Schleswig-Holsteinisches VG, Beschluss vom 29.01.2020 - 12 B 75/19
Fundstelle
openJur 2020, 2583
  • Rkr:
Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragssteller vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Polizeiobermeisteranwärter in der Laufbahngruppe 1.2 bei der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei zu beschäftigen und ihn den zweiten Ausbildungsabschnitt wiederholen zu lassen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 3613,80,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragssteller begehrt seine vorläufige Weiterbeschäftigung.

Der am 13.11.1999 geborene Antragssteller erreichte im Oktober 2011 den mittleren Schulabschluss. Anschließend besuchte er bis zum 21.07.2017 das Berufsbildungszentrum am .... in ..... Zum 01.08.2017 wurde er als Polizeiobermeisteranwärter in die Laufbahngruppe 1.2 (ehemals mittlerer Dienst) bei der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei eingestellt. Die Ausbildung erfolgte nach dem "Ausbildungsplan für fachtheoretische Ausbildungszeiten an der PD AFB ab dem 01.08.2016". Die Grundausbildung in der Zeit vom 01.08.2017 bis zum 29.06.2018 bestand der Antragssteller mit "ausreichend" (6,94 Punkte) Im Anschluss an diese Grundausbildung folgte die Fachausbildung in der Zeit vom 30.06.2018 bis zum 27.01.2019. Am 22.01.2019 wurde der Antragssteller über seine schwachen Leistungen belehrt und es wurde eine Zielvereinbarung getroffen. Die Belehrung erfolgte allgemein; die Leistungen waren allerdings (nur) in den Fächern Eingriffsrecht und Strafrecht, Strafnebenrecht und Ordnungswidrigkeitenrecht schwach. Der Antragssteller erreichte in den bis dahin absolvierten Ausbildungsteilen alle Leistungsscheine beanstandungslos.

In der Zeit vom 28.01.2019 bis zum 28.06.2019 absolvierte der Antragsteller das Berufspraktikum beim Polizeirevier (PR) ..... In dieser Zeit war er an drei Tagen erkrankt, nahm acht Tage an einer Sitzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), deren gewähltes Mitglied er war, in .... teil bzw. hatte dienstfrei zum Abbau von Überstunden.

Am 03.05.2019 erhielt er eine erneute schriftliche Belehrung mit dem Hinweis, dass er seine Leistungen zu verbessern habe, da das Ziel des Ausbildungsabschnittes gefährdet sei. Anlass war eine Zwischenbewertung des PR ...., die dem Antragssteller nicht ausgehändigt, sondern mündlich mitgeteilt wurde. Im Anschluss an das Berufspraktikum erhielt der Antragssteller am 25.06.2019 einen Befähigungsbericht, der am 11.06.2019 vom Ausbildungsbeauftragten unterzeichnet worden war. An dem Bericht wirkten die "Bärenführerin", POM` in ...., und POM .... mit.

Am 26.06.2019 fand eine Bewertungskonferenz statt, die im Ergebnis vorschlug, den Antragssteller aus dem Vorbereitungsdienst zu entlassen.

Durch Bescheid vom 22.07.2019 entließ die Antragsgegnerin den Antragsteller aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf.

Der Bescheid enthielt die Feststellung, dass der Antragssteller in der Bewertung seiner Ausbildungsleistungen nach dem Befähigungsbericht im Berufspraktikum mit 2,2 Punkten die Note mangelhaft und damit keine ausreichenden Leistungen erzielt habe. Damit sei das Ziel des 2. Ausbildungsabschnitts nicht erreicht worden. Während des Ausbildungsverlaufs könne grundsätzlich nur ein Ausbildungsabschnitt wiederholt werden, wenn der Anwärter das Ziel des Ausbildungsabschnitts nicht erreicht habe und durch die Wiederholung der erfolgreiche Abschluss des Ausbildungsabschnitts (positive Prognose) zu erwarten sei. Die Mitglieder der Bewertungskonferenz hätten sich ausführlich und intensiv mit seinen festgestellten Leistungen und seinem Leistungsverhalten beschäftigt. Ergänzende Ausführungen seien durch das Ausbildungspersonal vom PR .... erfolgt.

Die Belehrung und die aufgezeigten Handlungsoptionen vom 03.05.2019 hätten nicht zum gewünschten Erfolg geführt, so dass die bestehenden Rechts- und Handlungsunsicherheiten letztlich in einer nicht ausreichenden Bewertung gemündet hätten.

Die Konferenz habe sich deshalb einstimmig für eine Beendigung des Vorbereitungsdienstes ausgesprochen, da auch bei einer Wiederholung ein erfolgreicher Abschluss des Berufspraktikums beim Antragsteller nicht zu erwarten sei.

Der Antragssteller erhob Widerspruch, über den noch nicht entschieden ist.

