OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2020 - 7 U 82/19
Fundstelle
openJur 2020, 4209
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 2 O 425/18
Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 27.02.2019 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten als Herstellerin Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb eines mit dem Motor X1 ausgestatteten und vom sog. "Abgasskandal" betroffenen Gebrauchtwagens der Marke YZ.

Der Kläger erwarb gemäß verbindlicher Bestellung vom 09.04.2015 (Anlage K 1, Bl. 22 d. A., auf die Bezug genommen wird) von dem Autohaus S GmbH & Co KG in N einen gebrauchten Pkw des Typs YZ T 2.0 TDI zu einem Kaufpreis von 24.000,00 Euro brutto. Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von 21.600 km. Es wurde am 12.06.2015 an den Kläger ausgeliefert und am 09.07.2015 nach erfolgter Kaufpreiszahlung aus versicherungsrechtlichen Gründen auf seine Mutter U1 zugelassen.

In dem streitgegenständlichen Fahrzeug ist ein von der Beklagten hergestellter Dieselmotor des Typs X1 verbaut, der bei Auslieferung mit einer Software ausgestattet war, die den Stickoxidausstoß im Prüfstand beeinflusste. Dies funktionierte dergestalt, dass die Abgasrückführung in dem Motor in zwei unterschiedlichen Betriebsmodi laufen konnte. Im optimierten Modus 1, der auf dem Prüfstand lief, kam es zu einer relativ hohen Abgasrückführung im Motor, wodurch die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte eingehalten wurden. Demgegenüber war die Abgasrückführungsrate im Modus 0, der im Straßenverkehr aktiv war, geringer, und der Stickoxidausstoß damit höher.

Der streitgegenständliche Pkw war und ist als Fahrzeug der Abgasnorm "Euro 5" klassifiziert.

Die Beklagte stellte eine EG-Übereinstimmungsbescheinigung gem. § 6 EG-FGV für das streitgegenständliche Fahrzeug aus.

Mit Bescheid vom 15.10.2015 verpflichtete das Kraftfahrt-Bundesamt die Beklagte, die seiner Auffassung zufolge unzulässige Abschalteinrichtung zu entfernen sowie den Nachweis zu erbringen, dass nach Entfernen dieser Einrichtung alle technischen Einzelheiten der maßgeblichen EU-Normen erfüllt werden.

In Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt entwickelte die Beklagte Software-Lösungen zur Herstellung der den Anforderungen des Kraftfahrt-Bundesamts entsprechenden Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge.

Das Kraftfahrt-Bundesamt gab mit Bestätigungsschreiben vom 21.07.2016 (Anlage B 2, Bl. 145 ff. d. A.), auf das Bezug genommen wird, die technischen Maßnahmen für Fahrzeuge u. a. des Typs YZ T frei und stellte fest, dass die von der Beklagten für die betroffenen Fahrzeuge vorgestellte Änderung der Applikationsdaten geeignet sei, die Vorschriftsmäßigkeit der genannten Fahrzeuge herzustellen.

Mit Schreiben aus Januar 2017 informierte die Beklagte die Mutter des Klägers im Rahmen der "Rückrufaktion wegen NOx Abweichung bei X1 (Diesel) Motoren" darüber, dass auch das streitgegenständliche Fahrzeug betroffen und aus diesem Grund eine Umprogrammierung des Motorsteuergerätes erforderlich sei. Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Schreibens wird auf dessen zur Akte gereichte erste Seite (Anlage K 5, Bl. 43 d. A.) verwiesen.

Zeitnah nach Erhalt des Rückrufschreibens ließ der Kläger beim nächsten fälligen Inspektionstermin das Softwareupdate an dem Fahrzeug durchführen.

Die Beklagte erteilte ihm daraufhin eine Bescheinigung mit dem Inhalt, dass das Fahrzeug nach der Durchführung der Rückrufaktion vollumfänglich den geltenden gesetzlichen Vorschriften entspreche und sicherte ferner zu, dass mit der Umsetzung der Maßnahme hinsichtlich Kraftstoffverbrauch, CO2-Emissionen, Motorleistung und Drehmoment sowie Geräuschemissionen keine Verschlechterungen verbunden seien und alle typengenehmigungsrelevanten Fahrzeugwerte unverändert Bestand hätten. Auf die entsprechende Musterbescheinigung (Anlage B 4, Bl. 150 d. A.) wird Bezug genommen.

Der Kläger setzte in der Folgezeit die Nutzung des streitgegenständlichen Fahrzeugs fort. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat betrug dessen aktuelle Laufleistung 83.119 km.

Der Kläger hat erstinstanzlich schriftsätzlich vortragen lassen, er habe sich gerade für den T entschieden, da er ein besonders umweltfreundliches Fahrzeug habe erwerben wollen. Er hätte den Kaufvertrag nicht abgeschlossen, wenn er von den Manipulationen der Beklagten an der Motorsteuerungssoftware und deren Folgen für die Zulassung seines Kraftfahrzeugs Kenntnis gehabt hätte, da er dann davon ausgegangen wäre, dieses nicht im öffentlichen Verkehrsraum nutzen zu dürfen.

Dies entspreche bereits allgemeiner Lebenserfahrung. Darüber hinaus hat er die Auffassung vertreten, zu seinen Gunsten greife die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens ein, wonach der Aufklärungspflichtige beweisen müsse, dass der Geschädigte den Vertrag auch bei richtiger Aufklärung abgeschlossen hätte.

Im Übrigen hat der Kläger schriftsätzlich behauptet, der durch den Dieselskandal bedingte starke Rückgang der Nachfrage nach Dieselfahrzeugen habe zu einer Wertminderung des streitgegenständlichen Fahrzeugs von rund 30 % geführt. Einer breiten Öffentlichkeit seien Fälle bekannt geworden, in denen das Softwareupdate zu kostenintensiven Motorschäden, z. B. im Bereich des Abgasrückführungssystems oder der Injektoren, plötzlichen Leistungsabfällen oder vollständigen Motorausfällen führe.

Er hat gemeint, bereits der Erwerb des Fahrzeugs, welches die gesetzlichen Voraussetzungen für die Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr nicht erfülle, stelle eine ungewollte Verpflichtung dar, die einen Schaden i.S.d. § 826 BGB begründe.

Er hat weiter die Auffassung vertreten, darüber hinaus stehe ihm gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 BGB wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens durch Ausstellen der EG-Übereinstimmungserklärung sowie gem. § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB wegen der Täuschung über die Zulassungsfähigkeit des Fahrzeugs zu. Darüber hinaus beruft er sich auf einen Ersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 27 EG-FGV mit der Begründung, die von der Beklagten ausgestellte Übereistimmungsbescheinigung sei ungültig, da das Fahrzeug nicht typengenehmigungsfähig gewesen sei.

