ArbG Mönchengladbach, Urteil vom 23.05.2017 - 1 Ca 441/17
Fundstelle
openJur 2020, 5195
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 6 Sa 174/20

Bei Vorliegen eines sachlichen Grundes kann der Arbeitgeber eine Anpassungsautomatik nach billigem Ermessen abändern. wenn er sich diese Entscheidung im Regelwerk über die betriebliche Altersversorgung vorbehalten hat.

Tenor

1.Die Klage wird abgewiesen.

2.Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3.Der Streitwert wird auf 2.856,58 € festgesetzt.

4.Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Erhöhung einer Rentenzahlung aus einer betrieblichen Altersversorgung für das Jahr 2016.

Die Klägerin war im Zeitraum von 1971 bis 2009 bei der W. E. Lebensversicherung AG, deren Rechtsnachfolgerin die Beklagte ist, beschäftigt.

Sie schied mit Aufhebungsvertrag vom 30.09.2009 aus.

Unter Ziffer 8 des Aufhebungsvertrages vereinbarten die Parteien:

" Die W. E. Lebensversicherung AG gewährt Frau T., unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der W. VVaG., mit Beginn des Kalendermonats, von dem ab erstmals der Bezug einer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung - ggfs. auch mit Abschlägen möglich ist, eine monatliche Rente von 599,46 € brutto. Die Rente wird nach den Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerkes angepasst."

Die Beklagte ist ein Versicherungsunternehmen, welches in den Deutschen H. Konzern eingebunden ist. Es besteht ein Gewinn- und Verlustübernahmevertrag mit der H. AG. Bei dieser bestand eine "Betriebliches Versorgungswerk" (im folgenden BVW) genannte betriebliche Altersversorgung.

Die BVW gewährt eine Gesamtversorgung, die sich auf Basis der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, aus Rentenleistungen der konzerneigenen Versorgungskasse (sog. "VK-Altersrente") und einer Direktzulage (Pensionsergänzung, sog. "Vofue-Rente") zusammensetzt. Die im vorliegenden Fall streitige Höhe der Pensionsergänzung gleicht dabei die Lücke zwischen der zugesagten Gesamtversorgung und den Zahlungen aus der Versorgungskasse und der gesetzlichen Rente aus.

Diese Zahlung wird geregelt in der Gesamtbetriebsvereinbarung "Bestimmungen des betrieblichen Versorgungswerks", bestehend aus den "Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks", den " Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks" und den "Übergangsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks".

In diesen heißt es auszugsweise:

"[...]

Grundbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes

§1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds

Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu gewähren, sofern und solange die in den Ausführungsbestimmungen näher bezeichneten Leistungen der Sozialversicherung sowie anderer gesetzlichen Versorgungen und die Leistungen der Versorgungskasse zusammen die Gesamtversorgungsbezüge gemäß § 4 der Ausführungsbestimmungen nicht erreichen.

[...]

§ 2 Berechtigter Personenkreis

Auf die Leistungen des Pensionsergänzungsfonds besteht ein Rechtsanspruch, der nur durch die i den Ausführungsbestimmungen enthaltenen Widerrufsvorbehalte eingeschränkt ist.

Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes

§ 4 Höhe der Gesamtversorgungsbezüge

Die für die Bemessung der Pensionsergänzung maßgebenden Gesamtversorgungsbezüge werden wie folgt festgesetzt:

1. Gesamt-Ruhebezüge und Gesamt-Invaliditätsbezüge

Die für den Fall des Bezuges einer Alters- bzw. Erwerbungsunfähigkeitsrente der Versorgungskasse zu gewährenden monatlichen Gesamt-Ruhebezüge bzw. Gesamt-Invaliditätsbezüge betragen 40 % plus so viel Prozent, wie Dienstjahre bis zum Eintritt des Versorgungsfalles verflossen sind, höchstens jedoch 70 % des pensionsfähigen Arbeitsentgeltes nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen.

[...]

§ 5 Zusammensetzung der Versorgungsbezüge

Erreichen die nachstehenden Leistungen zusammen in der Höhe nicht die erworbenen Gesamtversorgungsansprüche, wird eine Pensionsergänzungszahlung fällig.

1. Bestandteile der Gesamtversorgungsbezüge sind:

1.1. Die Rentenleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.

Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Renten individuell zu kürzen, so gilt die ungekürzte Rente als Bestandteil der Gesamtversorgung (z. B. familienrechtlicher Versorgungsausgleich)

1.2. Die Renten aus der freiwilligen Höherversicherung bei Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung, soweit für sie ein freiwilliger Firmenzuschuss seitens der V. geleistet wurde

[...]

1.6. Rentenleistungen der Versorgungskasse und die ihnen gleichgestellten sonstigen betrieblichen Versorgungsleistungen.

§ 6 Anpassung der betrieblichen Versorgungsbezüge an veränderten wirtschaftliche Verhältnisse

1. Die Gesamtversorgungsbezüge werden jeweils entsprechend der gemäß § 49 AVG vorgegebenen Entwicklung der Renten in der gesetzlichen Rentenversicherung angepasst. (Der § 49 AVG ist durch Artikel Ziffer 1 §§ 65 und 68 SGB (VI) neu gefasst worden. Die Änderung ist am 01.01.1992 in Kraft getreten).

2. Die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge erfolgt zum gleichen Zeitpunkt, zu dem die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung verändert werden.

3. Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht für vertretbar, so schlägt er nach Anhören der Betriebsräte/des Gesamtbetriebsrates dem Aufsichtsrat zur gemeinsamen Beschlussfassung vor, was nach seiner Auffassung geschehen soll. Der Beschluss ersetzt die Anpassung gemäß Ziffer 1.

[...]

§ 12 Widerrufsvorbehalte

Der in § 2 Ziffer 3 der Grundbestimmung eingeräumte Rechtsanspruch wird soweit eingeschränkt, als sich die V. vorbehält, durch Beschlüsse im Vorstand und im Aufsichtsrat die Leistungen zu kürzen oder einzustellen, wenn

· Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sich nachhaltig so wesentlich verschlechtert hat, dass ihm eine Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann,

· der Personenkreis, die Beiträge, die Leistungen oder das Pensionierungsalter bei der gesetzlichen Sozialversicherung oder anderen Versorgungseinrichtungen mit Rechtsanspruch sich wesentlich ändern,

· die rechtliche, insbesondere die steuerrechtliche Behandlung der Aufwendungen, die zur planmäßigen Finanzierung der Versorgungsleistungen von der W. gemacht worden sind, sich so wesentlich ändert, dass der W. die Aufrechterhaltung der zugesagten Leistungen nicht mehr zugemutet werden kann.

[...]"

In einer "Kurzfassung" der BVW heißt es auszugsweise:

"[...]

1.5 Anpassung der Leistungen

Gemäß § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 hat der Arbeitgeber spätestens alle drei Jahre eine Erhöhung seiner Versorgungsleistungen zu überprüfen. Dadurch soll der Wert der einmal gewährten Leistung erhalten bleiben.

Die W. E. Lebensversicherung AG kommt dieser Verpflichtung in der Weise nach, dass sie zum gleichen Zeitpunkt und im gleichen Umfang wie die gesetzliche Rentenversicherung die Höhe ihrer Gesamtversorgungsbezüge verändert. Dabei werden allerdings die zum Überprüfungszeitpunkt aktuellen Renten der gesetzlichen Rentenversicherung der Versorgungskasse angerechnet.

