LG Köln, Urteil vom 03.08.2017 - 91 O 7/17
Fundstelle
openJur 2020, 3239
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • nachfolgend: Az. 18 U 122/17
Tenor

I. Der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 4. Januar 2017 zum Tagesordnungspunkt 2 (Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters R auf Gesellschafter T gemäß § 10 Ziff. 3.) i. V.m. Ziif 1.) lit. a) des Gesellschaftsvertrages statt der Einziehung aus wichtigem Grund), mit dem die Gesellschaft beschlossen hat:

"Der Geschäftsanteil des Gesellschafters R an der Y Vermögensverwaltungs GmbH in Nennbetrag von 12.500 Euro wird statt der Einziehung aus wichtigem Grund gegen Übernahme der Abfindungslast aus § 13 des Gesellschaftsvertrages auf den Gesellschafter T übertragen. Der Gesellschafter T wird ermächtigt, die zur Abtretung des Geschäftsanteils erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu notarieller Urkunde zu erklären. Die Abtretung des Geschäftsanteils darf erst nach Rechtskraft des Beschlusses/Verzicht auf das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Anfechtungsrecht vollzogen werden."

wird für nichtig erklärt.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

III.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger ficht Beschlüsse betreffend die Übertragung seines Geschäftsanteils an den Gesellschafter T statt der Einziehung aus wichtigem Grund an.

Der Kläger und der Vertreter der Beklagten in diesem Verfahren, Herr T, sind zu gleichen Anteilen Gesellschafter der Beklagten. Gegenstand des Unternehmens ist die Verwaltung von eigenen Immobilien und sonstigem eigenen Vermögen. Das Vermögen der Beklagten besteht aus drei bebauten Grundstücken ("Villa", Halle und Loft). Daneben gibt es aus der früheren Geschäftstätigkeit der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgänger Ansprüche gegen Unternehmen. Für die Grundstücke hat die Beklagte einen Kapitaldienst von EUR 5.415 monatlich zu leisten. Einnahmen erzielt sie allein durch die Vermietung der Immobilien.

Zwischen den Gesellschaftern bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten, über die zahlreiche Verfahren unter anderem vor dem Landgericht Köln geführt werden, die überwiegend derzeit noch keinen Abschluss gefunden haben. So ist die Übertragung statt der Einziehung aus wichtigem Grund des Geschäftsanteils des Gesellschafters T an den Kläger unter dem Aktenzeichen 91 O 3/17 am Landgericht Köln rechtshängig. Auch die Geschäftsführung der Gesellschaft ist zwischen den Parteien streitig und war Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten vor dem Landgericht Köln.

In den zwischen dem Kläger und dem Gesellschafter T geführten Verfahren gab der Kläger eidesstattliche Versicherungen am 1. Dezember 2015, vom 8. Dezember 2015, vom 30. Mai 2016, vom 12. August 2016 und vom 26. August 2016 ab, deren Wahrheitsgehalt zwischen den Parteien streitig ist. Hierzu im Einzelnen:

Der Kläger erklärte in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 30. Mai 2016 im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Konstanz gegen die Volksbank e.G. Schwarzwald Baar Hegau, in dem die Ausführung von Aufträgen des Klägers von der Zustimmung des Gesellschafters T abhängig gemacht werden sollte, dass Herr T Waren im sechststelligen Wert "verschoben" habe.

In einem Verfahren vor dem LG Köln erklärte der Kläger in einer eidesstattlichen Versicherung vom 12. August 2016, dass der Steuerberater im Zusammenhang mit der Erstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 hätte gewechselt werden müssen, damit die Buchhaltung hierdurch wieder auf Kurs gebracht werde.

In einem Verfahren vor dem OLG Köln erklärte der Kläger in einer eidesstattlichen Versicherung vom 26. August 2016, er habe von den Putzdiensten der Ehefrau des Gesellschafters T nichts gewusst und habe insbesondere Frau T nie beim Putzen gesehen.

Für die Einzelheiten der eidesstaatlichen Versicherung wird auf die Versicherungen an Eides Statt (Blatt 78 f., 88 ff., 105, 106 ff., 109 f. des Anlagenheftes) verwiesen.

Am 16. Dezember 2016 lud der Gesellschafter T zu einer Gesellschafterversammlung als Folgeversammlung auf den 4. Januar 2017 ein. Die Einladung zur Folgeversammlung erfolgte, weil die ursprünglich für den 16. Dezember 2016 vorgesehene Gesellschafterversammlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht beschlussfähig war.