Der Kläger hat beantragt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an ihn 24.000,00 Euro nebst Zinsen i.H.v. 4% p.a. aus 24.000,00 Euro seit dem 09.07.2015 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Pkw YZ T 2.0 TDI, FIN ABC123 an die Beklagte.

2. Es wird weiter festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes gemäß Ziff. 1 in Verzug befindet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die streitgegenständliche Software stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung dar, da sie nicht im realen Fahrbetrieb auf das Emissionskontrollsystem einwirke, sondern lediglich bewirke, dass bei Durchfahren des Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Prüfstand Abgase in den Motor zurückgeführt würden. Im Prüfstandsmodus würden die gesetzlichen Werte eingehalten. Auf die im realen Fahrbetrieb erreichten Abgaswerte komme es nicht an, da sich die gesetzlichen Vorgaben lediglich auf den Betrieb im Prüfzyklus bezögen.

Die Beklagte hat weiter behauptet, aus der ursprünglich im streitgegenständlichen Fahrzeug eingesetzten Software habe sich keine Beeinträchtigung hinsichtlich der Sicherheit oder Gebrauchstauglichkeit des Fahrzeugs ergeben.

Das Fahrzeug habe stets über eine wirksame EG-Typengenehmigung für die Emissionsklasse "Euro 5" verfügt. Es habe auch nie die Entziehung der Typengenehmigung gedroht. Das Kraftfahrt-Bundesamt habe lediglich eine Nebenbestimmung zur ursprünglichen Typengenehmigung erlassen, so dass spätestens seit der Freigabe des Updates kein Widerruf mehr drohe.

Nach Aufspielen des Softwareupdates werde das Fahrzeug nur noch im einheitlichen Modus 1 adaptiert betrieben. Spürbare Einschränkungen, insbesondere ein höherer Kraftstoffverbrauch oder höhere Emissionswerte, ergäben sich dadurch nicht und seien von dem Kläger auch nicht substantiiert vorgetragen. Das Update bewirke zudem eine Optimierung des ursprünglichen Modus 1, die nach den Feststellungen des Kraftfahrt-Bundesamts zu keinen negativen Auswirkungen auf den Verschleiß von Bauteilen des Fahrzeugs führe. Das gelte insbesondere für das Abgasrückführungssystem und den Dieselpartikelfilter.

Die Beklagte hat gemeint, dem Kläger sei durch die eingesetzte Software auch kein Schaden entstanden. Er nutze das Fahrzeug weiterhin ohne Einschränkungen.

Der Kläger habe zudem eine Kausalität zwischen dem Abgasverhalten seines Fahrzeugs und seiner Kaufentscheidung nicht dargelegt. Insoweit fehle es an substantiiertem Vortrag, dass er sich beim Kauf überhaupt Gedanken über den Stickoxidausstoß des Fahrzeugs gemacht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Kläger stehe kein Anspruch gegen die Beklagte aus § 823 BGB zu. Die Beklagte habe den Kläger nicht getäuscht, da die Parteien in Bezug auf den streitgegenständlichen Gebrauchtwagenkauf keinerlei Kontakt gehabt hätten.

Auch ein Anspruch aus § 826 BGB komme nicht in Betracht. Zwar erfülle das Vorgehen der Beklagten im Zusammenhang mit der Abgasaffäre bezüglich des Verkaufs von Neufahrzeugen die Voraussetzungen dieser Vorschrift. Der Kläger habe jedoch einen gebrauchten Pkw erworben. Da die Beklagte an dem Umsatz und Handel mit gebrauchten Fahrzeugen keinerlei Interesse habe, habe sie in Bezug auf den Kläger nicht vorsätzlich gehandelt.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung des Klägers, mit der er sein erstinstanzliches Klagebegehren vollumfänglich weiterverfolgt.

Der Kläger meint, die Wertung des Landgerichts, er sei durch die Beklagte nicht getäuscht worden, da er nicht Erstkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeuges sei, sei rechtsirrig.

Das Verhalten der Beklagten sei adäquat kausal für seinen Schaden geworden, da diese das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in den Verkehr gebracht habe, ohne hierüber aufzuklären. Insoweit habe sie darüber getäuscht, dass die Zulassung des Fahrzeugs zum Straßenverkehr und die Einstufung in die angegebene Schadstoffklasse gesetzmäßig erfolgt seien, während sie tatsächlich erschlichen worden seien und bei Offenlegung der manipulativen Software nicht hätten erteilt werden dürfen. Alle potentiellen Käufer der betroffenen Fahrzeuge, auch Gebrauchtwagenkäufer, hätten grundsätzlich davon ausgehen können, dass das zu erwerbende Fahrzeug ohne Einschränkung und ohne weitere zusätzliche spätere Maßnahmen am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen dürfe, wobei diese Vorstellungen in der Regel für den Kaufentschluss des jeweiligen Käufers wie auch für den der Klägerseite maßgeblich (gewesen) seien.

Der Kläger beantragt, unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 24.000,00 € nebst Zinsen i.H.v. 4 % p.a. aus 24.000,00 € seit dem 09.07.2015 bis zur Rechtshängigkeit und i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Zeitraum danach zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Pkw YZ T 2.0 TDI, FIN ABC123 an die Beklagte;

2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes gemäß Ziff. 1 in Verzug befindet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Tatsachenvortrags.

Sie meint, der Kläger habe schon keinen ersatzfähigen täuschungsbedingten Schaden erlitten. Dieser könne nicht in dem Abschluss des Kaufvertrages gesehen werden.

Allein die Ungewolltheit einer Verbindlichkeit könne keinen Schaden begründen. Diese müsse sich vielmehr als objektiv wirtschaftlich oder subjektiv konkret nachteilig für den Kläger erweisen. Dies sei vorliegend nicht der Fall, da das Fahrzeug keinen durch die Verwendung der Umschaltlogik verursachten Wertverlust erlitten habe. Auch habe das Software-Update keine negativen Auswirkungen auf die Lebensdauer von durch das Update berührten Bauteilen; es sei auch nicht mit technischen Nachteilen verbunden, wie sich aus den Feststellungen des KBA ergebe.

Die von ihr erteilte Übereinstimmungsbescheinigung sei ungeachtet der streitgegenständlichen Software gültig im Sinne des § 27 Abs. 1 EG-FGV. Diese beziehe sich lediglich darauf, dass das produzierte Fahrzeug mit dem genehmigten Typ übereinstimme.

Die Beklagte ist weiter der Ansicht, der Kläger habe die haftungsbegründende Kausalität nicht nachgewiesen. Er trage hinsichtlich seiner Behauptung, dass er das Fahrzeug in Kenntnis der Softwaremanipulation nicht erworben hätte, die Darlegungs- und Beweislast. Insoweit könne er sich nicht auf einen Anscheinsbeweis berufen, auch die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens sei in der vorliegenden Konstellation nicht anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungs- und Erwiderungsvortrags wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Der Senat hat den Kläger gemäß § 141 ZPO persönlich angehört. Wegen des Inhalts und des Ergebnisses der Anhörung wird auf den Berichterstattervermerk zum Senatstermin vom 13.03.2020 (Anlage zum Protokoll, Bl. 392 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.

