AG Viersen, Urteil vom 25.07.2001 - 2 C 138/01
Fundstelle
openJur 2020, 4040
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gem. §§ 313 a I, 511 a I ZPO abgesehen.

Gründe

Die Klage ist unbegründet und daher abzuweisen.

Die Beklagten sind nicht verpflichtet, dem Kläger weiteren Schadensersatz aus dem Verkehrsunfall vom Tag-X in T-B, Kreuzung B Weg/T-straße zu leisten, da begründete Ansprüche des Klägers bereits durch die vorgerichtlichen Zahlungen der Beklagten zu 2) ausgeglichen sind.

Die Beklagte zu 2.) hat vorgerichtlich die Sachschäden des Klägers zu 70 % reguliert. Aus dieser Haftungsquote ergibt sich, daß die Beklagten selbst nicht der Ansicht sind, daß dieser Unfall für den Beklagten zu 1.) ein unabwendbares, d. h. auch von einem besonders sorgfältigen und umsichtigen Fahrer nicht zuverhinderndes Ereignis im Sinne von § 7 II StVG war. Vielmehr beinhaltet diese Haftungsquote ein Verschulden des Beklagten zu 1.). Der Beklagte zu 1.) verstieß gegen § 4 1 Satz 1 StVO. Unstreitig fuhr der Beklagte zu 1.) auf das sich vor ihm befindende

Fahrzeug des Klägers auf. Bei einem derartigen Auffahrunfall spricht ein Anscheinsbeweis dafür, daß der Auffahrende, hier also der Beklagte zu 1.) den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht eingehalten hat und/oder nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig auf das Abbremsen des vorausfahrenden Fahrzeuges reagiert hat.

Das Vorbringen der Beklagten ist nicht geeignet, diesen gegen den Beklagten zu 1.) sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern oder zu widerlegen. Das Vorbringen der Beklagten bezieht sich lediglich auf ein Mitverschulden des Klägers. Den Verkehrsverstoß des Beklagten zu 1.) läßt dieses Vorbringen jedoch nicht entfallen.

Auch für den Kläger war dieser Unfall nicht unabwendbar im Sinne von § 7 I StVG. Vielmehr trifft den Kläger ein Mitverschulden (Verstoß gegen § 4 I Satz 2 StVO). Die Beklagten haben ausdrücklich vorgetragen, der Kläger habe sein Fahrzeug "voll abrupt" abgebremst. Dieses Vorbringen der Beklagten zur Art und Weise des Bremsmanövers des Klägers hat der Kläger nicht bestritten, so daß dieses Vorbringen als zugestanden gilt. Soweit der Kläger vorgetragen hat, er habe "verkehrsbedingt" abbremsen und anhalten müssen, ist sein Vorbringen unsubstantiiert. Die Beklagten haben ausdrücklich vorgetragen, der Kläger habe das beschriebene Bremsmanöver vorgenommen, obwohl kein Gegenverkehr weit und breit zu sehen gewesen sei. Trotz dieser substantiierten Einwendungen der Beklagten hat der Kläger lediglich sein pauschales Vorbringen über ein "verkehrsbedingtes" Abbremsen und Anhalten wiederholt. Nachprüfbare Tatsachen hierzu hat der Kläger jedoch nicht vorgetragen, obwohl die Beklagten, wie vorstehend erwähnt, ausdrücklich vorgetragen haben, es habe kein Gegenverkehr geherrscht. Welcher tatsächliche verkehrsbedingte Grund für das Abbremsen und Anhalten des Klägers vorlag, hat der Kläger somit nicht vorgetragen; das Fehlen von Gegenverkehr hat der Kläger nicht substantiiert bestritten.

Somit muß das Vorbringen des Klägers zu einem verkehrsbedingten Abbremsen und Anhalten unberücksichtigt bleiben. Hieraus folgt, daß der Kläger wegen Fehlens von Gegenverkehr und wegen Fehlens anderer Gründe "ohne zwingenden Grund" stark abgebremst hat im Sinne von § 4 I Satz 2 StVO. Dies führt zu einem Mitverschulden des Klägers am Zustandekommen dieses Unfalls.

Einer Vernehmung der von den Parteien zum Unfallhergang benannten Zeugen bedarf es nicht. Vom Verschulden des Beklagten ist bereits aufgrund der vorgerichtlichen Schadensregulierung nach einer Haftungsquote von 70 % auszugehen. Das Mitverschulden des Klägers ergibt sich gem. den vorstehenden Ausführungen aus dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten in Verbindung mit dem zureichenden Vorbringen des Klägers. Hieraus folgt gleichzeitig, daß dieser Unfall für den Kläger nicht unabwendbar war.

Bei der dem. § 17 StVG vorzunehmenden Abwägung ist somit auf Seiten beider Parteien die grundsätzliche Betriebsgefahr der beteiligten Kraftfahrzeuge zu berücksichtigen; diese durfte etwa gleich groß sein. Außerdem, ist das Verschulden des Klägers einerseits und des Beklagten zu 1.) andererseits zu berücksichtigen. Hier überwiegt das Verschulden des Beklagten zu 1.), da er als nachfolgender Verkehrsteilnehmer in erster Linie dafür verantwortlich ist, rechtzeitig hinter einem vorausfahrenden Verkehrsteilnehmer anhalten zu können, auch wenn dieser plötzlich abbremst (§ 4 I Satz 1 StVO). Andererseits durfte der Kläger jedoch nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen (§ 4 I Satz 2 STVO). Unter Berücksichtigung aller Umstände ist der Haftungsanteil des Klägers zumindest mit 30 % zu berücksichtigen, so daß die Beklagten höchstens zu 70 % haften. Vom unstreitigen Schaden des Klägers hat die Beklagte zu 2.) vorgerichtlich jedoch, wie ebenfalls unstreitig ist, 70 % reguliert. Die Klage auf weiteren materiellen Schadensersatz war daher abzuweisen.

Der Kläger kann auch ein weiteres Schmerzensgeld nicht verlangen. Art und Umfang der Verletzungen und der Verletzungsfolgen,insbesondere die Arbeitsunfähigkeit von ca. 1 ½ Wochen rechtfertigen selbst bei voller Haftung der Beklagten kein höheres Schmerzensgeld als 400,00 DM, wie vorgerichtlich von der Beklagten zu 2.) bereits bezahlt. Die Verletzungen waren verhältnismäßig geringfügig; sie erforderten lediglich geringe ärztliche Behandlungen (vgl. Atteste Bl. 7 - 10 d. A.). Da die Verletzungen im Straßenverkehr verursacht wurden, also auf fahrlässigem Verhalten des Beklagten zu 1.) beruhen, ist ein Betrag von 400,00 DM angemessen und ausreichend (§ 847 BGB). Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.Streitwert: 1.248,81 DM

(Antrag zu 1.): 648,81 DM;

Antrag zu 2.): 600,00 DM).

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