OLG Köln, Urteil vom 20.09.2019 - 6 U 35/19
Fundstelle
openJur 2020, 5977
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 84 O 184/18
Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16. Januar 2019 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 184/18 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die Höhe der zu leistenden Sicherheit beträgt bezüglich des Unterlassungsanspruchs 20.000,00 €, des Auskunftsanspruchs 10.000 € und im Übrigen für die Beklagte 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages und für die Klägerin 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Beide Parteien vertreiben bundesweit Whirlpools und Spas. Die Beklagte warb im Herbst 2017 wie im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegeben. Insoweit wird auf die eingeblendete konkrete Form Bezug genommen. Sie warb in einer Google-Adword-Anzeige bzw. in einem Google-Treffer mit dem Satz "hochwertige & energieeffiziente Whirlpools direkt vom Premium Hersteller kaufen" und bezeichnete im Rahmen eines weiteren Treffers ihren Standort in Z. als "Firmenhauptsitz". Schließlich warb sie damit, dass sie über 30 Whirlpools in ihrer Ausstellung habe.

Die Klägerin, die die Angaben für irreführend hält, hat am 27.10.2018 eine einstweilige Verfügung erwirkt - 31 O 34/17 -, mit der der Beklagten die Aussagen verboten worden sind. Gegen die Beschlussverfügung hat die Beklagte am 8.1.2018 mit der Ankündigung, keine Abschlusserklärung abgeben zu wollen, Widerspruch eingelegt, diese aber nicht begründet, sodass dem Verfügungsverfahren kein Fortgang gegeben wurde.

Am 2.5.2018 hat die Klägerin Hauptsacheklage erhoben.

Die Beklagte hat Rechtsmissbrauch eingewandt und in der Sache die Ansicht vertreten, dass ihre Werbeaussage zutreffend sei, weil sie Hersteller ihrer Whirlpools sei. Auch der Begriff "Firmenhauptsitz" sei nicht irreführend, weil sie über ein bundesweites Netz an Partnern verfüge, etwa zur Durchführung von Ablieferungs- und Montageaufträge in ihrem Namen. Zudem bestehe eine steuerlich veranschlagte Außenstelle der Beklagten in V. und es seien Lager- und Logistikflächen an anderen Orten angemietet. Ein zweites Ladenlokal habe sie nie behauptet. Schließlich seien in ihrem Ladenlokal - wie beworben - über 30 Whirlpools ausgestellt worden. Sie hat ferner die Einrede der Verjährung erhoben.

Mit Urteil vom 16.1.2019 - 84 O 184/18 - hat das Landgericht, auf das wegen der weiteren Einzelheiten und tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, die Klage im Wesentlichen zugesprochen. Es hat lediglich die Annexansprüche auf Auskunft und Schadensersatzfeststellung, die vor dem 2.11.2017 liegen, als verjährt angesehen und dementsprechend die Klage insoweit abgewiesen.

Es hat wie folgt entschieden:

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung. Sie hält am Rechtsmissbrauchseinwand fest, weil mehrere Mitbewerber, die alle von demselben Prozessbevollmächtigten betreut würden, zum Teil identische Verstöße aufspalteten und mehrfach geltend machten, um die Beklagte mit Kosten zu belasten.

Der Herstellerbegriff sei einheitlich zu verstehen und da die Beklagte nach verschiedenen Regelungen als Hersteller gelte, müsse sie sich auch so bezeichnen dürfen. Es könne ihr keine legale Bezeichnung als irreführend verboten werden. Überdies würden die Whirlpools von ihr nach eigenen Vorgaben hergestellt. Das führt sie näher aus und bietet dafür Zeugenbeweis an. Insoweit wird auf ihre Ausführungen in der Klageerwiderung und im Schriftsatz vom 13.11.2018 Bezug genommen.