1.

Soweit der Kläger die Klage hinsichtlich des Zinsanspruchs in der 2. Instanz erweitert hat, ist dies ohne Weiteres zulässig. Da es sich gem. § 264 Nr. 2 ZPO um keinen Fall der Klageänderung i.S.d. § 263 ZPO handelt, unterliegt die im Berufungsrechtszug vorgenommene Klageerweiterung auch nicht den Beschränkungen des § 533 Nr. 1 ZPO (vgl. BGH, Urteil vom 19.03.2004, V ZR 104/03 - juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 22.06.2005, 1 U 567/04, MDR 2006, 227; OLG Hamburg, Urteil vom 05.11.2004, 1 U 47/04, OLGR 2005, 226).

2.

Nach § 513 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere - dem Kläger günstigere - Entscheidung rechtfertigen. Beides ist vorliegend nicht der Fall.

(Nur) Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht einen Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte verneint.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadensersatzansprüche wegen des von ihm erworbenen, von der Beklagten mit einem Motor der Baureihe X1 unter Verwendung der bekannten "Manipulationssoftware" hergestellten YZ T zu.

a)

Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz aus §§ 826, 31 BGB.

Nach der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamm und einer Vielzahl weiterer Obergerichte kann dem Käufer eines vom sogenannten "Dieselskandal" betroffenen Fahrzeugs ein Anspruch aus §§ 826, 31 BGB auf Erstattung des für den Erwerb aufgewendeten Kaufpreises (unter Anrechnung seiner Nutzungsvorteile) wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zustehen, sofern er durch die heimliche Verwendung einer als unzulässige Abschalteinrichtung zu qualifizierenden Software zu einem Vertragsschluss veranlasst worden ist, den er in Kenntnis der möglichen Konsequenzen der Software für die straßenverkehrsrechtliche Zulassung des Fahrzeugs nicht abgeschlossen hätte (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - 13 U 149/18, juris; OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2020 - 13 U 476/18 -, Rn. 11, juris).

Jedoch gibt es für einen solchen Anspruch keinen Automatismus, der durch den schlichten Erwerb eines vom sog. Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeugs ausgelöst wird. Im Falle des Klägers konnte die seinerseits nach dem Maßstab des § 286 ZPO darzulegende und zu beweisende Kausalität zwischen der sittenwidrigen Täuschung und seinem Kaufentschluss nicht festgestellt werden. Soweit des Weiteren auch ein Anspruchsuntergang aufgrund einer Erfüllungswirkung infolge der Akzeptanz des Softwareupdates in Betracht kommt, kam es hierauf letztlich nicht mehr an. Im Einzelnen:

aa)

Der Kläger hat die erforderliche haftungsbegründende Kausalität zwischen der Täuschung und dem Eintritt eines subjektiven Schadens nicht bewiesen. Der Senat vermochte nicht die erforderliche, vernünftige Zweifel ausschließende Überzeugung zu gewinnen, dass der Kläger den Kaufvertrag über den streitgegenständlichen T ohne Täuschung der Beklagten nicht abgeschlossen hätte und ihm täuschungsbedingt durch den Abschluss des Vertrages ein Schaden entstanden ist.

(1)

Der Senat unterstellt mit der überwiegenden obergerichtlichen Rechtsprechung ein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten.

Die Sittenwidrigkeit und Verwerflichkeit eines Verhaltens kann sich im Rahmen des § 826 BGB auch aus einer bewussten Täuschung ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 2016 - VI ZR 536/15 -, Rn. 16, juris). In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird in den Fällen des sog. "Abgasskandals" ein haftungsbegründendes Verhalten der Beklagten darin gesehen, dass im Inverkehrbringen der mit manipulierter Software ausgestatteten Fahrzeuge eine konkludente Täuschung des Käufers liegt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - I-13 U 149/18 -, Rn. 44 - 45, juris). Mit dem Inverkehrbringen eines Fahrzeugs gebe ein Hersteller konkludent die Erklärung ab, dass der Einsatz dieses Fahrzeugs entsprechend seinem Verwendungszweck im Straßenverkehr uneingeschränkt zulässig ist, d.h. insbesondere, dass das Fahrzeug über eine uneingeschränkte Betriebserlaubnis verfügt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - I-13 U 149/18 -, Rn. 44 - 45, juris; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2019, 13 U 142/18, Rn. 11, juris; OLG Koblenz, Urteil vom 12. Juni 2019, 5 U 1318/18, juris Rn. 22, juris). Daran fehle es in Bezug auf den (auch streitgegenständlich verbauten) Motor des Typs X1, weil die Manipulationen an der Motorsteuerungssoftware als verbotene Abschalteinrichtung zu qualifizieren seien, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge. Dies habe zur Folge, dass ohne das Aufspielen des später von der Beklagten entwickelten Software-Updates - zumindest latent - ein Widerruf der Typengenehmigung und eine damit einhergehende Stilllegung des Fahrzeuges gedroht hätten (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019 - I-13 U 149/18 -, Rn. 44 - 45, juris).

(2)

Die Eingehung eines ungewollten Vertrages, hier des Kaufvertrages über den streitgegenständlichen Pkw T, kann unter bestimmten Voraussetzungen einen (ersatzfähigen) Schaden darstellen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schaden nicht nur dann gegeben, wenn sich bei dem vorzunehmenden Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre, ein rechnerisches Minus ergibt. Vielmehr ist auch dann, wenn die Differenzhypothese vordergründig nicht zu einem rechnerischen Schaden führt, die Bejahung eines Vermögensschadens auf einer anderen Beurteilungsgrundlage nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Differenzhypothese muss stets einer normativen Kontrolle unterzogen werden, weil sie eine wertneutrale Rechenoperation darstellt. Dabei ist einerseits das konkrete haftungsbegründende Ereignis als Haftungsgrundlage zu berücksichtigen. Andererseits ist die darauf beruhende Vermögensminderung unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände sowie der Verkehrsauffassung in die Betrachtung einzubeziehen. Erforderlich ist also eine wertende Überprüfung des anhand der Differenzhypothese gewonnenen Ergebnisses gemessen am Schutzzweck der Haftung und an der Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 1986 - GSZ 1/86, Rn. 26, juris; BGH, Urteil vom 10. Juli 2007 - VI ZR 192/06, Rn. 21, juris; BGH, Urteil vom 21. Dezember 2004 - VI ZR 306/03, Rn. 16, juris).

