzung, soweit sie sich Rückwirkung zumesse, gegen das Schlechterstellungsverbot.

Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung den Normenkontrollantrag gegen die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 27. August 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Antragsteller beantragt,

die Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 mit Ausnahme der Vorschrift des § 8 Abs. 4 der Satzung für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie vertritt die Auffassung, dass die Satzung materiell rechtmäßig sei. Die allgemein geltenden Maßstäbe für die Gestaltung des umsatz- oder gewinnbezogenen Maßstabes bei der Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe seien eingehalten worden.

Die Zuordnung zu den Vorteilsstufen sei ermessensfehlerfrei und auch ansonsten rechtmäßig. Es sei die zwangsläufige Folge der Entscheidung des Satzungsgebers, eine nach Gruppen differenzierte Vorteilssatzungsregelung mit einer nur überschaubaren Anzahl von Vorteilsstufen festzulegen, dass diejenigen Betriebstypen die zwar spürbar vom Tourismus profitierten, deren Umsatz aber nur zu einem geringen Anteil tourismusbedingt sei, sich in einer Vorteilsstufe wiederfänden, deren Vorteilsatz erheblich über dem tatsächlichen tourismusbedingten Umsatz des betreffenden Betriebes liege. Dies sei eine Folge der ermessensfehlerfrei typisierenden und pauschalierenden Regelung.

Die Einzelermittlungen des Gewinnsatzes seien ebenfalls rechtmäßig. Für keine der Betriebsarten enthalte die Richtsatzsammlung für das Kalenderjahr 2013 des Bundesministeriums der Finanzen Angaben zu mittleren Reingewinnsätzen proportional zum Umsatz. Für diese Betriebsarten statistische Gewinnsätze zu ermitteln sei ein erheblicher Aufwand oder sogar unmöglich.

Die Kalkulation der Fremdenverkehrsabgabe sei rechtlich nicht zu beanstanden. Die Antragsgegnerin habe vom insgesamt abgabefähigen Aufwand gewissermaßen zur Ermittlung des umlagefähigen Aufwands zweimal Gemeindeanteile abgezogen. Sie sei damit vorteilsgerechter vorgegangen, als dies gesetzlich gefordert sei. Die Rennsportveranstaltungen auf der Rennkoppel würden die touristische Attraktivität der Stadt steigern. Darüber hinaus werde die Rennkoppel auch als städtischer Festplatz genutzt. Bei dieser gemischten tourismusrelevanten Nutzung sei der Anteil von 35 % nicht zu hoch bemessen.

Es sei auch gerechtfertigt, dass für die Aufwendungen ein größerer Wert als der dem Prozentsatz der Gästeübernachtungen im Verhältnis zu den Einwohnerübernachtungen entsprechende, festgelegt werde. Nach allgemeiner Lebenserfahrung könne erwartet werden, dass Kur- und Erholungseinrichtungen von Touristen während des hypothetischen Zeitraums wesentlich häufiger genutzt würden als von Einwohnern.

Die Berücksichtigung der nicht anderweitig gedeckten Aufwendungen für die Seepromenade und den Kalkberg seien dementsprechend ermessensfehlerfrei festgesetzt worden. Der Kalkberg sei zwar keine klassische Kur- und Erholungseinrichtung. Durch seine Bekanntheit habe er jedoch erhebliche Bedeutung für den Fremdenverkehr. Durch seinen zum Gipfel führenden Weg und die sich dort bietenden Aussichtsmöglichkeiten sei er Ziel zahlreicher Tages- und Übernachtungsgäste. Allerdings liege den ermittelten 80 % für den Kalkberg ein Schreibfehler zugrunde. Gemeint seien - wie bei den in Bezug genommenen Wanderwegen - 30 %. Mit diesem fehlerhaften Wert sei der Kalkberg zwar auch in die Kalkulation eingegangen, dies wirke sich aber letztlich rechnerisch nicht aus.

Schließlich verstoße die rückwirkende Geltung der Satzung nicht gegen das Schlechterstellungsverbot, da die Neufassung der Anlage nur redaktioneller bzw. klarstellender Natur gewesen sei. Die Bezeichnung als Fremdenverkehrsabgabe sei zum einen der Rückwirkung geschuldet und im Übrigen unerheblich, weil sich die Tourismusabgabe von dieser nicht wesentlich unterscheide.

Gründe

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Im Übrigen hat der Normenkontrollantrag des Antragstellers Erfolg.

