LG Hamburg, Urteil vom 27.04.2018 - 322 O 601/16 (2)
Fundstelle
openJur 2020, 1854
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

4. Der Streitwert wird auf 431.187,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wurde auf einen am 11.06.2013 bei Amtsgericht H. eingegangenen Insolvenzantrag hin mit Beschluss dieses Insolvenzgerichts vom 02.09.2013 (Anlage K 1) zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der D.K C. & T. GmbH bestellt (i.F. Insolvenzschuldnerin). Mit einem Beschluss vom gleichen Tage ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin von diesem Gericht eröffnet worden. Die Beklagte ist Eigentümerin mehrere Seeschiffe und war über einen Chartervertrag mit der Insolvenzschuldnerin verbunden.

Mit „Fixture Recap“ (Vertragsschluss) vom 15.02.2013 (vgl. dazu die Anlage B 9) vercharterte die Beklagte das MV „J. S.“ für eine Reise von ca. 50 bis 55 Tagen an die Insolvenzschuldnerin. Im Rahmen dieses Zeitchartervertrages (vgl. zu den zugrundeliegenden Bedingungen die Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 24.10.2017 in Verbindung mit der Anlage B 9) ist vereinbart worden, dass die Fracht 15 Tage im Voraus zu zahlen sei; diese sollte für die Anfangszeit 5.125,00 USD pro Tag und ab dem 61. Tag 8.125,00 USD pro Tag betragen. In den Vertragsbedingungen ist ein Pfandrecht an dem Frachtgut geregelt.

Das gecharterte Schiff ist am 19.02.2013 in H.- P. in T. zur Verfügung gestellt und – ebenfalls in T. – zwecks Beförderung nach P. H. in N. mit zwei Partien Zement beladen worden. Diese Ladung stand nicht im Eigentum der Insolvenzschuldnerin. Eine am 20.02.2013 erstellte erste Rechnung über 224.368,17 USD wurde von der Insolvenzschuldnerin bezahlt. Das betraf die ersten 20 Tage bis zum 11.03.2013 nebst Bunkerverbrauch für die Reise nach S.. Dorthin ließ die Insolvenzschuldnerin das Schiff fahren; es kam am 02.03.2013 an und lag dort in der Folgezeit zunächst auf Reede. Man wartete auf weitere seitens der Insolvenzschuldnerin zu erteilende Weisungen.

Die Beklagte erstellte die nachfolgenden kumulierenden Frachtrechnungen:

RechnungsdatumZeitraumBetrag in USD        14.03.201312.03.2013 bis21.03.201345.400,552. Hirestatement27.03.201312.03.2013 bis04.04.2013120.009,183. Hirestatement08.04.201312.03.2013 bis20.04.2013194.617,864. Hirestatement18.04.201312.03.2013 bis05.05.2013312.538,935. HirestatementHierauf gingen im März und April 2013 keine Zahlungen ein. Die Beklagte erkundigte sich daraufhin wiederholt bei einem Schiffsmakler (B. R. S. B.) nach den Gründen für die lange Wartezeit auf der Reede in S. und die Zahlungssäumnisse; sie wünschte eine Mitteilung, wann mit dem Eingang der noch ausstehenden Frachtzahlungen gerechnet werden könne.

Die Insolvenzschuldnerin reagierte u.a. mit E-Mail vom 17.04.2013 (Anlage B 2). Darin teilte sie der Beklagten und dem genannten Schiffsmakler mit, dass ein Löschkahn („EBC 1“) in P. H. für 33 Tage ausgefallen sei, so dass dort die Löschgeschwindigkeit erheblich reduziert sei. Dieser Löschkahn habe allerdings zwischenzeitlich seinen Betrieb wieder aufgenommen. Es heißt in diesem Schreiben (Übersetzung vgl. Seite 5 des Schriftsatzes vom 15.02.2017) weiter:

„ In addition to the above problems D. ran into liquidity problems because of late payment of some freights. We are presently trying to resolve this and expect to be able to resume the hire payments before the end of the next week when J. S. hire will be paid.Confirm that freight has been paid for this vessel and bills of ladings released which are now in possession of receivers”.

Unter dem 18.03.2013 (Anlage B 1) gab die Schiffsmaklerfirma den Hinweis auf die am Bestimmungsort P. H. ausgefallenen Gerätschäften an die Beklagte weiter. Als Grund dafür, dass das Schiff in S. statt in N. warte, ist in dem Schreiben angegeben worden, dass es in P. H. unter Verbrauch von Treibstoff treiben müsste und die Gefahr von Piraterie bestehe.

Im Rahmen von weiterer Korrespondenz hörte die Beklagte davon, dass angesichts des Inhalts der Konnossemente („Freight prepaid“) davon auszugehen sei, dass die Insolvenzschuldnerin die Fracht für die Beförderung des Zements auf der „J. S.“ vom Befrachter erhalten habe. Dass die Insolvenzschuldnerin danach die Fracht eingenommen hätte ohne anschließend Gelder an sie weiterzuleiten erweckte bei der Beklagten Misstrauen. Sie stellte Nachforschungen an und erhielt die Information, dass die Insolvenzschuldnerin über erhebliches Vermögen verfügt habe, aber von ihr seit 2011 kein Jahresabschluss eingereicht worden sei (vgl. hierzu auch Anlage B 3 Ziffer 45).

