OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.02.2019 - 24 U 70/18
Fundstelle
openJur 2020, 3336
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 9 O 443/16
Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 04.09.2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer - Einzelrichter - des Landgerichts Düsseldorf abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 70.254,26 EUR zu zahlen.

Die Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Klägerin und die Beklagte zu 1) jeweils zu 50 Prozent zu tragen. Von den außergerichtlichen erstinstanzlichen Kosten der Klägerin hat die Beklagte zu 1) 50 Prozent sowie 100 Prozent ihrer eigenen Kosten zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten erster Instanz der Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 1) zu tragen.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten zu 1) wird nachgelassen die Vollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

A. Rechtliche Würdigung

I.

1. Die Klägerin macht als Leasinggeberin Ansprüche aus einem abgewickelten Leasingvertrag über einen PKW nach Diebstahl des Fahrzeugs geltend und begehrt die Auszahlung der Fahrzeugneuwertentschädigung an sich.

Mit Vertrag vom 07.08.2013 leaste die Berufungsbeklagte (im Folgenden Beklagte zu 1)) von der Klägerin mit Kilometerabrechnung einen PKW zu einem Einstandswert von 131.126,04 EUR zuzüglich Mehrwertsteuer. Es war eine Leasingzeit von 36 Monaten vereinbart. Dem Leasingvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für das Leasing von Kraftfahrzeugen (Stand 11/2012, im Folgenden "Allgemeine Leasingbedingungen") zu Grunde. Gemäß Ziff. XVI.1 der Allgemeinen Leasingbedingungen hatte die Beklagte zu 1) das Fahrzeug dem Leasinggeber nach Beendigung des Leasingvertrages zurückzugeben. Einen Erwerb des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer vom Leasinggeber nach Ablauf des Vertrages haben die Parteien ausgeschlossen (Ziff. XVII.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen). Die Beklagte zu 1) hatte für die Leasingzeit "eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens 50 Mio. EUR und eine Fahrzeugvollversicherung mit einer Selbstbeteiligung von höchstens 1.000 EUR" abzuschließen (Ziff. X.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen). Der Leasingvertrag enthielt betreffend die Versicherungsleistung sowie die Kündigung des Vertrages die weiteren nachfolgenden Regelungen:

"X. Versicherungsschutz und Schadenabwicklung

4. Der Leasingnehmer ist auch über das Vertragsende hinaus - vorbehaltlich eines Widerrufs durch den Leasinggeber - ermächtigt und verpflichtet, alle fahrzeugbezogenen Ansprüche aus einem Schadenfall im eigenen Namen und auf eigene Kosten geltend zu machen. Zum Ausgleich des Fahrzeugschadens erlangte Beträge hat der Leasingnehmer im Reparaturfall zur Begleichung der Reparaturrechnung zu verwenden. Ist der Leasingnehmer gemäß Ziffer 2 Satz 2 dieses Abschnitts nicht zur Reparatur des Fahrzeugs verpflichtet, hat er die erlangten Entschädigungsleistungen an den Leasinggeber abzuführen. Diese werden im Rahmen der Abrechnung nach Abschnitt XV Ziffer 3 berücksichtigt.

5. Entschädigungsleistungen für Wertminderung sind in jedem Fall an den Leasinggeber weiterzuleiten. ...

6. Bei Totalschaden oder Verlust des Fahrzeugs kann jeder Vertragspartner den Leasingvertrag zum Ende eines Vertragsmonats kündigen. ...

...

XV. Abrechnung nach Kündigung

1. Im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages durch eine nach diesem Vertrag zulässige Kündigung wird dem Leasingnehmer der entstandene Kündigungsschaden in Rechnung gestellt. Dieser ergibt sich aus der Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös.

...

3. Im Falle einer Kündigung nach Abschnitt X Ziffer 6 werden anstelle des Verkaufserlöses die etwaigen Versicherungsleistungen und gegebenenfalls der Erlös für die Restwerte des Fahrzeugs auf den Ablösewert in Anrechnung gebracht. ..."

...

XVIII. Allgemeine Bestimmungen

5. Entsteht ein Übererlös durch Zahlung Dritter, so kann der Leasinggeber mit befreiender Wirkung gegenüber dem Leasingnehmer an den Dritten zurückzahlen.

Für den Fall eines Diebstahls trafen die Parteien zudem die Vereinbarung "Leasing-Extra bei Totalschaden oder Diebstahl", die folgende Regelung enthielt:

"Der Leasinggeber verzichtet im Falle eines Diebstahls des Fahrzeugs oder eines Totalschadens auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert, wenn die Versicherungsleistung binnen drei (3) Monaten (ab Schadenstag) bei ihm eingeht. ... Andernfalls verbleibt es bei der Fälligkeit des Ablösewertes gemäß Abs. X Ziff. 6 i. V. m. Abs. XV der AGB.

