OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.02.2020 - Verg 1/19
Fundstelle
openJur 2020, 6780
  • Rkr:
Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - der Beschluss der Vergabekammer Rheinland vom 4. Januar 2019 (VK K 40/18) in den Ziffern 1 und 2 des Beschlusstenors aufgehoben. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren in den Stand vor der Bekanntmachung der Vorinformation über die Direktvergabe für den Betrieb von Personenverkehrsdiensten auf dem Linienbündel der Linien ... und "Citybus" ihres Stadtverkehrs zurückzuversetzen und bei erneuter Durchführung die Rechtsauffassung des Vergabesenats zu berücksichtigen.

2. Der Antrag der Antragstellerin vom 16. Mai 2019, den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 S. 2 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen, wird abgelehnt.

3. Der Antrag der Antragstellerin vom 23. Oktober 2019 auf Aufhebung der Beiladung der Beigeladenen zu 2) wird abgelehnt.

4. Der Antrag der Antragstellerin vom 13. November 2019 auf ergänzende Akteneinsicht wird abgelehnt.

5. Der Antrag der Antragstellerin vom 13. November 2019 auf Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 ZPO in Verbindung mit § 73 Nr. 2 GWB und § 175 Abs. 2 GWB wegen Vorgreiflichkeit des beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 13. März 2019, 1 BR 18/19) wird abgelehnt.

6. Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer tragen die Antragstellerin 20 % und die Antragsgegnerin 80 %. Die Antragsgegnerin trägt 80 % der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin; die Antragstellerin trägt 20 % der zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin. Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre jeweiligen Aufwendungen selbst.

7. Die Hinzuziehung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

8. Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf € 595.000,00.

Gründe

I.

Mit europaweiter Bekanntmachung vom 29. Juni 2018 (Supplement zum Amtsblatt, Bekanntmachungsnummer 2018/S 123-280769) kündigte die Antragsgegnerin gemäß Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 die "Direktvergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages über öffentliche Personenverkehrsdienste im Straßenpersonennahverkehr" an die Beigeladene zu 1) mit Wirkung zum 1. Oktober 2019 an.

Der Auftrag sollte die Erbringung der im Beschlusstenor bezeichneten Busverkehrsleistungen auf dem Gebiet der Antragsgegnerin einschließlich abgehender Linienabschnitte umfassen und in Form einer Dienstleistungskonzession vergeben werden (Ziffer II.1.3 der Bekanntmachung). Die Verkehrsleistungen sollten circa ... Jahres-Fahrplan-Kilometer (Ziffer II.2 der Bekanntmachung) mit einem geschätzten jährlichen Auftragswert von € ... betragen, wobei als Laufzeit des gesamten Auftrags zehn Jahre ab Auftragsvergabe vorgesehen waren (Ziffer II.3 der Bekanntmachung). Nach Ziffer IV.1) der Bekanntmachung sollte der Auftrag an "einen internen Betreiber (Art. 5.2 von 1370/2007)" vergeben werden.

Die Antragsgegnerin ist in ihrem Gebiet Aufgabenträger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Antragstellerin ist ein im Gebiet der Antragsgegnerin tätiges Verkehrsunternehmen. Bei dem vorgesehenen internen Betreiber handelt es sich um die Beigeladene zu 1), eine im Alleineigentum der Antragsgegnerin stehende Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die selbst keine Fahrleistungen im öffentlichen Nahverkehr erbringt und über keine eigenen Fahrzeuge verfügt. Sie beabsichtigt, den überwiegenden Teil der Personenverkehrsdienste durch die Beigeladene zu 2), ein kommunales Verkehrsunternehmen, erbringen zu lassen.

In dem Entwurf für einen Öffentlichen Dienstleistungsauftrags (im Folgenden Vertrags-E) heißt es in der Präambel, dass "die Direktvergabe [...] in der Form einer Dienstleistungskonzession im Sinne der Richtlinie 2014/23/EU [erfolgt]". Nach § 1 Vertrags-E, in dem der Gegenstand der "gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen" beschrieben wird, heißt es in Absatz 5:

"Die [Beigeladene zu 1)] erbringt die Verkehrsleistungen im eigenen Namen und für eigene Rechnung; sie trägt die notwendigen Aufwendungen und übernimmt das Betriebsrisiko (Nachfrage-/Angebotsrisiko) sowie das Risiko der Leistungserstellung und der Höhe der Fahrgeldeinnahmen. Ihr stehen die Einnahmen aus den Fahrscheinverkäufen [...und] die entsprechenden Fahrgeldersatzeinnahmen zu." (Eckig Eingeklammertes im gesamten Beschlussdokument durch Senat)

Regelungen zur Fortschreibung des Anforderungsprofils werden in § 3 Vertrags-E getroffen, wobei sich die Antragsgegnerin gemäß § 3 Abs. 4 und Abs. 5 Vertrags-E zum Ausgleich der durch die Fortschreibung verursachten Mehrausgaben verpflichten will. Die Finanzierung und Deckelung der von der öffentlichen Hand geleisteten Ausgleichszahlungen wird in §§ 4 und 5 Vertrags-E geregelt. In § 5 Vertrags-E heißt es unter anderem:

"(1) Die [Beigeladene zu 1)] trägt das Betriebsrisiko nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen und der Anlage 7 zur Ausgestaltung des Risikosystems.

(2) Für die Vorabfestlegung der jährlichen Ausgleichsleistungen ist die für einen Vierjahreszeitraum festgelegte Ergebnislinie [...] maßgeblich. [...] Die Ergebnislinie wird nach den Prinzipien der Anlage 7 ermittelt.

Der [Beigeladenen zu 1)] wird rechnerisch ein angemessener Gewinn in Höhe von 3 % der in der Ergebnislinie angesetzten Sollkosten gewährt, der den Soll-Ausgleich erhöht. [...]

