LG Hamburg, Urteil vom 27.03.2020 - 332 O 116/19
Fundstelle
openJur 2020, 6654
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 76.368,25 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Rückzahlung aus einem Darlehensvertrag vom 09./10.02.2019 vor dem Hintergrund eines gewerblichen Bauprojekts in der Stadt B.. Die Klägerin ist mit der Durchführung von Bauleistungen auf der Baustelle beauftragt, der Beklagte und dessen Mitarbeiter sollten dazu Bau-Teilleistungen erbringen. Der Beklagte und sein Geschäftspartner Herr v. H.- G. beabsichtigten, dafür die Baugesellschaft N.- S. GmbH zu gründen und waren für diese beide als kaufmännische Berater tätig. Die Baugesellschaft N.- S. GmbH wurde am 02.05.2019 in das Handelsregister unter der HRB... der ehemaligen Firma E. A.- u. M. V. GmbH eingetragen (Handelsregisterauszug vom 08.05.2019 in Anlage B 7).

Aus Anlass verschiedener Rechnungen an die Klägerin vom 07.01.2019 (Anlagen 2a, 2b) überwies die Klägerin zunächst am 14.01.2019 auf das Privatkonto des Beklagten einen Betrag in Höhe von 76.368,25 Euro. Nach Rücküberweisung seitens des Beklagten an die Klägerin überwies diese am 18.01.2019 an die „Baugesellschaft NS GmbH“ erneut diesen Betrag (Überweisungsscheine in Anlage K 1). Die Klägerin hatte in der Folgezeit Ende Januar/Anfang Februar Zweifel über Existenz und Bonität der Baugesellschaft N.- S. GmbH. Es war beabsichtigt, die Zahlung in Höhe von 76.368,25 Euro als ein Darlehen der Klägerin gelten zu lassen. Auf Seiten der Klägerin kommunizierte darüber Herr T., der damalige Prokurist der Klägerin, mit dem Beklagten und Herrn v. H.- G.. Herr T. wiederum stand in Abstimmung mit Herrn G1, dem Geschäftsführer der Klägerin. Der Darlehensvertrag vom 09./10.02.2019 über ein Darlehen in Höhe von 76.368,25 Euro, der den Beklagten unter seiner Unterschriftszeile auf Seite 2 des Dokuments sowie oben auf Seite 1 des Dokuments als „Darlehensnehmer“ bezeichnete, wurde schließlich von Herrn G1 sowie dem Beklagten und Herrn v. H.- G. unterschrieben, von letzteren beiden jeweils „i.A.“ (Darlehensvertrag in Anlage K 3, Original als Anlage zum Protokoll vom 28.02.2020, Bl. 111 d.A.).

Ausweislich des Darlehensvertrags war die erste Darlehensrate in Höhe von 16.868,25 Euro fällig zum 18.02.2019. Der Beklagte zahlte nicht. Die Klägerin forderte daraufhin den Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.03.2019 auf, die Darlehensrate bis spätestens zum 13.03.2019 zu zahlen (Anlage K 4). Der Beklagte lehnte eine Zahlung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 06.03.2019 ab (Anlage K 5). Mit Schreiben vom 12.03.2019 kündigte sodann der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Darlehen und stellte die Rückzahlung insgesamt fällig (Anlage K 6). Auch daraufhin zahlte der Beklagte nicht.