Am 21.11.2019 er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

Er macht geltend, ihm stehe ein Anordnungsanspruch zur Seite, da das von der Antragsgegnerin gewählte Vorgehen materiell und in verfahrensrechtlicher Hinsicht den Grund-

sätzen der Bestenauswahl und des Leistungsgrundsatzes widerspreche und sich die sehr wahrscheinliche Möglichkeit einer Kausalität des Fehlers bei der Entscheidung der Bewertung seiner Leistungen und dessen Entlassung nicht ausschließen lasse.

Er könne glaubhaft machen, dass ein Erfolg in der Hauptsache bezogen auf seine Anträge überwiegend wahrscheinlich sei.

Die Entlassungsverfügung sei formell rechtswidrig. Da er gewähltes Mitglied der JAV sei, habe die Gruppenvertretung seiner Entlassung nach § 38 Abs. 1 Satz3 des Mitbestimmungsgesetzes Schleswig-Holstein (MBG SH) zustimmen müssen, woran es fehle. Zudem leide der Bescheid unter einem vollständigen Ermessensausfall. Er enthalte keinerlei Ausführungen oder Begründungen zur Bekräftigung der negativen Prognose im Falle einer Wiederholung. Der Hinweis, man schließe sich der Entscheidung der Bewertungskonferenz an, reiche für die Entscheidung der Behörde nicht aus, da die Bewertungskonferenz diese Entscheidung lediglich vorbereite. Im Rahmen des Ermessens sei zu berücksichtigen, dass die Wiederholung gerade für die Anwärter sei, deren Leistung mit der Note "mangelhaft" bewertet worden sei. Zudem sei er nicht angehört worden, obwohl er darum gebeten habe.

Er habe aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG einen Anspruch darauf, weiterhin bei der Antragsgegnerin beschäftigt zu sein und seinen Vorbereitungsdienst in der Laufbahngruppe 1, 2. Einstiegsamt zu beenden, indem er zunächst die Fachausbildung wiederhole. Sowohl die Untersagung der Wiederholungsmöglichkeit als auch die Entlassung per Gesetz verstoße gegen den grundrechtlichen Schutz.

Die Untersagung der Wiederholung der Fachausbildung beruhe darüber hinaus auf einer fehlerhaften Rechtsgrundlage. Die Vorschrift des § 26 Abs. 1 Landesbeamtengesetz Schleswig-Holstein (LBG SH) ermächtige dazu, durch Verordnung Regelungen über die Ausbildung und Prüfung zu treffen. Dies sei für die Polizeiobermeisteranwärter in der Landesverordnung über die Ausbildung und Prüfung für die Laufbahnen der Fachrichtung Polizei (Ausbildungs- und Prüfungsordnung Polizei - APO - Pol) vom 16.04.2012, zuletzt geändert durch LVO vom 10.07.2019, geschehen. Die Bestimmung des § 19 APO - Pol regele die Zwischenbewertungen, die Ziele der Fachausbildung und wer einen Bescheid der Antragsgegnerin erhalte. Nach § 12 Abs. 2 APO - Pol könne nur ein Ausbildungsabschnitt einmal wiederholt werden, wenn der Anwärter das Ziel nicht erreicht habe und durch die Wiederholung der erfolgreiche Abschluss des Ausbildungsabschnittes zu erwarten sei.

Im Rahmen des sog. "Bologna-Prozesses" sei die APO - Pol dahingehend geändert worden, dass jede Prüfung bei Nichtbestehen wiederholt werden könne, unabhängig von einer positiven Prognose. Im weiteren Verlauf sei eine obligatorische zweite Wiederholungsmöglichkeit eingeräumt worden, die auch für das Berufspraktikum in der Ausbildung der Laufbahngruppe 2 (gehobener Dienst) gelte. Dies hätte auch für die Laufbahngruppe 1.2 erfolgen müssen.

Der Befähigungsbericht vom 11.06.2019 sei formell und materiell rechtswidrig.

Der zu beurteilende Zeitraum habe vom 28.01.2019 bis zum 28.06.2019 gedauert. Der Zwischenbericht sei am 11.06.2019 und somit zu früh gefertigt worden. Damit seien 2,5 von 22 zu bewertenden Wochen nicht berücksichtigt worden. Gerade zum Ende hin hätten sich aber manche Dinge verbessert.

Zudem lasse sich nicht erkennen, wer die Anlage "Befähigungsbericht" erstellt habe. Diese Anlage sei die wesentliche Grundlage für die Entscheidung der Bewertungskonferenz gewesen, weil die Bewertung der Befähigungsmerkmale damit im Einzelnen begründet worden seien. Es habe sich im Umgang mit ihm bemerkbar gemacht und zeige sich auch im Bericht, dass sich die beiden Praxisausbilder selbst noch im Einstiegsamt der Laufbahn 1, 2. Einstiegsamt befunden hätten. POM` in .... sei zudem während der letzten 6 Wochen des Praktikums aufgrund Urlaubs, mehreren Sondereinsätzen und dienstfreien Tagen nur wenig anwesend gewesen.

Die Zwischenbewertung sei ihm entgegen § 19 Abs. 1 APO- Pol nicht ausgehändigt worden, so dass keine Möglichkeit einer Auseinandersetzung und Verbesserung bestanden habe.