Erfolgt die Auszahlung der Versicherungsleistung noch zu einem späteren Zeitpunkt, erstattet der Leasinggeber die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert an den Leasingnehmer zurück. Der Verzicht auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert gilt nur dann, wenn (1) für das Fahrzeug kein Kasko-Versicherungsschutz mit einer Neupreis- oder Kaufpreisregulierung oder eine anderweitige GAP-Deckung ( ...) besteht und (2) der Leasingnehmer einen neuen Vertrag über das Leasing bzw. die Finanzierung eines Fahrzeugs mit dem Leasinggeber ... schließt."

Die Beklagte zu 1) schloss bei der X Versicherung, der Beklagten zu 2) des erstinstanzlichen Verfahrens, eine KFZ-Vollkaskoversicherung mit einer vereinbarten festen Versicherungssumme in Höhe von 131.126,00 EUR und einem Versicherungsbeginn zum 13.12.2013 ab. Der vereinbarte Wert entsprach dem Fahrzeug-Grundpreis des zu leasenden Fahrzeugs. Es wurde eine Selbstbeteiligung von 500,00 EUR vereinbart. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeine Versicherungsbedingungen der Versicherungsgeberin mit Stand 10/2014 (im Folgenden "AVB") zu Grunde. Nach Ziff. I.B.9.1 AVB war der Versicherungsnehmer verpflichtet, das Fahrzeug zurückzunehmen, wenn es innerhalb eines Monats nach Eingang der schriftlichen Schadensanzeige wieder aufgefunden wird und das Fahrzeug innerhalb dieses Zeitraums mit objektiv zumutbaren Anstrengungen wieder in Besitz genommen werden kann. Gemäß Ziff. I.B.9.3 AVB wird der Versicherer Eigentümer des Fahrzeugs, wenn der Versicherungsnehmer nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet ist, etwa aufgrund Ablaufs der Monatsfrist nach Verlust des Fahrzeugs.

In der Nacht vom 01. auf den 02.12.2015 wurde das geleaste Fahrzeug gestohlen, jedoch kurze Zeit später am 03.12.2015 an der polnischlitauischen Grenze wieder aufgefunden und von der Klägerin in Besitz genommen. Die Beklagte zu 1) konnte den Besitz an dem Fahrzeug nicht binnen eines Monats nach dem Diebstahl wieder begründen. Der Leasingvertrag wurde sodann gekündigt. Die Klägerin errechnete einen Ablösewert in Höhe von 60.371,74 EUR und teilte diesen der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 22.03.2016 mit. Der Wiederbeschaffungswert des streitgegenständlichen PKWs betrug ausweislich des von der Beklagten zu 1) eingeholten Gutachtens 70.504,20 EUR netto. Das streitgegenständliche Fahrzeug verblieb zunächst bei der Klägerin.

Mit Schreiben vom 08.04.2016 erklärte die Beklagte zu 2) gegenüber der Klägerin, dass sie zur Auszahlung der Versicherungsleistung in Höhe von 60.371,71 EUR bereit sei, wenn die Klägerin das Eigentum an dem Fahrzeug auf die Beklagte zu 2) übertrage. Die Klägerin, die zwischenzeitlich erfahren hatte, dass die mit der Beklagten zu 2) abgeschlossene Vollkaskoversicherung eine Versicherungsleistung im Falle eines Diebstahls in Höhe von 131.126,00 EUR vorsah, erklärte mit Schreiben vom 20.04.2016 gegenüber der Beklagten zu 2), dass sie zu einer Eigentumsübertragung nur bei Zahlung der vollen Versicherungsleistung an sie bereit sei. Auch die Beklagte zu 1) forderte in der Folgezeit mit Schreiben vom 28.07.2016 von der Beklagten zu 2) die Auszahlung der vollen Versicherungsleistung in Höhe von 131.126,00 EUR. Die Beklagte zu 2) berief sich mit Schreiben vom 24.08.2016 auf ihr Zurückbehaltungsrecht und forderte eine Klärung der Anspruchsinhaberschaft zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1).

Mit Klageschrift vom 08.11.2016 erhob die Beklagte zu 1) Klage gegen die Beklagte zu 2) vor dem Landgericht Düsseldorf, Az.: 9 O 404/16, mit dem Antrag, die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe des Ablösewertes von 60.371,74 EUR und an die Beklagte zu 1) den darüber hinausgehenden Betrag in Höhe von 70.254,26 EUR zu zahlen.

Mit der im vorliegenden Verfahren erhobenen Klage vom 08.12.2017, welche als "Hauptinterventionsklage" betitelt ist, hat die Klägerin Feststellung begehrt, dass ihr die gesamte Versicherungsleistung zustehe.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass ihr ein Anspruch auf Erhalt der vollständigen Versicherungsleistung zustehe, da sie als Leasinggeberin und Eigentümerin des Leasingfahrzeuges das Restwertrisiko, aber auch die Restwertchancen trage. Dementsprechend stehe ihr auch der Übererlös durch eine über der Vollamortisation liegende Versicherungsleistung zu.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass sie gegen die Beklagten zu 1) und 2) einen Anspruch auf Erhalt der vollständigen Leistung aus der bei der Beklagten zu 2) abgeschlossenen Vollkaskoversicherung aufgrund des Schadenfalles mit dem Fahrzeug, Zugum-Zug gegen Übereignung des Fahrzeuges an die Beklagte zu 2), hat.