[...]"

Seit dem 01.01.2016 bezog die Klägerin von der Beklagten entsprechende Rentenzahlungen, zuletzt aus der VK-Altersrente in Höhe von 444,73 € brutto und der Vofue-Rente in Höhe von 669,69 € brutto.

Neben der vertraglichen Anpassung gemäß § 6 der Ausführungsbestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes wird alle drei Jahre die Anpassung nach § 16 BetrAVG geprüft. Aufgrund der von der Beklagten vorgenommenen Bündelung der Prüfungstermine war der letzte Prüfungsstichtag der 01.07.2015.

Zum 1. Juli 2016 wurden die gesetzlichen Renten um 4.24512 % erhöht.

Mit Schreiben aus August 2016 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Rente aus der Versorgungskasse rückwirkend zum 1. Juli 2016 um 0,51 % und aus der BVW die Pensionsergänzung um 0,5 % steige.

Darin heißt es u.a.:

"[...]

Leitende Erwägungen waren dabei zum einen, dass seit der letzten Anpassung der betrieblichen Versorgungsleistungen zum 1. Juli 2015 nur ein geringer Kaufkraftverlust zu verzeichnen war und dass die ab dem 1. Juli 2016 beschlossene Anpassung diesen deutlich übersteigt. Eine Anpassung in einem nur geringeren Umfang führt daher nicht zu einer Entwertung der betrieblichen Versorgungsleistung und erscheint aus diesem Grunde zumutbar.

Zum anderen sprechen auch Gründe der Generationengerechtigkeit für die beschlossene geringere Anpassung. So sind die aktiven Mitarbeiter Ihres ehemaligen Arbeitgebers von einschneidenden Spar- und erheblichen Umstrukturierungsmaßnahmen betroffen, welche neben Abbau auch die Verlagerung von Arbeitsplätzen umfasst. Diese Maßnahmen sollen die Wettbewerbsfähigkeit der H. Gruppe stärken und einen wichtigen Beitrag zum Erhalt einer soliden finanziellen Basis leisten, um die Verpflichtungen gegenüber den Kunden aber auch den aktiven und ehemaligen Mitarbeiter langfristig erfüllen zu können. Da diese Maßnahmen somit auch Ihren Interessen dienen, halten Vorstand und Aufsichtsrat es für gerechtfertigt, dass auch die ehemaligen Mitarbeiter einen Beitrag zu der Stärkung und Zukunftssicherung ihres ehemaligen Arbeitgebers leisten. Die Entscheidung, diesen Beitrag innerhalb der Gruppe der Betriebsrentner den Versorgungsberechtigten des Betrieblichen Versorgungswerks aufzuerlegen, fiel auch mit Blick auf das Niveau der laufenden betrieblichen Versorgungsleistungen, die bei Angehörigen des Betrieblichen Versorgungswerks weit über dem Durchschnitt der Betriebsrenten der übrigen Konzernangehörigen liegen.

[...]"

Bereits zuvor hatte die Beklagte auch im Jahr 2015 eine Anpassung nicht in Höhe der gesetzlichen Rente vorgenommen.

Mit ihrer am 23.02.2017 beim Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen, der Beklagten am 07.03.2017 zugestellten Klage begehrt die Klägerin die Anpassung der Betriebsrente entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Rente ab 01.07.2016.

Sie ist der Auffassung, es sei gemeinsamen Verständnis der Betriebsparteien gewesen, dass von § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen nur Gebrauch gemacht werden sollte, wenn eine wirtschaftliche Notlage vorliegen bzw. gravierende Veränderungen der wirtschaftlichen Unternehmensdaten dies zwingend erforderlich machten und eine Anpassung entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Renten nicht mehr aus den Gewinnen der Beklagten finanziert werden könne. Dies sei etwa auch Thema am Rande einer Aufsichtsratssitzung im Jahr 1995 gewesen.

Ein Beschluss des Aufsichtsrates der Beklagten im Juni 2016 sei verspätet gefasst worden. Die Erhöhung der Gesamtversorgung hätte gem. § 6 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen zum 1. Juli 2016 erfolgen müssen. Da bis zu diesem Zeitpunkt ein Beschluss nicht vorgelegen habe, sei die Versorgung wie in § 6 Abs. 2 der Ausführungsbestimmungen vorgesehen "quasi automatisch" erhöht worden.

§ 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen sei nach § 307 i.V.m. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. Es handele sich um eine intrasparente und unangemessene Allgemeine Geschäftsbedingung. Insbesondere sei nicht ausreichend klar geregelt, was "vertretbar" sein soll.

Bei der Entscheidung nach billigem Ermessen hätte die Beklagte die Belange der Klägerin und ihre wirtschaftliche Lage berücksichtigen müssen. Der Vorbehalt in § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen könne nicht dazu führen, dass die Gremien ohne nachvollziehbare Gründe eine versprochene Leistung nicht gewähren könnten. Grund für die Reduzierung der vertraglich zugesagten Erhöhung könne nur eine wirtschaftliche Notlage sein, die den Bestand der Beklagten gefährde. Die reduzierte Erhöhung müsse ein geeignetes Mittel sein, um zur Sanierung des Konzerns beizutragen. Da der Bestand des Konzerns nicht gefährdet sei, sei der Beschluss unwirksam. Hierfür spreche auch die historische Auslegung von § 6 Abs. 3. Auf das Versorgungsniveau der Rentner anderer Versorgungswerke dürfe sich die Beklagte ebenso wenig berufen wie auf das hohe Versorgungsniveau der Klägerin im Vergleich zu anderen. Gleiches gelte für die geringe Inflationsrate, weil es bereits im Jahr 2009 eine entsprechend niedrige Inflationsrate gegeben habe. Ebenso sinke der Leitzins seit 2011 konstant, so dass sich die Beklagte nun nicht darauf berufen dürfe. Genauso sei das Langlebigkeitsrisiko kein neuer Aspekt, der die Entscheidung begründen dürfe. Auch auf eine angebliche strategische Konzernneuausrichtung dürfe sich die Beklagte nicht berufen, da nicht der Konzern, sondern die Beklagte selbst Versorgungsschuldnerin sei. Auf regulatorische Neuerungen (Solvency II) dürfe sie sich nicht berufen, da diese nicht unter die Ausnahmevorschrift in § 12 der Ausführungsbestimmungen fielen. Auch reine Personalkosteneinsparentscheidungen rechtfertigen die Entscheidung der Beklagten nicht.

Außerdem beruft sich die Klägerin auf eine betriebliche Übung, auf die sie vertrauen dürfe, weil die Beklagte vor 2015 nie von der Ausnahmeregelung in § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen Gebrauch gemacht habe. Dies werde durch die "Kurzfassung" der BVW bestätigt, welche die Ausnahmeregelung in § 6 Abs, 3 der Ausführungsbestimmungen nicht wiedergebe.

