LG Dortmund, Urteil vom 31.01.2019 - 2 O 239/17
Fundstelle
openJur 2020, 5937
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger nach einem Streitwert von 147.900,00 €.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der am 00.00.1942 geborene Kläger unterhielt bei der Beklagten eine Unfallversicherung. Vereinbart wurden u. a. eine Invaliditätsleistung in Höhe von 350.000,00 €, ein Unfall-/Krankenhaus-Tagegeld sowie ein Genesungsgeld von jeweils 50,00 €. Grundlage waren der Versicherungsschein vom 27.10.2016 (Anlage K 1) und die GUB 99 (Anlage K 2) u. a. mit folgenden Regelungen:

"1.1

Wir bieten Versicherungsschutz bei Unfällen, die der versicherten Person während der Wirksamkeit des Vertrages zustoßen.

...

2.1.1.1

Die versicherte Person ist durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen oder geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt (Invalidität).

...

2.4

Die versicherte Person befindet sich wegen des Unfalls in medizinisch notwendiger vollstationärer Heilbehandlung.

..."

Am 11.09.2015 stürzte der Kläger. Er meldete der Beklagten den Unfall mit Schreiben vom 28.09.2015 (Anlage K 4). Die Beklagte lehnte ihre Leistungspflicht mit Schreiben vom 09.02.2017 (Anlage K 2) unter Bezugnahme das von ihr eingeholte Gutachten von A1 vom 23.01.2017 (Anlage K 12) ab, weil keine unfallbedingte Invalidität eingetreten sei, was streitig ist.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung einer Invaliditätsleistung und die Zahlung von Krankenhaustage- und Genesungsgeld für eine stationäre Behandlung in dem Zeitraum vom 13.02.2017 bis zum 21.02.2017. Am 14.03.2017 erfolgte die Implantation einer Schulterprothese (Anlage K 10).

Der Kläger behauptet, er habe durch den Sturz eine Rotatorenmanschettenverletzung/-ruptur der linken Schulter erlitten. Der unfallbedingte Invaliditätsgrad belaufe sich auf 60 % des Armwertes. Die stationäre Behandlung sei unfallbedingt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 147.900,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.02.2017 zu zahlen

und

die Beklagte zu verurteilen, der C1 Rechtsschutzversicherung, Niederlassung der A2, C1-Straße 0, D1, von ihr gezahlte Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.743,43 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet die Unfallkausalität der Rotatorenmanschettenruptur und behauptet eine unfallfremde Mitwirkung von 100 % durch Vorschäden.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen der Einzelheiten wird auf das schriftliche Gutachten B1 vom 27.04.2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen versicherungsvertraglichen Anspruch auf Zahlung von 147.000,00 € Invaliditätsleistung und 900,00 € Krankenhaustagegeld/Genesungsgeld.

Anspruchsvoraussetzung der Invaliditätsleistung ist nach 2.1.1.1 GUB, dass die versicherte Person durch den Unfall auf Dauer in ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist. Anspruchsvoraussetzung für die Leistung des Krankenhaustage- und des Genesungsgeldes ist nach Nr. 2.4.1 GUB und 2.5.1 GUB, dass sich die versicherte Person wegen des Unfalls in medizinisch notwendiger Heilbehandlung befand. Dies hat der beweisbelastete Kläger nicht beweisen können.

Der Kläger erlitt bei dem Sturz am 11.09.2015 eine Prellung/Zerrung des linken Schultergelenkes, die spätestens nach wenigen Monaten folgenlos ausgeheilt sind. Die Rotatorenmanschettenruptur, an die der Kläger leidet, ist nicht durch den Sturz am 11.09.2015 verursacht worden. Es handelt sich dabei um einen unfallunabhängigen degenerativen Vorschaden.

Diese Feststellungen entnimmt das Gericht dem nachvollziehbaren und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen B1, dessen Sachkunde nicht zweifelhaft ist.

Der Sachverständige hat den Kläger am 15.12.2017 eingehend untersucht und die ärztlichen Unterlagen nebst Röntgenaufnahmen ausgewertet.

Eine unfallbedingte Schädigung der Rotatorenmanschette kann nur dann angenommen werden, wenn unter biomechanischen Kriterien eine geeignete Gewalteinwirkung mit typischer Symptomatik rekonstruierbar ist und die unfallnah erhobenen klinischen und radiologischen Befunde kongruent sind. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Ein direktes Anpralltraume oder Stauchungstraume mit nach vorn ausgestreckten Arm, wie im vorliegenden Fall, ist ungeeignet zur Auslösung einer isolierten Schulterrotatorenmanschettenverletzung.

Die am Unfalltag gefertigten Röntgenaufnahmen des Schultergelenkes des Klägers zeigen bereits eine relevante Dezentrierung des Oberarmkopfes im Sinne eines Oberarmkopfhochstandes mit Reduktion des Rotatorenmanschettengleitraumes unter dem Schulterdach links auf etwa 6 mm im Sinne einer Rotatorenmanschettendefektarthropathie. Hierzu passend zeigt sich auch bereits auf den am Unfalltag gefertigten Röntgenaufnahmen eine wellige Konturierung mit kleinzystischer Durchsetzung im Ansatzbereich der Rotatorenmanschette am Oberarmkopf, darüber hinaus degenerative Veränderungen im Bereich des Schulterhauptgelenkes im Sinne einer subchondralen Zeichnungsvermehrung der Gelenkpartner sowie auch Inprojektion auf das Schultereckgelenk mit reaktiven knöchernen Ausziehungen und hierdurch bedingter Einengung des Gleitraumes unter dem linken Schulterdach.

Hinweise auf unfallbedingt erlittene, strukturelle, knöcherne Verletzungen im Bereich des linken Schultergelenkes lassen sich weder auf den am Unfalltag gefertigten Röntgenaufnahmen des linken Schultergelenkes und auch nicht auf den am 02.12.2016 gefertigten Röntgenaufnahmen des Schultergelenkes objektivieren im Rahmen des operativen Eingriffs am linken Schultergelenk des Klägers am 14.02.2017 zeigte sich ein ausgeprägtes Verschleißleiden des linken Schultergelenkes mit Rotatorendefektarthrophatie.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 91 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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