Der Befähigungsbericht erreiche nicht seinen Sinn und Zweck, ein aussagefähiges Bild zur Befähigung und fachlichen Leistung des Auszubildenden zu gewinnen. Er leide unter vielen fachfremden Erwägungen, stelle sich als lebensfremd und überzogen dar. Dem Bericht zufolge habe nicht eine einzige positive Befähigung bei ihm festgestellt werden können. Die Anlage enthalte viele Widersprüche, Vermutungen, Unterstellungen und Verallgemeinerungen. Es sei nicht möglich, belastbare Aussagen herauszufiltern oder die Frage der Befähigung für den Polizeiberuf herauszufinden. Selbst wenn die Tatsachen als wahr unterstellt würden, hinderten sie niemanden daran, ein guter Polizeibeamter zu werden. Der Ausbilder weise vielmehr keinerlei Geduld mit Auszubildenden und ein problematisches Rollenbild von Ausbilder und Auszubildenden auf. Er sei selbst überfordert gewesen und verkenne, dass das Berufspraktikum keine Prüfung, sondern eine Ausbildung sei. Dem Befähigungsbericht fehlten wesentliche Hintergrundinformationen, warum er -Antragssteller - wie geschildert gehandelt habe. Gleiches gelte für die dienstfreien Tage Ende Mai 2019. Im Übrigen sei der vorliegende Befähigungsbericht alleine durch die Polizeiobermeister getroffen worden. Zu dem Polizeihauptkommissar, der für den Bericht verantwortlich gezeichnet habe, habe kein persönlicher Kontakt bestanden. Die Bewertungskonferenz habe lediglich diese Anhaltspunkte gehabt, er selbst sei nicht eingeladen worden.

Der Dienstgruppenleiter habe sich für eine Wiederholung des Berufspraktikums ausgesprochen. Dies habe er vor Ende des Praktikums selbständig in Erwägung gezogen. Diese Anregung sei nicht angenommen worden.

Auch die Beurteilung der Bewertungskonferenz vom 26.06.2019 sei rechtswidrig; denn sie sei aufgrund fehlerhafter Bewertungsgrundlagen, namentlich des Befähigungsberichts, ergangen und gelange so zu einem fehlerhaften Ergebnis. Der Sachverhalt stelle faktisch eine Entlassung im Sinne des § 23 Abs. 4 2 BeamtStG vor Ende des Vorbereitungsdienstes dar. Als Ausnahme sei diese zwar grundsätzlich zulässig. Der Antragsgegnerin sei es jedoch nicht gelungen, berechtigte Zweifel an seiner Eignung darzulegen, die nachhaltig seiner Übernahme in ein Beamtenverhältnis entgegenstünden. Es fehle bereits an eine dem Bestimmtheitsgrundsatz genügenden Vorschrift.

Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 APO - Pol lege die PD AFB den Inhalt und Umfang der fachtheoretischen und der fachpraktischen Ausbildung in Ausbildungsplänen fest. Inhalt und Umfang des Berufspraktikums in der Laufbahngruppe 1.2 habe die PD AFB indes weder im Ausbildungsplan noch durch Lernpläne festgelegt. Als Teil der abschließenden Gesamtnote seien vor Beginn des Ausbildungsabschnittes Regelungen zu schaffen, anhand derer die Anforderungen erkannt werden könnten. Ebenso wenig würden während des Praktikums Leistungsnachweise gefordert. Vielmehr sei vom Ausbilder ein Befähigungsbericht zu erstellen, der dem Anwärter schriftlich bekannt zu geben sei. Für den Befähigungsbericht gebe es keine Maßstäbe, es fehlten jegliche objektiven Kriterien, es liege am Ausbilder, wie der Bericht ausfalle. Für die Laufbahngruppe 2, 1. Einstiegsamt (gehobener Dienst) gebe es Maßstäbe, die auch für die Laufbahn 1.2 hätten umgesetzt werden können und müssen. Dass dies nicht geschehen sei, stelle einen Verstoß gegen die Gleichbehandlung und die Berufsfreiheit dar.

Darüber hinaus habe diejenige Behörde, die mit der Einstellung eines Beamten befasst sei, auch über dessen Entlassung zu bestimmen. Demnach habe die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde darüber zu entscheiden, ob die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1, 2 oder 3 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) vorlägen. Diese Behörde stelle den Tag der Beendigung des Dienstverhältnisses fest. Im Falle einer Entlassung per Gesetz würde dieser Grundsatz der Zuständigkeit als actus contrarius bedeuten, dass das Innenministerium zuständig gewesen wäre. Jedoch prüfe nicht das Ministerium die Voraussetzungen für eine Entlassung, sondern die beauftragte PD AFB. Dies sei durch sie nicht geschehen, sondern sie habe nur die Voraussetzungen durch die Prüfungsentscheidung geschaffen. Eine Prüfungsinstanz für die Entscheidung des PD AFB werde somit abgeschafft.