A. Der Antrag ist zulässig.

Die auf der Grundlage von § 4 GO und §§ 1, 2 und 10 KAG erlassene Satzung der Stadt Bad S... über die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 unterliegt nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 5 SH-AG VwGO der Normenkontrolle durch das Oberverwaltungsgericht.

Die Antragsfrist von einem Jahr nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) ist gewahrt. Die Satzung wurde am 18. September 2014 im Internet amtlich bekannt gemacht. Gemäß §§ 68, 329 LVwG iVm § 4 Abs. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 3 BekanntmachungsVO erfolgt die Bekanntmachung dadurch, dass die Satzung im Internet veröffentlicht und in der Zeitung unter Angabe der Internetadresse hierauf hingewiesen wird. Die Bekanntmachung gilt mit dem Ablauf des Tages, an dem die Satzung im Internet verfügbar ist, als bewirkt. Die Neufassung der Satzung in Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 wurde am 17. September 2014 auf der Internetseite der Stadt bekannt gemacht. Der Hinweis auf die Veröffentlichung stand in der Zeitung vom 18. September 2014. Der Normenkontrollantrag datiert vom 12. März 2015 und lag damit innerhalb der Jahresfrist seit der Bekanntmachung der Neufassung der Satzung.

Der Antragsteller ist auch antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO; denn er ist als Eigentümer einer in der Stadt Bad S... belegenden Apotheke von der Satzung betroffen. Die Apotheken sind in der Anlage der Satzung unter der Vorteilsstufe 2, lfd. Nr. 2 aufgeführt.

B. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung der Stadt Bad S... in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 ist, soweit sie angegriffen ist, unwirksam.

§ 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung ist unwirksam (I.), mit der Folge, dass die Satzung nicht rückwirkend in Kraft tritt, sondern mit dem Tag nach Bekanntmachung der Satzung am 18. September 2014. Zu diesem Zeitpunkt mangelt es an einer Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe (II.). Unabhängig davon ist die Kalkulation des Abgabensatzes fehlerhaft (III.). Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen (IV.).

I. § 10 Abs. 1 Satz 1 der Satzung verstößt gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG. Danach dürfen Abgabepflichtige durch eine rückwirkend erlassene Satzung nicht ungünstiger gestellt werden als nach der bisher geltenden Satzung. Bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung folgt, dass der Abgabepflichtige im Falle einer rückwirkend erlassenen Satzung durch die Satzung selbst vor einer Schlechterstellung gegenüber den Regelungen der bisherigen Satzung gesichert werden muss (vgl. Senatsurteil vom 20. März 2002 - 2 K 4/00 -, LS 2, Rn. 17, juris). Die Satzung der Antragsgegnerin enthält keine Regelungen zum Schlechterstellungsverbot.

Gegen eine Rückwirkung bestehen vor dem Hintergrund des Schlechterstellungsverbotes nur dann keine Bedenken, wenn sich keine Änderungen oder jedenfalls keine Verschlechterungen für die Abgabepflichtigen ergeben haben (vgl. Senatsurteil vom 23. September 2009 - 2 LB 34/08 -, Rn. 40, juris). Vorliegend haben sich jedoch durch die veränderte Anlage Änderungen ergeben, die auch zu einer Schlechterstellung der Abgabepflichtigen führen. Der Kreis der Abgabepflichtigen ist mit der neuen Satzung erweitert worden.

In der Anlage der Satzung 2013 waren unter der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 1 als Personengruppen bzw. Betriebsarten "Architekten und Ingenieure" verzeichnet. In derselben Nummer heißt es in der Anlage zu der Satzung 2014 "Architekten, Ingenieure, Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer". Gutachter, Sachverständige, Bauplaner und Baubetreuer wurden in der Anlage zur ersten Satzung auch nicht unter einer anderen Nummer genannt. Das Argument der Antragsgegnerin, dass diese Personengruppen und Betriebsarten auch bereits in der ersten Satzung unter die Architekten und Ingenieure fielen, kann nicht überzeugen. Es mag sein, dass die Antragsgegnerin einige Gutachter unter dem Begriff des Ingenieurs zusammengefasst hat. Dies kann jedoch dann nicht mehr zutreffend sein, wenn es sich z.B. um einen medizinischen oder biologischen (etwa Fledermauskundler) Gutachter handelt. Dieser war zuvor nicht von der Abgabepflicht erfasst und fällt nunmehr unter den Kreis der Abgabepflichtigen.