Schließlich beinhalte § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen einen unzulässigen Verzicht des Gesamtbetriebsrats auf seine Mitbestimmungsrechte aus § 87 Abs. 1 Nr. 8 und 10 BetrVG. Abgesehen davon sei die Anhörung der Betriebsratsgremien fehlerhaft erfolgt, weil sich der Vorstand bereits vor der Anhörung zur reduzierten Erhöhung entschieden habe; eine Einflussnahme der Betriebsratsgremien sei daher nicht möglich gewesen. Zudem sei eine bloße Anhörung des Betriebsrats nicht ausreichend.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin beginnend mit dem 01.06.2017 über den Betrag von 1.114,42 € hinaus jeweils zum 01. eines Monats einen Betrag in Höhe von 41,48 € brutto zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe 456,28 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%Punkten über dem Basiszins aus jeweils 41,48 € brutto seit dem 02.07.2016, dem 02.08.2016, dem 02.09.2016, dem 02.10.2016, dem 03.11.2016, dem 02.12.2016, dem 03.01.2017, dem 02.02.2017, dem 02.03.2017, dem 02.04.2017 sowie dem 03.05.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin habe weder einen Anspruch auf rückständige Zahlungen noch auf eine Korrektur der Entscheidung der Beklagten über die Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge. Vielmehr habe sie ermessensfehlerfrei und rechtmäßig entschieden, die Gesamtversorgungsbezüge im Jahr 2016 um 0,5 % anzuheben. Da von der um 0,5 % erhöhten Gesamtversorgung die erhöhte Leistung aus der gesetzlichen Rente und die Leistung aus der Versorgungskasse in Abzug zu bringen seien und dies in vielen Fällen zu einer "Nullrunde" im Hinblick auf die Komponente Pensionsergänzung geführt hätte, hätten die zuständigen Gremien der Beklagten beschlossen, die Pensionsergänzung um 0,5 % zu erhöhen in den Fällen, in denen es durch die Erhöhung der Gesamtversorgung zu einer Aussetzung der Erhöhung der Pensionsergänzung gekommen wäre. Die Gesamtversorgung unterliege zwar einer jährlichen Anpassung entsprechend den Anpassungen der gesetzlichen Rente. Allerdings könnten Vorstand und Aufsichtsrat eine abweichende Anpassung beschließen.

Der Beschluss sei von § 6 Ziffer 3 Ausführungsbestimmungen des BVW gedeckt. Grundlage der Beschlussfassung seien die widrigen Rahmenbedingungen am Markt und die dadurch erforderliche Neuaufstellung des H. Konzerns gewesen. Insbesondere aufgrund des schwierigen ökonomischen Umfeldes (langanhaltendes, extremes Niedrigzinsszenario, demographische Trends), der steigenden Anforderungen zur Regulierung (Kapitalisierungsanforderungen durch Solvency II, Umsetzung des Lebensversicherungsreformgesetzes, Verpflichtung zur Bildung von Zinszusatzreserven) und der steigenden Kundenanforderungen (hohe Preissensivität und sinkende Loyalität der Kunden), habe die Beklagte sich veranlasst gesehen, zur zukunftssicheren und nachhaltigen Ausrichtung des Konzerns eine neue Strategie "SSY" zu verabschieden, die mittlerweile im Konzern umgesetzt werde.

Mit der Umsetzung der Strategie seien Strukturen neu geordnet worden und sollten Einsparungen u. a. von Personalkosten generiert werden. Insgesamt ziel das Projekt auf konzernweite Einsparungen in Höhe von 160 bis 190 Mio. € pro Jahr ab. Die Vorüberlegungen zum SSY-Konzept seien am 23. Februar 2015 gestartet und am 21. Mai 2015 gegenüber der Belegschaft kommuniziert worden. Seit dem 3. Juni 2015 gelte ein Einstellungsstopp auf unbestimmte Zeit. Das Budget für Sachkosten sei erheblich gekürzt worden. Im September 2015 seien die Verhandlungen mit dem Betriebsrat aufgenommen worden. Am 17. März 2016 sei ein neues Versorgungsmodell für Neueintritte auf Vorstandsebene und der Ebene der leitenden Angestellten erläutert worden.

Im deutschen H.-Konzern hätten im Jahr 2016 ca. 1135 Personen den Konzern verlassen bei einem Mitarbeiterbestand von ca. 13.000 Personen, davon ca. 509 Austritte bei der Beklagten. Alleine im Zuge des SSY-Konzepts seien bislang ca. 442 Aufhebungsverträge, Altersteilzeitvereinbarungen und Vereinbarungen zum sogenannten Überbrückungsmodell unterzeichnet worden, dabei ca. 111 bei der Beklagten. Bei den außertariflich Angestellten sei es bis auf wenige Sonderfälle für 2016 zu keiner Gehaltserhöhung gekommen. Bei den übrigen Mitarbeitern seien nur aufgrund tariflicher Bindung Gehaltserhöhungen vorgenommen worden.

Demgegenüber ständen nur geringe Einschnitte bei der Klägerin.

Die aktiven Mitarbeiter müssten bei der Umsetzung der neuen Strategie "SSY" einen erheblichen Beitrag zur Stärkung und Zukunftssicherung der H. leisten. Diese Mitarbeiter trügen dadurch auch dazu bei, dass die Versorgungsleistungen an die Rentner auch in der Zukunft durch den Arbeitgeber auf einer soliden Basis gewährt werden könnten. Aus diesem Grund sei es dem Vorstand/Aufsichtsrat angemessen erschienen, dass die Rentner zur Stärkung und Zukunftssicherung der Unternehmen ebenfalls einen Beitrag leisten müssten. Da Rentner anderer Versorgungssysteme zum 1. Juli 2016 aufgrund des niedrigen Anstiegs des Verbraucherpreisindexes eine deutliche niedrigere Anpassung (0,5 %) als die Anpassung der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten hätten, erscheine die Anpassung der Zahlungen aus den beiden Versorgungswerken BVW und VO85 unverhältnismäßig hoch. Diese Anpassung sei auch mit Blick auf die Versorgungssituation der aktiven Mitarbeiter und des überdurchschnittlich hohen Versorgungsniveaus der Rentner des BVW und der VO85 aus unternehmerischer Sicht nicht gerechtfertigt. Mit der dennoch vorgenommenen Anpassung solle jedoch der Kaufkraftverlust ausgeglichen werden.

Zudem sei das im BVW gewährte Versorgungsniveau überdurchschnittlich hoch. Die durchschnittliche Jahresrente aus der Pensionsergänzung betrage 10.664,00 € und aus der Versorgungskasse 5.284,00 €, d. h. insgesamt 15.948,00 €. In N., dem Hauptsitz des Konzerns, würden Versorgungsleistungen der betrieblichen Altersvorsorge aus Direktzusagen lediglich in Höhe von durchschnittlich 7.486,00 € pro Jahr gezahlt.

Nach all dem habe sie auch nach Abwägung der Belange der Betriebsrentner die Entscheidung getroffen im Jahr 2016 die Pensionsergänzung um 0,5 % sowie die VK-Rente um 0,51 % zu erhöhen.

Zudem sei die Entscheidung nach § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen, die Renten lediglich um 0,5 % zu erhöhen, aufgrund Unvertretbarkeit einer Anpassung um 4,25 % in rechtmäßiger Weise erfolgt. Einzige Voraussetzung für den Vorschlag des Vorstands und den nachfolgenden Vorstands-/Aufsichtsratsbeschluss sei die Frage der (Un-)Vertretbarkeit der in § 6 Abs. 1 BVW vorgesehenen Anpassung der Gesamtversorgungsbezüge. Da die Vorschrift die Unvertretbarkeit nicht weiter konkretisiere, müsse sich die Entscheidung gem. § 315 Abs. 1 BGB im Rahmen des billigen Ermessens halten. Aufgrund der Kapitalmarktkrise, der daraus resultierenden strategisch neuen Ausrichtung des Konzerns sowie den neuen regulatorischen Herausforderungen und des überdurchschnittlich hohen Versorgungsniveaus des BVW bewege sich die Entscheidung im Rahmen der Billigkeit. Die Klägerin könne dagegen kein billigenswertes Interesse anführen, eine derart hohe Anpassung zu verlangen.