Die § 22 Abs. 4 BeamtStG und § 30 Abs. 4 LBG SH enthielten als Tatbestandsvoraussetzungen das Nichtbestehen einer Prüfung; § 12 Abs. 4 Nr. 4 APO - PL erhebe aber die Nichterreichbarkeit des Ausbildungsziels per Verordnung zu einer gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzung für eine Entlassung kraft Gesetzes. Damit verstoße die APO - Pol gegen höherrangiges Recht.

Ein Abwarten bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache habe für ihn schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge. Dabei sei dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.

Aufgrund der Entlassung entgehe ihm wohl dauerhaft die Möglichkeit einer Wiedereinstellung in die Schleswig-Holsteinische Landespolizei. Jedenfalls bekäme er erhebliche Auswirkungen im Hinblick auf die Besoldung und die Versorgung zu spüren. Damit würde in seine Grundrechte aus Art. 12 und Art. 3 GG ohne eine Rechtfertigung eingegriffen.

Auch die Hamburgische Landepolizei habe ihn bereits aus dem Einstellungsverfahren 08/2020 herausgenommen und in das Einstellungsverfahren 02/2021 geschoben. Für die Antragsgegnerin sei es ein Leichtes, ihn den 2. Ausbildungsabschnitt wiederholen zu lassen, ohne dass ihr wesentliche Nachteile entstünden. Die Fachausbildung des Nachfolgejahrgangs habe bereits begonnen, so dass er Ende Januar 2020 wieder einsteigen könne. Mit der Zulassung zur vorläufigen Wiederholung der Fachausbildung könnte die Antragsgegnerin ihrer Schadensminderungspflicht nachkommen und einen gravierenden Schaden vermeiden. Der Antragsgegnerin entstehe auch kein Nachteil, da das Beamtenverhältnis auf Widerruf jederzeit beendet werden könne.

Der Antragssteller beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Polizeiobermeisteranwärter in der Laufbahngruppe 1.2 bei der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei zu beschäftigen und ihn den zweiten Ausbildungsabschnitt wiederholen zu lassen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf den Bescheid vom 22.07.2019.

Darüber hinaus macht sie geltend, ein Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit sei nicht glaubhaft gemacht worden.

Mit dem Bescheid sei dem Antragssteller mitgeteilt worden, dass er die vorgeschriebene Zwischenbewertung nicht erfülle und damit das Ziel des Ausbildungsabschnittes nicht erreicht habe. Mit Ablauf dieses Datums sei er kraft Gesetzes gemäß § 30 Abs. 4 Satz 2 LBG SH aus dem Vorbereitungsdienst entlassen.

Sollte der Antragssteller später in der Hauptsache obsiegen, sei eine Ernennung zum Beamten auf Widerruf für die Zukunft weiterhin möglich. Lediglich eine rückwirkende Ernennung sei ausgeschlossen. Dies führe allerdings nicht dazu, dass der Antragssteller ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zeit zwischen der Entlassung und einer möglichen späteren Ernennung zum Beamten auf Widerruf nach Erfolg in der Hauptsache ohne Rechtsschutz stünde. Er könne insoweit nach einem späteren Obsiegen beamtenrechtliche Ersatzansprüche geltend machen, um besoldungs- und versorgungsrechtlich so gestellt zu werden, wie er bei einer früheren Ernennung gestanden hätte.

Auch ein Anordnungsanspruch sei nicht glaubhaft gemacht worden. Das ihr zustehende Ermessen sei rechtsfehlerfrei ausgeübt worden.

Der Antragssteller habe keinen Anspruch auf Fortsetzung des Beamtenverhältnisses zum Ablegen einer Wiederholungsprüfung. Die Entlassung habe auf die negative Leistungsprognose gestützt werden dürfen, wonach ein Bestehen auch der Wiederholungsprüfung nicht zu erwarten gewesen sei. Eine Wiederholung eines Ausbildungsabschnittes sei nur möglich, wenn die Mitglieder der Bewertungskonferenz der Überzeugung seien, durch die Wiederholung sei der erfolgreiche Abschluss des Ausbildungsabschnittes zu erwarten. Zu einer solchen Überzeugung sei die Bewertungskonferenz jedoch nicht gekommen.Die APO - Pol weise nicht willkürlich den Wert "ausreichend" auf, eine Abweichung auf "mangelhaft" mit positiver Prognose oder "ungenügend" entspreche nicht der Intention des gewählten Maßstabes. Es sei auch nicht beabsichtigt, dies anzupassen. Bewertungen von Praxisbetreuern, die bei erheblichen Leistungsmängeln zu einer Bewertung im Bereich "ungenügend" führen müssten, beinhalteten ein Urteil über junge Menschen, die aus sozialer Perspektive nicht ihrem Anspruch und Selbstverständnis entsprächen. Eine solche Verantwortung sei den Praxisbetreuern nicht zuzumuten, die Konsequenz wäre, dass die Nichteignung nur noch über die Bewertung der PD AFB in der Theorie erfolge. Dies sei kontraproduktiv zu einer ganzheitlichen Betrachtung der Geeignetheit, der das Praktikum diene.

