OLG Hamm, Urteil vom 25.11.2019 - 18 U 19/19
Fundstelle
openJur 2020, 2834
  • Rkr:
Verfahrensgang
  • vorher: Az. 6 O 480/16

Nimmt der Vermieter entgegen § 112 Nr. 1 InsO eine Kündigung vor, ist diese nichtig; eine vom Insolvenzverwalter auf diese Kündigung erklärte "Bestätigung" führt nicht ohne weiteres zur Beendigung des Mietverhältnisses ex nunc oder gar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung, sondern nur dann, wenn diese Bestätigung als Angebot an den Vermieter auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung anzusehen und wenn diese durch den Vermieter angenommen worden ist.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 29.1.2019 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund teilweise abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 27.016,17 €

nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 6.488,00 € für die Zeit vom 5.2.2013 bis zum 31.12.2014, vom 5.3.2013 bis zum 31.12.2014, vom 5.4.2013 bis zum 31.12.2014 und vom 5.5.2013 bis zum 31.12.2014 sowie aus weiteren 194,53 € für die Zeit vom 3.6.2013 bis zum 31.12.2014 sowie aus 24.212,53 € seit dem 1.1.2015 sowie

nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 700,91 € für die Zeit vom 5.2.2013 bis zum 31.12.2014, vom 5.3.2013 bis zum 31.12.2014, vom 5.4.2013 bis zum 31.12.2014 und vom 5.5.2013 bis zum 31.12.2014 sowie aus 2.803,64 € seit dem 1.1.2015

zu zahlen;

die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen; die weitergehende Klage bleibt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Der Kläger ist Eigentümer eines Hallen- und Gebäudekomplexes B in E. Er schloss mit dem Transportunternehmer X, handelnd unter Güterverkehr X e.K., zwischen dem 3.4.2007 und dem 10.3.2009 mehrere Mietverträge über Hallen, Büro- und Sozialräume sowie über Freiflächen. Die Mieten beliefen sich nach unwidersprochener Darstellung des Klägers zuletzt auf 7.188,91 € (brutto) monatlich. Am 6.12.2012 ging der Antrag des Mieters auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über dessen Vermögen beim Amtsgericht Dortmund ein. Mit Beschluss vom 12.12.2012 bestellte das Amtsgericht Dortmund im Insolvenzeröffnungsverfahren über das Vermögen des Mieters (Az. 251 IN 195/12) die Beklagte zur vorläufigen Insolvenzverwalterin gem. § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alt. InsO. Bis Ende 2012 waren Zahlungsrückstände des Mieters in mehrfacher Höhe der Monatsmieten aufgelaufen; der Geschäftsbetrieb wurde Ende 2012 eingestellt. Unter dem 7.1.2013 und dem 8.1.2013 kündigte der Kläger die Mietverhältnisse fristlos wegen Zahlungsverzugs "mit mehr als einer Mietrate". Die Beklagte - in ihrer damaligen Funktion als vorläufige Insolvenzverwalterin - beantragte am 23.1.2013 gegenüber dem Insolvenzgericht, gegen den Kläger u.a. ein Betretungsverbot der Mietflächen auszusprechen. Zum Erlass der beantragten Sicherungsmaßnahmen kam es in der Folge nicht.

Mit Beschluss vom 31.1.2013 eröffnete das Amtsgericht Dortmund das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mieters und bestellte die Beklagte zur Insolvenzverwalterin. Sie verwehrte dem Kläger mit Schreiben vom 8.2.2013 jeglichen Zugriff auf Vermögenswerte des Schuldners, die sich "auf dem Betriebsgrundstück bzw. in den Büroräumen" befänden, und forderte ihn auf, der von ihr mit der Verwertung der Insolvenzmasse (namentlich Kraftfahrzeuge des Schuldners) beauftragten Fa. H GmbH (im Folgenden H) ungehinderten Zutritt zu gewähren. Unter dem 13.2.2013 wurde auf Veranlassung der Beklagten die Stromversorgung eingestellt; die Rolltore zumindest eines Mietobjekts konnten damit nicht mehr betätigt werden. Im Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 27.2.2013 hieß es auszugsweise wie folgt:

"...

Unter Bezugnahme auf Ihre Schreiben vom 07.01.2013 und 08.01.2013 bestätige ich Ihnen die erfolgte fristlose Kündigung der Mietverträge des Insolvenzschuldners ... Wie mir durch Mitarbeiter des Insolvenzschuldners bestätigt wurde, befinden Sie sich auch bereits im Besitz von Schlüsseln zu den Mieträumen. Die Immobilie ist ungeräumt, wird aber nicht im Rahmen der Betriebsfortführung genutzt, ..."

Mietzahlungen an den Kläger erfolgten nicht. Angebote u.a. der Mutter des Insolvenzschuldners vom 5. und vom 19.3.2013, dem Kläger Schlüssel zu zurückzugeben, wies er zurück. Die Beklagte selbst übersandte seinem damaligen Bevollmächtigten Rechtsanwalt H2 mit Schreiben vom 8.3.2013 ebenfalls Schlüssel. Dieser forderte die Beklagte zur Rücknahme auf, weil er für den Kläger nicht empfangsbevollmächtigt sei. Der Kläger teilte der Beklagten mit, die Schlüssel nicht entgegenzunehmen, weil er die Verantwortung für die noch in den Hallen befindlichen Lkw nicht übernehmen wolle, und forderte sie zur Räumung der Hallen und des Freigeländes bis zum 25.3.2013 auf.

Ende Mai 2013 erhielt der Kläger die Mietobjekte zurück, die bereits am 3.4.2007 angemietete Halle jedoch erst im Dezember 2013.