Da der Schadensersatz dazu dient, den konkreten Nachteil des Geschädigten auszugleichen, ist der Schadensbegriff im Ansatz subjektbezogen. Deshalb kann jemand auch bei objektiver Werthaltigkeit von Leistung und Gegenleistung einen Vermögensschaden erleiden. Aus dieser subjektbezogenen und den Schutzzweck der Haftung sowie die Ausgleichsfunktion des Schadensersatzes berücksichtigenden Betrachtung folgt grundsätzlich, dass auch allein die Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung einen zu ersetzenden Schaden darstellt, wenn der Geschädigte durch ein haftungsbegründendes Verhalten zum Abschluss eines Vertrages gebracht worden ist, den er sonst nicht geschlossen hätte und dessen Leistungsgegenstand für seine Zwecke nicht voll brauchbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14, Rn. 17 f., juris, m.w.N.; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 28. August 2019 - 2 U 94/18 -, Rn. 41, juris).

Im Fall einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dient der Schadensersatzanspruch nicht nur dem Ausgleich jeder nachteiligen Einwirkung durch das sittenwidrige Verhalten auf die objektive Vermögenslage des Geschädigten. Vielmehr muss sich der Geschädigte auch von einer auf dem sittenwidrigen Verhalten beruhenden Belastung mit einer "ungewollten" Verpflichtung wieder befreien können. Schon eine solche stellt unter den dargelegten Voraussetzungen einen gemäß § 826 BGB zu ersetzenden Schaden dar (vgl. BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - VI ZR 15/14 -, Rn. 19, juris, m.w.N.; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 28. August 2019 - 2 U 94/18 -, juris).

In den Fällen des sog. "Abgasskandals" kann sich die subjektive Nachteiligkeit des damit auch ungewollten Fahrzeugkaufvertrages insbesondere daraus ergeben, dass dieses durch die vorhandene Abgasmanipulationssoftware zum Kaufzeitpunkt mit einem Mangel behaftet war.

Nach Maßgabe des Hinweisbeschlusses des Bundesgerichtshofs (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris, Leitsätze Ziff. 1a und 1b) ist ein Fahrzeug nicht frei von Sachmängeln, wenn bei Übergabe an den Käufer eine - den Stickoxidausstoß auf dem Prüfstand gegenüber dem normalen Fahrbetrieb reduzierende - Abschalteinrichtung im Sinne von Art. 3 Nr. 10 VO 715/2007/EG installiert ist, die gemäß Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG unzulässig ist (so auch OLG Celle, Beschluss vom 29. April 2019 - 7 U 159/19 -, Rn. 11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 01. März 2019 - 16 U 146/18 -, juris). Der Mangel in Form der fehlenden Eignung für die gewöhnliche Verwendung im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB beruht danach darauf, dass die - zumindest latente - Gefahr einer Betriebsuntersagung durch die für die Zulassung zum Straßenverkehr zuständige Behörde (§ 5 Abs. 1 Fahrzeug-Zulassungsverordnung - FZV) besteht und somit bei Gefahrübergang der weitere (ungestörte) Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr nicht gewährleistet ist (BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, juris, Leitsätze Ziff. 1a und 1b; so auch OLG Celle, Beschluss vom 29. April 2019 - 7 U 159/19 -, Rn. 11, juris; OLG Köln, Beschluss vom 01. März 2019 - 16 U 146/18 -, juris).

Übertragen auf den Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB können davon ausgehend eine subjektive Nachteiligkeit des Kaufvertrages und eine fehlende volle Brauchbarkeit der Kaufsache für den Erwerber insbesondere in Betracht kommen, wenn der Käufer wegen der Manipulationssoftware eine Betriebsuntersagung fürchtet. In diesem Sinne wäre der Leistungsgegenstand (Fahrzeug) für die Zwecke des Käufers nicht voll brauchbar.

(3)

Die (hier unterstellte) mit dem Inverkehrbringen einhergehende konkludente Täuschung der Beklagten (denn eine solche und nicht das Inverkehrbringen als solches ist haftungsbegründend) und die Eingehung des etwaig ungewollten subjektiv nachteiligen Vertrages durch den Kläger müssen demnach kausal miteinander verknüpft sein. Die Kausalität muss der Kläger darlegen und nach dem Maßstab des § 286 Abs. 1 ZPO beweisen. Dies ist ihm jedoch nicht zur Überzeugung des Senats gelungen.

(a)

Bei der Kausalität zwischen der Täuschung und der Eingehung eines "ungewollten" und subjektiv nachteiligen Vertrages geht es um die Feststellung einer inneren Tatsache im Wege des Indizienbeweises (vgl. hierzu BGH, Urteil v. 05.03.2009 - III ZR 17/08 - juris unter Rn 21). Auf das Vorliegen innerer, dem Beweis nur eingeschränkt zugänglicher Tatsachen kann nur mittelbar aus in der Regel auf äußeren Tatsachen basierenden Indizien geschlossen werden. Daher ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Getäuschte Umstände darlegt, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein konnten, und dass die arglistige Täuschung nach der Lebenserfahrung bei der Art des zu beurteilenden Rechtsgeschäfts Einfluss auf diese Entschließung hat (vgl. BGH, Urteil v. 12.05.1995, V ZR 34/94, juris Rn. 17).

Die für den Vertragsschluss bedeutsamen Umstände stellen mehr oder weniger gewichtige Beweisanzeichen dar, die jedoch eine Gesamtwürdigung nicht entbehrlich machen und nicht schematisch im Sinne einer vom anderen Teil zu widerlegenden Vermutung angewandt werden dürfen. Die subjektiven Voraussetzungen gesetzlicher Tatbestände hat der Tatrichter gemäß § 286 ZPO unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15 -, Rn. 12, juris BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08. Dezember 2017 - 15 U 37/16 -, Rn. 25, juris). Entscheidend ist die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 01. August 2017 - 9 U 59/16 -, Rn. 22, juris; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08. Dezember 2017 - 15 U 37/16 -, Rn. 25, juris).

Eine Überzeugungsbildung im Sinne des § 286 Abs. 1 ZPO setzt nicht immer eine mathematisch lückenlose Gewissheit voraus. Selbst nach dem strengen Maßstab des § 286 ZPO bedarf es keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 - VI ZR 164/18 -, Rn. 8, juris, m.w.N., BGH, Urteil vom 4. November 2003 - VI ZR 28/03, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 14. Januar 1993 - IX ZR 238/91 -, Rn. 16, juris; OLG Hamm, Urteil vom 01. August 2017 - 9 U 59/16 -, Rn. 21, juris).

In der Aufforderung zur lebensnahen Würdigung vorhandener Beweisanzeichen liegt jedoch keine Absenkung des erforderlichen Beweismaßes der vollen Überzeugung. Der Tatrichter muss aufgrund der Beweisaufnahme entscheiden, ob er eine Behauptung für wahr oder nicht für wahr hält; er darf sich nicht mit einer bloßen, wenn auch erheblichen Wahrscheinlichkeit begnügen (vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 - VI ZR 164/18 -, Rn 9, juris, m.w.N.; OLG Hamm, Urteil vom 01. August 2017 - 9 U 59/16 -, Rn. 23, juris; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08. Dezember 2017 - 15 U 37/16 -, Rn. 26, juris).

