VG Berlin, Beschluss vom 26.01.2017 - 27 L 43.17
Fundstelle
openJur 2020, 80437
  • Rkr:
Tenor

Soweit der Antragsteller seinen Antrag zurückgenommen hat, wird das Verfahren eingestellt.

Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung aufgegeben, dem Antragsteller Auskunft darüber zu erteilen,

1. wann, in welcher Intensität (Stunden pro Tag) und in welchen Zeiträumen zwischen dem 21. September 2016 und dem 22. Dezember 2016 die Observation der F...-Moschee mit seiner Observationskamera erfolgte,

2. in welcher Frequenz und jeweils zu welchem Zweck (aus strafprozessualen Gründen oder zur Gefahrenabwehr) er die Bilder seiner Observationskamera vor der F...-Moschee ausgewertet hat,

3. wann er die Bilder seiner Observationskamera vor der F...-Moschee, auf denen A... zu erkennen ist, ausgewertet hat,

4. an welchem Tag bzw. an welchen Tagen er auf den Bildern seiner Observationskamera A... vor der F...-Moschee erkannt hat.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 1/3, der Antragsgegner zu 2/3.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller, ein öffentlich-rechtlicher Rundfunkveranstalter, macht presserechtliche Auskunftsansprüche im Zusammenhang mit dem Anschlag vom 19. Dezember 2016 durch A... auf dem Breitscheidplatz in Berlin geltend.

Der Antragsteller bat die Pressestelle des Antragsgegners unter Verweis auf eine geplante Berichterstattung zu den Hintergründen des Anschlags auf dem Breitscheidplatz am 18. Januar 2017 um Auskünfte zur Observation der F...-Moschee in Berlin. Er wurde daraufhin an die Pressestelle des Generalbundesanwalts verwiesen, von der er auf Nachfrage keine Auskunft erhielt. Die Pressestelle des Antragsgegners teilte am darauffolgenden Tag mit, die Rechtsgrundlagen für die polizeilichen Maßnahmen richteten sich nach deren Zielrichtung. Hinsichtlich gefahrenabwehrrechtlicher Maßnahmen sei § 25 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin - ASOG -, hinsichtlich strafprozessualer Maßnahmen sei § 163f Abs. 1 und 3 Strafprozessordnung - StPO - i.V.m. § 100h StPO einschlägig. Der Antragssteller erhielt daneben die Auskunft, die Polizei äußere sich grundsätzlich nicht zu verdeckten Maßnahmen, da es sich um polizeitaktische Maßnahmen handele.

Daraufhin wiederholte der Antragsteller unter Berufung auf einen gesetzlichen Informationsauftrag seine Bitte um Auskünfte, die die Pressestelle des Antragsgegners unter Verweis auf entgegenstehende überwiegende öffentliche Interessen zurückwies.

Der Antragsteller begründet seinen am 23. Januar 2017 beim Verwaltungsgericht Berlin eingegangenen Eilrechtsschutzantrag im Wesentlichen wie folgt: Er plane, in der Sendung des Politikmagazins Kontraste am 26. Januar 2017 über mögliche Behördenversäumnisse bei der Überwachung von A..., der Besucher der F...-Moschee gewesen sei, zu berichten. Es bestehe ein erhebliches öffentliches Interesse an der Frage, ob hinsichtlich der Überwachung der - ...als Stützpunkt des so genannten Islamischen Staates bekannten - F...-Moschee Versäumnisse der Berliner Polizei vorlägen, die den Anschlag möglicherweise begünstigt hätten. Nach den bisherigen Recherchen sei die F...-Moschee durch den Antragsgegner zwar videoüberwacht, aber das Material nicht zeitnah ausgewertet worden. Der Antragsgegner sei als Betreiber der Observationsvideokamera auskunftsverpflichtet. Es gebe keine laufenden Ermittlungsverfahren, die einer Auskunftserteilung entgegenständen. Insbesondere seien Verfahren gegen Mittäter des verstorbenen A... oder gegen unbekannt, die bei der Bundesanwaltschaft geführt würden, durch die begehrte Auskunft nicht tangiert. Geheimhaltungsgründe seien nicht ersichtlich, insbesondere sei über die Observationskamera bereits in den Medien sowie öffentlich im Abgeordnetenhaus berichtet worden und die observierte...-Moschee habe ihren Betrieb in den bisherigen Räumlichkeiten eingestellt. Die begehrten zeitnahen Auskünfte seien zur Klärung der Verantwortlichkeiten und zur Bekämpfung der hohen abstrakten Terrorgefahr auch im Interesse der öffentlichen Sicherheit erforderlich.