Die Gesellschafterversammlung am 4. Januar 2017 sah unter dem Tagesordnungspunkt 2 die Übertragung des Gesellschaftsanteils des Klägers auf den Gesellschafter T nach § 10 Ziff. 3.) i.V.m. Ziif 1.) lit. a) des Gesellschaftsvertrages statt der Einziehung aus wichtigem Grund vor. In der Niederschrift der Gesellschafterversammlung ist hierzu Folgendes festgehalten:

"- dass Herr R in der Gesellschafterversammlung vom 2. November 2015 festgestellt habe, nicht als Geschäftsführer abberufen worden zu sein, obwohl von Herrn T wichtige Gründe für die Abberufung benannt worden seien,- dass Herr R am 23. Mai 2016 zu einer Gesellschafterversammlung zum 3. Juni 2016 eingeladen habe, um den Ausschluss des Gesellschafters T zu beschließen und ein Protokoll nicht verschickt habe,- dass Herr R in der Gesellschafterversammlung vom 11. August 2016 über den Antrag von Herrn T, dass die Gesellschaft von Herr R Schadensersatz verlangen soll, mit abgestimmt haben, obwohl Herr R insoweit einem Abstimmungsverbot unterläge,dass Herr R wisse, dass Herr T aus der Gesellschaft austreten wollte und Herr R jeden Vorschlag einer Trennung ablehnen würde,- dass Herr R dringend notwendige Investitionen in die gesellschaftseigenen Immobilien verhindere,- dass Herr R keine belastbare Finanzplanung aufstellen würde,- dass es den Anschein habe, dass Herr R - ohne Gesellschafterbeschluss - Gesellschafterdarlehen begebe, um Prozesse gegen Herrn T zu führen,-dass Herr R den Zugang zu Unterlagen verweigern würde, dass Herr R, wenn er Zugang gewähre, dies nur für eine beschränkte Zeit machte und somit gegen seine Geschäftsführungspflichten verstoßen würde,- dass Herr R den Jahresabschluss nicht rechtzeitig aufgestellt hätte,- dass Herr R falsche eidesstattliche Versicherungen gegenüber dem Landgericht Köln abgegeben hätte und aufgrund dieser falschen Versicherungen das Landgericht Köln zu Lasten von Herrn T geurteilt hätte,- dass dies alles zu einem schweren Vertrauensbruch führe, wonach die Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar sei,- dass Herr R Herrn T gegenüber der Volksbank eG beschuldigt habe und damit den Kredit der Gesellschaft als auch den von Herrn T beschädigt habe,- dass die eidesstattliche Versicherung vom 12.08.2016 vor dem Landgericht Köln, vom 30.05.2016 vor dem Landgericht Konstanz und vom 26.08.2016 vor dem Oberlandesgericht Köln falsch seien."

Der Beschluss wurde sodann in der Gesellschafterversammlung vom 4. Januar 2017 unter Ausschluss des Stimmrechts des Klägers mit dem im Tenor zu I. genannten Inhalt gefasst.

Unter Tagesordnungspunkt 4 der Gesellschafterversammlung vom 4. Januar 2017 wurde ebenfalls beschlossen, dass der Geschäftsanteil des Herrn T statt der Einziehung aus wichtigem Grund gegen Übernahme der Abfindungslast nach § 13 des Gesellschaftsvertrages auf den Kläger übertragen werde. Der Kläger wurde ermächtigt, die zur Abtretung des Geschäftsanteils erforderlichen rechtsgeschäftlichen Erklärungen zu notarieller Urkunde zu erklären. Die Abtretung des Geschäftsanteils darf erst nach Rechtskraft des Beschlusses/Verzichtes auf das gesellschaftsvertraglich vorgesehene Anfechtungsrecht vollzogen werden.

Wegen des Verlaufs und der Einzelheiten wird auf das notarielle Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 4. Januar 2017 Bezug genommen (Blatt 3 ff. des Anlagenbeiheftes).

Mit seiner Klage vom 15. Februar 2017, am selben Tag bei Gericht eingegangen, hat der Kläger beantragt festzustellen, dass der Gesellschafterbeschluss im Hinblick auf die Übertragung seines Gesellschaftsanteils an Herrn T statt der Einziehung aus wichtigem Grund nichtig sei, hilfsweise diesen Beschluss für nichtig zu erklären. Die Klage ist der Beklagten am 5. Mai 2017 zugestellt worden. Die Einzahlung des zunächst angeforderten Gerichtskostenvorschusses ist am 23. Februar 2017 erfolgt. Am 9. März 2017 ist ein erhöhender Streitwertbeschlusses des Gerichts ergangen. Aufgrund dessen ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. März 2017 eine weitere Gerichtskostenrechnung übersandt worden. Am 11. April 2017 ist der restliche Gerichtskostenvorschuss aufgrund der an den erhöhten Streitwert angepassten Gerichtskostenrechnung eingegangen. Die Beklagte hatte bereits seit Eingang der Klage am 15. Februar 2017 Kenntnis von der Anfechtungsklage (vgl. Blatt 12 der Gerichtsakte).