Die Beklagten zu 1) und 2) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) hat die Ansicht vertreten, ihr stünde die über den Ablösewert hinausgehende Versicherungsleistung zu. Es liege nach der von der Beklagten zu 1) vertretenen Ansicht abweichend von der Kaskoversicherung als Schadensversicherung vorliegend eine Summenversicherung vor, bei der das Sacherhaltungsinteresse nur insoweit betroffen sei, als die Versicherungsleistung dem Wiederbeschaffungswert entspreche. Die vorliegende Versicherung decke nicht allein das Sacherhaltungsinteresse ab, da sie als Summenversicherung nicht nur den Schaden durch den Verlust des Fahrzeugs versichere, sondern einen darüber hinausgehenden Betrag, nämlich den vereinbarten Wert. Diese über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Versicherungsleistung betreffe nicht das Sacherhaltungsinteresse, welches sich allein auf den im Verlust des Fahrzeugs liegenden Schaden beziehe, also auf den Wiederbeschaffungswert. Die Versicherungsleistung, die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehe, könne im Übrigen auch nicht mehr als Surrogat für das geleaste Fahrzeug im Sinne des § 285 Abs. 1 BGB bezeichnet werden. Sie, die Beklagte zu 1), sei nach dem Leasingvertrag lediglich dazu verpflichtet gewesen, den Wiederbeschaffungswert im Wege einer Kaskoversicherung zu versichern. Die über den Wiederbeschaffungswert beziehungsweise den Ablösewert hinausgehende Versicherungsleistung sei allein auf die von ihr, der Beklagten zu 1), bezahlten erhöhten Versicherungsprämien zurückzuführen, so dass der entsprechende Anspruch ihr zustehe. Betreffend den über den Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Betrag habe sie als Leasingnehmerin ausschließlich ein Eigeninteresse abgesichert. Schließlich ergebe sich aus Ziff. XV.1 in Verbindung mit Ziff. XV.3 sowie aus Ziff. XVIII.5 der Allgemeinen Leasingbedingungen, dass die Versicherungsleistung der Klägerin im Innenverhältnis zu ihr, der Beklagten zu 1), nur bis zur Höhe des Ablösewertes zustehe.

Das Landgericht hat in dem Verfahren LG Düsseldorf, Az.: 9 O 404/16, mit zwischenzeitlich rechtskräftigem Urteil vom 31.08.2017 die Beklagte zu 2) verurteilt, an die Klägerin 60.371,74 EUR Zug um Zug gegen Übergabe des PKW zu zahlen, sowie an die Beklagte zu 1) 70.254,26 EUR zu zahlen.

Das Landgericht hat mit - durch die vorliegende Berufung angefochtenem - Urteil vom 04.09.2017 die Klage gegen die Beklagte zu 2) als unzulässig und die Klage gegen die Beklagte zu 1) als unbegründet abgewiesen.

Es hat zur Unbegründetheit der gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage ausgeführt, dass der Klägerin die Versicherungsleistung lediglich in Höhe des Ablösewertes von 60.371,74 EUR zustehe. Die darüber hinausgehende Versicherungsleistung in Höhe von 70.254,26 EUR stehe der Beklagten zu 1) zu, was sich aus einer Auslegung der Leasingbedingungen entsprechend §§ 133, 157 BGB ergebe. Nach dem Wortlaut des Vertrages stünden die Versicherungsleistungen grundsätzlich zunächst dem Versicherungsnehmer zu. Lediglich in den in Ziffern X.4 und X.5 der Allgemeinen Leasingbedingungen geregelten Fällen seien die Versicherungsleistungen an den Leasinggeber abzuführen. Aus Ziff. XV.1 der Allgemeinen Leasingbedingungen ergebe sich, dass der Leasingnehmer im Falle der Kündigung die Differenz zwischen Ablösewert und Verkaufserlös schulde, wobei nach Ziff. XV.3 im Falle der Kündigung wegen Entwendung an die Stelle des Verkaufserlöses die Versicherungsleistung trete. Diese Regelungen dienten nach ihrem Sinn und Zweck dem Interesse des Leasinggebers, jedenfalls den Ablösewert des Fahrzeugs zu erhalten, da der Leasingvertrag seiner Natur nach so ausgestaltet sei, dass der Leasinggeber als Kapitalgeber nicht die Risiken des Untergangs des Wagens tragen solle. Unter Berücksichtigung dieses Erhaltungsinteresses und dem Wortlaut der Vertragsbedingungen seien Ziffern XV.1 und XV.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen dahingehend auszulegen, dass in der Regelung, wonach die Versicherungsleistung anzurechnen sei, eine antizipierte Abtretung des Anspruches des Versicherungsnehmers auf die Versicherungsleistung in Höhe des Ablösewertes liege. Diese Abtretung sei auf den Ablösewert beschränkt, da ein darüber hinausgehendes finanzielles Interesse des Leasinggebers nicht bestehe. Diese Auslegung stehe auch im Einklang mit dem im Urteil des BGH vom 08.10.2014 (Az. IV ZR 16/13, NJW 2015, 339) zum Ausdruck gebrachten Gedanken, wonach der Leasingnehmer mangels entgegenstehender Regelungen im Leasingvertrag davon ausgehen dürfe, dass die von ihm über das Sachverlustrisiko hinausgehende freiwillig abgeschlossene und finanzierte Versicherung allein seinem Interesse diene.