(3) Die [Beigeladene zu 1)] trägt das Risiko, dass der in der Ist-Trennungsrechnung festgestellte finanzielle Nettoeffekt in einem vierjährigen Ausgleichszeitraum die Summe der Soll-Ausgleiche gemäß der beschlossenen Ergebnislinie [...] übersteigt. Innerhalb des Ausgleichszeitraums sind Über- und Unterschreitungen des jährlichen Soll-Ausgleichs zu saldieren. Weist der Saldo für einen Ausgleichszeitraum eine Überschreitung des Soll-Ausgleichs auf, muss der Saldo (Last) gemäß dem Ergebniskonto vom Verkehrsbetrieb in nicht ergebniswirksamer Weise getragen werden. [...]"

Der Vertrags-E legt in § 6 zudem fest, dass die Beigeladene zu 1) für ihre "Sparte Verkehr" eine Trennungsrechnung zu erstellen hat, die die Erträge und Aufwendungen, die durch das ÖPNV-Leistungsangebot verursacht werden und diesem zuzurechnen sind, gesondert ausweisen und von den Einnahmen und Ausgaben aus den übrigen Tätigkeiten der Beigeladenen zu 1) trennen. Die Antragsgegnerin beabsichtigt, in den Vertrags-E eine Regelung einzufügen, die klarstellt, dass die Beigeladene zu 1) das Risiko einer Ergebnisverfehlung in der Verkehrssparte selbst trägt und dass Gewinne aus der Versorgungssparte der Beigeladenen zu 1) nicht zum Ausgleich etwaiger Verluste in der Verkehrssparte verwendet werden dürfen (Ss. v. 18. Oktober 2019, S. 7, Bl. 94 d.GA.).

Mit Schreiben vom 6. August 2018 rügte die Antragstellerin die beabsichtigte Direktvergabe. Die Verordnung (EG) 1370/2007 sei nicht anwendbar, weil es sich bei der zu vergebenden Leistung um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag handele. Der Auftrag hätte in Lose aufgeteilt werden müssen. In der Bekanntmachung fehlten Angaben über Art und Umfang der Vergabe von Unteraufträgen. Der Eigenbetrieb sei nicht transparent nachgewiesen und die beabsichtigte Direktvergabe "im Wege eines Inhouse-Kontraktes" verstoße gegen das EU-Beihilfenrecht.

Die Antragsgegnerin half der Rüge mit Schreiben vom 20. August 2018 nicht ab.

Die Antragstellerin hat am 4. September 2018 einen Nachprüfungsantrag gestellt und zusätzlich gerügt, dass die Voraussetzungen von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007, die Anwendbarkeit der Vorschrift unterstellt, nicht vorlägen.

Sie hat beantragt,

der Antragsgegnerin die Direktvergabe von öffentlichen Personenverkehrsdiensten an die Beigeladene zu 1) nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 entsprechend der im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 29. Juni 2018 veröffentlichten Bekanntmachung zu untersagen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, bei fortbestehender Beschaffungsabsicht den Auftrag nur nach Durchführung eines förmlichen Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des Vierten Teils des GWB und nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu vergeben.

Der Antragsgegner hat beantragt,

den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Der Nachprüfungsantrag sei unzulässig. Die entsprechend § 135 Abs. 2 S. 2 GWB für die Antragstellung geltende Frist sei abgelaufen. Dem Antrag fehle teilweise das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Antragstellerin lediglich die Einhaltung der Anforderungen nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 und nicht die Durchführung einer Wettbewerbsvergabe beanspruchen könne. Der Nachprüfungsantrag sei auch unbegründet. Da der geplante öffentliche Dienstleistungsauftrag im Wege einer gesellschaftsrechtlichen Weisung an die Geschäftsführung der Beigeladenen zu 1) vergeben und die Form einer Dienstleistungskonzession annehmen werde, liege kein entgeltlicher Dienstleistungsauftrag vor, mit der Folge, dass die Vergabe Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 unterfalle.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 4. Januar 2019 der Antragsgegnerin untersagt, den Zuschlag auf den öffentlichen Dienstleistungsauftrag der Beigeladenen zu 1) zu erteilen, und sie bei fortbestehender Beschaffungsabsicht verpflichtet, den Auftrag nur nach vorheriger Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des Vierten Teils des GWB zu vergeben. Der Nachprüfungsantrag sei gemäß § 8a Abs. 7 PBefG statthaft. Der Nachprüfungsantrag sei weder verfristet noch verwirkt. Die in § 135 Abs. 2 S. 2 GWB genannte Frist gelte hier nicht. Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Die Voraussetzungen für eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 S. 1 und 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 lägen nicht vor, weil die Beigeladene zu 2) öffentliche Personenverkehrsdienste auch außerhalb des Zuständigkeitsgebiets der Antragsgegnerin erbringe.

Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde. Der Nachprüfungsantrag sei jedenfalls unbegründet, weil die beabsichtigte Direktvergabe sowohl den Anforderungen von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 als auch denen von § 108 GWB entspreche.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben und den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin vom 4. September 2018 zurückzuweisen sowie die Hinzuziehung ihrer Verfahrensbevollmächtigten vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären.

Die Antragstellerin beantragt,

1. die sofortige Beschwerde zurückzuweisen und

2. ihr Einsicht in die seit September 2018 fortgeschriebene Vergabeakte der Antragsgegnerin und einen Schriftsatznachlass für ergänzenden Vortrag hierauf zu gewähren;

3. die Beiladung der Beigeladenen zu 2) aufzuheben;

4. die Sache dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 S. 1 GWB wegen beabsichtigten Abweichungen vom Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14. Oktober 2019 (Verg 16/19) vorzulegen;

5. dem Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 AEUV die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

a. Steht, wenn eine einzelne zustände Behörde ein Inhouse-Geschäft oder gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag direkt an einen internen Betreiber vergibt, es der gemeinsamen Kontrolle dieser Behörde zusammen mit den weiteren Gesellschaftern des internen Betreibers entgegen, wenn die Befugnis zur Intervention im öffentlichen Personenverkehr in einem bestimmten geografischen Gebiet zwischen der einzelnen zuständigen Behörde und einer Gruppe von Behörden, die integrierte öffentliche Personenverkehrsdienste anbietet, aufgeteilt ist, beispielsweise indem die Befugnis zur Vergabe von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen an einen internen Betreiber bei der einzelnen zuständigen Behörde verbleibt, die Aufgabe Tarif aber von einem Zweckverband Verkehrsverbund wahrgenommen wird, dem neben der einzelnen Behörde weitere in ihren geografischen Gebieten zuständige Behörde angehören, bei dem die zuständige Behörde aber nicht Mitglied ist?