Die positive Prognose werde bei Betrachtung der geführten Belehrungen und Förderungs- und Beratungsgespräche nicht geteilt. Gerade die Gespräche hätten zu einer Leistungssteigerung führen können und müssen, dies habe aber nicht erkannt werden können. Die ungenügende Bewertung beziehe sich konkret auf die Ausdrucksfähigkeit und die Auffassungsgabe, die Erläuterungen zu den Merkmalen wiesen erhebliche Defizite im Grundlagenbereich wie der Kommunikation auf. Diese Befähigungsmerkmale seien wesentlich für den Polizeiberuf, da sie sich unmittelbar auf den Kontakt mit den Bürgern/innen auswirkten. Mangelnde Kommunikation könne zudem zu eskalierenden Situationen für Bürger/innen und Kollegen/innen führen.

Die Ermessensentscheidung verstoße nicht gegen die Wertung des § 23 Abs. 4 Satz 2 BeamtStG. Hiernach könnten Beamte auf Widerruf jederzeit entlassen werden, wobei Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung gegeben werden solle. Hieraus ergebe sich eine Einschränkung des eingeräumten weiten Ermessens dahingehend, dass eine Entlassung während des Vorbereitungsdienstes nur ausnahmsweise aus Gründen statthaft sei, die mit dessen Sinn und Zweck in Einklang stünden. Leistungsmängel könnten daher ein sachlicher Grund für die Entlassung bilden, wenn sie sich auf den Vorbereitungsdienst auswirkten. So könne eine Entlassung gerechtfertigt sein, wenn - wie hier - ernsthafte Zweifel bestünden, dass der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes, den Erwerb der Befähigung für die angestrebte Laufbahn, erreichen könne, weil er anhaltend unzulängliche Leistungen erbringe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Der zulässige Antrag ist begründet.

Nach der Bestimmung des § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen, nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antragsteller einen Anordnungsgrund sowie einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 3 VwGO iVm §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund, also die besondere Dringlichkeit der begehrten einstweiligen Anordnung, glaubhaft gemacht. Zunächst ist eine rückwirkende Ernennung zum Beamten auf Widerruf nach § 8 Abs. 4 BeamtStG nicht zulässig. Der von der Antragsgegnerin vorgebrachte beamtenrechtliche Ersatzanspruch, mit dem der Antragssteller sich im Fall des späteren Obsiegens in der Hauptsache ggf. beim Dienstherrn schadlos halten könnte, lässt vor dem Hintergrund des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) den Anordnungsgrund für eine einstweilige Anordnung nicht entfallen (VG Schleswig, Beschluss vom 23.07.2019 - 12 B 7/19 - juris, Rn. 27 m.w.N). Der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gebietet darüber hinaus dem Antragssteller, seine Ansprüche im Wege des Primärrechtsschutzes geltend zu machen und sich nicht auf die spätere Geltendmachung von Sekundäransprüchen zu verlagern (VG Schleswig, Beschluss vom 23.07.2019 a.a.O.)

Es liegt keine Vorwegnahme der Hauptsache vor, da es sich bei der begehrten Maßnahme um eine vorläufige Maßnahme handelt. Anders als z.B. bei einem Beamten auf Probe ist bei einem Beamten auf Widerruf nach § 23 Abs. 4 BeamStG die Entlassung jederzeit möglich.

Dem Antragssteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite.

Er hat einen Anspruch darauf, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens als Polizeiobermeisteranwärter in der Laufbahngruppe 1.2 bei der Schleswig-Holsteinischen Landespolizei weiter beschäftigt zu werden und ihn den zweiten Ausbildungsabschnitt wiederholen zu lassen. Dieser Anspruch ergibt sich daraus, dass die Entlassungsverfügung vom 22.07.2019 zwar formell rechtmäßig, materiell indes rechtswidrig ist und deshalb keine Grundlage für die streitbefangene Maßnahme darstellen kann.

Rechtsgrundlage für die Entlassung ist die Bestimmung des § 30 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBG SH i.V.m. §§ 19 Abs. 5, 12 APO-Pol.

Die APO - Pol begegnet zunächst keinen (verfassungs-)rechtlichen Bedenken.

Nach § 38 der Landesverfassung Schleswig-Holstein bedarf der Erlass einer Rechtsverordnung einer Ermächtigungsgrundlage durch Gesetz. Die erforderliche Grundlage findet sich in § 26 Abs. 1 LBG SH.

Die Verordnung ist auch in formal rechtmäßiger Weise erlassen worden.

Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 LBG SH war die für die Gestaltung der Laufbahn zuständige oberste Landesbehörde sachlich zuständig, mithin das Innenministerium. Dieses hat die Verordnung erlassen. Das notwendige Verfahren wurde eingehalten, denn die Verordnung entstand im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 LBG SH.

Die Verordnung als solche ist auch materiell rechtmäßig.

