OLG Hamburg, Beschluss vom 28.01.2019 - 8 W 2/19
Fundstelle
openJur 2020, 2403
  • Rkr:
Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 20.11.2018 (Aktenzeichen: 327 O 312/18) wie folgt abgeändert:

Die von dem Antragsgegner an die Antragsteller gemäß § 104 ZPO nach dem Beschluss des Landgerichts vom 27.08.2018 zu erstattenden Kosten werden auf 1.272,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 20.09.2018 festgesetzt.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 222,60 € zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Abänderung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses.

Die Antragsteller als Markenrechtsinhaber erwirkten gegen den Antragsgegner eine auf Unterlassung der Benutzung der geschützten Marke gerichtete einstweilige Verfügung vom 27.08.2018. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Antragsgegner auferlegt.

Auf Basis eines nach Beschwerde des Antragsgegners auf 20.000 € festgesetzten Streitwerts (Beschluss des HansOLG Hamburg vom 24.10.2018 - 3 W 87/18) hat das Landgericht zu erstattende Rechtsanwaltskosten der Antragsteller in Höhe von 1.049,82 € festgesetzt.

Gegen den am 29.11.2018 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss haben die Antragsteller eingehend am selben Tag sofortige Beschwerde eingelegt, soweit das Landgericht trotz der Vertretung zweier Antragsteller auf die Verfahrensgebühr des Antragstellervertreters keine 0,3 Erhöhungsgebühr gemäß VV RVG Nr. 1008 zuerkannt hat.

Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Die nach §§ 567, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Die Antragssteller wenden sich zu Recht dagegen, dass das Landgericht im angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss die von ihrem Prozessbevollmächtigten geltend gemachte Erhöhungsgebühr gemäß VV RVG Nr. 1008 nicht als erstattungsfähig angesehen hat.

1. Gemäß VV RVG Nr. 1008 erhöht sich die Verfahrensgebühr für jede weitere Person um 0,3, wenn in derselben Angelegenheit mehrere Personen Auftraggeber sind. Damit tritt bei Wertgebühren eine Gebührenerhöhung ein, soweit der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit derselbe ist. Liegen hingegen verschiedene Gegenstände vor, so werden die Gegenstandswerte gemäß § 22 RVG addiert, die Gebühr aber nicht erhöht (Müller-Rabe in Gerold/Schmidt, RVG, VV RVG Nr. 1008 Rn. 144).

Der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist dann derselbe, wenn der Rechtsanwalt für mehrere Auftraggeber wegen desselben Rechts oder Rechtsverhältnisses tätig wird, wenn also die Auftraggeber insoweit eine Rechtsgemeinschaft oder eine dieser gleichgestellten Gemeinschaft bilden. Steht dagegen jedem von mehreren Auftraggebern das Recht allein zu bzw. bestehen mehrere, ggf. auch inhaltsgleiche Rechte selbständig nebeneinander, so handelt es sich um verschiedene Gegenstände (BGH, Beschluss vom 15.04.2008 – X ZB 12/06, juris Rn. 7; Senat, Beschluss vom 02.02.2015 - 8 W 108/14; Müller-Rabe aaO. Rn. 146).

2. Nach diesen Maßstäben sind die Voraussetzungen für die Berechnung einer Erhöhungsgebühr nach VV RVG Nr. 1008 erfüllt.

a) Die beiden Antragsteller sind gemeinsam Inhaber des den Unterlassungsanspruch begründenden Markenrechts. Da sie ihre Rechtsgemeinschaft nicht abweichend geregelt haben, bilden sie als Inhaber der Marke eine Bruchteilsgemeinschaft i.S.d. §§ 741 ff. BGB (vgl. BGH, Beschluss vom 13.03.2014 - I ZB 27/13 - juris Rn. 9; MüKo-K. Schmidt § 741 BGB Rn. 68).