Des Weiteren habe sie noch eine steuerlich veranschlagte Außenstelle, wenn auch ohne Publikumsverkehr, und bundesweit ein Netz an Partnern und auch Lager- und Logistikflächen.

Am 11.10.2017 habe sich Herr RA L. davon überzeugt, dass 34 Whirlpools ausgestellt waren. Am 6.10 2017 sei ein entsprechendes Video angefertigt worden.

Sie beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 6.1.2019 - 84 O 184/18 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen

und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil alle drei angegriffenen Angaben irreführend i. S. d. § 5 UWG sind und der Klägerin damit ein Unterlassungsanspruch gem. §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, 8 Abs. 1 S. 1 UWG zusteht.

1. Unlauter handelt gem. § 5 Abs. 1 S. 1 UWG, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten. Eine geschäftliche Handlung ist u.a. nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Eigenschaften des Unternehmers enthält.

a. Indem die Beklagte von sich behauptet, Hersteller von Whirlpools zu sein wie im Tenor des angegriffenen Urteils in Ziff. I.1) wiedergegeben, handelt sie unlauter, weil es sich dabei um eine irreführende geschäftliche Handlung handelt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

aa. Dass es sich bei der Angabe im sog. Google-Snippet um eine geschäftliche Handlung iSd. § 2 UWG handelt, steht außer Streit.

bb. Die Werbeaussage richtet sich an potenzielle private und gewerbliche Abnehmer von Whirlpools. Da die Beurteilung der Werbeaussage keine besondere Erfahrung voraussetzt, die Mitglieder des Senats zum angesprochenen Verkehrskreis zählen und aufgrund ihrer ständigen Befassung mit wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten über eine entsprechende Sachkunde verfügen, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen, wie die Werbeaussage vom Verbraucher verstanden wird (vgl. zu den Voraussetzungen nur KBF-Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 5 Rn. 1.233 mwN).

Wer sich als Hersteller bezeichnet, wird vom Verkehr als ein Unternehmen angesehen, das die von ihm angebotenen Waren im Wesentlichen selbst herstellt. Welche Tätigkeiten qualitativ dem Bereich der Herstellung zuzuordnen sind, hängt von der jeweiligen Branche, der Auffassung der Hersteller und Händler und insbesondere von der Ansicht der Verbraucher ab. Im Rahmen der wirtschaftlichen Entwicklung können sich die Auffassungen wandeln. Wer sich als Hersteller bezeichnet, braucht nicht alle sämtlichen Fertigungsschritte vollzogen zu haben. Auch wird die Herstellereigenschaft vor allem bei serienmäßig hergestellten Massenwaren nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Teil in fremden Werkstätten gefertigt oder zugekauft wird (s. KBF-Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 5 Rn. 4.198). Die wesentlichen Fertigungsschritte und Vorprodukte, die für die Qualität des Erzeugnisses ausschlaggebend sind, müssen normalerweise im eigenen Unternehmen gefertigt werden (s. Büscher-Büscher, UWG, § 5 Rn. 332).

aaa. Bei Anwendung dieser Grundsätze ist der Senat nach wie vor davon überzeugt, dass die Beklagte nicht Hersteller im oben dargelegten Sinne ist. Die Beklagte hat zwar Angaben dazu gemacht, inwieweit sie auf den Herstellungsprozess Einfluss nimmt und dass sie die Einhaltung ihrer Vorgaben kontrolliere bzw. durch Dritte kontrollieren lasse und dass sie etwa nicht nur bestimme, welche Bauteile eingebaut werden, sondern dass sie selbst Beziehungen zu den Zulieferern habe und die Bauteile ins Werk liefern lasse.