§ 286 ZPO stellt dabei nur darauf ab, ob der Tatrichter selbst die Überzeugung von der Wahrheit einer Behauptung gewonnen hat. Diese persönliche Gewissheit ist für die Entscheidung notwendig, und allein der Tatrichter hat die Entscheidung zu treffen, ob er die an sich möglichen Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Eine von allen Zweifeln freie Überzeugung setzt das Gesetz dabei wie ausgeführt nicht voraus. Insofern kann die objektiv erhebliche Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Geschehens zwar im Einzelfall zur Begründung der persönlichen Gewissheit des Tatrichters ausreichen, wenn dieser an sich mögliche Zweifel überwindet. Von der Erlangung der persönlichen Gewissheit des Richters von der Wahrheit darf jedoch nicht abgesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 - VI ZR 164/18 -, Rn. 7 - 9, juris; BGH, Urteil vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, NJW 2014, 71 Rn. 7; BGH, Urteil vom 17. Februar 1970 - III ZR 139/67, Rn. 72, juris). Hält der Tatrichter ein bestimmtes Geschehen selbst nur für hinreichend oder überwiegend wahrscheinlich, ohne sich dessen gewiss zu sein, kann dies für eine Überzeugungsbildung nur im Rahmen des - hier jedoch nicht anwendbaren - § 287 ZPO genügen (vgl. BGH, Urteil vom 01. Oktober 2019 - VI ZR 164/18 -, Rn. 9, juris, m.w.N.).

(b)

Hier vermag sich der Senat nach den vorgenannten Maßstäben bei einer Gesamtschau aus den objektiven Umständen des Einzelfalles sowie dem schriftsätzlichen Vortrag und dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers die zweifelsfreie Überzeugung von der erforderlichen Kausalität nicht zu bilden.

Im Grundsatz hält es der Senat für lebensnah, dass ein Kunde ein Fahrzeug mit der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware nicht erwerben würde, wenn er vor dem Kauf darauf hingewiesen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform ist und er deshalb jedenfalls mit Problemen für den Fall der Entdeckung durch das Kraftfahrtbundesamt bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis rechnen müsse. Die berechtigten Erwartungen eines Käufers eines Fahrzeugs gehen nämlich grundsätzlich dahin, dieses uneingeschränkt im Straßenverkehr nutzen zu können, ohne dass jederzeit eine Betriebsbeschränkung oder sogar eine Betriebsuntersagung droht (so auch: Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 28. August 2019 - 2 U 94/18 -, Rn. 42 - 44, juris).

Einschränkend ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich das Absehen vom Kauf auch bei Kenntnis von der Abgasmanipulation nicht grundsätzlich als alternativlos darstellt(e); denn es lag letztlich "nur" ein Sachverhalt (im rechtlichen Sinne einer "Mangelanlage", eines Grundmangels) vor, der erst in Verbindung mit weiteren Umständen (vor allem einer Entscheidung beziehungsweise Äußerung der zuständigen Typgenehmigungsbehörde) dazu führen konnte, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder - beschränkung nach § 5 Abs. 1 FZV vornahm, weil das Fahrzeug wegen der gegen Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ (§ 3 Abs. 1 Satz 2 FZV) entsprach (vgl. BGH, Beschluss vom 08. Januar 2019 - VIII ZR 225/17 -, NJW 2019, 1133, beckonline unter Rn. 20). Angesichts der Vielzahl möglicher Beweggründe (Ausstattung, Laufleistung, Verbrauch etc.) und Abwägungen bei der Entscheidung über den Kauf eines bestimmten Fahrzeugs einerseits und andererseits dem Umstand, dass im Hinblick auf die durch die Beklagte verbaute Motorsteuerungssoftware nicht zwingend von einer Stilllegung der Fahrzeuge auszugehen war, weil dem Kraftfahrtbundesamt neben der Stilllegung der Fahrzeuge durch Widerruf der Typengenehmigung gemäß § 25 Abs. 3 EG-FGV auch mildere Mittel wie die Anordnung von Nebenbestimmungen zur EG-Typgenehmigung gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV zur Verfügung standen, bestand auch die ebenfalls nicht völlig lebensfremde Entscheidungsalternative, darauf zu setzen, dass insbesondere aufgrund der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge eben keine Stilllegung, sondern - wie tatsächlich erfolgt - lediglich der Erlass von Nebenbestimmungen erfolgen werde, und das Fahrzeug im Hinblick auf andere, als vorteilhaft bewertete Eigenschaften dennoch zu erwerben. Tatsächlich hat die Beklagte auch nach Bekanntwerden des sog. Dieselskandals unstreitig weiterhin Fahrzeuge verkauft und haben sich demnach Käufer(innen) gefunden, die trotz Kenntnis von der Manipulationssoftware zum Erwerb eines betroffenen Fahrzeugs bereit gewesen sind.

Selbst wenn man dennoch, wie es der Einschätzung des Senats entspricht, eine grundsätzliche Wahrscheinlichkeit dafür annimmt, dass ein Käufer bei Kenntnis von der Motorsteuerungssoftware im Zweifel von einem Kauf abgesehen hätte, kann von einer Überprüfung der konkreten Kausalität auf den Willensentschluss des Käufers im Einzelfall nicht abgesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 04. Juni 2013 - VI ZR 288/12 -, Rn. 25, juris).

(aa)

Aus den Erklärungen des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung im Senatstermin ergeben sich hierbei erhebliche Zweifel daran, dass er tatsächlich - wie schriftsätzlich vorgetragen - im Falle der Kenntnis von der tatsächlichen Sachlage von dem Kaufvertragsabschluss Abstand genommen hätte. Es ist auch nicht festzustellen, dass ein Fall vorliegt, in dem der Leistungsgegenstand für die Zwecke des Klägers täuschungsbedingt nicht voll brauchbar gewesen ist. Allein die verneinende Antwort auf die konkrete zugespitzte Frage, ob er das Fahrzeug erworben hätte, wenn er gewusst hätte, dass eine manipulierte Software aufgespielt worden ist, reicht - auch zusammen mit der vorgenannten allgemeinen Wahrscheinlichkeit - zur Überzeugungsbildung und dem hinreichend sicheren Schluss auf die Kausalität zwischen einem der Beklagten zuzurechnenden Verhalten und einem Schaden des Klägers in Form des Vertragsschlusses nicht aus.

Im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor dem Senat hat der Kläger zu seiner Kaufmotivation zusammengefasst angegeben, der "T" sei (bis heute) sein Traumauto, allerdings hätte er sich bei Kenntnis der Abgasmanipulation für einen T mit Benzinmotor entschieden.

