AG Wuppertal, Urteil vom 18.11.2019 - 95b C 78/19
Fundstelle
openJur 2020, 3883
  • Rkr:
Tenor

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 11.06.2019

zu TOP 4 und zu TOP 14 c werden für ungültig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagtenseite kann die gegen sie gerichtete Vollstreckung

durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren

Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerseite zuvor

Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft

einer deutschen Bank oder Sparkasse geleistet werden.

Tatbestand

Die Parteien bilden die gerichtsbekannte Wohnungseigentümergemeinschaft V-Straße. Auf der Eigentümerversammlung vom 11.06.2019 fasste die Gemeinschaft Beschlüsse zu TOP 4 (Umgang mit der Rücklage) und TOP 14 c (Korrektur der Beschlusssammlung).

Die Kläger fechten die vorstehenden Beschlüsse an.

Sie machen geltend:

Die auf der Eigentümerversammlung vom 18.09.2014 bestandskräftig beschlossene Abrechnung weise bezüglich der Instandhaltungsrückstellung zum 31.12.2013 einen Istbestand von 31388,18 € und einen Sollbestand von 31745,55 € aus. Der zugleich beschlossene Vermögensstatus 2013 weise eine Istrücklage von 31025,93 € und Sollrücklage von 31745,55 € aus. Diese Zahlen seien richtig. Demgegenüber weise der jetzt beschlossene Vermögensstatus vom 20.05.2019 einen Ist- und Sollbestand von 31745,55 € aus, mithin eine Differenz von 719,62 €. Dies sei falsch. Darüber hinaus seien noch weitere Änderung am Vermögensstatus vorgenommen worden, die auf Seite 7 oben der Klageschrift weiter ausgeführt werden. Die Änderungen seien nicht nachvollziehbar und den Eigentümern auch nicht erläutert worden. Mit Änderung des Vermögensstatus hätten auch zwingend die Abrechnungen für 2013 geändert werden müssen, damit die Zahlenwerke übereinstimmten. Zugleich seien auch Beträge in der Übersicht der Abrechnungsergebnisse aller Eigentümer geändert worden und auch dies nicht erläutert worden. Zudem sei der Beschluss inhaltlich unbestimmt. Weiterhin sei im Vermögensstatus eine Rechnungsabgrenzung bezüglich des Ölbestands vorgenommen worden.

Soweit die Korrektur der Beschlusssammlung beschlossen worden sei, sei weder mit der Einladung noch zeitnah eine überarbeitete Version den Eigentümern zur Verfügung gestellt worden. Es sei unklar, was es heißen solle die Korrektur sei beschlossen worden. Eine deklaratorische Beschlussfassung sei überflüssig, es fehle die Beschlusskompetenz. Zudem sei auch die neue Beschlusssammlung inhaltlich fehlerhaft.

Die Kläger beantragen,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten machen geltend:

Die amtierende Verwaltung habe die Zahlen der Abrechnung von der früheren Verwaltung für 2013 übernommen. Die Buchungsunterlagen seien falsch gewesen. Aufgrund von Sammelbuchungen habe das Wirtschaftsjahr 2013 nicht nachgebucht werden können. Der bestandskräftig beschlossene Vermögensstatus habe nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen.

Die Abrechnung 2013 ändere sich inhaltlich nicht. Offene Versicherungsschäden seien ebenso wenig nachweisbar gewesen wie Rückstände zur Instandhaltungsrücklage. Es erhöhte sich nur der Ausgleichsbetrag, der als nicht dargestellter Guthabensbetrag ausgekehrt werden solle.

Der Beschluss zu TOP 14 c entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Die aktuelle Beschlusssammlung sei mit Einladung zur Versammlung vom 11.06.2019 jedem übersandt worden. Es bestehe eine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft. Die Gemeinschaft könne auch konkrete Berichtigungen der Beschlusssammlung beschließen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs. 2 ZPO auf die vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

TOP 4

Soweit die Gemeinschaft den Vermögensstatus für das Jahr 2013 beschlossen hat, widerspricht der o.g. Beschluss ordnungsgemäßer Verwaltung. Der Vermögensstatus ist nicht Teil der Abrechnung nach WEG und stellt neben den Geldbeständen und offenen Forderungen minus Verbindlichkeiten das Vermögen der Gemeinschaft dar und dient zusätzlicher Information.

