VG Minden, Beschluss vom 14.02.2020 - 4 L 954/19
Fundstelle
openJur 2020, 5333
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

3. Der Streitwert wird in der Wertstufe bis 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Antragstellers,

dem Antragsgegen im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, die im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 9 vom 1. Mai 2018 ausgeschriebenen Stellen mehrerer Justizvollzugsinspektorinnen und Justizvollzugsinspektoren bei der JVA C. -T. mit einer Mitbewerberin / einem Mitbewerber zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers auf diese Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden ist,

bleibt ohne Erfolg. Er ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Voraussetzung dafür ist nach § 123 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwGO in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 294 Zivilprozessordnung - ZPO -, dass der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Leistung zusteht (sog. Anordnungsanspruch) und dieser Anspruch gefährdet ist und daher durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (sog. Anordnungsgrund).

Jedenfalls ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht.

In Fällen der Konkurrenz von Bewerbern um die Übertragung eines höherwertigen Amtes ist ein Anordnungsanspruch gegeben, wenn es nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand überwiegend wahrscheinlich ist, dass die vom Dienstherrn im Besetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des jeweiligen Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil dessen Bewerbungsverfahrensanspruch keine hinreichende Beachtung gefunden hat, und wenn in einem weiteren - rechtmäßigen - Auswahlverfahren eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers jedenfalls ernsthaft möglich erscheint.

Ständige Rechtsprechung, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 4. Dezember 2017 - 6 B 1135/17 -, juris, Rdn. 18 m.w.N.

Nach umfassender Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht

- vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 -, juris, Rdn. 22; OVG NRW, Beschluss vom 17. April 2018 - 1 B 189/18 -,juris, Rdn. 4 m.w.N.; zum Gebot effektiven Rechtsschutzes: BVerfG, Beschlüsse vom 4. Februar 2016 - 2 BvR 2223/15 -, juris, Rdn. 100, vom 16. Dezember 2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris, Rdn. 57 und vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, juris, Rdn. 16 ("unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptverfahren geltend gemachten Anspruchs") -

erweist sich die vom Antragsgegner getroffene Auswahlentscheidung als rechtmäßig.

Sie ist zunächst in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden; die Einwände des Antragstellers greifen allesamt zu kurz.

Die Schwerbehindertenvertretung wurde am 13. Juni 2019 gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX - zu der beabsichtigten Beförderung der Beigeladenen angehört und erhob ausdrücklich "keine Einwände" (vgl. E-Mail vom 14. Juni 2019, Nr. I Bl. 472 des Verwaltungsvorgangs - VV -). Der örtliche Personalrat wurde am selben Tag gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Landespersonalvertretungsgesetz - LPVG - um Zustimmung gebeten und stimmte der beabsichtigten Beförderung der Beigeladenen - wie sich aus einem mit Datum und Kürzel versehenen Stempel des Vorsitzenden (Nr. I Bl. 458 VV) ergibt - am 14. Juni 2019 zu. Greifbare Anhaltspunkte für die Annahme, der Personalrat sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, sind weder durch den Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Gleichstellungsbeauftragte wurde sowohl über die Stellenausschreibung (Nr. I Bl. 2 VV) als auch über die beabsichtigte Beförderung der Beigeladenen frühzeitig im Sinne des § 18 Abs. 1 Satz 1 Landesgleichstellungsgesetz - LGG - unterrichtet. Von der ihr eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme binnen einer Woche (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 1 LGG) machte sie keinen Gebrauch; eine Stellungnahme zu der beabsichtigten Beförderung der Beigeladenen erachtete sie - ausweislich eines handschriftlichen Vermerks der Stellvertretenden Gleichstellungsbeauftragten A1. (Nr. I Bl. 465 VV) - für "nicht erforderlich".