Der Kläger ist der Ansicht, es lägen keine wichtigen Gründe vor, die eine Übertragung des Geschäftsanteils des Klägers an Herr T statt der Einziehung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Im Einzelnen:

Der Kläger meint, ein wichtiger Grund sei nicht darin zu sehen, dass der Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 2. November 2015 festgestellt habe, dass er nicht als Geschäftsführer abberufen sei, obwohl vom Gesellschafter T wichtige Gründe für die Abberufung benannt worden seien. Denn aus dem Protokoll ergebe sich bereits, dass der Gesellschafter T im Hinblick auf die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführer-Dienstvertrages nicht abgestimmt habe. Auch liege kein wichtiger Grund in der Nichtzusendung eines Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2016, denn eine Gesellschafterversammlung habe trotz Einladung am 3. Juni 2016 nicht stattgefunden. Daher habe auch ein Protokoll nicht versendet werden können.

In der Mitabstimmung des Klägers in der Gesellschafterversammlung vom 11. August 2016 über die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber dem Kläger sei ebenfalls kein wichtiger Grund zu sehen. Der Beschluss hätte unabhängig von einem Bestehen oder Nichtbestehen eines Abstimmverbotes keinen Bestand gehabt.

Das Austrittsverlangen des T aus der Gesellschaft und die Ablehnung des Klägers rechtfertige ebenfalls keine Übertragung der Geschäftsanteile des Klägers an den Gesellschafter T statt der Einziehung aus wichtigem Grund, denn dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, dass der Gesellschafter T aus der Gesellschaft habe austreten wollen. Vielmehr habe der Gesellschafter T dem Kläger ein Angebot zur Übernahme des Gesellschaftsanteils des Klägers unterbreitet.

Weiter verhindere der Kläger auch keine notwendigen Investitionen in die Immobilien der Gesellschaft. Der Kläger habe einen Finanzierungsplan aufgestellt und überreicht. Auch rechtfertige allein der Anschein der Ausgabe von Gesellschafterdarlehen ohne Gesellschafterbeschluss an den Kläger keine Übertragung der Gesellschaftsanteile statt der Einziehung aus wichtigem Grund. Des Weiteren verweigere der Kläger dem Gesellschafter T nicht den Zugang zu Gesellschaftsunterlagen.

Ein wichtiger Grund sei auch nicht in dem verspäteten Erstellen des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 zu sehen. Die verspätete Aufstellung sei auf den Wechsel in der Person des Steuerberaters zurückzuführen und darauf, dass der Gesellschafter T die Buchhaltung in einem chaotischen Zustand zurückgelassen habe. Deshalb sei eine Aufstellung des Jahresabschlusses zum 30. Juni 2016 nicht möglich gewesen.

Das Vorliegen eines schweren Vertrauensbruches sei nicht auf die Tätigkeit des Klägers zurückzuführen. Darüber hinaus liege kein wichtiger Grund für eine Übertragung in den angeblichen Beschuldigungen des Klägers gegenüber der Volksbank eG. Eine Schädigung der Kreditlinie sei nicht durch die angeblichen Beschuldigungen des Klägers eingetreten. Abschließend liege kein wichtiger Grund darin, dass der Kläger angeblich falsche Versicherungen an Eides statt vor dem Landgericht Köln und Koblenz abgegeben habe. Diese seien richtig.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 4. Januar 2017 zum Tagesordnungspunkt 2: Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters R auf Gesellschafter T gemäß § 10 Ziff. 3.) i.V.m. Ziff. 1.) lit. a) des Gesellschaftsvertrages statt der Einziehung aus wichtigem Grund, mit dem der Geschäftsanteil des Klägers auf den Gesellschafter T gegen Übernahme der Abfindungslast mit Ermächtigung zum Vollzug in notarieller Urkunde nach Rechtskraft/Verzicht auf das gesellschaftsvertragliche Anfechtungsrecht des Beschlusses übertragen wurde, nichtig ist, hilfsweise den Gesellschafterbeschluss für nichtig zu erklären;

höchst hilfsweise festzustellen, dass dieser Gesellschafterbeschluss nicht zustande gekommen ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die nach § 7 Abs. 5 Satz 1 des Gesellschaftsvertrages bestimmte sechswöchige Frist zur Geltendmachung der Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen nicht eingehalten sei. Die Anfechtungsfrist sei nicht durch Einreichung der Anfechtungsklage am 15. Februar 2017 bei dem Landgericht Köln gewahrt worden, denn die Zustellung sei aufgrund einer zunächst unzutreffenden Angabe des Streitwertes und nachfolgend einer verspäteten Einzahlung auf die korrigierte Gerichtskostenvorschussrechnung nicht rechtzeitig erfolgt.

Die Beklagte meint, der Kläger habe versucht, seine Stellung als Gesellschafter und Geschäftsführer auszunutzen, um den Gesellschafter T von der Geschäftsführung auszuschließen. Auch habe der Kläger sich als unfähig zur Führung der Geschäfte erwiesen, insbesondere habe er den Jahresabschluss fehlerhaft aufgestellt und veröffentlicht. Hierdurch habe er seine Gesellschafterstellung zum Nachteil der Gesellschaft missbraucht.

