VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2019 - 3 L 2612/19
Fundstelle
openJur 2020, 3647
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 4 B 1476/19
Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage 3 K 6865/19 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 12.09.2019 hinsichtlich der Gewerbeuntersagung wiederherzustellen sowie hinsichtlich der Zwangsmittelandrohung anzuordnen,

ist unbegründet.

Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet hat. Zudem haben gemäß den §§ 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 112 Satz 1 JustG NRW Rechtsbehelfe, die sich gegen Maßnahmen der Vollstreckungsbehörden und der Vollzugsbehörden in der Verwaltungsvollstreckung richten, gleichfalls keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht kann jedoch gemäß den §§ 80 Abs. 5 VwGO, 112 Satz 2 JustG NRW die aufschiebende Wirkung auf Antrag des Betroffenen wiederherstellen bzw. anordnen. Ein derartiger Antrag hat Erfolg, wenn das private Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung überwiegt. Das ist der Fall, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist, weil ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides nicht bestehen kann, oder wenn das private Interesse des Antragstellers aus sonstigen Gründen überwiegt. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.

Die Ordnungsverfügung des Antragsgegners ist nicht offensichtlich rechtswidrig. Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht vielmehr alles für ihre Rechtmäßigkeit. Zur Begründung wird auf die Gründe des angefochtenen Bescheides Bezug genommen, denen das Gericht folgt.

Danach ist der Antragsteller gewerbeübergreifend unzuverlässig. Unzuverlässig ist ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, beurteilt sich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des Erlasses der Gewerbeuntersagung.

Ausgehend hiervon ist der Antragsteller als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen, weil er trotz andauernder wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit, welche sich hier bereits aus der Eintragung im gemeinsamen Vollstreckungsportal der Länder ergibt, sein Gewerbe ohne ein ausreichendes Sanierungskonzept fortgeführt hat.

Es spricht auch nichts dafür, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt des Erlasses der Ordnungsverfügung auf der Grundlage eines Sanierungskonzepts, welches die vollständige Rückführung der bestehenden Verbindlichkeiten in absehbarer Zeit und die Vermeidung neuer Schulden gewährleistet hätte, gewirtschaftet hat. Von einem planvollen nachvollziehbaren Sanierungskonzept kann nämlich nur dann die Rede sein, wenn die finanziellen Verhältnisse - anders als hier - insgesamt, insbesondere auch die laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie die sonstigen Verbindlichkeiten im Einzelnen offen gelegt werden. Denn nur dann ist nachvollziehbar, ob der Gewerbetreibende in Zukunft in der Lage sein wird, seine Rückstände durch angemessene Ratenzahlungen abzutragen, ohne seine laufenden Verpflichtungen zu vernachlässigen. An der Darlegung eines solchen Konzeptes fehlt es hier.

Auf die Frage, ob der Antragsteller verschuldet oder unverschuldet in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist, kommt es nicht entscheidend an. Denn das Gewerbeuntersagungsverfahren dient nicht der Ahndung eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit, sondern der Abwehr von Gefahren, die mit einer künftigen gewerblichen Tätigkeit verbunden wären.

Schließlich hat der Antragsgegner die Untersagungsverfügung auch rechtsfehlerfrei auf alle Gewerbe erweitert. Die beim Antragsteller offenbar gewordene Unzuverlässigkeit kann nicht einem bestimmten Gewerbe zugeordnet werden. Sie ist vielmehr gewerbeübergreifend. Dabei hat der Antragsteller durch sein Festhalten an dem bisher tatsächlich ausgeübten Gewerbe seinen Willen bekundet, sich auf jeden Fall irgendwie gewerblich zu betätigen.

Bei diesen Gegebenheiten geht die im Übrigen vorzunehmende Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers aus. An der Vollziehung der angegriffenen Verfügung besteht ein erhebliches öffentliches Interesse. Es ist wegen der nach wie vor gegebenen wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Antragstellers zu befürchten, dass die Fortsetzung des Gewerbes zu neuen Schädigungen und Gefährdungen des Vermögens öffentlicher Kassen und privater Gläubiger führen würde. Demgegenüber ist das private Interesse des Antragstellers an der Fortführung seines Gewerbes unter Gefährdung des Vermögens Dritter nicht schutzwürdig.

Dem Antrag ist schließlich auch nicht dahingehend stattzugeben, dass die gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO erfolgte Anordnung der sofortigen Vollziehung isoliert aufzuheben ist, weil diese nicht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO entsprechend in ausreichendem Maße schriftlich begründet ist. Maßgebend ist dabei, dass der Antragsgegner mit seiner Begründung in hinreichender Weise zum Ausdruck gebracht hat, dass die Anordnung des Sofortvollzugs als Ausnahme von der Grundregel des § 80 Abs. 1 VwGO erfolgt und aus welchen Gründen er hier ein sofortiges Einschreiten für notwendig erachtet. Die weitere Frage, ob die vom Antragsgegner angeführte Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist dagegen eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit, die in diesem Zusammenhang nicht zu prüfen ist.

In Anbetracht der Vollziehbarkeit der Gewerbeuntersagung besteht kein Anlass, in Bezug auf die Zwangsmittelandrohung vom Regelvorrang des Vollziehungsinteresses nach § 112 Satz 1 JustG NRW abzuweichen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

Rechtsmittelbelehrung:

(1) Gegen die Entscheidung über den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) eingelegt werden.

Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) eingeht.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der ERVV einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sind durch einen Prozessbevollmächtigten einzureichen. Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).

Die Beschwerdeschrift und die Beschwerdebegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.

(2) Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird.

Die Beschwerde kann auch als elektronisches Dokument nach Maßgabe des § 55a VwGO und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.