Ebenso verhält es sich in der Vorteilsstufe 1, lfd. Nr. 3, in der zu dem ursprünglichen Baustoff- und Holzhandel noch die Baumärkte hinzugekommen sind. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin handelt es sich nicht um dieselben Betriebe. Während ein Baustoff- und Holzhandel eben nur diese Stoffe anbietet, ist das Angebot eines Baumarktes vielseitiger, z.B. durch den Verkauf von Werkzeug, Farben, Putzmitteln und Pflanzen.

Es handelt sich hierbei nicht nur um sprachliche Klarstellungen. Denn weder der Baumarkt noch der Gutachter, der nicht Ingenieur ist, hätten aufgrund der Satzung 2013 zu einer Abgabe herangezogen werden können. Aus dieser Erweiterung des Kreises der Abgabepflichtigen ergibt sich zwar keine Verschlechterung für die bereits vorher benannten Abgabepflichtigen, da die Abgabenlast auf weitere Pflichtige verteilt werden kann. Jedoch liegt eine Schlechterstellung hinsichtlich der hinzukommenden Personengruppen und Betriebsarten vor, die neu von der Abgabepflicht betroffen sind.

Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit dem Argument durchdringen, dass nur die Anlage eine Schlechterstellung beinhalte und nur diese unwirksam sei. Die Anlage bestimmt die Abgabepflichtigen und die Anteile des Vorteilssatzes und des Gewinnsatzes. Würde man allein die Anlage als unwirksam ansehen, fehlte es der Satzung an einer Definition des Kreises der Abgabepflichtigen und an den weiteren erforderlichen Maßstabseinheiten, um überhaupt einen Abgabesatz zu bestimmen. Die Satzung ergäbe ohne die Anlage keinen Sinn mehr.

Darüber hinaus ist der Senat nicht befugt, einzelne Teile der Satzung zu einer wirksamen Satzung zusammenzusetzen. Vielmehr ist die Satzung samt Anlage in der Gestalt der Beschlussfassung vom 9. September 2014 insgesamt zu überprüfen. Der Senat kann nicht einzelne Teile hieraus abtrennen und isoliert betrachten. Denn dann würde er sich in unzulässiger Weise an die Stelle des Satzungsgebers begeben.

Nach alledem war der das rückwirkende Inkrafttreten regelnde § 10 Satz 1 der Satzung wegen Verstoßes gegen das Schlechterstellungsverbot des § 2 Abs. 2 Satz 3 KAG für unwirksam zu erklären mit der Folge, dass sich mangels einer anderen wirksamen Bestimmung das Inkrafttreten nach der allgemeinen gesetzlichen Bestimmung des § 69 LVwG richtet. Die Satzung ist somit mit dem Tage nach der Bekanntmachung in Kraft getreten. Dies ist der 19. September 2014.

II. Die Neufassung der Satzung ist insgesamt unwirksam, da weder zum Zeitpunkt des Inkrafttretens noch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 9. September 2014 eine Ermächtigungsgrundlage für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe vorlag (1.) und die Satzung zudem gegen das Zitiergebot verstößt (2.).

1. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens am 18. September 2014 galt bereits das Kommunalabgabengesetz in der Fassung vom 15. Juli 2014, das ab dem 1. August 2014 in Kraft trat. Nach § 10 Abs. 6 KAG können Gemeinden laufende Tourismusabgaben erheben. Eine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe besteht danach nicht mehr.

Zwar steht einer Fortgeltung der Satzung nicht entgegen, dass die im Zeitpunkt des Erlasses der Satzung gegebenen Voraussetzungen später entfallen sind. Es ist anerkannt, dass das nachträgliche Erlöschen oder auch die nachträgliche Änderung einer Ermächtigung ohne Einfluss auf den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen Rechtsverordnung ist. Für den Rechtsbestand einer ordnungsgemäß erlassenen kommunalen Satzung gilt nichts anderes, und zwar auch dann nicht, wenn die inhaltlichen Voraussetzungen der Ermächtigung später entfallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. März 1977 - 2 BvR 812/74 - Rn. 26, juris m.w.N).

Dem Verhältnis von gesetzlicher Ermächtigung und darauf gestützter Normsetzung entspricht es, dass von einer Ermächtigung erst dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn sie vorliegt, und zwar mit dem Inhalt, zu dem sie im Zeitpunkt der Normsetzung ermächtigt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Juli 1972 - 2 BvF 1/71 - zum Erlass eines Gesetzes vor Übertragung der Gesetzgebungszuständigkeit; für Rechtsverordnungen vgl. BGH, Urteil vom 15. Februar 1979 - III ZR 172/77 - MDR 1979, 825; für kommunale Satzungen vgl. OVG Münster, Urteil vom 21. Juni 1979 - II A 2280/77 - DVBl 1980, 83 <84>; Hessischer VGH, Urteil vom 26. September 1996 - 5 UE 2338/94 - KStZ 1997, 154 <156>; Senatsurteil vom 21. Juni 2000 - 2 L 80/99 - SchlHA 2000, 257 <258>). Maßstab ist danach, ob der kommunale Normgeber im Zeitpunkt der Normsetzung zu diesem Akt der Rechtsetzung ermächtigt war (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. November 2005 - 8 C 14.04 -, Rn. 12, juris).