Der Antragsteller beantragt nach Rücknahme seines Antrages im Übrigen,

dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 S. 2 VwGO aufzugeben, ihm Auskunft darüber zu erteilen,

1. wann, in welcher Intensität (Stunden pro Tag) und in welchen Zeiträumen nach dem 21. September 2016 die Observation der Moschee erfolgte,

2. in welcher Frequenz und jeweils zu welchem Zweck (für Verfahren nach der StPO, zur Gefahrenabwehr) die Bilder ausgewertet wurden,

3. wann in dem Zeitraum zwischen dem 21. September 2016 und dem 22. Dezember 2016 A... auf den Observationsbildern zu sehen war,

4. wann die Bilder, auf denen A... zu erkennen ist, von der Polizei ausgewertet wurden,

5. wann A... von der Polizei auf den Bildern erkannt wurde.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Seinen Zurückweisungsantrag begründet er im Wesentlichen mit folgenden Erwägungen: Die Pressehoheit liege beim Generalbundesanwalt. Die Auswertung der Observationsbilder dauere weiter an und er habe keine über die bereits öffentlich bekannten Daten hinausgehenden Kenntnisse davon, wann A... im Zeitraum zwischen dem 21. September 2016 und dem 22. Dezember 2016 auf den Observationsbildern vor der der F...-Moschee zu sehen gewesen sei; der Rechtstreit habe sich insoweit erledigt. Er, der Antragsgegner habe die Auskunftserteilung ermessensfehlerfrei abgelehnt. Der Auskunftserteilung ständen überwiegende öffentliche Interessen und bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin anhängige Ermittlungsverfahren ebenso entgegen wie laufende Ermittlungen des Bundeskriminalamtes im Zusammenhang mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz. Die Ermittlungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin im Bereich Terrorismus seien von erheblicher Bedeutung und die Erteilung der begehrten Auskünfte würde den weiteren Verlauf der Ermittlungen in hohem Maße gefährden, weil Details über verdeckte Maßnahmen offengelegt werden würden. Insbesondere könnten verdächtige Person aufgrund einer Veröffentlichung von Details zu Intensität und Zeiträumen der Observationen gewarnt werden und Maßnahmen zur Vereitelung der Ermittlungen ergreifen. Daneben könnten die begehrten Auskünfte nur unter Rückgriff auf operative Arbeitsweisen des Bundeskriminalamtes und der Bundesanwaltschaft beantwortet werden. Es bestünde die Gefahr der Ausforschung der Arbeitsweise, Methodik und operativen Tätigkeit dieser Behörden. Schließlich fehle dem Antragsteller mit Blick auf eine mögliche Vorwegnahme der Hauptsache und eine fehlende Dringlichkeit auch ein Anordnungsgrund.

II.

1. Soweit der Antragsteller seinen Eilrechtsschutzantrag zurückgenommen hat, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

2. Der Antrag auf Gewährung von Eilrechtsschutz nach § 123 VwGO hat überwiegend Erfolg. Soweit er nicht unzulässig ist (dazu unter a.), ist er begründet (dazu unter b.).

a. Hinsichtlich der begehrten Auskunft dazu, wann in dem Zeitraum zwischen dem 21. September 2016 und dem 22. Dezember 2016 A... auf den Observationsbildern der Kamera des Antragsgegners vor der F...-Moschee zu sehen war (Antrag zu 3.), fehlt dem Antragsteller das im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 2. November 1994 - 6 P 39.93 - zit. nach juris, Rn. 21) erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, denn das Auskunftsbegehren ist insoweit bereits erfüllt. Aus der öffentlichen Sitzung des Innenausschusses des Abgeordnetenhauses am 23. Januar 2017 ist bekannt, dass die noch andauernde Auswertung der Bilder der Observationskamera des Antragsgegners vor der F...-Moschee ergeben hat, dass höchstwahrscheinlich A...am 19., 13., 10. Dezember 2016 und am 28. November 2016 vor der Moschee gewesen sei. Der Antragsgegner hat diese Angaben in seinen Schriftsätzen vom 24. und 25. Januar 2017 bestätigt und erklärt, derzeit keine darüber hinausgehenden Erkenntnisse zu haben. Das Auskunftsbegehren ist damit erfüllt.