Die Klägerin behauptet, der streitgegenständliche Darlehensvertrag sei mit dem Beklagten persönlich und nicht mit der Baugesellschaft N.- S. GmbH geschlossen worden. Dem Beklagten sei bewusst gewesen, dass die Klägerin nur mit ihm persönlich den Vertrag schließen wollte. Der von dem Beklagten vorgelegte Vertragsentwurf in Anlage B 2, bei dem die N.- S. GmbH als Darlehensnehmer ausgewiesen sei, habe der Geschäftsführer der Klägerin Herr G1 intern von Herrn T. zugesandt bekommen, sei damit aber nicht einverstanden gewesen (E-Mail von Herrn G1 in Anlage K 14, Übersetzung in Anlage K 29). Dieser Vertragsentwurf in Anlage B 2 sei aber nicht nach außen an den Beklagten gesandt worden. Herr G1 habe an Herrn T. einen bereits von ihm unterzeichneten Vertrag mit dem Beklagten persönlich als Darlehensnehmer übersandt. Dieses Dokument sei von Herrn T. an den Beklagten weitergeleitet und von dem Beklagten unterzeichnet am Wochenende des 10./11.02.2019 zurückgesandt worden. Herr T. habe am 12.02.2019 den auch vom Beklagten unterzeichneten Darlehensvertrag (Anlage K 3) an Herrn G1 weiter gesandt (E-Mail vom 12.02.2019 in Anlage K 16, Übersetzung in Anlage K 30). Bei der Baugesellschaft N.- S. GmbH handele es sich zudem um eine Strohmanngesellschaft. Der Beklagte habe falsche Firmenbezeichnungen und falsche Steuernummern benutzt und habe falsche Rechnungen ausgestellt. Zudem habe der Beklagte Vertretungsverhältnisse, Vollmachten und eine Prokura vorgetäuscht, die nie beziehungsweise nie wirksam existiert hätten. Der Beklagte hafte aus dem mit ihm persönlich abgeschlossenen Darlehensvertrag, hilfsweise als Vertreter ohne Vertretungsmacht gemäß § 179 BGB, da er nicht von der sogenannten Baugesellschaft N.- S. GmbH bei Abschluss des Darlehensvertrages bevollmächtigt gewesen sei und hilfsweise aus Deliktsrecht gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB, da er die Klägerin über die Existenz, Seriosität und Bonität der Baugesellschaft N.- S. GmbH getäuscht und die Klägerin dadurch unter anderem die streitgegenständliche Zahlung in Höhe von 76.368,25 Euro veranlasst habe.

Die Klägerin hat der Baugesellschaft N.- S. GmbH sowie Herrn R. T. den Streit verkündet (Bl. 36 d.A.). Beide sind dem Rechtsstreit nicht beigetreten.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 76.368,25 Euro nebst 5 % aus diesem Betrag seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, es gebe keine Vereinbarung zwischen ihm und der Klägerin, sondern er habe stets die Baugesellschaft N.- S. GmbH vertreten. Bei dem Darlehensvertrag in Anlage K 3 sei der Beklagte davon ausgegangen, einen Vertrag mit der Baugesellschaft N.- S. GmbH zu unterzeichnen und habe deshalb auch mit „i.A.“ unterzeichnet. Er sei zusammen mit Herrn v. H.- G. und Herrn T. für die Klägerin am 10.02.2019 in den Büroräumen der Klägerin zusammengekommen. Dort seien dem Beklagten und Herrn v. H.- G. aber nicht die gesamte Anlage K 3 vorgelegt worden, sondern lediglich deren Seite 2. Der Beklagte und auch Herr v. H.- G. seien davon ausgegangen, dass die Anlage K 3 identisch sei mit einem in Anlage B 2 vorgelegten Darlehensvertrag, in dem die N.- S. GmbH als Darlehensnehmer ausgewiesen werde. Dieser Entwurf in Anlage B 2 hätten der Beklagte und Herr v. H.- G. vor der Besprechung mit Herrn T. durchgesehen, weil er ihnen von Herrn T. Anfang Februar 2019 als maßgeblicher Darlehensvertrag übersandt worden sei. Dass die Klägerin mit diesem Vertragsentwurf nicht einverstanden gewesen sei, wäre dem Beklagten und Herrn v. H.- G. nicht bekannt gewesen. Die Darlehensraten seien schließlich von der Baugesellschaft N.- S. GmbH nicht zurückgezahlt worden, weil diese erhebliche Forderungen gegen die Klägerin aus dem gemeinsamen Bauprojekt habe und deshalb ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht habe. Der klägerische Vortrag zu einer Strohmanngesellschaft der N.- S. GmbH sei unzutreffend. Die Gesellschaft sei ordnungsgemäß in das Handelsregister eingetragen. Der Beklagte sei vertretungsberechtigt für die vorgenannte Gesellschaft und verfüge über eine Handlungsvollmacht, die ihm der Geschäftsführer der Gesellschaft erteilt habe.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 28.02.2020 (Bl. 97 ff. d.A.) verwiesen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Darlehensrückzahlung aus einem mit dem Beklagten abgeschlossenen Darlehensvertrag gemäß § 488 Abs. 1 S. 2 BGB. Dieser Anspruch setzt neben einem bestehenden Darlehensvertrag auch voraus, dass dem Darlehensnehmer das Darlehen „zur Verfügung gestellt“ wurde. Es muss also die Hauptpflicht des Darlehensgebers erfüllt worden sein (vgl. Weidenkaff in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 488 Rn. 9). Der Darlehensgeber trägt, wenn er auf Rückzahlung der Valuta klagt, die Beweislast für die vertragliche Einigung der Parteien auf Hingabe des Geldbetrags als Darlehen und die Auszahlung, also das „Zur-Verfügung-Stellen“ der Darlehensvaluta als Voraussetzung seines Rückzahlungsanspruchs (BGH, Urteil vom 28. Oktober 1982 – III ZR 128/81 –, Rn. 8, juris; MüKoBGB/K. P. Berger, 8. Aufl. 2019, BGB § 488 Rn. 149 m.w.N.).