Aus dem Parallelverfahren (Urteil des Senats vom 6.10.2017 - 6 U 72/17, S. 4) ist dem Senat hingegen bekannt, dass es sich bei den "Vorgaben" zum Teil um Abhilfemaßnahmen betr. von Mängel gehandelt hat, so etwa, dass zu kleine Wannen geliefert worden waren (was sich unter "Vorgabe zur Form der tiefgezogenen Acrylwannen" subsumieren lässt) oder dass der Ablauf von einem Betrieb nicht am tiefsten Punkt verbaut worden war (was zur "Vorgabe, wie die Verrohrung zum Ansteuern der Düsen und des Wasserkreislaufs geführt werden sollen", passt). Eine Abgrenzung, ob es sich um Einzelfälle in Form von Mängelrügen oder ob es sich um systematische Vorgaben handelt, kann angesichts der Pauschalität des Beklagtenvortrags nicht vorgenommen werden, sodass auch bei Bestätigung durch Zeugen hinsichtlich der Abgrenzung zu bloßen Mängelrügen Zweifel verblieben.

bbb. Neu vorgetragen ist, dass die Beklagte selbst die wesentlichen Bauteile aussuche, selbst Kontakt mit Zulieferern aufnehme und die Teile an das Werk liefern lasse. Beim Zukauf von fertigen Bauteilen geht es jedoch letztlich nicht um einen wesentlichen Fertigungsschritt, der qualitativ typischerweise als Herstellungstätigkeit angesehen würde.

ccc. Der Vortrag über Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen ist ebenfalls nicht hinreichend substantiiert und würde bei Vernehmung von Zeugen zu einer Ausforschung führen.

ddd. Überdies liegt weder konkreter Vortrag zur Vertragsgestaltung vor noch ist erläutert, weshalb die Beklagte, was dem Senat ebenfalls aus Parallelverfahren bekannt ist, die Zusicherung des chinesischen Partners einholen musste, dass dieser die von der Beklagten "hergestellten" bzw. mit beeinflussten Produkte nicht an Dritte in die DACH-Region veräußern werde, anstatt dass vielmehr der chinesische Partner die Zustimmung der Beklagten einholen musste, um überhaupt die "Produkte der Beklagten" an Dritte veräußern zu dürfen. Hierbei handelt es sich um eigenen Vortrag der Beklagten im Parallelverfahren, der dort unstreitig und von der Beklagten selbst vorgebracht worden war. Trotz Hinweises des Senats in der mündlichen Verhandlung im hiesigen Verfahren, dass dieser unstreitige Umstand für den Senat neben dem nicht hinreichend substantiierten Vortrag bzgl. der Abgrenzung der "Vorgaben" von bloßen Mängelrügen, maßgeblich für die Beurteilung der Herstellereigenschaft sei, hat sich die Beklagte zu diesem Umstand nicht weiter erklärt.

Da jedenfalls die Whirlpools zunächst vom chinesischen Hersteller produziert worden sind, reicht der Vortrag der Beklagten, dass nach Reklamationen bzw. Vorgaben der Beklagten Änderungen vorgenommen worden seien und eine - wie auch immer gestaltete - Kontrolle durch sie oder Dritte stattfinde, nicht aus, um annehmen zu können, dass sie die Produktionsabläufe in China insoweit beherrscht, dass die Erwartungen der Verbraucher an einen Hersteller etwa hinsichtlich von technischem Know How und handwerklicher Erfahrung erfüllt würden. Auch den Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt, reicht er insbesondere vor dem Hintergrund der zwischen der Beklagten und ihrem chinesischen Produzenten bestehenden Abgrenzungsvereinbarung nicht aus, um die Herstellereigenschaft der Beklagten bejahen zu können.

cc. Soweit die Beklagte schließlich die Ansicht vertritt, dass es ein einheitliches Verständnis des Herstellerbegriffs im deutschen Recht gäbe und es ihr nicht untersagt werden könne, sich als Hersteller zu bezeichnen, wenn sie nach einer Vielzahl von gesetzlichen Vorschriften als Hersteller gelte, so verkennt sie die Schutzrichtung der von ihr zitierten Normen auf der einen Seite und dem Irreführungsschutz nach § 5 UWG auf der anderen.

