LG Bielefeld, Urteil vom 25.07.2019 - 5 O 123/19
Fundstelle
openJur 2020, 6772
  • Rkr:
Tenor

Der Verfügungsbeklagte hat es zu unterlassen, die nachstehenden Behauptungen - auch nur sinngemäß - zu wiederholen:

Das aus der Fa. O. GmbH mit Sitz in C., Rechtsanwalt Z. aus T. und einem Sachverständigen A. bestehende Netzwerk steht bereits im Fokus der Öffentlichkeit, von Berufsständen, Kammern und Verbänden.

Es werden standesrechtliche Bedenken unter Berufsnahen bereits öffentlich diskutiert.

Dem Verfügungsbeklagten wird für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.

Der weitergehende Antrag wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten für den Verfügungsbeklagten vorläufig vollstreckbar. Der Verfügungskläger kann die Zwangsvollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Verfügungsbeklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit schriftlicher Äußerungen des Verfügungsbeklagten. Der Verfügungskläger ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in T.. Der Verfügungsbeklagte ist Architekt sowie Sachverständiger für Schall- und Wärmeschutz. Er ist Eigentümer einer Eigentumswohnung und eines Teileigentums in der Wohnungseigentumsanlage N.straße xx in xxxxx C., an deren Errichtung er als Architekt und Bauträger beteiligt war.

Die Verwalterin der vorgenannten Wohnungseigentumsanlage, die O. GmbH (im Folgenden: die Verwalterin), versandte an die Eigentümer der Anlage mit Schreiben vom 05.03.2019 eine Einladung zur Eigentümerversammlung. Die Tagesordnung sah unter Punkt 5 folgenden Tagesordnungspunkt vor:

"5. Beschluss zur Beauftragung des Sachverständigen A. zur Begleitung der Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums".

Mit Schreiben vom 17.03.2019 wandte sich der Verfügungsbeklagte an die Verwalterin. Das Schreiben enthielt u.a. folgende Ausführungen:

"Insbesondere die rechtliche Vorprüfung hat ergeben, dass es auffällig ist, dass Sie trotz bereits erfolgter Abnahme des Gemeinschaftseigentums durch die Eigentümergemeinschaft ein Netzwerk aus O. GmbH, einem Rechtsanwalt Z. aus T. und einem Sachverständigen A. anzudienen versuchen. Dieses Netzwerk aus vorstehend Benannten steht - so werden Sie wissen - bereits im Fokus der Öffentlichkeit sowie von Berufsständen, Kammern und Verbänden. Standesrechtliche Bedenken werden unter Berufsnahen bereits öffentlich diskutiert. Welcher Motivation dieses Anliegen geschuldet ist, mag zunächst Ihr Geheimnis bleiben. Zurzeit spielt das für mich, der selbst Ingenieur, Architekt und staatlich anerkannter Sachverständiger ist, keine Rolle. Allerdings ist es interessant, dass mir das Vorhandensein dieser zweifelhaften Vernetzung nun auch ganz offiziell von Ihnen selbst bestätigt wird."

Wegen des weiteren Inhalts des vorgenannten Schreibens wird auf Anlage AST 1 zur Antragsschrift vom 27.06.2019 (Bl. 11f. d.A.) Bezug genommen.

Schreiben mit identischem Inhalt wurden von dem Verfügungsbeklagten auch an die übrigen Eigentümer der Anlage versandt.

Der Verfügungskläger erhielt durch den Geschäftsführer der Verwalterin erstmals am 05.06.2019 Kenntnis von dem Inhalt des Schreibens vom 17.03.2019.

Der Verfügungskläger forderte den Verfügungsbeklagten mit Schriftsatz vom 05.06.2019 auf, die streitgegenständlichen Behauptungen zu widerrufen und es zu unterlassen, diese zu wiederholen. Mit Schreiben vom 17.06.2019 erklärte der Verfügungsbeklagte, dass er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgeben werde.

Mit Schreiben vom 14.07.2019 wandte sich ein Online-Portal mit der Bezeichnung "D. C." an die Verwalterin und stellte darin zahlreiche Fragen betreffend die Zusammenarbeit zwischen der Verwalterin, dem Sachverständigenbüro A. und dem Verfügungskläger. Wegen des Inhalts des Schreibens wird Bezug genommen auf die Anlage AST 6 zum Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers vom 18.07.2019 (Bl. 55ff. d.A.).

