AG Köln, Teilurteil vom 24.05.1995 - 207 C 609/93
Fundstelle
openJur 2020, 5078
  • Rkr:
Tenor

1.

Auf die Widerklage wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagten jeweils 1.000,00 DM nebst 4% Zinsen seit dem 10.03.1995 zu zahlen.

2.

Die Kostenentscheidung bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung jedes der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 1.100,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagten jeweils vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheitsleistung können auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

Tatbestand

Die Beklagten waren aufgrund des Mietvertrages vom 08.04.1988 Mieter der Wohnung im Hause E. R. Straße 10, K., Wohnungsnummer 000. Die von ihnen zu erbringende Mietzinszahlung betrug im Jahre 1993 792,00 DM monatlich. Die Beklagten zahlten für die Monate Januar bis einschließlich September 1993 jeweils 320,00 DM und damit insgesamt 2.880,00 DM zu wenig. Mit Schreiben ihres jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 13.06.1990, 03.08.1990 und 07.05.1990 wiesen die Beklagten die Klägerin auf Kakerlakenbefall in der von ihnen bewohnten Wohnung hin. Mit den beiden erstgenannten Schreiben kündigten sie darüberhinaus eine

Minderung 25% bzw. 200,00 DM monatlich an. Die Minderung nahmen sie dann ab Januar 1993 in Anspruch, nachdem auch in den Jahren 1991 und 1992 die Wohnung von Kakerlaken befallen war. Die Klägerin begehrt zum einen Zahlung der rückständigen Mietzinsen, zum anderen Zahlung der Salden aus den Nebenkostenabrechnungen für das Jahr 1991 in Höhe von 1.574,51 DM und 1992 in Höhe von 3715,16 DM. Mit Schreiben vom 04.11.1993, welches jedoch nicht unterschrieben war, sowie erneut in der Klageschrift kündigte die Klägerin fristlos das Mietverhältnis wegen Zahlungsverzugs. Die Beklagten zahlten an die Klägerin 2000,00 DM vor Rechtshängigkeit, am 12.11.1993, und weitere 3.500,00 DM durch Überreichung eines Verrechnungsschecks in der mündlichen Verhandlung vom 19.01.1994. In Höhe von 5500,00 DM erklärten beide Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.1995 den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt.

Die Beklagten erklärten in der gleichen Sitzung, daß sie inzwischen ausgezogen seien. Die Kläger - Vertreterin gab hierzu keine Stellungnahme ab.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 2.669,67 DM nebst 11% Zinsen aus 1.574,51 DM und aus DM 3.715,16 DM ab Klagezustellung zuzahlen.

Hinsichtlich des Räumungsbegehrens stellte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 03.05.1995 keinen Antrag.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantrage sie,

die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, an die Beklagten und Widerkläger je 1000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Klägerin beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Hinsichtlich des Mietzinsrückstandes berufen sich die Beklagten auf ein Minderungsrecht und tragen im einzelnen zu den Belästigungen und Gesundheitsbeeinträchtigungen durch den Kakerlakenbefall vor. Zu den Nebenkostenabrechnungen sind sie der Ansicht, daß diese nicht fällig seien, weil die Klägerin keine Nachweise erbracht habe. Im übrigen rügen sie mit der Klageerwiderung vom 21.12.1993, daß der fristlosen Kündigung in der Klageschrift keine entsprechende Vollmacht, beigefügt gewesen sei. Weiterhin rügen die Beklagten die Aktivlegitimation der Klägerin.