Mit seiner am 29.12.2016 eingereichten Klage hat der Kläger die Mieten für Februar bis einschließlich Mai 2013 in einer Höhe von (4 x 7.188,91 € =) 28.755,64 € und für die Halle in Höhe von weiteren (7 x 2.618,00 € =) 18.326,00 € verlangt. Er hat die Auffassung vertreten, seine am 7.1.2013 erklärten Kündigungen seien unwirksam, weil sie auf Zahlungsrückstände vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestützt worden seien. Entscheidend sei, dass die Beklagte die Mietobjekte zunächst nicht an ihn zurückgegeben habe, obwohl er dies verlangt habe. Die Beklagte habe die gesamte (Geschäfts-)Einrichtung des Insolvenzschuldners in Beschlag genommen und insoweit auch Zugriff auf die Räumlichkeiten gehabt. Er habe im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens keinerlei Schlüssel "zum Mietobjekt" besessen. Die Rücknahme von Schlüsseln habe er zu Recht ablehnen dürfen, weil die Mietobjekte nicht geräumt gewesen seien und er nicht gehalten gewesen sei, Verantwortung für die darin befindlichen Gegenstände zu übernehmen. Rechtsanwalt H2 sei ohnehin nicht berechtigt gewesen, Schlüssel in Empfang zu nehmen.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 47.081,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 7.188,91 € seit dem 5.2.2013, dem 5.3.2013, dem 5.4.2013 und dem 5.5.2013 sowie aus jeweils 2.618,00 € seit dem 5.6.2013, dem 5.7.2013, dem 5.8.2013, dem 5.9.2013, dem 5.10.2013, dem 5.11.2013 und dem 5.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, infolge der Eigenkündigung des Klägers noch vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens handele es sich bei den Ansprüchen des Klägers um Insolvenzforderungen. Das gelte auch für etwaige Ansprüche auf Nutzungsentschädigung oder auf Räumung und Herausgabe. Sie selbst habe auch keinerlei Besitz an den Mietobjekten begründet. Vielmehr habe der Kläger bereits am 3.1.2013 die Schlösser, insbesondere auch das Schloss am "Haupttor", ausgewechselt und (bereits) dem Insolvenzschuldner den Zutritt zu den Mietobjekten verwehrt. Weder sie selbst noch ihr "Verwerter", die H, hätten Schlüsselgewalt erhalten. Rechtsanwalt H2 habe auch eine Vollmacht seitens des Klägers zur Entgegennahme von Schlüsseln besessen.

Die Beklagte hat gemeint, der Verbleib von massezugehörigem Betriebsvermögen allein begründe keine Nutzung des Mietobjekts durch den Insolvenzverwalter. Ohnehin seien die Fahrzeuge nicht massezugehörig gewesen, sondern hätten sämtlich Ab- bzw. Aussonderungsrechten Dritter unterlegen.

Der Kläger hat bestritten, Schlösser ausgetauscht zu haben; er habe lediglich an einer Eingangstür zu den Büroräumen im 1. Obergeschoss des Objekts B am 3./4.1.2013 für einige Stunden ein Steckschloss angebracht, dann aber wieder entfernt. Zwar habe er am 16.5.2013 von der H diverse Schlüssel zurückerhalten, von denen jedoch nur zwei "gepasst" hätten, und zwar für eine Tür zum Erdgeschossbüro links B und für das dortige Büro.

Das Landgericht hat die Klage nach Vernehmung mehrerer Zeugen abgewiesen und dazu ausgeführt, die Mietverhältnisse seien bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge der Kündigung des Klägers beendet gewesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch aus §§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Verb. mit 546 a Abs. 1 BGB habe der Kläger nicht nachzuweisen vermocht, denn es stehe nicht fest, dass die Beklagte versucht habe, den Kläger gezielt gegen dessen Willen vom Besitz auszuschließen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlich gestellten Anträge weiter.

Er meint, die Voraussetzungen für Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gem. §§ 546 a Abs. 1 BGB in Verb. mit 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO lägen vor. Der Beklagten seien seine Kündigungen vom 7. und 8.1.2013 bekannt gewesen; sie habe sie akzeptiert. Damit sei ihr auch bekannt gewesen, dass der Kläger die Mietobjekte wieder habe in Besitz nehmen wollen. Doch habe die Beklagte die (beiden) Hallen und auch die Freiflächen für die Unterstellung von 70 - 80 Fahrzeugen und weiterer Gegenstände benutzt, um diese durch die H inventarisieren und letztlich verwerten zu lassen. Mit ihren Anträgen im Insolvenzsicherungsverfahren u.a. auf ein Betretungsverbot und auf die Ermächtigung zum Austausch der Schlösser habe sie ihren Willen zur Inbesitznahme dokumentiert und ihm, dem Kläger, auch wegen der bis dato nicht zurückgenommenen Strafandrohungen eine Inbesitznahme verwehrt. Stets habe er vorgetragen, selbst keine Schlüssel zu den Mietobjekten besessen zu haben; anderes habe ihm die Beklagte auch nicht nachgewiesen. Das entspreche auch der Aussage des Zeugen O; auch aus der Aussage des Zeugen T habe sich nicht ergeben, dass er, der Kläger, Schlüssel zu den Büroräumlichkeiten im 1. Obergeschoss des Mietobjekts B gehabt habe. Nach der Beweisaufnahme stehe vielmehr fest, dass die Schlüssel für die Hallen einschl. der Nebeneingänge vom Schuldner an die H gelangt seien; Büroschlüssel hätten sich "bis zum Schluss" bei Frau X und Frau P befunden. Er, der Kläger, habe selbst nur einen Schlüssel für die Eingangstür des Gebäudetraktes "vor der Halle" besessen, in dem sich auch die Hausmeisterwohnung und das "streitgegenständliche" Büro befunden hätten. Die H sei, so meint der Kläger, Erfüllungsgehilfin der Beklagten gewesen. Sie habe sämtliche Hallenschlüssel besessen, um ihrer Verwertungsaufgabe durch Herausgabe von Fahrzeugen nachkommen zu können; diese Verwertung sei auch erst Ende 2013 abgeschlossen gewesen. Die vom Bundesgerichtshof umschriebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Entstehung von Masseverbindlichkeiten durch die Inanspruchnahme der Mietobjekte lägen hier vor.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dortmund vom 29.1.2019 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 47.081,64 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 7.188,91 € seit dem 5.2.2013, dem 5.3.2013, dem 5.4.2013 und dem 5.5.2013 sowie aus jeweils 2.618,00 € seit dem 5.6.2013, dem 5.7.2013, dem 5.8.2013, dem 5.9.2013, dem 5.10.2013, dem 5.11.2013 und dem 5.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil und meint, der Kläger habe weder ihren Besitz an den Mietobjekten noch seinen "gezielten Ausschluss von der Mietsache" bewiesen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei zutreffend; der Kläger befasse sich nicht mit ihr, sondern unterbreite einen anderen Sachverhalt. Es stehe daher fest, dass sie, die Beklagte, die in ihrem Besitz befindlichen Schlüssel an den Kläger zurückgegeben und dass Frau X vergeblich versucht habe, die noch bei ihr befindlichen Schlüssel zurückzureichen. Die in und an den Mietobjekten durchgeführte Verwertung begründe hingegen keinen den Kläger ausschließenden Besitz der Klägerin an den Mietobjekten. Dass die zurückgegebenen Schlüssel - nach Darstellung des Klägers - unbrauchbar gewesen seien, sei unerheblich, weil sie, die Klägerin, die Schlösser nicht ausgetauscht habe. Unzutreffend sei auch die Auffassung des Klägers, sie habe ihren Besitzwillen mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (LG Dortmund Az. 6 O 63/13) geltend gemacht. Die erfolgte Schlüsselrückgabe an den Kläger stehe auch dessen Darstellung entgegen, ein Betretungsverbot sei bis heute nicht aufgehoben worden.