§ 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen stelle nicht auf die wirtschaftliche Lage der Beklagten ab. Wäre dies gewollt gewesen, dann wäre die Terminologie des § 16 BetrAVG verwendet worden. § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen stelle die Erhöhung nach § 6 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen generell unter den Vorbehalt eines abweichenden Vorstands-/Aufsichtsratsbeschlusses. Dieser sei nicht abhängig von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten. Die Billigkeitsentscheidung gem. § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen hätte daher unabhängig von der wirtschaftlichen Lage der Beklagten erfolgen dürfen. Zur Begründung der "Vertretbarkeit" sei allein ein sachlicher Grund ausreichend, der die Abweichung nach Abwägung der widerstreitenden Interessen rechtfertige. "Vertretbar" sei insofern synonym mit "legitim" und "berechtigt" zu verstehen. Dieses Verständnis entspreche auch dem Umstand, dass bei Inkrafttreten der Regelungen zum BVW im Jahr 1961 das Recht der betrieblichen Altersversorgung im Wesentlichen aus Richterrecht bestanden habe.

Auf das vom BAG entwickelte Drei-Stufen-Modell komme es insofern nicht an, allein auf die Maßstäbe der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes, welche die Beklagte im Rahmen ihrer Abwägungsentscheidung ausreichend berücksichtigt habe. Da die vertragliche Anpassung nichts mit § 16 BetrAVG zu tun habe, sei es auch unzutreffend, eine Rentenanpassung rückwirkend auf den Rentenbeginn vorzunehmen und dabei mit der vertraglichen Regelung zu argumentieren. Die Rentenanpassung nach § 16 BetrAVG könne sich nur auf die Direktzusage beziehen. Die parallel gewährte Leistung aus der Versorgungskasse richte sich nach den gesetzlichen Bestimmungen des § 16 Abs. 3 Satz 2 BetrAVG und werde damit über eine Überschussbeteiligung angepasst.

Zudem müsse berücksichtigt werden, dass die Anpassungsentscheidung keinen Eingriff in laufende Leistungen darstelle, da der Vorbehalt von Beginn an in § 6 der Ausführungsbestimmungen geregelt und damit Teil der Leistungszusage gewesen sei.

Gegen ein berechtigtes Vertrauen der Klägerin spreche auch, dass bei staatlichen Rentenerhöhungen ebenso Nullrunden denkbar seien und die Erhöhungssätze beträchtlich schwankten.

Die Beschlussfassungen seien zudem rechtzeitig erfolgt. § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen sehe keinen Zeitpunkt vor, bis zu welchem die Beschlussfassungen zustande kommen müssen. Die Formulierung lasse auch eine rückwirkende Erhöhung zum 1. Juli des Jahres zu. Auch bei einer Erhöhung nach § 6 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen seien umfangreiche vorbereitende Maßnahmen zu erledigen, so dass die Anpassung in der Regel erst im September rückwirkend zum 1. Juli erfolge.

Die Beklagte ist ferner der Ansicht, die Aussetzung der Betriebsrentenanpassung unterliege keinem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, insbesondere nicht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, da insoweit allein die aus dem aktiven Dienst ausgeschiedenen Ruhegeldempfänger betroffen seien, eine Rechtsfrage zu entscheiden sei und es nur um die Höhe des Ruhegeldes gehe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Erhöhung der Betriebsrentenzahlungen ab dem 01.07.2016.

1.

Die Klage ist zulässig, insbesondere gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 258 ZPO auch der auf künftige Zahlung gerichtete Klageantrag zu 1). Bei Betriebsrentenansprüchen handelt sich um wiederkehrende Leistungen, die von keiner Gegenleistung abhängen. Diese können grundsätzlich auch für künftig fällig werdende Teilbeträge eingeklagt werden (vgl. BAG 19.07.2016, 3 AZR 141/15, juris).

2.

Die Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die begehrte erhöhte Rentenzahlung zu. Die automatische Erhöhung der Renten gemäß § 6 der Ausführungsbestimmungen des BVW wurde für 2016 durch eine anderslautende Anpassungsentscheidung des Vorstandes und des Aufsichtsrates auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 der o.g. Regelung ersetzt.

a.

Der von den Parteien zum 30.09.2009 geschlossene Aufhebungsvertrag durchbricht nicht die Regeln des betrieblichen Versorgungswerkes.

In Ziffer 8 des Aufhebungsvertrages haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin unabhängig von der Höhe außerbetrieblicher Leistungen oder Leistungen der Versorgungskasse der W. mit Beginn des Kalendermonats, von dem sie erstmals Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht, eine monatliche Rente in Höhe von 599,46 € brutto erhält. Ausdrücklich vereinbarten die Parteien auch, dass diese Rente nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst wird. Insofern erschließt sich die Argumentation der Beklagten nicht, dass hierin eine Ablösung des betrieblichen Versorgungswerkes gesehen werden soll. Die Parteien haben vielmehr explizit geregelt, dass diese Rente nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst werden soll. Ferner ist zudem vereinbart, dass Leistungen der Versorgungskasse der W. von dieser Regelung unberührt bleiben. Aus diesem Grunde sind also beide Versorgungsbestandteile nach den geltenden Bestimmungen anzupassen.

b.

§ 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen ist auf die Klägerin unstreitig anwendbar. Auch der Aufhebungsvertrag verweist ausdrücklich darauf, dass die Rente nach den betrieblichen Bestimmungen angepasst werden soll. Damit gilt auch § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen.

c.

§ 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch wirksam. Sie verstößt insbesondere nicht gegen das auch für Betriebsvereinbarungen geltende Gebot der Bestimmtheit.

In einer Parallelentscheidung hat das Arbeitsgericht Wuppertal (5 Ca 2025/16) durch Urteil vom 13.04.2017 zur - hier nicht streitgegenständlichen - Anpassungsentscheidung für das Jahr 2015 sowie für die Anpassungsentscheidung des Jahres 2016 folgendes ausgeführt:

" aa.

Die rechtliche Natur der Betriebsvereinbarung ist umstritten. Jedenfalls ist sie eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, an die das staatliche Gesetz Rechtsnormwirkung anknüpft. Die Betriebsvereinbarung lässt sich auf Grund ihrer zwingenden Wirkung für Dritte nicht in das traditionelle Modell der Privatautonomie einordnen. Sie ist allerdings kein Gesetz im materiellen Sinne. Das rechtsstaatliche Gebot hinreichender Bestimmtheit von Gesetzen gilt daher nicht uneingeschränkt für Betriebsvereinbarungen. Die Inhaltskontrolle beschränkt sich vielmehr auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, dem Gleichheitssatz und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es ist daher im vorliegenden Fall nicht zu prüfen, ob die Regelung des § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen wegen Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot unwirksam ist.

Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen richtet sich wegen deren aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG folgender normativer Wirkung nach den Grundsätzen der Tarif- und Gesetzesauslegung. Dabei setzt die Anwendung dieser Grundsätze nicht voraus, dass die Normqualität der betreffenden Bestimmung bereits feststünde. Es geht darum, wie Dritte - Regelungsadressaten und Gerichte - die jeweiligen Bestimmungen zu verstehen haben. Die Frage nach deren Inhalt und die Frage, ob es sich um Normen handelt, lassen

sich nicht trennen. Beide sind nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung zu beantworten (BAG 19. Juni 2007, 1 AZR 541/06; 3. Mai 2006, 1 ABR 2/05, jew. zit. n. juris).

Auszugehen ist vom Wortlaut der Bestimmungen und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Insbesondere bei unbestimmtem Wortsinn ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Text ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf Gesamtzusammenhang und Systematik der Regelungen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Bestimmung führt (BAG 27. Juni 2006, 1 AZR 322/05, juris).

Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte, gegebenenfalls auch die praktische Durchführung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. BAG vom 22. April 2010, 6 AZR 962/08, juris).

bb.

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Regelung des § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen des BVW dahingehend auszulegen, dass die Beklagte bei Vorliegen eines sachlichen (gemeint im Sinne eines nicht willkürlichen oder sonst billigem Ermessen widersprechenden) Grundes die Anpassungsautomatik des § 6 Abs. 1 durch gemeinsamen Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat nach vorheriger Anhörung der betriebsverfassungsrechtlichen Gremien nach billigem Ermessen abändern kann. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass durch die doppelte Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen ("für nicht vertretbar halten" auf Tatbestandsseite - "was nach seiner Auffassung geschehen soll" auf Rechtsfolgenseite) für die Betroffenen nicht vorhersehbar ist, bei welchen konkreten Voraussetzungen eine Abweichung von der Regelanpassung nach Abs. 1 erfolgen kann. Dies führt jedoch nicht zur Unbestimmtheit der Regelung. Vielmehr ist eben jeder Grund, nicht zwingend ein wirtschaftlicher Grund, aufgrund dessen der Vorstand und der Aufsichtsrat gemeinsam eine Anpassung im Ausmaß der gesetzlichen Rentenanpassung nicht für vertretbar halten, grundsätzlich geeignet, eine abweichende Anpassungsentscheidung zu rechtfertigen. Der Wortlaut "Hält der Vorstand die Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 für nicht vertretbar" kann nicht anders ausgelegt werden. Weder ist § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen objektiv formuliert, etwa: "ist eine Veränderung der Gesamtversorgungsbezüge nach Ziffer 1 nicht vertretbar", noch beinhaltet § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen einen strengen Wirtschaftlichkeitsmaßstab. Dies entspricht auch der teleologischen Auslegung. Da sich die Beklagte mit der Anpassung nach § 6 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen weit über die gesetzlichen Vorgaben von § 16 BetrAVG hinaus freiwillig verpflichtete, bedürfte es besonders eindeutiger Anhaltspunkte für eine enge Auslegung des Änderungsvorbehalts. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 6 Abs. 3 BWV praktisch leerliefe, wenn unter "nicht vertretbar" eine wirtschaftliche Notlage im Sinne des § 16 BetrAVG verstanden würde, da in letzterem Fall jedwede Rentenanpassung unterbleiben kann. Deshalb müssen die Anforderungen an eine "nicht vertretbare" Erhöhung geringer sein in oben genannten Sinn, damit der Regelung des § 6 Abs. 3 überhaupt eine Bedeutung beigemessen werden kann.

Der Kläger kann diesem Auslegungsergebnis auch nicht entgegenhalten, dass die vertragsschließenden Parteien übereinstimmend davon ausgingen, dass eine von der gesetzlichen Rentenerhöhung abweichende Anpassung nur dann möglich sein sollte, wenn die wirtschaftliche Lage die Anpassung nicht zulässt und der Fortbestand des Unternehmens gefährdet wäre. Selbst wenn dies gemeinsames Verständnis der Betriebsparteien gewesen sein sollte, hat es im Wortlaut der Vorschrift keinerlei Andeutung oder Niederschlag gefunden. Dies wäre aber notwendig, um die Regelung in diesem Sinne auslegen zu können.

Dass die Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung durch die Arbeitgeberin nicht willkürlich bzw. ohne sachlichen Grund erfolgen darf und sich das Ergebnis im Rahmen billigen Ermessens halten muss, ist durch die Formulierung "vertretbar" im Wortlaut angelegt und gerichtlich überprüfbar.

c.

Die Voraussetzungen der Regelung des § 6 Abs. 3, wonach die Erhöhung als "nicht vertretbar" angesehen werden konnte, sind erfüllt. Der Vorstand und der Aufsichtsrat haben sowohl für das Jahr 2015 als auch für das Jahr 2016 einen gemeinsamen Beschluss über die reduzierte Rentenanpassung gefasst. Hintergrund dieser Beschlüsse ist jeweils ein sachlicher - da nachvollziehbarer und willkürfreier - Grund.

aa.

Der Kläger hat bestritten, dass die Beschlüsse des Aufsichtsrats und des Vorstands formal ordnungsgemäß ergangen sind. Dieses bestreiten ist unerheblich. Dass die entsprechenden Beschlüsse ergangen sind, bestreitet der Kläger nicht. Zu beachten ist, dass Verstöße gegen disponible Verfahrensregeln (z. B. Verletzung der Einberufungsfrist und -form oder anderer Ladungsmängel; Fehler des Vorsitzenden bei der Sitzungsleitung) lediglich zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse führen könnten und heilbar sind. Der Kläger hat nicht vorgetragen, dass die Beschlüsse angefochten wurden; ebenso wenig, dass die Beschlüsse nichtig seien, weil mit ihnen gegen zwingende Verfahrens-, Gesetzes oder Satzungsvorschriften verstoßen worden wäre.

bb.

Der Beschluss für das Jahr 2015 war nicht verspätet. § 6 sieht keinen bestimmten Zeitpunkt vor, zu dem der abändernde Beschluss ergehen muss, sondern enthält lediglich die Bestimmung, dass es einen gemeinsamen Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat geben muss und dieser die Anpassung gemäß Absatz 1 ersetzt. Entgegen der Ansicht des Klägers kann aus dem in Absatz 2 genannten Zeitpunkt (Anpassungszeitpunkt der gesetzlichen Renten) nicht geschlossen werden, dass der Abänderungsbeschluss vor diesem Zeitpunkt gefasst worden sein müsste. Für eine solche Auslegung gibt es keine Anhaltspunkte im Wortlaut der Vorschrift. Das Fehlen einer Regelung zum Beschlusszeitpunkt kann nicht durch Auslegung in ihr Gegenteil verkehrt werden.

cc.

Unerheblich ist auch der Einwand, die Meinungsfindung hätte vor Anhörung der Betriebsräte nicht abgeschlossen sein dürfen, was nicht der Fall gewesen sei. Denn die Frage der abschließenden Meinungsfindung ist eine innere Tatsache, die einem Beweis nicht zugänglich ist. Anhörungsrechte bezwecken, dass vor der endgültigen Beschlussfassung alle Argumente gehört und abgewogen werden können. Es kommt hier daher ausschließlich auf die zeitliche Abfolge an. Diese den betriebsverfassungsrechtlichen Gremien eingeräumte Möglichkeit zur Stellungnahme ist gewahrt. Der gemeinsame Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat ist in beiden Jahren erst nach Anhörung der Betriebsräte ergangen. Da diese mehr Zeit für die Prüfung des Vorhabens beanspruchten, ist die Beschlussfassung im Jahr 2015 noch einmal verschoben worden, um die zeitliche Reihenfolge zu gewährleisten.

dd.