Wegen der weiteren Feststellungen des Landgerichts sowie seiner rechtlichen Erwägungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 138 ff. d. A.) Bezug genommen.

2. Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 05.09.2017 zugestellt worden ist, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.10.2017 - eingegangen am 05.10.2017 - Berufung gegen die Abweisung ihrer gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Klage eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 21.12.2017 - eingegangen am selben Tag - innerhalb der bis zum 22.12.2017 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet.

Die Klägerin führt aus, das erstinstanzliche Gericht habe fälschlicher Weise angenommen, dass nach dem Wortlaut des Leasingvertrages die Versicherungsleistung grundsätzlich dem Versicherungsnehmer zustehe. Der Leasingvertrag äußere sich hierzu nicht, vielmehr ergebe sich aus der Natur des Leasingvertrages und der Eigentümerstellung des Leasinggebers, dass der Leasinggeber versicherte Person im Sinne des § 44 VVG sei, so dass eine Auslegung der Ziffern XV.1 und XV.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen als antizipierte Abtretung des Anspruchs des Versicherungsnehmers auf die Versicherungsleistung in Höhe des Ablösewertes schon aus diesem Grunde fehlerhaft sei. Soweit das Landgericht seiner Entscheidung das Urteil des Bundesgerichtshofes vom 08.10.2014 zugrunde gelegt habe, habe es verkannt, dass es in dem von dem Bundesgerichtshof zu beurteilenden Fall um eine gänzlich andere Sachlage gegangen sei, nämlich um eine sogenannte GAP-Versicherung. Vielmehr habe der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Leistung aus einer Vollkaskoversicherung grundsätzlich dem Leasinggeber als dem Eigentümer zustehe. Das gelte auch, wenn die gezahlte Versicherungsentschädigung den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages noch nicht amortisierten Gewinn einschließlich des kalkulierten Gewinns (Ablösewert) übersteige.

Nachdem die Beklagte zu 2) der Beklagten zu 1) den Betrag von 70.254,26 EUR aus der Vollkaskoversicherung ausbezahlt hatte, hat die Klägerin ihre erstinstanzliche Feststellungsklage in Bezug auf die Beklagte zu 1) mit der Berufungsbegründung vom 21.12.2017 (Bl. 179 d. A.) auf eine Leistungsklage umgestellt.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an die Klägerin 70.254,26 EUR zu zahlen.

Die Beklagte zu 1) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte zu 1) verteidigt unter Aufrechterhaltung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Sie rügt, die Berufung sei bereits unzulässig, da die Berufungsschrift nicht ordnungsgemäß unterschrieben sei.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.

1. Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO.

a. Insbesondere ist die Berufung ordnungsgemäß unterzeichnet worden gemäß §§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO. Soweit die Beklagte zu 1) einwendet, die Unterschrift der Prozessbevollmächtigten der Klägerin entspreche nicht den Anforderungen der §§ 520 Abs. 5, 130 Nr. 6 ZPO, da es sich lediglich um eine Haken handle, der keinerlei individuelle und charakteristische Merkmale aufweise und sich nicht als Wiedergabe eines Namens darstelle, greift der Einwand nicht durch.

Als Unterschrift im Sinne von § 130 Nr. 6 ZPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ein aus Buchstaben einer üblichen Schrift bestehendes Gebilde zu fordern, das nicht lesbar zu sein braucht. Erforderlich, aber auch genügend ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzuges, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt (BGH, Beschl. v. 29.11.2016 - VI ZB 16/16, BeckRS 2016, 112136; Beschl. v. 27.09.2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775; Beschl. v. 26.02.1997 - XII ZB 17/97, FamRZ 1997, 737, unter II m.w.N.). In Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, ist jedenfalls dann, wenn die Autorenschaft gesichert ist, bei den an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH, Beschl. v. 27.09.2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775; Urt. v. 10.07.1997 - IX ZR 24/97, NJW 1997, 3380 unter II 2 a; Beschl. v. 29.10.1986 - IVa ZB 13/86, NJW 1987, 1333). Denn Sinn und Zweck des Unterschriftserfordernisses ist die äußere Dokumentation der vom Gesetz geforderten eigenverantwortlichen Prüfung des Inhalts der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift durch den Anwalt (BGH, Beschl. v. 23.07.2005 - V ZB 45/04, NJW 2005, 2709, unter III 2 a bb), die gewährleistet ist, wenn feststeht, dass die Unterschrift von dem Anwalt stammt (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2005 - VIII ZB 105/04, NJW 2005, 3775).