Letzteres erscheint zunächst plausibel vor dem Hintergrund, dass das Modell "T" das Traumauto des Klägers war und ist. Allerdings wird dies durch seine weitere Angabe, als Ersatz für den vorhandenen instandsetzungsbedürftigen YZ H mit Dieselmotor erneut ein Dieselfahrzeug wegen seiner damals hohen Fahrleistung von 30.000 km pro Jahr gewollt zu haben, relativiert. Dass der Kläger über die Umschaltlogik vor Kauf aufgeklärt dieses Dilemma zu Gunsten der aus seiner Sicht unwirtschaftlicheren Variante "T mit Benzinmotor" aufgelöst hätte, weil er (mehr) um den ungestörten Betrieb eines "T mit Dieselmotors" fürchtete, steht zur Überzeugung des Senats iSd § 286 ZPO nicht fest; denn es steht aufgrund der weiteren Angaben des Klägers gemäß § 141 ZPO deutlich im Raum, dass er lediglich aus einer expost Betrachtung aufgrund aktueller umweltpolitischer Entwicklungen hinsichtlich der Diskussion um Diesel-Fahrverbote von dem Kauf des streitgegenständlichen Dieselfahrzeugs Abstand nehmen will. Im Einzelnen:

Es ist anerkannt, dass sich relevante Indizien für die (fehlende) Kausalität der Täuschung auch aus dem Verhalten nach Kenntniserlangung von der Täuschung ergeben können (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 08. Mai 2012 - XI ZR 262/10 -, juris unter Rn. 50).

Nach eigenen Angaben ist der Kläger trotz der erheblichen Medienpräsenz der Thematik erst durch das Rückrufschreiben darauf aufmerksam geworden, dass auch sein T zu den vom Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeugen gehörte. Dadurch habe er Angst entwickelt, dass die Betriebserlaubnis erlösche. Jedenfalls Letzteres erscheint schon angesichts des Umstands, dass das Update durch das Kraftfahrt-Bundesamt freigegeben worden war und zu diesem Zeitpunkt kein Entzug der Betriebserlaubnis objektiv mehr drohte, kaum glaubhaft. Vor allem aber haben die durch das an seine Mutter gerichtete Rückrufschreiben aus Januar 2017 erlangte Kenntnis von der Abgasmanipulation bzw. die daraufhin entwickelten Befürchtungen den Kläger nicht zu irgendwelchen Reaktionen (außer dem Aufspielenlassen des Updates) veranlasst. Angesichtsdessen, dass auch seine Fahrleistung spürbar geringer und damit das Motiv zur Entscheidung für ein Dieselfahrzeug obsolet geworden war, hätte es nahegelegen, das Fahrzeug nicht nur schlicht weiterzunutzen, wenn man, wie der Kläger erklärt hat, seinen Schaden insbesondere darin sieht, ein Fahrzeug erworben zu haben, bei dem Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung zu befürchten seien. Ein solches Verhalten lässt darauf schließen, dass etwaig drohende Betriebsbeschränkungen des streitgegenständlichen Fahrzeugs zum Zeitpunkt ihrer Entdeckung tatsächlich keine besondere Wichtigkeit für den auch zuvor offenbar am Diesel-Skandal wenig interessierten Kläger gehabt haben. Dies führt im weiteren Rückschluss zu erheblichen Zweifeln daran, dass diese Umstände für die zuvor getroffene Kaufentscheidung von maßgeblicher Bedeutung gewesen sein sollen.

Eine überzeugende Erklärung auf die Frage, weswegen er erst so spät Ansprüche geltend gemacht habe, konnte der Kläger nicht geben. Er hat erklärt, er habe sich schlicht erst im Dezember 2018 damit beschäftigt. Dieselfahrzeuge seien immer mehr in Beschuss gekommen. Er habe Einschränkungen der innerstädtischen Nutzung durch Diesel-Fahrverbote befürchtet und wolle daher nunmehr auf ein Hybridfahrzeug umsteigen. Diesel-Fahrverbote sind allerdings nicht auf die durch die Beklagte ursprünglich installierte Manipulationssoftware bzw. das Software-Update zurückzuführen, sondern auf die Feinstaubbelastung der Luft durch Diesel-Fahrzeuge generell. Sie hätten auch bei dem Erwerb eines jeden anderen Fahrzeugs mit Dieselmotor gedroht und sind damit nicht als durch die streitgegenständliche - unterstellte - Täuschung der Beklagten kausal hervorgerufene Beeinträchtigung anzusehen.

Der Senat verkennt nicht, dass ein Abwarten mit der Geltendmachung von Ansprüchen oder das Ausnutzen der Verjährungsfrist legitim ist. Jedoch stellen die genannten Aspekte des nachvertraglichen Verhaltens des Klägers, noch dazu zusammengenommen damit, dass er das Fahrzeug bis heute als "Traumauto" durchgehend beanstandungsfrei nutzt, in der Gesamtschau gewichtige äußere Indizien im Rahmen der Kausalitätsfeststellung dar, die aus Sicht des Senats gegen das Vorliegen des erforderlichen inneren Zusammenhangs zwischen einer Täuschungshandlung der Beklagten und dem Kaufentschluss des Klägers sprechen.

In der vorzunehmenden Gesamtschau aller Umstände des Falles kann damit bei Abwägung und Bewertung der vorgenannten Umstände nicht mit der erforderlichen Überzeugung (§ 286 ZPO) der Schluss gezogen werden, dass der Kläger - die fehlende Aufklärung der Beklagten über den sich aus der Manipulationssoftware ergebenen Mangel hinweggedacht - das Fahrzeug nicht oder nicht so erworben hätte. Die Zweifel gehen zu Lasten des hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Klägers.

(4)

Selbst wenn man davon ausgeht, dass für die haftungsbegründende Kausalität eine tatsächliche Vermutung dahingehend eingriffe, dass ein Käufer ein Fahrzeug mit der streitgegenständlichen Motorsteuerungssoftware nicht erwerben würde, wenn er vor dem Kauf darauf hingewiesen würde, dass die Software nicht gesetzeskonform ist und er deshalb jedenfalls mit Problemen für den Fall der Entdeckung durch das Kraftfahrtbundesamt bis hin zum Entzug der Betriebserlaubnis rechnen müsse, wäre diese im vorliegenden Fall aufgrund der vorgenannten Umstände und des Ergebnisses der persönlichen Anhörung des Klägers jedenfalls erschüttert.