b. Schließt es Art. 4 Abs. 7 der Verordnung (EG) 1370/2007 mit der Verpflichtung, für den Fall, dass der betraute Betreiber Unteraufträge vergibt, einen bedeutenden Teil der Personenverkehrsdienste selbst zu erbringen, aus, dass der interne Betreiber diesen überwiegenden Teil der Dienste durch eine Gesellschaft erbringen lässt, an der er ... % der Geschäftsanteile hält und die übrigen Gesellschaftsanteile mittelbar oder unmittelbar von anderen zuständigen Behörden gehalten werden?

6. hilfsweise für den Fall, dass der Zurückweisungsantrag nicht in vollem Umfang Erfolg haben sollte, den Rechtsstreit gemäß § 17a Abs. 2 S. 2 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen;

7. hilfsweise für den Fall, dass der Senat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin weder zurückweisen noch das Verfahren wegen einer Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union oder an den Bundesgerichtshof aussetzen sollte, die Sache entsprechend § 148 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über den Vorlagebeschluss des Bundesfinanzhofs vom 13. März 2019, BR 18/19, auszusetzen.

Über die bereits vor der Vergabekammer geltend gemachten Verstöße hinaus rügt sie Dokumentationsmängel und fehlende Vergabereife. Werde der Gerichtshof der Europäischen Union die vom Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 13. März 2019 vorgelegte Frage, ob Steuerbegünstigungen für dauerhaft defizitäre Tätigkeiten öffentlicher Unternehmen als staatliche Beihilfe zu qualifizieren sind, bejahen, werde das von der Antragsgegnerin beabsichtigte Finanzierungsmodell scheitern. Zudem stehe die beabsichtigte Direktvergabe unter dem Vorbehalt einer verbindlichen Auskunft durch das Finanzamt, die sich nicht kurzfristig ausräumen lasse. Die Einsichtnahme in die fortgeschriebene Vergabeakte sei erforderlich, weil die Antragsgegnerin ausweislich ihrer bisherigen Vergabedokumentation eine Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 beabsichtigt habe und sich keine Anhaltspunkte für den Abschluss eines Inhouse-Geschäfts fänden. Tatsachen, die den zu vergebenden Vertrag als Dienstleistungskonzession qualifizieren, seien weder in der Vorinformation noch in der Vergabeakte dokumentiert. Zudem regt sie an, die Sache im Wege der Divergenzvorlage dem Bundesgerichtshof wegen Abweichens von dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 14. Oktober 2019 (Verg 16/19) sowie dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung über die Auslegung von Art. 5 Abs. 2, Art. 4 Abs. 7 und Art. 7 der Verordnung (EG) 1370/2007 vorzulegen. Die Beiladung der Beigeladenen zu 2) sei aufzuheben, weil diese durch die Entscheidung nur in ihren wirtschaftlichen Interessen berührt werde.

Die mit Schreiben der Vergabekammer vom 5. September 2018 bzw. vom 31. Oktober 2018 zum Verfahren hinzugezogenen Beigeladenen haben jeweils keinen Antrag gestellt und sich auch nicht durch Einreichen von Schriftsätzen am Verfahren beteiligt.

Der Senat hat die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass sie nicht vorgetragen hat, in welchem Umfang die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit für die Antragsgegnerin erbringt.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin hat nur zu einem geringen Teil Erfolg, weil der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin im Wesentlichen zulässig (unten 1.) und begründet (unten 2.) ist. Lediglich der Antrag der Antragstellerin auf eine Vergabe nach den Vorschriften des Vierten Teils des GWB bleibt erfolglos, weil eine rechtmäßige Direktvergabe nicht ausgeschlossen ist und es der Antragsgegnerin obliegt zu prüfen, ob und wie eine Direktvergabe vorgenommen werden kann (unten 3.).

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist überwiegend zulässig.