An der Autorenschaft der Prozessbevollmächtigten der Klägerin bestanden hier zu keiner Zeit Zweifel. Solche sind auch von der Beklagten zu 1) nicht geäußert worden. Der Schriftzug gleicht den Schriftgebilden, mit denen die klägerische Prozessbevollmächtigte ihre weiteren Schriftsätze im vorliegenden Verfahren unterzeichnet hat. Bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs ist hier das Erfordernis einer Unterschrift noch erfüllt. Der Schriftzug auf der Berufungs- und der Berufungsbegründungsschrift lässt die Absicht erkennen, eine volle Unterschrift zu leisten und die Schriftstücke nicht lediglich mit einer Paraphe oder Abkürzung abzuzeichnen. Er ist zwar einfach strukturiert und einem starken Abschleifungsprozess unterlegen, aber dennoch so individuell ausgeführt, dass ihm insgesamt der Charakter einer Unterschrift nicht abgesprochen werden kann.

b. Soweit die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.12.2017 im Rahmen der Berufungsbegründung ihre erstinstanzliche Feststellungsklage auf eine Leistungsklage umgestellt hat, ist diese Klageänderung nach §§ 533 Nr. 1, 264 Nr. 2 ZPO auch im Berufungsverfahren zulässig (BGH, Urt. v. 12.05.1992 - VI ZR 118/91, NJW 1992, 2296).

2. In der Sache hat die Berufung Erfolg. Das Landgericht hat einen Anspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1) rechtsfehlerhaft verneint und die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten zu 1) einen Anspruch auf Zahlung von 70.254,26 EUR aus dem Leasingvertrag i. V. m. dem Rechtsgedanken der §§ 285 Abs. 1, 275 BGB.

Zutreffend geht das Landgericht allerdings davon aus, dass die Frage, wem die Versicherungsleistung im Innenverhältnis der Vertragsparteien des Leasingvertrages zusteht, sich nach den Regelungen des Leasingvertrages bestimmt. Das gilt unabhängig davon, dass das Landgericht im Verfahren 9 O 404/16 die Beklagte zu 2) zwischenzeitlich rechtskräftig zur Zahlung des Übererlöses in Höhe von 70.254,26 EUR an die Beklagte zu 1) verurteilt hat. Denn die vom Versicherer erbrachten Entschädigungsleistungen lassen keine Aussage darüber zu, wem die Leistungen im Verhältnis der Leasingvertragsparteien untereinander zustehen sollen und welche Zweckbestimmung ihnen im Innenverhältnis beizulegen ist (vgl. BGH, Urt. v. 21.09.2011 - VIII ZR 184/10, Rn 15, NJW 2011, 3709). Entgegen des seitens des Landgerichts gefundenen Ergebnisses ergibt sich aus den Regelungen des Leasingvertrages vorliegend, dass ein Übererlös nicht dem Leasingnehmer, sondern dem Leasinggeber zusteht.

a. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes steht bei einer vorzeitigen Beendigung eines Leasingvertrages ohne Mehrerlösbeteiligung des Versicherungsnehmers eine wegen der Beschädigung, des Untergangs, des Verlusts oder des Diebstahls des Leasingobjektes gezahlte Versicherungsentschädigung auch insoweit dem Leasinggeber zu, als sie seinen zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags noch nicht amortisierten Gesamtaufwand einschließlich des kalkulierten Gewinns übersteigt (BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, Rn 16 ff., NJW 2008, 989; BGH, Urt. v. 21.09.2011 - VIII ZR 184/10, Rn 13 ff., NJW 2011, 3709; vgl. so auch Emmerich, in: MünchKomm BGB, 7. Aufl., § 285 Rn 12; Schmalenbach, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 3. Aufl., V. Das Finanzierungsgeschäft, Rn V 98; Weber, Anm. zu BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989, 992). Das gilt jedenfalls in den Fällen, in denen die Versicherungsleistung nicht über den Wiederbeschaffungswert hinausgeht (BGH, Urt. v. 27.09.2006 - VIII ZR 217/05, NJW 2007, 290; BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989) oder über den Wiederbeschaffungswert hinausgeht, aber seitens eines Dritten, der Haftpflichtversicherung des Schädigers, gezahlt worden ist (BGH, Urt. v. 21.09.2011 - VIII ZR 184/10, NJW 2011, 3709). Die Frage, ob dem Leasinggeber die Versicherungsleistung auch in dem Fall zusteht, in dem sie - wie vorliegend - den Wiederbeschaffungswert übersteigt, weil der Versicherer den Schaden aufgrund einer entsprechenden Versicherung des Leasingnehmers auf Neupreisbasis reguliert, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 31.10.2007 (VIII ZR 278/05, Rn. 18, NJW 2008, 989) ausdrücklich offen gelassen.

b. Das Oberlandesgericht München hat mit Urteil vom 29.11.2018 (32 U 1497/18, Rn 28 f., BeckRS 2018, 31007) entschieden, dass dem Leasinggeber im Verhältnis zum Leasingnehmer, dem im Leasingvertrag der Abschluss einer Fahrzeugvollversicherung zur Pflicht gemacht wird, der Anspruch auf die Versicherungsleistung aus dieser Versicherung auch in dem Fall zusteht, in dem die Versicherungsleistung den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs deshalb übersteigt, weil der Leasingnehmer überobligationsmäßig den Neuwert des Fahrzeugs versichert und der Versicherer den Schaden auf Neupreisbasis reguliert hat. Die Leasinggeberin sei Eigentümerin des untergegangenen Objekts, so dass ihr deshalb nach § 285 BGB der Anspruch auf die Surrogationsleistung zustehe (so auch Moseschus, EWiR 2005, 203; Weber, Anm. zu BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989, 992).