Die Beklagte beantragte daraufhin am 23.04.2013 beim English High Court of Justice eine Worldwide Freezing Injunction Order gegen die Insolvenzschuldnerin zur Sicherung von Vermögen in Höhe von 445.000,00 USD; diese wurde noch gleichen Tage vom High Court nach Anhörung erlassen und am Folgetag ausgefertigt (vgl. Anlagen K 13, B 4). Hierdurch wurde der Insolvenzschuldnerin untersagt, über Vermögen in Höhe von USD 445.000,00 USD zu verfügen. Die Worldwide Freezing Injunction Order wurde sowohl der Insolvenzschuldnerin als auch der B. Bank, die eine Filiale in L. unterhält, und der Sparkasse S. zugestellt. Die B. Bank teile daraufhin mit Schreiben vom 25.04.2014 (Anlage B 13) mit, dass sie ihren Geschäftssitz außerhalb der Gerichtsbarkeit des High Court habe. Alle Konten (Sicherheiten) sowie das Vermögen der Kundin, also der Insolvenzschuldnerin, befänden sich außerhalb von England und Wales. Daher habe die Worldwide Freezing Order, so heißt es in dem Schreiben weiter, für sie keine Geltung.

Am 28.04.2013 gab die Insolvenzschuldnerin Order, das gecharterte Schiff nach P. H. in N. zu fahren. Ebenfalls am 28.04.2013 zahlte die Beklagte für die Bebunkerung des Schiffes mit 628.968,00 MT IFO einen Betrag von 389.645,68 USD, der von der Insolvenzschuldnerin gemäß Chartervertrag zu erstatten war. Darüber hinaus veranlasste die Beklagte die Säuberung des Unterwasserschiffes vom Bewuchs, wovon die Insolvenzschuldnerin gemäß vertraglicher Vereinbarung 50 % zu zahlen hatte, nämlich 13.000,00 USD.

Die Parteien schlossen einen Vergleich, nach dem die Insolvenzschuldnerin einen Gesamtbetrag von 1.195.069,96 USD (einschließlich Fracht bis zum 06.06.2013) in Raten zahlen sollte. Der Vergleich wurde durch Gerichtsbeschluss des High Court vom 02.05.2013 in Form einer Tomlin Order (Anlage B 5) niederlegt. Darin ist in Ziffer 7 vorgesehen worden, dass im Falle des Zahlungsverzuges die gesamte noch ausstehende Summe sofort fällig gestellt wird und ohne Abzüge und Aufrechnungsmöglichkeit zu zahlen ist. Die Beklagte sollte in diesem Fall gemäß Ziffer 7 b) sofort berechtigt sein, einen Titel über die danach fällige Gesamtverbindlichkeit zu beantragen. In Ziffer 7 c. heißt es, die Beklagte solle weiter befugt sein, beim High Court in England eine „reinstatement of the Freezing Order“ zu beantragen. Im Gegenzug zu den aus der Tomlin Order ersichtlichen Verpflichtungen der Insolvenzschuldnerin sollte die Beklagte mit Unterzeichnung die Aufhebung der Worldwide Freezing Injunction Order und außerdem eine Unterbrechung in einem zwischenzeitlich eingeleiteten Londoner Schiedsgerichtsverfahren veranlassen.

Es erfolgten im Zeitraum vom 02.05.2013 bis zum 04.06.2013 Zahlungen in einer Gesamthöhe von 450.000,00 USD an die Beklagte, im Einzelnen:

TagZahlbetrag in USD02.05.201350.00008.05.201350.00016.05.2013100.00023.05.2013100.00029.05.2013100.00004.06.201350.000Summe450.000Diese Zahlungen wurden vereinbarungsgemäß von einem Bankkonto der Insolvenzschuldnerin bei der B. Bank J.. B. G. & Co. KG geleistet. Durch sie sind die im Vergleich vorgesehenen Raten bis auf die letzte dort vorgesehene Rate (795.069,96 USD) vollständig gezahlt worden. Die Beklagte beantragte unter Hinweis auf die bis auf den Teilbetrag von 50.000,00 € noch offen stehende letzte im Vergleich angeführte Rate beim High Court einen gerichtlichen Titels. Dieser (vgl. die Anlage B 6 zur Akte gereichte Order des High Court) wurde am 28.06.2013 über einen Betrag von 745.069,96 USD erlassen.

Das gecharterte Schiff traf am 29.05.2013 in P. H. in N. ein und gab um 8.00 Uhr Ortszeit Bereitschaftsanzeige. Nachdem am Tage darauf die Löscharbeiten begonnen hatten, verließ es am 12.06.2013 den Hafen und wurde am gleichen Tag wieder zurückgegeben.

Mit der Klage erklärte der Kläger unter Hinweis auf die §§ 129 Abs.1, 131 Abs.1, 2 und 3 InsO und weiter gemäß § 133 Abs.1 InsO die Anfechtung der in Höhe von insgesamt 450.000,00 USD geleisteten Zahlungen.

Der Kläger hält die Deutschen Gerichte für international zuständig und verweist darauf, dass es für die Frage, welches Gericht über eine Anfechtungsklage zu entscheiden habe, auf den Mitgliedsstaat der EU ankomme, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei. Danach sei angesichts der – unstreitigen – Insolvenzeröffnung durch das Amtsgericht H. das Landgericht Hamburg zuständig.

Die Beklagte habe die im Zeitraum vom 02.05.2013 bis zum 04.06.2013 in einer Gesamthöhe von 450.000,00 USD geleisteten Zahlungen von der Insolvenzschuldnerin in anfechtbarer Weise erlangt. Durch diese Zahlungen seien die übrigen Gläubiger benachteiligt worden. Auf die im Zeitchartervertrag enthaltene Regelung über ein Pfandrecht komme es dabei nicht an. Hierzu verweist der Kläger darauf, dass die Ladung nicht im Eigentum der Insolvenzschuldnerin gestanden habe.

Die Insolvenzschuldnerin sei zu den Zeitpunkten, als sie die streitgegenständlichen Zahlungen geleistet habe, also jedenfalls seit dem 02.05.2013, zahlungsunfähig gewesen. Ihr hätten nicht mehr genügend Mittel für die Befriedigung aller ihrer Gläubiger zur Verfügung gestanden. Zu den einzelnen Verbindlichkeiten macht der Kläger Ausführungen (vgl. u.a. die Seiten 6 ff. der Klagschrift und Seite 8 des Schriftsatzes vom 10.05.2017). Er hebt hervor, dass sich eine nur exemplarisch herausgegriffene lange überfällige Verbindlichkeit auf 15 Mio. USD belaufen habe.