Sie, die Beklagte, habe auch keinerlei nachteilige Veränderungen an der Mietsache nach Verfahrenseröffnung vorgenommen, die dem Kläger gegenüber zu einer Wiederherstellungspflicht führten, weshalb er die Rücknahme nicht habe verweigern dürfen.

Auf Hinweise des Senats vertritt die Beklagte die Auffassung, die Kündigungen des Klägers vom 7. bzw. 8.1.2013 seien wirksam gewesen; sie seien jedenfalls in ordentliche Kündigungen umzudeuten. Außerdem ergebe sich aus dem Schreiben vom 27.2.2013 und der darin enthaltenen "Bestätigung" eine einvernehmliche Aufhebung der Mietverhältnisse spätestens mit Zugang dieses Schreibens beim Kläger.

Der Kläger tritt u.a. den Ausführungen der Beklagten, wonach aufgrund ihres Schreibens eine einvernehmlichen Aufhebung des Mietverhältnisses zustande gekommen sei, entgegen, wozu er ausführt, dass es schon deshalb an einer Willensübereinstimmung fehle, weil die Beklagte die Mietobjekte zur Verwertung der Insolvenzmasse weiterhin habe in Anspruch nehmen wollen, während er mit seinen Kündigungen deutlich gemacht habe, die Mietobjekte zeitnah in geräumtem Zustand zurückzuverlangen.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen. Über die Erklärungen des Klägers in der Verhandlung vor dem Senat verhält sich der Berichterstatter-Vermerk vom 4.11.2019.

B.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg.

I.

Der Kläger hat Anspruch auf die vereinbarten Mieten gem. §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Fall, 108 InsO in Verb. mit 535 Abs. 2 BGB für die Zeit bis zum 2.6.2013 (einschließlich).

Mietverhältnisse des Schuldners über unbewegliche Gegenstände und Räume bestehen gem. § 108 Abs. 1 S. 1 InsO nach der Insolvenzeröffnung mit Wirkung für die Insolvenzmasse fort. Die nach Verfahrenseröffnung begründeten Mieten bilden Masseverbindlichkeiten gem. §§ 55 Abs. 1 Nr. 2, 2. Fall, 108 Abs. 1 S. 1 InsO (BGH, Urt. vom 29.1.2015, Az. IX ZR 279/13, iuris Rn. 28, 32).

Die Mietverhältnisse zwischen dem Kläger und dem Schuldner sind mit Insolvenzeröffnung auf die Beklagte als Insolvenzverwalterin übergegangen und erst mit Ablauf des 2.6.2013 beendet worden.

1.

Die vom Kläger unter dem 7. und 8.1.2013 ausgesprochenen Kündigungen waren unwirksam, weil ihnen die Kündigungssperre des § 112 Nr. 1 InsO entgegenstand.

Danach kann der Vermieter ein vom Insolvenzschuldner als Mieter eingegangenes Mietverhältnis in der Zeit "nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens" nicht "wegen eines Verzugs mit der Entrichtung der Miete, der in der Zeit vor dem Eröffnungsantrag eingetreten ist", kündigen.

Derartige Kündigungen lagen hier vor. Der Kläger stützte sie auf Zahlungsrückstände. Gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB bedarf zu derartigen fristlosen Kündigungen qualifizierter Zahlungsrückstände, die hier nur unter Rückgriff auf den Verzug des Schuldners jedenfalls auch wegen der Mieten für Dezember 2012 bestanden. Abweichende mietvertragliche Bestimmungen bezüglich eines zur Kündigung berechtigenden Rückstands sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Danach reichte der Verzug des Insolvenzschuldners allein mit den Mieten für Januar 2013 nicht aus, um einen der vorgenannten Kündigungstatbestände des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 BGB zu erfüllen (s.a. BGH XII ZR 65/14). (Auch) Mit den Mieten für den Monat Dezember 2012 befand sich der Schuldner jedoch bereits bei Eingang des Eröffnungsantrags beim Amtsgericht Dortmund am 6.12.2012 in Verzug. Denn diese Mieten hätten angesichts der formularvertraglichen Regelung (gem. § 4 Ziff. 1. und 2. bis zum 3. Werktag eines jeden Monats im Voraus; maßgeblich ist der Geldeingang) spätestens bis Mittwoch, 5.12.2012, gezahlt werden müssen. Verzug war daher "vor dem Eröffnungsantrag" eingetreten. Die Klausel des § 4 Ziff. 2. ist jedenfalls im Rahmen gewerblicher Mietverträge als wirksam anzusehen (BGH, Urt. vom 24.6.1998, Az. XII ZR 195/96, NJW 1998, S. 2664; Lindner-Figura/Stellmann/Oprée/Oprée, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 15 Rn. 222).