Die Einziehung sei auch deshalb gerechtfertigt, weil der Kläger die Gesellschaft aus Eigensucht geschädigt habe. So habe der Kläger durch eine E-Mail vom 31. August 2015 versucht, den Abschluss eines Mietvertrags zwischen der Beklagten und der Firma Methode Brigitte Kettner GmbH zu verhindern. Insbesondere habe er hierbei eine Vielzahl von falschen Angaben gemacht. Der Kläger habe hiermit gegen den Gesellschaftszweck, nämlich Mehrung des geschäftseigenen Vermögens, zur Verfolgung seiner eigenen Interessen, keine Bürgschaft für Bankkredite abgeben zu wollen, verstoßen.

Für den genauen Inhalt der E-Mail vom 31. August 2015 wird auf die Klageerwiderung vom 30. Mai 2017 (Blatt 27 f. der Gerichtsakte, Blatt 65 f. des Anlagenheftes) verwiesen.

Auch habe er das Mietverhältnis der Beklagten mit der Mieterin V GmbH eigenmächtig gekündigt und somit gegen den Zweck der Gesellschaft, Immobilien zu vermieten, verstoßen, um seine eigenen Interessen im Hinblick auf die Diskreditierung des Mitgesellschafters T durchzusetzen.

Die Beklagte meint ferner, die Übertragung der Geschäftsanteile statt Einziehung sei gerechtfertigt, weil der Kläger den Gesellschafter T mit einem Brief vom 25. Januar 2016 bei der Volksbank eG in Z "angeschwärzt" habe und in Folge dessen die Volksbank angekündigt habe, zu prüfen, sich zum frühestmöglichen Zeitpunkt vom Engagement auch mit der Beklagten zurückzuziehen.

Des Weiteren sei die Übertragung statt Einziehung gerechtfertigt, weil der Kläger aus Sicht der Beklagten falsche Versicherungen an Eides Statt abgegeben habe. Insbesondere habe der Kläger hierdurch versucht, in das gesellschaftsvertragliche Sonderrecht zur Geschäftsführung des T einzugreifen.

So entspreche die Aussage, dass Herr T Waren "verschoben" habe, nicht der Wahrheit. Herr T habe die Waren im Rahmen des üblichen Geschäftsverlaufs zu einkaufsnahen Kondition verkauft. Auch habe der Steuerberater für das Geschäftsjahr 2015 nicht gewechselt werden müssen. Vielmehr habe der Kläger verhindert, dass die offenstehenden Honorarforderungen an den Steuerberater gezahlt worden seien. Dieser habe daraufhin sein Amt niedergelegt. Des Weiteren sei ausgeschlossen, dass der Kläger die Ehefrau des Gesellschafters T nicht beim Putzen gesehen habe, denn alle anderen Mitarbeiter hätten Frau T beim Putzen gesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Die Klage ist begründet, denn der Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 4. Januar 2017 zum Tagesordnungspunkt 2 (Übertragung des Geschäftsanteils des Gesellschafters R auf Gesellschafter T gemäß § 10 Ziff. 3.) i.V.m. Ziif 1.) lit. a) des Gesellschaftsvertrages statt der Einziehung aus wichtigem Grund) ist in analoger Anwendung des § 243 Abs. 1 AktG anfechtbar und nach § 241 Nr. 5 AktG für nichtig zu erklären. Es liegt kein wichtiger Grund für eine Einziehung des Geschäftsanteils des Klägers vor und somit auch keine Grundlage für eine Übertragung statt Einziehung aus wichtigem Grund.

1. Die Anfechtungsfrist ist eingehalten; die Klage ist rechtzeitig zugestellt worden. Nach § 7 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrages ist die Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen innerhalb von sechs Wochen geltend zu machen. Die Geltendmachung der Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit von Gesellschafterbeschlüssen erfolgt mittels Erhebung der Klage, wobei gemäß § 167 ZPO die Wirkung bereits mit Eingang der Klage bei Gericht eintritt, wenn die Zustellung demnächst erfolgt.