Vorliegend verhält es sich so, dass der Darlehensbetrag in Höhe von 76.368,25 Euro zunächst mit Überweisung vom 14.01.2019 auf das Privatkonto des Beklagten einging, von diesem aber an die Klägerin zurücküberwiesen wurde und mit erneuter Überweisung vom 18.01.2019 auf dem Konto der Baugesellschaft NS GmbH einging (Anlage K 1). Damit ist der Darlehensbetrag – selbst wenn von einem wirksamen Darlehensvertrag mit dem Beklagten persönlich auszugehen sein sollte – nicht auf dessen Konto eingezahlt worden. Zwar kann auch die Zahlung an Dritte gemäß § 362 Abs. 2 BGB eine Erfüllung bedeuten, wenn sie vereinbart worden ist (BGH, Urteil vom 17. November 2009 – XI ZR 36/09 –, BGHZ 183, 169-182, juris-Rn. 16 m.w.N.; Weidenkaff in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 488 Rn. 5). Fehlt eine solche vertragliche Einigung, so ist der Darlehensbetrag dem Darlehensnehmer allerdings nicht zur Verfügung gestellt worden (MüKoBGB/K. P. Berger, 8. Aufl. 2019, BGB § 488 Rn. 33).

Von einer solchen Vereinbarung zwischen den Parteien dahingehend, dass die Zahlung des Betrags in Höhe von 76.368,25 Euro auf das Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH als Auszahlung des Darlehensbetrags an den Beklagten gelten soll beziehungsweise der Beklagte damit einverstanden ist, dass auf das Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH zur Erfüllung eines ihn persönlich bindenden Darlehensvertrags gezahlt wurde, ist das Gericht jedoch nicht hinreichend überzeugt. Der Beklagte hat persönlich im Termin vom 28.02.2020 angehört (Bl. 97 ff. d.A.) angegeben, dass er bei der tatsächlichen Unterzeichnung des Darlehensvertrags davon ausgegangen sei, einen Darlehensvertrag zu unterzeichnen, der demjenigen in Anlage B 2 vorgelegten entspreche. Dieser Darlehensvertrag in Anlage B 2 sei ihm nämlich vor der Unterzeichnung von Herrn T. weitergeleitet worden und diesen Vertrag habe er sich durchgelesen. Dort werde die N.- S. GmbH auf Seite 1 als Darlehensnehmer genannt und nicht er persönlich. Bei der tatsächlichen Unterzeichnung habe er sich nur Seite 2 des Dokuments angeschaut und dachte nach wie vor, dass es sich um den in Anlage B 2 formulierten Vertrag handele. Deshalb hätten auch er und Herr v. H.- G. mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet, weil sie beide davon ausgegangen seien, die Baugesellschaft N.