Anders lag es auch nicht bezüglich des Mietvertrags vom 10.3.2009 über die Freifläche von ca. 736 m² (K5, Bl. 16 d.A.), dem nicht die vorgenannte Klausel zugrunde lag, sondern in dem es nur hieß, die Miete sei "monatlich im voraus" zu zahlen. Auch diese Zahlungsbestimmung genügt § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB ("eine Zeit nach dem Kalender"), weil sie einen genauen Kalendereintrag ermöglicht (beckonline GROSSKOMMENTAR Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann/Dornis, Stand 1.6.2019, § 286 Rn. 181), nämlich einen solchen auf den jeweils 1. Tag des betreffenden Monats.

Ein Verstoß gegen § 112 Nr. 1 InsO führt zur Nichtigkeit der ausgesprochenen Kündigung (Bub/Treier/Belz/Lüke, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 4. Aufl., Kap. VIII.C Rn. 428) bzw. zu ihrer Unwirksamkeit (Uhlenbruck/Wegener, InsO, § 112 Rn. 8). Der Umstand, dass sich der Kläger selbst in seiner Berufungsbegründung nicht auf diese Unwirksamkeit beruft, ist belanglos.

2.

Infolge der Erklärung der Insolvenzverwalterin vom 27.2.2013, dem Kläger am 2.3.2013 zugegangen, ist eine Beendigung der Mietverhältnisse erst mit Ablauf des 2.6.2013 eingetreten.

a)

Mit dieser "Bestätigung" der (unwirksamen bzw. nichtigen) fristlosen Kündigungen des Klägers ist keine Vereinbarung der Beendigung der Mietverhältnisse ex nunc oder sogar rückwirkend auf den Zeitpunkt des Zugangs der klägerseitigen Kündigungserklärungen getroffen worden.

Da es nichts "zu bestätigen gab", weil die Kündigungen des Klägers vom 7. und 8.1.2013 einseitige Gestaltungserklärungen darstellten, die wegen § 112 InsO unwirksam waren, und weil sie auch nicht als Angebote an den Schuldner auf Vertragsaufhebung verstanden werden konnten (BGH WuM 1981, S. 57; Bub/Treier/Grapentin, a.a.O., Kap. IV. Rn. 535), bedürfte das Zustandekommen einer solchen Vereinbarung zunächst der Auslegung der "Bestätigung" als Angebot an den Kläger auf Abschluss einer Aufhebungsvereinbarung und ferner einer Annahmeerklärung oder jedenfalls eines entsprechend zu deutenden Verhaltens des Klägers; § 151 BGB dispensiert nur vom Zugang einer solchen Erklärung bei der Beklagten.

Schon die Auslegung der "Bestätigung" in der Erklärung der Beklagten vom 27.2.2013 als ein Angebot eines Aufhebungsvertrags an den Kläger ist zweifelhaft, denn es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte noch auf irgendeine (rechtliche) Reaktion des Klägers wartete.

Der Kläger nahm eine in diesem Sinn verstandene "Bestätigung" der Beklagten seinerseits auch nicht ausdrücklich an, weil er dazu keine Veranlassung hatte. Aber auch sein Verhalten in der Folgezeit ist nicht als Annahmeerklärung zu werten. Auch wenn die Beendigung der Mietverhältnisse mit Zugang seiner fristlosen Kündigungen vom 7. und 8.1.2013 seinem (damaligen) Willen entsprochen haben wird, bedurfte es eines Verhaltens des Klägers, dem die Beklagte ein entsprechenden Erklärungsbewusstsein entnehmen konnte (ein tatsächlich bestehendes Erklärungsbewusstsein des Klägers ist nicht erforderlich, Palandt/Ellenberger, BGB, 78. Aufl., Einf v §116 Rn. 17). Dafür bestehen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Denn die Reaktionen des Klägers in der Folgezeit lassen nicht erkennen, dass er von seiner Auffassung, es sei bereits aufgrund seiner fristlosen Kündigung zur Beendigung der Mietverhältnisse gekommen, in irgendeiner Weise abgewichen ist. Das gilt auch für die im Schreiben des Klägers vom 19.3.2013 an die Beklagte enthaltene Räumungsaufforderung in Bezug auf die Hallen und Freiflächen. Dass der Kläger damit neuerliche Kündigungen aussprechen wollte, ist vor dem Hintergrund des Schreibens nicht anzunehmen. Der Kläger wandte sich darin zunächst gegen die Versuche, ihm Schlüssel zu den Mietobjekten zukommen zu lassen, solange diese ungeräumt waren, und forderte die Beklagte seinerseits zur kurzfristigen Räumung auf, zu der sie - nach seiner Auffassung - ohnehin schon seit Monaten verpflichtet war.

Aus Sicht der Beklagten bestand damit kein Anlass anzunehmen, der Kläger stimme einer einvernehmlichen Beendigung der Mietverträge zu, abgesehen davon, dass offengeblieben wäre, ob diese Beendigung nun ex tunc (mit Zugang der unwirksamen Kündigungserklärungen) oder erst ex nunc (mit Zugang der "Bestätigung" beim Kläger) anzunehmen ist.

b)

Die "Bestätigung" der Beklagten im Schreiben vom 27.2.2013 ist indes als Kündigung von ihrer Seite zu verstehen.

