LG Krefeld, Beschluss vom 04.04.2018 - 7 T 54/18
Fundstelle
openJur 2020, 5729
  • Rkr:
Tenor

Das Verfahren wird der Kammer zur Entscheidung übertragen (§ 568 S. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde des Insolvenzverwalters vom 02.03.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Krefeld vom 15.02.2018 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 238,01 EUR

Gründe

I. Der Schuldner hat über seinen Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben 26.02.2016 einen Verbraucherinsolvenzantrag gestellt (Bl. 1 ff. GA). Im Rahmen des Verfahrens hat der Schuldner die erforderlichen Anlagen ausgefüllt eingereicht. Die Anlagen waren jeweils vom Schuldner persönlich unterzeichnet, zugleich versicherte er mit der Unterschrift die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben. Der Verfahrensbevollmächtigte versicherte mit seiner Unterschrift zudem, dass der Schuldner "auf der Grundlage persönlicher Beratung und eingehender Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse" mit seiner Unterstützung erfolglos einen außergerichtlichen Einigungsversuch unternommen habe (Bl. 4 GA). Des Weiteren beantragte der Schuldner die Restschuldbefreiung gem. § 287 ff. InsO.

Mit Beschluss vom 06.04.2016 wurde das Verfahren eröffnet und der Beschwerdeführer zum Insolvenzverwalter bestellt.

Mit Beschluss vom 17.11.2017 wurde das Insolvenzverfahren mangels zu verteilender Masse aufgehoben (§ 200 InsO).

Mit Schriftsatz vom 12.09.2017 hat der Beschwerdeführer beantragt seine Vergütung wie folgt festzusetzen:

Vergütung (§§ 2 Abs. 2, 13 InsVV) 800,00 EUR

Auslagen gem. § 8 InsVV 200,00 EUR

Kosten der Zustellung (§ 8 Abs. 3 InsO) 25,20 EUR

Sonstige Auslagen 0,00 EUR

Zwischensumme 1.025,20 EUR

Zuzüglich 19 % Umsatzsteuer 194,79 EUR

Summe 1.219,99 EUR

Durch Beschluss vom 30.11.2017 hat das Amtsgericht die Vergütung und Auslagen des Beschwerdeführers auf 1.219,99 EUR brutto festgesetzt (Bl. 136 GA).

Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdegegner mit Schreiben vom 08.12.2017, bei Gericht eingegangen am 11.12.2017, sofortige Beschwerde eingelegt. Mit dieser strebte er eine Herabsetzung der Mindestvergütung um 200,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer an. Angesichts der geringen Gläubigerzahl, der Vorbereitung der Unterlagen durch seinen Verfahrensbevollmächtigten sowie schließlich seines geringen Einkommens sei eine entsprechende Reduzierung gerechtfertigt.

Der Beschwerdeführer hat beantragt, den Antrag als unbegründet zurückzuweisen. Eine weitere Minderung des bereits nach § 13 Abs. 2 InsVV geminderten Betrages sei nach der Auslegung der Norm in systematischer und teleologischer Hinsicht nicht möglich.

Mit Beschluss vom 15.02.2018 (Bl. 165 GA) hat das Insolvenzgericht der Beschwerde abgeholfen und gem. § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV einen Abschlag in Höhe von 200,00 EUR vorgenommen. Hiernach hat es die Vergütung und Auslagen auf einen Betrag in Höhe von 981,98 EUR reduziert.

Hiergegen hat der Insolvenzverwalter mit Schriftsatz vom 02.03.2018 (Bl. 171 ff. GA) sofortige Beschwerde eingelegt und diese weiter begründet.

Das Insolvenzgericht hat mit Beschluss vom 21.03.2018 (Bl. 178 f. GA) der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landgericht Krefeld, Beschwerdekammer, zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 4, 64 Abs. 3 InsO in Verbindung mit §§ 567 ff. ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt. Der Mindestbeschwerdewert des § 567 Abs. 2 von 200,00 EUR ist erreicht.

Die sofortige Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Insolvenzgericht hat die Vergütung des Insolvenzverwalters zu Recht auf 981,98 EUR festgesetzt.

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 14.12.2017, Az.: IX ZB 101/15, zitiert nach juris Rdnr. 13) hat ausgeführt, dass die "Mindestvergütung" des § 2 Abs. 2 InsVV gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV nF um einen Abschlag gekürzt werden könne. Damit hat er grundsätzlich die Reduzierung einer Mindestvergütung zugelassen.

Letztlich schließt auch die in § 13 InsVV im Vergleich zu § 2 Abs. 2 InsVV nochmals gekürzte Mindestvergütung einen weiteren Abschlag nicht aus.

Auch im Rahmen von 13 InsVV kommt ein Abschlag gem. § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV in Betracht (Wimmer/Lorenz. FK-InsO, 9. Aufl., § 13 InsVV, Rdnr. 12). Soweit in der Literatur (vgl. Gortan, NZI 2016, 339 (341)) die Ansicht vertreten wird, die bereits gesenkte Vergütung des § 13 InsVV könne mittels § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV nicht weiter gekürzt werden, überzeugt dies nicht.

Selbst die Vertreter, die eine doppelte Minderungsmöglichkeit verneinen (Gortan, NZI 2016, 339 (341)) gestehen zu, dass aufgrund der unterschiedlichen Gesetzessystematik eine kumulative Anwendung des § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV und § 13 InsVV möglich sei.