- S. GmbH zu verpflichten. Zur vorherigen Zahlung des Betrags in Höhe von 76.368,25 Euro führte der Beklagte aus, diese sei erst auf seinem Privatkonto eingegangen, seine Bank habe dann aber „Alarm geschlagen“ und er hätte die Zahlung gemeinsam mit seiner Frau bei der Bank sofort wieder an die Klägerin zurücküberwiesen. Die zweite Zahlung sei dann auf dem Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH eingegangen. Das Gericht ist nach diesen Ausführungen davon überzeugt, dass der Beklagte nicht für sich persönlich ein Darlehen mit der Klägerin abschließen wollte und vor Unterzeichnung des Vertrags nicht geprüft hat, dass er in dem tatsächlich unterzeichneten Dokument als Darlehensnehmer genannt wird und ein solcher Vertrag mit ihm persönlich zustande kommen würde. Vor dem Hintergrund dieses Bewusstseins ist nicht davon auszugehen, dass er eine Zahlung in Höhe von 76.368,25 Euro auf das Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH als ein zur Verfügung gestellten Darlehensbetrag aus einem ihn persönlich bindenden Darlehensvertrag akzeptierte. Der Beklagte ging nach seinen Ausführungen vielmehr davon aus, nach wie vor die Baugesellschaft N.- S. GmbH als Darlehensnehmer zu verpflichten. Das Gericht ist von diesem Bewusstsein des Beklagten hinsichtlich des Vertragsschlusses hinreichend überzeugt, weil seine Ausführungen vom Zeugen Herrn v. H.- G. in der mündlichen Verhandlung vom 28.02.2020 bestätigt wurden. Auch Herr v. H.- G. sei bei der tatsächlichen Unterzeichnung des Vertrags davon ausgegangen, dass dieser Vertrag demjenigen in Anlage B 2 entspreche, in welchem die N.- S. GmbH Darlehensnehmer sei. Auch Herr v. H.- G. habe nur die Seite 2 des Dokuments vor der Unterzeichnung gesehen und habe darauf vertraut, dass der Vertrag identisch sei mit dem zuvor von Herrn T. zugeleiteten Dokument in Anlage B 2. Deshalb hätten auch beide „i.A.“ unterzeichnet. Die Unterzeichnung des Vertrags von dem Beklagten und Herrn v. H.- G. in einer gemeinsamen Besprechung wurde auch vom in der mündlichen Verhandlung angehörten Herrn T. bestätigt. Der äußere Ablauf der Vertragsunterzeichnung ist nach Überzeugung des Gerichts demnach so wie vom Beklagten und von Herrn v. H.- G. geschildert gewesen. Kleinere Ungenauigkeiten hinsichtlich des Wochentags der gemeinsamen Vertragsunterzeichnung erschüttern diese Überzeugung nicht, da nach einem Jahr diesbezüglich auch Erinnerungslücken bestehen können. Herr T. hat darüber hinaus ausgesagt, dass im Rahmen der Vertragsverhandlungen verschiedene Entwürfe hin- und hergegangen seien und zunächst die Baugesellschaft N.- S. GmbH die Darlehensnehmerin gewesen sei. Dass Herr G1 den Beklagten persönlich als Darlehensnehmer hätte haben wollen, habe Herr T. wahrgenommen, jedoch nicht gewusst, dass im tatsächlich unterzeichneten Vertrag auch der Beklagte persönlich als Darlehensnehmer genannt wurde; auch der Beklagte hätte dies im Vertrag nicht gesehen.