a. Er ist statthaft. Der Rechtsweg zu den Vergabenachprüfungsinstanzen ist eröffnet. Dies folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 8a Abs. 2 Satz 1, Abs. 7 Satz 1 PBefG (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2019, VII-Verg 16/16). Nach Absatz 2 dieser Vorschrift gilt der 4. Teil des GWB, wenn öffentliche Dienstleistungsaufträge im Sinne der Verordnung (EG) 1370/2007 für den Verkehr mit Straßenbahnen, Bussen oder mit Kraftfahrzeugen zugleich öffentliche Aufträge im Sinne des § 99 GWB a.F. sind. Absatz 7 der Regelung sieht vor, dass die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags nach Art. 5 Abs. 2 bis 5 der Verordnung (EG) 1370/2007 der Nachprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen unterliegt. Nach Auffassung des Senats gilt die Rechtswegzuweisung auch dann, wenn der öffentliche Auftraggeber zwar die Absicht einer Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 bekanntgegeben hat, tatsächlich aber die Regeln über ein sogenanntes Inhouse-Geschäft anwendbar sind. Zwar sind die durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz in das GWB eingeführten Voraussetzungen eines sogenannten Inhouse-Geschäfts in § 108 GWB als Bereichsausnahme formuliert, mit der Folge, dass bei deren Vorliegen der 4. Teil des GWB keine Anwendung findet. Dies bedeutet vorliegend aber nicht, dass eine Überprüfung durch die Vergabenachprüfungsinstanzen ausscheidet. Vielmehr sind in diesem Fall die Voraussetzungen einer Inhouse-Vergabe bzw. des § 108 GWB im Rahmen der Begründetheit zu prüfen (Senatsbeschluss vom 18. Dezember 2019, VII-Verg 16/16; OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 30. Januar 2014, 11 Verg 15/13 - juris, Rn. 39 f.), wie eine Auslegung der in § 8a Abs. 2 S. 1, Abs. 7 PBefG getroffenen Regelungen ergibt. Dem Gesetzgeber stand, wie den Gesetzesmaterialien entnommen werden kann (vgl. BT-Drs. 17/8233, S. 23), bei Schaffung des am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen § 8a Abs. 7 Satz 1 PBefG die seinerzeitige Rechtsprechung des Senats vor Augen, der sich in Fällen der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 im Hinblick auf Art. 5 Abs. 7 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 mittels einer analogen Anwendung von § 102 GWB a.F. als Vergabenachprüfungsinstanz für zuständig erklärt hatte (Senatsbeschluss vom 2. März 2011, VII-Verg 48/10 - juris, Rn. 38 ff.; dem Senat folgend OLG München, Beschluss vom 22. Juni 2011, VII-Verg 6/11 - juris, Rn. 55; vgl. auch Fehling in Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Auflage, § 8a Rn. 81). In dem in den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 17/8233, S. 23) zitierten Beschluss ging der Senat - wie später auch weitere Vergabesenate (vgl. z.B. OLG München, Beschluss vom 31. März 2016, Verg 14/15 - juris, Rn. 149) - noch davon aus, dass die Inhouse-Vergabe von Dienstleistungsaufträgen im Sinne der Vergaberichtlinien, die seinerzeit noch nicht kodifiziert war, dem Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 unterfällt (vgl. Senatsbeschluss vom 2. März 2011, VII-Verg 48/10 - juris, Rn. 62). In der Literatur ist daraus - aus damaliger Sicht zutreffend - geschlussfolgert worden, dass § 8a Abs. 7 Satz 1 PBefG Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Dienstleistungskonzessionen und -aufträgen sowie eine Rechtswegspaltung ausschließt (vgl. Fehling in Heinze/Fehling/Fiedler, Personenbeförderungsgesetz, 2. Auflage, § 8a Rn. 8). Eine Rechtswegspaltung entspricht aber weder dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers noch dem Sinn und Zweck der von ihm geschaffenen gesetzlichen Regelung. Vielmehr sollen sie zu einer Zuständigkeitskonzentration für sämtliche Streitigkeiten aus Vergaben von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen im Sinne von Art. 2 lit. i) der Verordnung (EG) 1370/2007 bei den Vergabenachprüfungsinstanzen führen (vgl. BT-Drucksache 17/8233, S. 23). Sollte daher durch die Urteile des Europäischen Gerichtshofs vom 21. März 2019 - C-266/17 und C-267/17 - und vom 8. Mai 2019 - C-253/18 -, wonach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 auf die heute in § 108 GWB geregelten Inhouse-Vergaben nicht anwendbar ist, eine Lücke in diesem gewollten rein vergaberechtlichen Rechtsschutzsystem entstanden sein, ist diese zur Vermeidung einer Rechtswegspaltung durch eine entsprechende Anwendung des § 8a Abs. 7 S. 1 PBefG zu schließen.

b. Die Antragstellerin ist im Sinne von § 160 Abs. 2 GWB überwiegend antragsbefugt. Sie hat ihr Interesse an dem Auftrag durch ihre Rüge bekundet. Unschädlich ist, dass die Antragstellerin selbst kein Angebot abgegeben hat, weil sie gerade durch die von ihr gerügte beabsichtigte Direktvergabe des Auftrags an die Beigeladene zu 1) an der Angebotsabgabe gehindert war.

Die Antragsbefugnis, die für jede erhobene vergaberechtliche Beanstandung gesondert zu prüfen ist (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2019, VII-Verg 43/18; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018, § 160 Rn. 6), fehlt ihr aber insoweit, als sie Falschbezeichnungen (Ankündigung als Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007) und fehlende Angaben in der Vorabbekanntmachung (Bedingungen für eine Unterauftragsvergabe und den Wert des Anteils der Unterauftragsvergabe) rügt. Diese Vergaberechtsverstöße bleiben folgenlos, weil die Antragstellerin nicht dargetan hat, dass ihr hierdurch ein Schaden im Sinne von § 160 Abs. 2 GWB droht (vgl. BGH, Beschluss vom 12. November 2019, XIII ZB 120/19 - Rn. 46 ff.; Senatsbeschluss vom 3. Juli 2019, VII-Verg 51/16). Es kann nicht festgestellt werden, dass die behaupteten Fehler Auswirkungen auf die Zuschlagschance der Antragstellerin hatten, weil der Antragstellerin auch bei zutreffenden Angaben in der Vorinformation eine Angebotsabgabe nicht möglich gewesen wäre. Die Antragsbefugnis fehlt der Antragstellerin auch insoweit, als sie die "fehlende Vergabereife" rügt. Mit dem Begriff der Vergabereife hat der Senat in der Vergangenheit unter anderem die Forderung an den öffentlichen Auftraggeber umschrieben, die rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen für den Beginn der Leistungsausführung zu schaffen (Senatsbeschluss vom 19. September 2018, VII-Verg 17/18). Diese Anforderung enthält in Verfahren einer Direktvergabe jedoch keinen bieterschützenden Charakter (Senatsbeschluss vom 19. Dezember 2019, VII-Verg 16/16). Kann eine Direktvergabe an einen internen Betreiber - wie hier von der Antragstellerin behauptet - nicht wie vom öffentlichen Auftraggeber ursprünglich geplant abgeschlossen werden, werden allenfalls Rechte des internen Betreibers und des öffentlichen Auftraggebers selbst berührt.