Die Zahlungen seien schon nach den §§ 129 Abs.1, 131 Abs.1 InsO anfechtbar. Es habe sich um Rechtshandlungen innerhalb der in § 131 Abs.1 InsO genannten Zeiträume gehandelt, die als inkongruent anzusehen sind. Zur Begründung verweist der Kläger auf die Rechtsprechung, wonach Zahlungen inkongruent seien, die zur Abwendung einer unmittelbar drohenden Zwangsvollstreckung geleistet werden. Nur aufgrund des Drucks, der von der Worldwide Freezing Injunction Order ausgegangen sei, habe die Beklagte – unter Bevorzugung vor anderen Gläubigern - Zahlungen von der Insolvenzschuldnerin erlangt.

Im Übrigen sei auch die auf §§ 129 Abs.1, 133 Abs.1 InsO gestützte Anfechtung wirksam erfolgt. Die Insolvenzschuldnerin habe mit dem Vorsatz gehandelt, ihre Gläubiger zu benachteiligen. Sie habe ihre Zahlungsunfähigkeit, erst recht eine drohende Zahlungsunfähigkeit, gekannt. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt der Zahlungen ab dem 02.05.2013 von der Benachteiligung der Insolvenzgläubiger gewusst. Jedenfalls seien ihr Umstände bekannt gewesen, die zwingend auf eine solche Benachteiligung (und den Benachteiligungsvorsatz der Insolvenzschuldnerin) hätten schließen lassen. Spätestens seit dem 14.04.2013 sei der Beklagten bekannt gewesen, dass die Insolvenzschuldnerin nicht nur ihr gegenüber, sondern auch gegenüber weiteren Gläubigern, etwa der Tank Shipping mit mindestens 30.000 USD, in Verzug gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 450.000,00 USD nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.09.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und erwidert, das Landgericht Hamburg sei international unzuständig. Hierzu macht sie unter Hinweis auf die Ziffer 12 der Tomlin-Order Ausführungen.

Die Zahlungen stellten keine nach den §§ 129 ff. InsO anfechtbaren Handlungen dar. Schon angesichts des vereinbarten Pfandrechtes sei die Gesamtheit der Gläubiger nicht benachteiligt worden. Durch die Zahlungen sei erreicht worden, dass das Schiff nach N. habe fahren und dort habe entladen werden können. Damit seien durch die Zahlungen ansonsten drohende Schadensersatzansprüche abgewendet worden.

Zum Zeitpunkt der Zahlungen sei die Insolvenzschuldnerin nicht zahlungsunfähig gewesen. Hierzu verweist die Beklagte darauf, dass die Insolvenzschuldnerin ihre Zahlungen nicht eingestellt habe, sondern schließlich – wie sich aus dem unstreitigen Vorbringen ergebe – in geringem zeitlichen Abstand etwa die Ratenzahlungen an sie geleistet worden seien. Es sei lediglich unter Berücksichtigung der ohnehin anspannten Situation auf dem Schifffahrtsmarkt zu Liquiditätsproblemen bei der Insolvenzschuldnerin und nachfolgend zu Zahlungsstockungen gegenüber einzelnen Gläubigern gekommen. Die nicht gravierend erschienenen Liquiditätsprobleme hätten ihren Grund in Entladeschwierigkeiten in P. H. mit Wartezeiten bis zu einem Monat in N. gehabt. Nur deshalb sei es dann zu bloßen Zahlungsstockungen bei der einzuziehenden Fracht gekommen. Die Liquiditätslücke habe jeweils nicht mehr als 10 % betragen. Die Beklagte nimmt zu den vom Kläger aufgeführten Zahlungsrückständen von Gläubigern Stellung. Bei der Gewichtung von Außenständen müsse, so die Beklagte, berücksichtigt werden, dass sich die Tagesfrachtraten auf ca. 10.000,00 USD beliefen, so dass es aufgrund von ausbleibenden Zahlungseingängen schnell zu hohen Außenständen habe kommen können. Den gegen sie gerichteten Forderungen habe eine sehr hohe Forderung gegen die im Insolvenzantrag (Anlage B 10) näher bezeichnete Fa. I. gegenübergestanden. Wäre die – von I. avisierte und daher mit Sicherheit zu erwartende - Frachtforderung durch diese beglichen worden, so hätten geltend gemachte Gläubigerforderungen von ca. 37 Mio. USD (vgl. dazu die Gläubigerliste Anlage K 10) erfüllt werden können. Die Beklagte verweist auf Verzögerungen bei anderen Kunden und darauf, dass nach den Angaben im Insolvenzantrag auch gegen Dritte Forderungen in Höhe von ca. 20 Mio. USD bestanden hätten. Jedenfalls sei von den Gläubigern der Insolvenzschuldnerin ein Zuwarten nach den Umständen des Einzelfalles zumutbar gewesen.

Die an sie geleisteten Zahlungen seien nicht inkongruent gewesen. Hierzu verweist die Beklagte darauf, dass sie die Gelder nicht aufgrund eines Zwangsvollstreckungsdruckes erhalten habe. Der Insolvenzschuldnerin sei es vielmehr darum gegangen, die Durchführung des Transportes sicherzustellen und die Ladung zu erhalten, womit sie auch eigene Schadensersatzpflichten habe vermeiden wollen. Sie habe das Geschäft am Laufen halten wollen, um ihren Vertragspartnern gegenüber die versprochenen Leistungen erfüllen zu können. Es habe der Gefahr entgegengewirkt werden sollen, dass sie, die Beklagte, sich mangels Vergütungszahlung zum Rücktritt vom Chartervertrag entschließt oder ein vertragliches Pfandrecht an der Ladung ausübt.

