BVerfG, Beschluss vom 09.04.2020 - 1 BvQ 27/20
Fundstelle
openJur 2020, 3885
  • Rkr:
Rubrum

In dem Verfahren

über den Antrag,

im Wege der einstweiligen Anordnung

"dem Beschwerdeführer [...] eine Ausnahmegenehmigung nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BayIfSMV für die von ihm am 06.04.2020 ordnungsgemäß angezeigte Versammlung unter freiem Himmel mit maximal 10 ihm namentlich bekannten Teilnehmern am 09.04.2020 zwischen 16 und 19 Uhr am östlichen Isarufer südlich der Wittelsbacherbrücke und nördlich der Braunauer Eisenbahnbrücke in München zum Thema 'Versammlungsfreiheit auch während der Corona-Krise schützen'" zu erteilen

Antragsteller:

Dr. S...

hat die 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts durch

den Vizepräsidenten Harbarth,

die Richterin Britz

und den Richter Radtke

gemäß § 32 Abs. 1 in Verbindung mit § 93d Abs. 2 BVerfGG in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BGBl I S. 1473)

am 9. April 2020 einstimmig beschlossen:

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig.

Nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das Bundesverfassungsgericht im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Zwar ist nicht erforderlich, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits ein Verfassungsbeschwerdeverfahren in der Hauptsache anhängig ist (vgl. BVerfGE 105, 235 <238>; 113, 113 <119 f.>; stRspr). Jedoch gilt auch im vorgelagerten verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutzverfahren der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (vgl. § 90 Abs. 2 BVerfGG). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 32 Abs. 1 BVerfGG kommt daher nur in Betracht, wenn der Antragsteller bestehende Möglichkeiten, fachgerichtlichen Eilrechtsschutz zu erlangen, ausgeschöpft hat (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 2; Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 4. Dezember 2019 - 2 BvQ 91/19 -, Rn. 2; stRspr). Ein Antragsteller hat regelmäßig vorzutragen, dass der Grundsatz der Subsidiarität dem verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz nicht entgegensteht (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Erstens Senats vom 13. August 2019 - 1 BvQ 66/19 -, Rn. 3).

Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat mitgeteilt, im Zeitpunkt der Stellung seines Antrags auf verfassungsgerichtlichen Eilrechtsschutz sei über einen von ihm zuvor bei dem Verwaltungsgericht München gestellten Antrag auf verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz noch nicht entschieden worden. Das Verwaltungsgericht habe eine Entscheidung für heute, 10 Uhr angekündigt. Aus den Darlegungen des Antragstellers ergibt sich nicht, dass ihm unter diesen Umständen ein Verweis auf fachgerichtlichen Rechtsschutz unzumutbar sein könnte (vgl. § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG). Ob die angekündigte verwaltungsgerichtliche Eilentscheidung zwischenzeitlich ergangen ist, hat der Antragsteller nicht mitgeteilt. Es kann daher nicht beurteilt werden, ob dem Antragsteller für den Fall einer ihm ungünstigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts noch die Erhebung der statthaften Beschwerde möglich und zumutbar ist. Auf dieser Grundlage ist auch ein aktuell bestehendes Rechtsschutzbedürfnis am Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung durch das Bundesverfassungsgericht nicht erkennbar.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.