Auch wenn die Formulierung ("... bestätige ich Ihnen ...") keine ausdrückliche rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung erkennen ließ, wollte die Beklagte damit aus der Sicht eines objektiven Empfängers erkennbar eine rechtlich erhebliche Erklärung abgeben, wofür auch die ausweislich des Adressfeldes gewählte Übermittlung per "Einschreiben/Rückschein" spricht. Die Beklagte bestätigte auch nicht lediglich die Tatsache des Zugangs der klägerseitigen fristlosen Kündigungen, sondern die Kündigungswirkung sprich Beendigung der Mietverhältnisse als solche. Darin ist in der vorliegenden Situation der Wille der Beklagten zu erkennen, die Mietverhältnisse jedenfalls auch selbst beenden zu wollen, und zwar zu den Zeitpunkten des Zugangs der klägerseitigen Kündigungen.

Da das Gesetz jedoch keine rückwirkenden Eigenkündigungen kennt (eine rückwirkende Beendigung von Dauerschuldverhältnissen kann nur im Wege einer Anfechtung, des Rücktritts oder der Vereinbarung erfolgen), ist die "Bestätigung" als - mieterseitige - Kündigung zum nächstmöglichen Zeitpunkt aufzufassen.

Von einer fristlosen Kündigung ist jedoch nicht auszugehen, weil dafür keine Gründe ersichtlich sind. Es bleibt ein Verständnis als gem. § 109 Abs. 1 S. 1, 2. Hs InsO außerordentliche befristete Kündigung. Sie hätte die Mietverhältnisse mit einer Frist von "drei Monaten zum Monatsende, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist", beendet. Die Frist von "drei Monaten zum Monatsende" wäre am 30.6.2013 abgelaufen.

Eine kürzere Frist ergibt sich nicht aus der gesetzlichen Regelung des § 580 a Abs. 1 oder Abs. 2 BGB: Die am 2.3.2013 zugegangene, als Kündigung aufzufassende "Bestätigung" der Beklagten hätte die Mietverhältnisse über die unbebauten Flächen gem. § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB (spätestens am dritten Werktag zum Ablauf eines Kalendervierteljahres) mit Ablauf des 30.6.2013, die Mietverhältnisse über die Geschäftsräume, wozu sämtliche zu gewerblichen Zwecken gemieteten Räume, auch Lagerräume, gehören (BGH XII ZR 120/16), gem. § 580 a Abs. 2 BGB (spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres) erst mit Ablauf des 30.9.2013 beendet.

Allerdings sehen die Formularmietverträge zwischen den Parteien (ebenso wie der letzte Mietvertrag vom 10.3.2009) jeweils eine Kündigungsfrist "von drei Monaten" vor, also nicht erst zum jeweiligen Monatsende. Danach hätte eine dem Kläger am 2.3.2013 zugegangene Kündigung die Mietverhältnisse also bereits mit Ablauf des 2.6.2013 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB) beendet.

Diese - kürzere - Frist ist im Sinne des § 109 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. InsO maßgeblich. Mithin sind die Mietverhältnisse aufgrund der Erklärung der Beklagten vom 27.2.2013 mit Ablauf des 2.6.2013 beendet worden.

c)

Die Übersendung von Schlüsseln durch die Beklagte an den seinerzeitigen Bevollmächtigten des Klägers, Rechtsanwalt H2, mit Einschreiben vom 8.3.2013 (gem. Darstellung in dessen Schreiben vom 15.3.2013) kann ihrerseits nicht als (fristlose) Kündigung angesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt drehte sich die Auseinandersetzung zwischen den Parteien u.a. um die Frage, wer Besitz an Schlüsseln zu den Mietobjekten hat; der Kläger stellte in Abrede, überhaupt Schlüssel zu besitzen. Der Übersendung von Schlüsseln kommt in dieser Situation nicht die Bedeutung einer Kündigungserklärung zu.

3.

Eine frühere Beendigung der Mietverhältnisse lässt sich auch nicht mit der Begründung annehmen, die klägerseitigen Kündigungen vom 7. und 8.1.2013 seien ihrerseits - hilfsweise - als ordentliche Kündigungen zu verstehen.

Solche ordentliche Kündigungen hätten die Mietverhältnisse aufgrund der vertraglichen Kündigungsregelungen ("drei Monate") möglicherweise bereits mit Ablauf des 7. bzw. 8.4.2013 beendet, weil sie nicht von § 112 InsO erfasst worden wären (z.B. BeckOK/Berberich, InsO, § 112 Rn. 22).

Doch sind die eindeutig als "fristlos" erklärten Kündigungen des Klägers nicht in ordentliche Kündigungen umzudeuten.

Im Grundsatz gilt (zuletzt BGH, Urt. v. 11.4.2018, Az. XII ZR 43/17, NZM 2018, 515), dass die Umdeutung einer fristlosen in eine ordentliche Mietvertragskündigung zulässig und angebracht ist, wenn - für den Kündigungsgegner erkennbar - nach dem Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis in jedem Fall zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll (im Anschluss an BGH NZM 2013, 759 = NJW 2013, 3361). Es findet sich auch die Formulierung, wonach eine Umdeutung in Betracht kommen soll, wenn anzunehmen ist, dass der Kündigende bei Ausspruch der Kündigung das Mietverhältnis auch unabhängig vom Vorliegen eines Grundes zur fristlosen Kündigung ordentlich gekündigt hätte (Lindner-Figura/Oprée/Stellmann/Oprée, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 15 Rn. 77).

Eine derartige Situation ist nicht feststellbar. Der Kläger hat offensichtlich, wie er in der Verhandlung vor dem Senat auch bestätigte, nur wegen der bereits aufgelaufenen Zahlungsrückstände gekündigt. Wäre es dazu nicht gekommen, hätte er die Mietverhältnisse fortgeführt.

4.