Das Vorbringen des Antragstellers ist nicht geeignet, Zweifel an einer wirksamen Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten oder deren ordnungsgemäßer Beteiligung zu wecken. Der Wirksamkeit steht nicht entgegen, dass der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten I. mit Schreiben vom 13. September 2012 (Bl. 46 der Gerichtsakte - GA -) bzw. 12. Februar 2014 (Bl. 45 GA) und deren Stellvertreterin A. mit Schreiben vom 12. Januar 2010 (Bl. 48 GA) eine Ausschreibung oder ein Interessenbekundungsverfahren nicht vorausgegangen war. Denn § 15 Abs. 1 Satz 2 LGG, der bestimmt, dass die Bestellung nach vorheriger Ausschreibung oder Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens erfolgt, wurde erst durch Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Gleichstellungsrechts vom 6. Dezember 2016 (GV. NRW. S. 1052) eingefügt. Die zum Zeitpunkt der Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten und deren Stellvertreterin maßgebliche Fassung des § 15 LGG vom 9. November 1999 (GV. NRW. S. 590) sah eine vorherige Ausschreibung oder die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens noch nicht vor. Da es bis heute im Abschnitt IV des LGG an anderslautenden Vorschriften zur Dauer der Amtszeit fehlt, führt auch die unbefristete Bestellung der Gleichstellungsbeauftragten und deren Stellvertreterin nicht zur Unwirksamkeit. Der Einwand des Antragstellers, die Gleichstellungsbeauftragte sei nicht ordnungsgemäß beteiligt worden, da der entsprechende Vermerk von deren Stellvertreterin A. stamme, ohne dass ein Vertretungsfall vorgelegen habe bzw. belegt sei, geht ebenfalls fehl. Der Antragsgegner hat seiner Pflicht, die Gleichstellungsbeauftragte gemäß §§ 18 Abs. 1 und 2 LGG zu beteiligen, bereits dadurch Genüge getan, dass er sie mit - an die Gleichstellungsbeauftragte gerichtetem - Schreiben vom 13. Juni 2019 über die beabsichtigten Maßnahmen unterrichtet und ihr die Möglichkeit zur Stellungnahme binnen angemessener Pflicht eingeräumt hat. Dessen ungeachtet lässt sich weder dem LGG noch der Gesetzesbegründung entnehmen, dass für ein Tätigwerden der Stellvertreterin ein Vertretungsfall vorliegen bzw. belegt werden müsste. Im Gegenteil: Die Stellvertreterin soll nach dem erklärten Willen des Landesgesetzgebers

- vgl. LT-Drs. 16/12366, S. 75 -

nicht nur als Abwesenheitsvertretung ausgestaltet sein können; vielmehr sollen "zur Entlastung der Gleichstellungsbeauftragten zwischen dieser und ihrer Stellvertreterin auch Aufgaben aufgeteilt werden" können.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2019 - 6 B 1087/19 -, juris, Rdn. 5-12.

Die Auswahlentscheidung ist auch materiell rechtmäßig. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers hat hinreichende Beachtung gefunden.

Der Bewerbungsverfahrensanspruch folgt aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -. Diese Norm trägt dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 -, juris, Rdn. 18; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Februar 2017 - 6 B 1424/16 -, juris, Rdn. 13 und vom 21. Februar 2017 - 6 B 1102/16 -, juris, Rdn. 12.

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Bestenauslesegrundsatzes zu besetzen. Auszuwählen ist der Bewerber, von dem der Dienstherr im Rahmen einer rechtsfehlerfreien Prognose erwarten darf, dass er in der Zukunft den Anforderungen des zu besetzenden Amtes am besten entspricht. Der dabei in Ausfüllung der Begriffe "Eignung, Befähigung und fachliche Leistung" dem Dienstherrn eröffnete Beurteilungsspielraum unterliegt von Verfassungs wegen einer nur begrenzten gerichtlichen Kontrolle. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle von Auswahlentscheidungen ist insoweit beschränkt und hat sich nur darauf zu erstrecken, ob die Verwaltung gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Februar 2017 - 6 B 1424/16 -, juris, Rdn. 11 und vom 21. Februar 2017 - 6 B 1102/16 -, juris, Rdn. 11.

Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind. Die von Art. 33 Abs. 2 GG erfassten Auswahlentscheidungen können grundsätzlich nur auf Gesichtspunkte gestützt werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Februar 2017 - 6 B 1424/16 -, juris, Rdn. 15, und vom 21. Februar 2017 - 6 B 1102/16 -, juris, Rdn. 15.

In der Rechtsprechung ist geklärt, dass der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt regelmäßig anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat. Maßgeblich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das anhand einer Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Hierbei spielen auch Binnendifferenzierungen, d.h. verbale Zusätze zur abgestuften Bewertung innerhalb von Gesamtnoten, wie z.B. "untere Grenze" oder "obere Grenze", eine Rolle, sofern sie einheitlich verwendet werden und einen eindeutigen Aussagegehalt haben, der auch für den Beurteilten zweifelsfrei erkennbar ist.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris, Rdn. 12, und vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, juris, Rdn. 11; BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 -, juris, Rdn. 22; OVG NRW, Beschlüsse vom 28. Februar 2017 - 6 B 1424/16 -, juris, Rdn. 19, und vom 21. Februar 2017 - 6 B 1102/16 -, juris, Rdn. 19.

Die der Auswahlwahlentscheidung zugrunde gelegten Beurteilungen aus sonstigem Anlass (sog. Anlassbeurteilungen) vom 21. Juni 2019 sind rechtsfehlerfrei.

Die Anlassbeurteilungen beruhen auf der Allgemeinverfügung des Justizministeriums "Dienstliche Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten" - Beurteilungs-AV - vom 1. Februar 2013 - 2000 - Z.155 - (JMBl. NRW S. 32) in der Fassung vom 2. Februar 2018 (JMBl. NRW S. 38). Nach Ziff. 3.2.2 lit. a der Beurteilungs-AV sind im Auswahlverfahren dienstliche Beurteilungen bei jeder Bewerbung um ein Eingangs- oder Beförderungsamt vorzunehmen, wenn u.a. die letzte Beurteilung des Beamten im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitbewerber nicht mehr vergleichbar oder aus sonstigen Gründen ausnahmsweise nicht mehr aussagekräftig ist. Da die letzte Regelbeurteilungen auch des Antragstellers vom 3. Juli 2017 mit der Anlassbeurteilung eines Mitbewerbers in zeitlicher Hinsicht nicht vergleichbar waren,

vgl. VG Minden, Beschluss vom 8. Februar 2019 - 4 L 861/18 -,

war der Antragsgegner gehalten, für sämtliche Bewerber Anlassbeurteilungen vorzunehmen.

Zuständige Endbeurteilerin war die Leiterin der Justizvollzugsanstalt C. -T. als dienstvorgesetzte Stelle (vgl. Ziff. 5 der Beurteilungs-AV i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 der "Verordnung über richter- und beamtenrechtliche Zuständigkeiten sowie zur Bestimmung der mit Disziplinarbefugnissen ausgestatteten dienstvorgesetzten Stellen im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz" - Beamten- und Disziplinarzuständigkeitsverordnung JM - JustVO JM - vom 4. Dezember 2007 (GV. NRW S. 652) in der Fassung vom 27. November 2017 (GV. NRW S. 864)).