Die Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind erfüllt.

Es handelt sich bei der Verordnung um Vorschriften für die Ausbildung und Prüfung, insbesondere um Vorschriften über die Zwischenprüfung (§ 26 Abs. 1 Nr. 4 LBG SH), über die Durchführung von Prüfungen (§ 26 Abs. 1 Nr. 5 LBG SH) und die Wiederholung von Prüfungen und Prüfungsteilen sowie die Rechtsfolgen bei endgültigem Nichtbestehen der Prüfung (§ 26 Abs. 1 Nr. 6 LBG SH), wie sich aus den §§ 12 ff APO-Pol ergibt.

Die Vorschriften der Verordnung sind hinreichend bestimmt, verstoßen nicht gegen das Verweisungsverbot oder gegen höherrangiges Recht. Es liegt insbesondere keine Verletzung des § 30 LBG SH vor, auch wenn dort ein Nichtbestehen der Prüfung und nicht eine Nichterreichbarkeit des Ausbildungszieles vorausgesetzt wird. Jedoch konkretisiert § 19 APO-Pol die Prüfungsleistungen gerade auch auf die Berufspraktika und die zu erreichenden Ziele.Ein Verstoß gegen § 22 Abs. 4 BeamtStG ist ebenfalls nicht ersichtlich. Zwar ist auch dort das Nichtbestehen Voraussetzung, jedoch kann das Landesrecht, unter das die APO-Pol fällt, eine abweichende Bestimmung treffen. Das Hochschul- und Ausbildungsrecht unterfällt der Länder-Gesetzgebungskompetenz bzw. nach Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 GG der konkurrierenden Gesetzgebung.

Auch ein Verstoß gegen Grundrechte ist nicht ersichtlich. Insbesondere liegt durch die unterschiedlichen Wiederholungsversuchsregelungen bezüglich der unterschiedlichen Laufbahngruppen keine Ungleichbehandlung gemäß Art. 3 GG vor. Vorliegend werden nicht wesentlich gleiche Sachverhalte wesentlich ungleich behandelt. Die unterschiedlichen Prüfungsvoraussetzungen sind gerechtfertigt, da es sich bei den beiden Laufbahnen um unterschiedliche Qualifikationen mit unterschiedlichen Zielrichtungen handelt.

Die Entlassung ist formell rechtmäßig.

Die Zuständigkeit wurde gewahrt; denn nach § 30 Abs. 1 LBG SH ist die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Behörde zuständig. Nach § 19 Abs. 9 APO-Pol ist die Antragsgegnerin von der obersten Dienstbehörde dazu bestimmt worden, über eine Entlassung kraft Gesetzes zu entscheiden.

Das für eine Entlassung kraft Gesetzes notwendige Verfahren wurde eingehalten. Der Antragssteller wurde angehört, als er am 25.07.2019 Widerspruch eingelegt hat. Die Entlassungsverfügung erging schriftlich entsprechend § 19 Abs. 9 APO-Pol.

Der formellen Rechtmäßigkeit steht nicht entgegen, dass die (JAV) nicht beteiligt wurde. Nach § 38 Abs.3 Satz 3 Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein (MBG SH) muss zwar die Gruppenvertretung der Beamtinnen und Beamten, der das Mitglied angehört, einer Entlassung des Mitglieds zustimmen. Die Gruppenvertretung meint aber nicht die spezielle Gruppe, der der Antragsteller angehört, sondern die in § 7 MBG SH genannten Gruppen. Nach dieser Vorschrift bilden die Beamtinnen und Beamten sowie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einer Dienststelle jeweils eine Gruppe. Die Gruppenvertretung, der der Antragsteller angehört - für die Beamtinnen und Beamten ist das der örtliche Personalrat - hat seine Zustimmung nach § 66 Abs. 2 Satz 2 MBG SH erteilt. Es bedarf keines ausdrücklichen Votums der JAV (vgl. Gerhold in: Lorenzen/Etzel/Gerhold u.a. BPersVG, Stand 11/19, § 62 Rn. 37). Die Zustimmung erfolgte auch in der dafür vorgesehenen Frist, nämlich innerhalb von drei Tagen (Antrag auf Mitbestimmung: 03.07.2019; Erteilung der Zustimmung: 04.07.2019).

Die Entlassung ist indes materiell rechtswidrig.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 30 LBG SH i.V.m. §§ 12 Abs. 4 Nr. 4 APO-Pol sind nicht erfüllt. Nach diesen Vorschriften sind Beamtinnen und Beamten mit dem Ablauf des Tages aus dem Beamtenverhältnis entlassen, an dem ihnen das endgültige Nichtbestehen einer Prüfung oder vorgeschriebenen Zwischenprüfung bekannt gegeben worden ist (§ 30 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 LBG SH). Nach § 19 Abs. 5 Nr. 4 APO-Pol ist das Ziel der Fachausbildung (nur) erreicht, wenn der Befähigungsbericht über das Berufspraktikum mindestens mit der Note "ausreichend" bewertet worden ist.