c. Die Antragstellerin hat die behaupteten Vergaberechtsverstöße rechtzeitig gerügt und ihren Nachprüfungsantrag fristgerecht erhoben. Anders als die Antragsgegnerin meint, konnte die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag in analoger Anwendung von § 135 Abs. 2 S. 2 GWB nicht nur innerhalb von 30 Kalendertagen nach Veröffentlichung der Bekanntmachung stellen. Diese Vorschrift ist - wie die Antragsgegnerin selbst einräumt - nach ihrem Wortlaut nicht einschlägig, weil es weder an einer Bekanntmachung fehlt noch die Unwirksamkeit eines Vertrages festgestellt werden soll; sie findet auch keine entsprechende Anwendung bei Nachprüfungsverfahren gegen die beabsichtigte Direktvergabe, die im Amtsblatt der Europäischen Union bekanntgemacht wurde (Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2019, VII-Verg 43/18). Es fehlt sowohl an der Vergleichbarkeit der Fälle als auch an einer Regelungslücke. Der Vorschrift des § 135 Abs. 2 GWB liegt der Gedanke zugrunde, dass die schwebende Wirksamkeit eines geschlossenen Vertrages nach einer bestimmten Zeitspanne ein Ende finden soll. Bei der Bekanntmachung einer beabsichtigten Direktvergabe geht es jedoch nicht um die schwebende Wirksamkeit eines Vertrags. Eine Beauftragung soll überhaupt erst ausgesprochen werden. Überdies stünde die entsprechende Anwendung von § 135 Abs. 2 GWB in Widerspruch zu § 8a Abs. 5 S. 2 PBefG. Wenn am Auftrag interessierten Unternehmen gemäß § 8a Abs. 5 S. 2 PBefG eine Frist von sechs Monaten für einen Antrag auf Mitteilung der Gründe für eine Direktvergabe eingeräumt wird, die in der Regel erst der Vorbereitung eines etwaigen Nachprüfungsantrags dient, leuchtet nicht ein, dass die bekanntgemachte Vorinformation innerhalb einer Frist von 30 Kalendertagen mit einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren angegriffen werden muss.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist, soweit zulässig, überwiegend begründet.

Die beabsichtigte Direktvergabe ist weder nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 noch als Inhouse-Vergabe nach § 108 GWB zulässig. Ob sie zusätzlich gegen andere Vorschriften des Vergaberechts verstößt, bedarf keiner Entscheidung.

a. Die Möglichkeit der Direktvergabe nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 besteht nicht, weil die genannte Vorschrift im Fall nicht anwendbar ist.

aa. Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 21. März 2019 (C-266/17 und C-267/17) und vom 8. Mai 2019 (C-253/18) sind Art. 5 Abs. 2 bis 6 der Verordnung (EG) 1370/2007 nicht anwendbar auf Direktvergaben von Verträgen über öffentliche Personenverkehrsdienste mit Bussen, die nicht die Form von Dienstleistungskonzessionen annehmen. Direktvergaben für den öffentlichen Busverkehr sind öffentliche Dienstleistungsaufträge, für die Art. 5 Abs. 1 S. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 gilt, ungeachtet, ob diese durch den Abschluss eines Vertrages oder - wie hier - durch rechtverbindlichen Akt einer gesellschaftsrechtlichen Weisung erfolgen (BGH, Beschluss vom 12. November 2019, XIII ZB 120/19 - Rn. 31). Auf die Beantwortung der von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 5. Dezember 2019 formulierten Vorlagefragen 5.a) zur Auslegung von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) 1370/2007 kommt es nicht an.

bb. Die Voraussetzungen einer Dienstleistungskonzession, die zur Anwendung der Verordnung (EG) 1370/2007 führen würde, sind nicht erfüllt.

(1) Eine Dienstleistungskonzession unterscheidet sich von einem Dienstleistungsauftrag dadurch, dass die Gegenleistung für die Erbringung der Dienstleistung entweder ausschließlich in dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises besteht. Ob und inwieweit der Konzessionär bei der Verwertung der ihm übertragenen Leistung tatsächlich den Risiken des Marktes ausgesetzt ist und er das Betriebsrisiko ganz oder zumindest zu einem wesentlichen Teil übernimmt, hängt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs von den Umständen des Einzelfalls ab (EuGH, Urteile vom 10. März 2011, C-274/09 - juris, Rn. 22 ff., und vom 10. November 2011, C-348/10 - juris, Rn. 43 ff.; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - juris, Rn. 34). Maßgeblich ist, ob der Auftragnehmer das Betriebsrisiko vollständig oder zumindest zu einem wesentlichen Teil trägt. Unter dem Betriebsrisiko ist das Risiko zu verstehen, den Unwägbarkeiten des Marktes ausgesetzt zu sein, das sich im Risiko der Konkurrenz durch andere Wirtschaftsteilnehmer, dem Risiko eines Ungleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage, dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit derjenigen, die die Bezahlung der erbrachten Dienstleistungen schulden, dem Risiko einer nicht vollständigen Deckung der Betriebsausgaben durch die Einnahmen oder dem Risiko der Haftung für einen Schaden im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten bei der Erbringung der Dienstleistung äußern kann. Hingegen sind Risiken, die sich aus einer mangelhaften Betriebsführung oder aus Beurteilungsfehlern des Wirtschaftsteilnehmers ergeben, für die Einordnung eines Vertrags als öffentlicher Dienstleistungsauftrag oder als Dienstleistungskonzession nicht entscheidend, da diese Risiken jedem Vertrag immanent sind, gleichgültig ob es sich dabei um einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder um eine Dienstleistungskonzession handelt. Soll, wie hier, neben dem Recht zur Nutzung der Dienstleistung zusätzlich ein Preis gezahlt werden, kann der Vertrag jedenfalls dann nicht als Dienstleistungskonzession angesehen werden, wenn die zusätzliche Vergütung oder (Aufwands-)Entschädigung ein solches Gewicht hat, dass ihr bei wertender Betrachtung kein bloßer Zuschusscharakter mehr beigemessen werden kann, sondern sich darin zeigt, dass die aus der Erbringung der Dienstleistung möglichen Einkünfte allein ein Entgelt darstellen würden, das weitab von einer äquivalenten Gegenleistung läge (EuGH, Urteile vom 10. März 2011, C-274/09 - juris, Rn. 22 ff., und vom 10. November 2011, C-348/10 - juris, Rn. 43 ff.; BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10, BGHZ 188, 200 - juris, Rn. 34; Senatsbeschluss vom 21. Juli 2010, VII-Verg 19/10).

