LG Hamburg, Urteil vom 24.07.2018 - 312 O 445/17
Fundstelle
openJur 2020, 3068
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.720,79 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.12.2017 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden zu 80 % der Beklagten und zu 20 % der Klägerin auferlegt.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Erstattung von Abmahn- und Testkaufkosten.

Die Klägerin ist Inhaberin der Unionswortmarke K., die am 31.5.2013 angemeldet und am 23.10.2013 u.a. für Leder und Lederimitation; Taschen, Portemonnaies, Koffer und Rucksäcke eingetragen wurde (Anlage K 1). Im Februar 2017 bot die Beklagte über ihren Onlineshop eine Tasche „K. Clutch“ gemäß Anlage K 3 an. Die Klägerin ließ einen Testkauf durchführen und mahnte die Beklagte unter dem 28.2.2017 ab (Anlage K 6). Die Beklagte gab eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, die von der Klägerin angenommen wurde. Die nach einem Gegenstandswert von 50.000 € gemäß Anlage K 9 in Höhe von 1.531,90 € geforderten Abmahnkosten sowie Testkaufkosten in Höhe von 188,89 € erstattete die Beklagte nicht.

Die Klägerin behauptet, unter dem Zeichen „K.“ Merchandisingartikel, darunter Taschen und Bekleidungsstücke, gemäß der Anlage K 2 herzustellen, anzubieten und zu vertreiben. Sie erziele jährlich Umsätze in Millionenhöhe.

Die Klägerin meint, dass ihr gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch nach Art. 9 II a, III e UMV zugestanden habe, so dass die Beklagte ihr nunmehr gemäß §§ 683, 677, 670 BGB die Kosten der Abmahnung nach einem Gegenstandswert von 100.000 €, insgesamt also 1.973,90 € inklusive Telekommunikationspauschale sowie die aufgewendeten Testkaufkosten gemäß Anlage K 5 in Höhe von 188,89 € erstatten müsse. Der außergerichtlich angesetzte Gegenstandswert von 50.000 € sei ohne Präjudiz reduziert gewesen.

Die von der Beklagten angebotene Tasche weise zwar Einschnitte in geometrischer Form auf, lasse beim Betrachten aber nicht an den Künstler K. und auch nicht an dessen Bild „Im Blau“ denken. Die Tasche der Beklagten sei einfarbig und weise kleinere Formen auf, die als Rechtecke, Quadrate oder Dreiecke erschienen, Kreise, die im Werk von K. ein sehr häufiges Motiv seien, kämen gar nicht vor. Die Voraussetzungen des § 23 MarkenG seien eng auszulegen, eine beschreibende Verwendung durch die Beklagte vorliegend nicht gegeben. Die Nennung eines eingetragenen Zeichens sei nach § 23 Nr. 3 MarkenG nur zulässig, wenn eine Nennung dieses Zeichens unbedingt notwendig sei. Den Namen des Malers K. zu verwenden, sei für die Beklagte nicht erforderlich gewesen. Vielmehr hätte sie einen Hinweis auf den Maler K. in konkreterer Form treffen können.

Die Klägerin kennzeichne ihre Produkte – wie aus der Anlage K 12 zu ersehen sei – mit „K.“. Sie ziehe ihren Erfolg gerade daraus, dass Dritte wüssten, dass bestimmte Produkte vom Unternehmen „K.“ hergestellt würden. Im Übrigen bestehe noch kein Benutzungszwang, die Klägerin produziere aber – wie sich aus ihrer Internetseite www.p..de ergebe – bereits Taschen unter der Marke K. (Anlage K 14).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.162,79 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die Klägerin die Marke „K.“ nicht markenmäßig benutzt habe. Die Marke sei auf den hergestellten Produkten nicht zu finden wie sich aus dem Anlagenkonvolut K 2 ergebe.