Die Beklagte hebt hervor, dass kein Vollstreckungstitel vorhanden gewesen sei und somit auch nicht mit einer Zwangsvollstreckung habe begonnen sein können. Sie trägt ergänzend vor, es habe auch keine Zwangsvollstreckung bevorgestanden, als sie die Zahlungen erhalten habe. Zur Worldwide Freezing Injunction Order führt die Beklagte aus, diese stelle eine bloße Sicherungsmaßnahme dar; es handele sich bei der Order um keinen gerichtlichen (Zahlungs-)-Titel; sie sei keinem Gerichtsurteil und keinem Arrestbeschluss (mit Pfändungswirkung) gleichzustellen. Schließlich bewirke eine Worldwide Freezing Injunction Order nur, dass der Partei, gegen die sie ergangen sei, die Möglichkeit verwehrt wird, Vermögensgegenstände außer Landes zu bringen, was sich im Übrigen für die Gesamtheit der Gläubiger als Vorteil erweise. Eine Zuweisung von Vermögen an einen bestimmten Gläubiger werde damit nicht vorgenommen. Den Banken, so auch der B. Bank J.. B. G. & Co. KG, sei bekannt gewesen, dass die Freezing Order ohne Vollstreckbarkeitserklärung durch deutsche Gerichte keine Wirkung in Deutschland habe. Im Übrigen sei, so führt die Beklagte weiter aus, sei die Worldwide Freezing Injunction Order durch den zwischen ihr und der Insolvenzschuldnerin geschlossenen Vergleich bzw. die Tomlin Order wieder aufgehoben worden; sie habe damit nicht der Anlass für die Zahlungen gewesen sein können.

Entsprechendes - keine Druckausübung durch Inaussichtstellen von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen - gelte für die Tomlin Ordner, denn auch dadurch habe sie, die Beklagte, keinen vollstreckbaren Titel erwirkt, aus dem sie die Zwangsvollstreckung hätte betreiben können.

Sie, die Beklagte, habe eine etwaige Zahlungsunfähigkeit jedenfalls nicht gekannt und im Übrigen keine Kenntnis von Umständen gehabt, die zwingend auf eine Zahlungsfähigkeit hätten schließen lassen können. Von kurzzeitigen Liquiditätsproblemen sei ihr von der Insolvenzschuldnerin zwar berichtet worden und entsprechende Gerüchte habe es auf dem Markt gegeben. Die Situation habe sie jedoch als eine kurzzeitige Krise verstanden und verstehen können, die durch ein Treffen mit der Fa. I., also einem Frachtschuldner der Insolvenzschuldnerin, habe beendet werden können. Erst als die Fa. I. die Zahlung der ausstehenden Fracht – aus ihr, der Beklagten, unbekannten Gründen – abgelehnt habe, habe sich eine Umwandung der Liquiditätsprobleme in eine Zahlungsunfähigkeit ergeben, weshalb dann auch seitens der Insolvenzschuldnerin ein Insolvenzantrag gestellt worden sei. Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen des Geschäftsführers M. im Insolvenzantrag vom 10.06.2013 (Anlage K 10), insbesondere die dort aufgeführte Höhe der von der Fa. I. noch geschuldeten Fracht.

Dass sie – obwohl sie Hinweise auf Liquiditätsschwierigkeiten aufgrund der ausstehenden Frachtzahlung der Fa. I. nicht tatsächlich für glaubhaft gehalten habe - einen Antrag auf Erlass einer Worldwide Freezing Injunction Order gestellt habe, beruhe auf der bei ihr vorhanden gewesenen Besorgnis, dass die für die Insolvenzschuldnerin handelnden Personen die Fracht veruntreuen und ihr Vermögen Firmen übertragen könnten, die ausländischem Recht unterliegen. Sie habe befürchtet, dass die Insolvenzschuldnerin Zahlungseingänge abschöpfen und an Off-shore-Firmen leiten könnten mit der Folge, dass sie, die Beklagte, sogar Zahlungsansprüchen Dritter (Hafenagenten, Hafengebühren, Treibstofflieferanten) ausgesetzt ist. Deshalb und um der Gefahr von Schiffsarresten zu begegnen, habe sie sich zu Sicherungsmaßnahmen entschlossen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig (I.) und begründet (II.).

I.

1.) Das Landgericht ist für die Entscheidung international und örtlich zuständig.

Die Zuständigkeit für die vorliegende Klage, mit der Ansprüche aufgrund von Insolvenzanfechtungen geltend gemacht werden, ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 EuInsVO (Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren). Danach sind die Gerichte des Mitgliedstaats, in dessen Gebiet das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, für eine Insolvenzanfechtungsklage gegen einen Anfechtungsgegner zuständig, und zwar auch dann, wenn dessen Wohnsitz nicht im Gebiet eines Mitgliedstaates liegt (BGH, Versäumnisurteil vom 27.03.2014, IX ZR 2/12 = NJW-RR 2014, 1137; EuGH, Urteil vom 16. Januar 2014 – C-328/12 –, juris BGH, Versäumnisurteil vom 27. März 2014 – IX ZR 2/12 –, juris). Das Insolvenzverfahren über die Schuldnerin ist hier vor dem Amtsgericht H. eröffnet worden. Örtlich zuständig ist für das Insolvenzverfahren gemäß § 3 Abs.1 InsO ausschließlich des Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat; liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners in einem anderen Ort, so ist nach dem Absatz 2 der Bestimmung ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vor dem Amtsgericht H. dem Gesetz, also auch der genannten Regelung in der EuInsVO, entsprach, wird im Übrigen nicht in Zweifel gezogen.