Nach Auffassung des Senats kann nicht vom Vorliegen eines Anscheinsbeweises ausgegangen werden. Hiergegen spricht bereits, dass es sich beim Kauf eines Fahrzeugs um einen individuell geprägten Willensentschluss handelt (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 19.07.2004, II ZR 218/03, juris), der üblicherweise - und wie auch hier beim Kläger - auf einem Bündel von Motiven wie Motor- und Laufleistung, Preis, Ausstattung, Kraftstoffverbrauch etc. beruht, wovon das Abgasverhalten bzw. etwaige Konsequenzen daraus für die Typengenehmigung nur eines bildet, mit der Folge, dass ein typisches Verhalten oder ein typischer Geschehensablauf bereits nicht festgelegt werden können. Wie bereits ausgeführt, bestand für einen (potentiellen) Käufer durchaus die Entscheidungsalternative, ein formal typzugelassenes Fahrzeug trotz Motorsteuerungssoftware zu erwerben, weil es sich aus anderen Gründen als besonders attraktiv darstellte und/oder weil der Käufer beispielsweise wegen der Vielzahl betroffener Fahrzeuge darauf vertraut hat, dass eine Stilllegung am Ende angesichts des Massenphänomens ohnehin nicht durchgeführt werden würde.

Selbst wenn man einen Anscheinsbeweis für die haftungsbegründende Kausalität im o.g. Sinne bejahen würde, ist dieser im vorliegenden Fall bei der erforderlichen Gesamtschau, insbesondere bei Betrachtung der klägerischen Angaben zur Kaufmotivation einerseits und des nachvertraglichen Verhaltens des Klägers andererseits, der das Fahrzeug trotz Kenntnis von der Umschaltlogik über 1 1/2 Jahre ohne Beanstandungen und ohne gegenüber der Beklagten vorgerichtlich tätig zu werden, weiter wie bisher genutzt hat, erschüttert. Auf die vorangegangenen Ausführungen wird insofern Bezug genommen.

(5)

Soweit obergerichtliche Rechtsprechung maßgeblich auch darauf abstellt, dass sich die mit der Software-Manipulation verbundene Gefahr für die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs haftungsbegründend kausal negativ auf den Vermögenswert des Fahrzeugs auswirkt (vgl. nur OLG Köln, Beschluss vom 3. Januar 2019 - 18 U 70/18 - NJW-RR 2019, 984, 986 f.), fehlt es nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen jedenfalls an der haftungsausfüllenden Kausalität.

(6)

Erwogen, aber letztlich nicht (mehr) tragend ist, ob im vorliegenden Fall (auch) eine Annahme des durch die Beklagte angebotenen Softwareupdates im Rahmen des Schadensersatzes an Erfüllung statt im Sinne des § 364 Abs. 1 BGB gegeben ist.

Eine solche Leistung an Erfüllungs statt setzt eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien voraus. Sie kann auch stillschweigend vereinbart werden, wie etwa dadurch, dass der Gläubiger die an Erfüllungs statt angebotene Sache in Gebrauch nimmt. Dabei muss das Verhalten des Gläubigers allerdings den rechtsgeschäftlichen Willen erkennen lassen, die Ersatzleistung als Erfüllung anzunehmen (Kerwer in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 9. Aufl., § 364 BGB (Stand: 01.02.2020), Rn. 5; Grüneberg, in: Palandt- Grüneberg, 79. Aufl. 2020, § 364 BGB, Rn. 2; BAG, Urteil vom 11.07.1975, 5 AZR 273/74 - juris).

Der Kläger hat nach dem Rückrufschreiben das Softwareupdate aufspielen lassen und das Fahrzeug in der Folgezeit beanstandungsfrei weitergenutzt und erstmals im Dezember 2018 außergerichtlich Ansprüche gegenüber der Beklagten geltend gemacht. Dies könnte nach dem gemäß §§ 133, 157 BGB maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont der Beklagten, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie nach Durchführung des Updates bescheinigt hatte, das Fahrzeug entspreche nun vollumfänglich den gesetzlichen Vorschriften, dahingehend verstanden werden, dass der Kläger die angebotene Maßnahme als Schadenskompensation akzeptiert hat. Anhaltspunkte dafür, dass er das Update nur unter dem Druck einer sonst drohenden Betriebsuntersagung und damit unfreiwillig hat vornehmen lassen, ergeben sich weder aus seinem schriftsätzlichen Vortrag noch aus seiner persönlichen Anhörung. Er hat einer etwaigen Tilgungswirkung auch nicht zeitnah widersprochen.

Einer Entscheidung dieser Frage bedarf es, da der Anspruch bereits aus anderen Gründen scheitert, jedoch nicht.

b)

Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus anderen Anspruchsgrundlagen.

aa)

Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 263 StGB setzt eine Veranlassung zum Vertragsschluss durch einen mittels Täuschung hervorgerufenen Irrtum voraus. Auch für diesen Anspruch kann jedoch die erforderliche haftungsbegründende Kausalität, also der innere Zusammenhang zwischen dem etwaigen täuschungsbedingten Irrtum über das Vorliegen der Abgassoftware und dem Kaufvertragsentschluss des Klägers, nicht zur Überzeugung des Senats (§ 286 BGB) festgestellt werden. Auf die obigen Ausführungen wird insofern Bezug genommen.

bb)

Ebenfalls scheidet ein etwaiger Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB iVm §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV, Art. 5 Abs. 2, Art. 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 aus.

(1)

Die vorgenannten Vorschriften sind keine Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (vgl. OLG München, Beschluss vom 29. August 2019 - 8 U 1449/19, Rn. 78, juris; OLG Celle, Beschluss vom 1. Juli 2019 - 7 U 33/19, Rn. 37 ff.; OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17, Rn. 137 ff. juris).

Ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB liegt vor, wenn die Norm nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann; er muss vielmehr im Aufgabenbereich der Norm liegen (ständige Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2011 - XI ZR 51/10 -, Rn. 21; BGH, Urteil vom 19. Juli 2004 - II ZR 218/03 -, Rn. 21, juris; BGH, Urteil vom 27. November 1963 - V ZR 201/61-, Rn. 1).

Nach § 27 Abs. 1 FG-FGV darf ein Neufahrzeug im Inland zur Verwendung im Straßenverkehr nur feilgeboten, veräußert oder in den Verkehr gebracht werden, wenn es mit einer gültigen Übereinstimmungsbescheinigung versehen ist. Der Hersteller eines Fahrzeugs ist aufgrund von § 6 Abs. 1 EG-FGV verpflichtet, für jedes einem genehmigten Typ entsprechende Fahrzeug eine Übereinstimmungsbescheinigung auszustellen.

Diese Vorschriften verfolgen die Umsetzung der europarechtlichen Richtlinie 2007/46/EG vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie), die ausweislich der einleitenden Erwägungen (insb. Ziff. 2 und 23) der Richtlinie die Vollendung des europäischen Binnenmarktes und hierbei die Sicherstellung eines hohen Sicherheits- und Umweltschutzniveaus der dort in Verkehr gebrachten Fahrzeuge und ihrer Bauteile (Ziff. 14) zum Ziel hat. Dagegen bezwecken die Richtlinie und damit einhergehend §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV nicht die Wahrung von Individualinteressen wie das Vermögensinteresse von Erwerbern von Kraftfahrzeugen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 01. Juli 2019 - 7 U 33/19 -, Rn. 39, juris; OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17 -, Rn. 138 ff., juris; OLG München, Urteil vom 04. Dezember 2019 - 3 U 2420/19 -, Rn. 62, juris).