Die von der Beklagten angebotenen Taschen, die handwerklich hergestellt und keine maschinelle Massenware seien, seien nach den Motiven des Malers W. K. mit „K.“ beschrieben worden (Anlage B 1). Der von Klägerseite angesetzte Gegenstandswert von 100.000 € sei angesichts eines markenrechtlichen Regelstreitwertes von 50.000 € und angesichts des Umfangs der Nutzung durch die Beklagte, die inklusive des Testkaufs der Klägerin gerade einmal 4 Taschen zu einem Preis von 57,98 € bzw. 47,20 € netto verkauft habe, deutlich zu hoch.

Es bestehe keine Verwechslungsgefahr, von der Werbung angesprochen sei eine designaffine Modezielgruppe und nicht eine Zielgruppe, die nach Werbeartikeln suche.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.5.2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

I.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch aus §§ 683, 677, 670 BGB bzw. aus Art. 129 II UMV i.V.m. § 14 VI MarkenG zu.

1.

Die Abmahnung der Beklagten war berechtigt, weil der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zustand. Die Abmahnung war damit im Interesse und jedenfalls dem mutmaßlichen Willen der Beklagten entsprechend, da sie geeignet war, einen drohenden Rechtsstreit kostengünstig zu vermeiden.

a.

Der Klägerin stand bis zur Abgabe der Unterlassungsverpflichtungserklärung gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus Art. 9 II a UMV zu.

Die Beklagte hat die Rechte der Klägerin aus der Unionsmarke UM... „K.“ verletzt, indem sie über ihren Onlineshop unter http://d..de wie aus der Anlage K 3 ersichtlich Taschen unter Verwendung des Zeichens „K.“ vertrieb. Die Klägerin ist Inhaberin der Marke K., die sich gemäß Art. 18 I UMV zum Zeitpunkt der Abmahnung und auch gegenwärtig noch in der Benutzungsschonfrist befand und befindet.

b.

Die Benutzung des Zeichens „K.“ durch die Beklagte erfolgte markenmäßig. Eine markenmäßige Verwendung oder - was dem entspricht - eine Verwendung als Marke setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH GRUR 2010, 835, Tz. 23 - POWERBALL m.w.N.).

Die markenmäßige Verwendung ergibt sich vorliegend aus der Bezeichnung der angebotenen Tasche als „K. Clutch“ gemäß Anlage K 3 sowie aus den Details der Bestellung und der Rechnung im Anlagenkonvolut K 4, wo ebenfalls diese Bezeichnung verwendet wurde.

Die Bezeichnung der Tasche ist nicht – wie die Beklagte meint – durch Anlehnung an das Werk des Künstlers K. – in beschreibender Weise erfolgt. Eine Beschränkung gemäß Art. 14 I b UMV kann nicht festgestellt werden, da es sich bei „K.“ weder um ein Zeichen oder einer Angabe ohne Unterscheidungskraft noch über eine Angabe über Art, Beschaffenheit, Mängel, Bestimmung, Wert, geographische Herkunft oder Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung noch über andere Merkmale der Ware handelt. Auch eine beschreibende Verwendung i.S.d. § 23 Nr. 2 MarkenG kann nicht festgestellt werden.

Voraussetzung einer Freistellung nach § 23 Nr. 2 MarkenG ist das Vorliegen einer beschreibenden Angabe, d.h. einer Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen, wie insbesondere ihre Art, ihre Beschaffenheit, ihre Bestimmung, ihren Wert, ihre geographische Herkunft oder die Zeit ihrer Herstellung oder ihrer Erbringung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2017, § 23 Rz. 70). Beschreibende Angaben können auch solche sein, deren Bedeutung an sich dem Verkehr zwar nicht geläufig ist, welche ihm jedoch aufgrund anderer Elemente im konkreten Fall vor Augen geführt wird (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2017, § 23 Rz. 71).

Die Worte „K. Clutch“ sind nicht in dieser Weise beschreibend.