Hinsichtlich der Widerklage erklären sie, daß sie diese auf Schmerzensgeldansprüche stützen; hierzu tragen sie vor, daß die Klägerin bei der neunmaligen Bekämpfung der Kakerlaken im Jahre 1993 in der Wohnung der Beklagten das Produkt "Blattanex FC" angewendet habe, daß nicht nur höchst gesundheitsschädlich sei, sondern auch in von Menschen bewohnten Räumen nicht verwendet werden dürfe. Zum Beispiel sei die Chemikalie so aggressiv, daß sie nicht mit Kunststoff in Berührung kommen dürfe. Es sei ihnen auch nicht gesagt worden, daß sie sämtliches Mobliar wie Polster und Gardinen hätten abwaschen müssen. Infolge dieser Maßnahme seien Atembeschwerden aufgetreten, Übelkeit und Herzbeklemmungen, wobei diese Beeinträchtigungen über Tage und manchmal über Wochen dauerten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst aller Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Widerklage ist zulässig und begründet. Die Beklagten haben aus § 831 in Verbindung mit 823 Absatz 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld wegen Körperverletzung.

1.

Die tatbestandlichen Voraussetzungen sind gegeben. Die Körperverletzung durch Verwendung eines Kakerlakenbekämpfungsmittels, daß für Wohnungen nicht geeignet ist, nämlich des Fabrikates Blattanex EC ist unstreitig geblieben. Ebenso unstreitig blieb, daß der Hausmeister dieses Mittel auch in der Wohnung der Beklagten auf Anweisung der Klägerin verwendet hat und daß die Beklagten anschließend unter bestimmten im einzelnen bezeichneten Symptomen litten. Die darin liegende Körperverletzung geschah widerrechtlich, weil unstreitig das genannte Mittel nicht in Wohnungen eingesetzt werden darf. Ebenso unstreitig wurden den Beklagten nicht die erforderlichen Verhaltensmaßregeln nach der Behandlung der Wohnung an die Hand gegeben, was möglicherweise die Symptome gelindert oder verhindert hätte.

Ein Schmerzensgeld von 1.000,00 DM erscheint angemessen. Das Gericht hat sich zur Höhe zunächst einmal an den Beträgen für Gehirnerschütterungen orientiert, die ähnliche Symptome aufweisen, wie die Beklagten sie hier geschildert haben. Die von Gerichten hierfür zugesprochenen Beträge liegen in allerdings schon was älteren Entscheidungen zwischen 500,00 DM und 1.200,00 DM, wobei jeweils noch ein HWS-Schleudertrauma mit berücksichtigt wurde. (Hacks/Ring/Böhm: Schmerzensgeldbeträge, 16. Auflage, Urteile laufende Nummern 43,114, 139). Ein Betrag von 1.000,00 DM scheint hier angemessen. Dabei ist zum einen zu berücksichtigen, daß die Beschwerden der Beklagten hier zwar ähnlicher Art waren wie bei einer Gehirnerschütterung, daß die Beklagten aber einen großen Teil des Jahres 1993 hiervon beeinträchtigt waren. Dies ergibt sich aus dem unstreitigen Vortrag der Beklagten, daß in ihrer Wohnung neun Mal in diesem Jahr Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen mit dem genannten Mittel durchgeführt wurden, und die nachfolgenden Beschwerden jeweils einige Tage oder einige Wochen dauerten.

Zu berücksichtigen ist hier auch, daß die Beklagten einige Zeit im unklaren über die Ursache ihrer Beschwerden waren und erst zufällig von Nachbarn, die vergleichbare Symptome aufwiesen, auf die Kausalität verwiesen wurden. Weiter zu berücksichtigen ist die Ungewißheit der Beklagten hinsichtlich möglicher weiterer Schäden, da es sich um ein Mittel handelt, daß in Wohnräumen gar nicht verwenden werden darf; dies inpliziert bereits, dass es sich um ein Mittel mit unangenehmen und schädlichen Begleitfolgen für Menschen handeln muß.

2.

Die Zahlungsklage war noch nicht zur Entscheidung reif, es wird auf die Gründe des Beschlusses vom 24.05.1995 verwiesen.

3.

Die Räumungsklage war ebenfalls noch nicht zur Entscheidung reif, insoweit war kein Antrag gestellt worden.

Streitwert für das Teilurteil: 2000,00 DM.

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