Mit dem Befähigungsbericht vom 11.06.2019 wurde eine Zwischenbewertung abgegeben. Zwischenbewertungen sind Berichte, die während und am Ende der Grund- und Fachausbildung vorgenommen werden, § 19 Abs. 1 Satz 1 APO-Pol. Die Ergebnisse sind nach Satz 2 schriftlich bekannt zu geben. Letzteres wurde zwar bei dem Befähigungsbericht eingehalten.

Mit der Zwischenbewertung wurde indes die endgültige Nichterreichung des Ausbildungsziels in unzulässiger Weise festgestellt.

Das Ausbildungsziel des Berufspraktikums ist - wie ausgeführt - erreicht, wenn der Befähigungsbericht über das Praktikum mindestens mit der Note "ausreichend" bewertet ist. Dies ist hier zwar nicht der Fall, da das Praktikum mit der Note "mangelhaft" bewertet wurde. Indes ist damit das Ausbildungsziel noch nicht endgültig nicht erreicht, denn dies ist nach § 19 Abs. 9 APO-Pol erst der Fall, wenn auch eine Wiederholung des Prüfungsabschnittes nach § 12 Abs. 2 APO-Pol nicht zulässig ist.

Vom Vorliegen dieser Voraussetzung kann aber nicht ausgegangen werden. Nach § 12 Abs. 2 APO-Pol kann ein Ausbildungsabschnitt einmal wiederholt werden, wenn das Ziel dieses Ausbildungsabschnittes nicht erreicht wurde und durch die Wiederholung ein erfolgreicher Abschluss des Abschnittes zu erwarten ist.

Der Antragssteller hat das Ziel des zweiten Ausbildungsabschnittes nicht erreicht. Entgegen der Annahme der Antragsgegnerin ist aber ein erfolgreicher Abschluss des Berufspraktikums im Falle einer Wiederholung zu erwarten. Ob dies der Fall ist, richtet sich nach der Prognose, die sich aus dem Befähigungsbericht zum Abschluss des Ausbildungsabschnittes ergibt.

Dieser Bericht ist entgegen der Annahme des Antragsstellers zwar formal ordnungsgemäß zustande gekommen. Insbesondere geht der Einwand fehl, der Praxisausbilder auf der Dienststelle hätte den Antragssteller selbst durch das Praktikum begleiten müssen. Es besteht für den Praxisausbilder keine Verpflichtung, alle Leistungen des Antragsstellers höchstpersönlich wahrzunehmen (VG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2018 - 2 K 2129/18 - juris, Rn. 42). Der Grundsatz der höchstpersönlichen Wahrnehmung des Prüflings durch den Prüfer gilt zwar im Prüfungsrecht, ist aber auf ein Praxismodul nicht übertragbar. Die Situation ähnelt eher der bei einer dienstlichen Beurteilung (VG Düsseldorf, Urteil vom 30.10.2018 a.a.O. Rn. 45). Bei einer solchen Beurteilung begegnet es keinen Bedenken, wenn sich der Beurteiler Beiträge und Stellungnahmen Dritter bedient (VG Düsseldorf Urteil vom 30.10.2018 a.a.O. Rn. 47). Dies hat der Praxisausbilder hier getan. Gleiches gilt für die "Bärenführerin" des Antragsstellers, die aus den genannten Gründen ebenfalls nicht dazu verpflichtet war, die gesamte Ausbildungszeit mit dem Antragssteller zu verbringen, um eine Bewertung abgeben zu können.

Auch die Einwendung, es fehlten bei der Bewertung die letzten 2,5 Wochen, verfängt nicht. Es ist nicht unüblich, dass bei einem Praktikum ein Zeugnis bzw. Bericht schon vor Ende der eigentlichen Ausbildungszeit geschrieben wird. Es mag zwar sein, dass aus Sicht des Antragsstellers sich die allgemeine Situation und auch seine Leistungen zuletzt verbessert haben, aus Sicht des Berichtverfassers mag diese Veränderung in den letzten 2,5 Wochen indes nicht für eine andere Bewertung maßgeblich gewesen sein.

Inhaltlich ist der Befähigungsbericht durch das Verwaltungsgericht nur eingeschränkt überprüfbar, da es sich um eine Beurteilung mit Prognose handelt, bei der die Behörde einen Beurteilungsspielraum hat (BVerwG, Beschluss vom 14.06.2006 - 1 WB 8/06 - juris, Rn. 21). Es kann nur überprüft werden, ob für die Bewertung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt wurden (vgl. VG Kassel, Beschluss vom 31.01.2005 - 7 G 2361/04 - juris, Rn. 34).

Hier wurde für den Bericht der Sachverhalt nur unvollständig ermittelt; insoweit enthält er unvollständige Tatsachen. Es wurden nämlich in keiner Weise die - substantiierten - Aussagen und Einschätzungen des Antragsstellers berücksichtigt, geschweige denn, sich mit ihnen auseinandergesetzt, wonach das im Bericht genannte Fehlverhalten ein aus dessen Sicht in der Ausbildungssituation durchaus angemessenes Verhalten war. Hier wäre insoweit wenigstens eine Auseinandersetzung mit diesen Erwägungen zu erwarten gewesen.