Die Tasche mag zwar mit Halbkreisen, Halbmonden, Quadraten, Rechtecken und Dreiecken grafische Elemente aufweisen, die auch der Maler K. in seinem Werk verwendet hat. Diese Bezugnahme ist aber nicht in der Weise eindeutig, dass den angesprochenen Verkehrskreisen insgesamt deutlich sein müsste, dass die Bezeichnung „K. Clutch“ als „Clutch nach Art des Künstlers K.“, „Clutch designed in Anlehnung an das Werk des Malers K.“ oder „Clutch inspiriert durch das Werk von K.“ o.ä. zu verstehen sein sollte.

Es kann weder davon ausgegangen werden, dass alle Mitglieder der angesprochenen – auch nicht der modeaffinen – Verkehrskreise den Künstler K. kennen noch davon, dass sie wegen der Verwendung der grafischen Elemente im Design der Tasche und der Bezeichnung der Tasche mit dem Namen des Künstlers K. alle darauf schließen müssten, dass die Verwendung der grafischen Elemente Bezug auf das Werk des Künstlers K. nehmen soll. Zudem heißt es im Angebot gemäß Anlage K 3 weiter „Schöne Clutch aus Leder in Blau von I. Design“, auf ein Design nach Werken von K. wird gerade nicht verwiesen. Dementsprechend ist jedenfalls für relevante Anteile des angesprochenen Verkehrs die Bezeichnung „K. Clutch“ allein als „Clutch aus dem Hause K.“ oder aber „K.“ als Modellbezeichnung der Clutch zu verstehen. An neben dem Herstellernamen verwendete Modellbezeichnungen ist der Verkehr bei der Präsentation von Produkten, z.B. von Kleidung gewöhnt (vgl. z.B. OLG Frankfurt, Urteil vom 27.11.2014, Az. 6 U 239/13, Rz. 26).

Umschreibungen, Anspielungen, Übertragungen und dergleichen werden auch von Art. 14 I b UMV nicht erfasst: Sie stellen keine unmittelbare Beschreibung von Merkmalen der betroffenen Ware oder Dienstleistung dar und werden daher auch nicht gegenüber verwechselbaren Unionsmarken immunisiert (vgl. Eisenführ/Schennen, Unionsmarkenverordnung, Kommentar, 5. Auflage 2017, Art. 12 Rz-39). Auch nach Art. 14 I b UMV ist die – nach Auffassung der Kammer keineswegs allgemein verständliche - Bezugnahme auf das Werk des Künstlers K. in der streitgegenständlichen Form nicht gegenüber der Markeninhaberin privilegiert.

c.

Ob die Klägerin ihre Unionsmarke bereits für Taschen markenmäßig benutzt hatte, kann dahinstehen, da sich die Marke gemäß Art. 18 I UMV noch in der Benutzungsschonfrist befindet.

d.

Die Abmahnung war der Höhe nach einem Gegenstandswert von 50.000 € berechtigt, der von der Klägerin mit der Klage angesetzte Gegenstandswert von 100.000 € ist überhöht. Zwar kommt es bei der Bemessung des Gegenstandswerts auf das wirtschaftliche Interesse des Unterlassungsgläubigers an der Durchsetzung seiner Ansprüche an. Dieses wirtschaftliche Interesse richtet sich aber zum einen nach dem wirtschaftlichen Wert des Kennzeichenrechts und zum anderen nach dem Ausmaß und der Gefährlichkeit der Verletzung, dem Angriffsfaktor. Dieser war vorliegend bei einem Angebot von insgesamt nur 4 Taschen durch die Beklagte recht gering. Dementsprechend ist die Klage teilweise abzuweisen.

2.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Erstattung der Testkaufkosten nach Art. 129 II UMV, § 14 VI MarkenG. Diese Testkaufkosten sind der Höhe nach mit einem Kaufpreis von 57,98 € für die Clutch und einer Pauschale von 100 € pauschal für den Testkauf und Dokumentation zuzüglich Mehrwertsteuer gemäß Anlage K 5 begründet.

3.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 I, 288 I, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 709 S. 1 und 2, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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