Aber auch zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Neufassung der Satzung am 9. September 2014 war die Antragsgegnerin bereits nicht mehr ermächtigt, eine Fremdenverkehrsabgabe zu erheben. Zwar handelt es sich bei der Änderung des § 10 KAG nicht nur um eine geänderte Bezeichnung der Abgabe, sondern auch der Kreis der zur Erhebung der Abgabe berechtigten Gemeinden und Städte und die Voraussetzung für deren Berechtigung zur Abgabeerhebung haben sich geändert. Entscheidend ist aber schon, dass sich der Name der Abgabe verändert hat. Es ist im Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung, dass der Abgabepflichtige die Norm, aufgrund derer er zur Zahlung herangezogen wird, finden kann. Sucht er im geltenden Kommunalabgabengesetz nach einer Fremdenverkehrsabgabe, kann er eine solche nicht mehr finden. Die hinlängliche Publizität von allgemeinverbindlichen, mit Außenwirkung ausgestatteten Rechtsregeln ist ein für alle Normsetzungsakte geltendes rechtsstaatliches (Wirksamkeits-)Erfordernis (vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 - 2 BvL 25/81 - BVerfGE 65, 283 <291> m.w.N.). Dieses Publizitätserfordernis gilt ebenso für im Verweisungswege inkorporierte Regelungen; auch sie müssen für den Betroffenen verlässlich und ohne unzumutbare Erschwernis zugänglich sein. Dies verbietet irreführende Bezeichnungen durch Rückgriff auf eine vormalige, nicht mehr geltende Bezeichnung der Abgabe.

2. Hierin liegt zugleich ein Verstoß gegen das Zitiergebot. Nach § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG müssen Satzungen die Rechtsvorschriften angeben, welche zum Erlass der Satzung berechtigen. Dies ist insbesondere bei belastenden Eingriffen wie der Abgabenerhebung erforderlich. Gegen dieses Zitiergebot verstößt die Fremdenverkehrsabgabesatzung der Stadt, da sie § 10 Abs. 6 KAG nicht als gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für die Abgabenerhebung aufführt. Sie ist bereits allein deshalb unwirksam und stellt keine gültige Rechtsgrundlage weder für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe noch für eine Tourismusabgabe dar.

Die Satzung bezieht sich in § 1 auf die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe gemäß § 10 Abs. 5 KAG. Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetzes ist jedoch der ehemalige Absatz 5 zu Absatz 6 geworden. Absatz 5 regelt das Recht zur Erhebung von Gebühren neben der Kurabgabe und enthält keine Ermächtigung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe oder einer Tourismusabgabe. § 10 Abs. 6 KAG hätte nach seiner Änderung in die Eingangsformel aufgenommen werden müssen (vgl. Senatsurteil vom 21. Juni 2000 - 2 L 80/99 -, Rn. 39, juris = Die Gemeinde, 2000, 231 mwN; Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Beschluss vom 9. Mai 2007 - 4 B 8/07 -, Rn. 28, juris).

Die Exekutive muss durch Angabe ihrer Ermächtigungsgrundlage sich selbst des ihr aufgegebenen Normsetzungsprogramms vergewissern und hat sich auf dieses zu beschränken. Es kommt daher nicht nur darauf an, ob sie sich überhaupt im Rahmen der delegierten Rechtssetzungsgewalt bewegt, vielmehr muss sich die in Anspruch genommene Rechtssetzungsbefugnis gerade aus den von ihr selbst angeführten Vorschriften ergeben. Außerdem dient das Zitiergebot der Offenlegung des Ermächtigungsrahmens gegenüber dem Adressaten der Satzung. Das soll ihm die Kontrolle ermöglichen, ob die Satzung mit dem ermächtigenden Gesetz übereinstimmt (ebenso für Verordnungen: BVerfG, Beschluss vom 29. April 2010 - 2 BvR 871/04 -, Rn. 51, juris). Insofern gehört zur zutreffenden Angabe der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG nicht nur die genaue Angabe der zur Erhebung der Abgabe berechtigenden Norm des Kommunalabgabengesetzes, sondern bei kommunalen Abgaben auch deren nach dieser Norm namentlich zutreffende Bezeichnung. Berechtigt eine Norm zur Erhebung unterschiedlicher Abgaben - wie hier zur Erhebung der Kurabgabe und der Tourismusabgabe -, so gehört zur genauen Bezeichnung der zum Erlass der Satzung berechtigenden Rechtsvorschriften im Sinne des § 66 Abs. 1 Nr. 2 LVwG auch die Nennung des zutreffenden Absatzes bzw. der zutreffenden Absätze der Norm, gegebenenfalls einschließlich des dazugehörenden Satzes oder der dazugehörenden Sätze, die zur Erhebung der gewählten Abgabe berechtigen.