Der Beschluss ist auch nicht wegen fehlerhafter Anhörung der Betriebsräte unwirksam.

(a)

Zu dem die jährliche Erhöhung der Renten ändernden Beschluss sind die Betriebsräte angehört worden. Ihnen sind die Gründe hierfür mitgeteilt worden. Welche dem Beschluss zugrunde liegenden Informationen ihnen vorenthalten worden sein sollen, ist nicht erkennbar. In diesem Verfahren wurden von der Arbeitgeberin keine anderen Argumente angeführt, als in dem Informationsschreiben an die Betriebsräte (so auch in einem Parallelfall ArbG I., 29.06.2016, 8 Ca 201/15).

(b)

Ebenso wenig erklärt der Kläger, welche Betriebsräte seiner Ansicht nach zusätzlich hätten angehört werden müssen, so dass ihr entsprechendes Bestreiten mit Nichtwissen unbeachtlich ist.

(c)

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass der Betriebsrat keine Möglichkeit der Einflussnahme auf den Vorstands- bzw. Aufsichtsratsbeschluss hatte. Ausweislich des Schreibens des Vorstands vom 15. Juni 2015, das den Betriebsräten und dem Gesamtbetriebsrat am selben Tag zuging, machte der Vorstand einen Vorschlag zur Stellungnahme. Denn er führte aus, er "beabsichtige", eine Erhöhung um 0,5 %, vorzuschlagen". Wenn der Vorstand der Empfehlung des Betriebsrats im Ergebnis nicht folgte, führt dies nicht zur Unwirksamkeit des Beschlusses.

(d)

Die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat war auch nicht zu kurz. Die Frist begann am 15. Juni 2015 und endete statt ursprünglich am 22. Juni 2015 erst am 31. Juli 2015. Inwiefern diese Frist dem Betriebsrat nicht ausreichend Zeit gegeben haben soll, Stellung zu nehmen, erklärt der Kläger nicht. Darüber hinaus legt § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen die Dauer der Anhörungsfrist nicht fest.

ee.

Die Beschlüsse gründen mit dem vorgetragenen Umstrukturierungskonzept auf einem sachlichen Grund.

Vorstand und Aufsichtsrat führen vor allen Dingen die Veränderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen in der Versicherungsbranche als Hintergrund für die Beschlüsse, die Teil einer konzernweiten und auch für die Beklagte maßgeblichen Umstrukturierung sind, an. Hierzu gehört die bereits länger anhaltende Niedrigzinsphase, die Verpflichtung zur Bildung von Zinszusatzreserven, die erweiterten Kapitalisierungsanforderungen durch Solvency II und der Umsetzung des LVRG. Diese Umstände haben den gesamten Konzern wie auch die Beklagte zu Umstrukturierungen zur Sicherung der zukünftigen Wettbewerbsfähigkeit veranlasst. Durch das sogenannte SSY-Konzept soll inhaltlich eine Neuausrichtung stattfinden, in finanzieller Hinsicht sollen konzernweit Kosten eingespart werden. Insbesondere sollen über die Zusammenfassung der Mitarbeiter auf eine Gesellschaft, Standortverlagerungen und -zusammenschlüsse erheblich Personalkosten - sprich Personal - reduziert werden. Es wurde zudem ein Einstellungs- und Entfristungsstopp beschlossen. Im deutschen H.-Konzern sollen im Jahr 2016 ca. 1135 Personen den Konzern verlassen haben bei einem Mitarbeiterbestand von ca. 13.000 Personen, davon ca. 509 Austritte bei der Beklagten. Alleine im Zuge des SSY-Konzepts seien bislang ca. 442 Aufhebungsverträge, Altersteilzeitvereinbarungen und Vereinbarungen zum sogenannten Überbrückungsmodell unterzeichnet worden, dabei ca. 111 bei der Beklagten. Bei den außertariflich Angestellten soll es bis auf wenige Sonderfälle für 2016 zu keiner Gehaltserhöhung gekommen sein. Bei den übrigen Mitarbeitern seien nur aufgrund tariflicher Bindung Gehaltserhöhungen vorgenommen worden.

Weiterhin hat die Beklagte ausgeführt, dass die Rentensteigerungen erheblich über dem Inflationsausgleich liegen und daher aus ihrer Sicht eine ungerechtfertigte Begünstigung der sich im Ruhestand befindlichen ehemaligen Mitarbeiter gegenüber den jetzigen Mitarbeitern stattfinden würde.

Nach Auffassung der Kammer hat die Beklagte hierdurch Gründe nachvollziehbar dargelegt, welche die getroffene Anpassungsentscheidung weder willkürlich noch sonst von sachfremden Erwägungen getragen erscheinen lässt.

Vor dem Hintergrund, dass die gesamte Versicherungswirtschaft aufgrund der Niedrigzinsphase enorme Probleme hat, die erforderlichen Erträge mit den Beiträgen der Kunden zu erwirtschaften, um die vertraglich mit diesen vereinbarten Leistungen erfüllen zu können, besteht, auch das ist als allgemein bekannt vorauszusetzen, nur die Möglichkeit, die Kosteneffizienz zu steigern, d.h. Kosten zu sparen. Dies gilt insbesondere deshalb, da die geschuldeten Leistungen vielfach auf Verträgen beruhen, welche vor langer Zeit abgeschlossen wurden und bei welchen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht absehbar war, dass sich das Marktumfeld so nachteilig verändern würde. Insbesondere nicht absehbar war die dauerhafte Senkung des Einlagezinssatzes der EZB bis auf -0,4 %. Da den Versicherungen aufgrund der verstärkten Regulierung bei den Sicherungsanforderungen (bpsw. Solvency II) auch keine oder nur in begrenztem Umfang Ausweichmöglichkeiten auf andere Anlageprodukte zur Verfügung stehen, sind die von der Beklagten geschilderten Umstrukturierungsmaßnahmen nachvollziehbar und plausibel und entsprechen zudem der seit Jahren von den Versicherungsunternehmen vollzogenen und kommunizierten Praxis.

ff.

Es ist für das Vorliegen eines sachlichen Grundes gerade nicht erforderlich, dass die Beklagte wirtschaftliche Gründe im Sinne einer verschlechterten Lage des Unternehmens geltend macht.

(a)

Kürzungen von Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung nach Eintritt des Versorgungsfalls sind nach den Grundsätzen des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit nur unter sehr strengen Voraussetzungen möglich. Die bei Einschnitten in Versorgungsrechte zu beachtenden Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit hat das Bundesarbeitsgericht durch ein dreistufiges Prüfungsschema präzisiert (BAG, 28. 06.2011 - 3 AZR 282/09): Den abgestuften Besitzständen der Arbeitnehmer sind entsprechend abgestufte, unterschiedlich gewichtete Eingriffsgründe des Arbeitgebers gegenüberzustellen. Der unter der Geltung der bisherigen Ordnung und in dem Vertrauen auf deren Inhalt bereits erdiente und bereits ermittelte Teilbetrag kann hiernach nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Das setzt zwingende Gründe voraus. Zuwächse, die sich - wie etwa bei endgehaltsbezogenen Zusagen - dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, also noch nicht erdiente Zuwachsraten genügen sachlichproportionale Gründe (BAG, 10.11.2015 - 3 AZR 390/14, juris).