c. Demgegenüber wird zum Teil in der Literatur vertreten, dass in diesem Fall dem Leasingnehmer und Versicherungsnehmer die Neupreisentschädigung zuzubilligen sei, soweit sie über dem Wiederbeschaffungswert liege, da dieser hierfür auch die Versicherungsprämien geleistet habe. Soweit die Versicherungsleistung den Wiederbeschaffungswert übersteige, sei sie nicht Surrogat für das zerstörte oder entwendete Fahrzeug, sondern allein die Folge davon, dass der Versicherungsvertrag eine solche Leistung vorsehe. Da der Versicherungsnehmer die Versicherungsprämien hierfür entrichtet habe, sei es gerechtfertigt, ihm die Neupreisentschädigung zuzubilligen, soweit sie über dem Wiederbeschaffungswert liege (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn L 595; Müller-Sarnowski, DAR 2008, 147; ).

d. Nach Ansicht des Senats, der diese in der Literatur vertretenen Bedenken in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 29.11.2018 (aaO) nicht teilt, stehen der Klägerin als Leasinggeberin auch die über den Wiederbeschaffungswert hinausgehende Versicherungsleistung zu. Das ergibt sich aus der Wertung des § 285 Abs. 1 BGB sowie daraus, dass die Leasinggeberin rechtliche Eigentümerin des entwendeten PKW ist (so auch OLG München, Urt. v. 29.11.2018, aaO). Nach § 285 Abs. 1 BGB hat der Schuldner, der infolge eines Umstands, auf Grund dessen er die Leistung nach § 275 Abs. 1 bis 2 BGB nicht zu erbringen braucht, für den geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder Ersatzanspruch erlangt, dem Gläubiger das als Ersatz Empfangene herauszugeben oder den Ersatzanspruch abzutreten (BGH, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989, Rn 17). Auch soweit die Versicherungsleistung den Wiederbeschaffungswert übersteigt, ist sie weiterhin Surrogat für das entwendete Fahrzeug und nicht allein die Folge davon, dass der Versicherungsvertrag eine solche Leistung vorsieht (OLG München, Urt. v. 29.11.2018 - 32 U 1497/18, BeckRS 2018, 31007). Das folgt daraus, dass der Leasinggeber jedenfalls bei einem Vertrag mit Kilometer-Abrechnung als juristischer und wirtschaftlicher Volleigentümer des Leasingobjektes stets alleiniger Berechtigter hinsichtlich der Chancen und Risiken ist, die aus einer Wertsteigerung des Objektes resultieren (OLG München, Urt. v. 29.11.2018, aaO; Graf von Westphalen, Der Leasingvertrag, 7. Aufl., O. PKW-Leasing, Rn 157). Es ist insoweit grundsätzlich Sache des Leasinggebers, was er am Ende der Laufzeit eines Leasingvertrages mit dem in seinem Eigentum stehenden Leasingobjekt macht. Wenn dieses bei einer Verwertung nicht den kalkulierten Erlös bringt, bleibt der Leasinggeber auf seiner Unterdeckung sitzen. Dann aber muss er bei einer Übersurrogation, aus welchen Gründen auch immer, aber auch alleiniger Berechtigter des Mehrerlöses sein (OLG München, aaO, Rn 29; Moseschus, EWiR 2005, 203).

Dieser Beurteilung steht auch nicht entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für einen Schadensersatzanspruch des Leasinggebers sein Erfüllungsinteresse bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung die Obergrenze bildet, weil es ein wesentlicher Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des Schadensersatzes ist, dass bei einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines Vertrages der Berechtigte zwar so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte, aber auch nicht besser (vgl. BGH, Urt. v. 26.06.2002 - VIII ZR 226/00, NJW 2002, 2713). Denn im vorliegenden Fall macht die Klägerin keinen Schadensersatzanspruch geltend, sondern begehrt die Herausgabe einer Versicherungsleistung als Ersatz für das entwendete Fahrzeug.

e. Eine abweichende Zuordnung des Übererlöses kann allerdings dann gelten, wenn der Leasingvertrag dem Leasingnehmer die Chancen einer Wertsteigerung zugewiesen hat, indem der Leasinggeber in seinen Allgemeinen Versicherungsbedingungen zum Ausdruck bringt, dass sein Interesse allein auf die volle Amortisation des Finanzierungsaufwands einschließlich des kalkulierten Gewinns gerichtet ist. Das wäre etwa dann der Fall, wenn dem Leasingnehmer - leasinguntypisch - das Recht eingeräumt ist, das Leasingobjekt nach ordnungsgemäßer Beendigung des Leasingvertrags zum vertraglich vereinbarten Restwert zu erwerben mit der Folge, dass ihm auf diese Weise die Chance zur Wahrnehmung einer Wertsteigerung zukommt (BGH, Urt. v. 21.09.2011 - VIII ZR 184/10, NJW 2011, 3709, Urt. v. 31.10.2007 - VIII ZR 278/05, NJW 2008, 989 Rn 20; OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.01.2003 - 24 U 13/02). Eine solche Vertragsgestaltung liegt hier aber nicht vor. Vorliegend steht das Verwertungsrecht an dem Leasinggegenstand dem Leasinggeber zu. Nach Ziff. XVI.1 der Allgemeinen Leasingbedingungen hat die Beklagte den PKW nach Beendigung des Leasingvertrages an die Klägerin als Leasinggeberin zurückzugeben. Einen Erwerb des Leasingfahrzeugs vom Leasinggeber durch den Leasingnehmer haben die Parteien nach Ziff. XVII.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen ausdrücklich ausgeschlossen.