Die Beklagte hat die internationale Zuständigkeit mit dem Hinweis darauf gerügt, dass die besondere Zuständigkeit für Insolvenzanfechtungsklagen im Rahmen der Vergleichsvereinbarung mit der Insolvenzschuldnerin abbedungen worden sei (vgl. Ziffer 12 der Tomlin Order, Anlage B 5). Sie verweist darauf, dass Parteien nach Art. 25 Abs.1 EuGVVO für künftige Rechtsstreitigkeiten einen ausschließlichen Gerichtsstand vereinbaren können. Parteien im Sinne dieser Regelung sind jedoch nicht die hier am Prozess beteiligten Parteien. Der Anfechtungsprozess entspringt nicht dem Rechtsverhältnis (Vertragsverhältnis) der Vertragsparteien (Insolvenzschuldnerin und Beklagte). Der anfechtungsrechtliche Rückgewähranspruch ist schließlich kein Anspruch aus dem Handelsgeschäft der Parteien und dem dazu getroffenen Vergleich, selbst wenn die angefochtene Rechtshandlung bzw. der Vergleich dazu gerechnet werden können. Hierzu wird auf den Beschluss des Hanseatischen Oberlandesgerichts vom 12.07.2017 (6 AR 14/17) zur Abgrenzung der Zuständigkeit von Zivilkammer und Kammer für Handelssachen verwiesen. Eine Regelung zum ausschließlichen Gerichtsstand, die von der späteren Insolvenzschuldnerin und dem Anfechtungsgegner getroffen worden ist, wirkt sich daher auf die Frage, welches Gericht für eine Anfechtungsklage zuständig ist, nicht aus. Ansonsten könnten die Vertragsparteien durch spezielle Gerichtsstandsvereinbarungen die Durchsetzung von Forderungen aus künftigen Insolvenzanfechtungen erschweren oder ggf. vereiteln.

2.) Die Einzelrichterin hat die Sache zu entscheiden. Der mit Schriftsatz vom 09.05.2017 gestellte Antrag, den Rechtsstreit vor der vollbesetzten Kammer zu verhandeln, bezog sich angesichts der dafür abgegebenen Begründung (dass die Kammern für Handelssachen regelmäßig auch mit ehrenamtlichen Richtern aus dem Kreis der Schifffahrtskundigen besetzt sind) nur auf eine etwaige Verhandlung und Entscheidung vor der Kammer für Handelssachen. Auf diesen Antrag sind die Parteien nicht wieder zurückgekommen.

II.

Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von 450.000,00 USD nebst Zinsen nicht zu. Durch die von ihm erfolgten Anfechtungserklärungen hat sich nicht aufgrund der §§ 143 Abs.1 Satz 1, 129 InsO (a.F.) ein insolvenzrechtliches Rückgewährschuldverhältnis ergeben. Maßgeblich ist dabei für die Beurteilung der Anfechtungstatbestände jeweils die InsO in der bis zum 04.04.2017 geltenden Fassung.

1.) Die Anfechtungserklärungen richten sich gegen die von der Beklagten im Zeitraum vom 02.05.2014 bis zum 04.06.2013 erhaltenen Zahlungen; sie gehen nicht schon deshalb ins Leere, weil durch diese keine für das Eingreifen der Anfechtungstatbestände erforderliche Gläubigerbenachteiligung eingetreten ist.

Eine Gläubigerbenachteiligung liegt vor, wenn die Rechtshandlung entweder die Schuldenmasse vermehrt oder die Aktivmasse verkürzt und dadurch den Zugriff auf das Vermögen des Schuldners vereitelt, erschwert oder verzögert hat, mithin wenn sich die Befriedigungsmöglichkeiten der Insolvenzgläubiger ohne die Handlung bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise günstiger gestaltet hätten (BGH, Urteil vom 25. Januar 2018 – IX ZR 299/16 –, Rn 9, juris m.w.N.). Die von der Insolvenzschuldnerin zu Gunsten der Beklagten bewirkten Barzahlungen haben infolge des Vermögensabflusses eine objektive Gläubigerbenachteiligung (vgl. § 129 Abs.1 InsO) bewirkt. Die Insolvenzschuldnerin hat unmittelbar durch die Zahlungen Vermögenswerte verloren. Dadurch, dass sich die Beklagte bereit erklärt hat, das Schiff im Hafen von P. H. zu entladen, so dass die Insolvenzschuldnerin bzw. von ihr bestimmte Personen in den Besitz der Ladung kommen, ist es nicht ohne weiteres zu einem Ausgleich der die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligende Vermögenslage gekommen (mit der Folge, dass nicht mehr von dieser Anfechtungsvoraussetzungen auszugehen wäre, vgl. BGH a.a.O.). Der durch die Zahlungen entstandene Nachteil ist nicht in der konkreten Form wieder gutgemacht worden.

Die Beklagte kann sich nicht ohne weiteres mit Erfolg darauf berufen, dass hier ein Bargeschäft (§ 142 InsO) vorliege, weil sie nach Erhalt der Zahlungen die Weiterfahrt und Entladung des Schiffes ermöglicht habe, so dass die Insolvenzschuldnerin oder von ihr bestimmte Personen in den Besitz der Ladung gekommen seien (wobei von der Beklagten insbesondere auch keine Rechte aus einem Pfandrecht daran geltend gemacht worden seien). Es bestand eine Vorleistungspflicht mit der Folge, dass die streitgegenständliche Bezahlung dem Ausgleich von Frachtrückständen diente. Es lässt sich nicht feststellen, dass und inwieweit den Zahlungen solche Leistungen unmittelbar gegenüberstehen, die erst aufgrund einer weiteren Vereinbarung erbracht wurden, so dass es insoweit nicht um die Tilgung von Frachtrückständen ging. Ein Verzicht auf ein an der Ladung bestehendes Pfandrecht gleicht den durch die Zahlungen bewirkten Vermögensnachteil für die Gläubigergesamtheit nicht ohne weiteres aus. Die Ladung stand hier nicht im Eigentum der Insolvenzschuldnerin und der Wert des Pfandrechtes (vgl. in diesem Zusammenhang BGH, Urteil vom 21.04.2005 – IX ZR 24/04 -, juris) ist nicht hinreichend klar ersichtlich.