(2) Diese Maßstäbe zugrunde gelegt, lässt sich nicht feststellen, dass die Antragsgegnerin die Vergabe eines Dienstleistungsauftrags in der Form einer Dienstleistungskonzession beabsichtigt. Zwar soll ausweislich der Vorinformation der Auftrag die Form einer Dienstleistungskonzession annehmen (Ziff. II.1.3 der Bekanntmachung). Der Vertragsentwurf für den Öffentlichen Dienstleistungsauftrag macht in seiner Präambel ebenfalls deutlich, dass die Antragsgegnerin die Direktvergabe "in der Form einer Dienstleistungskonzession" beabsichtigt.

Aus den Vergabeunterlagen und dem Vorbringen der Antragsgegnerin ergibt sich indes nicht, dass die Beigeladene zu 1) das mit Übernahme der Busverkehrsdienstleistungen verbundene Betriebsrisiko zu einem wesentlichen Teil selbst tragen soll. Die Beigeladene zu 1) ist in mehrfacher Hinsicht nicht den Unwägbarkeiten des Marktes, der Konkurrenz anderer Wirtschaftsteilnehmer und dem Risiko sinkender Nachfrage sowie einer nicht vollständigen Deckung der Betriebsausgaben ausgesetzt.

Gegen die Annahme einer Dienstleistungskonzession spricht - entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin - nicht schon die Tatsache, dass es sich bei der Beigeladenen zu 1) um ein Einheitsunternehmen mit einer Verkehrs- und Energiesparte handelt und sie daher die Möglichkeit hat, die Verluste aus der Verkehrssparte durch Gewinne aus der Energiesparte auszugleichen. Eine solche "Quersubventionierung" wird durch § 6 Vertrags-E gerade ausgeschlossen. Maßgeblich sind vielmehr folgende gegen eine Dienstleistungskonzession sprechende Umstände:

Die Beigeladenen zu 1) erhält unabhängig von ihrem unternehmerischen Erfolg gemäß § 5 Abs. 2 UAbs. 2 Vertrags-E einen Gewinn von Höhe von ... % der in der Ergebnislinie angesetzten Sollkosten. Darüber hinaus hat sie für den Fall, dass sie mit den Busverkehrsdienstleistungen keine Gewinne erzielt, nur in einem begrenzten Umfang für etwaige Verluste einzustehen. Im Vertrags-E ist vorgesehen, dass die Beigeladene zu 1) von der Antragsgegnerin jährlich Ausgleichsleistungen für einen vorab für vier Jahre festgelegten Maximalverlust erhält. Lediglich in dem Umfang, in dem der festgelegte Maximalverlust überschritten wird, hat die Beigeladene zu 1) die eingetretene Kostenunterdeckung durch das der Verkehrssparte zugewiesene Konto zu finanzieren (§§ 4 und 5 Vertrags-E). Aber auch dieses Risiko wird abgefedert: Innerhalb eines Vierjahreszeitraum können gemäß § 5 Abs. 3 S. 2 Vertrags-E etwaige Verluste mit Mehreinnahmen (Unterschreitungen des Soll-Ausgleichs) in anderen Jahren saldiert werden, so dass für die Finanzierung einer etwaigen Kostenunterdeckung auf das Eigenkapitalkonto nicht zwingend zurückgegriffen werden muss. Dass der für vier Jahre festgelegte Maximalverlust so gering angesetzt wird, dass er in jedem Fall erreicht und ggf. sogar überschritten wird, kann nicht festgestellt werden. Dass - so die Ankündigung der Antragsgegnerin - die Ergebnislinie unter Begleitung eines externen Sachverständigen kalkuliert und die zu erwartenden Kosten über "objektive/externe Indices" über die Laufzeit des Öffentlichen Dienstleistungsauftrags fortgeschrieben werden sollen, lässt diesen Schluss nicht zu. Auch der pauschale Vortrag der Antragsgegnerin, die Höhe des Ausgleichs werde wie bei "einem privaten Verkehrsunternehmen mit entsprechendem Betriebsrisiko" kalkuliert, ist nichtssagend. Die Antragsgegnerin räumt zudem ein, dass eine "belastbare Ermittlung der Ergebnislinie gegenwärtig noch nicht vorliegt" (Ss. v. 9. August 2019, S. 9, Bl. 96 d.GA.) und entsprechende Arbeiten im Hinblick auf das "schwebende Nachprüfungsverfahren" unterbrochen worden sind. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat behauptet hat, im Falle eines dauerhaft defizitärem Betriebs der Verkehrssparte von einer Aufstockung des Eigenkapitals der Beigeladenen zu 1) abzusehen und in "letzter Konsequenz" die Verkehrssparte wegen Zahlungsunfähigkeit "vergleichbar einer Insolvenz" einzustellen, ist auch dieses pauschale Vorbringen durch keine nachprüfbaren Tatsachen belegt und erscheint im Übrigen bei lebensnaher Betrachtung eher unwahrscheinlich. Der vorgelegten Vergabedokumentation lässt sich zudem nicht entnehmen, dass den von der Antragsgegnerin zu zahlenden Ausgleichsleistungen (§ 4 Abs. 1 Vertrags-E) bloßer Zuschusscharakter zukommt. Wann eine Ausgleichsleistung ein über einen Zuschusscharakter hinausgehendes Gewicht hat, so dass von einer Dienstleistungskonzession nicht ausgegangen werden kann, lässt sich nicht einheitlich durch eine rechnerische Quote festlegen. Es bedarf stets einer alle Umstände des Einzelfalls einbeziehenden Gesamtschau (BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10 - juris, Rn. 33 ff.; OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 2019, Verg 16/19 - juris, Rn. 40), wobei nach der Rechtsprechung des Senats eine Kostendeckung von mindestens 50 % durch den Auftragnehmer ein Indiz für das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession sein kann (Senatsbeschlüsse vom 21. Juli 2010, VII-Verg 19/10 - juris, Rn. 68, und vom 2. März 2011, VII-Verg 48/10 - juris, Rn. 82). Gemessen daran lässt sich ein bloßer Zuschusscharakter der Ausgleichsleistungen nicht feststellen. Die Prognose der Antragsgegnerin, die Beigeladene zu 1) werde 70 % ihrer Kosten selbst tragen, basiert auf dem nicht näher mit Zahlen unterlegten behaupteten aktuellen Kostendeckungsgrad der Verkehrssparte der Beigeladenen zu 1), ohne zu erläutern, welche belastbaren Aussagen hieraus für den gesamten Vertragszeitraum abgeleitet werden können. In dem Vertragsentwurf für den Öffentlichen Dienstleistungsauftrag wird die Beigeladene zu 1) zur Einhaltung einer Kostendeckungsquote nicht verpflichtet.