Offen lässt der Senat, inwieweit die Antragsgegnerin noch die Möglichkeit hat, eine Satzung über die Tourismusabgabe in der jetzt geltenden Fassung rückwirkend für das gesamte Jahr 2014 zu erlassen oder ob auch ein rückwirkender Erlass einer Fremdenverkehrsabgabe noch möglich ist, obwohl es zum Zeitpunkt der künftigen Beschlussfassung keine Norm zur Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe mehr gibt.

III. Darüber hinaus ist die Kalkulation der Satzung unabhängig davon fehlerhaft, auf welche Fassung des Kommunalabgabengesetzes abstellt wird, weil die Antragsgegnerin den tourismusbedingten Anteil, jedenfalls hinsichtlich der Wanderwege und des Kalkbergs, nicht nachvollziehbar begründet hat (1.) und nicht dargelegt ist, dass die mit unter 50% in die Kalkulation eingestellten Einrichtungen überwiegend dem Tourismus dienen (2.). Maßstab der folgenden Prüfung ist das Kommunalabgabengesetz in der jetzigen Fassung (Tourismusabgabe).

Nach § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG kann die Tourismusabgabe für Zwecke der Tourismuswerbung und zur Deckung von Aufwendungen für Herstellung, Verwaltung und Unterhaltung der zu kulturellen und touristischen Zwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen erhoben werden. Nach § 5 der Satzung wird der Abgabesatz ermittelt, indem die Summe aller Maßstabseinheiten durch den zu deckenden Aufwandsanteil nach § 1 Satz 2 der Satzung dividiert wird. Nach § 1 Satz 2 der Satzung dient die Abgabe zur Deckung von 70 % der Aufwendungen der Stadt für die Fremdenverkehrsförderung im jeweiligen Kalenderjahr. Das bedeutet, dass zunächst einmal 30 % der Aufwendungen aus anderen Mitteln der Stadt getragen werden. Nach § 5 Satz 2 der Satzung beträgt der Abgabesatz für 2014 0,7 %.

Ermächtigt das Gesetz - wie hier § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG - zur Erhebung kostendeckender Abgaben, hat der Satzungsgeber durch Satzung die Bemessungsgrundlagen, insbesondere den Abgabesatz festzulegen (§ 2 Abs. 2 KAG). Die dafür erforderliche Kalkulation setzt vielfach Schätzungen, Prognosen und Wertungen voraus, die für die Höhe der durch die Abgabe zu deckenden Aufwendungen maßgeblich sind und daher allein der Gemeindevertretung überlassen bleiben müssen. Insoweit ist dem Satzungsgeber ein Einschätzungsermessen (Prognosespielraum) eingeräumt, das gerichtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann, nämlich nur im Hinblick darauf, ob die vorgegebenen Grenzen überschritten sind. Da es auch allein der Entscheidung des Satzungsgebers obliegt, in welchem Umfang und welche Kosten durch die Tourismusabgabe zu decken sind (vgl. zum Gebührenrecht: BVerwG, Urteil vom 17.04.2002 - 9 CN 1.01 - juris), hat das Gericht auch diese Entscheidung zu respektieren und darf einzelne Kostenpositionen der Kalkulation nicht ohne oder gar gegen den Willen des Satzungsgebers verändern. Es würde Verwaltungstätigkeit ausüben und in das Ermessen des Satzungsgebers eingreifen (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 - 2 LB 31/07 - Rn. 33, juris). Eine reine Ergebniskontrolle des Abgabesatzes durch das Gericht ist damit ausgeschlossen.