f. Auch die Tatsache, dass die Beklagte zu 1), die nach dem Leasingvertrag gemäß Ziff. X.1 der Allgemeinen Leasingbedingungen lediglich zum Abschluss einer Vollkaskoversicherung verpflichtet war, tatsächlich eine Versicherung mit einem festen versicherten Wert in Höhe von 131.126,00 EUR entsprechend dem Fahrzeuggrundpreis des geleasten PKWs und damit eine überobligatorische Versicherung abgeschlossen hat, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Dass die Beklagte nämlich aufgrund der abgeschlossenen Vollkaskoversicherung mit einem versicherten Wert entsprechend dem Fahrzeuggrundpreis im konkreten Fall höhere Prämien als für eine Vollkaskoversicherung im Sinne der Ziff. X.1 der Allgemeinen Leasingbedingungen zu zahlen gehabt hätte, hat sie nicht hinreichend dargelegt. Die pauschale Behauptung es seien grundsätzlich für eine Neuwertversicherung höhere Prämien als für eine Vollkaskoversicherung mit Wiederbeschaffungswert zu entrichten, lässt keinen Rückschluss über die tatsächliche Ausgestaltung des Prämiensystems der Beklagten zu 2) zu. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Beklagte überobligatorische Versicherungsprämien entrichtet hätte, würde dies nicht dazu führen, dass der Beklagten die Neuwertentschädigung zusteht, soweit sie über den Ablösewert hinausgeht (OLG München, Urt. v. 29.11.2018 - 32 U 1497/18, BeckRS 2018, 31007). Wenn man nämlich berücksichtigt, dass auch das durch Rechtsgeschäft, insbesondere durch Verkauf, vom Schuldner erzielte Entgelt unter das sogenannte rechtsgeschäftliche Surrogat fällt (BGH, Urt. v. 15.10.2004 - V ZR 100/04, NJW-RR 2005, 241) und in voller Höhe herauszugeben ist, selbst wenn der Verkehrswert des Gegenstandes geringer ist (BGH, Urt. v. 17.04.1958 - II ZR 335/56, NJW 1958, 1040), darf für den vorliegenden Fall der gezahlten Versicherungsleistungen nichts anderes gelten, zumal auch nicht erkennbar ist, aus welchem Grund die Klägerin eine Neuwertversicherung abgeschlossen hat. Dass die Klägerin in einer Art Spekulation an einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages verdienen wollte, unterstellt der Senat nicht.

g. Schließlich steht auch die Entscheidung des 4. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 08.10.2014 (IV ZR 16/13, NJW 2015, 339) der vorliegend gefundenen Zuweisung des Mehrerlöses im Innenverhältnis der Leasingvertragsparteien an den Leasinggeber nicht entgegen. Das gilt selbst dann, wenn man berücksichtigt, dass der 4. Zivilsenat im Rahmen seiner Entscheidung vom 08.10.2014 (aaO) ausgeführt hat, dass der Versicherungsnehmer davon ausgehen dürfe, dass der freiwillig erweiterte Versicherungsschutz und die dafür von ihm zusätzlich eingesetzten Prämienanteile allein seinem Interesse gedient hätten. Diese Wertung ist hingegen nicht auf den vorliegenden Fall übertragbar. Anders als im hier zu beurteilenden Fall ging es in dem von dem Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall um eine Klage des Leasinggebers gegen die Versicherung und um die Frage, ob dem Leasinggeber Ansprüche gegenüber dem Versicherer aus einer GAP-Versicherung des Leasingnehmers zustehen, mithin um die Frage, ob eine Leistungspflicht des Versicherers besteht. Vorliegend steht die Leistungspflicht der Versicherung jedoch außer Streit. Die Frage, ob die Versicherungsleistung ein Surrogat im Sinne des § 285 BGB darstellt, stand in dem vorzitierten vom 4. Zivilsenat des BGH zu beurteilenden Fall nicht zur Entscheidung.