Nach diesen Ausführungen ist nicht davon auszugehen, dass die Parteien übereinstimmend nachträglich die Zahlung des Geldbetrags in Höhe von 76.368,25 Euro auf das Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH als ein „Zur-Verfügung-Stellen“ des Geldbetrags an den Beklagten persönlich als Darlehensnehmer gelten lassen wollten oder der Beklagte damit einverstanden gewesen wäre. Der Beklagte hatte ein anderes Bewusstsein hinsichtlich der Baugesellschaft N.- S. GmbH als Vertragspartner und auch die beiden Zeugen Herr v. H.- G. und Herr T. bestätigten dies. Die Ausführungen des Beklagten und der beiden Zeugen sind miteinander stimmig und sehr ausführlich gehalten. Herr v. H.- G. schilderte auch den Hintergrund, sich den Vertragstext vor Unterzeichnung nicht noch einmal genau durchgelesen zu haben, mit der plausiblen Auskunft, zum damaligen Zeitpunkt hätte es auch noch keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass man sich die Vertragstexte so vorsichtig hätte durchlesen müssen. Zudem ist der Vertragstext insgesamt mit zwei Seiten sehr kurz gehalten, der Beklagte und Herr v. H.- G. gaben an, sich den Vertragstext in Anlage B 2 kurz vor der Unterzeichnung des eigentlichen Vertragstextes durchgelesen zu haben und beide seien von einer Identität beider Vertragstexte ausgegangen. Dies ist durchaus plausibel und wird auch dadurch gestützt, dass beide mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichneten. Dieses Verhalten mag durchaus Anhaltspunkte dafür geben, dass beide sehr unbesorgt einen Vertrag unterzeichneten und ein etwaiger Irrtum hinsichtlich des Inhalts des Vertrags zu Lasten des Beklagten gehen könnte; es ändert aber nichts daran, dass keinerlei Bewusstsein des Beklagten dahingehend erkennbar ist, die Zahlung auf das Konto der Baugesellschaft N.- S. GmbH als ihm zur Verfügung gestellten Darlehensbetrag gelten lassen zu wollen. Vielmehr hatte der Beklagte eine entgegengesetzte Vorstellung und die Erfüllung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer konnte damit nicht bewiesen werden.

2. Die Klägerin kann den Beklagten auch nicht als Vertreter ohne Vertretungsmacht im Rahmen des Abschlusses des Darlehensvertrags gemäß § 179 BGB in Anspruch nehmen. Ein Vertreter ohne Vertretungsmacht haftet nach § 179 BGB, wenn er als Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, seine Vertretungsmacht nicht nachweist und wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags verweigert. Erste Voraussetzung ist also, dass der Geschäftsgegner mit dem Vertreter einen Vertrag geschlossen hat, der Wirkung für und gegen den Vertretenen entfalten sollte. Der Vertreter muss somit im fremden Namen gehandelt und damit zumindest konkludent eine Vertretungsmacht behauptet haben. Dabei sind die Kriterien des Offenkundigkeitsgrundsatzes zugrunde zu legen (MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 179 Rn. 24). Für eine Offenkundigkeit der Stellvertretung genügt es, wenn sich die Person des Vertretenen aus der Erklärung des Vertreters durch Auslegung mit Rücksicht auf den objektiven Empfängerhorizont ergibt (MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 164 Rn. 24). Vorliegend gelten dabei die Grundsätze des unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfts. Maßgebend ist der Inhalt der Erklärung nach dem objektiven Empfängerhorizont, wobei der objektive Erklärungswert unter Berücksichtigung der Verkehrssitte sowie Treu und Glauben zu ermitteln ist. Für die Offenkundigkeit der Stellvertretung sind die dem Rechtsgeschäft zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage und der Geschäftsbereich in Betracht zu nehmen (MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 164 Rn. 120). Vorliegend sind starke Anhaltspunkte für ein Handeln des Beklagten im Namen der Baugesellschaft N.- S. GmbH im Darlehensvertrag vom 09./10.02.2019 (Anlage K 3) darin zu sehen, dass er mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet hat und dass auch sein Geschäftspartner Herr v. H.- G. den Darlehensvertrag mitunterzeichnet hat und ebenfalls den Zusatz „i.A.“ verwendete. Sollte nur der Beklagte persönlich Darlehensnehmer werden, so hätte seine Unterschrift allein genügt; zudem hätten dann beide nicht mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnen müssen. Dies sind nach einer Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont gemäß § 133, 157 BGB hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine Gesellschaft vorliegend verpflichtet werden sollte und nicht der Beklagte persönlich. Hinzu tritt der Umstand, dass die Beteiligten vorher durch verschiedene Vertragsentwürfe darüber in Verhandlung waren, wer Darlehensnehmer des Darlehensvertrags sein sollte und es bei dem vorherigen Entwurf in Anlage B 2 noch die N.- S. GmbH war. Wenn dann im tatsächlich unterzeichneten Vertrag sowohl der Beklagte als auch Herr v. H.- G. den Vertrag mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnen, ergibt sich für die Vertragsgegnerin, dass die Gesellschaft N.- S. GmbH verpflichtet werden sollte. Dass diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Darlehensvertrags noch nicht in das Handelsregister eingetragen war, ist insoweit unschädlich, da im Rahmen des unternehmensbezogenen Rechtsgeschäfts auch die Verpflichtung der Vorgesellschaft auf die später im Handelsregister eingetragene Gesellschaft übergeleitet wird (MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018, BGB § 179 Rn. 13 m.w.N.).