Zudem enthält die Bewertung sachfremde Erwägungen. Auf die vom Antragsteller belastbaren Kriterien reduziert, enthält er einige Bewertungspunkte, die rein subjektiv schlechte Bewertungen durch die "Bärenführerin" enthalten. Solche Erwägungen sind sachfremd, da es alleine auf die objektiv - messbare Arbeit bzw. Leistung des Antragsstellers ankommt. So ist es für die Beurteilung nicht relevant, dass er nach Ansicht der "Bärenführerin" keine Fragen zu Sachverhalten oder Einsätzen stellte, um Dinge zu hinterfragen. Ebenso ist es eine nicht in den Bericht gehörende persönliche Meinung des Berichtverfassers, dass der Antragssteller sich an unpassenden Tagen frei genommen habe. Die Tatsache, dass der Antragssteller mit einigen Personen, die ihm dienstlich begegnet sind, bekannt war, sagt darüber hinaus nichts über die Leistungen des Antragstellers und dessen (objektive) Eignung zum Polizeibeamten aus.

Schließlich sind auch allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet worden. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass die Note "mangelhaft" vergeben wird, wenn die Leistungen zwar nicht den Anforderungen entsprechen, jedoch erkennen lassen, dass die notwendigen Grundkenntnisse und -fähigkeiten vorhanden sind und die Mängel in absehbarer Zeit behoben werden können. Dem steht die - unzulässige - Wertung und Entscheidung des Antragsgegners entgegen, die Leistungen und Fähigkeiten des Antragstellers so einzuschätzen, dass sie einem "ungenügend" entsprechen, mithin sie es ausschließen, dass der Antragsteller aufgrund des Fehlens elementarer Grundlagen sein Ausbildungsziel erreichen wird.

Nach alledem ist der Befähigungsbericht und damit das darauf maßgeblich basierende Ergebnis der Bewertungskonferenz nicht geeignet, eine negative Prognose hinsichtlich der Wiederholung des Berufspraktikums zu tragen.

Hinzu tritt letztlich noch Folgendes:

Bei § 12 Abs. 2 Satz 1 APO-Pol handelt es sich um eine Ermessensvorschrift, nach der eine Prüfung wiederholt werden kann, aber nicht muss. Ermessen hat die Antragsgegnerin indes überhaupt nicht ausgeübt, da sie eine Wiederholung von vornherein (aufgrund ihrer negativen Prognose) ausgeschlossen hat. In die Ermessenserwägungen hätte nach Auffassung der Kammer aber ungeachtet dessen einfließen müssen, dass nach § 23 Abs. 4 Satz 2 LBG SH Beamten auf Wiederruf im Vorbereitungsdienst die Möglichkeit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen. Das Ermessen der Antragsgegnerin ist hinsichtlich einer Entlassung eines Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst durch diese Vorschrift insoweit eingeschränkt (VG Hamburg, Beschluss vom 03.03.1998 - 11 VG 146/98 - juris, Rn. 6). Eine Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst ist damit nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig (VG Aachen, Urteil vom 30.04.2015 - 1 K 2241/14 - juris, Rn. 17).

Mit einer Entlassung wird mit der Aufrechterhaltung der Funktion und Integrität des öffentlichen Dienstes ein legitimes Ziel verfolgt. Zur Erreichung dieses Ziels kann eine Entlassung geeignet (VG Aachen, Urteil vom 30.04.2015 a.a.O. Rn. 31) und ggf. auch erforderlich sein. Jedoch ist die Entlassung in diesem Stadium des Beamtenverhältnisses die am stärksten in die Rechte des Antragstellers eingreifende Maßnahme, denn sie betrifft seine Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 2 GG (VG Aachen, Urteil vom 30.04.2015 a.a.O.) Unter diesem Aspekt hätte es einer besonderen Abwägung bedurft, ob es keine Maßnahme gibt, die weniger intensiv in die Rechte des Antragsstellers eingreift. Die streitbefangene Maßnahme hat quasi berufsbeendende Wirkung. Eine weniger grundrechtsintensive Maßnahme wäre hier die Wiederholung des zweiten Prüfungsabschnittes. Nur mit der abgeschlossenen Ausbildung kann er bei der Antragsgegnerin oder einer anderen Landespolizei angenommen werden. Eine andere Möglichkeit, die Ausbildung abzuschließen, hat der Antragssteller nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 I VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes ist gem. §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 GKG (Gerichtskostengesetz) i.V.m. Ziff. 1.5 S. 2 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit festgesetzt worden. Danach beläuft sich der Streitwert auf ¼ des im Kalenderjahr zu zahlenden Grundbetrages (Polizeiobermeisteranwärtergrundbetrag: 1.204,60 € x 12: 2: 2 = 3.613,80 €).