Das Insolvenzgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der BGH (Beschluss vom 06.04.2017, Az.: IX ZB 48/16) entschieden habe, dass sich der Vergütungssatz des Insolvenzverwalters (nach neuem Recht) im Ergebnis am bisherigen Vergütungssatz für einen Treuhänder (nach altem Recht: 600,00 EUR) orientieren könne, wenn die Tätigkeit des Insolvenzverwalters in einem Verbraucherinsolvenzverfahren tatsächlich nicht über die Tätigkeit eines Treuhänders nach alten Recht hinaus gehe.

Damit ist eine Absenkung unter die reduzierte Mindestvergütung von 800,00 EUR möglich.

Gemäß § 3 Abs. 2 Buchst. e InVV ist ein Abschlag vorgesehen, wenn die Vermögensverhältnisse des Schuldners sind überschaubar und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering ist.

Das Insolvenzgericht hat in seinem Nichtabhilfebeschluss darauf verwiesen, dass in der Literatur die Ansicht vertreten werde, "die Bejahung des Abschlagtatbestandes von der Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 5 Abs. 2 InsO (schriftliche Durchführung" abhängig zu machen. Dies sei vorliegend mit Beschluss vom 06.04.2016 (Bl. 65 GA) angeordnet worden. Dem wird jedoch überzeugend entgegengehalten, dass die bisherige Praxis der Anordnung von schriftlichen Verfahren gezeigt habe, dass die Tatsache, dass das Verfahren schriftlich geführt werden kann, keineswegs gleichbedeutend damit sei, dass die Vermögensverhältnisse des Schuldners überschaubar und die Zahl der Gläubiger oder die Höhe der Verbindlichkeiten gering seien (Wimmer/Lorenz. FK-InsO, 9. Aufl., § 3 InsVV, Rdnr. 74) .

Vorliegend erlauben aber die weiteren, vom Insolvenzgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss herangezogenen Umstände den vorgenommenen Abschlag. Das Insolvenzgericht hat dazu auf die vom BGH in seiner Entscheidung vom 14.12.2017 (IX ZB 101/15) ausgeführten Grundsätze für eine Abschlagsmöglichkeit abgestellt. Danach kommt ein Abschlag nur dann in Betracht, wenn eine Arbeitsersparnis vorliegt, die in ihrem Umfang dem in § 13 InsVV n.F. geregelten Fall gleichkommt. Dabei ist von Bedeutung, ob der Insolvenzverwalter Anfechtungen vornehmen oder mit Absonderungsrechten belastete Gegenstände verwerten musste, also letztlich Aufgaben zu erledigen hatte, die einen Treuhänder nach altem Recht nicht oblagen. Fielen solche Tätigkeiten nicht an und ging die Tätigkeit des Verwalters deshalb tatsächlich nicht über diejenige eines Treuhänders nach § 313 f InsO a.F. hinaus, könne es geboten sein, die Vergütung des Insolvenzverwalters im Wege eines Abschlags nach § 3 Abs. 2 Buchst. e InsVV n.F. der Vergütung eines Treuhänders nach altem Recht (600,00 EUR) anzugleichen, allerdings nicht zu unterschreiten.

Das Insolvenzgericht hat zu Recht ausgeführt, dass der Insolvenzverwalter vorliegend keine "neuen" Aufgaben, also Aufgaben, die einem früheren Treuhänder nicht oblegen hätten, übernommen habe. Das Verfahren sei im Zeitraum vom 06.04.2016 bis zum 12.09.2017 (Schlussbericht) schriftlich abgewickelt worden. Pfändbare Vermögenswerte seien nicht vorhanden, ein neuer Erwerb sei nicht zu realisieren gewesen. Verwertungshandlungen seitens des Verwalters hätten nicht stattgefunden. Zu dem Verfahren hätten drei Gläubiger drei Forderungen in Höhe von insgesamt 34.571,29 EUR angemeldet. Der Insolvenzverwalter sei steuerlicher Vermögensverwalter im Sinne des §§ 34 Abs. 3 AO. Insoweit habe er vergütungsrechtlich gesehen Regelaufgaben wahrgenommen. Die vom Verwalter mit Schriftsatz vom 24.11.2017 erstmals vorgetragene besondere Beschäftigung mit dem Schuldner und dem Finanzamt fände sich in den Berichten (insbesondere dem Schlussbericht) und dem Vergütungsantrag vorher nicht wieder. Letzterem Einwand ist der Beschwerdeführer nicht weiter entgegengetreten.

Der BGH (Beschl. v. 22.09.2016 - IX ZB 82/15) hält es für rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vergütung des Insolvenzverwalters in einem Verfahren über das Vermögen einer natürlichen Person gem. § 3 Abs. 2 lit. Buchst. e InsVV herabgesetzt wird, wenn lediglich 4 Gläubiger Forderungen angemeldet haben und der Schuldner lediglich regelmäßiges Einkommen aus abhängiger Beschäftigung oder Arbeitslosengeld bezogen hat.

Im konkreten Fall ist daher ein Abschlag in Höhe von 200,00 EUR nicht zu beanstanden. Dabei war zu berücksichtigen, dass ein solcher Abschlag nicht pauschal wegen der geringen Gläubigerzahl zu erfolgen darf. Im konkreten Fall war jedoch bei Betrachtung der gesamten Umstände ein Herabsenken der Vergütung auf das Vergütungsniveau des ehemaligen Treuhänders angezeigt.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 4 InsO in Verbindung mit § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen des § 574 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Der BGH hat bisher - soweit erkennbar - nicht entschieden, dass auch Mindestvergütung des § 13 InsVV auf der Grundlage von § 3 Abs. 2 Buchst. e InVV einer weiteren Kürzung unterzogen werden kann.