b) Im Ausgangspunkt zutreffend führt das Landgericht aus, dass jeder Antragsteller den Unterlassungsanspruch auch hätte selbständig geltend machen können. Denn steht das verletzte Kennzeichenrecht mehreren in Bruchteilsgemeinschaft zu, so ist entsprechend § 744 Abs. 2 BGB jeder Mitinhaber selbständig zur Geltendmachung von Unterlassungs- oder sonstigen Durchsetzungsansprüchen berechtigt (BGH GRUR 2000, 1028, 1029; OLG Köln GRUR-RR 2005, 82, 83); bei der Verteidigung der Marke können etwaige Leistungs- oder Auskunftsansprüche aufgrund der Bruchteilsgemeinschaft aber gemäß §§ 432 Abs. 1, 744 Abs. 1 BGB nur zugunsten aller Mitinhaber der Marke als Gesamtgläubiger erhoben werden (BeckOK MarkenR/Eckhartt MarkenG § 14 Rn. 627; Ingerl/Rohnke MarkenG § 14 Rn. 12, jeweils m.w.N.).

c) Dennoch handelt es sich beim markenrechtlichen Unterlassungsanspruch um denselben Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit i.S.d. VV RVG Nr. 1008, weil die Antragsteller aufgrund einer einheitlichen, demselben Rechtsverhältnis entstammenden Rechtsposition - nämlich ihrer Mitinhaberschaft am Markenrecht - das gleiche Ziel - nämlich die Unterlassung einer Markenrechtsverletzung - verfolgen. Die Antragsteller machen keine selbständigen, voneinander unabhängigen Ansprüche, sondern den gleichen Unterlassungsanspruch geltend. Aus dem einheitlichen den Antragstellern in Bruchteilsgemeinschaft zustehenden Markenrecht resultiert ein einheitlicher Unterlassungsanspruch, dessen Geltendmachung eine Erhöhungsgebühr auslöst (vgl. für den einheitlichen Unterlassungsanspruch bei Schutzrechtsverletzungen im Falle einer Gesamthandsgemeinschaft bereits Senat, Beschluss vom 09.02.2000, juris Rn. 2; KG, Beschluss vom 30.06.2005 - 1 W 93/05, juris Rn. 2; OLG Köln, Beschluss vom 10.05.1993, juris Rn. 2; für die Bruchteilsgemeinschaft: LG Mannheim Urteil vom 26.11.2013 - 2 O 315/12, juris Rn. 23; Müller-Rabe aaO. Rn. 211; Anwaltskommentar RVG/Volpert VV RVG Nr. 1008 „Bruchteilsgemeinschaft“; allgemein bei gemeinsamen Schutzrecht der Auftraggeber: Bräuer in Bischof/Jungbauer/Bräuer/Cukovic/Mathias/Uher, RVG, Nr. 1008 Rn. 74a).

Zutreffend ist daher der Streitwert in dieser Sache auch nur für einen einheitlichen Unterlassungsanspruch festgesetzt und nicht durch Wertaddition gemäß § 22 Abs. 1 RVG ermittelt worden (Beschluss des HansOLG Hamburg vom 24.10.2018 - 3 W 87/18).

d) Schließlich führt allein der Umstand, dass jeder Mitinhaber berechtigt wäre, Ansprüche aus Verletzung des gemeinsamen Markenrechts selbständig geltend zu machen, erstattungsrechtlich nicht ohne weiteres dazu, dass die Mitinhaber die Prozessführung einem einzelnen von ihnen hätten überlassen müssen. Es bedürfte besonderer Gründe, wenn das im allgemeinen vorrangige Gläubigerinteresse, selbst als Partei an einem seine Rechte betreffenden Rechtsstreit beteiligt zu sein, dem Gebot der Kostenersparnis unterzuordnen wäre (vgl. OLG Köln aaO m.w.N.). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs wird vorliegend auch nicht geltend gemacht.

3. Bei Berücksichtigung einer 0,3 Erhöhungsgebühr gemäß VV RVG Nr. 1008 auf der Basis eines Streitwerts von 20.000 € erhöht sich der festzusetzende Vergütungsanspruch um 222,60 € auf 1.272,42 €.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs.1 ZPO. Als Gegenstandswert ist der Betrag festzusetzen, um den die festgesetzten Kosten im vorliegenden Verfahren zu niedrig angesetzt worden sind.

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