aaa. Das Produkthaftungs-, Elektro- und Produktsicherheitsgesetz, wonach die Beklagte als Hersteller gilt, wollen mit der weiten Definition des "Herstellers" in § 4 ProdhaftG, § 2 Nr. 14 ProdSG und § 3 Nr. 9 ElektroG erreichen, dass dem inländischen Geschäftspartner möglichst immer ein inländischer Anspruchsgegner zur Verfügung steht (vgl. Wilhelmi in: Erman, BGB, 15. Aufl. ProdHaftG § 4 Rn. 1) bzw. dass den Überwachungsbehörden ein für bestimmte Hinweis- und Kennzeichnungs- oder Rücknahmepflichten Verantwortlicher im Inland zur Verfügung steht. Dagegen geht es im vorliegenden Fall des § 5 UWG um die werbliche Hervorhebung der Herstellereigenschaft und zwar in dem Sinne, wie ihn der angesprochene Verkehr versteht. Da weder etwas dazu vorgetragen ist, dass Verbraucher mittlerweile derart mit den genannten Gesetzen in Berührung gekommen sind, dass im Sinne einer geläuterten Verkehrsauffassung ihr Verständnis durch die gesetzlichen Definitionen und Fiktionen beeinflusst worden wäre, noch eine solche Entwicklung sonst ersichtlich, geht der Senat weiter davon aus, dass diese Normen die Verkehrsauffassung bislang nicht verändert haben.

bbb. Gegen diese Wertung spricht auch nicht die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des OLG Hamburg (GRUR-RR 2004, 36), nach der die Verwendung einer gesetzlich vorgeschriebenen oder zugelassenen Bezeichnung als grundsätzlich zulässig zu gelten habe. Diese Ausführungen sind nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Das OLG Hamburg hat zum einen selbst einschränkend hinzugefügt, dass dies gelte "soweit die Ware der in der Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Beschaffenheit entspricht" und zum anderen ging es - anders als hier - gerade um das Verbraucherverständnis und die gesetzliche Spezifikation einer Beschaffenheitsangabe im Rahmen desselben Gesetzes, d.h. bei gleicher Schutzrichtung.

b. Auch die Angabe über einen Firmenhauptsitz stellt sich als irreführend dar. Darunter versteht der angesprochene Verkehr den Ort, an dem die Zentrale, also die Geschäftsführung sitzt, jedenfalls den wichtigsten Standort einer Gesellschaft. Es wird durch die Verwendung suggeriert, dass es neben dem Sitz in Z. noch andere Firmensitze gäbe. Dabei müsste es sich um Niederlassungen/Standorte der Beklagten selbst, und nicht um Standorte Dritter handeln, die als Partner/Subunternehmer bestimmte Arbeiten für die Beklagte durchführen. Auch Lager, die bei dritten Unternehmen angemietet sind und nicht als Standort der Beklagten nach außen gekennzeichnet sind, werden vom Verkehr nicht als Sitz der Beklagten angesehen werden.

Wie es sich mit dem Vortrag der Beklagten zur steuerlich veranschlagten Außenstelle verhält, ist unklar. Bisher geht der Beklagtenvortrag lediglich dahin, dass dort jedenfalls kein Publikumsverkehr stattfindet. Was dort stattfindet und wer dort wozu seinen "Sitz" hat, ist nicht dargetan. Da es sich um Betriebsinterna handelt, ist es Sache der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vorzutragen, weshalb sie den Standort in Z. als "Firmenhauptsitz" bezeichnen darf. Damit wäre es ihre Aufgabe gewesen, näher zu weiteren Sitzen vorzutragen, was bisher nicht ausreichend geschehen ist.

c. Hinsichtlich des Umfangs der Whirlpool-Ausstellung hat die Klägerin behauptet, dass am 4.10.2017 lediglich 19 Whirlpools in den Geschäftsräumen der Beklagten ausgestellt worden seien und nicht wie beworben über 30. Diese Angabe wurde seitens der Beklagten auf Nachfrage mit E-Mail vom 4.10.2017 (LHR 9) selbst bestätigt.