Der Verfügungskläger bestreitet, dass die berufliche Zusammenarbeit der Genannten im Fokus von Berufsständen, Kammern und Verbänden stehe. Insbesondere die für den Verfügungskläger zuständige Rechtsanwaltskammer in Hamm sowie die für den Sachverständigen A. zuständige Handwerkskammer beschäftigten sich nicht mit Beschwerden über die genannte berufliche Zusammenarbeit bzw. mit der berufsrechtlichen Prüfung der Zusammenarbeit.

Der Verfügungsbeklagte erwecke den Anschein, dass die berufliche Zusammenarbeit des Verfügungsklägers mit der Verwalterin bzw. dem Sachverständigen A. aus T. unter Zugrundelegung anwaltlichen Berufsrechts zweifelhaft und bedenklich sei.

Diesbezüglich ist der Verfügungskläger der Auffassung, der Verfügungsbeklagte mache ihn mit diesen Behauptungen im Sinne von § 186 StGB verächtlich bzw. würdige ihn in der öffentlichen Meinung herab. Auch beeinträchtige der Verfügungsbeklagte in unzulässiger Weise sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und greife seine Berufsehre an. Bei der Einordnung der Vernetzung als "zweifelhaft" handele es sich zudem entgegen dem ersten Anschein nicht um ein Werturteil. Vielmehr sei im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Stichwort "Kettenmafia" von einer Tatsachenbehauptung auszugehen. Die zunächst lediglich wertende Einordnung als "zweifelhaft" werde durch die Darstellung im Zusammenhang mit den übrigen streitgegenständlichen Tatsachenbehauptungen ausgefüllt und so selbst zur Tatsachenbehauptung.

Der Verfügungskläger behauptet, die Verwalterin habe weiter vorgeschlagen, dass der Antragsteller, je nachdem, wie das Gutachten ausfiel, die Gewährleistungsansprüche der Eigentümergemeinschaft gegen den Verfügungsbeklagten durchsetzen sollte. Zudem stecke hinter dem Schreiben des "D. C." der Verfügungsbeklagte. Dies ergebe sich daraus, dass das Online-Portal und der Verfügungsbeklagte beide in der V.straße xxx in C. residierten.

Das Sachverständigenbüro A. werde in baurechtlichen Angelegenheiten mit der Erstellung von Privatgutachten beauftragt. Der Auftrag erfolge durch die entsprechenden Mandanten selbst. Den Mandanten sei das Sachverständigenbüro teilweise selbst bekannt, teilweise erfolge die Beauftragung durch Empfehlung des Verfügungsklägers. Die Verwalterin, die als Verwalterin auch für Wohnungseigentumsanlagen tätig sei, beauftrag den Verfügungskläger gelegentlich für Eigentümergemeinschaften beratend tätig zu sein bzw. Gewährleistungsansprüche gegen Bauträger, Generalunternehmer o.ä. Firmen geltend zu machen.

Der Verfügungskläger beantragt:

1.

Der Beklagte wird verurteilt, die nachstehenden Behauptungen zu widerrufen und es künftig zu unterlassen, diese - und/oder sinngemäß - zu wiederholen:

Es besteht ein Netzwerk aus der Fa. O. GmbH, mit Sitz in C., Rechtsanwalt Z. aus T., und einem Sachverständigen A.. Dieses Netzwerk steht bereits im Fokus der Öffentlichkeit, von Berufsständen, Kammern und Verbänden.

Es werden standesrechtliche Bedenken unter Berufsnahen bereits öffentlich diskutiert.

Es handelt sich bei diesem Netzwerk um eine zweifelhafte Vernetzung.

2.

Dem Antragsgegner wird für jeden einzelnen Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten angedroht.

Der Verfügungsbeklagte beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Der Verfügungsbeklagte ist der Auffassung, aufgrund des zeitlichen Ablaufs sei kein Verfügungsgrund gegeben. Die von dem Verfügungskläger beschriebene Zusammenarbeit könne bereits als Netzwerk eingeordnet werden. Diesbezüglich behauptet er, es habe Vereinbarungen zwischen Herrn A. und dem Verfügungskläger gegeben. Diese gingen über die bloße Auftragsvergabe hinaus.