Das Beurteilungsverfahren wurde gewahrt. Es bedeutet insbesondere keinen Verfahrensfehler, dass ein Beurteilungsgespräch mit dem Antragsteller nicht stattgefunden hat. Nach Ziff. 6.1 der Beurteilungs-AV ist dem zu Beurteilenden der Entwurf der beabsichtigten Beurteilung zur Kenntnis zu bringen und ihm ein Termin zur mündlichen Erörterung der in Aussicht genommenen Beurteilung anzubieten. Vor der Aufnahme der dienstlichen Beurteilung in die Personalakte ist dem zu Beurteilenden eine Abschrift der Beurteilung mit dem Hinweis zuzuleiten, dass Gelegenheit besteht, diese mit der dienstvorgesetzten Stelle zu besprechen (vgl. Ziff. 6.2 der Beurteilungs-AV). Diesen Vorgaben hat der Antragsgegner bereits dadurch Genüge getan, dass er dem Antragsteller mit Übersendung sowohl des Entwurfs ("Sollte Ihr Mandant eine Erörterung des Entwurfs mit der Leitung des allgemeinen Vollzugsdienstes wünschen, ist dies auf dem Empfangsbekenntnis entsprechend zu vermerken.", Nr. I Bl. 422 VV) als auch einer Abschrift der Anlassbeurteilung ("Sollten Sie ein Gespräch wünschen, bitte ich um Vereinbarung eines Gesprächstermins", Nr. I Bl. 491 VV) die Möglichkeit zur Erörterung des Entwurfs bzw. Besprechung der Anlassbeurteilung eingeräumt hat. Diese Möglichkeiten hat der Antragsteller ungenutzt verstreichen lassen.

Die Anlassbeurteilungen begegnen auch keinen durchgreifenden materiellrechtlichen Bedenken. Sie beruhen auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage, sind in zeitlicher Hinsicht vergleichbar und hinreichend aktuell; der anzulegende Maßstab wurde beachtet.

Der Antragsgegner war nicht gehalten, eine schriftliche Stellungnahme (sog. Beurteilungsbeitrag) des ehemaligen Abteilungs- und / oder Bereichsleiters des Antragstellers einzuholen. Das Einholen von Beurteilungsbeiträgen war der Anstaltsleitung weder durch die Beurteilungs-AV vorgegeben noch, um eine tragfähige Tatsachengrundlage zu erhalten,

vgl. BVerwG, Urteile vom 1. März 2018 - 2 A 10.17 -, juris, Rdn. 22, und vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 -, juris, Rdn. 22 ff.,

geboten. Nach dem - unwidersprochenen - Vorbringen des Antragsgegners verfügte die Endbeurteilerin als Leiterin der Justizvollzugsanstalt C. -T. und in ihrer Funktion als stellvertretende Leiterin des Hafthauses T. , in dem der Antragsteller während des Beurteilungszeitraums als Abteilungsbediensteter und Pförtner ("im Bereich der Pforte") seinen Dienst versah, "über ausreichend eigene Kenntnisse, um [den Antragsteller] zu beurteilen". Dabei sah die Endbeurteilerin eine - seit der letzten Regelbeurteilung - unveränderte Leistung und Befähigung des Antragstellers; eine Leistungssteigerung habe nicht verzeichnet werden können. Vor dem Hintergrund, dass bei einem Beurteilungszeitraum von lediglich 13 Monaten allenfalls wenige Änderungen zu erwarten standen und sich bei immerhin drei der 24 Bewerbern Änderungen in der Beurteilung der Leistung und / oder Befähigung ergeben haben, die in einem Fall zu einer veränderten Gesamtnote führten, ist der vom Antragsteller gezogene Schluss, die letzte Regelbeurteilung sei "lediglich neu ausgefertigt" worden, nicht nachvollziehbar.

Die Anlassbeurteilungen sind in zeitlicher Hinsicht vergleichbar und hinreichend aktuell. Einer Vergleichbarkeit steht nicht entgegen, dass der Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilung des Beigeladenen zu 4.), der von der letzten Regelbeurteilung aus Altersgründen gemäß Ziff. 2.2 lit. e der Beurteilungs-AV ausgenommen war, zu dem früheren Stichtag 29. Juni 2014 beginnt, d.h. einen längeren Beurteilungszeitraum umfasst. Für die Vergleichbarkeit dienstlicher Beurteilungen ist von weitaus größerer Bedeutung, dass der von ihnen abgedeckte Zeitraum zum gleichen Stichtag oder zumindest nicht zu erheblich auseinander fallenden Stichtagen endet, als dass der jeweils erfasste Beurteilungszeitraum zum gleichen Stichtag beginnt.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 4. Dezember 2019 - 1 B 349/19 -, juris, Rdn. 16, und vom 22. Juli 2019 - 6 B 708/19 -, juris, Rdn. 6 m.w.N.