(b)

Dieses Schema ist auf Eingriffe in Versorgungsanwartschaften, nicht jedoch auf Eingriffe in laufende Leistungen zugeschnitten. Bei Veränderungen der Versorgungsordnung nach Eintritt des Versorgungsfalls ist auf die diesem Prüfungsschema zugrundeliegenden Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes zurückzugreifen. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass nicht in die - ohne Änderungsvorbehalt abgeschlossene - Rechte aus einer Betriebsvereinbarung eingegriffen wurde. Denn die Betriebsvereinbarung BVW enthält bereits einen Änderungsvorbehalt. Daher können an die hier streitige Änderungsentscheidung keine höheren Anforderungen gestellt werden als an die Änderung eines Anspruchs durch ablösende Betriebsvereinbarung (so auch in einem Parallelfall ArbG Hamburg., 29.06.2016, 8 Ca 201/15). Vielmehr kommt es für die Rechtmäßigkeit der Änderung entscheidend auf die Auslegung des Änderungsvorbehalts an.

(c)

Die Möglichkeit der Änderung der Höhe der jährlichen Anpassung der Pensionsergänzung gemäß § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen stellt keinen Eingriff in einen bereits erworbenen Anspruch dar, der an den dargestellten engen Voraussetzungen zu messen wäre.

§ 6 der Ausführungsbestimmungen ist in seiner Gesamtheit so zu lesen, dass die Zahlungen, auf die gemäß § 2 Abs. 3 des der Ausführungsbestimmungen in Verbindung mit § 4 Abs. 1 des der Ausführungsbestimmungen ein - unter bestimmten Voraussetzungen widerrufbarer (vgl. § 12 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen) - Rechtsanspruch besteht, jährlich entsprechend der gesetzlichen Renten erhöht werden, vorbehaltlich eines anderslautenden Vorstands- und Aufsichtsratsbeschlusses. Auf eine Leistung, die nur unter Vorbehalt zugesagt wurde, besteht kein Anspruch, wenn der Vorbehalt eintritt. Diese Ansprüche sind - nicht nur wegen der Frage eines möglicherweise ausgeübten Vorbehaltes - noch nicht bezifferbar. Denn auch die zukünftigen Rentensteigerungen sind nicht vorhersehbar. Auch hier sind Null-Runden möglich, so dass der Kläger während seines aktiven Arbeitslebens noch nicht rechtssicher auf eine jährliche Erhöhung der Zahlungen aus dem betrieblichen Versorgungswerk hoffen durfte (so auch in einem Parallelfall ArbG Hamburg., 29.06.2016, 8 Ca 201/15).

d.

Die auf der Grundlage der gemeinsamen Beschlüsse von Vorstand und Aufsichtsrat erfolgte geringere Rentenanpassung hält sich auch auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen des § 6 Abs. 3.

Die abweichende Anpassung muss billigem Ermessen gemäß § 315 BGB entsprechen. Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen sowie deren Änderung verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit (BAG, 28. August 2013, 10 AZR 569/12, juris). In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Welche Umstände dies im Einzelnen sind, hängt auch von der Art der Leistungsbestimmung ab, die der Berechtigte zu treffen hat (BAG vom 08. Dezember 2015, 3 AZR 141/14, juris). Hierbei spielt auch eine Rolle, ob eine eingetretene Änderung vorhersehbar war oder nicht. Im ersteren Fall spricht einiges dafür, dass die entsprechende Vertragspartei bewusst ein Risiko übernommen hat, eine Abwälzung dieses Risikos auf die andere Vertragspartei entspräche nicht billigem Ermessen. Die Schaffung größerer Verteilungsgerechtigkeit ist nach der Rechtsprechung des BAG ein einleuchtender Grund für eine Änderung der Versorgungsregelungen (BAG vom 27. August 1996, 3 AZR 466/95, juris).

Die von der Beklagten getroffene Anpassungsentscheidung entspricht im Ergebnis billigem Ermessen. Vor dem Hintergrund des von der Beklagten dargelegten umfassenden und alle Bereiche der Konzernunternehmen betreffenden Umstrukturierungskonzepts zur Neuausrichtung und Kosteneinsparung hat die Beklagte ein nachvollziehbares Interesse daran, auch im Bereich der Ausgaben für Betriebsrenten Kosten einzusparen. Ausreichend ist insofern, dass die Beklagte begründet, es sei nicht vertretbar, derart weit reichende und alle Bereiche betreffenden Einschnitte bei den aktiven Beschäftigten - auch bezüglich der Zahl der verbleibenden Arbeitnehmer und der damit einhergehenden Verdichtung der Arbeit - vorzunehmen und die Rentner hiervon auszunehmen. Daher ist es auch nicht notwendig, dass die Beklagte Zahlenmaterial über ihre wirtschaftliche Lage vorlegt, aus dem sich ergibt, dass allein die Entscheidung, die Renten um 0,5% zu erhöhen, der Billigkeit entspricht. Ein erfolgreicher Jahresabschluss steht daher ebenfalls einer die jährliche Rentenanpassung modifizierenden Entscheidung nicht entgegen.

Das Interesse des Klägers an der Fortführung der Praxis des Gleichlaufs zwischen gesetzlicher und betrieblicher Rentenanpassung muss demgegenüber zurücktreten. Zwar kann die Beklagte sich nicht auf das allgemein hohe Versorgungsniveau der BVW berufen, das die geringere Anpassung "leichter verkraftbar" erscheinen lassen könnte. Das geschaffene Versorgungsniveau ist der Rentenordnung immanent und darf nicht durch spätere unterlassene Anpassungsentscheidungen grundsätzlich in Frage gestellt werden. Letzteres ist vorliegend aber nicht der Fall. Die von der Beklagten jeweils beschlossene Anpassung gleicht für beide Jahre den Kaufkraftverlust bzw. die Inflation nicht nur aus, sondern überkompensiert diese jeweils; das Rentenniveau sinkt also nicht ab. Bei der Zumutbarkeit ist schließlich zu berücksichtigen, dass die Möglichkeit einer niedrigeren Anpassung der Renten der vorliegenden Versorgungsordnung ebenso wie das grundsätzlich hohe errichtete Versorgungsniveau der Rentenordnung immanent ist. Dass im Übrigen die jährlichen Anpassungen schwanken, muss der Kläger selbst bei Gleichlauf von gesetzlicher und betrieblicher Rentenanpassung hinnehmen.

e.

§§ 307 ff. BGB können nicht zur Unwirksamkeit von § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen führen, weil diese nach § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB auf Betriebsvereinbarungen nicht anwendbar sind.

f.

Auch hat der Betriebsrat in § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen nicht in unzulässiger Weise auf sein Mitbestimmungsrecht verzichtet.

aa.