Nach Auffassung des Verfügungsbeklagten, handele es sich bei der Einordnung dieses Netzwerks als "zweifelhaft" um eine zulässige Wertung und keine Verunglimpfung. Zudem seien die Äußerungen auch deshalb nicht zu beanstanden, da es sich bei der Verwalterin und den Miteigentümern um einen nicht öffentlichen Kreis handele. Maßgeblich sei insofern, dass die Wohnungseigentümerversammlung nicht öffentlich sei. Darüber hinaus sei es rechtlich relevant, dass die Verwalterin nicht berechtigt gewesen sei, das Schreiben des Verfügungsbeklagten an den Verfügungskläger weiterzugeben.

Der Verfügungsbeklagte behauptet zudem, er habe "die (...) Kammern" eingeschaltet, damit diese die Zusammenarbeit überprüften.

Die Zusammenarbeit zwischen Herrn O., Herrn A. und dem Verfügungskläger werden bei Stammtischen von Architekten, auf Treffen von Sachverständigen und auf Fortbildungsveranstaltungen diskutiert. So sei bei 43. Bausachverständigentag im Jahre 2017 in den Gesprächen nach der Veranstaltung die Rede von der Zusammenarbeit der drei genannten gewesen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 27.06.2019 ist am 30.06.2019 bei Gericht eingegangen.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I.

Der Antrag des Verfügungsklägers zu Ziffer 1 ist dahingehend auszulegen, dass hinsichtlich des Unterlassungsbegehrens beantragt wird, dass es der Verfügungsbeklagte es zu unterlassen habe, die nachstehenden Behauptungen - auch nur sinngemäß - zu wiederholen.

Der so ausgelegte Antrag ist zulässig.

II.

1.

Der Verfügungskläger hat gegen den Verfügungsbeklagten einen Anspruch auf Unterlassung der im Tenor bezeichneten Äußerungen gemäß §§ 823, 1004 BGB analog.

a)

Ein Unterlassungsanspruch besteht jedoch nicht im Hinblick auf die (sinngemäße) Äußerung, es bestehe ein Netzwerk aus der Fa. O. GmbH mit Sitz in C., Rechtsanwalt Z. aus T. und einem Sachverständigen A..

(a)

Bei dieser Äußerung handelt es sich um ein Werturteil.

Tatsachenbehauptungen unterscheiden sich von Werturteilen dadurch, dass bei diesen die subjektive Beziehung zwischen der Äußerung und der Wirklichkeit im Vordergrund steht, während für jene die objektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Äußerung charakteristisch ist (vgl. BVerfG, NJW 2000, 199, 200 m.w.N.). Wesentlich für die Einstufung als Tatsachenbehauptung ist, ob die Aussage einer Überprüfung auf ihre Richtigkeit mit den Mitteln des Beweises zugänglich ist, was bei Meinungsäußerungen ausscheidet, weil sie durch die subjektive Beziehung des sich Äußernden zum Inhalt seiner Aussage geprägt sowie durch das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens gekennzeichnet werden und sich deshalb nicht als wahr und unwahr erweisen lassen (vgl. BGH, Urteil v. 23.02.1999, Az. VI ZR 140/98, zit. nach juris).

Ein Netzwerk im nichttechnischen Sinne ist eine Gruppe von Menschen, die durch gemeinsame Ansichten, Interessen o.Ä. miteinander verbunden sind. Ob die Zusammenarbeit zwischen mehreren Personen dem entspricht, ist maßgeblich von der Wertung des sich Äußernden geprägt und damit Meinungsäußerung.

Meinungsäußerungen stehen dabei grundsätzlich ohne Rücksicht auf ihre Qualität, insbesondere ihre Richtigkeit unter dem Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und dürfen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen, etwa wenn sie beleidigenden oder schmähenden Charakter haben, untersagt werden. Eine Äußerung nimmt den Charakter einer Schmähung jedoch erst dann an, wenn in ihr nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person des Gegners im Vordergrund steht und sie jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der Herabsetzung der Person des Gegners besteht. Eine für den Betroffenen herabsetzende Wirkung reicht dabei nicht aus (vgl. BGH, Urteil v. 11.12.2007, Az. VI ZR 14/07, zit. nach juris; BVerfG, NJW 2013, 3021).

Die Äußerung zwischen den genannten Personen bestehe ein Netzwerk ist unter Berücksichtigung dieser Anforderungen nicht als Schmähkritik zu qualifizieren.