Das ist hier der Fall. Der von den Anlassbeurteilungen umfasste Beurteilungszeitraum endet gemäß Ziff. 3.2.2 lit. b der Beurteilungs-AV zum Stichtag 30. April 2018, d.h. dem Tag vor Veröffentlichung der Stellenausschreibung im Justizministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Nr. 9 vom 1. Mai 2018. Die Anlassbeurteilungen haben ihre Aktualität nicht dadurch verloren, dass - infolge der Aufhebung einer ersten Auswahlentscheidung und des zwischenzeitlichen Abbruchs des Stellenbesetzungsverfahrens - bis zur Auswahlentscheidung im August 2019 mehr als 15 Monate vergangenen sind. Dass der Antragsteller vom 4. März bis zum 11. April 2019 seinen Dienst in der Außenstelle Q. versah, löste keinen "Aktualisierungsbedarf"

- vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, juris, Rdn. 42 ff. -

aus, da es sich weder um einen erheblichen Zeitraum noch um eine wesentlich andere Aufgabe handelt.

Der anzulegende Maßstab wurde beachtet. Eine dienstliche Beurteilung ist zu erstellen aufgrund der Erkenntnisse über die von dem jeweiligen Beamten im Beurteilungszeitraum auf dem konkret innegehabten Dienstposten gezeigten Leistungen, gemessen an den (abstrakten) Anforderungen des ihm übertragenen Statusamtes. Bezugspunkt der dienstlichen Beurteilung ist nicht der konkrete Dienstposten, sondern das Statusamt des Beamten.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2019 - 2 C 1.18 -, juris, Rdn. 52; OVG NRW, Beschluss vom 23. Oktober 2019 - 6 B 1087/19 -, juris, Rdn. 14 m.w.N.

Dass dieser Maßstab durch die Anstaltsleitung verkannt worden wäre, ist weder durch den Antragsteller (substantiiert) vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Behauptung, die Anlassbeurteilungen träfen "keine Prognose über die jeweilige Eignung [...] für das Beförderungsamt", ist unzutreffend. Die Anlassbeurteilungen schließen gemäß Ziff. 4.7 der Beurteilungs-AV mit einer Feststellung der Beförderungs- und Verwendungseignung, deren Grad für den Antragsteller als "besonders gut geeignet (unterer Bereich)" ausgewiesen wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Die Kammer hat die Kosten der Beigeladenen nicht für erstattungsfähig angesehen. Das entspricht der Billigkeit, weil die Beigeladenen keinen eigenen Antrag gestellt und sich somit dem Risiko der Auferlegung der Kosten gemäß § 154 Abs. 3 VwGO nicht ausgesetzt haben.

Die Bestimmung des Streitwerts in einem Konkurrentenstreitverfahren, gerichtet - wie hier - auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Stelle im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 1, Abs. 6 Satz 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz - GKG -. Der sich danach ergebende Betrag ist im Hinblick auf den im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angestrebten Sicherungszweck um die Hälfte, das heißt auf ein Viertel der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge, zu reduzieren.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. April 2019 - 6 E 237/19 -, juris. m.w.N.

Auch wenn die Besetzung mehrerer Stellen verhindert werden soll, ist der Streitwert nur einfach anzusetzen, wenn - wie hier - im Hinblick auf die Stellenbesetzung ein im Wesentlichen einheitliches Verfahren geführt wird und die Vergabe der Stellen durch eine einheitliche Auswahlentscheidung erfolgt.

OVG NRW, Beschlüsse vom 20. Dezember 2012 - 6 E 947/12 -, juris, und vom 14. Oktober 2013 - 6 B 1037/13 -, juris.