Dies gilt auch für die Regelungen der VO (EG) 715/2007 vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen, in deren Artikel 5 das Verbot unzulässiger Abschalteinrichtungen geregelt ist. Ausweilich der einleitenden Erwägungen ist das Ziel der Verordnung (Ziff. 1 und 27) die Harmonisierung und Vollendung des Binnenmarktes durch Einführung gemeinsamer technischer Vorschriften zur Begrenzung von Fahrzeugemissionen. Das Senken der Emissionen von Kraftfahrzeugen soll als Teil einer Gesamtstrategie zur Reinhaltung der Luft angegangen werden (Ziff. 4). Davon ausgehend, dass sich die Festlegung von Emissionsgrenzwerten auf die Märkte und die Wettbewerbsfähigkeit der Hersteller auswirken, soll die frühzeitige Festlegung einer Stufe für die Reduzierung der Stickstoffoxidemissionen den Automobilherstellern eine langfristige, europaweite Planungssicherheit geben (Ziff. 6 und 7). Aus den gesamten Erwägungen, insbesondere den vorgenannten Ziffern, ergibt sich, dass es nicht um individuelle Interessen oder Rechte der Verbraucher geht, sondern um eine umweltpolitische Gesamtstrategie und in diesem Rahmen um die Schaffung einheitlicher Bedingungen für den europäischen Kraftfahrzeugmarkt. Dass der europäische Gesetzgeber dem einzelnen Verbraucher die Rechtsmacht in die Hand geben wollte, mit Mitteln des Privatrechts gegen denjenigen vorzugehen, der in dieser Verordnung zur Umsetzung dieser Ziele geregelte Verbote übertritt und sein Rechtsinteresse beeinträchtigt, geht aus den Vorbemerkungen hingegen nicht hervor und ergibt sich auch aus dem Sinn und Zweck der Verordnungsvorschriften nicht. Die Regelungen der VO (EG) 715/2007 weisen auch selbst keinen Bezug zu Individualinteressen des einzelnen Bürgers auf. Insbesondere enthält die Richtlinie keine ausdrückliche Bestimmung, die Individualrechte gewährt (so auch OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17 -, Rn. 138 ff., juris; OLG München, Urteil vom 04. Dezember 2019 - 3 U 2420/19 -, Rn. 62, juris).

(2)

Zudem ist auch kein Verstoß gegen die §§ 6, 27 EG-FGV gegeben, da sowohl die Übereinstimmungsbescheinigung als auch die zugrundeliegende Typgenehmigung trotz der Abschaltvorrichtung (formell) wirksam bleiben (vgl. OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019 - 7 U 134/17 -, Rn. 107 ff., juris; i.E. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 19. Februar 2020 - 9 U 272/19 -, Rn. 47, juris, jeweils m.w.N.). In § 25 EG-FGV sind Maßnahmen wie die Erteilung von Nebenbestimmungen, die Rücknahme oder der Widerruf der Genehmigung geregelt, die das Kraftfahrzeugbundesamt zur Sicherstellung der Übereinstimmung der Produktion mit dem genehmigten Typ ergreifen kann (und hier mit der Anordnung von Nebenbestimmungen auch ergriffen hat). Eine Unwirksamkeit tritt hingegen nicht ipso iure ein.

(3)

Schließlich fehlt es auch bei diesem Anspruch an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Täuschung oder Verstößen der Beklagten beim Inverkehrbringen des Fahrzeugs gemäß § 27 Abs. 1 EG-FGV und dem Kaufentschluss des Klägers. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen.

cc)

Gleiches gilt hinsichtlich eines Anspruchs wegen Verschuldens bei Vertragsschluss gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB. Auch insoweit kann eine Kausalität zwischen dem Ausstellen der Übereinstimmungsbescheinigung - die zudem formell wirksam ist - durch die Beklagte und dem Kaufentschluss des Klägers nicht festgestellt werden.

c)

Mangels Schadensersatzanspruchs in der Hauptsache besteht auch der geltend gemachte Zinsanspruch nicht. Auch kann ein Annahmeverzug der Beklagten nicht festgestellt werden.

III.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.

1.

Der Zulassungsgrund des § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht gegeben.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Norm kommt einer Rechtssache dann zu, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, die klärungsbedürftig, klärungsfähig und entscheidungserheblich ist und das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Juli 2002 - V ZR 75/02 -, Rn. 4 - 7, juris, m.w.N.). Hier fehlt es an der Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage, weil die Voraussetzungen zur Feststellung einer inneren Tatsache und zur Kausalität im Rahmen des § 826 BGB höchstrichterlich geklärt sind. Hingegen sind die Umstände des Einzelfalls vom Tatrichter zu würdigen. Die Revision ist nur dann zuzulassen, wenn der konkrete Fall Anlass geben könnte, diese Rechtsprechung in einer über den Einzelfall hinausgehenden Weise zu ergänzen, zu ändern oder zu überprüfen (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Juli 2002 - V ZR 75/02 -, Rn. 4, juris). Dies ist hier jedoch nicht ersichtlich.

2.

Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, § 543 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO.

Dieser Zulassungsgrund ist insbesondere dann gegeben, wenn das Berufungsgericht von einer höherrangigen Entscheidung, namentlich des Bundesgerichtshofes, abweicht (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 - V ZR 75/02 -, Rn. 6, juris; m.w.N.). Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, also einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit dem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten Rechtssatz nicht deckt (vgl. BGH, Beschluss vom 04.07.2002 - V ZR 75/02 -, Rn. 7, juris, m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall, da der Senat von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen ist und dieser entsprechend eine Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles vorgenommen hat.

Auch Abweichungen von obergerichtlicher Rechtsprechung bestehen nicht. Insbesondere die an den Oberlandesgerichten uneinheitlich beantwortete Frage, ob durch das Inverkehrbringen von Fahrzeugen mit eingebauter Abschaltautomatik die rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs wegen einer sittenwidrigen Schädigung im Sinne der §§ 826, 31 BGB gegeben sind (verneinend OLG Braunschweig, Urteil vom 19. Februar 2019, 7 U 134/17; bejahend u.a. OLG Hamm, Urteil vom 10. September 2019, I-13 U 149/18; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2019, 13 U 142/18; OLG Köln, Beschluss vom 1. März 2019, 16 U 146/18), bedurfte aufgrund der im Einzelfall nach Anhörung der Partei nicht festzustellenden haftungsbegründenden Kausalität keiner Entscheidung.

IV.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.