2.) Die (weiteren) Voraussetzungen der einzelnen Anfechtungstatbestände, auf die sich der Kläger stützt, liegen jedoch nicht vor.

a.) Anfechtung nach den §§ 129 Abs.1, 131 Abs.1 Nr.1 bis 3 InsO

Voraussetzung dieses Anfechtungstatbestandes ist neben den zeitlichen Komponenten (§ 131 Abs.1 Nr.1 InsO: Handlung innerhalb des letzten Monats vor dem Antrag auf Insolvenzeröffnung; § 131 Abs.1 Nr.2, 3 InsO: Handlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag) u.a., dass dem Anfechtungsgegner, hier der Beklagten, durch Zahlungen eine Sicherung oder Befriedigung gewährt worden ist, die sie nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte. Eine solche inkongruente Deckung lag nicht vor.

aa.) Die Beklagte hatte aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen mit der Insolvenzschuldnerin einen Anspruch auf Frachtbeträge in Höhe der geleisteten Zahlungen. Nach den getroffenen vertraglichen Regelungen war die im Rahmen des Zeitchartervertrages geschuldete Fracht 15 Tage im Voraus zu zahlen. Vor diesem Hintergrund sind die von der Beklagten erstellten Rechnungen nicht zu beanstanden gewesen.

bb.) Dass die erfolgten Zahlungen inkongruent gewesen sind, lässt sich nicht damit begründen, dass diese vor dem Hintergrund einer Zwangsvollstreckung bzw. aufgrund eines Drucks erfolgt sind, der von einer bevorstehenden Zwangsvollstreckung ausgegangen ist.

Es stand, als die Zahlungen erfolgten, keine zur Inkongruenz führende Zwangsvollstreckung unmittelbar bevor. Auch drohte hier im Zeitpunkt der Zahlungen keine Zwangsvollstreckung, mit der Forderungen der Beklagten hätten realisiert worden können.

Die Beklagte beantragte zwar am 23.04.2013 – also kurze Zeit vor der ersten streitgegenständlichen Zahlung - beim High Court in England eine Worldwide Freezing Injunction Order gegen die Insolvenzschuldnerin (Anlage K 13, Anlage B 4). Ein solches vorläufiges Zahlungsverbot wurde noch gleichen Tage vom English High Court of Justice nach Anhörung erlassen (Anlage B 4) und am Folgetag ausgefertigt. Mit dieser Worldwide Freezing Injunction Order sind jedoch keine Wirkungen verbunden gewesen, die darauf abzielten, dass die Beklagte vor anderen Gläubigern befriedigt wird. Insofern unterscheidet sie sich von der Zwangsvollstreckung aufgrund eines gerichtlichen Titels, wie etwa einem Urteil und auch von einem Arrest, der die Grundlage für ein Pfandrecht zugunsten des Arrestgläubigers bilden kann. Der Insolvenzschuldnerin ist es dadurch nur untersagt worden, über Vermögen in Höhe von USD 445.000,00 USD zu verfügen. Das kam der Gesamtheit der Gläubiger zugute, weil hierdurch der Gefahr von Vermögensverschiebungen vorgebeugt wurde. Sofern aufgrund eines Verstoßes gegen die Worldwide Freezing Injunction Order Sanktionen verhängt worden wären, hätte dies für sich genommen zu keiner Bevorzugung der Beklagten vor anderen Gläubigern geführt. Sie hätte danach nicht – als schnellere Gläubigerin – einen Vorteil gehabt, was § 131 InsO verhindern soll (vgl. in diesem Zusammenhang HK-InsO, 4. Auflage, § 131 Rn 11).

Dass die Zahlungen inkongruent gewesen sind, lässt sich nicht damit begründen, dass seitens der Beklagten der Eindruck erweckt worden sei, als habe sich einen gerichtlichen Titel erwirkt, aus dem sie in Kürze vollstrecken könne. Es kann offen bleiben, ob die Beklagte die Rechtslage korrekt gegenüber der Insolvenzschuldnerin dargestellt hat. Denn es war jedenfalls für die Insolvenzschuldnerin erkennbar, ob sie etwa angesichts der Worldwide Freezing Injunktion Order einer Zwangsvollstreckung ausgesetzt sein kann.

Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Zahlungen hatten die Insolvenzschuldnerin und die Beklagte im Übrigen schon den durch einen Gerichtsbeschluss des High Court vom 02.05.2013 (Tomlin-Order) bestätigten Vergleich geschlossen. Dadurch ist ein etwa doch von der Worldwide Freezing Injunction Order ausgehender unmittelbarer Druck beseitigt worden.

§ 131 Abs.1 Nr.1 InsO, der die Anfechtung neben der Inkongruenz weder an eine im Zeitpunkt der Handlung bestehende Zahlungsunfähigkeit noch an die Kenntnis des Gläubigers von der Benachteiligung der Gesamtheit der Gläubiger knüpft, würde hier im Übrigen nur auf die im Monatszeitraum vor dem 11.06.2013 (Eingang des Insolvenzantrages beim Amtsgericht H.) erfolgten Zahlungen Anwendung finden. Die Zahlung von insgesamt 100.000,00 USD erfolgte außerhalb dieses Zeitraumes.

b.) Anfechtung nach §§ 129 Abs.1, 133 Abs.1 InsO

Auch die Anfechtung nach § 133 Abs.1 BGB (Vorsätzliche Benachteiligung) hat kein Rückgewährschuldverhältnis begründet. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte bei Entgegennahme der infolge des Vermögensabflusses objektiv die Gesamtheit der Gläubiger benachteiligenden Zahlungen wusste, dass die Insolvenzschuldnerin sie mit einem Benachteiligungsvorsatz vorgenommen hatte.

aa.) Die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung können - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 –, Rn. 10 m.w.N., juris ). Ein Schuldner, der zahlungsunfähig ist und seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz. In diesem Fall weiß der Schuldner, dass sein Vermögen nicht ausreicht, um sämtliche Gläubiger zu befriedigen. Kennt der Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so weiß er auch, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern. Mithin ist ein solcher Gläubiger zugleich regelmäßig über den Benachteiligungsvorsatz im Bilde (BGH a.a.O.).

bb.) Hier kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Beklagte eine (ggf. nur drohende, vgl. § 133 Abs.1 Satz 2 InsO) Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzschuldnerin gekannt hat. Das gilt unter Einbeziehung des Gesichtspunktes, dass ein Gläubiger, der die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kennt, im Regelfall auch weiß, dass Leistungen aus dessen Vermögen die Befriedigungsmöglichkeit anderer Gläubiger vereiteln oder zumindest erschweren und verzögern, so dass er dann jedenfalls im Regelfall über einen Benachteiligungsvorsatz des Schuldners im Bilde ist.