b. Der Antragsteller hat hinsichtlich seiner Auskunftsbegehren zu den Ziffern 1, 2, 4 und 5 das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs (aa.) und eines Anordnungsgrundes (bb.) mit der für die Vorwegnahme der Hauptsache erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

aa. Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs des Antragstellers ist § 4 Abs. 1 Berliner Pressegesetz - PresseG Bln -, wonach die Behörden verpflichtet sind, den Vertretern der Presse, die sich als solche ausweisen, die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Nach § 23 Abs. 1 PresseG Bln steht dieser Anspruch auch dem Rundfunk und damit dem Antragsteller, der Rundfunkveranstalter ist (vgl. § 4 RBB-Staatsvertrag), zu (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 7. Oktober 2016 - OVG 6 B 59.15 - zit. nach juris, Rn. 16; vgl. zur Einschlägigkeit von § 9a RStV: OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 41; für einen Vorrang von § 9a RStV: VG Mainz, Urteil vom 11. Mai 2016 - 3 K 636/15.MZ - zit. nach juris, Rn. 26). Der Antragsgegner gehört als Sonderbehörde des Landes Berlin zu den Auskunftsverpflichteten. Die vom Antragsgegner vorgetragene Absprache zwischen ihm, dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (im Folgenden: Generalbundesanwalt) und dem Bundeskriminalamt (im Folgenden: BKA), wonach für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Zusammenhang mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz der Generalbundesanwalt zuständig sein soll, berührt die gesetzliche (§ 4 Abs. 1 PresseG Bln, § 9a Abs. 1 S. 1 RStV) Stellung des Antragsgegners als Auskunftsverpflichteter nicht. Überdies ist der Generalbundesanwalt, der vom Antragsteller per E-Mail vom 18. Januar 2017 (erfolglos) um Auskunftserteilung gebeten worden war, durch den Antragsgegner über dieses Verfahren informiert und von ihm in die Abstimmung der Stellungnahmen des Antragsgegners zum Auskunftsbegehren einbezogen worden.

Die Geltendmachung eines Auskunftsverweigerungsrechtes gegenüber den vom Antragsteller begehrten Auskünften zu den Ziffern 1, 2, 4 und 5 hat keinen Erfolg. Der Antragsgegner hat das Bestehen eines Auskunftsverweigerungsrechtes nicht hinreichend substantiiert dargelegt.

(1) Soweit der Antragsteller eine Auskunft dazu begehrt, wann - bei ggf. nicht durchgehender Observation - in welcher Intensität (Stunden pro Tag) und in welchen Zeiträumen zwischen dem 21. September 2016 und dem 22. Dezember 2016 die Observation der F...-Moschee mit der Observationskamera des Antragsgegners erfolgte (Antrag zu 1.), steht dem Antragsgegner kein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG Bln zu. Nach dieser Vorschrift können Auskünfte verweigert werden, soweit hierdurch die sachgerechte Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte. Dieses Auskunftsverweigerungsrecht ist zur Wahrung der wertsetzenden Bedeutung der Presse- und Rundfunkfreiheit, die den presserechtlichen Auskunftsanspruch als einen speziellen Aspekt einschließt, nur bei einer konkreten und gewichtigen Gefährdung eines schwebenden Verfahrens anzuerkennen (OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 19; Burkhardt in Löffler, Presserecht, 6. Auflage 2015, § 4 LPG Rn. 106 m.w.N.).

Der Antragsgegner beruft sich insoweit auf vom Antragsteller vorgetragene anhängige Ermittlungsverfahren gegen Funktionäre der F...-Moschee bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin und laufende Ermittlungen des BKA im Zusammenhang mit dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz. Hinsichtlich der Ermittlungsverfahren bei der Generalstaatsanwaltschaft Berlin bestünde die Gefahr der Offenlegung von Details verdeckter Maßnahmen, die zu einer Warnung Verdächtiger und in der Folge zu einer Vereitelung der Ermittlungen führen könnten. Hinsichtlich der Ermittlungen des BKA könnten die begehrten Informationen eine Ausforschung der Arbeitsweise, Methodik und operativen Tätigkeit der Bundesanwaltschaft und des BKA ermöglichen.