(b)

Auch die unabhängig von der Frage, ob die streitgegenständliche Bezeichnung des Verfügungsklägers als Teil des genannten Netzwerks als Schmähkritik zu beurteilen oder ob noch ein ausreichender Sachbezug der Äußerung gegeben ist, gebotene Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers aus Art. 1, 2 GG und dem Recht auf freie Meinungsäußerung aus Art. 5 GG auf Seiten des Beklagten das Persönlichkeitsrecht des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis.

Insoweit kann sich auch dann, wenn eine Meinungsäußerung keine Schmähung darstellt, aus der gebotenen Abwägung der beteiligten Grundrechte eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts ergeben (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.05.2006, Az. 1 BvR 49/00, 1 BvR 55/00, 1 BvR 2031/00, Rz. 43, zit. nach juris), so dass es geboten ist, bei der Entscheidung über den Unterlassungsantrag zwischen dem Recht des Verfügungsklägers auf Schutz seiner Persönlichkeit aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem in Art. 5 Abs. 1 GG verankerten Recht des Verfügungsbeklagten auf freie Meinungsäußerung abzuwägen. Denn wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte interpretationsleitend zu berücksichtigen sind.

Die Abwägung der vorgenannten Rechtsgüter hinsichtlich der Äußerung, es bestehe ein Netzwerk zwischen den genannten Personen, führt dabei nicht zu einem Überwiegen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Der Umstand, dass ein Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in einem Netzwerk mit Bausachverständigen und Immobilienverwaltern tätig ist, ist ein alltäglicher Vorgang und nicht geeignet, den Verfügungskläger in seiner (Berufs-)Ehre zu verletzen.

b)

Der Verfügungskläger hat demgegenüber einen Anspruch auf Unterlassung der (sinngemäßen) Äußerung, dass dieses Netzwerk bereits im Fokus der Öffentlichkeit, von Berufsständen, Kammern und Verbänden stehe.

Mit dieser Äußerung bringt der Verfügungsbeklagte zum Ausdruck, dass die Öffentlichkeit, berufsständige Vereinigungen, Kammern (im Falle des Verfügungsklägers die Rechtsanwaltskammer Hamm) und Verbände die Zusammenarbeit zwischen den Genannten eingehend untersuchten.

Hierbei handelt es sich unter Berücksichtigung der vorgenannten Unterscheidungskriterien um eine Tatsachenbehauptung. Da zwischen den Parteien im Streit steht, ob derartige Untersuchungen stattfinden, ist der Verfügungsbeklagte insofern darlegungspflichtig und hat die Wahrheit der Tatsachenbehauptung glaubhaft zu machen.

Der Beklagte hat bereits nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass eine entsprechende Überprüfung durch die genannten Verkehrskreise bzw. Einrichtungen erfolgt.

Auch die von dem Verfügungsbeklagten - insoweit ebenfalls unsubstantiiert - aufgestellte Behauptungen, er habe "die Kammern" eingeschaltet - wobei bereits unklar ist, welche Kammern hiermit gemeint sind - und die Zusammenarbeit der genannten Personen sei im Rahmen eines Gesprächs während des 43. Bausachverständigentags im Jahre 2017 thematisiert worden, vermögen ein "im Fokus stehen" nicht zu begründen.

Unabhängig davon hat der Beklagte seinen diesbezüglichen Vortrag nicht glaubhaft gemacht, so dass die Kammer von der Unwahrheit der genannten Tatsachenbehauptung auszugehen hat.

Soweit das Online-Portal D. C. die Verwalterin angeschrieben und einen Fragebogen von zumindest zweifelhafter journalistischer Qualität zu der Zusammenarbeit des Verfügungsklägers mit der Verwalterin und dem Sachverständigen A. gestellt hat, lässt dies gleichwohl nicht auf ein "im Fokus der Öffentlichkeit stehen schließen". Ausweislich der Absenderinformationen in dem in Anlage AST 6 enthaltenen Schreiben wird das Journal D. C. - neben der Verfügbarkeit auf dem entsprechenden Online-Portal - lediglich als eBook in verschiedenen Online-Buchhandlungen angeboten.