Die Beklagte hat sich nur dahingehend verteidigt, dass zwei Tage später ein Video aufgenommen worden sei und am 11.10.2017 ihr Anwalt nachgezählt und 34 Whirlpools festgestellt habe. Auch wenn man diesen Vortrag als zutreffend unterstellt, steht er zum einen nicht in Widerspruch zu der Behauptung der Klägerin, dass am 4.10.2017 nur 19 Pools ausgestellt worden waren. Beide Aussagen zusammen lassen sich so verstehen, dass am 4.10.2017 nur 19 Pools ausgestellt waren und zwei Tage später die Ausstellung entsprechend aufgestockt worden ist. Sollte die Einlassung der Beklagten dahingehend gemeint sein, dass sich bereits am 4.10.2017 34 Whirlpools in der Ausstellung befunden hätten, so fehlte es an einer nachvollziehbaren Erklärung, warum am 4.10.2017 seitens der Beklagten selbst die Ausstellung von lediglich 19 Whirlpools bestätigt worden ist.

2. Die Klage ist schließlich nicht wegen Rechtsmissbrauchs als unzulässig abzuweisen. Da es sich nach Aktenlage um drei unterschiedliche Konkurrenten handelt und insbesondere die Klägerin weder im Konzern noch sonst in irgendeiner organisatorischen Verbindung zu den beiden anderen Unternehmen steht, reichen die Indizien nicht aus, um ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen zu bejahen.

Nach § 8 Abs. 4 S. 1 UWG ist die Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG bezeichneten Ansprüche unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheint (BGH GRUR 2000, 1089, 1909 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgungen). Das Vorliegen eines Missbrauchs ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der gesamten Umstände zu beurteilen (BGH GRUR 2001, 354, 355 - Verbandsklage gegen Vielfachabmahner; KBF-Köhler/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 8 Rn. 4.11 mwN).

a. Ein gemeinsames kollusives Vorgehen der drei Unternehmen (Klägerin, S. Industries GmbH und Whirlpools XY GmbH) zu ihrem Nachteil entnimmt die Beklagte in erster Linie dem Umstand, dass alle drei Unternehmen denselben Rechtsanwalt beauftragt haben. Die Vertretung durch denselben Rechtsanwalt lässt nicht für sich bereits den Schluss zu, dass der Rechtsanwalt in Absprache mit den Unternehmen eine bewusste Aufspaltung von Verfahren mit dem Ziel vornehmen würde, die Beklagte mit möglichst hohen Kosten zu überziehen. Dass der Anwalt der Dreh- und Angelpunkt ist, könnte nur dann in Betracht gezogen werden, wenn nicht die Unternehmen den Rechtsanwalt nach Verstößen oder Gegenabmahnungen beauftragten, sondern die Initiative für Abmahnungen und gerichtliche Verfolgungen vom Rechtsanwalt ausgingen. Dass aber die Klägerin überhaupt erst durch ihren Anwalt auf die Beklagte und ihre geschäftlichen Handlungen aufmerksam gemacht worden sei, ist nicht behauptet worden.