Abgesehen von den dargestellten Regelungen zu Ausgleichsleistungen bei Verlusten, ist die Beigeladene zu 1) auch nicht in vollem Umfang mit dem wirtschaftlichen Risiko einer veränderten Nachfrage und einer hierdurch bedingten Anpassung ihres Angebots belastet. Nach dem Vertrags-E liegen allein die Reaktionen auf wiederkehrende Großveranstaltungen, Störungen oder die Organisation umleitungsbedingter Angebotsänderungen und Zusatzverkehre in der unternehmerischen Verantwortung der Beigeladenen zu 1) (§ 1 Abs. 3 UAbs. 1 S. 1 und S. 3 Vertrags-E). Die Fortschreibungen des Anforderungsprofils bei markttypischen Veränderungen der Nachfrage - etwa beim Bau neuer Wohnsiedlungen, der Veränderung von Schulstandorten oder bei Großveranstaltungen - werden vollständig durch die Antragsgegnerin ausgeglichen (§ 3 Abs. 4 bis 6 Vertrags-E). Verlangt die Antragsgegnerin eine Fortschreibung des Anforderungsprofils der von der Beigeladenen zu 1) übernommenen gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung, wird der Investitions- und Zeitbedarf "auf der Grundlage einer prüffähigen Kalkulation" der Beigeladenen zu 1) "verbindlich abgestimmt", wobei die Antragsgegnerin die vollständige Finanzierung des durch die Fortschreibung verursachten und mit ihr abgestimmten zusätzlichen Ausgleichs zusichert (§ 3 Abs. 5 Vertrags-E). Das übliche Betriebsrisiko wird ferner dadurch verringert, dass die Beigeladene zu 1) bei der Ausführung des Dienstleistungsauftrags direktem Wettbewerb mit privaten Busunternehmen aller Voraussicht nach nicht ausgesetzt sein wird. So hat die Antragsgegnerin in der Vorinformation der beabsichtigten Direktvergabe (Ziffer VI.1. lit. A) darauf hingewiesen, dass die Erbringung des Stadtverkehrs in ihrem Gebiet bislang nicht kostendeckend möglich war und aus diesem Grund etwaigen Anträgen auf Erteilung einer Genehmigung für eigenwirtschaftliche Verkehre nur geringe Erfolgsaussichten beigemessen wird.

b. Die beabsichtigte Direktvergabe ist auch nicht nach § 108 Abs. 1 GWB zulässig.

Nach dieser Vorschrift ist der Vierte Teil des GWB nicht auf Vergaben von öffentlichen Aufträgen anzuwenden, die von einem öffentlichen Auftraggeber an eine juristische Person vergeben werden, wenn der öffentliche Auftraggeber über die juristische Person eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle (Kontrollkriterium), mehr als 80 Prozent der Tätigkeiten der juristischen Person der Ausführung von Aufgaben dienen, mit denen sie von dem öffentlichen Auftraggeber betraut wurde (Wesentlichkeitskriterium) und keine privaten Beteiligungen an der juristischen Person bestehen.

Diese Voraussetzungen liegen im Verhältnis der Antragsgegnerin zur Beigeladenen zu 1) nicht vor, weil die Antragsgegnerin auch nach Hinweis des Senats nicht vorgetragen hat, dass die Beigeladene zu 1) mehr als 80 % ihrer Tätigkeiten für die Antragsgegnerin erbringt. Die Erfüllung des Wesentlichkeitskriteriums ergibt sich auch nicht aus der Vergabeakte. Vielmehr geht die Antragsgegnerin in ihrem Vergabevermerk selbst davon aus, dass "die Voraussetzungen für eine solche Inhousevergabe [...] aufgrund der Gas- und Wasserversorgungssparte der [Beigeladenen zu 1)] allerdings nicht erfüllt (fehlendes ‚Wesentlichkeitskriterium‘) [sind]" (Bl. 6 d. Vergabeakte).

3. Keinen Erfolg hat der Nachprüfungsantrag, soweit die Antragstellerin begehrt, dem Antragsgegner bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht aufzugeben, die Aufträge jeweils nur nach vorheriger Durchführung eines Vergabeverfahrens nach den Vorschriften des Vierten Teils des GWB zu vergeben. Es obliegt dem öffentlichen Auftraggeber zu überprüfen, ob die Voraussetzungen einer Direktvergabe vorliegen, sich gegebenenfalls für eine Direktvergabeart zu entscheiden und die dafür notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen zu schaffen (Senatsbeschluss vom 10. März 2014, VII-Verg 11/14 - juris, Rn. 11; OLG München, Beschluss vom 14. Oktober 2019, Verg 16/19 - juirs, Rn. 52). Soweit die Vergabekammer die Antragsgegnerin zur Durchführung eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens verpflichtet hat, hat sie die Bestimmungsfreiheit der Antragsgegnerin verletzt.

III.