In diesem Zusammenhang kann ferner dahinstehen, dass der Verfügungsbeklagte die Äußerung nur gegenüber einem begrenzten Personenkreis getätigt hat. Eine Äußerung gegenüber einer (breiteren) Öffentlichkeit ist keine Voraussetzung für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch.

c)

Aus den gleichen Gründen hat der Verfügungskläger gegen den Verfügungsbeklagten auch einen Anspruch auf Unterlassung der Behauptung, es würden standesrechtliche Bedenken unter Berufsnahen bereits öffentlich diskutiert.

d)

Bei der Äußerung, es handele sich bei diesem Netzwerk um eine zweifelhafte Vernetzung, handelt es sich dagegen um eine Meinungsäußerung.

Entgegen der Auffassung des Verfügungsklägers handelt es sich vorliegend auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, NJW 1993, S. 525 ("Kettenmafia"); BGH, Urt. v. 11.07.1989, Az. VI ZR 255/88 ("Wünschelrutengänger"), zit. nach juris) nicht um eine Tatsachenbehauptung. Zwar kann eine Äußerung, die für sich genommen eine bloße subjektive Wertung darstellt, die Qualität einer Tatsachenbehauptung erlangen, wenn sie im Zusammenhang mit der Behauptung konkreter und einem Beweis zugänglicher Vorgänge steht und durch diese inhaltlich ausgefüllt wird. Indes sind die von dem Verfügungsbeklagten im Zusammenhang mit der Qualifizierung als zweifelhafte Vernetzung getätigten Tatsachenbehauptungen (im Fokus der Öffentlichkeit, von Berufsständen, Kammern und Verbänden stehen; öffentliche Diskussion standesrechtlicher Bedenken unter Berufsnahen) nicht hinreichend konkret, um dem Begriff der zweifelhaften Vernetzung Tatsachenqualität zu verleihen.

Das genannte Werturteil ist auch nicht als Schmähkritik einzuordnen. Zwar enthält es mit dem Begriff "zweifelhaft" ein polemisierendes Element, welches jedoch objektiv nicht auf die Herabsetzung des Verfügungsklägers gerichtet ist. Vielmehr steht bei der Äußerung die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund.

Auch die gebotene Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Verfügungsklägers mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung des Verfügungsbeklagten führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Begriff "zweifelhaft" verletzt den Verfügungskläger nicht hinreichend in seiner Berufsehre, sondern stellt vielmehr (noch) einen Ausdruck der inhaltlichen Auseinandersetzung hinsichtlich der Zulässigkeit der Zusammenarbeit des Verfügungsklägers als Rechtsanwalts mit Sachverständigen und Immobilienverwaltern dar.

e)

Die erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass der Verfügungsbeklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat.

2.

Der Verfügungsgrund folgt aus § 940 ZPO. Der Erlass der sich aus dem Tenor ergebenden Regelungsverfügung ist zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich.

Zudem hat der Verfügungskläger hat erst am 05.06.2019 Kenntnis von den Äußerungen des Verfügungsbeklagten erlangt, so dass die Dringlichkeit des Regelungsbedürfnisses nicht aufgrund langen zeitlichen Zuwartens entfallen ist.

III.

Soweit der Verfügungskläger neben der Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerungen im Wege der einstweiligen Verfügung auch den Widerruf der Äußerungen verlangt, fehlt es bereits am Verfügungsgrund.

Der genannte Antrag ist - im Gegensatz zum Antrag auf Verurteilung zur Unterlassung - als Antrag auf Erlass einer Leistungsverfügung zu qualifizieren, da im Falle eines Widerrufs der streitbefangenen Äußerungen eine vollständige Erfüllung des Anspruchs eintreten würde.

Für die Annahme eines Verfügungsgrundes bei der Leistungsverfügung gelten strenge Anforderungen. Der Antragsteller muss auf die vorläufige Befriedigung so dringend angewiesen sein, dass er das Hauptsachverfahren nicht abwarten kann, ohne einen unverhältnismäßig großen Schaden zu erleiden (vgl. Musielak/Voit-Huber, § 940 ZPO, Rn. 14).

Dass ein Schaden dieses Ausmaßes im Falle des Abwartens des Hauptsacheverfahrens droht, hat der Verfügungskläger bereits nicht dargelegt. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Verfügungsbeklagte die angegriffenen Äußerungen lediglich in Schriftform und zudem lediglich gegenüber einem begrenzten Empfängerkreis getätigt hat.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Teilabweisung beruht auf den §§ 708 Nr. 6, 711 S. 1 ZPO. Eines Ausspruchs über die Vollziehbarkeit der dem Antrag stattgebenden Verfügung bedarf es nicht.