Denn dem Betriebsrat steht bei der Anpassungsprüfung kein Mitbestimmungsrecht zu. Die Betriebsrentner sind keine aktiven Arbeitnehmer im Sinne von § 5 BetrVG, die der Betriebsrat zu vertreten legitimiert ist. Würde der Betriebsrat bei der Anpassungsprüfung nach § 16 BetrAVG beteiligt, wären Konflikte vorprogrammiert. Um diese zu vermeiden, hat der Gesetzgeber von der in § 6k BetrAVG, dem Vorläufer von § 16 BetrAVG, vorgesehenen Verhandlungspflicht zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat bei der Anpassungsprüfung Abstand genommen. Hinzu kam, dass man die Beteiligung des Betriebsrats als Hemmnis für die gewünschte Anpassung der betrieblichen Altersversorgung ansah (Höfer, BetrAVG 2015, § 16, Rn. 309 ff. m.w.Nachw.; Fitting, § 87 BetrVG, Rn. 456; GK/Wiese, 10. Aufl. 2014, § 87 BetrVG, Rn. 858).

bb.

Auch ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 8 BetrVG besteht nicht, weil es sich nicht um eine Rente handelt, die aus einer Sozialeinrichtung gewährt wird, wie es etwa bei einer Unterstützungskasse, Pensionskasse oder einem Pensionsfonds der Fall ist (GK/Wiese, 10. Aufl. 2014, § 87 BetrVG, Rn. 685,692, 730).

g.

Entgegen der Ansicht des Klägers kann sich die Beklagte auch auf § 6 Abs. 3 der Ausführungsbestimmungen berufen. Sie ist nicht auf Grund des Umstands daran gehindert, dass sie vor dem Jahr 2015 keinen Gebrauch von ihr gemacht hat. Eine betriebliche Übung ist nicht entstanden. Denn der Kläger konnte das Verhalten der Beklagten nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 BGB) nicht dahin verstehen, die Beklagte wollte sich zu einer über ihre aus § 16 BetrAVG und der Betriebsvereinbarung BVW folgenden Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (vgl. allgemein zur betrieblichen Übung etwa BAG, 16.02.2012, 8 AZR 98/11, juris).

aa.

Im Bereich der betrieblichen Altersversorgung hat der Gesetzgeber die betriebliche Übung ausdrücklich anerkannt (§ 1b Abs. 1 Satz 4 BetrAVG). Danach steht der Verpflichtung aus einer ausdrücklichen Versorgungszusage eine auf betrieblicher Übung beruhende Versorgungsverpflichtung gleich.

(1)

Die betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers, das geeignet ist, vertragliche Ansprache auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst. Ob eine für den Arbeitgeber bindende betriebliche Übung aufgrund der Gewährung von Vergünstigungen an seine Arbeitnehmer entstanden ist, muss danach beurteilt werden, inwieweit die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte gemäß § 242 BGB und der Begleitumstände auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann nur entstehen, wenn keine andere kollektiv- oder individualrechtliche Anspruchsgrundlage für die Gewährung der Vergünstigung besteht. Eine betriebliche Übung entsteht demnach nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war. Die Darlegungslast dafür, dass der Arbeitgeber aus Sicht des Empfängers Leistungen oder Vergünstigungen gewähren wollte, zu denen er nicht aus einem anderem Rechtsgrund verpflichtet war oder sich verpflichtet glaubte, trägt der Kläger als Anspruchssteller (BAG, 15.04.2014, 3 AZR 511/12, juris).

(2)

Geht es um die betriebliche Übung, laufende Renten anzupassen, so muss unterschieden werden zwischen der Übung einer bloßen Anpassungsprüfung im Rahmen der Billigkeit und der sehr viel weitergehenden Übung ganz bestimmter Rentenerhöhungen. Ist der Arbeitgeber nur verpflichtet, nach billigem Ermessen zu prüfen, ob die Betriebsrenten an die Kaufkraftentwertung angepasst werden können, so entspricht diese Bindung im Ergebnis der Regelung des § 16 BetrAVG; es besteht dann keine Anpassungsautomatik, sondern ein Entscheidungsspielraum, der eine Abwägung der beiderseitigen Interessen erfordert. Ist der Arbeitgeber hingegen verpflichtet, unter näher geregelten Voraussetzungen die Rente an ganz bestimmte Bezugsgrößen anzupassen, so entspricht die Bindung einer Spannenklausel, die für Abwägungen keinen Raum lässt, sondern das Ergebnis unmittelbar vorschreibt (BAG, 03.02.1987, 3 AZR 330/85, juris).

Ein gleichmäßiges Anpassungsverhalten kann daher regelmäßig keine betriebliche Übung bewirken (Höfer, BetrAVG 2015, § 16, Rn. 293).

(3)

Dabei gilt ferner, dass wer von seinen Rechten keinen Gebrauch macht, damit nicht zu erkennen gibt, dass er auf sie verzichten will. Darauf muss er nicht besonders hinweisen, weil stets eine Vermutung gegen den Willen spricht, Rechte oder Rechtspositionen ohne Gegenleistung aufzugeben. Dementsprechend hat die Rechtsprechung auch einer wiederholten Anpassungspraxis noch nicht den

Erklärungswert beigemessen, sich über den Rahmen des § 16 BetrAVG hinaus binden zu wollen. Die gegen einen Rechtsverzicht sprechende Vermutung gilt verstärkt dann, wenn der Rechtsinhaber sich die Rechte ausdrücklich schriftlich ausbedungen hat: Es wird erwartet, dass schriftlich eingeräumte Rechte auch nur im schriftlichen Wege angetastet werden (LAG L., 08.12.2000,11 Sa 1073/00, juris, mwN.).

bb.

Der Vortrag des Klägers rechtfertigt nach diesen Maßstäben nicht die Annahme einer Anpassungsautomatik, sondern nur eine Pflicht zur Anpassungsprüfung.

Die Beklagte hat sich bei allen Anpassungsschreiben auf die Bestimmungen des BVW berufen, welche die Ausnahmebestimmung enthalten. Die begünstigten Arbeitnehmer und Rentner konnten daher nicht darauf vertrauen, die Beklagte werde die Renten ungeachtet der jeweiligen Situation des Unternehmens entsprechend der gesetzlichen Rentenanpassung anheben.

Dem steht auch nicht die "Kurzfassung" entgegen, welche die Ausnahmevorschrift des § 6 Abs. 3 BVW in Abs. 1.5 nicht wiedergibt. Denn bereits ausweislich der Überschrift handelt es sich dabei nur um eine "Kurzfassung", der Auslassungen immanent sind.

h.

Für die Erhöhung zum 1. Juli 2016 gilt das Ausgeführte entsprechen, sodass ein Anspruch auf Anpassung in begehrter Höhe ausscheidet.

Nach alledem ist die Klage abzuweisen." (Zitat Ende)

Die erkennende Kammer schließt sich den Ausführungen vollumfänglich an.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.

Die Streitwertentscheidung folgt aus den §§ 61 Abs. 1 ArbGG i. V. m. den §§ 3, 7 ZPO.

Es wurde der 42fache Differenzbetrag zuzüglich der zusätzlich einklagten Rückstände berechnet. § 42 Abs. 1 GKG ist für den Rechtsmittelstreitwert nicht anzuwenden.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil kann von der klagenden Partei Berufung eingelegt werden. Für die beklagte Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim

Landesarbeitsgericht Düsseldorf

Ludwig-Erhard-Allee 21

40227 Düsseldorf

Fax: 0211 7770-2199

eingegangen sein.

Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERWO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.

Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.

Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:

1.Rechtsanwälte,

2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.

* Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.

gez. Blömker

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