Mit diesem Vortrag hat der Antragsgegner eine konkrete und gewichtige Gefährdung eines schwebenden Verfahrens nicht hinreichend substantiiert dargelegt (vgl. zum Darlegungserfordernis: OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O., Rn. 21).

Angesichts der bereits öffentlich bekannten Informationen dazu, dass die F...-Moschee ein Treffpunkt von Anhängern des so genannten Islamischen Staates ist, dass ein Verbot des Moscheevereins geprüft wird sowie des vom Antragsteller unwidersprochen vorgetragenen Umstandes, dass Funktionäre des Moscheevereines bereits verurteilt worden sind, und dass es eine Kamera zur Observation der Moschee gab bzw. gibt, ist nicht hinreichend nachvollziehbar, dass verdächtige Personen (erst) aufgrund einer Veröffentlichung der hier begehrten Information gewarnt werden würden und daher eine Vereitelung der laufenden Ermittlungen droht. Das Vorbringen des Antragsgegners, wonach die Existenz weiterer Ermittlungsverfahren nicht öffentlich bekannt sei, ist angesichts der medialen Berichterstattung nicht nachvollziehbar. So zitierte die Berliner Morgenpost am 24. Januar 2017 auf ihrer Internetseite den Sprecher der Berliner Polizei T... mit der Information, dass Ziel der Kameraüberwachung nicht Feststellungen zu A... gewesen seien, sondern dass es im Rahmen der Gefahrenabwehr und im Zuge strafrechtlicher Ermittlungsverfahren um andere Personen gegangen sei.

Weshalb die Angaben zum zeitlichen Umfang der Observation der F...-Moschee zwischen dem 21. September 2016 und 22. Dezember 2016 durch den Antragsgegner mit seiner Kamera Hinweise auf die Arbeitsweise der Bundesanwaltschaft und des BKA geben soll und dadurch laufende Ermittlungen gefährdet werden sollen, erschließt sich der Kammer nicht.

(2) Hinsichtlich des Informationsinteresses des Antragstellers daran, in welcher Frequenz (zum Beispiel stündlich oder monatlich) und jeweils zu welchem Zweck (aus strafprozessualen Gründen oder zur Gefahrenabwehr) die Bilder der Observationskamera des Antragsgegners vor der F...-Moschee von dem Antragsgegner ausgewertet wurden (Antrag zu 2.), beruft sich der Antragsgegner ebenfalls erfolglos auf den Auskunftsverweigerungsgrund nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG Bln. Auch insoweit hat er die konkrete Gefährdung eines schwebenden Verfahrens im Sinne der Vorschrift nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Es ist nicht ansatzweise dargetan, dass durch die Veröffentlichung der Auswertungsfrequenz und des Auswertungszwecks ein schwebendes Verfahren konkret gefährdet werden könnte.

(3) Für sein Auskunftsverlangen dazu, wann die Bilder, auf denen A... zu erkennen ist, vom Antragsgegner ausgewertet wurden (Antrag zu 4.), hat der Antragsteller weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Die öffentlich bekannte Information, wonach die Auswertung der Bilder der Observationskamera vor der F...-Moschee noch andauert, führt nicht zum Entfallen des Rechtsschutzbedürfnisses. Denn diese Information beantwortet nicht die vom Antragsteller ersichtlich begehrte Auskunft darüber, wann der Antragsgegner mit der Auswertung der Aufnahmen seiner Observationskamera vor der F...-Moschee begonnen und wann im Einzelnen er sie fortgeführt hat. Dem so verstandenen Auskunftsbegehren (vgl. §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) hält der Antragsgegner ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG Bln nicht mit Erfolg entgegen. Die konkrete und gewichtige Gefährdung eines schwebenden Verfahrens hat der Antragsgegner nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Weshalb aus der Angabe dazu, wann bis heute der Antragsgegner die Aufnahmen seiner Observationskamera vor der F...-Moschee auswertete, ein schwebendes Verfahren konkret gefährdet sein soll, erschließt sich nicht. Durch die Angabe zu Auswertungszeitpunkten bzw. -zeiträumen des Antragsgegners für seine Observationskamera, deren Existenz und Einsatz bereits öffentlich bekannt ist, werden weder verdeckte Maßnahmen offengelegt. Auch operative Arbeitsweisen des BKA oder der Bundesanwaltschaft werden nicht in einer schwebende Verfahren gewichtig gefährdenden Weise aufgedeckt.