Schon die Ermittlung der Gesamtkosten der zu Kur- und Erholungszwecken bereitgestellten öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde ist von Ermessensentscheidungen, die der Bestimmung des Abgabesatzes in der Satzung vorausgehen müssen, abhängig. Der Senat kann sich aufgrund der vorstehend aufgezeigten Maßstäbe nicht an die Stelle der Antragsgegnerin setzen und eine eigene Begründung für die Errechnung des tourismusbedingten Anteils liefern. Er hat vielmehr die der Beschlussvorlage zugrundeliegende Begründung der Antragsgegnerin zu überprüfen. Ob der Satzungsgeber den zur Begründung der Kalkulation vorgelegten Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 kannte, musste nicht abschließend ermittelt werden, da die darin enthaltende Begründung zumindest für die Wanderwege und den Kalkberg nicht nachvollziehbar ist.

1. Nach dem Vermerk der Kämmerei vom 16. April 2014 sind die Aufwendungen für die Wanderwege mit 30 % berechnet worden. Es wird zunächst von der Fremdenverkehrsquote (jährliche Übernachtungen der Einwohner im Verhältnis zu Übernachtungen von Fremdenverkehr: hier = 3,68 %) ausgegangen. Dann wird der Anteil mit der Begründung auf 30 % erhöht, dass Wanderwege von Gästen mehr in Anspruch genommen, von Laufgruppen genutzt und Nordic-Walking-Kurse angeboten werden. Es ist bereits nicht ersichtlich, ob die Laufgruppen und Nordic-Walking-Kurse von Gästen oder von Einwohnern besucht werden. Es bleibt somit unklar, ob dies ein Merkmal ist, dass den Anteil erhöht oder verringert. Für den Kalkberg wird der tourismusbedingte Anteil mit 80 % eingestellt. Hier wird auf die Übernachtungstage wie bei den Wanderwegen abgestellt. Wie dann allerdings der Anteil auf 80 % erhöht wird, ist nicht nachvollziehbar. Auch in der mündlichen Verhandlung konnte nicht geklärt werden, auf welcher Grundlage die tourismusbedingten Anteile für den Kalkberg und die Wanderwege bemessen wurden. Ob diesen Schätzungen irgendwelche stichprobenartigen Zählungen oder sonstige Erhebungen oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze zugrunde liegen, möglicherweise auch solche, die auf der Grundlage der genannten Fremdenverkehrsquote eine Berechnung ermöglichen, bleibt unklar.

Soweit die Antragsgegnerin nunmehr vorträgt, die Einstellung des Kalkberges mit 80 % sei ein Schreibfehler, dieser hätte nur mit 30 % eingestellt werden sollen, kann dies auch kein anderes Ergebnis rechtfertigen. Zwar verändert sich auch bei einem tourismusbedingten Anteil von 30% der Abgabensatz im Ergebnis nicht. Jedoch kommt es nur auf die Nachvollziehbarkeit der Berechnung und auf die überprüfbare Ermessensentscheidung des Satzungsgebers an; eine Ergebnisprüfung findet nicht statt.

Beruht die Kalkulation einer kommunalen Abgabe nicht auf sachgerechten Annahmen, ist der durch die Satzung bestimmte Abgabesatz auch dann unwirksam, wenn sich das Ergebnis der Kalkulation durch nachfolgende Prüfung bestätigen lässt. Die Abgabepflichtigen sind im Rahmen der § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2 KAG nicht allein vor einer den beitragsfähigen Aufwand übersteigenden Abgabeerhebung geschützt, sondern auch davor, dass die auf sie - jeweils im Einzelfall - entfallende Abgabenlast in einer rechtswidrigen Weise ermittelt (kalkuliert) worden ist. Wird ein Abgabesatz ohne Berücksichtigung der zu stellenden Anforderungen bestimmt, ist er ungültig unabhängig davon, ob sich durch eine später erstellte Berechnung nachweisen lässt, dass die in der Satzung bestimmten Abgabesätze - gleichsam zufällig - nicht aufwandsüberschreitend sind (vgl. Senatsurteil vom 21. November 2007 - 2 LB 31/07 -, LS und Rn. 31 ff, juris).