Der Antrag der Antragstellerin vom 13. November 2019 auf Akteneinsicht in "die seit September 2018 fortgeschriebene Vergabeakte" war abzulehnen. Das Akteneinsichtsrecht besteht gemäß § 165 Abs. 1 GWB nur in dem Umfang, wie es zur Durchsetzung der subjektiven Rechte des betreffenden Verfahrensbeteiligten erforderlich ist (Senatsbeschluss vom 29. Juni 2017, VII-Verg 7/17 - juris, Rn. 38; Behrens in Müller-Wrede, GWB Vergaberecht Kommentar, 2016, § 165 Rn. 19). Hieran fehlt es im Hinblick auf die vom Senat angeordnete Zurückversetzung des Direktvergabeverfahrens. Aus diesem Grund bestand auch keine Veranlassung zur Gewährung eines Schriftsatznachlasses für ergänzenden Vortrag.

IV.

Der Antrag auf Aufhebung der Beiladung der Beigeladenen zu 2) hat keinen Erfolg. Der Senat kann trotz der Unanfechtbarkeit der Beiladung (§ 162 S. 2 GWB) auch im Beschwerdeverfahren Beiladungsbeschlüsse erlassen und Beiladungen aufheben (Senatsbeschluss vom 20. Mai 2008, VII-Verg 27/08). Die Voraussetzungen der Beiladung der Beigeladenen zu 2) liegen weiterhin vor. Die Beiladung setzt gemäß der auch im Beschwerdeverfahren anwendbaren Vorschrift des § 162 S. 1 GWB eine kausal durch die Entscheidung in der Hauptsache möglich werdende schwerwiegende Interessenberührung des Beizuladenden in wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht voraus. Eine schwerwiegende Interessenberührung in wirtschaftlicher Hinsicht, die nach dem eben Gesagten für eine Beiladung ausreichend ist, liegt vor, wenn sich die Position des Beizuladenden im Vergabeverfahren durch den Ausgang des Nachprüfungsverfahrens oder des Beschwerdeverfahrens verändern kann und dadurch seine Aussichten sinken, den Auftrag zu erhalten (Senatsbeschlüsse vom 14. Oktober 2019, VII-Verg 32/19, vom 26. Juni 2002, Verg 24/02 - juris, Rn. 9, und vom 13. November 2000, Verg 14/00 - juris; Dicks in Ziekow/Völlink, Vergaberecht, 3. Auflage 2018 § 162 GWB Rn. 4). So liegt der Fall auch bei der Beigeladenen zu 2), deren Aussichten auf den Erhalt des "Unterauftrags" vom Ausgang dieses Verfahrens maßgeblich abhängen.

V.

Die Hilfsanträge, über die wegen des Teilerfolgs der sofortigen Beschwerde zu entscheiden war, sind abzulehnen.

Der Antrag auf Verweisung nach § 17a Abs. 2 S. 2 GVG an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs ist, weil mit ihm rechtswegfremde Unterlassungsansprüche verfolgt werden, unzulässig. Es handelt sich um eine in der Beschwerdeinstanz unzulässige Antragserweiterung. Die von der Antragstellerin hilfsweise erhobenen Unterlassungsansprüche wegen vermeintlicher Verstöße gegen das EU-Beihilfenrecht sind im Vergabenachprüfungsverfahren nicht statthaft (Senatsbeschluss vom 3. Juli 2019, VII-Verg 51/16). Eine Rechtswegverweisung kommt nicht in Betracht, weil die Ansprüche nicht Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer waren und damit nicht als Teil des Streitgegenstands des Verfahrens vor der Vergabekammer beim Vergabesenat angefallen sind.

Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 148 ZPO in Verbindung mit § 73 Nr. 2 GWB und § 175 Abs. 2 GWB wegen Vorgreiflichkeit des beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfinanzhofs (Beschluss vom 13. März 2019, 1 BR 18/19) war zurückzuweisen, weil der Rechtsstreit beim Bundesfinanzhof nicht mehr anhängig ist (Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs Nr. 8/2020 vom 6. Februar 2020). Im Übrigen sind die sich in jenem Verfahren stellenden Rechtsfragen im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich. Die von der Antragstellerin geltend gemachten Verstöße gegen EU-beihilferechtliche Vorschriften wirken sich im Vergabeverfahren der Antragsgegnerin nicht aus, weil die Beigeladenen von etwaigen unzulässigen Beihilfen erst nach Erteilung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags profitieren können.

VI.

Zur Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV besteht mangels Entscheidungserheblichkeit der von der Antragstellerin angeregten Vorlagefragen keine Veranlassung. Da die Direktvergabe nicht zulässig ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob diese gegen Art. 4 Abs. 7 der Verordnung (EG) 1370/2007 verstößt.

VII.

Die Entscheidung bezüglich der im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten beruht auf § 175 Abs. 2 GWB i.V.m. § 78 GWB. Es entspricht gemäß § 78 S. 1 GWB der Billigkeit, der Antragsgegnerin die Kosten aufzuerlegen, soweit ihr Rechtsmittel unbegründet war, jedoch ohne die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Die Beigeladenen haben - ebenfalls aus Gründen der Billigkeit - ihre jeweiligen Kosten selbst zu tragen, denn sie haben weder einen eigenen Antrag gestellt, noch sich in relevantem Umfang schriftlich oder mündlich am Verfahren beteiligt. Die Entscheidung über die Kostentragung im Verfahren vor der Vergabekammer beruht auf § 182 Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 GWB. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin in dem Verfahren vor der Vergabekammer war nach § 182 Abs. 4 S. 4 GWB i.V.m. § 80 Abs. 1, 2 und 3 VwVfG notwendig, weil der Sachverhalt komplex und die zu beurteilenden Rechtsfragen schwierig waren.

Die Entscheidung über den Wert für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 50 Abs. 2 GKG, wobei der geschätzte Gesamtauftragswert bezogen auf einen Vierjahreszeitraum zugrunde gelegt wurde (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2011, X ZB 4/10, Rn. 80; Senatsbeschlüsse vom 19. Dezember 2019, VII-Verg 16/16, und vom 2. März 2011, VII-Verg 48/10; OLG Rostock, Beschluss vom 25. September 2013, 17 Verg 3/13).

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