b. Bislang ist zudem unstreitig, dass es sich bei der Klägerin und den beiden weiteren Unternehmen um Unternehmen handelt, die weder gesellschaftsrechtlich noch organisatorisch miteinander verbunden sind. Damit besteht grundsätzlich für jeden Wettbewerber für sich der Anspruch darauf, dass die Beklagte es unterlässt, irreführend zu werben. Die Einräumung der Anspruchsberechtigung an Mitbewerber und Verbände in § 8 Abs. 3 UWG begründet per se für den Verletzer die Gefahr der Mehrfachverfolgung ein und desselben Verstoßes (vgl. BGH GRUR 1994, 307, 308 - Mozzarella I). Da es sich um unterschiedliche Parteien und damit Streitgegenstände handelt, kann der Verletzer einem weiteren Kläger weder die Einrede des fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses, noch die der Rechtshängigkeit, noch die der Rechtskraft entgegenhalten (KBF-Köhler/Feddersen, aaO, § 8 Rn. 3.15). Ein Unternehmen, das erfährt, dass ein Verletzer bereits von einem anderen Konkurrenten abgemahnt oder gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch genommen wird, ist daher nicht gehalten, auf seinen eigenen Unterlassungsanspruch zu verzichten und darauf zu vertrauen, dass der Dritte seinen Unterlassungsanspruch auch hinreichend durchsetzen werde, sodass ein Vorgehen trotz Kenntnis von der anderweitigen Inanspruchnahme nicht automatisch zur Missbräuchlichkeit des Vorgehens führt. Eine Klage ist daher nicht schon deshalb missbräuchlich, weil vorher oder gleichzeitig ein anderer Anspruchsberechtigter Klage erhoben hat (vgl. BGH GRUR 1994, 307 - Mozzarella I). Daran ändert es auch nichts, wenn dieselben oder geschäftlich verbundene Anwälte eingeschaltet wurden (OLG Hamburg NJW-RR 1997, 1269, 1270). Vorliegend geht es überdies nicht um die gleichzeitige Verfolgung eines identischen Verstoßes durch drei Wettbewerber. Es ging zum einen um die Werbeaussage "Hersteller von Whirlpools" zu sein, zum anderen um die Aussage, dass man auf die Herstellung von Whirlpools spezialisiert sei und schließlich um den Herstellerbegriff im Zusammenhang mit Dampfduschen und Swimspas. Aber selbst wenn ein identischer Verstoß von mehreren unabhängigen Wettbewerbern verfolgt worden wäre, wäre dies für sich genommen wegen der weitgehenden Anspruchsberechtigung des § 8 UWG hinzunehmen. Gleiches gilt für die verschiedenen Ordnungsmittelverfahren, deren Häufung nur deshalb möglich war, weil die Beklagte es versäumt hatte, zeitnah alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die inkriminierten Werbeaussagen aus dem Internet zu entfernen.

c. Als weiteres Indiz stützt sich die Beklagte darauf, dass alle drei Unternehmen über ihren gemeinsamen Prozessbevollmächtigten gemeinsam eine Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Beklagten bei der Staatsanwaltschaft N. gestellt haben. Der Beklagten ist insoweit zuzugestehen, dass ein solches Vorgehen bei voneinander unabhängigen Unternehmen eher ungewöhnlich ist. Vorliegend dürfte jedoch allen drei Unternehmen - wie auch dem Gericht - bekannt sein, dass sie alle gegen das Verhalten der Beklagten vorgegangen sind. Dass mittlerweile über den gemeinsamen Rechtsanwalt Synergien ausgenutzt werden, mag ungewöhnlich sein, genügt aus Sicht des Senats jedoch nicht, um von einem rechtsmissbräuchlichen Vorgehen bereits bei Abmahnung und Klageerhebung auszugehen. Solange keine Beziehung zwischen den Unternehmen besteht, dass diese sich in ihren Entscheidungen beeinflussen können, ist ein bloßer Informationsaustausch unschädlich (vgl. OLG Hamburg, aaO). Das Interesse jedes einzelnen Mitbewerbers daran, dass es die Beklagte unterlässt, sich als Hersteller zu gerieren, wenn sie aus Sicht des Verkehrs kein Hersteller ist, ist als sehr hoch zu bewerten, zumal an dem Verhalten der Beklagten deutlich wird, welches werbewirksame Gewicht dieser Aussage zukommt. Damit steht dem möglichen Indiz der Stellung einer gemeinsamen Strafanzeige ein sehr gewichtiges Interesse der Wettbewerber an der Unterlassung einer für die Beklagte bedeutenden Werbeaussage gegenüber, sodass jedenfalls ein Überwiegen sachfremder Interessen nicht ersichtlich ist.