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin ist eine Ermessensüberprüfung durch das Gericht bei Vorlage der Unterlagen zu der Satzung grundsätzlich möglich. Insoweit ist nicht entscheidend, dass jeder, der die Satzung beschlossen hat, dies auch aus denselben Ermessenserwägungen getan hat. Vielmehr ist es erforderlich, dass der Satzungsbeschluss auf Ermessenserwägungen gestützt wurde, die für jeden einsehbar und in einem gewissen Umfang auch belegbar sind. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin müssen danach alle für die Bemessung der Höhe des Allgemeininteresses wesentlichen Aspekte berücksichtigen. Damit der Satzungsgeber sämtliche Erwägungen berücksichtigen kann, müssen sie sich aus den der Stadtvertretung vorgelegten Unterlagen - etwa der Sitzungsvorlage, der Kalkulation und deren Anlagen oder sonstigen Unterlagen und/oder dem Protokoll der Sitzung der Stadtvertretung - ergeben. Es muss deutlich werden, dass sich der Ortsgesetzgeber bei seiner Entscheidung an den örtlichen Gegebenheiten orientiert hat. Ausreichend ist es in diesem Zusammenhang auch, dass die wesentlichen Unterlagen in einem vorbereitenden Ausschuss, zum Beispiel dem Finanzausschuss, vorgelegen haben und dort als Entscheidungsgrundlage diskutiert wurden (vgl. ebenso zur Straßenreinigungsgebührensatzung: Senatsurteil vom 15. Mai 2017 - 2 KN 1/16 - Rn. 78 ff, juris).

2. Im Übrigen ist es widersprüchlich, dass Einrichtungen zum einen überwiegend dem Tourismus dienen sollen, zum anderen dann jedoch der touristische Anteil bei der Kalkulation nur unter 50 % liegen soll (so die Wanderwege mit 30%, die Rennkoppel mit 35%, die Grillplätze mit 30%, der Landratspark mit 30% und der Kalkberg mit 30%). Bedenkt man dann noch, dass bereits ein Gemeindeanteil von 30 % ohnehin abgezogen worden ist, spricht dies vielmehr für einen nicht überwiegend touristischen Anteil und stellt bereits die gesamte Kalkulation in Frage. Keine Einrichtungen im Sinne des § 10 Abs. 1 KAG sind die öffentlichen Einrichtungen, die zwar auch von Ortsfremden genutzt werden, die aber nicht mit der besonderen Zweckrichtung auf den Tourismus hin errichtet worden sind. Ist die Zweckbestimmung fraglich, richtet sich die Finanzierung danach, wo der Schwerpunkt der Zweckbestimmung liegt. Denkbar ist daher zwar, dass in einem ersten Schritt die Zweckbestimmung der öffentlichen Einrichtung im Sinne des § 10 Abs. 2 Satz 1 KAG bestimmt und erst in einem zweiten Schritt dann die tatsächliche Nutzung anhand der Prozentsätze dargestellt wird. Jedoch sind auch hier die Überlegungen des Satzungsgebers, die der Kalkulation insoweit zugrunde liegen, nicht hinreichend dargelegt und dokumentiert worden. Auch insoweit gilt: Es steht dem Senat nicht zu, sich eigene Begründungen auszudenken, um Widersprüche und Fehler der Kalkulation zu beseitigen.

So verhält es sich auch bei der auf der Grundlage der Belegungstage mit 35 % tourismusbedingtem Anteil in die Kalkulation eingestellten Rennkoppel. Dient die Rennkoppel in erster Linie der Benutzung durch die Gemeindeeinwohner, dann ist eine Finanzierung über die Tourismusabgabe unzulässig und der Aufwand für die Rennkoppel damit dann auch nicht anteilig zu veranschlagen. Erst wenn die Einrichtung in erster Linie dem Tourismus dient, handelt es sich um eine Erholungseinrichtung und der Aufwand kann - zumindest teilweise - über die Abgabe finanziert werden. Ob dies der Fall ist, erschließt sich aus dem vorgelegten Vermerk der Kämmerei schon nicht. Allerdings spricht die Argumentation des Antragstellers, die Rennkoppel sei der Landesturnierplatz für den Pferderennsport, auf dem eigene Veranstaltungen des Landesreitverbandes durchgeführt würden, zu denen aus dem gesamten Bundesland Personen zu den Turnieren anreisten, eher für als gegen eine touristische Zweckbestimmung. Bei den angereisten Personen aus dem gesamten Bundesland wird es sich nicht nur um Teilnehmer, sondern auch um Zuschauer handeln, die - ebenso wie die Turnierteilnehmer - auch weitere touristische Aktivitäten in der Stadt wahrnehmen können. Insoweit wird die touristische Attraktivität der Stadt gesteigert. Ist die Rennkoppel in erster Linie für diesen Zweck (Landesturnierplatz) errichtet, dient sie dem Tourismus.

IV. Da die angegriffene Satzung nach den vorstehenden Ausführungen bereits unwirksam ist, bedarf es zur Rechtmäßigkeit des Vorteils- und Gewinnsatzes keiner weiteren Ausführungen.