Die Klage ist am 15. Februar 2017 bei Gericht eingegangen und ist am 5. Mai 2017 der Beklagten zugestellt worden. Das Erfordernis, dass die Zustellung "demnächst" erfolgt, ist eingehalten. Zur Wahrung des Merkmals demnächst kann der Kläger die Gerichtskostenaufforderung des Gerichts abwarten (BGH, Urteil vom 25. November 1985 - II ZR 236/84; BGH, Urteil vom 29. Juni 1993 - X ZR 6/93; Greger, in: Zöller ZPO, 31. Auflage 2016, § 167 ZPO Rn. 15; Häublein, in: Münchener Kommentar ZPO, 5. Auflage 2016, § 167 ZPO Rn. 11). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist für die Frage, ob die dem Kläger zuzurechnende Verzögerung der Zustellung der Klageschrift noch als geringfügig anzusehen ist, auf die Zeitspanne abzustellen, um die sich der ohnehin erforderliche Zeitraum für die Zustellung der Klage als Folge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat. Dem Zustellungsveranlasser zuzurechnende Verzögerungen von bis zu 14 Tagen sind regelmäßig geringfügig und deshalb hinzunehmen. Die Zustellung erfolgt noch "demnächst", wenn der Kläger innerhalb von 14 Tagen nach Zugang der Gerichtskostenanforderung den Gerichtskostenvorschuss zahlt. Wurde der Kostenvorschuss verfahrenswidrig nicht von der klagenden Partei, sondern über den Anwalt angefordert, ist die damit einhergehende - der Partei nicht zuzurechnende - Verzögerung im Allgemeinen mit drei Werktagen zu veranschlagen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2016 - V ZR 131/15; BGH, Urteil vom 3. September 2015 - III ZR 66/14; BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14; Hüßtege, in: Thomas/Putzo ZPO, 38. Auflage 2017, § 167 ZPO Rn. 12). Gleichwohl ist es aus Gründen der Rechtssicherheit unvereinbar, exakt auf eine zweiwöchige Verspätung abzustellen. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass es auch bei einer zügigen Veranlassung der Einzahlung zu geringfügen Verspätungen kommen kann (Häublein, in: Münchener Kommentar ZPO, 5. Auflage 2016, § 167 ZPO Rn. 13; vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 2015 - V ZR 154/14 Tz. 15).

Die Einzahlung auf den zunächst mit Gerichtskostenvorschussrechnung vom 17.Februar 2017 angeforderten Gerichtskostenvorschuss ist 23. Februar 2017 erfolgt. Erst am 9. März 2017 ist ein erhöhender Streitwertbeschluss der Kammer ergangen, auf den sodann eine erneute Gerichtskostenvorschussrechnung vom 14. März 2017 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers versandt worden ist. Am 11. April 2017 ist sodann die restliche Zahlung des Gerichtskostenvorschusses bei Gericht eingegangen. Unter Abzug einer regelmäßige Postlaufzeit von drei Werktagen und einer der Partei nicht zuzurechnende Verzögerung von drei Werktagen aufgrund der Zustellung an die Prozessbevollmächtigen der Beklagten, so steht eine Verzögerung von ca. 3 Wochen in Rede.

Diese ist der Partei jedoch nicht zuzurechnen. Der Kläger hat zunächst einen nicht gänzlich unvertretbaren Streitwert angeben, auf deren Grundlage und ohne weitere Prüfung der (erste) Kostenvorschuss angefordert worden ist. Erst nach der erweiterten Vorschussanforderung auf der Grundlage der (neuen) Streitwertfeststellung ist die in Rede stehende Verzögerung eingetreten. Diese ist ausnahmsweise noch hinnehmbar, denn die Beklagte hatte bereits am 15. Februar 2017 Kenntnis von der Erhebung der Anfechtungsklage erhalten. Damit wusste sie, dass sich der Kläger gegen den Übertragungsbeschluss zu wehren beabsichtigte. Ihrem Interesse an baldiger Rechtsklarheit ist damit ausreichend Rechnung getragen.

2. Der angefochtene Beschluss ist für nichtig zu erklären. Die Voraussetzungen für die Übertragung des Geschäftsanteils an den Gesellschafter T statt der Einziehung aus wichtigem Grund liegen nicht vor. In dem zur Begründung des Beschlusses protokollierten Verhalten des Klägers liegt kein Grund, der zu einer Übertragung seines Geschäftsanteils an den Gesellschafter T statt seiner Einziehung aus wichtigem Grund führt. Eine Einziehung darf nach § 34 Abs. 1 GmbHG nur erfolgen, wenn sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten regelt in § 10 Abs. 1 lit. a) des Gesellschaftsvertrages, dass Geschäftsanteile bei Vorliegen eines wichtigen Grundes eingezogen werden können. Nach § 10 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages kann statt der Einziehung des Geschäftsanteils auch die Übertragung des Geschäftsanteils an einen Gesellschafter oder Dritten gegen Übernahme der Abfindungslast beschlossen werden. Die Einziehung oder die Übertragung des Geschäftsanteils ist nach § 10 Abs. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages nur innerhalb von zwölf Monaten zulässig, in welchem die Voraussetzungen für die Einziehung eingetreten sind.