Der Entstehung der Mieten lässt sich nicht entgegenhalten, dass der Kläger dem Insolvenzschuldner oder der Beklagten in der Zeit ab dem 1.2.2013 den Besitz an den Mietobjekten entzogen habe.

Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass es in der Zeit ab dem 1.2.2013 zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs durch den Kläger gekommen ist. Die vom Kläger eingeräumte Sperrung des Zugangs zu den Büroräumen im OG des Gebäudes B durch die Verwendung eines Steckschlosses fand bereits am 3. bzw. 4.1.2013 und damit vor dem hier interessierenden Zeitraum statt.

Eine die Mietansprüche des Klägers einschränkende Minderung (§ 536 Abs. 1 BGB) infolge eines Abstellen der Wasser-, Stromversorgung sowie der Heizung ist nicht feststellbar. Unstreitig ist bereits, dass die Beklagte selbst unter dem 12.2.2013 eine Unterbrechung der Stromversorgung herbeiführte. Der Kläger seinerseits hat in diesem Verfahren (Schriftsatz vom 12.11.2018) sowie mit Schriftsatz vom 8.5.2013 in dem auf Veranlassung der Beklagten beigezogenen Verfahren LG Dortmund Az. 6 O 63/13 bestritten, die Versorgung der vom Schuldner angemieteten Räumlichkeiten mit "Heizenergie" und Wasser unterbrochen zu haben, mit Ausnahme eines Zeitraums von zwei Stunden während einer Heizungsreparatur. Die Beklagte hat weder dargelegt, dass sich die behaupteten Maßnahmen des Klägers ("kalte Räumung") noch im Zeitraum ab dem 1.2.2013 ausgewirkt haben noch hat sie ihre Darstellung unter Beweis gestellt.

5.

Die Beklagte schuldet jedoch nicht die Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von monatlich 300,00 € (brutto) betr. das Mietverhältnis vom 3.4.2007 sowie von 150,00 € zzgl. Umsatzsteuer, somit 178,50 €, betr. das Mietverhältnis vom 1.10.2008 (Halle B mit Rolltor ...), nachdem mit Ablauf des 31.12.2014 Abrechnungsreife eingetreten ist.

Für den Zeitraum vom 1.2.2013 bis zum 31.5.2013 errechnet sich somit ein monatlich insgesamt geschuldeter Betrag in Höhe von (2.618,00 € + 595,00 € + 2.023,00 € + 773,50 € + 700,91 € =) 6.710,41 €. Für vier Monate ergeben sich 26.841,64 €.

Für den Zeitraum vom 1. bis zum 2.6.2013 ergibt sich - bezüglich des Mietverhältnisses vom 3.4.2007 - eine weitere Mietforderung in Höhe von 2/30 von 2.618,00 €, mithin von 174,53 €.

Die Ansprüche des Klägers aus dem Mietverhältnissen belaufen sich mithin auf zusammen 27.016,17 €.

6.

Der Kläger hat wegen des Verzugs der Beklagten mit den Mieten bezüglich der Mietverträge vom 3.4.2007 (mit Ergänzung vom 5.6.2007) sowie vom 1.10.2008 Anspruch auf eine Verzinsung in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 4 Ziff. 2 S. 2 der Formularmietverträge.

Bezüglich der Miete aus dem Vertrag vom 10.3.2009, der keine entsprechende Klausel enthielt, besteht lediglich ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus §§ 286 Abs. 2, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.

Insoweit ergibt sich die geltend gemachte Verzinsung auch nicht aus § 288 Abs. 2 BGB a.F. betr. Entgeltforderungen, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist (§ 288 Abs. 2 BGB n.F. ist auf die hier in Rede stehenden Mietverhältnisse nicht anwendbar gem. Art. 229 EGBGB § 34). Der Kläger ist als Verbraucher (§ 13 BGB) anzusehen, der die Vermietung im Rahmen privater Vermögensverwaltung vornahm, wie er in der Verhandlung vor dem Senat erklärte.

Allerdings schuldet die Beklagte auch die Verzinsung der - nach Abrechnungsreife nicht mehr geschuldeten - Nebenkostenvorauszahlungen bis zum 31.12.2014 (BGH, Urt. vom 26.9.2012, Az. XII ZR 112/10, iuris Rn. 28). Daraus folgt, dass Zinsen für diese Zeit auf monatliche Mieten in Höhe von (2.918,00 € + 595,00 € + 2.201,50 € + 773,50 € + 700,91 € =) 7.188,91 € anfallen; für den Zeitraum vom 1. bis zum 2.6.2013 ergibt sich bezüglich des insoweit lediglich noch relevanten Mietverhältnisses vom 3.4.2007 ein Betrag von (2/30 x 2.918,00 € =) 194,53 €.

II.

Für die Zeit vom 3.6. bis zum 31.12.2013 stehen dem Kläger keine Ansprüche bezüglich seiner Halle B und 3 nebst Büro- und Sozialräumen (Gegenstand des Mietvertrags vom 3.4.2007) in Höhe von 2.618,00 € (brutto) monatlich zu.

In diesem Zeitraum bestand, wie soeben dargelegt, kein Mietvertrag mehr. Auch die Voraussetzungen für die Entstehung von Masseverbindlichkeiten in Form einer Nutzungsentschädigung gem. § 546 Abs. 1 BGB oder in Gestalt von Bereicherungsansprüchen (§ 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB), jeweils in Verb. mit § 55 Abs. 1 Nr. 1 - 3 InsO, lagen nicht vor. Im Einzelnen:

1.

Die Beklagte hat keine als Masseverbindlichkeiten zu qualifizierende Nutzungsentschädigungsansprüche des Klägers (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO in Verbindung mit § 546 a Abs. 1 BGB) durch aktive Inanspruchnahme der Mietobjekte für die Insolvenzmasse begründet.