Soweit die Gemeinschaft zur Abrechnung 2013 bereits bestandskräftig einen Vermögensstatus beschlossen hatte, wäre eine Änderung zur Überzeugung des Gerichts nur zulässig, wenn diese Änderung den Eigentümern vor Beschlussfassung verständlich erläutert worden wäre. Hieran fehlt es jedoch, eine solche nachvollziehbare Erläuterung wurde nicht erteilt.

Darüber hinaus erscheint die bloße Änderung des Vermögensstatus ohne Änderung der Abrechnung aber auch nicht möglich, da nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten jetzt ein höherer Ausgleichsbetrag vorhanden sein soll, der verteilt werden soll. Dies kann aber nur im Wege einer Korrektur der Abrechnung geschehen.

TOP 14 c

Auch dieser Beschluss widerspricht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Soweit der Beschluss dahingehend ausgelegt werden kann, dass die Gemeinschaft die Korrektur der Beschlusssammlung durch die Verwaltung genehmigt hat, fehlt es der Gemeinschaft hierfür an der Beschlusskompetenz. Der Führer der Beschlusssammlung hat ohne Bindung an Fristen das Recht, Fehler der Beschlusssammlung selbständig zu korrigieren. Die Wohnungseigentümer - auch in ihrer Gesamtheit - sind für eine Korrektur hingegen unzuständig. Neben der Berichtigung von Schreibfehlern und unzutreffenden Einträgen kommt etwa auch eine Löschung unzulässiger oder die Ergänzung fehlender oder unvollständiger Einträge in Betracht. Ist eine Eintragung falsch, besitzt jeder Wohnungseigentümer einen aus § 21 Abs. 4 WEG folgenden Anspruch auf Berichtigung. Erfüllt der zur Führung der Beschlusssammlung Verpflichtete einen Berichtigungsanspruch nicht freiwillig, kann jeder Berechtigte diesen gerichtlich in einem Verfahren nach § 43 WEG in Anspruch nehmen. Im Berichtigungsverfahren hat das Gericht zu klären, ob der Eintrag in der Beschlusssammlung unrichtig oder zu Unrecht erfolgt ist. Es hat dazu etwa als Vorfrage einen richtigen Beschlussinhalt festzustellen (vgl. Jennißen-Schultzky, WEG, 6. Aufl. 2019, § 24, Rdnr. 202, 203).

Soweit Merle in Bärmann § 24, Rdnr. 188, die Auffassung vertritt, dass die Eigentümer eine konkrete Berichtigung der Beschlusssammlung beschließen können, mag das für den dort aufgeführten Fall der Korrektur eines einzelnen Beschlusses vielleicht möglich und denkbar sein, nicht aber für Absegnung der Beschlusssammlung als Ganzes. Als solches ist ein derartiger Beschluss überflüssig, da er nur die Rechtslage beschreibt und nichts anordnet, ein derartiger deklaratorischer Beschluss entspricht aber nicht den Regeln ordnungsgemäßer Verwaltung (vgl. Jennißen, § 23, Rdnr. 74). Zudem wäre die Tragweite eines derartigen Beschlusses mit Anordnungscharakter auch unklar. Sollte etwa eine bestandskräftige Genehmigung der Berichtigung der Beschlusssammlung bedeuten, dass die Beschlusssammlung inhaltlich richtig ist und nicht mehr von den Eigentümern angegriffen werden kann?

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert:

TOP 4 400 €

(50 % des Gesamtinteresses

der Parteien; die Parteien streiten

letztlich um 719,62 €);

TOP 14 2000,00 €.

Rechtsbehelfsbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,

1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder

2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.

Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Düsseldorf, Werdener Straße 1, 40227 Düsseldorf, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.

Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber Landgericht Düsseldorf zu begründen.

Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Düsseldorf durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.

Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:

Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.

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