Insoweit merkt der Senat jedoch an, dass entgegen der Ansicht des Antragstellers es rechtlich nicht zu beanstanden ist, bei der Bemessung des Vorteilssatzes Gruppen zu bilden, die Stufen in 20 %-Schritten vorsehen. Gewisse Typisierungen und Vereinheitlichungen sind bei der Festlegung der einzelnen Bemessungsmerkmale für die Abgabehöhe nicht nur zulässig, sondern praktisch unumgänglich (Thiem/Böttcher, Kommunalabgabengesetz Schleswig-Holstein, Kommentar, 21. Lief, Stand Januar 2017, § 10 Rn. 184 d). So ist es rechtmäßig, eine Frauenärztin - ebenso wie hier Zahnärzte und Fachärzte - mit einem fremdenverkehrsbedingten Umsatz von 4,8 % in die 25 %-Stufe einzuteilen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. November 2004 - 2 MB 147/04 -; Thiem/Böttcher, aaO, Rn. 202a). Die Bildung von vier Vorteilsstufen ist vom Senat bislang als ausreichend angesehen worden, weil der Satzungsgeber bei der Bildung der Beitragstypen und der Beitragssätze nicht jeder Verschiedenheit in der wirtschaftlichen Auswirkung des Tourismus auf die einzelnen Berufsgruppen oder Betriebsarten Rechnung zu tragen braucht (vgl. Senatsurteil vom 17. März 2008 - 2 LB 40/07 - Rn. 30, juris). An dieser Rechtsprechung wird festgehalten.

Der Antragsteller hat auch keine durchgreifenden Argumente hiergegen vorgebracht. Soweit er meint, dass die Bäckereien und Lebensmitteleinzelhandelsgeschäfte falsch bemessen seien, kann dies ebenfalls nicht zum Erfolg verhelfen. Insoweit ist es dem pauschalierten Stufensystem immanent, dass die einzelnen Positionen nicht noch einmal einzeln bewertet werden. Nur eine Willkürprüfung steht dem Gericht zu. Dass hier eine Einteilung von bestimmten Betrieben in die jeweilige Gruppe willkürlich erfolgt sein soll, hat der Antragsteller weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich.

Soweit der Antragsteller die Einordnung der Fahrschulen für fehlerhaft hält, da sie nur mittelbare Vorteile erwirtschafteten und damit überhaupt nicht zum Kreis der Abgabepflichtigen gehören dürften, kann dies nicht durchgreifen. Vorteile können unmittelbar oder mittelbar vorhanden sein. Unmittelbare Vorteile haben Personen, Personenvereinigungen, Unternehmen und Betriebe, die am Tourismus im Anerkennungsgebiet unmittelbar beteiligt sind; mittelbare Vorteile haben diejenigen, die mit den am Tourismus unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Tourismus notwendigen Bedarfsdeckung Geschäfte tätigen. Nach dem in Schleswig-Holstein geltenden Landesrecht wird die Tourismusabgabepflicht sowohl durch das Vorliegen eines unmittelbaren, als auch eines - nur - mittelbaren Vorteils ausgelöst (vgl. Senatsurteile vom 4. Oktober 1995 - 2 L 220/95 - Rn. 17, 19, juris und vom 24. September 2008 - 2 LB 16/08, LS 1, Rn. 10, juris). Bei den Fahrschulen ist jedenfalls von einem mittelbaren Vorteil durch den Tourismus auszugehen, da die Fahrschulen von Beförderungsunternehmen und im Tourismus Beschäftigten, die auf ihren Führerschein angewiesen sind, profitieren können. Es reicht die Möglichkeit eines Vorteils aus.

Offen lässt der Senat, ob die Festsetzungen des Gewinnsatzes anhand der Mittelwerte aus den Richtsatzsammlungen unterschiedlicher Jahre rechtmäßig sind. Insoweit merkt der Senat an, dass es im Sinne der Abgabengerechtigkeit erforderlich ist, dass möglichst alle Abgabepflichtigen nach demselben Verfahren beurteilt werden. Der Ersatzmaßstab muss daher eine auf den Einzelfall beschränkte Ausnahme bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3, § 161 Abs. 2 VwGO. Für den für erledigt erklärten Teil hat die Antragsgegnerin die Kosten zu tragen, weil sie die Übernahme der Kosten erklärt hat; insoweit ist die Entscheidung unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Gründe, die die Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (vgl. § 132 Abs. 2 VwGO), liegen nicht vor.