(1.) Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit beurteilt sich im gesamten Insolvenzrecht und somit auch im Rahmen des Insolvenzanfechtungsrechts nach § 17 InsO. Zur Feststellung der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO kann eine stichtagsbezogene Liquiditätsbilanz aufgestellt werden, bei der die zum maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen sind mit den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten (vgl. etwa BGH, Urteil vom 29.03.2012, IX ZR 40/10). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte (bzw. auch die Insolvenzschuldnerin) über Kenntnisse verfügte, nach denen sie hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Aktiva und Passiva zu entsprechenden Schlüssen gelangen musste.

(2) Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt, begründet dies für die Insolvenzanfechtung gemäß § 17 Abs. 2 InsO die gesetzliche Vermutung der Zahlungsunfähigkeit (BGH, Urteil vom 29. März 2012 – IX ZR 40/10 –, Rn 9, juris unter Hinweis auf die damit fortgeführte Rechtsprechung: BGH, 20. November 2001, IX ZR 48/01, BGHZ 149, 178 und BGH, 21. Juni 2007, IX ZR 231/04, WM 2007, 1616).

Dass die Beklagte greifbare Anhaltspunkte für eine (allgemeine) Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin hatte, ergibt sich weder hinreichend deutlich aus den eigenen Ausführungen der Beklagten gegenüber den englischen Gerichten noch aus sonstigen Umständen. Hierbei wird berücksichtigt, dass sich die subjektiven Tatbestandsmerkmale der Vorsatzanfechtung - weil es sich um innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen handelt - meist nur mittelbar aus objektiven Tatsachen hergeleitet werden (BGH Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 –, Rn. 10 m.w.N. zur ständigen Rechtsprechung, - juris). Indizien für eine Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin haben sich aber nicht in der Weise verdichtet, dass von einer Kenntnis auszugehen ist.

(a) Ein hinreichendes Indiz für die (drohende) Zahlungseinstellung war nicht schon das Verhalten der Insolvenzschuldnerin gegenüber der Beklagten.

(aa) Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 –, Rn 13, juris unter Hinweis auf das Urteil des BGH vom 11.02.2010, IX ZR 104/07, ZinsO 2010, 673 Rn 39 m.w.N.) kann es zwar bereits ausreichen, wenn die Zahlungseinstellung auf Grund der Nichtbezahlung nur einer – nicht unwesentlichen – Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird: Hier hatten die bei der Beklagten aufgelaufenen Rückstände absolut betrachtet eine nicht unbedeutende Höhe. Diese ist jedoch in Bezug zu setzen zu der Charter, die für einen einzigen Tag vereinbart worden ist und dem Gesamtvermögen (vgl. die in diesem Zusammenhang gemachten Ausführungen im Antrag auf Erlass der Worldwide Freezing Injunction Order). In dem Antrag auf Erlass einer Worldwide Freezing Injunction Order wird der Schwerpunkt der Begründung auf die Befürchtung gelegt, dass Vermögenswerte, die noch vorhanden seien, aus dem Zugriffsbereich von Gläubigern entfernt werden könnten (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere die Ausführungen in der Ziffer 59.1 des Antrages sowie in den Ziffern 6 und 58 sowie Ziffer 45, wo es heißt: „... however, these were not fixed assets and the Gray Page report suggests that these could be affiliated to another company ..l.“).

(bb) Selbst wenn der rückständige Betrag im Verhältnis zum Gesamtvermögen des Schuldners sehr hoch ist, rechtfertigt dies nicht ohne weiteres den Schluss auf die drohende Zahlungsunfähigkeit. Es kommt auf die weiteren Umstände an, insbesondere darauf, wann die Leistung erfolgte und über welchen Zeitraum der Rückstand bestanden hat (vgl. dazu die Abwägung in dem Urteil des BGH vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 –, juris).

Die an die Beklagte zu zahlende Fracht war im Zeitpunkt der jetzt angefochtenen Zahlungen noch nicht sehr lange rückständig. Zum 15.02.2013 vercharterte die Beklagte das MV „J. S.“ für eine Reise von ca. 50 bis 55 Tagen an die Insolvenzschuldnerin, wobei eine Vorauszahlung der Fracht (15 Tage im Voraus) vereinbart worden ist. Die noch offen gebliebenen Rechnungen sind am 14.03.2013, am 27.03.2013, am 08.04.2013 und am 18.04.2013 erstellt worden, so dass zwischen diesen und den Zahlungen im Zeitraum vom 02.05.2013 bis zum 04.06.2013 ein vergleichsweise kurzer Zeitraum liegt.