d. Als weiteres Indiz führt die Beklagte an, dass auch in der Zwangsvollstreckung ein gemeinsames Vorgehen jedenfalls von zwei der drei Wettbewerber vorliege. So sind für das Forderungskonto Akte 474/17 und 236/18 als Gläubiger jeweils beide 1. B. GmbH und 2. Whirlpools UV GmbH (jetzt: Whirlpools XY GmbH) aufgeführt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage BK2 Bezug genommen.

Ob es sich dabei um ein Kanzleiversehen, sei es menschlicher oder softwaretechnischer Art handelt, kann dahingestellt bleiben. Denn selbst wenn die beiden betroffenen Unternehmen mittlerweile bei ihrem Prozessbevollmächtigten in der Zwangsvollstreckung gemeinsam geführt würden, mag dies zwar für eine inzwischen erfolgende Zusammenarbeit oder einen Informationsaustausch sprechen. Es ist jedoch nach wie vor unstreitig, dass es sich bei der Klägerin und der Whirlpools XY GmbH um unterschiedliche Unternehmen handelt, die weder gesellschaftsrechtlich noch organisatorisch miteinander verbunden sind. Dass die verschiedenen Mitbewerber mittlerweile Kenntnis von der Mehrfachverfolgung haben und Informationen austauschen und evtl. sogar in gewissem Rahmen zusammenarbeiten, sagt mangels weiterer Anhaltspunkte noch nichts darüber aus, dass bereits die Klageerhebung in diesem Fall aus einer zentral gesteuerten und auf sachwidrigen Umständen beruhenden Motivation heraus erfolgt wäre.

e. Dass neben dem Verfügungsverfahren das Hauptsacheverfahren eingeleitet wurde, kann zwar grundsätzlich einen Hinweis auf missbräuchliches Verhalten darstellen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn dies geschieht, ohne dass dafür eine sachliche Notwendigkeit besteht und ohne abzuwarten, ob eine inhaltsgleiche Verfügung ergeht und als endgültige Regelung anerkannt wird (vgl. BGH GRUR 2000, 1091, 1093 - Missbräuchliche Mehrfachverfolgung; KBF-Köhler/Feddersen, aaO, § 8 Rn. 4.15 mwN). Dass vorliegend die Klägerin trotz des formell noch anhängigen Verfügungsverfahrens Hauptsacheklage erhoben hat, hatte hingegen seinen sachlichen Grund darin, dass die Beklagte zum einen bereits ausdrücklich erklärt hatte, keine Abschlusserklärung abgeben zu wollen, und dass sie ihren Widerspruch von Anfang Januar 2018 bis April nicht begründet und zudem in Frankfurt negative Feststellungsklage erhoben hatte. Damit hatte die Klägerin sachliche Gründe, nicht erst den Ausgang des mangels Widerspruchsbegründung nicht vorangetriebenen Verfügungsverfahrens abzuwarten, sondern vor dem Hintergrund des § 945 ZPO und des Umstands, dass die Verjährung von Annexansprüchen durch das einstweilige Verfügungsverfahren nicht gehemmt ist, eine endgültige gerichtliche Entscheidung herbeizuführen (vgl. zum Abschlussschreiben: BGH, Urt. v. 22.1.2015 - I ZR 59/14 -, Kosten für Abschlussschreiben II, juris Rn. 21).

3. Die zugesprochenen Annexansprüche sind von der Beklagten nicht gesondert angefochten worden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Das Urteil betrifft die tatrichterliche Übertragung allgemein anerkannter Auslegungs- und Rechtsanwendungsgrundsätze auf einen Einzelfall, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.

Streitwert: 75.000 €

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