Zwar ist nach den Maßstäben des Bundesgerichtshofs (Urt. vom 29.1.2015, a.a.O., Rn. 77f.) nicht ausschlaggebend, ob der Verwalter die Mietsache tatsächlich umfassend nutzt. Ausreichend ist vielmehr, dass der Verwalter die Mietsache nach der Eröffnung des Verfahrens für die Masse in Anspruch nimmt. Doch begründet er eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, § 546 a Abs. 1 BGB erst dann, wenn er für die Masse Besitz an der Mietsache ergreift und zugleich den Vermieter gegen dessen Willen gezielt ausschließt. Jedenfalls letzteres ist nicht feststellbar:

a)

Es bedarf letztlich keiner Beantwortung der Frage, ob die Beklagte - als Insolvenzverwalterin - überhaupt Besitz an den Mietobjekten ergriffen hat, indem die von ihr zur Sicherung, Be- und Verwertung der Insolvenzmasse eingeschaltete H Schlüssel vom Insolvenzschuldner erhielt.

Allerdings ergibt sich aus der Aussage des Zeugen N vor dem Landgericht, dass die H erst im Februar 2013 - und damit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens - einen "Schlüsselsatz" vom Schuldner erhielt, der Schlüssel für die (Seiteneingänge der) beiden Hallen sowie für das "vordere Tor" umfasste. Es liegt nahe, dass mit der Übergabe dieser Schlüssel Besitz der Beklagten begründet worden ist, weil die H für sie im Rahmen eines Auftragsverhältnisses u.a. zur Verwertung der Insolvenzmasse und damit wohl als ihre Besitzdienerin gem. § 855 BGB oder Besitzmittlerin anzusehen sein dürfte. Ob der Insolvenzschuldner selbst noch Schlüssel behielt, ist unerheblich, weil die Erlangung von Mitbesitz der Beklagten grundsätzlich ausreicht.

Einer solchen Besitzbegründung durch die Beklagte steht auch nicht ihre Behauptung entgegen, der Kläger seinerseits habe den Schuldner bzw. sie durch einen Austausch der Schlösser zu Beginn des Jahres 2013 vom Besitz an den betreffenden Räumlichkeiten ausgeschlossen. Diesen Vortrag hat die Beklagte nicht beweisen können.

Nicht ersichtlich ist eine Besitzbegründung der Beklagten jedoch an den Büroräumlichkeiten im 1. OG des Gebäudes B (Mietvertrag vom 1.10.2008). Das ist für den hier in Rede stehenden Zeitraum, für den der Kläger ohnehin lediglich noch Ansprüche aus der Nutzung des Mietobjekts B und 3 (Mietvertrag vom 3.4.2007) verfolgt, indes ohne Belang.

b)

Doch ist nicht feststellbar, dass eine etwaige Besitzbegründung der Beklagten namentlich an den beiden Hallen durch Übernahme des erwähnten "Schlüsselsatzes" auch unter gezieltem Ausschluss des Klägers vom Besitz erfolgte. Die Entgegennahme dieser Schlüssel war bereits zur Verwertung der Insolvenzmasse erforderlich, ohne dass ihr nach der Verkehrsanschauung zumindest auch die Bedeutung zukam, den Kläger von der Besitzergreifung "fernzuhalten". Das Hindernis des Klägers an einer neuen Nutzung namentlich der beiden Hallen und Außenflächen ergab sich nicht aus einer "aktiven" Inanspruchnahme dieser Gebäude und Flächen nach dem 31.1.2013 durch die Beklagte für Zwecke der Insolvenzmasse, sondern daraus, dass sich dort bereits seit Ende 2012 eine Vielzahl von Fahrzeugen befanden, die noch der spätere Insolvenzschuldner, ggf. auch auf Veranlassung der Beklagten als damaliger vorläufiger Insolvenzverwalterin, dort abgestellt hatte.

Ein "gezielter Ausschluss" des Klägers lässt sich auch nicht anderen Verhaltensweisen der Beklagten entnehmen:

aa)

Soweit die von der Beklagten beim Amtsgericht Dortmund unter dem 23.1.2013 beantragten Sicherungsmaßnahmen auf einen "gezielten Ausschluss" des Klägers "vom Besitz" an den Mietobjekten deuten, kann auch dies keine Masseverbindlichkeit begründen, weil es sich nicht um Maßnahmen des (endgültigen) Insolvenzverwalters handelte.

bb)

Äußerungen der Beklagten nach dem 31.1.2013, namentlich solche im Schreiben vom 8.2.2013, stellen keine Inanspruchnahme des Besitzes an den Mietobjekten unter Ausschluss des Klägers dar; die Äußerungen erschöpfen sich vielmehr in dem Hinweis darauf, dass ein Zugriff auf Vermögenswerte des Schuldners rechtswidrig sei, und in der Aufforderung, der H ungehinderten Zutritt zum Zweck der Durchführung der Verwertung zu gewähren.

cc)

Auch die von der Beklagten veranlasste Unterbrechung der Stromversorgung der Hallen mit der Folge, dass die Rolltore nicht mehr (elektrisch) zu öffnen waren, stellt keinen Ausschluss des Klägers vom Besitz an den Hallen dar. Dessen - etwaige - Besitzposition wurde durch den Wegfall der Möglichkeit, Rolltore "auf Knopfdruck" öffnen (und schließen) zu können, nicht tangiert.

dd)

Die Beantragung der einstweiligen Verfügung durch die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.2.2013 (LG Dortmund 6 O 63/13) war ausschließlich auf die Herausgabe im einzelner bezeichneter Gegenstände gerichtet. Ein Ausschluss des Klägers von den Mietobjekten lässt sich einem solchen Antrag nicht entnehmen.

ee)

Ein gezielter Ausschluss des Klägers wäre allenfalls anzunehmen, wenn die Beklagte bzw. die von ihr eingeschaltete H in der Folgezeit einen Austausch von Schlössern bezüglich sämtlicher vermieteter Räumlichkeiten vorgenommen hätte. Das behauptet zwar der Kläger, doch ist ihm der Beweis nicht gelungen. Vielmehr ist der Aussage des Zeugen N zu entnehmen, dass es einen solchen Austausch von ihrer Seite nicht gegeben hat.