(cc) Dass die Insolvenzschuldnerin am finanziellen Abgrund stand, wird nicht durch weitere Umstände indiziert wie etwa die in dem Vergleich der Parteien bzw. der Tomlin Order geregelte Zahlung in Raten. Die Bitte um eine Ratenzahlungsvereinbarung kann auf den verschiedensten Gründen beruhen, die mit einer Zahlungseinstellung nichts zu tun haben, etwa der Erzielung von Zinsvorteilen oder der Vermeidung von Kosten und Mühen im Zusammenhang mit der Aufnahme eines ohne weiteres erlangbaren Darlehens (BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16 –, Rn. 20, juris unter Hinweis auf BGH, Beschluss vom 16. April 2015 - IX ZR 6/14, ZInsO 2015, 898 Rn. 3; Urteil vom 25. Februar 2016, aaO Rn. 20). Eine Bitte um Ratenzahlung wird zwar als Indiz für eine Zahlungseinstellung gewertet, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten (anders) nicht begleichen zu können (vgl. BGH a.a.O. unter Hinweis auf BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - IX ZR 134/10, ZInsO 2011, 1410 Rn. 17; Beschluss vom 16. April 2015, aaO Rn. 4 mwN). Dafür ergeben sich hier jedoch keine greifbaren Anhaltspunkte. Die Ratenzahlungstermine haben sich, was zu berücksichtigen ist, auf einen recht kurzen Zeitraum erstreckt.

(dd) Dass sich bei der Beklagten Indizien für eine Zahlungseinstellung der Insolvenzschuldnerin in einer Weise verdichtet haben, die den Schluss auf eine Kenntnis ermöglicht, lässt sich auch nicht aus den Erklärungen ableiten, die von der Insolvenzschuldnerin nach Eintritt der Rückstände zu den Verzögerungen vorgebracht worden sind. So wird etwa im Antrag auf Erlass der Worldwide Freezing Injunction Order ausgeführt, dass es zunächst Zahlungszusagen gegeben habe und dann auf noch offene Forderungen gegenüber einem Subcharterer hingewiesen worden sei, wobei an anderer Stelle Probleme im Ankunftshafen in N. angeführt worden seien. Selbst wenn die Erläuterungen der Insolvenzschuldnerin, weshalb die Fracht noch nicht gezahlt worden sei, nicht ohne weiteres widerspruchsfrei und glaubhaft gewirkt hätten, deutete dies nicht mit hinreichender Klarheit auf ernsthafte Zahlungsschwierigkeiten hin. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Beklagte ihren Antrag auf Erlass der Worldwide Freezing Injunction Order in erster Linie damit begründet hat, dass die gerichtliche Maßnahme erforderlich sei, um einer (künftigen) Verschiebung von Vermögenswerten – die danach aktuell noch vorhanden gewesen sein müssten – zu begegnen. Soweit in dem Antrag auch eventuelle Liquiditätsprobleme angesprochen worden sind, blieb dies insgesamt betrachtet eher (vgl. aber etwa Ziffer 39 zu einer weiteren Gläubigerin) unbestimmt. Es sind hierzu vor allem auch Gerüchte wiedergegeben worden (Ziffern 39 ff.).

(ee) Schwerwiegende Liquiditätsprobleme ließen sich nicht schon aus dem vom Kläger angeführten Gesichtspunkt ableiten, dass die Insolvenzschuldnerin die an sie zu zahlende Fracht entgegengenommen haben soll, ohne sie an die Beklagte weiterzuleiten. Aus dem Hinweis des Schiffsmaklers, dass man eine weitere hohe Frachtzahlung erwartet habe und dass angesichts des Inhaltes der Konnossemente ‚(„Freight prepaid“) davon auszugehen sei, dass die Insolvenzschuldnerin die Fracht für die Beförderung des Zementes auf der „J. S.“ schon vom Befrachter erhalten habe, mag zwar ein Misstrauen gegenüber der Insolvenzschuldnerin abzuleiten gewesen sein; das reicht jedoch nicht aus, um zur Überzeugung zu gelangen, dass die Insolvenzschuldnerin das Geld benötigte, um ihren Zahlungspflichten nachkommen zu können.

(b) Das Vorbringen zu Rückständen gegenüber sonstigen Gläubigern vermag die nach § 133 Abs.1 InsO erforderliche Kenntnis der Beklagten hinsichtlich einer drohenden Zahlungsunfähigkeit ebenfalls nicht zu rechtfertigen.

Indizien für die Zahlungsunfähigkeit können sich daraus ergeben, dass sonstige Forderungen, die im Allgemeinen vorrangig beglichen werden, weil an entsprechende Rückstände spezielle Sanktionen geknüpft sind (Steuern, Sozialversicherungsabgaben) noch offen stehen. Dazu ist jedoch nichts ersichtlich. Aus den zur Akte gereichten Unterlagen bzw. den Ausführungen im Antrag auf Erlass der Worldwide Freezing Injunction Order ergeben sich zwar Behauptungen zu einzelnen weiteren Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin, die offen geblieben sind. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sich der Beklagten resultierend daraus hinreichende Anhaltspunkte für eine drohende Zahlungsunfähigkeit geboten haben. Dazu sind im Wesentlichen eher unbestimmte Gerüchte zu ihr gedrungen.

Es reicht auch nicht, dass die Beklagte erfahren haben soll, dass die Insolvenzschuldnerin seit 2011 keinen Jahresabschluss mehr eingereicht hat (vgl. dazu Anlage B 3 Ziffer 45, wo zugleich auf die Höhe der Vermögenswerte hingewiesen wird).

(c) Die subjektiven Voraussetzungen sind schließlich nicht deshalb erfüllt, weil die Beklagte – wie sie es im Antrag auf Erlass der Worldwide Freezing Injunction Order ausgeführt hat - Vermögensverschiebungen zu Lasten der Gesamtheit der Gläubiger befürchtete. Eine solche Besorgnis hat die Beklagte schließlich mit hinreichend konkreten Tatsachen untermauern können.

Nach allem kommt es nicht mehr darauf an, ob davon auszugehen ist, dass jedenfalls die für die Insolvenzschuldnerin handelnden Personen von der Zahlungsunfähigkeit wussten und damit (Zweifelsregelung) auch mit Benachteiligungsabsicht handelten.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Zitate11
Zitiert0
Referenzen0
Schlagworte