h. Letztlich normieren Ziff. XV.1 und XV.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen auch keine Obergrenze für die auszukehrenden Entschädigungszahlungen. Ziff. XV.1 und XV.3 der Allgemeinen Leasingbedingungen regeln lediglich die Bemessung des Kündigungsschadens. Die Bemessung des noch nicht amortisierten Gesamtaufwandes wird zwar auch durch Schadensersatzleistungen Dritter beeinflusst, die dem Leasinggeber wegen Beschädigung, Zerstörung oder Verlust des Fahrzeugs zufließen. Denn er ist gehalten, diese Leistungen bei der Bemessung seines Vollamortisationsinteresses zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 08.10.2003 - VIII ZR 55/03, NJW 2004, 1041). Eine Aussage darüber, ob von dem durch eine solche Anrechnungspflicht geprägten Kündigungsschaden die Ansprüche der Leasinggeberin abschließend im Sinne einer Obergrenze geregelt sein sollen und die vorzunehmende Abrechnung insbesondere auch noch nicht erfüllte Ansprüche des Leasinggebers gegen den Leasingnehmer auf Auskehrung von Entschädigungszahlungen über die in Ziff. XV.3 der Leasingbedingungen vorgesehene Anrechnung hinaus erledigen soll, ist dagegen dem Wortlaut der Abrechnungsbestimmungen nicht zu entnehmen (BGH, Urt. v. 21.09.2011 - VIII ZR 184/10, NJW 2011, 3709, Rn 19).

Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) regelt auch Ziff. XVIII.5 der Allgemeinen Leasingbedingungen nicht, wem im Innenverhältnis der Leasingvertragsparteien ein Mehrerlös aus einer Versicherungsleistung zustehen soll, denn Ziff. XVIII.5 regelt lediglich, dass die Leasinggeberin mit befreiender Wirkung gegenüber der Leasingnehmerin zu Unrecht erhaltene Beträge Dritter an den zahlenden Dritten zurückzahlen darf.

i. Etwas anderes ergibt sich schließlich auch nicht aus der Vereinbarung "Leasing-Extra bei Totalschaden oder Diebstahl". Dass die Voraussetzungen für einen Verzicht auf die Differenz zwischen Ablösewert und Wiederbeschaffungswert vorliegen, trägt auch die Beklagte zu 1) nicht vor. Im Übrigen verweist die Vereinbarung mit der Formulierung "Andernfalls verbleibt es bei der Fälligkeit des Ablösewertes gemäß Abs. X Ziff. 6 i. V. m. Abs. XV der AGB" lediglich auf die Abrechnungsvorschriften. Diese normieren aus den oben dargelegten Gründen jedoch gerade keine Obergrenze für die durch die Leasingnehmerin an die Leasinggeberin auszukehrenden Entschädigungszahlungen des Versicherers und enthalten keine Regelung darüber, wem im Innenverhältnis der Mehrerlös aus einer Versicherungsleistung zustehen soll.

j. Soweit die Beklagte zu 1) erstmals mit Schriftsatz vom 10.01.2019 vorbringt, der Leasingvertrag sei einvernehmlich aufgehoben worden, ist sie mit diesem Vorbringen nach § 531 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen. Die Beklagte zu 2) hatte mit Schriftsatz vom 15.02.2017 erstinstanzlich vorgetragen, dass der Leasingvertrag gekündigt worden ist, was unbestritten geblieben ist. Eine einvernehmliche Aufhebung ergibt sich schließlich auch nicht aus der Abrechnung der Klägerin vom 22.03.2016. Im Übrigen würde auch eine einvernehmliche Aufhebung des Leasingvertrages nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung der Frage, wem der Mehrerlös zusteht, führen.

k. Ob die Klägerin noch im Besitz des streitgegenständlichen Fahrzeugs ist, oder dieses zwischenzeitlich an die Versicherung, die erstinstanzliche Beklagte zu 2), herausgegeben hat, ist für die vorliegende Entscheidung nicht von Bedeutung.

Der Klägerin steht als Leasingnehmerin aus den vorzitierten Gründen ein Anspruch gegenüber der Beklagten zu 1) auf Herausgabe der Versicherungsleistung in Höhe der Klageforderung zu.

III.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben die Parteien jeweils zu ½ entsprechend ihres Obsiegens und Unterliegens zu tragen nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Die Klägerin obsiegt gegenüber der Beklagten zu 1), unterliegt jedoch gegenüber der Beklagten zu 2).

Die außergerichtlichen Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens der Klägerin hat die Beklagte zu 1) zu 50 Prozent zu tragen, ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz hat sie selbst zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) hat die Klägerin zu tragen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu 1) zu tragen (§ 91 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 70.254,26 EUR festgesetzt. Auch wenn die Klägerin nach dem Wortlaut ihres Antrags die Feststellung begehrt, dass sie gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erhalt der vollständigen Leistung aus der bei der Beklagten zu 2) abgeschlossenen Vollkaskoversicherung hat, ist zwischen den Parteien auch erstinstanzlich lediglich die Frage in Streit, wem der Übererlös in Höhe von 70.254,26 EUR zusteht. Danach bestimmt sich vorliegend der Wert des Gegenstandes des festzustellenden Rechtsverhältnisses.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 70.254,26 EUR.

Die Revision wird zugelassen nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 31.10.2007 (VIII ZR 278/05) zwar entschieden, dass ein Übererlös aus der Versicherungsleistung grundsätzlich dem Leasinggeber zusteht. Ob dies auch für den Fall gilt, dass die Versicherungsleistung über den Wiederbeschaffungswert hinausgeht, hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung jedoch ausdrücklich offen gelassen.