2.

Handlungen der Beklagten als vorläufiger Insolvenzverwalterin begründen auch nicht über § 55 Abs. 2 InsO Masseverbindlichkeiten, schon weil mangels Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 S. 1 InsO nicht vorlagen.

3.

Zugunsten des Klägers greift auch nicht der Tatbestand des § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2, § 546 a Abs. 1 BGB ein.

Auch Ansprüche auf Nutzungsentschädigung gem. § 546a Abs. 1 BGB sind als Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzschuldnerin aufzufassen. Ein Entschädigungsanspruch des Vermieters aus § 546 a Abs. 1 BGB wegen Vorenthaltens der Mietsache kann folglich eine Masseverbindlichkeit nach § 55 Abs. 1 Nr. 2 Fall 2 InsO begründen, wenn das Mietverhältnis, auf dem er beruht, die Insolvenzeröffnung überdauert hat (BGH, Urt. vom 29.1.2015, a.a.O., Rn. 80ff.).

Letzteres ist hier, wie unter Ziff. I. dargelegt, der Fall, weil die Kündigungen des Klägers vom 7. und 8.1.2013 wegen § 112 Nr. 1 InsO unwirksam waren.

Doch ist es, jedenfalls in der Zeit nach dem 2.6.2013, nicht zu einer Vorenthaltung der Mietobjekte gekommen. Der Kläger hat die Rücknahme unter Hinweis auf den ungeräumten oder nicht vertragsgemäßen Zustand verweigert. Dies steht einer Vorenthaltung entgegen, weil diese einen Rücknahmewillen des Vermieters voraussetzt. Anders läge es nur dann, wenn die Beklagte ihrerseits (als Insolvenzverwalterin) zur Räumung verpflichtet gewesen wäre. Insoweit ist danach zu differenzieren, ob und inwieweit es nach der Verfahrenseröffnung zu nachteiligen Veränderungen gekommen ist; nur wegen solcher Veränderungen darf der Vermieter die Rücknahme verweigern, ohne Ansprüche aus § 546a Abs. 1 BGB zu verlieren (BGH, Urt. vom 29.1.2015, a.a.O., Rn. 81ff.).

Entscheidend ist damit, ob die Beklagte nach dem 31.1.2013 Veränderungen vorgenommen hat, die den Kläger zur Verweigerung der Rücknahme der Mietobjekte berechtigten. Das kann hier allenfalls wegen einer Beanspruchung der Räumlichkeiten für die Insolvenzmasse durch Einlagerung von Fahrzeugen oder Material in Betracht kommen. Doch ist nichts dafür ersichtlich, dass erst nach Insolvenzeröffnung eine solche Nutzung der Mietobjekte erfolgt ist. Namentlich die Fahrzeuge befanden sich - wie auch das übrige Inventar des Insolvenzschuldners - schon am 31.1.2013 in den Hallen bzw. auf den Flächen.

4.

Schließlich ist nicht ersichtlich, dass dem Kläger ein Anspruch aus §§ 55 Abs. 1 Nr. 3, 812 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. BGB zusteht.

Ein derartiger Bereicherungsanspruch des Klägers könnte bestehen, wenn der Masse - durch die Nutzung der Mietobjekte - eine Bereicherung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugeflossen ist.

Nutzt ein Mieter die Mietsache über die vereinbarte Laufzeit hinaus, ist er ohne rechtlichen Grund auf Kosten des Vermieters um den tatsächlich gezogenen Nutzungswert bereichert und nach §§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 1 BGB zu dessen Herausgabe verpflichtet (BGH, a.a.O., Rn. 84).

Hier kommt eine Bereicherung der Beklagten in Betracht, soweit sie die Halle B und 3 nebst Nebenräumen und Freifläche, wie sie Gegenstand des Mietvertrags vom 3.4.2007 waren, nach dem 2.6.2013 für die Masse genutzt hat. Sollten also zur Masse gehörige Gegenstände, namentlich Fahrzeuge, in den Räumlichkeiten oder auf der Freifläche abgestellt geblieben sein, wäre eine Bereicherung um den solchermaßen gezogenen Nutzungswert eingetreten.

Es liegen jedoch keinerlei Angaben dazu vor, in welchem Umfang eine derartige Nutzung für die Insolvenzmasse stattgefunden hat. Soweit Fahrzeuge bzw. sonstige Gegenstände abgestellt bzw. eingelagert waren, die einem Aussonderungsrecht unterfielen, lässt sich damit ohnehin keine Bereicherung der Insolvenzmasse begründen. Auch die Ausführungen des Klägers in seinem Schreiben vom 9.12.2013 (Anl. K13), in dem er u.a. gegenüber der H ein Entgelt für das Abstellen von zwei Doppelachs-Lkw-Anhänger geltend macht, führen nicht weiter: Sie betreffen eine Freifläche B2, die nicht Gegenstand des Mietvertrags vom 3.4.2007 (nebst Ergänzung vom 5.6.2007) war, in Bezug auf dessen Vorenthaltung der Kläger Nutzungsentschädigung verlangt. Abgesehen davon ist auch nicht erkennbar, ob es sich bei den Anhängern um Bestandteile der Insolvenzmasse handelt.

Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärung bestanden nicht; namentlich ergab sich aus dem Vortrag des Klägers nicht, dass sich überhaupt und in welchem Umfang Massegegenstände, deren Verwertung noch beabsichtigt war, im Zeitraum von Juni bis Ende Dezember 2013 im genannten Mietobjekt befanden.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Veranlassung zur Zulassung der Revision besteht nicht. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung; auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung verlangen die Befassung des Bundesgerichtshofs nicht.

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