Ein wichtiger Grund liegt bei nachhaltigen groben Pflichtverletzungen vor, die so schwer wiegen, dass nach umfassender Interessensabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls eine weniger einschneidende Maßnahme als die Einziehung den übrigen Gesellschaftern nicht zumutbar ist (Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 21. Auflage 2017, § 34 GmbHG Rn. 10; Strohn, in: Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage 2015, § 34 GmbHG Rn. 47). Auch eine Vielzahl kleinerer Verfehlungen, die in ihrer Gesamtheit eine Zusammenarbeit unzumutbar machen, können einen wichtigen Grund für die Einziehung der Geschäftsanteile darstellen. Der wichtige Grund muss in der Person des Gesellschafters liegen (Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 21. Auflage 2017, § 34 GmbHG Rn. 10). Insbesondere setzt ein wichtiger Grund zur Einziehung eines Geschäftsanteils aufgrund eines tiefgreifenden Zerwürfnisses der Gesellschafter voraus, dass das Zerwürfnis von dem betroffenen Gesellschafter zumindest überwiegend verursacht wurde und in der Person des oder der die Ausschließung betreibenden Gesellschafter keine Umstände vorliegen, die deren Ausschließung oder die Auflösung der Gesellschaft rechtfertigen (BGH, Urteil vom 24. September 2013 - II ZR 216/11 Tz. 17; Strohn, in: Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage 2015, § 34 GmbHG Rn. 47). Bei der Zwangseinziehung handelt es sich um das äußerste Mittel, die ultima ratio. Die Einziehungsgründe müssen daher ein gewisses Gewicht haben (Strohn, in: Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage 2015, § 34 GmbHG Rn. 43). Sofern mildere Mittel zur Verfügung stehen, ist auf diese zurückzugreifen (Schindler, in: BeckOK GmbHG, 31. Edition, Stand: 1. Mai 2017, § 34 GmbHG Rn. 129 m.w.N.).

Ein wichtiger Grund liegt nicht vor. Hierzu im Einzelnen:

a. Das Verhalten des Klägers auf der Gesellschafterversammlung vom 2. November 2015 kann kein wichtiger Grund für den Einzug der Geschäftsanteile beziehungsweise die Übertragung sein, denn die Gesellschafterversammlung, die über die Einziehung der Geschäftsanteile beziehungsweise deren Übertragung Beschluss fasste, fand erst am 4. Januar 2017 statt. Laut § 10 Abs. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags ist die Einziehung nur zulässig innerhalb von zwölf Monaten, gerechnet von dem Monat an, in welchem die Voraussetzung für die Einziehung eingetreten ist. Sofern man in dem Verhalten einen wichtigen Grund sehen wollte, ist die Voraussetzung für die Einziehung bereits im November 2015 eingetreten. Aufgrund der Satzungsregelung können jedoch nur Gründe Berücksichtigung finden, die nach dem 4. Januar 2016 eintreten.

b. Das behauptete Unterlassen der Versendung eines Protokolls der Gesellschafterversammlung vom 3. Juni 2016 stellt keinen wichtigen Grund dar, der eine Einziehung der Geschäftsanteile rechtfertigt. Daher kann es offen bleiben, ob am 23. Mai 2016 eine Gesellschafterversammlung stattfand. Allein die unterlassene Protokollierung stellt keine so schwerwiegende und grobe Pflichtverletzung dar, dass eine andere Maßnahme als das Ausscheiden des Klägers unzumutbar für den Gesellschafter T wäre. Der Kläger könnte als milderes Mittel in einer nächsten Gesellschafterversammlung als Protokollführer entbunden werden.

c. Die verbotene Stimmabgabe des Klägers in der Gesellschafterversammlung vom 11. August 2016 stellt ebenfalls keinen Grund dar, der eine Übertragung statt Einziehung der Geschäftsanteile aus wichtigem Grund begründet. Der Kläger unterlag zwar einem Abstimmungsverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG. Jedoch ist in dem Verstoß hier gegen keine grobe Pflichtverletzung zu erkennen. Denn wie die Kammer bereits in dem Verfahren 91 O 51/1 ausgeführt hat, hätte ein - ohne Verstoß gegen das Abstimmverbot - gefasster Beschluss keinen Bestand gehabt. Dem Kläger hätte vielmehr ein Anfechtungsrecht zugestanden.

d. Auch eine vermeintliche Verhinderung des Austritts des Gesellschafters T stellt keinen wichtigen Grund dar, denn ein besonders schwerer Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ist nicht gegeben. Sofern der Kläger den Austritt des Gesellschafters T verhindert hätte, könnte ein Verstoß gegen die Treuepflicht vorliegen. Dieser müsste jedoch besonders schwerwiegend sein, um eine Einziehung aus wichtigem Grund zu rechtfertigen (Strohn, in: Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage 2015, § 34 GmbHG Rn. 48). Zunächst ist es unklar, ob Herr T das Begehren zum Austritt aus der Gesellschaft ernsthaft verlangt und verfolgt hat, denn der Kläger trägt seinerseits vor, dass Herr T ihm ein Angebot zum Erwerb seiner Geschäftsanteile unterbreitet habe. Auch ist nicht dargelegt, durch welche Maßnahmen der Kläger versucht haben sollte, den Austritt des Gesellschafters T aus der Beklagten zu verhindern.

e. Der dem Kläger vorgeworfene Versuch, mit der Email vom 31. August 2015 mögliche Mieter abzuschrecken, sowie die Verhinderung von dringenden Investitionen im Jahr 2015, können, sofern man hier ein pflichtwidriges Verhalten des Klägers annimmt, keinen wichtigen Grund für die Übertragung der Geschäftsanteile statt deren Einzug sein, denn das vermeintlich pflichtwidrige Verhalten und somit die Voraussetzungen für den Einzug der Geschäftsanteile lagen bereits im August 2015 vor. Diese Gründe sind daher nach § 10 Abs. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrags nicht zu berücksichtigen.