(4) Schließlich steht auch dem Informationsinteresse des Antragstellers daran, an welchem Tag bzw. an welchen Tagen A... auf den Bildern der Observationskamera des Antragsgegners vor der F...-Moschee von eben diesem erkannt wurde (Antrag zu 5.), kein berechtigtes, schutzwürdiges, den presserechtlichen Auskunftsanspruch ausschließendes Interesse entgegen. Ein derartiges Interesse ergibt sich weder aus einem Schutzbedürfnis schwebender Ermittlungsverfahren noch aus der vom Antragsgegner geltend gemachten Gefahr, die aus der Offenlegung operativer Arbeitsweisen des BKA oder der Bundesanwaltschaft folgen soll. Die begehrte Information (Zeitpunkt des Erkennens des A...durch die Berliner Polizei auf den Aufnahmen ihrer Observationskamera vor der F...-Moschee) berührt keine laufenden Ermittlungsverfahren. Sie betrifft auch kein Tätigwerden des BKA oder der Bundesanwaltschaft.

(5) Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass auch eine Berufung des Antragsgegners auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG Bln nicht erfolgreich ist. Nach dieser Vorschrift können Auskünfte verweigert werden, soweit Maßnahmen ihrem Wesen nach dauernd oder zeitweise geheim gehalten werden müssen, weil ihre Bekanntgabe oder ihre vorzeitige Bekanntgabe die öffentlichen Interessen schädigen oder gefährden würde.

Der Antragsgegner hat für keine der vom Antragsteller begehrten Auskünfte substantiiert dargelegt, dass ihre Erteilung öffentliche Interessen schädigen oder gefährden würde. Die reine Behauptung der Gefährdung öffentlicher Interessen genügt nicht. Auch der pauschale Verweis auf die Bedeutung der behördlichen Ermittlungen im terroristischen Bereich genügt - insbesondere mit Blick auf die durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG gewährleistete funktionsgemäße Betätigung der Presse, deren Vermittlungs- und Kontrollfunktion in einer repräsentativen Demokratie unerlässlich ist (BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2.12 - zit. nach juris, Rn. 27) - nicht zur Verweigerung einer Auskunft gegenüber dem Antragsteller.

bb. Der Antragssteller hat den erforderlichen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Der Erlass der einstweiligen Anordnung ist nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Ein solcher Nachteil ist in Fällen presserechtlicher Auskunftsansprüche anzunehmen, wenn für die begehrte Auskunft ein gesteigertes öffentliches Interesse sowie ein starker Gegenwartsbezug besteht, der dazu führt, dass bei einem Abwarten der Klärung im Hauptsacheverfahren die begehrte Auskunft ihren Nachrichtenwert verliert und allenfalls noch von historischem Interesse ist (BVerwG, Beschluss vom 22. September 2015 - 6 VR 2.15 - zit. nach juris, Rn. 22 m.w.N.).

Es liegt auf der Hand, dass an der Aufklärung etwaiger Versäumnisse des Antragsgegners im Zusammenhang mit dem erst wenige Wochen zurückliegenden Anschlag auf dem Breitscheidplatz ein gesteigertes öffentliches Interesse sowie ein starker Gegenwartsbezug bestehen. Unabhängig davon belegen auch die Sitzungen des Innenausschusses und des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten des Abgeordnetenhauses in den vergangenen Tagen sowie die noch andauernde massive mediale Berichterstattung auch des Antragstellers im Zusammenhang mit dem Anschlag vom 19. Dezember 2016 (vgl. dazu jüngst OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 11. Oktober 2016 - OVG 6 S 23.16 - zit. nach juris, Rn. 6) das gesteigerte öffentliche Interesse sowie den starken Gegenwartsbezug. Mit hoher Wahrscheinlichkeit verlöre die begehrte Auskunft ihren Nachrichtenwert, wenn zunächst der rechtskräftige Abschluss eines noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahrens abzuwarten wäre.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 2, Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.