Zweite Voraussetzung einer Haftung des Beklagten nach § 179 BGB wäre, dass dieser ohne Vertretungsmacht gehandelt hat. Der insoweit beweisbelastete Beklagte (vgl. Ellenberger in Palandt, 78. Aufl. 2019, § 179 Rn. 10) konnte jedoch hinreichend darlegen und beweisen, dass er mit Vertretungsmacht für die Gesellschaft gehandelt hat. In der mündlichen Verhandlung wurde eine Vollmacht mit Datum vom 21.01.2019 des Geschäftsführers Herrn G1 für den Beklagten vorgelegt (Bl. 110 d.A.). Zudem sagte der Zeuge v. H.- G. aus, sowohl er als auch Herr T. hätten zum damaligen Zeitpunkt eine schriftliche und mündliche Vollmacht gehabt, den Geschäftsführer für die N.- S. GmbH zu vertreten. Damit ist das Gericht vom Vorliegen einer rechtsgeschäftlich erteilten Vollmacht gemäß § 167 BGB hinreichend überzeugt.

3. Schließlich steht der Klägerin kein deliktischer Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu. Eine Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB scheitert bereits daran, dass die dort aufgelisteten absolut geschützten Rechtsgüter bei einem Vermögensschaden nicht betroffen sind (BeckOK BGB/Förster, 53. Ed. 1.2.2020, BGB § 823 Rn. 3). Eine Haftung des Beklagten gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB scheitert daran, dass das Gericht nicht von einer betrügerischen Vorgehensweise des Beklagten durch die Errichtung der Baugesellschaft N.- S. GmbH – mag sie auch zeitlich verzögert und nicht mit der letzten Sorgfältigkeit von statten gegangen sein – überzeugt ist. Dass der Beklagte gemäß § 263 StGB in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen der Klägerin dadurch beschädigte, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest. Der Beklagte ging nach der Beweisaufnahme selbst davon aus, die Baugesellschaft N.- S. GmbH mit dem Darlehensvertrag zu verpflichten. Damit hegte er an sich keine bösen Absichten und es ist auch nicht ersichtlich, dass er bei der Klägerin einen Irrtum erregen wollte. Der klägerische Vortrag zur Strohmanngesellschaft hinsichtlich der Baugesellschaft N.- S. GmbH überzeugt letztlich ebenfalls nicht für ein betrügerisches Vorgehen des Beklagten. Die Baugesellschaft N.- S. GmbH wurde am 02.05.2019 ins Handelsregister eingetragen (Handelsregisterauszug vom 08.05.2019 in Anlage B 7). Sie ist aus der E. A.- u. M. V. GmbH hervorgegangen. Eine in betrügerischer Weise eingesetzte Strohmanngesellschaft ergibt sich daraus nicht. Die Bonität der Gesellschaft hätte die Klägerin prüfen können und dies fällt in ihren Risikobereich. Es scheidet schließlich auch eine deliktische Haftung nach § 826 BGB aus, da darunter im Gesellschaftsrecht nur krasseste Ausnahmefälle wie der existenzvernichtende Eingriff oder die Gründung der Gesellschaft ausschließlich zur Gläubigerbenachteiligung fallen (Sprau in Palandt, BGB, 78. Aufl. 2019, § 826 Rn. 35, 36). Ein entsprechender Eingriff in das Vermögen der Baugesellschaft N.- S. GmbH durch den Beklagten ist für das Gericht nicht feststellbar.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1, S. 2 ZPO.

III.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 3 ZPO.