Sollte man hingegen auch eine spätere vermeintliche Verweigerung des Klägers zu Investitionen als wichtigen Grund heranziehen wollen, so stellt dies keinen wichtigen Grund zur Übertragung der Geschäftsanteile statt deren Einziehung dar. Denn ein Ausscheiden aus der Gesellschaft aufgrund fehlenden Investitionswillens ist bislang nur in sehr begrenzten Ausnahmefällen im Personengesellschaftsrecht als zulässig angesehen worden (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. Juni 2015 - II ZR 420/13; BGH, Urteil vom 25. Januar 2011 - II ZR 122/09 - "Sanieren oder Ausscheiden II"; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2009 - II ZR 240/08 - "Sanieren oder Ausscheiden"). Es kann dahinstehen, ob diese Grundsätze auch auf die GmbH zu übertragen sind. Jedenfalls liegen die Voraussetzungen nicht vor, denn die Beklagte hat bisher weder ihre Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung noch einen Beschluss zur Sanierung dargelegt. Des Weiteren kann die Nichtübernahme von persönlichen Bürgschaften für die Gesellschaft nicht als wichtiger Grund für eine Übertragung statt Einziehung herangezogen werden. Denn der Gesellschaftsvertrag der Beklagten sieht keine Regelung über eine Nachschusspflicht vor (vgl. hierzu OLG Brandenburg, Urteil vom 1. Juni 2004 - 6 U 160/03).

f. Das behauptete Unterlassen der Aufstellung eines Finanzierungsplans stellt keinen wichtigen Grund dar. Soweit Gründe das Verhalten als Gesellschafter-Geschäftsführer betreffen, ist nach dem ultima ratio-Prinzip zu prüfen, ob nicht eine Abberufung als Geschäftsführer ausreichend ist (Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 21. Auflage 2017, § 34 GmbHG Rn. 10; vgl. OLG Rostock, Urteil vom 15. August 2001 - 6 U 49/00; OLG Hamm, Urteil vom 9. Juni 2010 - 8 U 133/09). Das behauptete Unterlassen der Aufstellung eines Finanzierungsplans mag für die Ungeeignetheit als Geschäftsführer sprechen, nicht jedoch für die als Gesellschafter. Milderes Mittel wäre eine Abberufung als Geschäftsführer.

g. Ein wichtiger Grund liegt auch nicht in dem Vorwurf, der Kläger habe an sich Gesellschafterdarlehen ohne Beschluss der Gesellschafterversammlung ausgezahlt. Es fehlt bereits an der substantiierten Darlegung der Beklagten hierzu.

h. Die behauptete Verweigerung des Zugangs zu Unterlagen für den Gesellschafter T stellt ebenfalls keinen wichtigen Grund dar. Denn es ist bereits unklar, ob dem Gesellschafter T der Zugang tatsächlich verweigert worden ist. Sollte dies der Fall sein, so kann er nach § 51a GmbHG Auskunft verlangen und hat die Möglichkeit Auskunft und Einsicht nach § 51b GmbHG gerichtlich einzufordern.

i. Die verspätete Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 stellt keinen wichtigen Grund dar. Der Abschluss wurde zwar verspätet aufgestellt, jedoch ist unklar, ob dies in Umständen begründet ist, die auf das Verhalten des Klägers zurückzuführen sind. Selbst wenn man unterstellt, der Kläger sei für die verspätete Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 verantwortlich, rechtfertigt dies nicht die Einziehung seines Geschäftsanteiles. Soweit Gründe das Verhalten als Gesellschafter-Geschäftsführer betreffen, ist nach dem ultima ratio-Prinzip zu prüfen, ob nicht eine Abberufung als Geschäftsführer ausreichend ist (Fastrich, in: Baumbach/Hueck GmbHG, 21. Auflage 2017, § 34 GmbHG Rn. 10). Denn die schuldhaft verspätete Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 spricht allein für eine Ungeeignetheit als Geschäftsführer. Die mildere Maßnahme wäre demnach die Abberufung als Geschäftsführer und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers durch den Kläger und den Mitgesellschafter T oder die gerichtliche Bestellung eines Geschäftsführers. Dieser könnte in Zukunft die Geschäfte der Gesellschaft führen und wäre für die rechtzeitige Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr verantwortlich.

j. Die angeblich falschen Aussagen an Eides statt stellen ebenfalls keinen wichtigen Grund dar. Beachtlich sind nur die Aussagen vom 30. Mai 2016, vom 12. August 2016 und vom 26. August 2016. Die Aussagen vom 1. Dezember 2015 und vom 8. Dezember 2015 sind bereits nach § 10 Abs. 2 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages unbeachtlich.

Auch die vermeintlich falschen eidesstattlichen Versicherungen sind hauptsächlich auf das Verhältnis der Gesellschafter als Geschäftsführer bezogen. Ob die Versicherungen an Eides statt letztlich falsch sind, kann offen bleiben. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass die Aussagen nicht der Wahrheit entsprechen, ist hier noch kein so schwerer Verstoß gegen die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zu sehen, dass eine Übertragung des Geschäftsanteils statt der Einziehung aus wichtigem Grund gerechtfertigt wäre. Denn ein wichtiger Grund, der zur Einziehung führt, muss besonders schwerwiegend sein. Sofern die Aussagen falsch sind, mag zwar eine Verletzung der Treuepflicht vorliegen. Diese ist gleichwohl nicht so erheblich, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist.

Für die Versicherung an Eides statt vom 12. August 2016 muss dieselbe Würdigung wie bereits für die Aufstellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2015 getroffen werden. Es ist nicht abschließend geklärt, ob die Buchhaltung tatsächlich ungeordnet durch den Gesellschafter T hinterlassen wurde. Auch ist der genaue Grund für den Wechsel des Steuerberaters unklar. Dies kann jedoch offen bleiben, denn selbst wenn man annehmen wollte, dass die Versicherung an Eides statt nicht der Wahrheit entsprach, leitet sich hieraus noch kein wichtiger Grund für den Entzug des Geschäftsanteils ab. Denn ein wichtiger Grund, der zur Einziehung führt, muss besonders schwerwiegend sein. Sofern die Aussagen falsch sind, mag zwar eine Verletzung der Treuepflicht vorliegen. Diese ist gleichwohl nicht so erheblich, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zumutbar ist.

k. Auch die "Anschwärzung" des Gesellschafters T mit Schreiben vom 25. Januar 2016 (Blatt 69 des Anlagenheftes) stellt im Ergebnis keinen Grund dar, der die Übertragung statt Einziehung aus wichtigem Grund rechtfertigen kann. Die schikanöse Ausübung der Gesellschafterrechte kann zwar einen wichtigen Grund darstellen. So hat etwa das Landgericht Köln in einem Urteil vom 8. August 2013 entschieden, dass ein wichtiger Grund für einen Ausschluss vorliegen kann, wenn die Liquidität der Gesellschaft bei der Hausbank ohne vertiefte Kenntnisse in Zweifel gezogen wird (LG Köln, Urteil vom 8. August 2013 - 88 O 36/12 Tz. 58 ff.; vgl. Strohn, in: Münchener Kommentar GmbHG, 2. Auflage 2015, § 34 GmbHG Rn. 48), siehe auch Urteil der Kammer vom 20.04.2017 - 91 O 62/16, dort Seite 16 der Urteilsausfertigung. Der Kläger hat in seinem Schreiben vom 25. Januar 2016 die Integrität und Liquidität des Gesellschafters T erheblich bezweifelt sowie aus seiner Sicht auf erhebliche Verfehlungen des Herrn Ts hingewiesen. Gleichwohl reicht dies für eine Übertragung statt Einziehung nicht aus, weil auch dem Mitgesellschafter T erhebliche, strafrechtlich relevante Verfehlungen zu Last zu legen sind (vgl. zur Gesamtwürdigung unten Ziffer 2 l.).

l. Es liegt schließlich auch kein wichtiger Grund aufgrund einer umfassenden Prüfung aller Umstände des Einzelfalls und einer Gesamtabwägung der beteiligten Interessen sowie des Verhaltens der übrigen Gesellschafter vor. Zwar mag in der "Anschwärzung" des Gesellschafters T bei dessen Hausbank eine Pflichtverletzung des Klägers liegen, die grundsätzlich einen wichtigen Grund für die Einziehung rechtfertigt. Jedoch ist das Verhalten des Gesellschafters T bei einer umfassenden Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

Die Kammer hat in dem Verfahren 91 O 68/15, Seite 16 der Urteilsausfertigung, festgestellt, dass Herr T Rechnungen seiner Ehefrau für nicht stattgefundene Gesangsauftritte gegenüber der Gesellschaft abgerechnet hat, um für die Gesellschaft Lohnnebenkosten zu sparen. Hierdurch hat er als Geschäftsführer der Beklagten die ihm gemäß § 34 Abs. 1 AO und § 168 Abs. 1 SGB VI obliegenden, nach § 266a StGB strafbewehrten Pflichten, vorsätzlich und damit in besonders erheblichem Maße verletzt. Wegen der Einzelheiten wird auf die den Parteien bekannte Entscheidung verwiesen.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 19.07.2017 gibt keinen Anlass zu anderer Beurteilung. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist nicht veranlasst.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Streitwert:

Gesamt 500.000 €